Nr. 31 Juli 2006
DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de
Editorial editorial von Winfried Hahn ........................................................................... Seite 3 zum thema Motivation - Ein Leben im Standby-Modus? von Sebastian W. Hartmann ........................................................................... Seite 4 „Werke will der Herr“ (Teresa von Avilla) Zur Neubesinnung des benediktinischen Grundgedankens ‘Ora et Labora – bete und arbeite’ von Prof. Dr. Phil. Rainer Johannes Wallerius ......................................... Seite 8 Einfach nur für Lohn arbeiten? von Friedrich Hänssler ........................................................................... Seite 13 (K)eine Chance in unserer Gesellschaft? Jugendhof Seehaus: Eine Alternative zum Strafvollzug von Stefanie von Schumann ............................................................. Seite 16 Wenn man dich nicht mehr haben will ... Wie reagieren Betroffene auf die „gewaltsame“ Entfernung aus dem Arbeitsverhältnis? von Dr. med. Bernhard Stoll ....................................................... Seite 29 Betriebsbedingte Kündigung Bericht eines Betroffenen aus der ambulanten medizinischen REHA von Anonym (Name der Redaktion bekannt) ...................... Seite 32
therapiegrundlagen Neuropsychotherapie und christlicher Glaube von Dr. med. Rolf Senst .................................................... Seite 34
DE´IGNIS aktuell Aktuelle News von DE´IGNIS Fachklinik News ...................................................... ab Seite 17 Institut News .......................................................... ab Seite 20 Wohnheim - Haus TABOR .................................... Seite 22/24 Christliche Stiftung DE´IGNIS Polen ...................... Seite 23
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Impressum Redaktion: Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Dr. med Rolf Senst Grafik, Layout, Satz, Repro: ART DESIGN Dipl.-Ing. Rainer Haas Mönchhaldenstr. 129 70191 Stuttgart Tel. 07 11/48 23 31 Fax 07 11/48 23 61 Druck: Offizin Chr. Scheufele Druck und Medien Tränkestraße 17, 70597 Stuttgart Herausgeber:
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Winfried Hahn
Liebe Leserinnen und Leser, Arbeit – ein sehr aktuelles Thema, wie ich finde, das wir dieses Mal für das DE’IGNIS-Magazin gewählt haben. Arbeit – geeignete berufliche Arbeit gibt es für immer mehr Menschen in Staat und Gesellschaft offensichtlich immer weniger. Die Arbeitslosenzahl verharrt mit Schwankungen mal nach oben, mal nach unten auf hohem Niveau. Deshalb ist Arbeitslosigkeit eines der wichtigstenThemen in unserem Land. Die Folgen der Arbeitslosigkeit sind für viele äußerst unangenehm. Nicht nur finanzielle Engpässe machen den Betroffenen das Leben schwer, auch die psychischen Folgen sind gravierend. Häufig stellt sich auch das Gefühl der Sinnlosigkeit ein. Langeweile und innere Leere machen sich breit.
zu sein, aber eben nicht ausschließlich. Für viele bedeutet es Leid und tägliche Qual, wenn sie Arbeiten verrichten müssen, von denen sie den Eindruck haben, die Tätigkeit passt nicht zu ihrer Persönlichkeit und den speziellen Begabungen. Diese Bedeutungsebene steckt ja auch schon in dem Wort Beruf. Im Idealfall ist der Beruf eine Tätigkeit, die man aus Berufung tut. Beruf als sinngebender, erfüllender Aspekt des Lebens – ein Idealfall? Vielleicht. Für viele erreicht – für viele ein unerfüllbarer Wunsch. Auch da ist die Forderung von Staat und Gesellschaft, berufliche Arbeit als Form der Existenzsicherung zu praktizieren, legitim. Arbeit muss verrichtet werden, auch denn, wenn sie keinen Spaß macht. Auch das ist eine christlich und biblisch begründbare Aussage. So ist Arbeit nicht nur Lust sondern auch Last, die bejaht werden muss. Last, die nicht immer sinnstiftend ist. Aber hier tritt Gott mit seiner Botschaft auf den Plan: Ich will euch Sinn geben, auch da, wo ihr in eurer Arbeit und euren Umständen nur schwer Sinn findet.
gegnung mit Gott kann Beruf zur Berufung werden. Das senkt die Gefahr von Burnout. Den Glauben an den Gott der Bibel als sinngebende Ressource entdecken, weil er eine Perspektive eröffnet, die über den Alltag hinausweist. Ein aktuelles Thema, gerade für unsere Zeit! So haben wir als Redaktionsteam uns wieder darum bemüht, die Thematik Mensch und Arbeit sinnvoll zu füllen. Da geht es um die Ausgewogenheit zwischen Beten und Arbeiten, zwischen Entspannung und Anspannung, ähnlich wie Einatmen und Ausatmen, von Arbeit und Sinnerfüllung, aber auch um die stabilisierende und heilende Wirkung von Arbeit im Strafvollzug. Auch das aktuelle Thema Mobbing wird eindrucksvoll beleuchtet. Ganz aktuell: der sehr interessante und lesenswerte Artikel von Dr. Rolf Senst über neurophysiologische Erkenntnisse, Therapie und christlichen Glauben.
Editorial
Dies führt zu der Frage: Welchen Stellenwert hat die Arbeit für den Menschen? Eines wird ganz deutlich sichtbar: Arbeit dient nicht nur der reinen Absicherung des Lebensunterhaltes, die Arbeit, die wir ausführen, hat etwas mit unserem Selbstbild, mit unserer Identität zu tun. Zwar scheint der primäre Zweck der beruflichen Arbeit mit der Sicherung des persönlichen Lebensunterhaltes verbunden
Wir wünschen allen Lesern viele wertvolle Impulse und Gottes reichen Segen.
Die Herausgeber:
Ja – es ist eine erstaunliche Erfahrung, dass Dinge, die uns sinnlos erscheinen, durch die Begegnung mit Gott sinnvoll werden. Durch die Be-
Claus J. Hartmann Winfried Hahn
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VON SEBASTIAN W. HARTMANN
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uss man zur Arbeit motiviert werden? Diese Frage beschäftigt in der gegenwärtigen Zeit Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Menschen in Leitungsverantwortung. Unternehmen stehen in einer stetigen Konkurrenz und unterscheiden sich weniger durch die Produkte, sondern mehr durch ihre Mitarbeiter. Diese geben dem Unternehmen Individualität und zeichnen das Unternehmen aus. Mitarbeitermotivation ist ein wichtiges Mittel, diese Individualität eines Unternehmens zu gewährleisten und zu fördern.
Doch was ist Motivation? Viele Unternehmen verwechseln den Begriff Motivation mit Motivierung.
Motivation
Ein Leben im Standby-Modus? 4
Motivierung wird auch als Fremdsteuerung1 bezeichnet, durch die ein anderer dahin gebracht wird, „etwas zu tun oder zu unterlassen, was er sonst nicht tun oder unterlassen würde“ 2. Motivation hingegen wird als Eigensteuerung 3 bezeichnet, durch die der Mensch sein Handeln aufgrund „Summe von Beweggründen“4 bestimmt. In vielen Unternehmen jedoch, werden die Mitarbeiter durch Belohnungsprogramme materiell motiviert, ihre Motivation wird demnach fremdgesteuert und daher finden diese Anspornprogramme oft „reißenden Absatz“ in den Unternehmen. Hier und da werden mit „Incentives“, Prämien, Gewinnbeteiligungen und weiteren materiellen Motivationsmethoden die Mitarbeiter zu einer Leistung gezwungen, ohne auf die fatale Wirkung dieser Anspornprogramme zu achten. Solche Unternehmen motivieren weiter und weiter, registrieren dabei nicht, dass die MotivationsInvestitionen ungeheure Mengen an Geld verschlingen, die Mitarbeiter paradoxerweise in eine extreme Unzufriedenheit geraten. Dabei kann man noch so viel motivieren; doch so lan-
ge die Faktoren, die zur Demotivation führen, noch vorhanden sind, sind alle Motivationsanstrengungen umsonst.
„Geld regiert die Welt“ und blockiert das „Ich“ Geld hat mit Sicherheit einen motivierenden Effekt, doch die „Normalitätslatte“ ist schnell erreicht, und es muss wieder von Neuem motiviert werden. Eine Gehaltserhöhung gleicht somit einem „Tropfen auf den heißen Stein“, und es ist auch ein alter Hut der Betriebspsychologie, dass der motivierende Effekt einer Gehaltserhöhung gerade einmal 48 Stunden anhält. Oft wird die Frage gestellt: „Was muss ich tun, um meine Mitarbeiter zu motivieren?“. Nur wenige Menschen in Leitungspositionen erkennen, dass es alleine an der >Selbstmotivation zur Arbeit< liegt, die jeder Mensch in sich trägt; bei dem einen ist sie mehr ausgeprägt, bei dem anderen weniger. Deshalb geht es darum, diese Selbstmotivation, die der Mitarbeiter bereits in sich trägt, zu fördern, damit sie sich weiterentwickelt. Hierzu ist eine zielgerichtete Unternehmensführung notwendig, die den nährhaften Boden für die Selbstmotivation zur Verfügung stellt und somit günstige Rahmenbedingungen schafft. Werden diese Rahmenbedingungen nicht zur Verfügung gestellt, so wird der Mitarbeiter in seiner Persönlichkeitsentfaltung beeinträchtigt und driftet in die Demotivation ab. Der Arbeitsplatz stellt somit die Möglichkeit dar, die Persönlichkeit weiterzuentwickeln und sich den Herausforderungen der Arbeit zu stellen. Dabei wird Risikobereitschaft vorausgesetzt, mit der Erfolg, aber auch Misserfolg verbunden sind. Man selbst kann entscheiden, ob man eine bequeme Arbeit oder eine lebendige Arbeit haben möchte, und daher übernimmt jeder Mensch die Verantwortung für seinen beruflichen Lebensweg selbst. Er muss sich den Freiraum holen, den der Vorgesetzte ihm zur Verfügung stellt bzw. zur Verfügung stellen sollte. „Motivation ist
unwidersprechlich Sache des Einzelnen. Ihr Freiraum zu geben ist Sache der Führung“ 5 . Aufgrund dessen muss sich der Vorgesetzte zuerst fragen, was er getan hat, um seine Mitarbeiter zu demotivieren.
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„Führungskräfte führen Kräfte“ „Die Führungskraft ist für ihre Mitarbeiter verantwortlich. Sie muss ein sozialverträgliches Arbeitsklima schaffen und Potentiale für die Persönlichkeits- und Berufsentwicklung fördern und freisetzen“, so ein Unternehmer, „immaterielle Motivation sollte mehr Gewicht haben anstatt der materiellen Motivation“. Diese Zielvorstellung haben etliche Unternehmen, andere wiederum können sich diese Gewichtung kaum vorstellen oder verschwenden keinen einzigen Gedanken daran. Um dieser immateriellen Motivation ein höheres Gewicht zu geben, gibt es eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten. Die Routine immer wieder zu durchbrechen und etwas Neues zu bieten, abwechslungsreiche Arbeit zu gewährleisten, sind eine Möglichkeit; Lob und Tadel zu artikulieren ohne manipulative Hintergedanken, eine andere. Weitere immaterielle Mittel können unter anderem mehr Eigenverantwortlichkeit, mehr Freiräume, die Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungen, die Transparenz im Unternehmen oder in der Organisa-
tion, Vertrauen in die Mitarbeiter, der Umgangston, Fortbildungen und Seminare, ein sehr gutes Arbeitsklima oder allgemein günstige Rahmenbedingungen sein. Der Vorgesetzte sollte aber auch darauf achten, dass sein Führungsstil nicht zu ‚soft’ ist, sondern dass er weiß, was er will, und entsprechende Forderungen stellt, aber mit seinem Verhalten nicht zu einem demotivierenden Faktor wird. Demnach ist es für den Vorgesetzten und für jeden Menschen mit Leitungsverantwortung wichtig, zu erkennen und zu respektieren, dass jeder für sein Leben und damit auch für seine Motivation selbst verantwortlich ist. Der entscheidende Faktor ist die Fertigkeit der betrieblichen Führung, diese Selbstmotivation (zur Arbeit) zu fördern, ohne dabei auf die vermeintlich altbewährten Belohnungssysteme zurückzugreifen: die von Kindheit an die Zügel in der Hand haben, die Kreativität des Mitarbeiters zurückhalten und ihn in eine bestimmte Richtung, mit dem Gedanken „Tue dies, dann bekommst du das!“ 6 lenken.
Wenn es gelingt, diese Motivation auf immaterieller Basis bei den Mitarbeitern zu erreichen, wird sich dies auf die Menschen im Umfeld des Mitarbeiters, seien es Kunden oder Kollegen, positiv auswirken, da diese mit einem entsprechend motivierten Mitarbeiter in Kontakt stehen. Folglich kann der Mitarbeiter seine Arbeit erfolgsorientiert ausführen; es gibt keinen Unterschied mehr zwischen der Leistung im Unternehmen und der Leistung am Wochenende. Die motivierten Mitarbeiter sind unter anderem ein Spiegelbild der Führung, die entweder auf Leistung oder auf Motivation aus ist, und ein Zeichen der Identifikation mit dem Unternehmen oder der Organisation.
Können sich die Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren, so finden sie auch den Sinn in ihrer Arbeit. Der Sinn kann aber nicht geboten werden, sondern muss von jedem ganz persönlich gefunden werden. Hierbei kann der Vorgesetzte lediglich die Bedingungen für die persönliche Sinnfindung schaffen.
Diese Aspekte zeigen auf, dass man im eigentlichen Sinne die Mitarbeiter nicht motivieren kann, sondern lediglich die von außen mitgebrachte Selbstmotivation eines jeden, durch zur Verfügung gestellte Rahmenbedingungen, fördern oder zerstören kann.
Motivation und Christ sein ... ein Leben im Standby-Modus? Nonprofit-Organisationen haben oft eine sehr große Mitgliederzahl. Menschen investieren ihre Freizeit in Hobbies oder ehrenamtlicheTätigkeiten und sind dort mit voller Begeisterung dabei. Aber warum investieren sie ihre Zeit und Kraft dafür, obwohl sie hierbei kein Geld verdienen? Die Antwort auf diese Frage ist die Selbstmotivation oder auch Eigenmotivation genannt, die hier voll zur Geltung kommt.
Menschen bekommen für ihre ehrenamtliche Arbeit keine materielle Unterstützung, sondern tun es im Hinblick darauf, anderen zu helfen und ihrem eigenen Interesse nachzugehen. Sie tun es freiwillig, ... ... denn schließlich steht es in ihrer Hand, in was sie ihre Freizeit investieren. Auch für uns Christen spielt deshalb die Eigenmotivation eine wichtige Rolle. Wir investieren unsere Kräfte in der Gemeinde, arbeiten an
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verschiedenen Projekten der Gemeinde mit; unsere Kreativität, unsere Talente und Begabungen werden dabei voll eingesetzt. Der Auslöser dafür ist unsere Selbstmotivation. Wir sind motiviert, Jesus nachzufolgen, in Gottes Reich zu investieren und anderen Menschen zu dienen. Doch wie ist es im Berufsleben? Investieren wir dort auch in Gottes Reich? Leben wir abgeschottet von der Welt nur in unserer Gemeinde und haben keinen Bezug mehr zur „Welt“? Jesus gab uns Menschen den Auftrag, die frohe Botschaft in der ganzen Welt zu verkünden. Für uns Christen spielt es daher eine wichtige Rolle, die Eigenmotivation, die wir in unserer Gemeinde oder in Organisationen leben, im Berufsleben nicht in den >Standby-Modus< zu versetzen, sondern auch hier in der Welt motiviert zu sein und Gottes Reich zu bauen. Ein Christ, der sowohl in der Gemeinde als auch im Beruf in Gottes Reich investiert, seine ihm von Gott gegebenen Gaben und Talente einsetzt und die im Beruf oder auch in einer Organisation zur Verfügung gestellten Rahmenbedingungen annimmt, wird motiviert sein.
