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Zu Besuch im Kloster Benediktbeuern
KRAFTQUELLE KLOSTERGARTEN
FOTO: ZENTRUM FÜR UMWELT UND KULTUR (ZUK) IM KLOSTER BENEDIKTBEUERN MEI DAHOAM
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Mi ags ist es besonders schön. Über dem Meditationsgarten im Kloster Benediktbeuern strahlt die Sonne, und es herrscht eine himmlische Ruhe. Nur emsige Bienen und Insekten veranstalten ein leises Summ-Konzert. Sie schwirren von Kräuterspitze zu Kräuterspitze und tänzeln elegant auf der Suche nach Nektar über die zarten Blüten von Rose, Kapuziner kresse und Co. Die Zeit scheint stillzustehen
TEXT BIRGIT WERNER
Der Grundriss dieses kreisrunden Themengartens im Kloster Benediktbeuern orientiert sich an dem berühmten Fußbodenlabyrinth der Kathedrale von Chartres. Er ist ein Symbol für den Lebensweg des Menschen, der meist nicht geradlinig, sondern verschlungen und mühsam verläuft, aber immer ein Ziel hat. Auf dem Weg in die Mitte zu einem Quellstein streift man vorbei an vier Beetkreisen mit Symbol- und Küchenkräutern, aber auch jenen für alle Sinne und solchen, die heilen. Klostergärten gehen auf die Benediktinermönche zurück, die nach der Philosophie des Benedikt von Nursia lebten. Sie verpflichteten sich dem „ora et labora“ – dem Beten und Arbeiten –, lebten autark, und alles, was sie zum Leben brauchten, produzierten sie selbst. Mit dem Kreuzgang außenrum bot der Garten den Mönchen zudem Erholung.
Nicht aus der Reihe tanzen In länglichen, rechteckig angelegten Beeten wurde jeweils nur eine Pflanzenart kultiviert. Damit war gewährleistet, dass die Kräuter rein blieben und es nicht zu Verwechslungen kam. Diese saubere Gliederung in Obst-, Gemüse- und Kräutergarten war so erfolgreich, dass sich Bürger und Bauern das Konzept abschauten und die gleichen Pflanzen in ihre Gärten holten. Ringelblume und Kamille, Salbei und Minze waren beliebt, aber auch Rosen, Lilien oder Schwertlilien. Sie zählen heute eher zu den Zierpflanzen. Natürlich durften Heilpflanzen, um Kranken zu helfen, nicht fehlen. Einige darunter waren sehr giftig, deshalb hatten nur der Abt und der Apothekermönch Zugang. Im „Benediktbeurer Rezeptar“ aus dem Jahr 1250 ist genau verzeichnet, welche Pflanzen bei welchen Krankheiten wirksam sind und wie sie verarbeitet werden müssen. Insgesamt 57 Rezepte für Beschwerden nahezu jedes Körperteils sind dort zu finden. Verwendet wurden fast ausschließlich heimische Pflanzen wie Schwertlilie, Brennnessel oder Beifuß.
Pater Karl Geißinger SDB aus dem Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern kennt sich aus mit Pflanzen und deren Heilkra . Mit Autorin Birgit Werner spricht der Theologe und Sozialpädagoge über den Wert und Nutzen des Kloster gartens in der heutigen Zeit
Klostergärten haben sich über die Jahrhunderte verändert. Man könnte meinen, sie sind längst ein Auslaufmodell. Doch immer mehr Menschen interessieren sich dafür. Woran liegt das?
Gefragter denn je sind Orte der Ruhe und Langsamkeit und des Aussteigens aus dem Hamsterrad. Wir brauchen Orte der Achtsamkeit, der Harmonie und Schönheit, aber auch Orte der Gastfreundschaft und der Freude am Leben. Und Orte, an denen nicht die Kategorien wie Erfolg, Macht, Nützlichkeit, wertvoll und bedeutungslos, Schnelligkeit und Ellenbogen gelten. Im Klostergarten ist alles gleich wichtig. Allem wird mit Wertschätzung begegnet, und es hat den ihm zukommenden Platz. Lädt nicht gerade der Klostergarten ein, das Fragen nach Sinn, nach der Erfahrung des Göttlichen zu wecken und nach einer Antwort zu suchen?
was er braucht. Und alle gehen bereichert weg.“
Pater Karl Geißinger
Dann haben Klostergärten eine spezielle Aufgabe in der heutigen Gesellschaft?
Durchaus. Sie versprühen meist eine besondere Atmosphäre: Ruhe, Ästhetik, mit allen Sinnen wahrnehmen, ins Hier und Jetzt eintauchen, Begegnung mit der Natur, mit sich selbst, erahnen, dass das Leben einen tiefen Sinn hat. Ein Klostergarten zeigt uns, was Leben heißt: geboren werden, jung sein, in der Blüte des Lebens stehen, alt werden, sterben, wiedergeboren werden. Wo kann man heute sonst das Leben als diesen ewig gleichen, heilsamen Prozess erfahren?
