DAS GROSSE BUCH DER SCHLAGZEUGPRAXIS

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Das groSSe Buch der

Schlagzeugpraxis Gyula Racz (Hg.)

ConBrio


Das große Buch der Schlagzeugpraxis hrsg. von Gyula Racz

p  Kolberg Percussion-Studio

ConBrio 2014

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Schlaginstrumente in der Solo- und Ensembleliteratur p

Inhalt Gyula Racz Vorwort 7

INSTRUMENTE – HANDHABUNG

Gyula Racz / Hermann Schwander

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Einführung 11 Fellinstrumente 19 Metallinstrumente 47 Holzinstrumente 69 Malletinstrumente 85 Effektinstrumente aus dem Alltag

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Anhang 113

LITERATUR - SPIELPRAXIS Klaus Sebastian Dreher Schlaginstrumente in der Solo- und Ensembleliteratur

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Gyula Racz Schlaginstrumente im Symphonieorchester

157

Heinz von Moisy Das Drumset

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Michael Kiedaisch Das Vibraphon im Jazz

177

AuSSereuropäische Perkussionsmusik Heinrich Klingmann Latin Percussion

187

Rainer Polak Die Djembe – eine Trommel aus Westafrika im Kontext der Globalisierung

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Thomas Hupp Tabla – westindisches Percussion-Instrument, weltweit vernetzt

241

András Varsányi Gamelan aus Java und Bali

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p  Schlaginstrumente im Symphonieorchester

PÄDAGOGISCHE PRAXIS, PÄDAGOGISCHE LITERATUR Albrecht Volz Schlagzeugspiel im Kindesalter

265

Bernd Kremling Klassenmusizieren mit Schlaginstrumenten

281

Ulrich Moritz Bodypercussion 297 Thomas Keems Trommeln heilt – Rhythmus & Perkussion in der Musiktherapie

313

Edith Salmen Kreative Orientierung auf der Spielwiese – Gedanken zu zeitgenössischer Musik und Percussion-Pädagogik

325

Gyula Racz Klang und Geräusch

331

ANHANG Schlagzeugwörterbuch in vier Sprachen

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Autoren 355 Instrumentenregister 361 Personenregsiter 368 Fotonachweise 373

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Schlaginstrumente in der Solo- und Ensembleliteratur p

Vorwort Gyula Racz

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ie mit Schlaginstrumenten aus verschiedenen Materialien wie Knochen, Holz, Stein, später Metall und mit dem Körper erzeugten Töne und Geräusche gehören schon seit Urzeiten zu den elementaren Klängen, die die Menschen bei ihrer Arbeit, ihren Kulthandlungen und Feiern begleitet haben. In der musikalischen Praxis seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts spielen Schlaginstrumente eine immer größere Rolle. Durch die Globalisierung – auch in der Kunst – ist das Interesse an fernen Musikkulturen und deren Instrumenten für den Schlagzeugbereich enorm gewachsen. Das betrifft nicht nur die berufsmäßige künstlerische Musikpraxis, sondern auch die Bereiche der frühkindlichen und schulischen Musikerziehung, der Musiktherapie und des Laienspiels. Das letzte umfassende deutschsprachige Buch über Schlaginstrumente ist schon vor mehr als 50 Jahren erschienen. Auch die wichtigsten englischsprachigen Publikationen sind mehrere Jahrzehnte alt. Unser Buch versucht, den aktuellen Bestand des Schlaginstrumentariums aufzunehmen und dabei nicht nur die Instrumente, sondern auch möglichst viele Seiten deren praktischer Handhabung von anerkannten Fachleuten zu beschreiben.

Zusatz zum Vorwort Bei der Schreibweise der Instrumentennamen herrschen ziemlich chaotische Verhältnisse. Es werden für viele Instrumente gleichzeitig deutsche und englische – manchmal auch spanische – Namen verwendet (z.B. Kleine Trommel = Snare drum oder Snare, Becken = Cymbal u.  Ä.). Häufig sind gleichzeitig mehrere Schreibweisen in Gebrauch (z. B. Hi Hat, Hihat, Hi-hat oder Hi-Hat, oder Drumset, Drum Set, Drum set, sogar nur Set, u.a.). Im Kapitel I. Instrumente haben wir die Rechtschreibung praxisgerecht vereinheitlicht. In den anderen Bei-

trägen sind sie den Autoren bzw. deren speziellen Fachwissen freigestellt. Auch der Artikel vor mancher Instrumentenbezeichnung ist im Sprachgebrauch oft unklar (z.B. der Triangel oder die Triangel – sogar das Triangel, u.a.). Dies haben wir – wenn von Duden nicht eindeutig bestimmt – der gängigen Praxis angepasst.

Danksagung Ich danke dem Autorenteam für die intensive Zusammenarbeit und dem ConBrio Verlag für die Unterstützung beim Zustandekommen dieses Buches. Besonders gilt mein Dank Herrn Dr. Koch und Frau Petra Pfaffenheuser für die profunde Betreuung. Außerdem bedanke ich mich für die Fotoaufnahmen der Instrumente und die Beratung in diesem Zusammenhang besonders bei Bernhard und Jasmin Kolberg, Kolberg Percussion GmbH. Außerdem: >> Uwe Arlt >> Bernd Becker-Ehmck, Studio49 / Royal Percussion >> Thomas Bloch >> Detlef Boergermann, Schlagwerk Percussion e.K. >> Dörfler Klassik Percussion >> Carlos Blanco Fadol >> Martin Kellhuber >> Michael Klute >> Andreas Kohlmann >> Jörg Kohlmorgen, Paiste AG >> Johanna Krippner >> John McLaughlin, Waltons Music, McLaughlin‘s Irish Shop >> Thomas Müller-Stoy, Kalango >> Susanne Rost, Sake Kontor >> Michael Röttger, Afroton, Röttger Kajela-Röttger GbR >> Rudi Rach >> Andrea Schneider

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Die Schlaginstrumente – Einleitung 1

