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6. Theoretischer Diskurs

6.3 Hochwasserangepasstes Bauen

6.3.5 Bauvorsorgestrategien im Vergleich

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Nachdem der maximal anzunehmende Überschwemmungspegel bekannt ist, können die unterschiedlichen Strategien zur hochwasserangepassten baulichen Vorsorge abgewogen werden. Hierzu werden allerdings nicht nur die rein bautechnischen Aspekte erwägt, sondern auch Themen, wie die gestalterische Auswirkung, Kosten, baulicher Aufwand und Nachhaltigkeit der jeweiligen Alternative betrachtet.

„Die wichtigsten Strategien der Bauvorsorge lassen sich grundsätzlich einteilen in:

• Ausweichen (engl.: avoidance)

• Widerstehen (engl.: resistance)

• Anpassen (engl.: adaptation, resilience).“ 1

Ausweichen

Im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz beschreibt das „Ausweichen“ die generelle Vermeidung, dem Gebäude Berührungspunkte mit dem Hochwasser zu ermöglichen. Das kann ganz generell die Neuwahl des Standortes für das Gebäude bedeuten, allerdings kann dem Hochwasser auch durch eine Verschiebung der Nutzungseinheiten auf erhöhte Geschosse ausgewichen werden. Konkrete Beispiele hierfür sind aufgeständerte Bauweisen, wie sie vermehrt bei Privathäusern in den durch Hurricanes bedrohten Küstengebieten Nordamerikas zum Einsatz kommen, oder die klassischen Warften, die traditionell auf Halligen in der Nordsee zum Einsatz kommen und durch Erdaufschüttung errichtet werden. Aus dieser Strategie ergibt sich auch der Verzicht auf ein Kellergeschoss. 2

Widerstehen

Die Strategie des „Widerstehens“ lässt zwar unter Umständen die Berührung des Hochwassers mit der Gebäudehülle zu, verhindert aber das Eindringen des Wassers in das Gebäudeinnere. Dazu wird die Gebäudehülle entsprechend ertüchtigt, dem Hochwasser standzuhalten. Öffnungen in der Hülle müssen also entweder aus eigener Kraft dicht halten und eventuellem Treibgut widerstehen, oder durch vorgelagerte Bauteile abgedichtet werden. Die Bauweisen dieser Strategie sind zum Beispiel:

• Abgedichtete Bauweise: Die Gebäudehülle inklusive Fassadenöffnungen wird wie oben genannt wasserdicht ertüchtigt.

• Moderne Warft-Bauweise: Das Gebäudeniveau wird künstlich bis zum anzunehmenden Hochwasserniveau erhöht und als „weiße Wanne“ ausgeführt. Die Haupterschließung sowie etwaige Wohneinheiten werden auf dieses Niveau verlagert. 3

• Deichhäuser: Auch hier wird mit einer abgedichteten Gebäudehülle gearbeitet, welche die Aufgabe des Hochwasserschutzes auch für Gebäude hinter der Deichlinie übernimmt, welche somit keine weitere Bauvorsorge mehr benötigen. Der Deich funktioniert daher auf städtebaulicher Ebene und wird in das Stadtbild integriert. 4

• Polder-Bauweise: „Mit der Eindeichung von Quartieren, die von den Gebäudeeigentümern veranlasst wurde, entstanden Poldergemeinschaften. Diese Polder sind anders als die Flut- oder Entlastungspolder nicht zur Reduktion des Scheitelwasserstandes gedacht, sondern schützen das Quartier bis zur festgesetzten Schutzhöhe (Sollhöhe) vor Hochwasser.“ 5

Anpassen

„Das „Anpassen“ als Hochwasserschutzstrategie umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, ein Gebäude oder eine Infrastrukturanlage so wenig schadensanfällig wie möglich zu errichten und zu betreiben (engl.: wet-proofing). Dabei wird wasserstandsabhängig die Flutung von vorbestimmten Bereichen in Kauf genommen.“ 6 Zum „Anpassen“ als Strategie zählen die durchflutete Bauweise und die amphibische Bauweise.

1 R. Jüpner et al. Hochwasser-Handbuch S. 360

2 vgl.: ebd.

3 vgl.: ebd. S. 379

4 vgl.: ebd. S. 382

5 ebd.

6 ebd. S. 362

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