Unser Wissen über Heilpflanzen hat seinen Ursprung im Klostergarten. Mönche vertieften dort ihre Studien in Medizin und Kräuterheilkunde und gaben ihre Kenntnisse innerhalb des Klosters weiter. Was können wir davon in unseren Alltag mitnehmen?
Die Gelehrten sahen in der Krankheit eine Disharmonie des Menschen in Bezug auf seinen Körper, seinen Geist und seine Seele. Heilpflanzen verfügen nicht nur über Stoffe, die heilend sein können, sondern brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten, die Veränderung der Lebensweise, die Neuausrichtung auf das Gute, Wahre und Schöne. Besucher tauchen bei uns einerseits in die faszinierende Welt der klösterlichen Kräuterheilkunde ein, andererseits werden sie über die Symbolik der Pflanzen wieder auf Werte hingewiesen, die für unser heutiges Leben von elementarer Bedeutung sind. In unserem Garten wird man oft verzaubert von den Düften, Farben und Formen, dem Schmecken, Betasten und Ausprobieren der Kräuter. So gelingt es, den Alltag zu vergessen und im Hier und Jetzt zu weilen und wenigstens für kurze Zeit zufrieden und froh zu sein.
Geheimnisse der Benediktbeurer Klostergärten
Führung durch den Meditations- und Kräutergarten des Zen trums für Umwelt und Kultur mit Pater Karl Geißinger: 30. 04., 04. 06., 14. 06., 01. 07. 2022 Gartenexerzitien mit Pater Geißinger: So 12. 06. bis Do 16. 06. 2022 Nähere Informationen: www.zuk-bb.de
FOTO: (ZUK) IM KLOSTER BENEDIKTBEUERN
Sie haben einmal gesagt, Sie müssen nicht in Urlaub fahren, denn durch den Klostergarten zu streifen, sei für Sie Erholung und ein großes Vergnügen. Das müssen Sie bitte genauer erklären.
Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, an einem Ort zu leben, an dem es einen solchen Garten gibt. Auch ich, der oft aus der Hetze des Alltags in den Garten flüchtet, kann dort Kraft schöpfen. Bei Regen oder Sonnenschein durch dieses kleine Paradies zu streifen und hier das Leben in seiner Vielfalt und Schönheit wahrnehmen zu dürfen, ist ein besonders kostbares Geschenk. Unser Klostergarten ist der Ort, an dem ich mich zu Hause fühle, wo es mir gut geht und ich spüre, dass alles, was existiert, seinen Platz und sein Lebensrecht hat. Alles gehört zusammen und kommt letztlich aus der Hand des Schöpfers.
FOTO: K. FINKEN © 2015 JAN THORBECKE VERLAG, OSTFILDERN
KLOSTER- GÄRTEN – PARADIESE DER STILLE
Das Interesse an Klostergärten und an der Vielfalt vergessener Würz- und Gemüsepflanzen erlebt besonders in diesen turbulenten Zeiten eine Renaissance. Der Bildband entführt mit herrlichen Fotografien in die schönsten Klostergärten Deutschlands. Er lädt ein, in die Geschichte einzutauchen und die Ruhe zu erfahren, die diese Gärten ausstrahlen.
Das Buch hat 136 Seiten, ist im Jan Thorbecke Verlag erschienen und kostet 24,99 Euro.
PATER GEISSINGERS WICHTIGSTE HEILPFLANZEN
Rose
bei Heuschnupfen, leichten Herzproblemen, Kopfschmerzen und Schwindel
Arnika
wirkungsvoll bei Blutergüssen, lindert Sonnenbrand und Insektenstiche
Wermut
für Magen und Darm sowie bei Leberschwäche
Mönchspfeffer
bei Wechseljahresbeschwerden, lindert Akne und andere hormonell bedingte Beschwerden; Arzneipflanze des Jahres 2022
Weihrauch
gut bei Rheuma und Arthritis, Neurodermitis oder chronischen Darmentzündungen
Frauenmantel
entzündungshemmend und schmerzlindernd, bei Durchfallerkrankungen und anderen Magen-Darm-Problemen
Salbei
hil bei Husten, Halsschmerzen, aber auch bei Verdauungsproblemen, Zahnfleischentzündungen und übermäßigem Schwitzen
Ysop
krampflösend und entzündungshemmend
Labradorveilchen
wirkt bei Erkältungen, Hauterkrankungen, Wunden und rheumatischen Beschwerden
FOTOS: PR
PRÄSENTE
IN JEDER GRÖSSE & PREISLAGE
Liebevoll zusammengestellte Geschenk-Arrangements Ich freue mich auf Ihren Besuch Ihre Anna Stumpf