Schlaginstrumente werden seit eh und je in der abendländischen Musik verwendet. Die Entwicklung dieses Instrumentariums ist nicht kontinuierlich, denn z.B. in der Renaissance wurden mehr Schlaginstrumente gebraucht als 100 Jahre später. Erst in der Spätromantik erlebten sie einen großen Aufschwung. Der endgültige Durchbruch erfolgte aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Musik, die wir „Neue Musik“ oder „Aktuelle Musik“ nennen. Die frühere Form des Schlagzeuggebrauchs kennen wir nur von Abbildungen zeitgenössischer Maler. Es ist nicht exakt festzustellen, in welchen Kombinationen diese Instrumente vorkamen, da die Maler auch Phan-

tasiezusammenstellungen abbildeten. Auch ist kaum Notenmaterial aus dieser Zeit vorhanden – es handelt sich um eine improvisierte Musik. So kennen wir nur die Instrumente Tabor, Kesselpauken, Landsknechtstrommeln (Rührtrommeln), Schellentrommeln und Rahmentrommeln (dasselbe Instrument in zwei Varianten), Glocken und Strohfiedeln (Xylophon). Dazu kamen gelegentlich (und verschiedenörtlich) Instrumente, die als exotisches Mitbringsel der Handelsreisenden gleich in die Musikpraxis einbezogen wurden, wie Kastagnetten, Triangel mit Klirrringen, Sistrum, Becken, arabische Trommeln, Waldteufel und Reibetrommeln (Brummtopf ).1 Im Spätbarock und dem (Wiener) klassischen Orchester haben als Erstes die Pauken Platz gefunden2. Diese benutzte man paarweise, auf Tonika und Dominante gestimmt. Im Theater hat man auch noch Instrumente wie Carillon (Glockenspiel) und Requisiteninstrumente (zur Nachahmung von Alltagsklängen, Geräuschen) Schellen, Trommeln, Schlittenschellen oder Peitsche verwendet. Durch den Kontakt mit türkischen (Janitscharen) Orchestern wurden die Instrumente Becken (paarweise geschlagen), Triangel und Große Trommel im (Wiener) klassischen Orchester eingesetzt. War es bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein Sonderfall, wenn Komponisten Schlaginstrumente außer Pauken, in ihren Orchestern eingesetzt haben, so wurde es fünfzig Jahre später zum Regelfall. Hierzu soll als Beispiel aufgeführt werden, wie sich Berlioz in seinem 467 Mann starken idealen Orchester die Schlaginstrumente – gespielt von 53 Schlagzeugern – vorgestellt hatte3 Hector Berlioz: Ideale Schlagzeugbesetzung

p  Sebastian Virdung: Musica getutscht, Basel 1511, Bibliothek der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien Am Anfang des 16. Jahrhunderts sind diese die verwendeten Schlaginstrumente – eigentlich sogenanntes klingendes Material (u.a. auch Hammer und Amboss) –, die nach Sebastian Virdung die dritte Gruppe des Musikinstrumentariums bilden. Als Urheber, die Tonhöhenunterschiede nach Gewichtsproportionen zu bestimmen, nennt er nicht Pythagoras, sondern die biblische Gestalt Tubal-Kain (Gen 4,22).

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8 Paar Pauken

6 Glockenspiele

6 Kleine Trommeln

12 Paar Cymbales antiques (verschiedene Tonhöhen)

3 Große Trommeln

2 sehr große Glocken

4 Beckenpaare

2 Tam-Tams

6 Triangeln

4 Schellenbäume

1 Die Systematisierung folgt dem praktischen Vorschlag von Siegfried Fink (1971): Tabulatur 71, Hamburg (Simrock) 2 „... die Pauken den Baß oder das Fundament dieser heroischen Musik vorstellen . . .“ (Altenburg [1795], Versuch einer Anleitung zu heroisch-musikalischer Trompeter- und Paukerkunst, Leipzig) 3 Hector Berlioz/Ergänzungen von Richard Strauss (1904), Instrumentationslehre Leipzig (Peters)

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p  Einleitung

t   p  Schlaginstrumente aus Michael Praetorius: Syntagma Musicum Theatrum Instrumentorum seu Sciagraphia Wolfenbüttel 1620, Quelle: Syntagma Musicum.     Im 17.-18. Jahrhundert benutzte man Instrumente noch in den Formen, die heute nicht mehr üblich sind. Am Anfang des 17. Jahrhunderts benutzte man schon mehr Schlaginstrumente als hundert Jahre zuvor.

p  Hans Burgkmair d. Ä., Leonhard Beck, Hans Schäufelin, Albrecht Dürer, Hans Springinklee: Triumphzug Kaiser Maximilians, 16. Jh. (Holzschnittdrucke / nachträglich koloriert von Josef Höger im Jahre 1765. Im militärischen Bereich wurden die Schlaginstrumente als Musikund Signalinstrumente verwendet.

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Einleitung p

Außer diesen hat man öfters Xylophone (Holz- und Strohinstrumente), Rührtrommeln, Kastagnetten, Schellentrommeln oder den Amboss verwendet. Dienten die Instrumente früher hauptsächlich der harmonischen und rhythmischen Unterstützung, so spielten sie mehr und mehr auch als „Kolorit“ eine immer größere Rolle. Die Entwicklung wird natürlich nicht nur durch die Anzahl der verwendeten Instrumente markiert, sondern auch durch die Tatsache, dass diese Instrumente immer größeren Raum im Orchesterklang einnehmen. Die musikalische Entwicklung des 20. Jahrhunderts hat die Rolle der Schlaginstrumente geändert. Aus reinen Orchesterinstrumenten wurden Solo- und Kammermusikinstrumente, die dann die Musik dieser Epoche auch prägen. Hierzu möchten wir nur die Instrumente aufzählen, die den Gruppen Holz-, Metall- und Fellklang eindeutig zuzuordnen sind. Die vollständige Aufstellung und Systematisierung des Schlaginstrumentariums – heute öfters Percussion- oder Perkussionsinstrumente genannt – erfolgt in den nachfolgenden Kapiteln. Die Instrumente Marimba, Xylophon, Vibraphon, Röhrenglocken, Glockenspiel und Cymbales antiques gehören in die Gruppe der Malletinstrumente (aus dem Englischen, mallet = Schlägel). Allen gemeinsam ist ein chromatischer (temperiert gestimmter) Aufbau. Es gibt eine große Anzahl Instrumente, die sich in keine oder nicht eindeutig in eine dieser drei großen Klangfarbengruppen einreihen lässt. Dazu gehören z.B. die oft gebrauchte Schellentrommel, die metallenen Nach-­