2 siehe Fußnote 1 3 siehe Fußnote 1 4 Duden; „ Die deutsche Rechtschreibung“; Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2000 5 siehe Fußnote 1 6 siehe Fußnote 1
Sebastian W. Hartmann
Anmerkungen: 1 Sprenger, Reinhard K.; „Mythos Motivation: Wege aus einer Sackgasse“; Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2002
ist 19 Jahre alt und BA-Student.
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„Werke will der Herr“ (Teresa von Avilla)
Zur Neubesinnung des benediktinischen Grundgedankens ‘Ora et Labora – bete und arbeite’ VON PROF. DR. PHIL. RAINER JOHANNES WALLERIUS
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er das idyllisch gelegene Benediktinerkloster Andechs in Oberbayern besucht, dem fällt zuerst die Geschäftigkeit auf, die dort herrscht. Im stets überfüllten Bräustüberl, in der Restauration oder im Klosterladen findet der ‘Pilger’ alles zum Wohle von Leib und Seele: Speisen und Imbisse, das berühmte Andechser Bier aus der eigenen Brauerei, Klosterlikör, Devotionalien
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und Andenken und natürlich auch Bücher zur Erbauung. Da unterscheidet sich Andechs in nichts von vielen anderen Klöstern in Deutschland, die oft auch ein touristisches Ziel sind. Wenn der Besucher zuvor in München war, ist ihm vielleicht der Andechser am Dom aufgefallen, ein hippes Lokal mit Prominentenbonus
in Münchens teuerster Innenstadtlage, gerühmter Küche und immer überfüllt. Dessen Träger, die ursprünglich zum Kloster gehörige Andechser Gastronomie AG hat die Restaurantkette Der Andechser im Franchisesystem deutschlandweit auf Expansionskurs gebracht. Dann erinnert er sich auch an noch gar nicht so lange zurückliegende Berichte in überregionalen Zeitungen und der
Wirtschaftspresse, in denen die ökonomische Prosperität des Kloster Andechs und seiner Betriebe gerühmt wurde. Immer fiel in diesem Zusammenhang der Name Pater Anselm Bilgri, der lange Cellerar des Klosters war, also eine Art finanzverantwortlicher Geschäftsführer und Manager – so verstand er sich auch selbst in einer Zeit, in der auch Klosterbetriebe wirtschaftlich erfolgreich agieren müssten. Seine Managementqualitäten wurden europaweit bekannt und bescherten ihm Fernsehauftritte und Führungsseminare. Schon 2003 beschäftigte die rund um die Brauerei entstandene Firmengruppe 200 weltliche und neun geistliche Mitarbeiter. Es gibt neben den genannten Firmen eine ‘Kultur GmbH’, Lizenzvergaben des Kloster-Namens und geplant war ein Golf-Hotel am Klosterberg.
„Profite im Namen des Herrn – wie Klöster den Kapitalismus entdecken ... ... titulierte die ZEIT 2003 einen Beitrag, der sich lobend mit dieser Ent-
deckung des Marktes durch die Klöster beschäftigte und die „alte benediktinische Lebensweisheit, dass neben der geistigen Tätigkeit gleichberechtigt die Handarbeit stehen sollte“, auch für das 21. Jahrhundert als „tragfähige Geschäftsgrundlage“ apostrophierte. Es scheint so, als erlange das alte Wort des Benedikt von Nursia vom ‘ora et labora - bete und arbeite’, das er etwa im Jahr 529 seinen Reguli Bendeciti als Wahlspruch voranstellte, in unserer von (vermeintlich) wirtschaftlichen Sachzwängen geprägten Zeit und Gesellschaft neue Aktualität. Tatsächlich hatte Benedikt, auf den der Benediktinerorden zurückgeht, etwas Epochemachendes und für die Frömmigkeit seine Zeit Revolutionäres getan, indem er das körperliche Arbeiten für das geistliche Leben gleichberechtigt neben das bis dahin dominierende kontemplative Beten setzte. Damit verlieh er der Arbeit, die bislang wie schon im antiken Rom minder bewertet war, all-
gemein und für den Weg zu Gott eine höhere Wertigkeit. In der nun christlich werdenden Gesellschaft waren die Mönche in ihrem geistlichen Tun bis dahin oft durch Almosen der handarbeitenden übrigen Mitglieder der Gesellschaft alimentiert worden; denn das Gebet der Mönche sollte ja nicht nur Gott preisen, sondern auch sein Erbarmen auf die Welt herabflehen und hatte insofern gegenüber der Arbeit einen hohen Wert. Mit der geistlichen Neubewertung der Arbeit und seinen übrigen Postulaten eröffnete Benedikt nun eine neue Periode fruchtbaren Wirkens christlicher Klöster.
Die Entwicklung der christlichen Arbeitsethik erhielt durch Benedikts Weichenstellung starke Impulse. Arbeiten und Beten waren sich ergänzende Tätigkeiten auf dem Wege zu einem gottgefälligen Leben geworden. Sie waren als zwei sich ergänzende Arten von Gottesdienst gleichermaßen wichtig.
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sprochen nicht nur meint, diese sollten so wirtschaften, dass sie mehr zu ihrem Selbsterhalt beitragen – das wäre ja durchaus im Sinne des benediktinischen Wahlspruchs – sondern tendenziell unterstellt, sie sollten endlich für die Volkswirtschaft Gewinne machen, damit diese sie nicht ständig alimentieren müsse; Gewinne werden dabei simpel materiell verstanden. Das ist so undifferenziert populistisch, dass man sich des Beifalls der Biertischpolitiker sicher sein kann.
Benedikts Ora-et-labora-Grundsatz hatte offensichtlich nicht nur zur Prosperität der Klöster und zur geistlichen und physischen Lebensqualität der Mönche beigetragen, er begünstigte auch wissenschaftliche und geistige Entwicklungen. Die Arbeit in den neu angelegten großen Klostergärten zum Beispiel führte zu bedeutenden Fortschritten hinsichtlich Natur- und Heilkunde. Die Auseinandersetzung mit der umgebenden z. T. widerständigen Natur in Landwirtschaft, Gebäude-, Landschafts- und Gewässerbau zogen ein gründlicheres Verständnis natürlicher Zusammenhänge nach sich sowie das Erlebnis, wie wunderbar die Schöpfung, das ‘andere außerhalb von mir’, doch ist. Dies blieb nicht ohne Einfluss auf das Verhältnis des Einzelnen zu Gott, dem die Natur und der Mensch in ihr sich verdanken, bis hin zu bestimmten Formen christlicher Mystik. ‘Labora’ meinte ursprünglich ‘Handarbeit’, um den Lebensunterhalt der Nonnen und Mönche durch entsprechendes Wirtschaften zu sichern. Im Weiteren umschloss dieses Verständnis dann jede Form von Arbeit, die dem Zweck der Gewährleistung der materiellen Subsistenz des Klosters diente; die Grenzen zur Geistesarbeit sind fließend. Damit deckt dieser Leitspruch im Prinzip auch das Schaffen von betrieblichen Strukturen, Organisations- und Vertriebsstrategien ab, wenn dies zur Erreichung des Ziels notwendig. In solchem Kon-
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text passt die Entdeckung des Marktes und die betriebliche Anpassung an seine Strukturen, wie sie Andechs und andere Klöster derzeit vollziehen, durchaus in den Sinnzusammenhang des ‘ora et labora’ von Benedikt. Nun denkt der Zeitgenosse unserer Tage dabei aber gleich an etwas, was den Altvorderen zu Benedikts Zeiten gar nicht in den Sinn kam: Diese Art sinnvollen ökonomischen Handelns kann unversehens die Grenze zu einem vornehmlich gewinnorientierten Wirtschaften übersteigen und von dort – salopp gesagt – umkippen und im kapitalistischen Sinne zur Profitmaximierung werden. Für Benedikt war solche Gefahr außerhalb des Blickwinkels, da Rom, mit seiner tatsächlich stellenweise frühkapitalistische Privat- und Staatswirtschaft als Negativbeispiel, faktisch untergegangen war. Mental und politisch vollzog sich ein Paradigmenwechsel hin zu einem christlich spirituellen Verständnis von Staat und Gesellschaft. Ausbeutung oder Profitmaximierung kamen darin als gesellschaftsstrukturelle Problemfelder im heutigen Sinne nicht vor. Die damaligen gesellschaftsrelevanten Vorstellungen von christlichem Leben beschäftigten sich mehr mit Ideen, wie die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft und der Stände in ihr ein gottgefälliges Leben führen und Tugenden fördern können, um so eine christliche Gesellschaft auf-
zubauen. Trotzdem gab es diese Phänomene natürlich, wie stets seit es menschliche Gesellschaften gibt, aber sie wurden im Bereich des sündigen Verhaltens Einzelner als Habgier, Maßlosigkeit, Geiz, Völlerei etc. verortet, dem ja gerade christliches Leben Einhalt bieten sollte. Beinhaltete das gesellschaftliche Bewusstsein der Benedikt-Zeit diese ‘kapitalistischen’ Fehlentwicklungen als strukturelle Probleme kaum, so trifft das für unsere Zeit ganz und gar nicht zu. Wir wissen sehr genau um diese Problematik und die Anfälligkeit von Unternehmen, wie auch um die strukturimmanente Eigendynamik, die wirtschaftliche Großorganismen, Konzerne, Aktiengesellschaften, Holdings etc., begünstigt durch die weitgehende Anonymität der sich in ihnen vollziehenden Abläufe, oft unkontrolliert entwickeln können. Schon im säkularen Sprachgebrauch fällt ja auf, dass die Begriffe „wirtschaftlich“ oder „ökonomisch“ zunehmend verengt benutzt werden. Wenn z. B. davon die Rede ist, dass eine Firma „ökonomischer“ oder „wirtschaftlicher“ arbeiten solle, so ist immer gemeint, sie solle Gewinne „erwirtschaften“. Dass dies im System unserer Volkswirtschaft Sinn macht, wird hier nicht diskutiert. Bedenklich ist, dass sich diese Sprache immer öfter auch dort findet, wo es um Universitäten, gemeinnützige Einrichtungen oder Kirchen geht, wobei man ausgesprochen oder unausge-
Nun scheinen die vergleichsweise kleinen und überschaubaren ‘Klosterkonzerne’ doch eher nicht für die apostrophierten ‘kapitalistischen’ Versuchungen anfällig zu sein. Trotzdem, insofern die Strukturen sich gleichen, bleibt ein Beigeschmack, den auch der Andechser Cellerar zu kosten bekam. Zunehmend regte sich Widerstand aus den klostereigenen Reihen gegen die anwachsende klösterliche Konzernstruktur und ihren Protagonisten. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen über die Vereinbarkeit mit der monastischen Idee, die stellenweise auch persönlich eskalierten und öffentlich ausgetragen wurden. In deren Folge gab der Pater nicht nur seine klosterinterne Managerposition auf, sondern verließ den Kloster-Konvent ganz. Heute arbeitet er freiberuflich als Managementberater. Unabhängig von der Begleitmusik persönlicher Animositäten gibt der aus monastischen Kreisen selbst sich regende prinzipielle Widerstand in Andechs Anlass darüber nachzudenken, ob der Begriff des ‘labora’ aus Benedikts Wahlspruch tatsächlich so ohne weiteres auf die apostrophierten Entwicklungen ‘rationaler’ und ‘wirtschaftlicher’ Betriebs- und Unternehmensstrukturen ausgedehnt werden kann oder ob dies still und (un)heimlich in eine unchristliche Richtung mit fataler Eigendynamik führt. Haben sich die unzweifelhaft sicht- und
messbaren ökonomischen Erfolge der Entdeckung des Markts durch das Kloster zu
Beispielen für die „Werke“ entwickelt, von denen die Mystikerin Teresa von Avila neun Jahrhunderte nach Benedikt sagt, dass der Herr sie wolle? Sind sie das gerechte Resultat von Arbeit im Sinne Benedikts? Und wären mit diesen „Werken“ dann auch die Strukturen sozusagen christlich abgedeckt, von denen die Rede war? Dass diese missbraucht werden können, wäre dann wieder das Problem des sündhaften Verhaltens Einzelner, die sich dafür vor Gott zu verantworten hätten. Es wäre kein strukturelles Problem. Sehen wir uns den benediktinischen Wahlspruch genauer an. Das ‘labora’, wird zusammen mit dem ‘ora’, genannt; letzteres an erster Stelle. Beide stehen nicht einfach unverbunden nebeneinander, sondern öffnen erst in der Gemeinsamkeit der Nennung ihren Sinn, ebenso wie in ihrer Anordnung. Sie gehören zusammen; das zweite ohne das erste geht nicht.
Dass das ‘labora’ dem ‘ora’ nachgestellt wird, ist nicht eine beliebige Aufzählung, es ist vielmehr eine Erläuterung und Ausführung des an erster Stelle genannten ‘ora’: Arbeiten ist eine mögliche Art des Betens. Beten und arbeiten fördern die Nähe zu Gott, bzw. stellen sie her:
„Ora et labora, deus adest sine mora“ „Bete und arbeite, Gott ist da, ohne Verzug“, lautet der volle Wortlaut des Wahlspruches. Das seit Benedikt neue Verständnis vom ‘tätigen Gottesdienst’ in den von ihm inspirierten Klöstern wirkte rasch über diese hinaus und bildete ein Modell für christliches Leben allgemein. Zudem hatte es Raum für die nachhaltige Entwicklung bestimmter Formen christlicher Mystik geschaffen, deren (Wieder-)Entdeckung für das moderne Verständnis des Sinnzusammenhangs von ‘ora et labora’ bedeutsam sein kann. Mystik wird oft mit Weltabgeschiedenheit, Kontemplation und der Abwesenheit von Arbeit und aktivem Handeln assoziiert. Dass viele ihrer Vertreter im Laufe der Entwicklung Arbeit, Kontemplation und Handeln als Einheit sahen, verdankt sich geistesgeschichtlich auch der mit Ben-
edikt beginnenden Zusammenschau von Beten und Arbeiten. Eine kühne Hypothese? - Jedenfalls gehen viele Mystiker nicht zurück auf eine vorbenediktinische Praxis von kontemplativer Frömmigkeit als bevorzugtem Weg zur Gottnähe oder zur Vereinigung mit Gott, sondern entdecken den Zusammenhang von Gebet und tätigem Handeln als Wesensmerkmal der Praxis mystischer Einung. Die Unio mystica setzt nach Meister Eckhart neben vielem anderen die kontemplative Gelassenheit zu den Dingen in der Welt voraus, umfasst aber auch die Sorge um die Dinge in ihr, also prinzipiell auch das Handeln in der Welt aus Sorge darum und um die darin lebenden Menschen. In dieser Form der Mystik konstituiert die Einheit von Kontemplation und Handeln die mystische Praxis. Aus der mystischen Verbindung mit Gott müssen nach Teresa von Avila ‘Werke’ entstehen. Das sind für sie symbolisch die Kinder dieser Verbindung. Teresas ‘Werke’ sind also nicht einfach Produkte von Arbeit, die der materiellen Subsistenz der sie Herstellenden dienen, um diesen ein Leben in der Fürbitte um Gottes Gnade für die Menschen zu ermöglichen. Vielmehr sollen sie den Menschen als von Gott Geliebten und im Wissen um die von ihm verliehene Würde auch direkt dienen können. Ohne praktisches oder geistiges Arbeiten geht das aber nicht. ‘Arbeiten’ wird hier also weiter gefasst. Es ist benediktinisch gesehen immer noch untrennbar mit ‘Beten’ verschwistert, woraus sich sein Charakter als Bestandteil des mystischen Einheitsstrebens legitimiert. Beten ist Näherung und Teil der Einung mit Gott:
„Darauf, meine Töchter, zielt das innere Gebet, und dazu dient auch die geistliche Vermählung, dass daraus Werke, Werke geboren werden“ (Teresa von Avila: 7 Morades 4,6).
