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Station 1: Münzen, aber kein Geld

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Vorwort

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Station 1

Münzen, aber kein Geld

Seit wann gibt es Geld? Seit es Münzen gibt, oder seit der Neuzeit, oder vielleicht hat es Geld schon immer gegeben? Münzen sind für uns Geld, auch die Antike kannte Münzen – aber waren Münzen immer Geld? Zwei bekannte Vertreter ihrer Zeit geben Antwort: Aristoteles und Petrarca.

Aristoteles und die chremata Aristoteles, Philosoph, Athen, Mitte 4. Jahrhundert. Er gilt als be rühmtester erster Theoretiker des Geldes. Für uns wichtig sind seine Bücher über Ethik (Nikomaische) und Politika über den Staat.

Im Buch der Ethik geht es um Gerechtigkeit, um die Mitte des richtigen Masses. Bei Verteilung in einer Gemeinschaft und Tausch brauche es Ausgleich, und ein gerechter Ausgleich müsse die Ungleichheit der Beteiligten berücksichtigen. Wenn diese Art

Aristoteles, Nikomachische Ethik, Strassburg 1549

von Proportion beim Ausgleich beachtet werde, verwirkliche man Vergeltung und Gegenleistung, und dies sei die Grundlage der Polis, der griechischen Gemeinschaft. Es sind, wie Aristote les darstellt, unbedingt vier Größen zu berücksichtigen, wenn es um gerechten Ausgleich geht: nicht nur die zwei getauschten Güter, sondern auch die beiden Tauschenden selbst. Denn für die Gesellschaft sind die Einzelnen ungleich, haben unter schiedliche Bedeutung.

Was nach Gleichheit und Proportion getauscht wird, muss ir gendwie vergleichbar sein und Münzen sind dafür da, diese Vergleichbarkeit zu leisten, so schreibt Aristoteles. Er bestimmt das Eine, das alle Dinge vergleichbar mache, nicht als Wert oder in

Zahlen Berechenbares, sondern als Bedürfnis. Aristoteles denkt nicht daran anzugeben, wie sich der Wert von etwas berechnet, sondern beschreibt, unter welchen Umständen ein Preis für an gemessen und gerecht gelten darf. Chremata wird fälschlicherweise oft mit Geld übersetzt, damit aber wurden alle brauchbaren Dinge bezeichnet.

In den Politika widmet sich Aristoteles ausführlich dem The ma Besitz und Erwerb. Der wahre Reichtum wird als plutos bezeichnet. Dort steht, dass der Erwerb von Münzen, um wieder Münzen zu erwerben, keine Schranke habe, ganz im Gegensatz zum wahren und natürlichen Reichtum, und sei daher widerna türlich. Denn dies widerspreche der Vorstellung, dass die getauschten Dinge einander angemessen sein sollen.

All dies widerspricht unserer Vorstellung von Geld und Wert, von kaufen und verkaufen. Das Konzept von Aristoteles und un ser Geldkonzept sind so unterschiedlich, dass die Schlussfolgerung nahe liegt: die Antike kannte kein Geld.

Petrarcaʼs Trostspiegel, Heilmittel gegen Glück und Unglück Glück und Unglück sind Schicksal. Wichtig ist unsere Gesinnung. Davon war der italienische Renaissance-Dichter Francesco Pet rarca (1304–1374) überzeugt. Dieser «Trostspiegel» wurde 1370 geschrieben. Bis 1756 erlebte der Bestseller allein in seiner lateinischen Originalausgabe 28 Auflagen und wurde in mehr als 50 Sprachen übersetzt.

Das Buch wurde ursprünglich in Latein geschrieben, aber zum 200ten Jahrestag wurde es auf deutsch übersetzt; man ver pflichtete einen der besten Renaissance Künstler für den Holzschnitt. So präsentiert das Buch 250 Alltagssituationen aus dem Leben des mittelalterlichen Menschen, mit kurzer Beschreibung

Francesco Petrarca, Trostspiegel in Glück und Unglück, Frankfurt 1572

und dem Ratschlag Petrarcas. Das Buch muss man langsam durchblättern und neugierig darauf achten, welche Probleme diese Menschen hatten: ist es Gesundheit, Ansehen, Tätigkeit, Partnerschaft, vielleicht auch Münzen, Darlehen und Sorgen mit dem Geld?

Gesundheit wird oft erwähnt, auch das Vaterland. Münzen dagegen nur fünf mal, und wenn, dann als Mitgift oder bei Dieb stahl. Kredite, Notwendigkeit von Profit, Steuern oder gar Finanzierungen kommen nicht vor. Das häufigste Bild: «Wohl dem, der wohlgeboren ist»; die Rangordnung im Mittelalter war vor gegeben. Von kaufen und verkaufen, von Geld in unserem Sinn keine Spur.

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