Holzinstrumente

bildungen einiger Holzinstrumente (Cabaza – Afouche, Quijada – Vibraslap) und viele aus dem Alltagsleben entnommene Instrumente aus Glas: Flaschen, Glaspendelrassel, Glasspiel, außerdem Schreibmaschine, Papier, Pappkarton, Muschelpendelrassel (shell chimes) u.Ä. Eine ständige Instrumentenkombination bildet das Drumset in erster Linie für den Jazz, die Pop- und Unterhaltungsmusik. In der Grundzusammenstellung besteht es aus einer Kleinen Trommel, zwei Tom-Toms, einer Bassdrum (eine Große Trommel mit Fußmaschine gespielt), einer Hi-Hat (ein mit Fuß gespieltes Beckenpaar), einem Becken. Heute spielen aber die meisten Band-Schlagzeuger mit einer größeren Anzahl von verschiedenen TomToms und Becken. Viele Schlaginstrumente wurden aus der Folklore übernommen. Eine wichtige Gruppe ist die der lateinamerikanischen Instrumente: Claves, Maracas, Schüttelrohr (Tubo aus Bambus, Ganzá aus Metall), Guiro, Quijada (Vibraslap), Cabaza (Afuche), Bongos, Congas (Tumbas), Timbales, Tamborim (eine kleine Rahmentrommel), Pandereta (Schellenstab), Cowbell (Kuhglocke), auch Triangel. Die afrikanische Holzschlitztrommel, die arabische Darabukka und die indischen Tablas sind ebenfalls wichtige Folkloreinstrumente, die in der heutigen Musikpraxis angewendet werden. Die lebhafte Kommunikation zwischen den Musikpraktiken verschiedener Länder bereichert das gebräuchliche Schlaginstrumentarium immer neu.

Fellinstrumente

Metallinstrumente

Marimba

Pauken

Vibraphon

Xylophon

Große Trommel

Glockenspiel

Tempelblock

Kleine Trommel

Röhrenglocken

Holzblocktrommel

Rührtrommel

Cymbales antiques

Holz-Tom-Tom

Tom-Tom

Tam-Tam

afrikanische Holzschlitztrommel

Bongos

Gong

Claves

Congas

Dobaci (Kin)

Guiro

Timbales

Becken

Maracas

Rahmentrommel

Triangel

Tubo

Tamborim

Schellen

Kastagnetten

Boo-bam

Alm- und Kuhglocken

Peitsche

Steelpan

Ratsche

Amboss

Quijada

Bremstrommel

Cabaza

Büchsenspiel

Bambuspendelrassel

Metallpendelrassel Ganzá (Chocalho) Donnerblech

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Metallinstrumente Becken

1 Hans Kunitz: Schlaginstrumente, Leipzig, 1956

die Leibgarde des Sultans) im Gefolge der Türkenkriege erneut nach Europa gebracht. Seither ist auch der Name in Gebrauch, da sie an die Form eines Beckens erinnern. Im Opern- und Konzertorchester wurden sie am Anfang für türkisches Kolorit oder Militärmusik verwendet, z.B. in Christoph Willibald Glucks „Iphigenie auf Tauris“ (1779), Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ (1782), Joseph Haydns „Symphonie Nr. 100“ („Militärsymphonie“, 1794) und Ludwig van Beethovens „9. Symphonie“ (1824). Heutzutage verfügt die Schlagzeuggruppe des Orchesters über eine große Zahl verschiedenster Becken: paarweise geschlagene Becken (a due) in Größen von ca. 14 bis 24 Zoll und unterschiedlichen Stärken, hängende (auf einem Stativ befestigte) Becken von den kleinen Splash- und Crashbecken, die hauptsächlich für scharfe zischende Akzente verwendet werden, stufenweise bis zu großen (20 und mehr Zoll) Exemplaren. Auch hier gibt es zahlreiche Varianten mit unterschiedlichem Klangcharakter. Meist wird die türkische Bauart (gewölbte Kuppe, flacher Rand) verwendet, jedoch kommen seltener auch Chinesische Becken zum Einsatz, deren Klang aggressiver und kürzer ist. Becken werden aus einer Messinglegierung gefertigt, deren genaue Zusammensetzung von den Herstellern meist geheim gehalten wird. Das Material, vor allem aber das Hämmern, was bei hochwertigen Exemplaren von Hand geschieht, haben wesentlichen Anteil an der Qualität der Instrumente.

p  Hängebecken (türkische Form)

p  Hängebecken (chinesische Form) auf Ständer

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ach Hans Kunitz1 gehören die Becken zu den ältesten Schlaginstrumenten. Sie sind asiatischen Ursprungs und in vielen Kulturen nachweisbar. Abgeleitet vom griechischen Wort „kýmbalon“ existieren Bezeichnungen wie Cymbel, Zymbel oder das lateinische cimbalum. Sie standen stets im Zusammenhang mit kultischen und religiösen Riten (z.B. Begräbnisriten), wurden aber auch als Instrumente zur Tanzbegleitung verwendet. Schon im Altertum waren Becken in vielen verschiedenen Ausprägungen bekannt: als großes Beckenpaar, das ungefähr der heutigen Bauweise entspricht, als kleine Becken der Tänzerinnen, die wie Kastagnetten gehandhabt wurden (Fingerzimbeln), als Becken mit leicht aufgebogenem Rand und dosenförmiger Kuppe (Chinesisches Becken) und als zwei Halbkugeln mit Handschlaufen aus Leder oder Handgriffen. Die Becken wurden im Mittelalter durch die Sarazenen zunächst in Spanien und Süditalien eingeführt, gerieten in Europa aber ab Anfang des zweiten Jahrtausends n. Chr. wieder in Vergessenheit, da offenbar die Kunst des Hämmerns verloren gegangen war. Jedoch sind die Becken bis etwa ins 15. Jahrhundert noch in mittelalterlichen Miniaturmalereien zu finden. Erst im 17. Jahrhundert wurden sie als Instrumente der Janitscharenmusik (die Janitscharen waren

