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Fußnoten
10. Die Geschichte vom »Kampf zwischen dem Fuchs und dem Kranich« wurde von manchen Leuten als Kampf zwischen der Schlange und dem Kranich wiedergegeben. Unerer Meinung nach spielt es keine Rolle, ob es ein Fuchs oder eine Schlange war, denn gesicherte Beweise für einen solchen Kampf gibt es sowieso nicht.
11. Der »Vorne-Bogen« und »Hinten-Pfeil-Stand« (FrontStance) ist eine Stellung, bei der das vordere Bein gebeugt ist und das meiste Gewicht trägt, während das hintere Bein gestreckt ist. Dies ist der am häufigsten benutzte Stand in den meisten Kung-Fu-Stilen.
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12. Beim »Vorne Pfeil« und »Hinten-Bogen-Stand« (BackStance) trägt das hintere Bein mehr Gewicht, während das vordere gestreckt ist. Im Wing Tsun ist der Back -Stance besonders eng, das ganze Körpergewicht sitzt auf dem hinteren Bein, so daß man ohne Gewichtsverlagerung mit 13. Nach chinesischer Sitte hatten die Kinder (egal ob Söhne oder Töchter) - was ihre Heirat angeht - nichts zu sagen. Die Eltern suchten sich ihre Schwiegertochter oder ihren Schwiegersohn selbst aus. S chon im Kindesalter wurde man von den Eltern verlobt, und die spätere Heirat war abgemachte Sache.
14. Wenn ein Kämpfer den Langstock mit beiden Händen hält, nennt man die Griffbreite »Portalbreite«.
15. Gesetzliches Zahlungsmittel während der Ching -Dynastie war die Kupfermünze und das Silberstück. Außerdem konnte man die Kupfermünze in zwei gleiche Teile brechen und auch das Silberstück ließ sich in kleinere Einheiten teilen. Dies wurde in kleinen Geldwechsler -Ständen gegen eine sehr geringe Gebühr gemacht.
Zwei Großmeister diskutieren die WingTsun-Geschichte
G r o ß m e i s t e r Y i p M a n m i t 5 6 J a h r e n
Dieses Foto - aus dem Archiv von Sifu Leung Ting - ist das einzige, das ihn in westlicher Bekleidung zeigt.
YIP MAN
Yip Man, das Oberhaupt des Wing-Tsun-Stils, galt nicht nur unter seinen Anhängern, sondern in der Kung -Fu-Welt überhaupt — also über die Stile hinaus — als Großmeister 1 . Yip Man hatte wenig übrig für die Eitelkeiten dieser Welt. An Ruhm und Reichtum lag ihm nichts. Auch fehlte ihm das rüde und menschenverachtende Auftreten, das so manche KungFu-Leute pflegen. Wer den Vorzug hatte, Yip Man kennenzulernen, fühlte sich in seiner Gesellschaft sofort entspannt und wie zu Hause. Seine Herzlichkeit, Aufrich tigkeit und Gastfreundschaft wurden in allen Handlungen offenbar. Seine Unterhaltungen im Fatshan -Dialekt spiegelten sein sorgloses und freundliches Naturell. Man konn te ihn wahrlich als Gentleman und Gelehrten bezeichnen.
Vornehmer Kung-Fu-Fan
Von angesehener Familie stammend und als reicher Eigentümer einer großen Farm sowie einer ganzen Straße mit samt ihren Häusern hätte Yip Man das behütete und verwöhnte Leben eines jungen Landedelmannes führen können, der seine Hände nicht schmutzig zu machen braucht. Aber zur Überraschung seiner Umwelt entwickelte er schon früh eine Liebe für die Kunst des Kämpfens. (Der Obersetzer merkt hier an, daß es für einen gebildeten Chinesen durchaus nicht standesgemäß war oder ist, Kung Fu als Hobby zu wählen. Ebenso wie im Westen Boxen oder Ringen galt dies als Zeitvertreib der unteren Schichten. Erst im Westen konnte z.B. asiatische Kampfkunst verbrämt und häufig aufgewertet durch Pseudo-Philosophie junge Intellektuelle anziehen. Im Gegensatz zum Karate, das in Japan und im Westen an den Universitäten betrieben wird, so daß Studenten und Akademiker damit schon früh in Berührung kommen, blieb chinesisches Kung Fu eine Freizeitbeschäftigung der Arbeiterklasse, die zwar die besseren Kämpfer stellt, aber natürlich keine theoretisch geschulten Lehrer. So ergibt es sich, daß die meisten wingchun-Lehrer etwa Kellner und Köche waren oder sind, die die Theorie weder verstanden haben, noch an ihre Schüler weitervermitteln können. Yip Man war eine glückliche Ausnahme.) Im Alter von 11 Jahren erhielt er bereits KungFu-Unterricht von Chan Wah Shun (»Wah der Geld wechsler«), einem Lieblingsschüler von Großmeister Leung Jan in Fatshan aus der Provinz Kwangtung.