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Dieses Verständnis ist unverzichtbar für die Bewertung der zu leistenden ‘Werke’. Diesen gleichsam politischen Aspekt christlicher Mystik berücksichtigen die meisten christlichen Gemeinschaften ja durch den Bau von Schulen, Krankenhäusern, durch Entwicklungshilfe etc.; er kann sich aber auch im handelnden Widerstand gegen Strukturen in der öffentlichen, politischen und sogar kirchlichen Praxis widerspiegeln, wenn diese der Würde des Menschen zuwiderlaufen. Dag Hammerskjöld, Nobelpreisträger und erster Generalsekretär der Vereinten Nationen, Christ und Mystiker des 20. Jahrhunderts, postulierte, dass der Weg zur Heilung in unserer Gesellschaft notwendig über das Handeln führe. Die Theologin Dorothee Sölle meinte, im Kontext christlichen Handelns stecke immer ein Nein zur Welt, wie sie jetzt ist. Das Wissen um die unveräußerliche Würde des Menschen, das die Mystik aus der Nähe zu Gott und dem Bemühen um Einheit mit ihm bezieht, ist einerseits wesentlicher Bestandteil dieser Einheit, verbietet andererseits aber auch außerhalb von ihr jede Unterordnung der Würde des Einzelnen unter sogenannte ‘höhere’ Ziele. Da ist der Konflikt mit Welt, Wirtschaft und Politik vorprogrammiert. Für die Antwort auf die Frage, ob Benedikts Wahlspruch des ‘ora et labora’ auch die modernen wirtschaftlichen Entwicklungen mit der diskutierten strukturimmanenten Problematik im christlichen Sinne trägt, öffnen sich beim Betrachten des Aspekts der mystischen Einheit von Kontemplation und Handlung erhellende Bezüge. Entscheidend ist, ob in der Entwicklung eines Wirtschaftsbetriebs wirtschaftliche oder betriebliche Ziele, deren Anliegen ausschließlich betriebliche und wirtschaftliche Zweckrationalität ist und die als wertfrei
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(miss)verstanden werden, de facto als höherwertige Ziele erscheinen. Dadurch kann eine Struktur entstehen, die zwar durch sachimmanente Zweckrationalität in sich stimmig erscheint, in der die Beachtung der Würde des Menschen aber strukturell gefährdet ist, weil diese in der Kategorie der Zweckrationalität nicht adäquat vorkommt. Selbstverständlich besteht diese Gefahr auch für Klöster, wenn sie zu großen Wirtschaftbetrieben werden. Benedikts ‘Ora et labora’ als über das klösterliche Leben hinausweisende Maxime christlichen Lebens hat durchaus eine moderne Bedeutung. Es kann uns im erweiterten Verständnis auf dreierlei aufmerksam machen: Zum einen darauf, dass, wie schon immer, der Gefahr zu begegnen ist, dass einzelne handelnde Personen sich unchristlich oder im engeren Sinne sündig verhalten, indem sie über Gewinnmaximierung de facto Ausbeutung betreiben; zum zweiten, dass aus zweckrationalen Sachzwängen Strukturen entstehen können, die das Erreichen wirtschaftlicher Ziele über die Beachtung der Würde des Geschöpfes Mensch stellen; und zum dritten, dass dies angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes der Wirtschaft ein tatsächliches, immanentes Strukturproblem ist. Appelle an die persönliche Handlungsverantwortung des einzelnen Managers sind heute so notwendig wie ehedem. Sie müssen aber ergänzt werden durch die zu Gegensteuerung und Intervention bereite Beobachtung der Strukturentwicklungstendenzen der Wirtschaft. Diese strukturelle Sichtweise erweitert für den christlichen Manager die Aufforderung „Finde das rechte Maß“ - so der Titel eines Buches von Anselm Bilgri aus dem Jahre 2004 - über die Ethik des gewöhnlichen Betriebsalltags hinaus in eine politische Dimension. Keine selbstverständliche Anpassung an die Sachzwänge des Marktes also, sondern riskante Bereitschaft zum Widerstand?
Warum nicht? Christentum war immer schon ein ‘Skandalon’.
Literatur: Bilgri, A. u. Stadler, K.: Finde das rechte Maß. Piper 2004 Eck, S.: Werft euch in Gott. Einführung in Meister Eckhart. Benno 2004 Etscheit, G.: Die Gott-AG. Profite im Namen des Herrn – wie Klöster den Kapitalismus entdecken. In: DIE ZEIT 2003/1 Hoffmann-Herreros, J.: Dag Hammerskjöld. Politiker – Schriftsteller – Christ. Topos 1991 Kirchner, B.: Benedikt für Manager. Die geistigen Grundlagen des Führens. Gabler 1993 Münzebrock, E.: Teresa von Avila. Herder 2004 Sölle, D.: Mystik und Widerstand – Du‘stilles Geschrei’. Hoffman u. Campe 1997 Theresia von Jesu (Teresa von Avila) sämtliche Schriften, Bd. 5: Die Seelenburg. Kösel 1991 Prof. Dr. phil. Rainer J. Wallerius
Einfach nur für Lohn arbeiten?
VON FRIEDRICH HÄNSSLER Die Arbeit des Menschen ist zunächst ein Vorrecht.
„So geht dann der Mensch an seine Arbeit und an sein Werk bis an den Abend“ sagt die Bibel (Psalm 104, 23). „Du wirst dich nähren von deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast es gut.“ (Psalm 128, 3). Dieses Verständnis ist uns heute in der Umgangssprache der Tarifpartner völlig abhanden gekommen, obwohl das für Christen entscheidend ist: Dass ich weiß und auch glaube: Gott hat mich an meinen Platz gestellt.
Dass die Arbeit vom Abglanz Gottes zur glanzlosen Last des Alltags geworden ist, ist nicht Absicht Gottes (Kurt Hennig). Schon am Anfang der Bibel lesen wir vom verfluchten Acker, „mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren..... und was daran köstlich erscheint, ist doch nur vergebliche Mühe“. Das eigentlich Schwere an der Arbeit ist nicht ihre Härte, sondern die
„Ergebnislosigkeit alles Arbeitens, das nie End-Gültiges schafft, sondern immer noch einmal neu anfangen muss: Saat und Ernte, Produktion und Verbrauch, Erfindung und Verbesserung, Wochenende und Montag“ (Kurt Hennig). Präzise drückt die Bibel das aus:
„Alles Mühen des Menschen ist für seinen Mund; aber sein Verlangen bleibt ungestillt“ (Prediger 6,7). Das heißt: Aller Arbeit bleibt schlussendlich der Erfolg versagt. Deshalb ist die Arbeit dem Menschen zum Problem geworden, das alles menschliche Schaffen fragwürdig macht. Warum? Ist es der Leistungsdruck, die Unfähigkeit, mich mit dem Endprodukt meiner Tätigkeit zu identifizieren, die Monotonie der Handgriffe und die Gedankenlosigkeit dabei, die oft zur Sinnlosigkeit wird?
Master of Arts, Professor im Psychology-Departement, C.U.University, Miami/USA und Jefferson-City, Präsident des Europäischen Netzwerks für Beratung, Psychologie und Therapie e.V., Supervisor, Psychologische Praxis
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Deutlich wird das im Gespräch mit Menschen, deren Tag, wie sie es ausdrücken, erst nach 16.30 Uhr wirklich beginnt.
mein Leben gestaltet, Gott mir meine Arbeit gegeben hat, wird jede Arbeit für mich sinnvoll, auch augenscheinlich sinnlose Arbeit.
so viel wie Berufung, Luther gebraucht das Wort Beruf erstmalig in erweitertem Sinne als Stand oder Dienst.
aufs engste verbunden mit seinem Werk, seine ganze Hingabe galt einer vollkommenen Schöpfung. Von seinem Werk wußte er sich gerufen“.
Neu dazu gekommen ist das Problem der mangelnden Arbeit, die Arbeitslosigkeit, der steigende Einsatz von Robotern und Vollautomatisierung, die den Menschen immer überflüssiger macht.
Jeder Mensch arbeitet um sein tägliches Brot, um „des Leibes Nahrung und Notdurft“ (Martin Luther).
„Ein jeder bleibe in dem Beruf, darin er berufen ist“ (1. Kor. 7,20).
Eine lebendige Identifizierung mit der Arbeit, der Aufgabe, wird sicher direkt gefordert bei einem unmittelbaren Dienst am Menschen; der Mediziner wird direkt vom Menschen, zum Menschen gerufen. Beruf wird also zur Berufung.
Die Gleichnisse Jesu zeigen den Zusammenhang zwischen Arbeit und Lohn: „Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert“. Die Arbeit ist demnach lediglich ein Mittel, um das Leben von Lohnzahlung zu Lohnzahlung zu ermöglichen. Es geht in der Arbeit um das tägliche Brot, das ohne Arbeit nicht zu sichern ist. Dass die Arbeit den Menschen erst zum Menschen, das Leben erst zum Leben mache, das sind Psalmen, die die Bibel nicht singt.
Die Arbeit ist ... schlicht ... Lebensmittel“ (Kurt Hennig). Und sie ist auch eine Ordnung Gottes. Für mich ist es immer wieder erstaunlich zu entdecken, dass ich von Gott an meinen Platz, meinen Arbeitsplatz, gestellt bin. Wenn ich das nicht wüsste, bliebe mir die tägliche Frage „wozu das alles“ nicht erspart. Wozu dann alle Anstrengung, aller Einsatz? Weil ich aber weiß, dass Gott
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Ich sehe zunächst den Sinn der Arbeit nicht in sich selber, sondern in der Absicherung meiner Existenz. Und weil die Arbeit dem Leben dient, ist das Leben mehr als Arbeit. Ich sehe aber auch, dass meine Werktagsarbeit, wenn ich sie richtig einordne, ein Dienst für Gott sein kann, ein Gottesdienst.
„Auch wer Schuhe herstellt, dient Gott damit“ (Martin Luther). Für mich gilt als Lebenserfahrung: Wenn ich meine Arbeit, ganz gleichgültig welcher Art, letztlich für Gott tue, dem Geber aller Arbeit, bin ich weit entfernt davon, mich als „Held der Arbeit“ zu präsentieren, eben weil Arbeit nicht alles ist, auf jeden Fall nicht das Leben, wie es häufig auf Todesanzeigen zu lesen ist. Meine Tätigkeit, meine Arbeit in einem hauptamtlichen Beruf ermöglicht mir die materielle Sicherung im Daseinskampf. Wie verhält sich diese Arbeitsauffassung nun zu meiner Berufsauffassung? Beruf bedeutete ursprünglich
Gemeint ist mit Beruf schon eine innere Bindung, sonst würde man heute nur von Job sprechen.
Mit dem Beruf als Berufung verbunden ist zudem auch die Grundsehnsucht nach Bestätigung durch die eigene Lebensleistung (Theodor Ellinger). Beruf nur als Beruf gesehen, richtet sich aus nach meinen eigenen, meist unerreichbaren Wünschen. Beruf aus Berufung macht mir aber meine Berufsaufgabe selbst anziehend. „Der Arbeitende identifiziert sich mit seiner Aufgabe, er ist von einem hingebenden Eros beseelt, der beim Vergessen seines Ichs Befriedigung findet“, sagte der bekannte Betriebswissenschaftler Theodor Ellinger, indem er unseren Blick auf die Intention großer Künstler lenkt. „Vor uns steht die wuchtige Figur des Mose in Rom, die Michelangelo herausgemeißelt hat. Am Knie zeigt man uns eine Beschädigung, eine Kerbe, die Michelangelo unwillig und besessen mit einem Eisen in den Marmor geschlagen haben soll, als er seinem so lebensnahen und doch toten Gegenüber zurief: „So sprich doch!“. Er war
Ich möchte deutlich drei verschiedene Typen der Berufsauffassung unterscheiden:
Typ 1 Typ 2 Typ 3
sieht den Beruf nur als „Lebensmittel“ (Broterwerb).
gemacht von eigenen Wunschvorstellungen, in echter Hingabe an eine Aufgabe bei Typ 3 einfinden. So kann, wie Martin Luther das ausdrückte, die einfachste ehrliche Arbeit zum echten Beruf werden. Mein Berufsleben ist eine tägliche Teststrecke, die ich zurückzulegen habe. Meine Testfahrt, verbunden mit vielen Übungseinheiten, manchmal auch von Pannen belastet, ist dann für mich erfüllend und damit – im Bild gesprochen – erfolgreich, wenn es mir gelingt, meine Planungen für meinen Beruf, mein Berufsziel, in Übereinstimmung mit meinem Lebensziel, Gott zu dienen, zu bringen.
Natürlich gibt es fließende Übergänge in dieser „Typologie“. Die Zielsetzung von Typ 1 ist klar, bei dem Karriere Typ 2 wird sicher Selbstbestätigung gesucht und eventuell auch gefunden.
Theodor Ellinger, der frühere Direktor des Industrie-Seminars der Universität Köln, formulierte das kompetent: „Wenn das Berufsziel darin besteht, Gott durch den Dienst am Nächsten zu dienen, dann ist das Berufsziel in das Lebensziel eingefügt, das ebenfalls darauf ausgerichtet ist, Gott zu dienen“. Ganz persönlich gesprochen: Diese Übereinstimmung von Berufsziel und Lebensziel, auch in schwierigen Verhältnissen, gibt mir eine gewisse Gelassenheit, ja fast Souveränität in meinem Berufsumfeld, weil mein Lebensziel konstant und stabil ist und ich genau weiß, wem ich zu gehorchen habe.
Ich selbst möchte mich, durchaus hinterfragend, in gewisser Weise frei-
Für mich bedeutet das nicht Horizontverengung; im Gegenteil, weil die
benützt den Beruf zudem als direkten Weg zur Karriere und
lebt den eigentlichen Beruf als Berufung.
Blickrichtung meine beiden Ziele, Berufsziel und Lebensziel, bestimmt, führt das zur Horizonterweiterung, zur Erweiterung der Lebensbasis. Es bedeutet andererseits aber, auch wenn Friedrich Nietzsche den Beruf als Rückgrat des Lebens bezeichnet, dass Beruf als Berufung immer auch das Gegenteil von Selbstbestimmung oder eigener Wahl sein kann.
Friedrich Hänssler
Jahrgang 1927, war jahrzehntelang Verlagsleiter und ist heute noch Berater für den Hänssler Verlag. Außerdem war und ist er in verantwortlicher Position in nationalen und internationalen Werken.
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DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de
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eine Chance in (K) unserer Gesellschaft?