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Holzinstrumente Klappern Peitsche, P’ai pan, Bin-Sasara

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as Gegeneinanderschlagen von zwei (meistens gleichen) Instrumenten – sogenannten Gegenschlaginstrumenten – ist ein althergebrachter Kultgebrauch. Zuerst sollte man hier das Händeklatschen nennen, das eine elementare musikalische Ausdrucksform ist. In der Kunstmusik verlangen die Komponisten manchmal rhythmisches (ausnotiertes) Händeklatschen – meistens ausgeführt vom Chor, z.B. in Darius Milhauds „Les Choéphores“ (1919/1935), oder den Sängern/Sängerinnen, z.B. in Luciano Berios „Circles“ (1960), aber auch den Schlagzeugern, z.B. in Erik Saties „Parade“ (1917). Die Peitsche fand als Requisiteninstrument seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts Verwendung, um den Peitschenschlag in der Szene mit Klappern hinter der Bühne tönend zu machen (da mit einer richtigen Peitsche auf der Bühne zu hantieren recht gefährlich wäre). Vermutlich hat Adolphe Adam in „Le postillon de Lonjumeau“ (1836) die Peitsche im Orchester zum ersten Mal verlangt. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie ein immer wieder verwendetes Effekt- (und Gag-)Instrument der Schlagzeuggruppe. Zwei gleiche Holzplatten, üblicherweise ca. 25 bis 60 cm lang, werden mit einem Scharnier oder Federzug miteinander verbunden und entweder mit einem Holzgriff (für die Einhandbenutzung) oder mit je einer Lederschlaufe versehen, damit die beiden Klapperseiten schnell und ohne Verletzungsgefahr gegeneinandergeschlagen werden können. Es entsteht ein schallender Peitschenklang. Die Tonhöhe (wohl unbestimmt) hängt von der Größe der Peitsche und der Stärke der Holzplatten ab.

p  Peitsche

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p  Mehrklangpeitsche

p  P’ai pan © The Spurlock Museum, University of Illinois at Urbana-Champaign

In der Musik des 20. Jahrhunderts wird die Peitsche sowohl als eigenständiger Klangeffekt wie auch als Rhythmusinstrument verwendet, wie z.B. in Gustav Mahlers 5. Sinfonie (1904) und 6. Sinfonie (1906) – bei ihm Holzklapper genannt –, in Maurice Ravels Klavierkonzert GDur (1931), in Benjamin Brittens „The Young Person’s Guide to the Orchestra“ (1946), in Darius Milhauds „La Mort d’un Tyran“ (1933) und vielen anderen Werken. Wenn mehrere Bretter zusammengefügt sind, wird das Instrument auch Mehrklangpeitsche genannt. Ursprünglich aus Korea stammend, wurde sie auch unter dem Namen Pak bekannt – wobei Pak holländisch Peitsche bedeutet. Im „Réak“ für Orchester von Isang Yun (1966) strukturieren mehrere Paks das Stück. Aus Japan und China stammt eine Art Mehrklangpeitsche, die P’ai pan (auch Paiban). Sie besteht aus drei oder mehr viereckigen flachen Brettchen aus Hartholz

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Malletinstrumente Z

u den Malletinstrumenten gehören die Schlaginstrumente, bei denen die Tasten, Platten oder selbst die Instrumente temperiert gestimmt und chromatisch (klavierartig) angeordnet sind. Der Name stammt aus der englischsprachigen Benennung von Schlägeln (mallets). Die wichtigsten Malletinstrumente sind die Stabspiele (Glockenspiel, Xylophon, Vibraphon, Marimbaphon), deren Klaviaturvarianten wie Klaviaturglockenspiel, Celesta, Klaviaturxylophon, aber auch die Crotales (Cymbales antiques) und die Röhrenglocken. Theoretisch kann man aus jedem stimmbaren Schlaginstrument ein Malletinstrument zusammenstellen und in der Praxis werden manchmal von Komponisten Instrumente wie Boo-bam, Alm- und Kuhglocken, Javagongs in Oktaven verlangt. Die wichtigsten von Schlagzeugern gespielten Malletinstrumente sind jedoch Cymbales antiques, Glockenspiel, Xylophon, Vibraphon, Marimba (Marimbaphon) und Röhrenglocken.

Schlägelhaltung, Schlägeltechnik Zweischlägeltechnik Grundsätzlich spielt man die Malletinstrumente mit einem Schlägel in jeder Hand, deren Beschaffung (Stiel, Kopf, Kopfkern) von Instrument zu Instrument unterschiedlich ist – abhängig vom Material der Platten oder

p  Hand-zu-Hand- bzw. Zweischlägelhaltung © Schwander

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der einzelnen Instrument-Töne und auch der Klangvorstellung. Diese Spielweise nennt man Hand-zu-Handoder Zweischlägeltechnik. Bei dieser Technik hält man die Schlägel – ähnlich wie beim „Matched Grip“ der Kleinen Trommel – in beiden Händen gleich, ca. ein Drittel vom Schlägelstielende (d.h. zwei Drittel vom Schlägelkopf) entfernt, etwa zwischen Daumen und dem zweiten Glied des Zeigefingers. Der Handrücken zeigt nach oben. Die Art des Anschlags hängt von der Instrumentenbzw. Plattenbeschaffenheit ab. Die Ausführung erfolgt eher mit Handgelenkbewegung, nur bei extrem lauter Klangstärke mithilfe des Arms.

