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BIENENLIEBE

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Jetzt brummt‘s und summt‘s wieder in Natur und Garten: Bienen. In der warmen Jahreszeit schwirren sie aus, immer au f der Suche nach frischen Pollen und Ne ktar. Ganz gleich ob Honig-, Wild- oder Sta dtbiene, die kleinen behaarten Inse kten sind nicht nur sehr busy, sondern auch unentbehrlich für unser Ökosystem

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Eine emsige Honigbiene umwirbt rund 3.000 Blütenkelche am Tag. Gelockt vom Duft und suchend nach leckerem Nektar macht sie sich dabei unermüdlich ihre Taschen voll. Und das seit 40 Millionen Jahren – immer nac h dem gleichen Staatensystem. Dabei sind Honigbienen uns Menschen so ähnlich wie kein anderes Insekt. Nun, sie haben sechs Beine und vier Flü gel, doch abgesehen davon leben sie wie wir aufdichtestem Raum zusammen und bilden eine äußerst differenzierte Arbeitsteilung aus: als Ingenieure, Architekten, Meister der Vorratswirtschaft; sie navigieren und kommunizieren aufhohem Niveau und leisten sich ein kom plexes Sozialsystem. „Es ist sc hon ein echter Wahnsinn, wie Bienen sich organisieren und was sie leisten. Ich bin immer noch fasziniert davon, wie schnell sie diese gleichmäßigen Waben bauen“, beschreibt der Fachwirt der Im kerei Georg Nagl unser kleinstes und drittwichtigstes Nutztier.

Bedrohungen für Honigbienen Auf einer blühenden Wiese im Pfaffenwinkel, zwischen hohen Grashalmen, stehen unter Streuobstbäumen braune Bienenkästen. Fast könnte man sie übersehen. Nur ein paar Schritte von i hnen entfernt ist dieses unverkennbare Geräusch zu hören: ein tiefes, nicht endendes Summen. Beim genaueren Hinschauen ent deckt man sie: die Bienen von Georg Nagl. „Hier leben 70 Wirtschaftsvölker – mal mehr, mal weniger –, bis zum Sommer

können es sogar fast 100 werden“, erklärt der Bienenprofi , der zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn auch Völker auf Gut Dietlhofen bei Weilheim, im Schlosspark Höhenried, in Murnau und im Gemeindebereich E glfi ng betreut. An diesen Orten gibt es ein abwechslungsreiches und ausreichendes Angebot an Nahrung für die Bienen. Dass die schwarz-gelb gestreiften Arbeiterinnen ordentlich gestärkt werden, sei sehr wichtig, denn nur ein gut versorgtes Bienenvolk habe eine Chance gegen Krankheitserreger und Parasiten. Schuld am Tod vieler Völker, darüber sind sich Bienenforscher und Experten eini g, sind die Varroamilbe, die als Parasit an Bienen lebt, und die industrialisierte Landwirtschaft mit ihren Monokulturen. Es fehlt an Blühstreifen , an Hecken und an Landwirten, die die Fruchtfolgen einhalten. Außerdem werden zu viele Pestizide eingesetzt, die auch Insekten schädigen. Um die in den 1980er-Jahren nach Europa ein geschleppte Varroamilbe zu bekämpfen, behandeln Imker ihre Bienen mit verschiedenen Mitte ln. In der Bio-Imkerei dürfen jedoch nur solche eingesetzt werden, die aus natürlichen Grundstoffen bestehen: Chemie ist verboten. Macht ein Imker das richtig, geht es seinen Bienen gut, wie eine EU-Studie, die von 2012 bis 2014 insgesamt 17 europäische Länder erfasste, bestätigt.

