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Bühnenkünstler Dominik Halamek im Porträt

Dominik Halamek wollte einfach nur tanzen. Immer schon. Was seine glühende Leidenschaft entfachte und warum das mitunter schmerzlich war und wortwörtlich genommen werden muss, erzählt er im Gespräch mit unserer Autorin Bettina Sewald

Alles begann in Wolfratshausen in der Ballettschule von Sabine Brandhuber. Da war er gerade fünf. Gut 30 Jahre später schließt sich der Kreis: Nach zahlreichen Auftritten und Shows rund um den Globus kam Halamek 2010 aus Liebe an die Loisach zurück und übernahm schließlich im Januar 2019 die Leitung des Tanzstudios seiner früheren Meisterin. „Der Einstieg war eigentlich der Klassiker“, erzählt der sympathische Bühnenprofi: „Ich habe meine große Schwester in die Tanzschule begleitet – und wollte da einfach nicht mehr weg.“ Das war 1988. Er hat sich sofort infiziert. Mit dem Tanzvirus. Und dann mit der, wie er es nennt, Tänzerkrankheit: „Durchziehen, egal was ist.“ So hat er anfangs die spöttischen Blicke gar nicht wahrgenommen, denn nicht jeder hatte dafür Verständnis, dass er als bayerischer Bub zum Ballett wollte. Er trainierte von der ersten Stunde an mit großer Leidenschaft und bringt die auch heute noch so mit auf die Bühne, dass seine Tänzer und er im Frühsommer bei einem Auftritt

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beim Pelkovenschlössl sich auf der in der heißen Sommersonne aufgeheizten Bühne die Fußsohlen verbrannt haben. Eine buchstäblich glühende Leidenschaft? „Wir mussten tatsächlich alle in die Notapotheke und hatten dicke Brandblasen an den Füßen“, verrät er kopfschüttelnd. Ans Aufhören habe trotzdem keiner von ihnen gedacht: „Man hat das auf der Bühne so drin: Weitermachen – auch wenn’s wehtut.“ Im Nachhinein meint Dominik Halamek allerdings, er hätte improvisieren sollen – um Schuhe anzuziehen.

Doch zurück zu seinen Anfängen. Nach den ersten Ballettrunden im Alter zwischen fünf und neun in Wolfratshausen tanzte er mit Elan in ein größeres Studio nach Geretsried. Da kam ein Lehrer aus München und fragte ihn, ob er nicht zusätzlich Jazz und Hip-Hop tanzen lernen möchte. „Klar, habe ich gesagt. Gerne.“ Mit zwölf fuhr er dann nach der Schule viermal die Woche zum Training nach München ins „Tanzprojekt“ an den Kolumbusplatz. Dominik Halamek lernte unter anderem bei Raquelle Chavis aus New York, die damals bei Alvin Ailey, der ersten Company für Bühnentanz für Schwarze, getanzt hatte. Sie unterrichtete nach seinem Vorbild und dem von Lester Horton, einer weiteren amerikanischen Tanz- und Choreografie-Legende.

Dominik Halamek ist seit Jahren auf den Bühnen der Welt zu Hause. Auch zusammen mit seinem Musical-Ensemble begeistert er das Publikum – und zwar in den unterschiedlichsten Rollen, beispielsweise als Apahatchi aus „Der Schuh des Manitou“ (links)

Er mischt die erfolgreichsten Musical- und Broadway-Klassiker in immer wieder wechselnder Besetzung, wie hier bei einer feurigen Show-Einlage beim Wolfratshauser Flussfestival (oben)

Für die Bühnenshows und das Kinderballett braucht Halamek viele verschiedene Requisiten. Alles ist zweckmäßig untergebracht in seinem Büro und Lager im Gewerbegebiet Gelting