Vierschlägeltechnik Der traditionelle Gabelgriff (Kreuzgriff) entstand vermutlich um 1900. Er ist weit verbreitet, da der Griff relativ einfach zu handhaben ist. Der Innenschlägel wird wie bei der Zweischlägeltechnik zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, der Außenschlägel liegt zwischen Zeigefinger und Mittelfinger unter dem Innenschlägel und kreuzt diesen in der Handfläche. Der Griff gewährleistet eine gute Intervallstabilität, große Intervalle (z.B. Oktave im Bassbereich der Marimba) sind allerdings nur schwer zu erreichen. Das Öffnen der Spreizung erfolgt durch Daumen und Zeigefinger. Der nach dem berühmten Vibraphonisten Gary Burton benannte „Burton Grip“ wurde von diesem um 1960 erfunden. Er ist auch ein Kreuzgriff, aber der Außenschlägel liegt über dem Innenschlägel. Das Öffnen der Spreizung erfolgt mit Daumen und Zeigefinger, das Schließen mithilfe von Ring- und kleinem Finger. Der Burton Grip ist sehr flexibel und ermöglicht größere Intervalle als der traditionelle Gabelgriff. Auch lässt sich mit ihm das Hervorheben der Melodie von der Begleitung besser bewerkstelligen. Er wird auch wegen der guten Kraftübertragung von den meisten Vibraphonisten angewandt. Der „Musser Grip“ wurde um 1920 von dem Malletpionier des 20. Jahrhunderts, Clair Omar Musser, erfunden. Der Innenschlägel wird auch hier zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, allerdings liegt das Ende des Stiels etwa in der Mitte der Handfläche. Der Außenschlägel wird zwischen Mittel- und Ringfinger gehalten, wobei der Stiel von Ringfinger und kleinem Finger umschlossen wird. Dabei berühren sich die Schlägel nicht gegenseitig. Der Handrücken zeigt normalerweise nach oben. Die Intervallveränderung erfolgt

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Effektinstrumente aus dem Alltag I

n vielen verschiedenen Kulturen war es üblich, mit Alltagsgegenständen Musik und Lärm zu machen. Besonders die afrikanische Folklore ist reich an Instrumenten, die aus dem Alltag stammen. So kamen sie nach Südamerika, wo sie ein Bestandteil der lateinamerikanischen Musik wurden. Auch Instrumente bei verschiedenen kultischen Handlungen stammten teilweise aus dem Alltag. In Europa wurden die Schlaginstrumente seit dem 17./18. Jahrhundert aus der gängigen musikalischen Praxis in die abendländische Orchestermusik übernommen. So erweiterte man das Schlaginstrumentarium auch um Instrumente aus exotischen Reservoiren z.B. der türkischen Musik. Im 19. Jahrhundert begann man, gewisse Requisiteninstrumente von der Bühne in das Orchester zu verlegen, um neue Klänge (und Gags) zu erzeugen. Erst in der Musik des 20. Jahrhunderts suchten die Komponisten ungewöhnliche Klangfarben (vornan Gustav Mahler), die man nicht nur mit neuen instrumentalen Effekten, sondern auch mit der Erweiterung des Schlaginstrumentariums mit Objekten aus dem Alltag praktizierte. In der Stummfilmzeit verwendete man als Musikbegleitung und Geräuscherzeugung häufig Gegenstände, die aus dem Alltag stammten oder mit denen man Geräusche des Alltags nachahmte. Ab den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde es dann gängige Praxis, neben den bekannten und neu entdeckten Schlaginstrumenten Alltagsobjekte heranzuziehen, die ungewöhnlich klangen oder durch Verfremdung neue Klangfarben ermöglichten. So „erfand“ z.B. Samuel Beckett in seiner Musik-Pantomime „Quadrat“ (1980) bei einer Fernsehproduktion einen umgedrehten Plastikmülleimer als Schlaginstrument. Allgemein handelt es sich hier um Klangmittel, die nicht nur nachahmen, sondern auch mit neuen Klang-

p  Bambuspendelrassel

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p  Metallpendelrassel

farben die Musik bereichern. Eine besondere Regel für die Notation von Alltagsklängen gibt es nicht, jede(r) Komponist/-in wendet sie stückespezifisch und nach eigenem Ermessen an. In diesem Kapitel werden nicht nur diese „neuen Instrumente“ besprochen, sondern auch diejenigen, die seit dem 19. Jahrhundert das Orchester-Schlaginstrumentarium ergänzten und nicht eindeutig in die vorangegangen vier Gruppen (Fell-, Holz-, Metall- und Malletinstrumente) einzuordnen sind. Darunter sind auch Instrumente, die nicht unbedingt von Schlagzeugern, sondern eher von Spezialisten bedient werden.

Bamboo Chimes, Metal Chimes, Shell Chimes, Glass Chimes Aufgehängte Stäbe u.Ä. aus verschiedenen Materialien, die sich – in Bewegung gesetzt – gegenseitig anschlagen und so Geräusche erzeugen, stammen wahrscheinlich von den Windspielen, bei denen eher kleinere Stäbe oder flache Plättchen durch Windbewegung feine Klangfolgen auslösen. In der Orchester- und Kammermusik, aber auch in Solo-Setups, benutzt man in Bündeln oder in Reihen aufgehängte Stäbe (ca. 5 bis 20 in Anzahl), die der Spieler durch Fingerbewegung zu einem durchgehenden Geräusch oder durch das Zusammenschlagen mit beiden Händen zu einem lauten Schlag bringt. Je nach Material nennt man das Instrument Bambus-, Metall-, Muschel- oder Glaspendelrassel (häufiger aber Bamboo-, Metal-, Shell- oder Glass Chimes – nicht zu verwechseln mit den „Chimes“, womit man im englischen Sprachgebrauch die Röhrenglocken benennt).

p  Glaspendelrassel

p  Muschelpendelrassel

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Schlaginstrumente in der Solo- und Ensembleliteratur Klaus Sebastian Dreher

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ie Komponisten abendländischer Kunstmusik haben in ihren Partituren bis ins 20. Jahrhundert hinein Schlaginstrumente ausschließlich im orchestralen Bereich, in Oper und Sinfonik, verwendet. Um nachzuvollziehen, wie sich das Schlagzeug im Laufe der vergangenen hundert Jahre auch in der Solo-, Kammer- und Ensemblemusik emanzipiert hat, soll im Folgenden das Instrument oder vielmehr das Instrumentarium definiert, seine Geschichte und Entwicklung skizziert, Einflüsse benannt, Stile, Komponisten und Werke eingeordnet sowie strukturelle Besonderheiten zusammengefasst werden.