Imkern erhält die Artenvielfalt Georg Nagl ist seit 40 Jahren Imker aus Leidenschaft, wobei die Bio-Im kerei immer noch eher ein Hobby für ihn ist, das zuweilen aber doch recht zeitintensiv sein kann: „Nach Sonn- und Feierta gen fragen Bienen nicht. Wenn das Wetter passt, egal ob sonnig oder kalt, muss ich raus, oft von fünf Uhr morgens bis spät abends. Es gibt immer etwas zu tun. Völker müssen versetzt oder Schwärme in neue Beuten verfrachtet werden“, erklärt der Ex perte. Wichtig sei eine solide Ausbildung, immer wieder Schulungen un d das Gespräch mit Imkerkollegen. „Wenn man jemanden vom Im kern überzeugen wollte, würde ich den Umweltgedanken reinbringen. Wir haben ein Riesenproblem mit dem Insektensterben und den Bienen. Mit Bienen meine ich auch Wildbienen und Hummeln. Alle sind für unsere Ernährung sehr wichtig. Ohne sie wür de in der Natur nichts funktionieren, denn etwa 80 Prozent unserer Nutz- un d Wildpfl anzen werden durch sie bestäubt“, betont Geor g Nagl. Die Honigbiene sei nicht vom Aussterben bedroht, für die sorgt der Imker. Vielmehr müsse die Artenvielfalt

Von den Brüdern der Schokolade und dem Herrn des Kaffees:

Federblumen, Hinterglasmalerei, Lebzelterei und wie man diese handgefertigten, schönen Dinge an den Mann bringt, damit kannten sich die Murnauer bereits im 18. Jahrhundert aus. Noch heute arbeiten im lebendigen Markt am Staffelsee fi ndige Menschen, die sich ganz der Handarbeit verschrieben haben und wissen, was den Zeitgeist trifft.

Tradition, Handwerk, Qualität – das Erfolgsrezept der Schokoladenmanufaktur Murnau besteht aus diesen drei Ingredienzien. Die Brüder Mike und Max Krönner, die 2015 das alte Bauernhaus in der Seidlstraße gekauft und um einen gläsernen Anbau für die Produktion erweitert haben, sind zwar noch keine 30. Doch die Familientradition – die Herstellung feinster Torten, Tafeln, Pralinen und schokoladiger Verführungen aller Varianten – nahm vor genau einem Jahrhundert ihren Lauf: 1920 goss der Ururgroßvater die erste Schokolade in Form. Heute macht einen großen Teil der Produktion (acht Tonnen verarbeiteter Schokolade im Jahr) die Bruchschokolade aus. „So können wir Top-Qualität zu erschwinglichen Preisen anbieten“, erklärt Mike und reicht ein Stückchen zum Probieren. Die Auslage macht Lust auf mehr. Was den Rohstoff angeht, haben die Brüder 2012 eine klare Entscheidung getroffen: Sie kaufen ausschließlich die Edelsorte des Kakaos und lassen die Konsumsorte, die immerhin 97 Prozent des Weltmarktes beherrscht, links liegen. „Wir beziehen unseren Kakao ohne Zwischenhändler direkt beim Erzeuger, vor allem in Venezuela, Peru oder Ecuador aber auch in Ghana“, erklärt Mike. Nur so ließe sich die Ausbeutung der Bauern vermeiden. Der Anbau der schattenliebenden Kakaofrucht in Mischplantagen zwischen Mangos und Bananen mache indes den Einsatz von Dünger und Pestiziden größtenteils überfl üssig. Wer wissen will, wie gut das Resultat einer so nachhaltigen Arbeit schmeckt, nimmt an einer der vielen Verkostungen teil, schaut mittwochs oder freitags bei Führungen den Patissiers über die Schulter oder setzt sich in den sonnigen Innenhof der Manufaktur, in dem Feigen und Pfi rsiche wachsen. Dienstag bis Sonntag ist Cafébetrieb, gerade das Frühstück ist bei Murnauern und Gästen sehr beliebt. Nur wenige Meter von der Schokoladenmanufaktur entfernt befi ndet sich die Murnauer Kaffeerösterei. Auch ideologisch liegen die Chocolatiers und der Kaffeesommelier Thomas Eckel nah beieinander. „Wir kaufen meist direkt bei den Kaffeebauern, sowohl in Äthiopien, dem Ursprungsland des Kaffees, aber auch in Brasilien, Peru, Mexico oder in Indien“, sagt der diplomierte Röstmeister, „so bekommen wir beste Qualität und die Erzeuger einen gerechten Lohn“. Auch das Rösten der von Hand geernteten Bohnen geschieht so schonend wie möglich. In kleinen Chargen langsam und gleichmäßig rösten die Murnauer ihren Kaffee in gasbetriebenen Trommelröstern und lassen ihn danach „an der frischen Alpenluft abkühlen“. Wer wissen will, woraus sich die Liebe der Murnauer für alles, was selbst und gut gemacht ist, speist, der sollte durch Unter- und Obermarkt an den kleinen, inhabergeführten Läden vorbei ins Schloßmuseum spazieren und sich hier vor allem die Räume zum traditionellen Gewerbe und Hausgewerbe in Murnau anschauen. Kunstblumen aus gefärbten Gänsefedern, anspruchsvolle Hinterglasmalerei, in der sich später selbst die berühmte Expressionistin Gabriele Münter versuchen sollte, sowie Honigwein und Honigkuchen der Lebzelter zeugen vom handwerklichen Geschick der alten Murnauer Familien. Kirchenrechnungen belegen wiederum, wie beliebt die Exporte vom Staffelsee ab dem 18. Jahrhundert waren: Murnauer Federn fanden in Böhmen, aber auch in der Schweiz und den Niederlanden zum Beispiel als Altarschmuck guten Absatz. Und Hinterglasbilder aus der Region erreichten lange vor Amazon und Co gar Skandinavien und Südamerika. Weitere Infos:

Tourist-Information Murnau im Rathaus | Untermarkt 13 MEI DAHOAM  82418 Murnau a. Staffelsee Tel.: 0 88 41 / 476-240 www.murnau.de

„Nichts gleicht der Seele so sehr wie die Biene, sie fliegt von Blüte zu Blüte wie die Seele von Stern zu Stern, und sie bringt den Honig heim wie die Seele das Licht“

VICTOR HUGO, FRANZÖSISCHER SCHRIFTSTELLER (1802 – 1885)

gerettet werden. Wenn Bienen die Wildfrüchte nicht bestäuben, haben Vögel und Kleintiere keine Nahrung. Seine Be geisterung für die emsigen Tiere entdeckte Georg Nagl bereits als kleiner Junge: „Mein Vater hatte aufdem Hof ein Bienenhaus mit etwa 16 bis 20 Völkern, die er mit großer Leidenschaft betreute. Schon früh habe ich mich immer in der Nähe des Bienenhauses rumgetrieben und die Tiere bei ihrer Arbeit beobachtet.“

Ein durchorganisierter Superorganismus Bevor es auf Tuchfühlung mit den Bienen geht, heißt es erst einmal Imkerhut mit Schleier überziehen und die fl eißigen Insekten ein bisschen in der Theorie kennenlernen. In einem Bienenvolk leben drei verschiedene Arten von Honi gbienen: bis zu 50.000 Arbeiterinnen, einige hundert Drohnen und eine Königin. Sie unterscheiden sich sowohl in ihrer Größe als auch in ihren Aufgaben. Die Arbeiterinnen durchlaufen während ihres Lebens mehrere P hasen – von der Brutpfl ege und Instandhaltung des Stocks bis zur Nahrungsbeschaffung. Obwohl Arbeiterinnen nur 12 bis 14 Millimeter groß sind, können sie 50 bis 70 Mikroliter Blütennektar transportieren. Das ist fast ihr eigenes Körpergewicht. Sie sind in der Regel unfruchtbar, die Fortpfl anzung übernehmen aussc hließlich die Drohnen und ihre Königin.

Zuerst zeigt Georg Nagl die Fluglöcher der Stöcke, wo die Bienen munter hinein und hinaus fl iegen. Ich betrachte eine Zeit lang das Treiben am Flugloch. Viele ankommende Bienen haben dicke oran gefarbene Pollenhöschen an den Hinterbeinen. Ein paar klammern sich an der Anfl ugrampe fest und schlagen mit den Flügeln. Damit sorgen sie für die Ventilation des Stockes. Dann nimmt Georg Nagl den Deckel von einem der Bienenstöcke ab. Am entnommenen Wabenrahmen kann man erkennen, wie fl eißig die Bienen schon waren – so besteht die Hälfte des

FOTO: PR

Rahmens bereits aus mit Wachs verdeckelten, mit Honiggefüllten Waben.