Szenenwechsel: Eines von vielen Gesprächen mit einem Insassen, der JVA:
„Ich habe schon früh gemerkt, dass es zu Hause so nicht weitergeht, immer wieder gab es Streit und Stress mit meinem Vater. Da bin ich dann raus, hatte
„Es“, das können so wie in diesem Fall Schlägereien sein, die mit einer schweren Körperverletzung und wenn es nicht das erste Mal war, mit einem Aufenthalt in der JVA enden. Mit einem Strafmaß, welches je nach den Umständen weit über einem Jahr liegen kann.
VON STEFANIE VON SCHUMANN
Jugendhof Seehaus: Eine Alternative zum Strafvollzug
Selbstverständlich muss eine solch eklatante Verletzung von anderen zum Schutze der Allgemeinheit geahndet werden, natürlich kann es nicht darum gehen, jugendliche Intensivtäter immer und immer wieder aufgrund einer schwierigen familiären Situation zu entschuldigen und somit aus der Verantwortung zu nehmen. Aber: Bietet der Jugendstrafvollzug hier wirklich eine Chance zur Veränderung, eine Hinwendung zum Besseren im eigenen Leben? Im Gespräch mit Jugendlichen in der JVA
Fortsetzung auf Seite 25
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Neue DE´IGNIS-Homepage
so eine Wut im Bauch, und so habe ich eben getrunken. Und dann, wenn mir jemand blöd gekommen ist, ist es halt passiert.“ (Vladimir, 19 Jahre)
D
er Jugendstrafvollzug: Selbst nach etlichen Besuchen vermittelt er mir immer noch den gleichen Eindruck. Graue Bauten, einsame Rasenstücke ohne Pflanzen, keine Bäume. Alles sauber und ordentlich, zweckmäßig eben, aber auch abweisend, kalt und unpersönlich. Kein Ort, an dem ein junger Mensch sein sollte. Kein Ort, meiner Ansicht nach, um sich im Leben neu zu orientieren und sinnvolle Perspektiven zu entwickeln, das eigene Leben in den Griff zu bekommen und es nicht mehr bestimmt sein zu lassen durch Hass, Gewalt, Lug und Betrug und der oftmals daraus resultierenden Hoffnungslosigkeit und inneren Leere.
FACHKLINIK-NEWS
In unserer Zeit, in der immer mehr Menschen sich über das Internet Informationen einholen und recherchieren, gewinnt die Homepage einer Firma oder Institution immer größere Bedeutung. Dieser Herausforderung stellen wir uns natürlich auch. Auf unserer Homepage haben Sie rund um die Uhr die Möglichkeit, sich über DE IGNIS und die zugehörigen Einrichtungen zu informieren, Anfragen zu starten und Downloads von Informationsmaterial oder auch Artikeln dieses Magazins zu tätigen. Die DE IGNIS-Homepage hat täglich ca. 150 bis 200 Zugriffe, Tendenz steigend. Unsere etwas in die Jahre gekommene Homepage basierte auf einem alten Standard, Änderungen und Aktualisierungen waren dringend erforderlich, aber aufwändig und teuer. Wir haben uns deshalb für die Neugestaltung unserer Homepage entschieden. Dafür nutzen wir mit einem neuen Content Management System (CMS) die aktuellste Technologie für die Gestaltung von Internetseiten, die es uns jetzt ermöglicht, Veränderungen
und Aktualisierungen in Wort und Bild unabhängig von externen Firmen kostengünstig und schnell selber vorzunehmen. Auf der neuen DE IGNIS-Homepage konnten wir einigen Service integrieren. So können Sie uns z. B. mittels eines neuen Formulars eine Anfrage zu Ihrer individuell zusammengestellten Gesundheitswoche mit allen Sonderwünschen senden. Von der Seite mit der allgemeinen Wegbeschreibung aus können Sie sich nach Eingabe ihres Wohnorts direkt eine Anfahrtsbeschreibung zu unseren verschiedenen Standorten erstellen und ausdrucken lassen. Wir haben jetzt auch Seiten unserer DE IGNIS-Beratungsstellen, nach Postleitzahlen strukturiert ergänzt. Von den Beratungsstellen finden Sie ein paar Bilder und eine kurze Vorstellung der Beratungsstelle, damit Sie sich über die DE IGNIS-Beratungsstelle in ihrer Nähe erkundigen können. Klicken Sie sich doch gleich mal durch unsere neue gestalten WebSeiten auf:
www.deignis.de
Tag der offenen Tür im Gesundheitszentrum (Ambulante Reha)
Am 10.03.2006 folgten über 200 Besucher der Einladung, sich unsere neue Einrichtung für die ambulante Rehabilitation von Menschen mit seelisch bedingten Erkrankungen im Ortskern von Egenhausen anzuschauen. Bereits vor dem offiziellen Beginn standen die ersten Gäste vor der Tür. In kurzer Zeit füllten sich die Räume mit zahlreichen Interessenten. Mitarbeiter der Klinik führten sie in kleinen Gruppen durch das Haus, beantworteten Fragen, erläuterten die Funktion der Räume, das Behandlungskonzept sowie das Antragsverfahren für die Übernahme der Behandlungskosten durch Krankenkassen oder Rentenversicherer. Einige Mitarbeiter des Küchenteams hatten ein großes Büfett mit Leckereien vorbereitet und so für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Zum Vortrag von Dr. med. Rolf Senst, der in einer Präsentation über die ambulante Rehabilitation allgemein und unser psychotherapeutisches Angebot speziell informierte, blieben ca. 100 Besucher. Im Anschluss
nutzten viele Gäste die Gelegenheit, ihm zunächst in der großen Gruppe und später auch unter vier Augen Fragen zu stellen. Anschließend war Kino-Zeit in Egenhausen. Wir haben dafür das professionelle MoKi (Mobiles Kino) aus Ludwigsburg engagiert, den Film Der Duft von Lavendel in der dann zum Kino umfunktionierten Mehrzweckhalle vorzuführen. Damit jeder der ca. 140 Gäste das humorvolle Melodram sitzend anschauen konnte, holten unsere Hausmeister und Zivis schnell noch Stühle aus einem anderen Haus. Die ganze Veranstaltung war für uns eine super Sache. Von der guten Resonanz auf unseren Tag der offenen Tür waren wir begeistert. Gott sei Dank dafür.
DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de
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DE´IGNIS-AKTUELL
Fachklinik
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das ganze Ausmaß des Vorhabens: Bäume mussten gefällt, der Garten umgestaltet, Wege angelegt, Wände eingezogen, Bäder gebaut, Zimmer gestrichen, sanitäre Anlagen installiert, Fliesen gelegt, Türen zugemauert, Decken abgehängt, Teppiche gelegt und natürlich einige Späße gemacht werden. Während der fünfmonatigen Bauphase gab es dabei viele Überstunden, noch mehr lustige Momente, ein wenig Verzweiflung, aber eine Menge Optimismus. Abiturienten wurden zu Maurern weitergebildet, Schreiner mauserten
sich zu Fliesenlegern und aus Raumausstattern wurden plötzlich vollmundige Tenöre (als wohlhelfendes Mittel gegen lähmende Routine). So entstand nach und nach aus dem Wohnhaus das so genannte Präventionshaus , eine Oase, in der sich Leute in angenehmer Atmosphäre erholen und neue Kraft schöpfen, Gemeinschaft mit Gott und anderen Menschen pflegen und sich natürlich den Inhalten der verschiedenen Präventionsprogramme widmen können.
DE´IGNIS-AKTUELL
Fachklinik
Verträge mit Krankenkassen über ambulante Rehabilitation
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GesundheitsPrävention
im N atcu rhpwaarrkz w a ld S
Der Umbau des DE´IGNIS-Präventionshaus Kumm, mir schaffet was... so oder so ähnlich war der tägliche Spruch unseres HausmeisterTeams, als es in der Zeit vom September 2005 bis Januar 2006 darum ging, das ehemalige Wohnhaus
zu einem Haus voller Allround-, Komfort-, ja fast schon Luxuszimmer umzubauen. Wo am Anfang noch ein schwer durchschaubares Projekt im Raum stand, entfaltete sich nach und nach
Erste Ehetherapie-Woche im Präventionshaus Zum ersten Mal fand vom 24.- 28. Mai 2006 eine Ehetherapie-Woche in unserem neuen Präventionshaus in Altensteig statt. Drei Ehepaare, zwei jüngere und ein etwas älteres Paar, hatten sich entschlossen, daran teilzunehmen. Sie wurden am Montagmorgen herzlich willkommen geheißen. Die geschmackvoll eingerichteten Zimmer und der Wohnbereiche mit bequemen Sesseln verbreiteten eine liebevolle Atmosphäre, in der die Gäste sich gleich wohlfühlen konnten. Abends konnten Sie das Angebot des Präventionshauses zur Erholung und Entspannung sowie für Gemeinschaft miteinander nutzen. Die Tage waren aber für die drei Paare und das Therapeutenteam nicht nur erholsam, sondern auch
von anstrengender Beziehungsarbeit geprägt. Mit viel Liebe, Geduld und Weisheit durften die Paare in einem behüteten Rahmen Dinge ansprechen, die ihnen in ihrer Ehe Mühe machten. Ein Paar hatte sich mit dieser Therapiewoche eine letzte Chance eingeräumt, wollten so noch einmal einen Versuch wagen. Jeden Morgen haben wir mit gemeinsamen Liedern und Gebet begonnen, um unseren Gott zu ehren und anzubeten. Denn Er ist der Gott, der heilen und wiedergutmachen kann, was zerbrochen ist. Passende Szenen, die mit Hilfe von Egli-Figuren in der Mitte aufgebaut waren, forderten jeden Teilnehmer zum Nachdenken heraus, wie z. B. der gute Hirte und das verlorene Schaf oder zwei gefesselte
Menschen, die sich später entfesselten. Es war schön mitzuerleben, wie sich die Paare mit diesen Szenen und den entsprechenden biblischen Texten identifizieren konnten. Ein Höhepunkt war der Text aus Jesaja 58, wo Gott spricht: Ist nicht das ein Fasten, wie ich es liebe: Fesseln des Unrechts aufzulösen, Bande der Knechtschaft zu lockern und Vergewaltigte in Freiheit setzen und jedes Joch zu zerbrechen? Dann bricht dein Licht hervor wie Morgenrot, dann wird deine Genesung schnell vorangehen, dann wird dein Heil vor dir herziehen und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Was in einer Ehe alles über nonverbale Kommunikation läuft, was an Missinterpretationen und -ver-
ständnissen zutage gefördert werden kann, ist unglaublich. Es war beeindruckend, zu erleben wie sich die Partner gegenseitig ihre Fehler und Macken bekennen konnten und noch viel mehr, wie sie sich dann auch noch vergeben konnten. Dieses Wunder durften wir in dieser Woche erleben. Damit diese überaus positive Entwicklung keine Eintagsfliege wird, bekam jedes Paar noch Empfehlungen für weiterführende Eheberatung mit auf seinen Weg. Zum Abschluss wurde für jedes Paar persönlich gebetet und sie durften gesegnet aus dieser Woche in ihren Alltag zurückkehren.
Prävention für Ehepaare Ehetherapie-Woche
Entdecken Sie neue Wege, miteinander zu kommunizieren und mit Ihren gemeinsamen Schwächen umzugehen. Sie haben in dieser Woche die Chance, Ihre Ehepartnerin /Ihren Ehepartner neu wahrzunehmen, kennen und lieben zu lernen. Außerdem erfahren Sie einiges über Rollen und Entwicklungen der PaarDynamik.
Wochen auch ein Vertrag mit den Landesverbänden der BKK und der IKK zustande kommt. Verhandlungen wurden bereits aufgenommen. Die Patienten nehmen bei der ambulanten Rehabilitation tagsüber ein komplettes psychotherapeutisches Behandlungsprogramm in Anspruch. Die Nächte und das Wochenende verbringen sie zu Hause. Auch die Behandlung nur an einigen Tagen oder halben Tagen in einer Woche ist möglich und wird auch schon genutzt.
Dr. med. Rosemarie Schultheiß
Fordern Sie unser Informatio nsmaterial an!
Präventionshaus eine Einrichtung der DE´IGNIS-Fachklinik gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig Telefon 0 74 53/94 94-0 · Fax 0 74 53/94 94- 96 E-Mail: info@deignis.de
Gesundheit ist ein hohes Gut. Im Alltag ist uns häufig gar nicht bewusst, wie sehr wir mit unserem Lebensstil zu unserer Gesundheit beitragen oder ihr schaden. Gesundheitliche Prävention ist der Oberbegriff für alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden. Das erfordert Ihre Eigeninitiative. Wir unterstützen Sie dabei mit völlig individuell gestaltbaren Gesundheitswochen und zielgruppenspezifischen Angeboten.
Zielgruppenspezifische Präventionsangebote
Individuelle Gesundheitswochen Die Gründe für die Buchung einer individuellen Gesundheitswoche können ganz verschieden sein:
Ärztin, Teilnehmerin der Fortbildung in christlich-integrativer Psychotherapie
Nächster Termin Ehetherapie-Woche: 25. - 29. Sept. 2006 Suchen Sie nicht erst professionelle Hilfe, wenn es fast zu spät ist!
Über ein Jahr nach Antragstellung konnten wir Anfang 2006 mit der AOK, mit dem Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK, dazu gehören Barmer Ersatzkasse, DAK, TKK, KKH, HEK, Hamburg Münchener, HKK) und dem Arbeiter Ersatzkassen Verband (AEV, dazu gehören GEK, HZK und KEH) Vereinbarungen über die Erbringung von ambulanter Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen abschließen. Darüber sind wir sehr froh und Gott dafür sehr dankbar. Das ist der erste Vertrag dieser Art, den die Krankenkassen in Baden-Württemberg abgeschlossen haben, was mit ein Grund dafür war, dass die Verhandlungen so lange gedauert haben.
Die Vertragsbedingungen haben wir soweit realisiert. Einiges muss zunächst manuell/handschriftlich erstellt werden, bis die SoftwareFirma, mit der wir zusammenarbeiten, EDV-Lösungen bereit stellt. Die Regelungen der verschiedenen Krankenkassen sind leider nicht einheitlich, so dass wir bei verschiedenen Kostenträgern teilweise sehr verschiedene Regelungen beachten müssen. Wir hoffen, dass in den nächsten
DE IGNIS steht ja allgemein für qualifizierte Psychotherapie auf der Basis des christlichen Glaubens. Das Behandlungsangebot der ambulanten Rehabilitation ist bewusst auch für Menschen konzipiert, denen Glaubensfragen nicht wichtig sind. Inwieweit Elemente des christlichen Glaubens in der Therapie zur Sprache kommen, richtet sich nach dem Wunsch des Patienten. Man rechnet für die ambulante Rehabilitation mit einem Einzugsgebiet von ca. 50 km, so dass das Angebot in Egenhausen für Einwohner der Landkreise Calw, Freudenstadt, Tübingen, Böblingen und sogar von Pforzheim in Frage kommt.
•
Sie suchen Seelsorge in aktuellen Lebensfragen oder um eine Krise zu bewältigen.
•
Sie suchen professionelle Hilfe, weil Sie körperlich-seelische Warnzeichen beobachten.
•
Sie brauchen Coaching für Ihr persönliches Stressmanagement, um einem Burn-Out vorzubeugen oder
•
Sie wollen Ihre Belastungsfähigkeit wieder aufbauen.
•
Sie möchten Ihre Beziehungen als Paar oder als Familie stärken.
•
Sie wollen sich einfach nur verwöhnen lassen.
Sie haben die Wahl zwischen dem günstigen Basisangebot, das Sie individuell ergänzen können, und einer komplett nach Ihren Bedürfnissen zusammengestellten Gesundheitswoche.