Begriffsklärung, Definition Schlagzeug ist eigentlich gar kein Instrument, es ist noch nicht einmal eine einheitliche Instrumentenfamilie. Schlagzeug ist ein Instrumentarium aus unterschiedlichsten Klangerzeugern, die außer der Abgrenzung gegenüber Streich-, Blas-, Tasten-, Zupf- und Elektronischen Instrumenten nur eines gemeinsam haben: Sie werden alle vom Schlagzeuger gespielt. Technische Souveränität und musikalisches Ausdrucksvermögen werden von ihm auf unterschiedlichsten Instrumenten verlangt – nicht nur Chance und Herausforderung, sondern auch Hypothek. Man stelle sich zum Beispiel vor, von Cellisten werde tagtäglich zusätzliches Spiel auf Gambe und Kontrabass erwartet, auf Instrumenten also, die bei allen Unterschieden doch auf sehr ähnliche Art bedient werden… Vorangestellt sei hier zunächst, dass das Wort Schlagzeug entgegen der häufigen Gleichsetzung „Schlagzeug“ = „Drumset“ hier immer als Oberbegriff verwendet wird, ebenso wie der in französisch- und englischsprachigen Ländern übliche Terminus „Percussion“. Eine dezidierte Unterscheidung der Begriffe „Schlagzeug“ und „Schlagwerk“ ist nicht eindeutig belegbar; vorbehaltlich regionaler Unterschiede im deutschen Sprachraum hat sich an Orchestern, Hochschulen und Musikschulen wie in den Veröffentlichungen die Bezeichnung „Schlagzeug“ als Oberbegriff für das Fach allgemein durchgesetzt.

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Die Bezeichnung „Schlagwerk“ wird vor allem noch in Bayern und Österreich gebraucht; andernorts mag die Assoziationskette „Schlagwerk – Orff-Schulwerk – OrffInstrumentarium“ unter Berufsschlagzeugern ein Bedürfnis zur Abgrenzung gegenüber dem Bereich Rhythmik/Musikalische Früherziehung geweckt haben. Dagegen deutet die internationalere Vokabel „Percussion“/„Perkussion“ eine tendenzielle Nähe zur Unterhaltungsmusik an und findet so auch im Unterrichts- und Ensemblebereich, wo Einflüsse amerikanischer Tradition eine große Rolle spielen, überdurchschnittlich häufig Verwendung. Außerdem differenziert die Orchesterpraxis zwischen Pauken und (allem anderen) Schlagzeug, eine Unterscheidung, die ihre Gründe sowohl in der traditionell privilegierten Stellung der Pauker als auch der davon beeinflussten Stellenstruktur der Berufsorchester besitzt. An entsprechenden Passagen wird hier der jeweils übliche Sprachgebrauch übernommen. Für Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger, Spielerinnen und Spieler wird zusammenfassend nur die männliche Bezeichnung gebraucht. Will man den Begriff Schlagzeug auch nur eingrenzen, so stößt man zunächst auf die Schwierigkeiten jeder allgemeinen Systematisierung der Musikinstrumente. Sebastian Virdung nahm bereits 1511 Versuche der Einteilung von Musikinstrumenten nach Art und Beschaffenheit des Materials vor.1 Michael Praetorius orientierte sich 1619 am Vorgang der Spielweise.2 Mit der von Hornbostel-Sachs’schen „Systematik der Musikinstrumente“3 (Ordnung der Instrumente in Idiophone, Membranophone, Chordophone, Aerophone und – heute zu ergänzen – Elektrophone) von 1914, die primär von der Art der Schwingungserregung ausgeht, besteht ein wissenschaftlich geschlossenes Modell, das gleichwohl

1 Virdung, Sebastian (1511), Musica getuscht, Basel, Faks.-NA Kassel 1931, BVK. 2 Praetorius, Michael (1619), Syntagma Musicum II, De Organographia, Wolfenbüttel, FaKs.-NA Kassel 1929. 3 Hornbostel, Erich Moritz von/Sachs, Curt (1914), Systematik der Musikinstrumente, in: Zeitschrift für Ethnologie, 46, 553590.

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Das Drumset Heinz von Moisy

Die Zusammenstellung des Drumsets im Laufe der Jahrzehnte von ca. 1925 bis heute

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as Drumset wurde in den USA erfunden, wobei die Instrumente Bassdrum1, Cymbals und Snaredrum die Grundlage bildeten. Für diese drei Instrumente waren in den Blaskapellen in New Orleans, die zumeist bei Umzügen, Beerdigungen und Festen im Freien spielten, drei Spieler tätig. Bald mussten die Bands in geschlossenen Räumen, auch in kleineren, spielen, und es gab Überlegungen, ob nicht ein einzelner Spieler alle drei Instrumente gleichzeitig bewältigen könnte. William F. Ludwig baute im Jahre 1910 ein Bassdrumpedal, das es einem Spieler ermöglichte gleichzeitig Bassdrum und Snare­drum zu spielen. Weiterhin wurde am Bassdrumschlägel ein Metallhaken befestigt, der ein am Bassdrumreifen befestigtes Cymbal anschlug. In Kombination mit einer Snaredrum wurde dann so ein Drumset zusammenge-