Wah der Geldwechsler besaß keine eigenen Unterrichts räume für seine Kung -Fu-Schule, sondern mietete im Bedarfsfall Räumlichkeiten an. Nun ergab es sich, daß Yip Mans Vater so freundlich gewesen war, ihm den alten Familientempel des Yip-Clans zur Verfügung zu stellen. Leider hatte Wah nur wenig Schüler aufgrund des hohen Schulgeldes von monatlich 3 Tael Silber. Als S ohn des Vermieters kam Yip Man natürlich leicht in Kontakt mit Chan Wah Shun. Wahs Technik hatte es Yip Man angetan, so daß er beschloß, Wing Tsun von ihm zu lernen. Eines Tages brachte der junge Yip Man dem völlig überraschten Chan Wah Shun die drei Tael Silber und bat um Aufnahme i n Chans Schule. Wah war aber mißtrauisch und fragte sich, wo der Junge wohl soviel Geld herhaben möge. Als er sich bei Yips Vater erkundigte, erfuhr er, daß der Junge seine Spardose dafür geplündert hatte. Gerührt von Yip Mans Entschlußkraft, Wing Tsun lernen zu wollen, akzeptierte Wah ihn schließlich doch als Schüler, unterrichtete ihn aber nur halbherzig und nicht sehr ernsthaft, da er Yip Man für einen jungen Gentleman hielt, der für die Kampfkunst eigentlich zu zart war. Den noch gelang es Yip Man mit Hilfe seiner Intelligenz und unterstützt von seinen älteren Kung -FuBrüdern ( S i-Hings) eine Menge zu lernen. So konnte er endlich auch Wahs Vorurteil ihm gegenüber abbauen, so daß Wah ihn wirklich unterrichtete. Während seiner 36jährigen Unterrichtszeit hatte Wah ins gesamt nur 16 Schüler gehabt, seinen eigenen Sohn Chan Yu Min mitgerechnet. Von allen diesen Schülern war Yip Man der jüngste. Als Wah der Geldwechsler starb, war Yip Man 16 Jahre alt. Im selben Jahr verließ Yip Fatsh an, um i n Hongkong am St. Stephen's College zu studieren.
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Glück oder Pech ?
Es gab ein Ereignis in Yip Mans Studienzeit in Hongkong, das er niemals vergessen sollte. Eine enttäuschende Nie derlage, die sich dann schließlich als wahrer Glücksfall entpuppen sollte. Dadurch, daß er einen Kampf verlor, konnte er den Gipfel seiner Kung-Fu-Karriere erklimmen.
Yip Man war sehr aktiv am studentischen Leben beteiligt. So ergab es sich auch, daß Yip Man verschiedene Kämpfe gegen europäische Kommilitonen klar gewann, obwohl er viel kleiner als diese war. Später gab er zu, daß er damals zu arrogant und selbstsicher war.
Eines Tages sprach ein Kamerad namens Lai Yip Man an: »In unserer Firma gibt es einen Kung-Fu-Mann von über 50 Jahren. Er ist ein Freund meines Vaters. Würdest du dich trauen, ein paar Bewegungen mit ihm zu machen?« Yip Man, ein selbstbewußter junger Mann, der Niederlagen nicht kannte und sich vor niemandem fürchtete, nahm die Herausforderung sofort an und willigte ein, den Mann zu treffen. Am vereinbarten Tag brachte ihn sein Klassenkamerad zu einer Seidenfirma in der Jervois Street, wo der ältere Mann auf ihn wartete. Er wurde ihm als Herr Leung vorgestellt und sprach:»Du bist also ein Schüler des ehren werten Meisters Chan Wah Shun aus Fatshan. Du bist noch jung. Was hast Du von Deinem Si -Fu gelernt ? Bist Du schon mit der Chum-K i u-Form fertig ?« Yip Man war aber so begierig, mit dem Kampf endlich anzufangen, daß er