In einer Gruppe Gleichgesinnter fällt es leichter, über persönliche Anliegen und Probleme zu sprechen. Deshalb haben wir zielgruppenspezifische Konzepte erstellt: • Präventionsangebot für Schulpädagogen • Gesundheitsvorsorge „50plus“ • Präventionsangebot für Pastoren und andere kirchliche Mitarbeiter • Krisenbewältigung • Ehe-Woche Je nach Zielgruppe werden verschiedene Einzel- und Gruppenangebote (z. B. Gruppe zur Stressbewältigung, individuelle Lebensberatung, progressive Muskelentspannung, Physiotherapie) zusammengestellt. Bitte fordern Sie unsere Informationsbroschüre an! Infos zu unseren Gesundheits-Präventions-Angeboten finden Sie auch Internet unter www.deignis.de.
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DE´IGNIS-AKTUELL
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Seite 21 Emotionale Verbitterung Leistungsbezogene Verbitterung Pessimismus/Hoffnungslosigkeit Menschenverachtung.
INSTITUT-NEWS
DE´IGNISBeratungsstellentag Am 16. März fand ein Treffen mit unseren Partnern aus den verschiedenen DE IGNIS-Beratungsstellen statt. Ziel war der Austausch über die Erfahrungen regionaler Anbindung der einzelnen, die effektive Entwicklung der Beratungstätigkeit, allgemeine Entwicklungen im Gesundheitsund Sozialwesen. Verbunden wurde dieses Treffen auch mit einem Fortbildungsteil. In seinem Referat nahm Rainer Oberbillig Bezug auf die Impulse der sog. Neuropsychotherapie und zeigte anhand einer Videounterstützten Falldoku-
mentation (Psychotherapiesitzung), inwieweit sich neurobiologische Ergebnisse in der Praxis der Christlich-integrativen Psychotherapie niederschlagen können: Bei einer Zwangspatientin wurde die aus der Verhaltenstherapie bekannte Methode der (Angst)Exposition an deren religiöse Werteorientierung angepasst und z. B. meditative Elemente aus Psalm 23 zur besseren Entspannung genutzt. Mit einer Zeit der persönlichen Fürbitte für jede einzelne Beratungsarbeit wurde das Treffen beschlossen.
Ein Hinweis in eigener Sache Liebe Leserin, lieber Leser, bei der Vorbereitung des DE’IGNIS-Magazins bemühen wir uns, Themen auszusuchen, die für Sie interessant sind und Autoren anzusprechen, die zu den ausgewählten Themen wirklich „etwas zu sagen haben“. Wir hoffen, dass uns das gelingt und Sie zweimal im Jahr ein Magazin erhalten, das Ihnen wertvolle Informationen bringt. Die Rückmeldungen, die uns erreichen, lassen jedenfalls darauf schließen. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die Vorbereitung, der Druck und der Versand des Magazins eine Menge Geld kosten.
Auf Anregung einiger Leser möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir für Spenden zur Finanzierung dieses Magazins sehr dankbar sind. Die Herausgeber Spendenkonto: DE´IGNIS-Fachklinik Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 62 168 002 BLZ 642 618 53
Supervisionstage:
Nächster Supervisionstag:
Bei der Überprüfung des FB auf seine Gültigkeit hin zeigte sich in Abgrenzung zur Depression, dass beide Gefühlszustände mittelstark miteinander korrelierten. Bei genauerer Betrachtung ergaben sich aber deutliche Unterschiede: während bei der Depression vor allem Traurigkeit und Niedergeschlagenheit nachweisbar war, war es bei der Verbitterung vor allem die Aggression. Gemeinsam war beiden die Feindseligkeit. Hinzu kamen bei der Verbitterung Misstrauen, paranoides Denken und eine fatalistische Kontrollüberzeugung. Letztlich scheint das Konstrukt der Verbitterung für weitere Forschung brauchbar und anwendbar zu sein, relevant in den meisten seelsorgerlichen und christlich orientierten Psychotherapie Prozessen.
17. März 2006
Freitag, 6. Oktober 2006
06. Oktober 2006
Eindrücke vom Supervisionstag Auch dieses Mal am 17. März stand der Vormittag zur Supervision des Therapeuten mit seiner ganzen Person unter einem spirituellen Motto: Jesus wird von einer Prostituierten gesalbt wie ergeht es mir mit dieser Geschichte? . Mithilfe der Methode des Bibliodramas wurden die knapp 20 Teilnehmer in Selbsterfahrung geführt, sich u. a. in einer Kleingruppe z. B. mit verschiedenen Handelnden der biblischen Geschichte (Lukas 7,36 -50) zu identifizieren und in deren Rolle ein Interview durch einen Kleingruppenteilnehmer zu erleben. Im Plenum spielten wir die gesamte Geschichte mit verteilten Rollen szenisch durch. Dabei wurde wohl allen deutlich, welchen Mut Klienten auf sich nehmen, sich ihren Therapeuten mit sehr schambehafteten und schmerzlichen Lebenserfahrungen zu öffnen und als Therapeuten im Umgang damit von Jesus selbst lernen zu dürfen. Der Nachmittag stand dann wieder für intensive Intervisionsgruppen fallorientiert zur Verfügung.
„Helvetisch-deutsche Forschungspizza“ Berichte von der 11. Arbeitstagung „Empirischer Workshop in Psychotherapie & Seelsorge“ am 25. März 2006 Aus 6 gut belegten Stücken bestand die Forschungspizza , die in Egenhausen im DE´IGNIS-Gesundheitszentrum serviert wurde. Etwa 50 Forschungsinteressierte hatten sich getroffen, um neue Projekte und Entwicklungen im Bereich der Psychotherapie und Seelsorge kennen zu lernen und zu diskutieren. Wer bei den Treffen in Egenhausen als Referent ein Projekt vorstellt, stellt es gleichzeitig zur wohlwollendkritischen Diskussion. Viele Stammteilnehmer schätzen gerade diese fördernd-kollegiale Atmosphäre der Treffen. Frau Priv.-Doz. Dr. Barbara Wild, Uniklinik Tübingen (eigene Praxis in Nagold), stellte neue Ergebnisse zum Thema Emotionale Ansteckung vor. Damit ist die Übertragung von Gefühlslagen von einem auf das andere Individuum oder auf ganze Gruppen gemeint. Emotionale Ansteckung spielt bei Menschen und
Tieren eine wichtige Rolle und besteht aus mehreren Komponenten. Bewusste Wahrnehmung: wir nehmen eine Stimmung wahr, vielleicht verstehen wir auch die Hintergründe. Soziale Evaluation: Menschen wollen sich nicht ausschließen, wenn andere lustig sind, bei Trauernden nicht deren Ärger durch Unbekümmertheit provozieren. Primitive Ansteckung: weitgehend unbewusst durch einfaches Nachahmen aus einem Synchronisationsbedürfnis heraus. Unter Einsatz von bildgebenden Verfahren (Gehirntätigkeit) zeigten Versuche mit dem Betrachtenlassen von Bildern entweder fröhlicher oder trauriger Gesichter, dass es keine strikte Trennung zwischen Wahrnehmung und eigenem Gefühl
gibt. Dieser Effekt (common coding) hilft, die Gefühle anderer zu verstehen. Bei depressiven Patienten ist die emotionale Ansteckungsfähigkeit signifikant vermindert. Dr. phil. Dipl. Psych. Michael Utsch, Berlin, referierte zum Thema: Streit um die Seele: wie das Menschenbild die Hirnforschung prägt . Anhand vieler Beispiele wurde gezeigt, aus welch ausgeprägter Selbstüberschätzung heraus und mit welcher Suggestivität manche der heutigen Hirnforscher meinen, Aussagen über die Funktionsweise der menschlichen Seele machen zu können. Dass diese Aussagen dann in populärwissenschaftlichen Artikeln aufgegriffen, weiter simplifiziert und plakativ (z. B.: Wie wir uns selbst erfinden bzw. Werde, der du sein möchtest ) dargestellt werden, macht die Sache nicht besser. Also vom Anspruch absoluter Selbstbestimmung bis zur Leugnung jeglicher Selbstbestimmungsmöglichkeit. Festzuhalten bleibt dagegen: die Analyse der neuronalen Prozesse, von denen wir dank bildgebender Verfahren heutzutage wieder ein klein bisschen mehr verstehen, wird nie für das Verständnis menschlichen Seelenlebens ausreichen. Neben der Herausforderung durch die Neurobiologische Forschung fanden auch die weiteren Forschungsarbeiten lebhaftes Interesse unter
den Teilnehmern: Detlef Blöcher, Leiter der deutschen Missionsgemeinschaft in Sinsheim, referierte zum Thema: Was Missionare im Einsatz hält Dabei stand die Frage im Vordergrund, welchen Effekt die Betreuung von ausgesandten Missionaren durch ihre Missionsgesellschaft hat (Member Care). Dazu sind die beiden Remap-Studien durchgeführt worden, die insgesamt 40.000 Missionare aus 600 Missionsgesellschaften erfassten. Ein zentrales und statistisch hochsignifikantes Ergebnis war, dass es für den Verbleib der Missionare in ihrem Einsatzland am günstigsten ist, wenn Missionswerke zwischen 5 % und 10 % ihrer Zeit in Mitgliederbetreuung investieren. Weniger aber erstaunlicherweise auch mehr (!) Betreuung fördert die Abbruchquoten. Dr. phil. Lic. theol. Monika Renz, St. Gallen, Theologin und Psychologin, berichtete über Spirituelle Erfahrungen in Leid und Krankheit in der Psychoonkologie des Kantonsspitals. Das Besondere an der Situation vieler dieser Menschen, die nur noch eine kurze Zeit zu leben hätten sei, dass bei ihnen doch inmitten aller Ohnmacht eine besondere Freiheit spürbar werde. Wenn alles andere angesichts des nahenden Todes unwichtig werde, sei ein Mensch frei, nur mehr er selbst zu sein. Von 251 Patienten der Durch-
schnittsbevölkerung (keine gläubige Auswahl), die Frau Renz betreute, machten 135 spirituelle Erfahrungen im Sinne von Beziehungsgeschehen und Offenbarungsgeschehen. Dipl. Psych. Franz Fischer, Leitender Psychologe der christlichen SGM Fachklinik für Psychosomatik und Psychiatrie in Langenthal/ Schweiz, berichtete über Facetten der Religiosität stationärer psychiatrischer Patienten . Generell zeigten sich bei den Patienten gute Therapiefortschritte während ihres Aufenthaltes. (laut des Qualitätssicherungssystems) In Bezug auf Religiosität standen eine Verminderung der Angst, mehr Vertrauen und eine größere Dankbarkeit im Vordergrund. Patienten mit hoher Religiosität veränderten sich in Bezug auf ihre Emotionen Gott gegenüber deutlich stärker als der Durchschnitt. Insbesondere betraf das eine Zunahme der Geborgenheit, eine Abnahme von Schuldgefühlen und eine Abnahme von Angst. Lic. phil. (Psychologe) Philipe Jakob, Klinik Sonnenhalde in Riehen bei Basel, berichtete über Erfahrungen mit dem Berner Verbitterungs-Fragebogen , den er bei seiner Lizenziatsarbeit eingesetzt hatte. Dieser Fragebogen unterscheidet zwischen vier verschiedenen Arten von Verbitterung, von denen Menschen betroffen sein können:
Ich bin bei dir und helfe dir . Impressionen aus dem IV. Lehrgang in Christlich-integrativer Psychotherapie Seit November 2005 sind wir wieder mit einer Gruppe von etwas mehr als 20 angehenden Christlichen Therapeuten auf der Reise . Dass diese Reise viele Unwägbarkeiten mit sich bringt, auch möglicherweise schmerzliche Begegnungen mit der Begrenztheit der eigenen Person und in der Selbsterfahrung mit den leidvollen Episoden der eigenen Biografie: All das drückt dieser Text aus dem Propheten Jeremia aus: Ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dir helfe. Mit diesem Impuls des Kursleiters Rainer Oberbillig wurden die Teilnehmer auch auf das Herzstück einer genuin Christlichen Psychotherapie hingewiesen: Christliche Therapeuten und Lebensberater brauchen Gottes Hilfe in allen ihren Entscheidungen im Verlauf des therapeutischen Prozesses, nehmen Gottes Gegenwart in der Therapiesituation wahr und sind immer bestrebt, ihre Klienten / Patienten letztlich mit Gottes sehr lebenspraktischem Hilfeangebot in Kontakt zu bringen. Dazu können sie aus den methodischen Bausteinen wissenschaftlicher Forschung schöpfen, die im Fortbildungsgang vermittelt werden, in theoretischer Darstellung als auch in der Selbsterfahrung oder vielen Übungseinheiten mit der jeweiligen Methode.
DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de
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Wohnheim - Haus TABOR
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DE´IGNIS-AKTUELL
WOHNHEIM-NEWS Erweitertes Angebot für Seelsorge und Seelsorgeausbildung ab Herbst 2006 Aufbruch e.V. beginnt dieser Seelsorgekurs im September 2006 nun zum dritten Mal. Der Kurs ist so aufgebaut, dass ein Einstieg jederzeit möglich ist und nach 10 Wochenendseminaren abgeschlossen werden kann. Die einzelnen Bausteine des Kurses können auch unabhängig voneinander besucht werden. Durch Qualifizierungs- und Praxisseminare können die in dem o.a. Kurs geschulten Personen sich zum Seelsorge-Begleiter und zum Seelsorger im Netzwerk ausSeelsorgeschulung bilden lassen (siehe SkizDE´IGNIS in Kooperation mit Kirche im Aufbruch e. V. zen Seelsorgeausbildung, Stufe 1 Stufe 1 und Stufe 2 ). Die Zusammenarbeit zwischen dem DE IGNIS Wohnheim - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und Kirche im Aufbruch e.V. entwickelte sich kontinuierlich seitdem Winfried Hahn 2002 bei der Zeltstadt von Kirche im Aufbruch e.V. die Leitung des Bereichs Seelsorge mit den dazu gehörenden SeelsorgeWeitere Seminaren übernommen Qualifizierung in Stufe 2 hatte. möglich! 2006 kann nun noch dem
Wunsch nach erweitertem Seminar- der Überschrift SCHULUNG angebot im Bereich Seelsorge ent- QUALIFIZIERUNG PRAXIS sprochen werden. Seelsorge mit NETZWERK mit überfließenallen Sinnen erleben ist der Ober- dem Leben gefüllt. begriff für Seelsorge-Seminare, die Anmeldungen zu den Seminaren: jeden ansprechen. Seelsorge wird hier erlebbar, anziehend und für Kirche im Aufbruch e.V. jedermann/-frau ansprechend. Ziel 73326 Deggingen ist es, unter anderem durch den Tel.: 0 73 34/92 18 -0 Symbolgehalt des Wortes Gottes E-Mail: und durch kreative Methoden die info@kirche-im-aufbruch.de Gottesbeziehung der Teilnehmer zu stärken und somit Handwerkszeug/Rüstzeug für jeden Alltag mitzugeben (siehe Seelsorgeschulung Stufe 2 Anzeige). Ab Januar 2007 laden wir alle auf die Nordalb zu den Tagen seelsorgerlicher Begleitung ein. Ausspannen vom Alltag. Der Seele Raum geben für Verarbeitung. Das erste Seminar in dieser Form wird vom 02. - 04.01.2007 auf der Nordalb stattfinden. In Lobpreis, Gebet, Plenum, Kleingruppe, Stillezeiten und Einzel-Seelsorge werden die Teilnehmer durch diese Tage von einem Seelsorge-Team begleitet. Und so werden die Worte
Seelsorgeschulung
Die Arbeit von DE’IGNIS Polen, aus der Sicht unserer Mitarbeiterin Magdalena Budziszewska Am 04.04.2006 ist es wieder so weit: Das nächste DE IGNISSeelsorgeseminar ist im Begriff zu beginnen. Ich stehe am warmen Frühlingsmorgen vor dem Seminarhaus in Pomysk Wielki und beobachte viele Autos, die kommen. Sie kommen aus ganz Polen Gdansk, Koszalin, Slupsk, Warszawa, Radom, Wroclaw, Tarnowskie Góry Die Liste fängt an der nicht weit von hier entfernten Ostseeküste an und endet in Südpolen. Die tapfersten hatten einige hundert Kilometer zu fahren, bis sie hierher kamen, teilweise mussten sie auch weiter fahren als die deutschen Teilnehmer aus Norddeutschland, die auch zum Seminar gekommen sind. Umso
SEELSORGE
größer ist jedoch die Freude, sich wieder zu begegnen. Bereits seit mehr als vier Jahren sammeln sich hier in Pomysk Wielki Leute aus allen Ecken Polens und Deutschlands zu den von Pastor Winfried Hahn und den von ihm eingeladenen Gästen geleiteten Seelsorgeseminaren, die immer wieder ein besonderes Ereignis sind. Die Themen reichen vom Grundwissen über psychiatrische Erkrankungen und christlich fundierte Grundlagen der Therapie bis zu theologischen Grundlagen (Identität, Führung durch den Heiligen Geist etc.), umfassen aber auch ganz praktische Bereiche (z. B. Gesprächsführung, Eheprobleme). Die Seminare finden hier in Pomysk regelmäßig dreimal im Jahr statt und sind bekannt als DE IGNIS Seelsorgekurs zur Begleitung von Menschen mit tiefgreifenden psychischen Erkrankungen . Das heutige Thema: Die Persönlichkeit des Seelsorgers. Vorläufig dauert aber das herzliche Willkommenheißen der neu gekommen Teilnehmer an: die vielen Gesichter sind bekannt. Viele sind während der letzten Seminare auch inzwischen gute Freunde geworden, auch über die Grenzen der Nationen und Konfessionen hinweg. Deshalb ist den lauten Begrüßungsschreien kaum ein Ende zu setzen. Auch die
MIT ALLEN SINNEN
ERLEBEN
ab Herbst 2006 auf der Nordalb
Für die Begleitung von Menschen mit tiefgreifenden seelischen Störungen Für wen ist die Schulung? Wenn Sie über Erfahrung in der Seelsorge verfügen und Ihre Fähigkeiten in diesem Bereich weiterentwickeln möchten, ist der Kurs genau richtig für Sie.