1 Allgemein werden immer alle Komponenten des Drumsets englisch benannt: Bassdrum, Snaredrum, Tom-Toms, Hi-Hat, Cymbals, Woodblock, Cowbell, Templeblocks.

stellt. Bald schon wurde dieses Set um ein China-TomTom, hängendes Cymbal, Woodblock und Cowbell erweitert, wodurch sich ein ganz neues Klangspektrum des Sets ergab. Diese Art von Set wurde in den Jazzbands aus New Orleans und anderen Städten in den 1920er-Jahren benutzt. Die weitere Entwicklung brachte den so genannten „Low Boy“. Es war eine Fußmaschine, die ziemlich tief auf dem Boden aufgestellt wurde und mit der man zwei Cymbals aufeinander schlagen konnte. Nun war das Cymbal nicht mehr ständig an den Bassdrumklang gebunden. Man konnte beide Klänge gemeinsam aber auch separat einsetzen. Ein nächster großer Schritt war die Montage einer Stange, die man an den „Low Boy“ montierte und die Cymbals daran befestigte. Der Drummer konnte die Cymbals nun auch mit der Hand schlagen. Interessante Kombinationen von Fuß- und Handtechniken waren möglich und bereicherten die Musik. Die „High Hat“ (im Gegensatz zum „Low Boy“) war geboren. Allmählich wurde auch die Bassdrum freier eingesetzt. Wurde anfangs noch der Grundbeat in Halben oder Vierteln geschlagen, so tauchten jetzt auch rhythmische Verschiebungen auf (siehe unten).

p  Rhythmen der Bassdrum im alten Stil

p  Fußpedal und Technik für die Bassdrum

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Latin Percussion Heinrich Klingmann

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euer, Leidenschaft, Romantik, Lebensfreude, Ekstase, dies sind Be- und Zuschreibungen, die häufig mit lateinamerikanischer Musik und ihren Rhythmen assoziiert werden. Es ist damit weniger der Anspruch auf „authentisch“ Fremdes und Unergründbares, als vielmehr die Funktion, das Salz für die musikalische Soße zu liefern, die der Latin Percussion in ei­nem praxisbezogenen Verständnis zukommt. In Lateinamerika haben sich seit der Koloniali­ sierung der „Neuen Welt“ unzählige musikkulturelle Vermischungen und Evolutionen vollzo­ gen, deren Hauptquellen afrikanische und abendländisch-europäische Musiziertraditionen waren und sind. Die entstandenen musikalischen Stilrichtungen, Instrumente und Rhythmen bieten damit vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte sowohl in künstlerischer als auch in pädagogischer Hinsicht.

Grundlegendes zur Einordnung und Eingrenzung des Gegenstands „Lateinamerika“ ist ein schillernder Begriff, der in einem ersten, geografischen Zugriff jene Länder Amerikas bezeichnet, die südlich der Vereinigten Staaten liegen und damit ein Gebiet umfasst, das vom nordamerikanischen Mexiko über Mittelamerika und die Karibik bis nach Feuerland und damit an die Südspitze des amerikanischen Kontinents reicht. Als sprachbe­ zogene Bezeichnung bietet der Begriff durch seinen Bezug auf die gemeinsamen lateinisch-romanischen Wurzeln der mehrheitlich verwendeten Sprachen nicht nur eine Ab­grenzung vom englischsprachigen Angloamerika, sondern auch einen Kontrast zu den Be­griffen Ibero- und Hispanoamerika, womit u.a. ein Zugang zu einer eigenständigen Identität eröffnet wird, jenseits der kolonialgeschichtlichen Aufteilung der Länder zwischen Spanien und Portugal. Aufgrund der sprachlichen Vielfältigkeit des angesprochenen geografischen Gebiets, insbesondere im karibischen Raum, werden heute mitunter auch „politisch korrekte“ Formulierungen gewählt, wie: „Latin America and the Caribbean“ (LAC). Eindeutig ist, dass das angesprochene sprachliche und politische „Gebilde“ keinen einheitlichen ethnisch-kultu­rellen Raum darstellt. Dennoch existiert in Bezug auf Musik sicherlich etwas, das gemeinhin als „lateinamerika­nisch“ identifiziert wird. Wenn wir gleichzeitig an Latin Percussion

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denken, dann sind hierbei zwei unterschiedliche musikalische Stilrichtungen prägend: Salsa und Samba. Weder Salsa noch Samba können hier in ihrer Vielfalt und unter Berücksichtigung der unzähligen (kulturellen) Quellen behandelt werden, aus denen sie entstanden und die ihre Entwicklungen bis heute prägen. Geografischer Ausgangspunkt der Salsa ist Kuba, die größte Insel in der Karibik. Der Samba stammt aus Brasilien, dem größten Land Südamerikas. Im Folgenden werden Instru­mente besprochen, die aus diesen beiden Ländern stammen.

Charakteristische Instrumente und ihre Handhabung Eine Auswahl „charakteristischer“ Instrumente zu erstellen, bedeutet, vieles unberücksichtigt zu lassen. Es kann hier nicht um eine Auswahl und umfassende Darstellung authentischer lateinamerikanischer Musikensembles sowie ihrer Instrumente und Rhythmen gehen. Selbst bei einer Beschränkung auf die musikalischen Stilrichtungen Salsa und Samba wäre dies angesichts ihres Variantenreichtums in dem hier gesteckten Rahmen nicht möglich. Es sollen vielmehr Grundzüge lateinamerikanischer Percussion-Praxis veranschaulicht und nachvollziehbar aufbereitet werden. Bevor wir nun auf Einzelheiten eingehen, sei darauf hingewiesen, dass die Beschreibung isolier­ ter rhythmischer Patterns der arbeitsteiligen Groovegestaltung in afrikanischer und afro­ amerikanischer Musik nicht gerecht werden kann.1 Die improvisatorischen rhythmisch-musikalischen Interaktionen, auf deren Grundlage aus dem Zusammenwirken von Patterns unterschiedliche Grooves entstehen, werden von einer Vielzahl von Regeln und Bedingungen geprägt.2 Eine mögliche „Brille“, die uns dabei helfen kann, das unüberschaubare Feld von lateinameri­kanischen Rhythmuspatterns und Percussion-Instrumenten zu überbli­ cken und zu strukturieren, ist die Unterscheidung der rhythmischen Ebenen und Funktionen von Beat, Pulsation (Unterteilung des Beat) und Pattern inkl. Zyklus.3 Diese Kategorien werden uns im Folgenden immer wie1 Vgl.: Klingmann 2010a 2 Vgl.: Klingmann 2010b 3 Vgl. z.B.: Pinto 1991, S. 111; Polak 2010, S. [6]