Halameks normaler Schultag bestand aus Unterricht, Mittagessen und Hausaufgaben in der S-Bahn auf dem Weg zur Tanzschule. „Was ich in der Zeit nicht geschafft habe, hatte ich einfach nicht.“ Der Samstag ein Lichtblick! „Da war keine Schule, und ich hatte noch mehr Zeit zum Tanzen“, schmunzelt Halamek und erinnert sich an sein Training bei Janet Janus: „Ich habe im Übermaß Energie gehabt und wollte immer mehr und mehr.“ Über seine Leistungsbereitschaft im Alter zwischen zwölf und 16 staunt er im Rückblick selber: „Ich habe jedes Training, jede Meisterklasse mitgenommen.“ Er musste sich zwar auch anstrengen, hat das aber nie als Quälerei empfunden: „Wo andere erschöpft zusammengeklappt sind, da ging’s für mich erst richtig los.“ Dabei hatte ihn im Alter von zehn Jahren ein doppelter Blinddarmdurchbruch fast ausgetanzt. Die vielen Wochen im Krankenbett haben ihn nachhaltig geprägt und die ohnehin schon innige Beziehung zur Mutter noch intensiviert. Er bekam von ihr und der ganzen Familie sehr viel Unterstützung und Rückhalt. Trotzdem kennt der 38-Jährige Selbstzweifel und Versagensängste. Ganz offen bekennt er sich nicht nur zu seiner Homosexualität, sondern auch dazu, dass er seit zweieinhalb Jahren eine analytische Therapie macht. „Das lässt sich nicht in zwei Sätzen erklären“, sagt er und holt tief Luft. Er spricht über Zweifel, seine Grenzerfahrungen und Sorgen auch im Corona-Lockdown. Aber auch darüber, dass er genau diese Zeit nutzen konnte, in der Therapie viel über sich selbst zu erfahren, über viele gewonnene wertvolle Erkenntnisse: „Auch wenn es abgedroschen klingt: Ich bin jetzt erst dabei, bei mir richtig anzukommen.“ Tief im Innern ist er davon überzeugt, dass sein Weg genau richtig ist – und war! „Manchmal habe ich gezweifelt und gedacht, ich hätte in meiner Jugend vielleicht etwas verpasst, weil ich ja immer nur getanzt habe.“ Aber heute ist er sich sicherer denn je: „Ich habe eigentlich immer genau das gemacht, was ich wollte.“

Mit zwölf startete er das professionelle Training. Mit 15 reifte der Entschluss, dass er Profitänzer werden will. Mit 16 ging’s nach Dresden an die Palucca Schule. Dominik Halamek erinnert sich: „Ich trainierte klassischen Tanz und Modern Dance gleichzeitig und gleichwertig.“ Dazu kamen Impro, Jazz sowie Spanische und Deutsche Folklore. Es folgten zwei Stipendien und dann eine drastische Entscheidung: „Ich war damals das Dünnste, was ich werden kann, und war trotzdem der ‚kleine Dicke‘.“ Er zog für eine Karriere als klassischer Balletttänzer die Reißleine und spezialisierte sich auf den Modernen Tanz: „Das war zum Schluss echt hart.“ Nach der Ausbildung im Jahr 2003 entschied er sich nach einer kurzen Auszeit und der Rückkehr zu den Eltern nach Waldram, als Freiberufler zu arbeiten. Als erstes Engagement flatterte ihm ein Gastspielvertrag für die „Fledermaus“ an der Semper Oper ins Haus und eine Produktion mit Nora Schott: „Mit ihr wollte ich immer schon mal arbeiten – und es war sehr, sehr toll!“ 2005 zog er nach München und fing mit Luftakrobatik an. Ab da ging es dann international los. Shanghai, Madrid und Rio de Janeiro sind nur drei der über 100 Spielorte. Dominik Halamek spezialisierte sich auf Vertikal-Inszenierungen, tanzte nicht nur auf Bühnen, sondern auch auf Hausfassa-