Un d ich habe sogar Glück. Eine der rund 100 aufdem Rahmen sitzenden und krabbelnden Bienen ist die Königin. „Die ist daran zu erkennen, dass sie mit ihren 25 Millimetern länger ist als die Arbeiterinnen. Außerdem ist sie Dreh- und Angelpunkt für jedes Volk“, erklärt der Experte. Sie sorgt für den Nachwuchs und hält das Volk zusammen, dazu bedient sie sich besonderer Duftstoffe, sogenannter Pheromone, die den gemeinsamen „Stallgeruch“ schaffen.

Bei der Betrachtungdes emsig wuselnden Volkes kommen wir den fl auschigen Insekten so nah, dass man sie fast streicheln mag. „Geht denn das?“, frage ich. „Na klar“, betont der Imker, hält mir den Rahmen entgegen und fordert mich auf, es zu versuchen. Zaghaft streiche ich über die Masse an winzigen haarigen Leibern und stelle überrascht fest, wie warm und weich sich die kleinen Wesen anfühlen. Doch die zeigen sich völlig unbeeindruckt von meinen Fingern. „Keine Angst. Bienen sind eigentlich friedlich. Wenn ich ihnen nichts tue, tun sie mir auch nichts. Sie sterben schließlich, wenn sie stechen“, so der Imker. Fühlen sich die Tiere jedoch in die Enge getrieben oder liegt gar Spannung in der Luft, wie beispielsweise bei einem Gewitter, ist auch mit den Bienen nicht zu spa ßen. Dass das Wetter bei der Imkerei generell eine große Rolle spie lt, weiß Georg Nagl: „Erfolgreiches Arbeiten mit einem Bienenvolk fängt schon damit an, das Wetter richtig zu deuten. Ist es zu kalt, kann die Bekämpfung der Varroamilbe nicht richtig wirken. Ohne diese Behandlung haben derzeit die Völker kaum eine Möglichkeit zu überleben.“ Anhand der Wetterprognose planen Imker auch solche Maßnahmen wie die Standortwahl, denn die Entwicklungsrhythmen eines Bienenvolkes orientieren sich am Verlauf der Jahreszeiten der Blühpfl anzen und sind somit stark

von den Trachtverhältnissen am Standort abhängig. „Darunter verstehen wir Imker das den Bienen in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung stehende Angebot an Pollen, Nektar und Honigtau“, erklärt Nagl. Wichtig sei es, dass die Sammlerinnen nicht zu weit fl iegen bei der Nektarsuche, denn je länger sie fl iegen müssen, desto mehr Ener gie verbrauchen sie selbst, und das senkt den Gesamtertrag für das Bienenvolk.

Bienen retten, Imker werden? „Um den Fortbestand der Bienen zu schützen, muss man nicht Imker werden“, meint Na gl. „Wer einen Balkon oder einen Garten hat, kann bienenfreundliche Blumen wie Akelei, Lavendel, Lupine oder Aster pfl anzen.“ Aber auch ein sogenanntes wildes Eck im Garten sei als Lebensraum ideal für viele Insekten. Im privaten Garten könne außerdem auf die Nutzun g chemischer Pfl anzenschutzmittel verzichtet werden. Sie werden oft nicht fachgerecht eingesetzt und schaden den Bienen enorm. Generell ist darauf zu achten, keine Blüten ohne Pollen und Nektar zu pfl anzen, da die Biene darin keine Nahrung fi ndet. Der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) bietet unter www.nabu.de eine Liste mit Pfl anzen, die attraktiv für Insekten sind.

Mehr zu Imker Georg Nagl und seinem biozertifi zierten Honig: www.bioimkerei-nagl.de

FOTO: DANNY ROTHE

Bie nengemäß imkern. Das Praxis-Handbuch. Günter Friedmann, 6@J6iW\jYf`U[ IJD&( --Î Der Autor ist einer der Pioniere der ökologischen Imkerei und hat die Richtlinien der Demeter-Bienenhaltung mit entwickelt. In G ’XXYihgW\`UbXVYhfY]VhYfX]Y kY`hkY]h [fšhY8YaYhYf!=a_YfY]ÃY]bYbXYfkYb][Yb UbYf_UbbhYb5igV]`Xib[gVYhf]YVYZ’fXYb =a_YfVYfiZ]b8YihgW\`UbX"

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