Unter anderem sind folgende Themen geplant:
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Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln
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Methodische und inhaltliche Grundsätze der Gesprächsführung
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Psychopathologie psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen
Der Kurs soll die Teilnehmer dazu befähigen, Menschen mit tiefgreifenden psychischen Problemen qualifiziert zu begleiten.
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Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihrer Behandlungsverfahren
Was wird in den Seminaren vermittelt?
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Jugendseelsorge Freundschaft, Liebe, Sexualität
Durch die Vermittlung von psychologischem/therapeutischem Fachwissen und biblischen Grundlagen, sowie durch Selbsterfahrung und Einüben verschiedener Möglichkeiten der seelsorgerlichen Gesprächsführung werden die Teilnehmer für den Dienst an notleidenden Menschen ausgerüstet und gestärkt.
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Das biblische Menschenbild (Anthropologie) und seine Konsequenzen für das seelsorgerliche Handeln (Konzeption biblischer Seelsorge) Identitätsentwicklung und Identitätsstörungen
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Christliche Stiftung DE´IGNIS Polen
SCHULUNG – QUALIFIZIERUNG – PRAXIS – NETZWERK Im Bereich Schulung bietet DE IGNIS in Kooperation mit Kirche im Aufbruch e.V. und mit ICHTHYS gGmbH an drei Standorten Seelsorgekurse an. Zielgruppe sind Personen mit seelsorgerlicher Erfahrung und Berufung, die ihre Fähigkeiten in diesem Bereich weiterentwickeln möchten und die sich dafür schulen lassen, Menschen mit tiefgreifenden psychischen Problemen zu begleiten. Auf der Nordalb bei Kirche im
Christliche Stiftung DE´IGNIS Polen
: Neubeginn Ab Sommer 2006 ruch e. V., fb bei Kirche im Au noch möglich! t is ng du el m An
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Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu sich selbst) in Vergangen heit und Gegenwart
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Die Persönlichkeit des Seelsorgers
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Umgang mit Leid
Kursleitung: Winfried Hahn, Pastor, Pädagoge, Christlicher Therapeut mit Team
Veranstaltungsort: Kirche im Aufbruch e.V. Nordalb, 73326 Deggingen
03. - 05.11.2006 Gott gibt mir Wert und Würde (Seminar für Frauen)
15. - 17.12.2006 Gott deckt mir einen Tisch (Seminar für Männer und Frauen)
Bei diesem Seelsorge-Wochenende für Frauen werden Wert und Würde für jede Teilnehmerin erlebbar gemacht. Ziel des Seminars ist es, dass jede Frau durch neue kreative Methoden zu ihrer gottgegebenen Identität findet.
In Anlehnung an Psalm 23,5 wird bei diesem SeelsorgeWochenende für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin Gottes Fürsorge in allen Lebenssituationen erlebbar gemacht. Ziel des Seminars ist es, den gedeckten Tisch Gottes auch im Alltag im Blickfeld zu behalten
Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team
noch möglich! Anmeldung ist
Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung in Kooperation mit
in Kooperation mit
Kirche im Aufbruch e. V.
Kirche im Aufbruch e. V.
Telefon 0 75 75/9 25 07-0 oder 0 75 58/93 85 66 Telefax 0 75 75/9 25 07-30 E-Mail de-ignis-wwv@t-online.de
Tel. Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung
0 75 75/9 25 07-0 oder 0 75 58/93 85 66 Fax 0 75 75/9 25 07-30 E-Mail de-ignis-wwv@t-online.de
Neuankömmlinge, die zum ersten Mal in Pomysk sind, finden erstaunlich leicht einen Weg in diese Atmosphäre. Denn sie ist bestimmt ganz besonders, was an der wunderbaren Ruhe der Natur oder an der Freundlichkeit der Menschen liegt ganz egal, was schlussendlich der Grund dafür ist: der Ort hier in Pomysk ist einfach ganz besonders. Pomysk der Große so die deutsche Übersetzung lautet der Name des kleinen Dorfes in Nordpolen. Malgorzata Nowotnik (im Vorstand der DE IGNIS Stiftung Polen und in Pomysk zuhause) pflegt aber zu sagen: die Welt ist heutzutage klein und Pomysk immer wieder ganz groß. Nun fängt das lang erwartete Seminar an. Die Vorträge von Winfried Hahn (Pastor und Christlicher Therapeut) beinhalten geistliche und fachliche Impulse. Die Themeneinheiten wechseln immer wieder mit gemeinsamen Gebetszeiten und Gruppenarbeit. Die Arbeit ist hier ganz intensiv, die Atmosphäre aber erstaunlich leicht. Wie immer wird der wunderbare Lobpreis in den DE IGNIS-Seminaren von Ania und Józef, den Hauseltern, geleitet. Für diese Freude und Ermutigung sind wir alle, Polen und Deutsche, Teilnehmer und Referenten, Gott sehr dankbar. Unter den Teilnehmern arbeiten die meisten mit vielseitig geschädigten und hilfesuchenden Menschen, oder bereiten sich auf einen solchen Dienst vor. Fast die Hälfte der Teilnehmer ist in sozialen, pädagogischen, therapeutischen oder medizinischen Berufen tätig. Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern, Lehrer, Pädagogen und Sozialarbeiter holen sich in den DE IGNIS-Seminaren Inspirationen für ihren Beruf. Im letzten Jahr veranstaltete die Christliche Stiftung DE IGNIS Polen neben den Seelsorgeseminaren in Pomysk auch etliche weitere Schulungen. Zu einer Konferenz in Warschau trafen sich viele Teilnehmer, die mit psychisch leidenden Menschen im Alltag und in den Gemeinden zu tun haben. Immer wieder wird das Gleiche erzählt: Polen ist ein Land, in dem es erstaunlich viele hilfesuchende Menschen gibt darunter sind etliche mit gravierenden psychischen Schwierigkeiten, die in den Gemeinden Hilfe suchen. Die Gemeinden fühlen sich dabei oft überfordert und suchen auch selbst nach Hilfsmöglichkeiten. Zudem ist die Infrastruktur sehr schlecht: auf einen Behandlungsplatz in einem normalen staatlichen Heim wartet man manchmal bis zu
mehreren Jahren. Selbst in Warschau sind auf den Strassen Menschen zu sehen, die von Akutkliniken auf die Strasse entlassen wurden, weil es für sie keinen Nachsorgeplatz gibt. Ein Haus, wo solchen Menschen auf christlicher Basis geholfen wird, gibt es in Polen noch nicht. Die meisten Gemeinden möchten diesen Menschen helfen, aber es fehlt ihnen die Erfahrung und das Know-how. Diesen Bedürfnissen kommen die Veranstaltungen von DE IGNIS entgegen. Im Spätherbst des letzten Jahres ging dieses Anliegen auf eine breitere Ebene. Viele Leiter von Seelsorgewerken, Pastoren und Gemeinden trafen sich in Zakosciele (ca. 100 km von Warschau entfernt) zu einem ersten Forum für christliche Seelsorge auf Landesebene. Unter den Referenten waren etliche Amerikaner und Engländer, aber auch Vertreter von DE IGNIS: Pastor Winfried Hahn, Leiter des DE IGNIS-Wohnheims und Vorstandvorsitzender der Christlichen Stiftung DE IGNIS Polen sowie Rainer Oberbillig, der leitende Psychologe der DE IGNIS-Fachklinik. Für dieses Forum war die DE IGNIS-Stiftung Polen einer der hauptverantwortlichen Veranstalter. Die Schirmherrschaft übernahm die Evangelische Allianz Polen. Neben den Vorträgen gab es 10 praktische Workshops und Präsentationen verschiedener Werke. In einer Podiumsdiskussion diskutierten Leiter eines Gemeindenetzwerkes, ein bekanntes Seelsorgeehepaar, Leiter einer christlichen Suchtklinik, eine Staatsbeamtin und ein Arzt über den Zustand der Seelsorgebewegung in Polen. Die Schlussfolgerung: in unserem Land gibt es für die Christen noch sehr viel zu tun. Dabei ist die Vision der Christlichen Stiftung DE IGNIS Polen, ein Zentrum für psychiatrische Rehabilitation aufzubauen, ein wichtiger Meilenstein. Für Gebet und Unterstützung sind wir sehr dankbar. Zu erwähnen ist noch, dass die Teilnahme an unseren Veranstaltungen im DE IGNIS-eigenen Tagungshaus in Pomysk für Deutsche jederzeit möglich, da unsere Seminare meist zweisprachig mit Übersetzung stattfinden. Unser Büro kurs@deignis.pl steht Ihnen für Anfragen gerne zur Verfügung und beantwortet auch E-Mails in deutscher und englischer Sprache. Magdalena Budziszewska Assistentin des Vorstandes der Christlichen Stiftung DE IGNIS Polen
DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de
DE´IGNIS-AKTUELL
Wohnheim - Haus TABOR
Ein Tag wie jeder andere, den gibt es im DE IGNIS Wohnheim nicht, das durfte ich schon nach kurzer Zeit feststellen. Kein Tag gleicht hier dem anderen, sowie kein Bewohner dem andern gleicht. Mein Name ist Konstantin Bollinger, amtierender Zivi seit September 2005 im DE IGNIS Wohnheim. Das Wohnheim habe ich durch einen Freund schon vor meinem Zivildienst gekannt, bzw. kannte ich nur die Fassade und öfter mal die Frage Hasch mir Oine? . Das Interesse hinter die Kulissen zu schauen wurde schließlich immer größer. Als ein ehemaliger Zivi dann auch noch seine Zustimmung zu meinem Vorhaben äußerte und ich sonst auch nur Gutes gehört habe, stand es dann fest. Hier habe ich dann Spitznamen wie Söldner oder Konsierge bekommen, die jedoch nur von einem bestimmtem Mitarbeiter gepflegt werden (wer das Wohnheim kennt, weiß sicher wen ich meine), der große Rest bevorzugt Kons . Die Anzahl meiner Tätigkeitsbereiche gleicht der meiner Kopfhaare,
na ja vielleicht nicht ganz. So bekomme ich Aufträge wie z. B. Birnen auswechseln, mit Mani (das Multifunktionswerkzeug in menschlicher Form im Wohnheim) eine Wand hochziehen oder eine Ponyranch errichten. Im Raumpflege-Arbeitstraining lernte ich endlich wie man richtig putzt und andere dazu motiviert, oder es wenigstens versucht. Ab und zu gehört es zu meinen Aufgaben tierisches Abfallgut im Stall zu entfernen und zum Wohl des pferdischen Schlafbefindens beizutragen, aber auch Rest-, Papierund Plastikabfälle gehören zum von mir beseitigtem Abfallgut. Während meine Klamotten bei dieser Tätigkeit den Geruch eines wohlriechenden Misthaufens annehmen, fallen Sprüche wie: Unser Zivi baut nur Mist . (Übrigens auch von der schon genannten Person) Des Öfteren komme ich dann auch in den Genuss mit den wohnheimeigenen Vehikeln die Bewohner im großen Netz der Arztpraxen hin und her zu befördern. Montags ist der Zivi dafür verant-
wortlich, wenn die Männer unter den Bewohnern nassgeschwitzt und völlig erschöpft vom Sport zurückkommen. Nicht zu vergessen sind Bereitschaftsdienste, früh, spät oder Wochenende, in denen man nicht selten interessante Herausforderungen zu meistern hat. Sei es in der Raumpflege oder im Bereitschaftsdienst, man wird im Wohnheim mit Sachen konfrontiert, die ich davor noch nicht gekannt habe und wahrscheinlich auch nicht erlebt hätte, wäre ich nicht hier gelandet. Ich habe in dieser doch so kurzen Zeit Erfahrungen gemacht, die mich geprägt und auch ein Stück weit verändert haben, es wäre schade gewesen, wenn mir diese neue Welt unbekannt geblieben wäre. Wenn du noch die neun Monate Zivildienst vor dir hast und diese Zeit sinnvoll nutzten willst, neue Erfahrungen und Begegnungen machen möchtest, kann ich dir das DE IGNIS Wohnheim nur empfehlen.