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Die Djembe Eine Trommel aus Westafrika im Kontext der Globalisierung Rainer Polak

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ie musikkulturelle Vielfalt Westafrikas ist kaum überschaubar. In allen Ländern der Großregion gibt es prominente Trommeln (siehe Meyer 1997), aber auch Xylophone, Blas- und Saiteninstrumente. Zu den populärsten Trommelinstrumenten zählen die Sabar der Wolof in Senegal (Tang 2007), die Atsimevu der Ewe in Ghana (Burns 2009) und die Dundun der Yoruba in Nigeria (Euba 1990). Besonders die Musik ghanaischer und nigerianischer Perkussionsensembles bildet einen klassischen Gegenstand der Musikethnologie (Chernoff 1979; Locke 1987, 2010; Nzewi 1997; Villepastour 2010). Die Djembe, eine becherförmige Handtrommel, stammt aus Mali und Guinea.1 Ihre heute weltweit herausragende Stellung bedeutet nicht, dass sie schon seit jeher von überregionaler Bedeutung war. Allerdings führte der Prozess ihrer Globalisierung in den letzten Jahrzehnten dazu, dass sie heute dem Status „der“ afrikanischen Trommel nahe kommt. Der Aufsatz beginnt mit einem geschichtlichen Abriss verschiedener kultureller Kontexte von Djembe-Musik: lokale Tanzfestmusik und folkloristische Bühneninszenierung in Westafrika, konzertante Perkussionsmusik sowie pädagogische Aneignung und Vermittlung in Europa. Erst die wechselseitige Durchdringung der lokalen, nationalen und internationalen Ebenen von DjembeMusik machte ihre Globalisierung möglich. An kaum einem Beispiel ist die Verschmelzung europäischer und westafrikanischer Elemente anschaulicher zu studieren als an der Trommel selbst. Dieses Thema behandelt der zweite Abschnitt, der dem Instrumentenbau gewidmet ist. Im dritten und vierten Abschnitt werden einige Aspekte der Spielweise und Musikstruktur erläutert.

Geschichte Noch vor 100 Jahren beschränkte sich die Verbreitung der Djembe auf ein Gebiet im Süden des heutigen Mali und Nordosten der Republik Guinea. Die größte ethnische Gruppe in diesem Raum sind die Maninka (franz. 1 Die übliche Schreibweise im Französischen lautet djembé, im Englischen auch jembe. Die offizielle Schreibweise in Guinea ist dyembe und in Mali jenbe.

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p    Karte 1: Das ältere Verbreitungsgebiet der Djembe in Afrika. (Karte: R. Polak)

Malinké), die sich selbst als Nachfahren des mittelalterlichen Großreiches Mali definieren. Die Musik der Maninka lässt sich in vier Großgattungen gliedern: Griot-Musik, Jägermusik, Trommelmusik und moderne Gitarrenmusik (Charry 2000). Während geschichtliche Quellen zum Balafon und anderen Instrumenten bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, wissen wir über die Djembe kaum etwas, das weiter zurückreicht als bis ins ausgehende 19. Jahrhundert. Sicher ist, dass sie nicht zu den prominenten Instrumenten der Griots (jeli) zählte und zählt.2 Verstreute Indizien deuten an, dass eine kleinere und technisch einfache Form der Djembe im Rahmen der rituellen Praxis von Schmieden (numu) 2 Griots bilden in vielen Gesellschaften der westafrikanischen Sahel- und Sudanzone eine Geburtsgruppe mit besonderem sozialen Status und beruflicher Spezialisierung (siehe Hale 1998). Neben der Wortkunst zählt auch die Musikausübung zu ihren Domänen. Siehe Knight (1984) zur Distinktion von Trommel- und Griot-Musik. Vgl. dagegen Tang (2007) zum Beispiel der Wolof in Senegal, wo Trommeln (Sabar) durchaus zu den Kernstücken der Identität und Berufspraxis von Griots gehören.

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Anhang Schlagzeug-Wörterbuch in vier Sprachen zusammengestellt von Gyula Racz

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deutsch

english

français

italiano

abdämpfen

suffocate, damp

étouffer

soffocare, attutire

abreißen, plötzlich

suddenly broken

interrompre subitement

interrompere subito

Alarmglocke, Schiffsglocke

alarm-bell, ship‘s bell

tocsin

campana d‘allarme, campanello d‘allarme

Amboss

anvil

enclume

incudine

Angklung, Gitterrassel

angklung

angklung

angklung

anmutsvoll

graceful

gracieux

grazioso

Antike Zymbeln

antique cymbals

crotales

crotali

Artikulation

articulation

articulation

articulazione

aufgehängt

suspended

suspendue

sospeso

aufgeregt

agitated

agité

agitato

Ausdruck, mit viel

with expression

avec beaucoup d‘expression

espressivo

ausdrucksvoll

with expression

expressif

espressivo

ausklingen lassen

let ring, vibrate

laissez vibrer, l. v.

lasciar vibrare, l. v.

Autofeder

springcoil

ressorts d‘automobiles

ammortizzatori ressorts d‘automobile

Bambuspendelrassel, Holz-Windglocken

wood chimes, wind wood chimes

bambou sospendu

bambù sospeso, tubi di bambù

Basler Trommel, Paradetrommel

parade drum

tambour d‘empire

tamburo di Basilea

Becken (chinesisch)

cymbal (chinese)

cimbale chinoise

piatto cinese

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