FOTOS: VERANSTALTER; BETTINA SEWALD; FLTB

den. Kommerzielle Arbeit und künstlerische Auftritte wechselten wie die Füße beim Quickstep: „Aida“ an der Staatsoper in München, Musicaltouren durch ganz Deutschland oder europaweite Messen und Events und sogar die Olympischen Spiele in Peking sorgten für viele Umdrehungen. Gibt es ein Highlight? „Es war insgesamt eine tolle Zeit. Aber ich habe mich wahnsinnig gefreut, wenigstens einmal, als egal was, die Olympischen Spiele zu erleben. Das war und ist der Hammer!“ Er habe China und die arabischen Länder als prägend empfunden und ist nachhaltig beeindruckt: „Es ist unglaublich zu erfahren, wie viele Möglichkeiten es gibt, ein Leben zu erleben.“ Auch wenn die politische Situation schwierig sei und es in den Ländern teils eine nicht besonders respektvolle Art gebe, Menschen zu führen, habe er dort überall tolle Menschen kennengelernt.

Den tollsten Menschen in seinem Leben hat er aber wohl schon als kleiner Bub in der Nachbarschaft kennengelernt. „Das Haus von meinem Mann Andi stand nur zwei Häuser neben dem meiner Großeltern“, erzählt Dominik Halamek. „Das heißt, Andi kannte mich eigentlich von Geburt an, und ich wusste, er ist aus der Familie mit den vielen Kindern.“ Fünf Geschwister – das komme in Waldram aber durchaus öfter vor. Richtig kennengelernt hat sich das Paar erst 2007. Über das Internet. Vor drei Jahren wurde dann in Wolfratshausen groß Hochzeit gefeiert: „Es ist dann einfach klarer, dass ich eine seriöse und ernsthafte Beziehung mit einem Mann habe.“ Er habe noch nie negative Erfahrungen seit seinem Outing gemacht, weiß aber um den Nachbesserungsbedarf im Hinblick auf Diskriminierung: „Das haben wir doch diesen Sommer bei der Fußball-Europameisterschaft gesehen! Da war das Regenbogen-Thema ja noch sehr präsent.“

Mit Beginn seiner großen Liebe ist Dominik Halamek 2010 wieder Wolfratshauser geworden: „Da ist die Heimat entstanden, die ich heute lebe.“ Seit 2013 ist er aus dem kulturellen Leben der Loisachstadt nicht mehr wegzudenken. Erst im Sommer lieferte er mit seiner Musical-Truppe einen turbulenten Abend im Rahmen des Fluss-Festivals. Im Gewerbegebiet Gelting hat er seine Homebase, wo alle Kostüme und Requisiten lagern und auch mal Bands (zum Beispiel die „Gaudibox“ von Ehemann Andi) proben können, ohne dass die Nachbarn aus dem Bett fallen. In seinem Tanzstudio „Ballet Factory“ in der Marktstraße in Wolfratshausen trainieren Dominik Halamek und sein hoch motiviertes Team inzwischen knapp 250 Tanz-Mäuse. „Ich leite das Studio mit großer Leidenschaft. Aber meine Energie lebt auch davon, dass ich die Projekte außerhalb mache.“ Sein Motto: „Sei du selbst! Nur wenn du wirklich du bist, dann bist du auch wirklich gut!“ Er ist angekommen. Bei sich. Und in der Loisachstadt.

Am 30. Januar 2022 ist Dominik Halamek als Solotänzer in der Wirtshaus- und Hochzeitsszene bei „Anatevka“ (Freies Landestheater Bayern) in der Wolfratshauser Loisachhalle zu sehen. Infos und Tickets (auch zu weiteren Spielterminen) unter www.fltb.de/produktionen/musical/anatevka

Seit 2007 ein Paar, seit drei Jahren glücklich verheiratet: Dominik Halamek und sein „Wolfratshauser Anker“ Andi Halamek-Weinert (Foto links)

Der an der Wand tanzt: Seine ersten Schritte im großen internationalen Showbiz machte Dominik Halamek mit halsbrecherischen Vertikal-Inszenierungen

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