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Wir suchen ständig Zivis und Praktikanten
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Bewerbung bitte schriftlich oder telefonisch an: DE´IGNIS Wohnheim - Haus TABOR Herr Steppacher Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 0 75 75/9 25 07-0 Telefax: 0 75 75/9 25 07-30 E-Mail: de-ignis-wwv@t-online.de
kommt immer wieder deren Mutlosigkeit und oft auch eine mangelnde Selbstannahme zum Ausdruck:
Konstantin Bollinger
Ambulante Therapie und Beratung DE´IGNIS-Gesundheitszentrum, Sommerstraße 1, 72227 Egenhausen, Telefon 0 74 53/93 91-0 DE´IGNIS-Wohnheim, Fred-Hahn-Straße 32, 72514 Engelswies, Telefon 0 75 75/92 50 70 Ulrike Hauer, Beratungsstelle, Bitscher Straße 20, 66996 Fischbach b. Dahn, Telefon 0 63 93/56 86 Dorothea Reuther, Beratungsstelle, Dillweißensteiner Straße 9, 75180 Pforzheim, Telefon 0 72 31/78 40 88-0 Annett Schmidt & Katrin Lehmann, Beratungsstelle, Trachenbergerstr. 25, 01129 Dresden, Telefon 03 51/8 43 87-77 Dr. med. Doris Schneider-Bühler, Beratungsstelle, Rauhenbergstr. 24, 78262 Gailingen, Telefon 0 77 34/93 59 96 Dagmar Göhring, Beratungsstelle, Auf der Höhe 4, 88636 Illmensee, Telefon 0 75 58/93 85 66 Marion Geißler, Beratungsstelle (im cBZK), Franz-Vetter-Str. 1, 34131 Kassel, Telefon 05 61/8 20 33 69 Sylvia Haufe, Beratungsstelle, Schützenallee 52, 79102 Freiburg, Telefon 07 61/7 07 75 01 Magadalene Schnabel, Beratungsstelle, Max-Liebermann-Str. 9, 73257 Köngen/N., Telefon 0 70 24 /8 68 91 69 Erika Gesper, Beratungsstelle, Alte Jakobstraße 75, 10179 Berlin, Telefon 0 30/27 59 17 82
Christliche Therapeuten und Berater (DE´IGNIS): Anna Beraldi, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Nußbaumstr. 7, 80336 München Manfred Dersch, Arche e.V., Beratung für Kinder und Jugendliche, Mushecke 19, 35216 Biedenkopf Michael-Christian Diehl, Friedhofstraße 10, 35713 Eschenburg Dr. med. Sibylle Domnick-Lüdke, Breite Straße 103, 76135 Karlsruhe Christel Dürr, Hegenichstraße 30, 69124 Heidelberg Erika Gesper, Alte Jakobstraße 75, 10179 Berlin Dr. med. Jutta Günther, Hermannstraße 23, 75428 Illingen Dr. med. Kirsten Hautmann-Flesch, Kalmitweg 53, 67117 Limburgerhof Andrea Herzog, Susanne-Pfisterer-Straße 6, 69124 Heidelberg Karen Kammler, 16727 Oberkrämer, E-Mail: beratung-K@mmler.net Almut Lindgen, Döbernstr. 10, 25551 Hohenlockstedt Eva-Maria Löffler, Pöhlauerstraße 18, 08066 Zwickau Heike & Mario Reinicke, Am Hungerberg 4, 36272 Niederaula Dr. med. Roland Rauscher, Praxis, Lange Straße 20, 72829 Großengstingen Dr. med. Bernhard Stoll, Hosanna-Beratungsstelle, Feldstr. 77, 45968 Gladbeck Inge Westermann, Perspektive Glauben, Billunger Weg 25, 26131 Oldenburg
„Jetzt ist es zu spät, nun muss ich halt sehen, wie ich hier klarkomme. Ist halt’ Pech, ich versuch hier drin nicht zu viel zu denken, sehe zu, dass ich mein 7/12 (vorzeitige Entlassung bei guter Führung) bekomme und dann nichts wie raus! Bis dahin versuche ich hier den Hauptschulabschluss zu machen oder eine Lehre. Und dann, mal sehn, was geht....“ „Was geht?“ Auch im Regelstrafvollzug wird Jugendlichen angeboten, einen Schulabschluss zu machen und/oder eine Ausbildung zu absolvieren, in gut ausgerüsteten Betrieben und auf hohem Niveau. Fachkräfte bemühen sich in vielerlei Hinsicht um die Jugendlichen. Es gibt Sportgruppen, Fortbildungsmöglichkeiten, Therapieangebote und Einzelgespräche. Es wird in vielen Bereichen ausgezeichnete Arbeit geleistet. Dennoch zeigt die hohe Rückfallquote, (empirische Untersuchungen gehen davon aus, dass 70 - 80 % aller entlassenen Jugendstrafgefangenen wieder verurteilt werden), wie schwierig die Wiedereingliederung straffällig gewordener Jugendlicher ist. Das Bundeszentralregister weist bei den 15 bis 20-jährigen sogar Rückfallquoten von über 90 % aus.1 Wie ist dies möglich? Wieso greifen Ausbildungs- und Arbeitsangebote sowie die auch oft in den Anstalten dargebotenen therapeutischen Maß-
nahmen nicht? Polsky 2 erhebt die These, dass in Gefängnissen wie auch in anderen Institutionen, oftmals eine von den Insassen entwickelte Gegenkultur existiert, die konträr zu den Bestrebungen und Bemühungen der Einrichtung läuft.
Ferrainola3 beschreibt dieses Verhalten als normal:.
Es gibt (mindestens) zwei Welten im Jugendstrafvollzug. Die eine besteht aus von der Anstalt vorgegeben Normen und Regeln, die andere entwickelt sich aus den von den Jugendlichen gebildeten Subkulturen, welche ihren eigenen Gesetzen und Spielregeln folgen.
Bedeutet dies nun, dass Arbeits- und Ausbildungsangebote und das damit verbundene Bestreben nach Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben hoffnungslos und somit überflüssig sind?
Hier ist ein „Ausstieg “ oftmals gar nicht oder nur sehr schwer möglich. Um im Gefängnis einen gewissen Status zu erlangen oder aber auch schlicht und einfach, um hier überleben zu können, muss sich ein Neuankömmling den schon bestehenden Regeln anpassen, da ihm sonst nicht nur Gesichtsverlust, sondern durchaus auch Unterdrückung und Gewalt drohen. Mehmet, 18 Jahre, beschreibt dies so:
„Im Gefängnis habe ich gleich meine Leute (andere Türken) gefunden, hätte ich bleiben müssen, wäre ich zwar schon zur Schule gegangen, klar, aber niemand hätte mich ermutigt. Im Gegenteil, ich wäre rumgehangen, wir hätten uns gegenseitig runtergezogen, wären in Schlägereien verwickelt gewesen und weiter mit Drogen hätte ich auch gemacht. Das ist einfach so. Ich kann doch vor den anderen keinen „Fisch machen“.
„Sie wollen das Gleiche was Sie und ich auch wollen: Sie wollen überleben, sie wollen Status, sie wollen materielle Dinge, sie wollen zu einer Gruppe dazu gehören.“
Verschiedene Modellprojekte beweisen das Gegenteil. Eins von ihnen sei an dieser Stelle kurz genannt: Die Glen Mills School ist eine Einrichtung für straffällige Jugendliche in Pennsylvania, USA. Hier leben bis zu 800 Jugendliche. Vor 30 Jahren übernahm der derzeitige Direktor, Sam Ferrainola, die Einrichtung mit damals knapp 30 Jugendlichen. Er war entsetzt über die desolaten Zustände. Gewalt, aber auch Hunger und Verwahrlosung waren an der Tagesordnung, und die Mitarbeiter waren völlig frustriert. Daraufhin beschloss er, drastische Veränderungen vorzunehmen. Er erkannte, dass die negative Subkultur der Jugendlichen über sämtliche Bestrebungen der Resozialisierung seitens der Anstalt dominierte und kein Mit- sondern nur ein Gegeneinander herrschte.
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Nur wenn die Jugendlichen die von der Anstalt vorgegebenen Werte und Normen als ihre eigenen akzeptieren könnten, sie sich mit ihnen identifizieren würden, könnte es zu einer wirklichen Veränderung und somit zu einer Resozialisierung kommen. Ferrainola ging ähnlich wie bei dem Konzept der „Positive Peer Cultur“ 4 davon aus, dass Jugendliche zum einen eher bereit sind, Kritik am eigenen Verhalten von Mitgliedern der eigenen Gruppe als von Erwachsenen zu akzeptieren und dass sie außerdem Selbstrespekt und Verantwortung durch Hilfe anderen gegenüber erlernen. Diese Überlegungen machte sich Ferrainola zunutze:
„Sie folgen dem jedem Menschen innewohnenden Impuls, von ihrer sozialen Gruppe anerkannt zu werden, da sie nur so überleben können. Um akzeptiert zu werden, müssen sie die Normen und Anforderungen ihrer Gruppe befolgen. Und das tun sie, seien diese Anforderungen nun kriminell oder legal. Also muss man ihnen eine peer group geben, deren Normen und Anforderungen positiv sind.“5 Ferrainola entwickelte ein Konzept, welches besonderen Wert auf den schulischen Bereich, Ausbildung und den Sport legt. Es gibt kein Wachpersonal, die Mitarbeiter haben immer ausbildende Funktionen. Es herrscht eine Gruppenstruktur, in welcher den Jugendlichen im zunehmenden Maße Verantwortung in den einzelnen Bereichen übertragen wird. Sport wird auf einem sehr hohen Niveau betrieben, hier weisen die Jugendlichen in Wettkämpfen extreme Erfolge auf, so dass sie vielfach an Universitäten und Sportvereine vermittelt werden können, welches zum einem das Selbstbewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt, zum andern aber auch die Integration erleichtert. Die Ausbildungsbetriebe von Glen Mills sind mittlerweile so anerkannt, dass viele Unternehmen in der Umgebung sehr gerne Jugendliche aus Glen Mills nehmen. Wesentlich für den Erfolg scheint jedoch zu sein, dass sich die Jugendlichen in vielerlei Hinsicht mit den Zielen von Glen Mills identifizieren können, sie zeigen eine hohe Leistungs-
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bereitschaft, die wiederum mit der positiven Gruppenkultur, die in Glen Mills entstanden ist, zusammenhängt. Sicherlich ist Glen Mills in vielerlei Hinsicht auch mit Skepsis zu betrachten. Klar ist auch, dass ein solches Konzept, welches eng mit amerikanischer Kultur und deren Gedankengut verknüpft ist, nicht einfach von deutschen Einrichtungen übernommen werden kann und soll. Nichts desto trotz sind die Erfolge, die
Glen Mills aufweist, beachtenswert und legen nahe, sich mit dem Gedankengut der „Positive Peer Culture“ als einen wesentlichen Aspekt für den Erfolg von Resozialisierung zu befassen. Wie aber sieht es mit Alternativen zum geschlossenen Strafvollzug in Deutschland aus? Seit 1953 gibt es nach dem JGG § 91 Abs. 3 die Möglichkeit, einen Jugendstrafvollzug in freien Formen durchzuführen.
Der Justizminister von Baden-Württemberg hat sich entschieden, neue Wege in der Kriminalprävention zu gehen und ist somit Vorreiter für ganz Deutschland. Seit 2003 existieren hier zwei solche Projekte. Das Projekt Chance in Creglingen und der Jugendhof Seehaus in Leonberg, nahe bei Stuttgart. Stuttgart: Modellprojekt für Straffällige. In diesem leben derzeit 10 jugendliche Straftäter im Alter von 16 bis 21 Jahren in zwei Wohngemeinschaften gemeinsam mit je einer Mitarbeiterfamilie für die Zeit ihrer Haftstrafe. Den Jugendlichen wird das Projekt in der Haft vorgestellt, und sie können sich, wenn sie bereit sind, an ihrem bisherigen Lebensstil etwas zu verändern, für das Projekt bewerben. Ein wesentlicher Grundgedanke ist, dass die Jugendlichen sich mit den ihnen vorgelebten Normen und Werten identifizieren können, dass sie Verantwortung für sich, ihre Taten und ihr zukünftiges Leben übernehmen sollen und sich im Rahmen einer positiven Gruppenkultur gegenseitig helfen und verändern können. Der vormals negativen Subkultur des Gefängnisses enthoben, finden die Jugendlichen hier in einem struktu-
rierten Tagesablauf die Möglichkeit, einander auf einer für sie oftmals völlig neuen Ebene zu begegnen. Alexander, 18 Jahre, seit 6 Monaten im Seehaus, beschreibt dies auf eindrückliche Weise:
„Im Gefängnis war es so, in der Schule habe ich nur das Nötigste gemacht, weil das läuft dort folgendermaßen: Entweder, ich pass in der Schule auf, bin dann aber für die anderen ein „Fisch“, die sagen dann: „Ey, was geht ab bei dir, bist’n Streber oder was!“ Dann lass ich es besser. Genauso war es mit den Beamten. Die habe ich einfach nicht beachtet, ich konnte sie gar nicht beachten, denn wenn ich es doch gemacht habe, hieß es gleich: „Ey Alter, was redest du mit den Beamten?“ Und das hätte dann für mich voll den Stress bedeutet. Du weißt schon, ein Fehler, und du bist für den Rest der Zeit komplett unten durch. Hier ist das eben anders, hier rede ich auch mit Leuten, die ich im Knast bestenfalls gar nicht beachtet hätte, und hier habe ich zum Teil sogar noch Spaß mit ihnen.“ Hier, das ist für Alexander zur Zeit das Seehaus, welches er auch als sein Zuhause ansieht, mehr als nur eine Unterbringung, die besser ist als Gefängnis. Für ihn sind die Mitarbeiter und die anderen Jugendlichen „so sehr sie mich auch manchmal durch das enge Miteinander nerven“, so etwas wie eine Familie. Und genau so soll es für die Jugendlichen auch sein. Das Projekt beruht zum einen auf einem familienähnlichen Prinzip. Man lebt zusammen, isst, spielt, redet, streitet natürlich auch einmal. Es finden Einzelgespräche statt, welche durch die „Hausmütter“, die eine sozialpädagogische Ausbildung haben, abgedeckt werden. Hier geht es neben vielen anderen Dingen um die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, Empathie mit den Opfern und Wiedergutmachung. Zusätzlich gibt es dreimal in der Woche verpflichtende Familienrunden, die zwar von den Mitarbeitern begleitet, aber
von den Jugendlichen selbst geleitet werden. Hier greift wiederum, wie auch in den Bereichen Arbeit und Schule, die positive Gruppenkultur.
Die Jugendlichen werden im Tagesablauf konsequent gefordert. Sie sollen während ihres Aufenthaltes einen guten Hauptschulabschluss erlangen und gegebenenfalls ihr erstes Lehrjahr im Bereich Bau absolvieren. Hier arbeiten sie in Teams und sind für mindestens ein Projekt einem bestimmten Mitarbeiter zugeordnet. Auch in diesem Bereich spielt das selbstständige, eigenverantwortliche Handeln eine große Rolle sowie aber auch zu lernen, gemeinsam zu arbeiten,
sich abzustimmen und auch auf Schwächere zu achten. Anderenfalls kann es sein, dass ein Projekt nicht fertiggestellt werden kann, oder es gibt schlicht und ergreifend für alle schlechte Noten. Dieser rote Faden zieht sich auch durch den Sportunterricht, in welchem besonderer Wert auf Teamspiele gelegt wird. Leistung auf hohem Niveau ist die Devise, aber auch Teamgeist wird abverlangt. Alex hierzu:
„Arbeit, die habe ich im Gefängnis nur gemacht, wenn ich etwas ganz Bestimmtes haben wollte, einen Fernseher zum Beispiel. Ansonsten war es auch hier wie in anderen Situationen, zuerst habe ich mehr gearbeitet, dann kam einer und hat gesagt: „He, warum arbeitest Du denn so viel, in deinem Alter brauchst du nur vier Stunden zu schaffen“. Hier im Seehaus bin ich viel motivierter, weil mich die anderen ermutigen, weil ich zum ersten Mal sehe, dass ich das für mich mache, für später. Hier ist nicht so ein Chef- und Untergebener-Ton, wenn du weißt, was ich meine. Keiner schreit dich an. Wenn Du es halt nicht gleich kapierst, dann erklärt es Dir eben jemand noch mal. In der Schule ist es genauso, du kannst fünfmal was Falsches sagen, keiner guckt blöd, auch die Jungs nicht. Jens guckt dann vielleicht erstaunt, weil ich es immer noch nicht kapiert habe, aber er sagt nichts oder hilft mir dann eben.“
Dieses Miteinander und dieses „Wir“Gefühl zu entwickeln, ist für viele der Jugendlichen eine völlig neue Erfahrung, die es vorher höchstens innerhalb der eigenen Gang gab. Im Gefängnis ist diese Abgrenzung zu anderen Gruppen noch ausgeprägter als draußen. Man spricht untereinander von „den Russen“, „den Türken“ oder „den Arabern“. Manfred, früher eher der rechten Szenen angehörig, sagte einmal zu mir:
„Wenn mir früher jemand erzählt hätte, dass ich mal mit einem Türken zusammen Fußball spiele, Schlitten fahre, das Zimmer teile, den hätte ich für komplett verrückt gehalten!“ Nun haben die beiden ehemaligen „Feinde“ nicht nur zusammen ihre Zeit im Seehaus durchlaufen, sondern werden auch gemeinsam in die neu gegründete Nachsorge-Wohngemeinschaft ziehen...
