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KOLUMNE: NICHT GANZ SAUBER

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TRENTINO

TRENTINO

Nicht ganz sauber

Für viele ist das in den Urlaub fahren der Hauptgrund, in den Urlaub zu fahren. Also fremde Kulturen, Orte, Menschen, Strände, Restaurants zu besuchen. Für mich dagegen ist der Hauptgrund, in den Urlaub zu fahren, das eigene Haus und das entsprechende Chaos zu verlassen. Das wurde mir jetzt wieder bewusst, als wir zum ersten Mal seit Corona Urlaub in unserer Lieblings- Ferienwohnung in Italien machen konnten. Dort ist alles perfekt, zu Hause: eher nicht. Umso herausfordernder ist der Tag der Heimreise: Wenn man in eine perfekte Wohnung kommt, ist sie idealerweise auch perfekt zu verlassen. Diese subtile Botschaft versuchen ja auch die Aufkleber in den Toiletten der italienischen Bahn zu platzieren: „Bitte hinterlassen Sie die Toilette so, wie Sie sie selbst vorfinden wollen“, oder so ähnlich. Zumindest bei mir löst das tatsächlich ein erhöhtes Bemühen aus, bis dahin, dass ich mir ausmale, irgendwann eine Zugtoilette wirklich einmal so zu hinterlassen, wie ich sie vorfinden möchte: nämlich nicht nur sauber, sondern auch mit der aktuellen Ausgabe der berühmten „Gazzetta dello Sport“, einem flauschigen Toilettensitz und mit Ohrenschützern, welche das düsenjägerlaute Einsaug-Geräusch der Toilettenspülung im Zug dämpfen. Ferienwohnungen wollen auch in Italien gewöhnlich „besenrein“ hinterlassen werden, auch wenn es keine eins-zu-einsÜbersetzung gibt – „L’appartamento deve essere riconsegnato in ordine“, so etwa heißt es in Italien. Aber was bedeutet „in ordine“? Wie unterschiedlich das interpretiert werden kann, habe ich einmal erlebt, als wir mit einer befreundeten Familie im Urlaub waren, sie hatten Appartamento 1, wir Appartamento 2. Am Abreisetag machten meine Frau und ich alles sehr

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MARTIN ZÖLLER IST AUTOR VON „MADONNA, EIN BLONDER! GANZ UND GAR NICHT ALLTÄGLICHE GESCHICHTEN AUS ROM“

„in ordine“, unsere Freunde dagegen hatten ihren Besen offenbar nur kurz in jeden Raum gehalten - denn als ich aufgrund meiner Vergesslichkeit eine halbe Stunde nach Abreise noch mal in die Wohnungen musste, traf ich auf ein schimpfendes Eigentümer-Ehepaar mit hochroten Gesichtern in Wohnung 1. Auch wenn ich feige auf unsere Freunde verwies, wir durften nie mehr dort buchen, weder Wohnung 1 noch 2. An dieser Stelle viele Grüße an den Lago di Bolsena! Übertriebene Putzaktionen über „besenrein“ hinaus haben in unserer Familie übrigens einen eigenen Spitznamen. Sie heißen „Isola verde“, benannt nach der Ferienanlage unweit von Chioggia an der Adria. Dort putzte meine Mama in den 1980er Jahren trotz bezahlter Endreinigungsgebühr die Wohnung so akkurat, dass die eigentlichen Putzkräfte eine Stunde früher Feierabend machen konnten. Besonders aufgeräumte Wohnungen bekommen im Familienkreis deshalb verbale Orden wie „Wow, ihr habt ja richtig Isola Verde gemacht heute!“ Und bei uns daheim? Wir sollten uns am Besten wie im Zug ein Schild ins Haus hängen „Bitte verlassen Sie dieses Haus nur, wenn Sie Isola Verde gemacht haben!“. Dann mache ich meinen nächsten Urlaub einfach: daheim. •

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