Das gesamte Denken und Streben aller Mitarbeiter des Seehauses wird von dem Wunsch geleitet, den Jugendlichen in allem Tun christliche Normen und Werte sowie auch den Glauben vorzuleben und zu vermitteln. Durch ihre Arbeit und im täglichen Miteinander werden den Jugendlichen Grundtugenden wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Respekt, Höflichkeit, Selbstbeherrschung vermittelt und vieles mehr eingeübt. Christliche Prägung, wie das gemeinsame Beten am Tisch, der Gottesdienstbesuch und eine Zeit der Stille am Morgen, um sich zu besinnen und geistig gestärkt in den Tag zu gehen, gehören zum Alltag des Seehauses. Es hat sich auch aus einem Glaubensgrundkurs, der zur freiwilligen Teilnahme angeboten wurde, ein Jugendkreis gebildet, zu welchem mittlerweile auch Jugendliche von außen kommen. Doch kann und darf der Glaube nicht „übergestülpt“ werden, sondern die Jugendlichen sollen erleben, was es bedeutet, sich von negativen Verhaltensweisen wie Lug und Betrug, Gewalt oder alles zerstörendem Hass abzuwenden hin zu Eigenschaften, welche sich Gott für uns wünscht: Vertrauen, Liebe, Ehrlichkeit, die Fähigkeit, eigene Begabungen und Stärken zu erkennen und sie dann auch anzunehmen. Die Mit-
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Wir suchen Mitarbeiter/Praktikanten DerJugendhofSeehausisteinModellprojektfürstraffälligeJugendliche alsAlternative zum Gefängnis.Wir betreuen 14–19jähr. Jugendliche, die zu einer Jugendstrafe verurteilt wurden. In 12-18 Monaten bereiten wir sie auf den Schulabschluss und auf die Berufsausbildung vor. Daneben spielen Sport, Freizeitaktivitäten und gemeinnützige Arbeit eine wichtige Rolle. Wir suchen Mitarbeiter, die gut mit Jugendlichen umgehen können die gut und gern im Team arbeiten die fachübergreifend arbeiten wollen die Autorität und Liebe ausstrahlen die Christsein glaubhaft, engagiert und fröhlich vorleben die möglichst Erfahrung in diesem Bereich mitbringen Meister für den Bereich Bau od. Holz. Ausbildung der Jugendlichen, Anleitung beim Bau (v.a. Zimmermannsarbeiten/Innenausbau, u.a. Renovierung des 1609 von Schickhardt errichteten Seehauses) oder in der Schreinerei. Aufbau eines Zweckbetriebs Bau bzw. Holz. Möglichst vielseitig einsetzbar.
Literaturhinweise:
Lehrer/Berufsschullehrer für BVJ Bau/Holz: 2h Technologie, 2h Fachzeichnen, 2h Religion, 2h Englisch, 6h Sport. Es ist auch möglich, die Stunden auf mehrere Lehrer zu verteilen. Ab September 2006. Ab Sept. 2007 können noch weitere Fächer dazukommen, so daß auch eine volle Lehrerstelle in Frage kommt.
1 Vgl. Dünkel, Frieder: Freiheitsentzug für junge Rechtsbrecher, Bonn 1990, s.620
1 Sporttrainer: Honorarkraft ca. 10h, Sportunterricht und -training.
2 Polsky,HW.: Cottage six. Malabaar, Fl. 1987 (3rd edition)
1 Praktikantin für Haushalt und Küche. Daneben Hausaufgabenhilfe und Freizeitgestaltung. Bereitschaft, im Jugendhof Seehaus mitzuwohnen und sich in die Lebensgemeinschaft für ein Jahr voll und ganz einzubringen. Ehrenamtlich, ab sofort. 2 Jahrespraktikanten/FSJ (auch Zivi als FSJ) mit Handwerksausbildung (z.B. Holz, Bau, Farbe od. Garten- u. Landschaftspflege) bzw. handwerklichen Fähigkeiten zur Mitarbeit in unserem Bauteam und bei der Renovierung des 1609 erbauten Seehauses, Freizeitgestaltung, Sport,... Bereitschaft, im Jugendhof Seehaus mitzuwohnen und sich in die Lebensgemeinschaft für ein Jahr voll und ganz einzubringen. Ehrenamtlich (Taschengeld/Wohnung & Verpflegung), ab sofort. 1 Praktikant/in für unser Büro. Ehrenamtlich, ab Sommer 2006 Prisma e.V. · Seehaus 1 · 71229 Leonberg www.prisma-jugendhilfe.de · info@prisma-jugendhilfe.de
arbeiter, seien es die Kollegen vom Bau, Lehrer, Hauseltern oder Praktikanten, möchten durch ihre eigene Lebensweise den Jugendlichen ganz praktisch aufzeigen, was lebendiger Glaube bedeutet. Hierdurch ergeben sich immer wieder äußerst wertvolle Fragen, welche die Jugendlichen den Mitarbeitern stellen:
„Warum hast Du das jetzt so gesagt und bist nicht sauer geworden? Warum hast du an dieser Stelle so gehandelt? Warum bist du überhaupt hier, hättest doch auch einen einfacheren Job haben können?“ Aus diesen und anderen Fragen ergeben sich immer wieder im Alltag wertvolle Gespräche, und die Jugendlichen beginnen sich ganz von selbst mit der Frage auseinander zu setzen, welche Bedeutung der christliche Glaube in ihrem Leben hat. Jeder Jugendliche beschäftigt sich irgendwann hiermit, jeder bemerkt Veränderungen, die auch in seinem Innern vorgehen, jeder in seinem Tempo und auf seine ganz persönliche Weise.
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ich privat Probleme hab, geh ich zu Daniel und red mit dem. Ich hab hier gelernt, mit Sachen anders umzugehen. Früher, da wäre ich bei bestimmen Sachen voll durchgedreht, heute rede ich darüber und kann tatsächlich ruhig bleiben. Und auch die Sache mit Gott. Ich bin schon manchmal zur Kirche gegangen, aber mehr auch nicht. Und hier, am Anfang hat mich das schon genervt, immer vor dem Essen beten und der Impuls am Morgen, die Zeit der Stille, und jetzt find ich es richtig gut. Ich hab gedacht, also, irgendwas muss doch dran sein an der Sache… Ich bete, finde das gut und denke bei ganz vielen Sachen, da hat Gott seine Hand schützend über das alles hier gelegt...“
Zum Schluss möchte ich noch einmal Alexander zu Wort kommen lassen, welchen ich für diesen Artikel befragt habe:
„Das Seehaus ist für mich auf jeden Fall eine Chance. Ich mach meinen Hauptschulabschluss, mein erstes Lehrjahr. Ich habe in den letzten drei Jahren so einiges durchgemacht, dadurch aber viele verschiedene Menschen kennen gelernt und in verschiedenen Situationen gelebt. Irgendwann ist mir klar geworden, dass ich nicht als ewiges Heimkind, was irgendwann auf der Straße lebt, enden will. Das geht voll vielen so. Ich habe einen Mann getroffen, der hat 30 Jahre im Knast verbracht, das wollte ich auf keinen Fall. Hier im Seehaus lerne ich voll viel und habe mich extrem verändert. Wenn ich heute so überlege, was ich teilweise mit meiner Familie abgezogen habe, das ist schon der Oberhammer, war aber für mich zum damaligen Zeitpunkt normal. Hier im Seehaus ist es zwar schon oft auch ganz schön stressig. Immer sind wir zusammen, stell dir mal vor: 2 Jahre immer die gleichen Gesichter. Aber auf der andern Seite ist es auch voll gut. Wenn du Stress hast, ist immer jemand da, mit dem du darüber reden kannst. Wenn
Wenn man dich nicht mehr haben will ... Wie reagieren Betroffene auf die „gewaltsame“ Entfernung aus dem Arbeitsverhältnis? VON DR. MED. BERNHARD STOLL
3 in Vieten-Groß, Dagmar: Glen Mills Schools - Eine Alternative zum Strafvollzug für straffällige Jugendliche in Amerika In: DVJJ-Journal 2/1997 4 Für eine ausführliche Beschreibung der Positive Peer Culture vgl. Grissom & Dubnov, 1980 5 in Vieten-Groß, Dagmar: Glenn Mills Schools - Eine Alternative zum Strafvollzug für straffällige Jugendliche in Amerika In: DVJJJournal 2/1997, S.136 - 141 Stefanie von Schumann
Mobbing, ... und dann? Einige Aspekte aus psychotherapeutischer Sicht eines ehemals Betroffenen
Diplom-Sozialpädagogin, geboren 1967, verheiratet, drei Kinder, Hausmutter im Seehaus
Die Entfernung aus dem Arbeitsleben ist i. d. R. nicht das Ende einer durch Mobbing verursachten Leidensgeschichte. Während Mobber und meist auch Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Entfernung des Gemobbten als „erledigt“ betrachten, ist das Leid für die Mobbingopfer noch lange nicht zu Ende. Viele Aspekte der Leidensgeschichte beziehen sich sowohl auf die Zeit vor als auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Wie konnte mir das passieren? Mobbing kennzeichnet einen Handlungsablauf. Einzelne Unverschämtheiten, Belästigungen oder Hänseleien sind kein Mobbing. Erst wenn die negativen Handlungen zielgerichtet gegen eine Person und über einen längeren Zeitraum (z. B. über ein halbes Jahr) sowie häufig (mindestens einmal in der Woche) vorkommen, handelt es sich um Mobbing, erst dann haben die Unverschämtheiten eine besondere Wirkung. Da es sich nicht selten um negative Angriffe handelt, wie sie (als einzelne Aktionen) im Berufsleben häufig zu beobachten sind, oder auch um „Allerweltshandlungen“, von denen auch andere vereinzelt betroffen sind, versteht der von Mobbing Betroffene
meist nicht, warum ihn diese Handlungen so in Angst und Schrecken versetzen. Meist sucht er die Ursache bei sich selbst. Therapeutisch ist es sehr wichtig, dem Betroffenen deutlich zu machen, wie Mobbing „funktioniert“, dass Mobbing und somit Mobbingfolgen jeden (!) treffen können und wie wenig oder keine Chancen er hatte, dem Psychoterror zu entkommen. Vor allem Menschen, die zuvor ihre Arbeit mit großem Engagement und besonders gut gemacht hatten, fragen nun: „Was habe ich falsch gemacht?“ Das zerstörte Selbstvertrauen und -bewusstsein wieder aufzubauen ist wichtiges Ziel einer langfristigen und diesbezüglich bei Mobbingopfern leider nicht immer erfolgreichen psychotherapeutischen Arbeit.
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Alle sind gegen mich Auch in den Fällen, in denen Mobbing nur von einer Person ausgeübt wird, steht das Opfer meist irgendwann alleine da. Viele Kollegen haben Angst, dem Gemobbten zu helfen. Wenn schon gemobbt wird, dann will mal lieber auf der Seite des Täters stehen als auf der des Verlierers. Später führen die sehr bald als Folgen des Mobbings auftretenden Gesundheitsstörungen und Erkrankungen zu (zunächst kurzen, später langen) Arbeitsunfähigkeiten, die das übrige Personal meist kompensieren muss. Das Opfer wird zum „Störfaktor“. Schließlich wird der inzwischen psychisch und physisch instabil gewordene Betroffene in den Augen der anderen als „komisch“, „psychisch krank“ oder „schon immer (was meist nicht stimmt!) eigenartig“ angesehen. Der Betroffene wird zur unerwünschten Person. Und das bekommt er in Form seiner Entlassung oder anderweitigen Entfernung von seinem Arbeitsplatz dann auch schriftlich mitgeteilt. Auch außerhalb des Arbeitsplatzes zerbrechen seine Beziehungen und Freundschaften, nicht selten auch die Ehe. Der Betroffene ist am Ende seiner Kraft und nun tatsächlich ein „schwieriger Mensch“ geworden, der sich
zurückzieht oder verbissen einen Kampf (den er i. d. R. nicht gewinnen kann) gegen das erlittene Unrecht führt. Von besonderer Bedeutung ist, dass sich der Therapeut oder Seelsorger hier als verlässlich erweist und als jemand, der den Betroffenen annimmt und wert achtet, ihm hilft, wieder neu Vertrauen in Menschen und Beziehungen zu investieren.
Keiner versteht mich! Mobbing ist oft schwer zu erkennen und noch schwerer zu beweisen. Der von Mobbing Betroffene kann meist seine Situation nicht richtig deuten. Er versteht weder sich mit seiner Angst und den anderen Mobbingfolgen noch dieTäter und ihrTun. Und er erlebt regelmäßig, dass sein weiteres soziales Umfeld seine Situation und sein Leid und deren Ursache nicht nachvollziehen kann. Leider haben auch zu viele „Profis“, wie Ärzte, Psychotherapeuten, Seelsorger und Juristen, nur wenig Verständnis für die Situation des Betroffenen. Indem
sie wegsehen, nicht wahr haben wollen, bagatellisieren oder durch Fehleinschätzungen und Fehldiagnosen oder gar durch Opferbeschuldigung werden sie mitschuldig am Leid des Betroffenen. Nach A. Bämayr neigen „selbst Psychotherapeuten, sofern sie nicht in der Psychotraumatologie erfahren sind, zur indirekten Opferbeschuldigung, indem sie ihr Neurosen-Know-how Psychotraumatisierten überstülpen und in der Entwicklungsanamnese nach Ursachen beim Patienten für das Mobbing suchen oder der Frage nachgehen, warum der Patient das Mobbing nicht verhindern kann.“ („Mobbing – Hilflose Helfer in Diagnostik und Therapie“, Deutsches Ärzteblatt 2001; 98: A 1811 – 1813 [Heft 27]) Glücklicherweise kommt das Thema „Mobbing“ in den letzten Jahren zunehmend in der Fortbildung vor. Auch gibt es inzwischen viele gute Hilfsangebote, z. B. Beratungstelefone für Mobbingopfer. Kein professioneller Helfer sollte versuchen, Mobbingopfern zu helfen, ohne zuvor die „Spielregeln“ des Mobbings verstanden zu haben.
Rechtsbrüche Oft kommt es früher oder später zu Rechtsbrüchen: Die Personalabteilung wird eingeschaltet, um den „ungeeigneten“ Mitarbeiter los zu werden, und dabei scheint nicht selten jedes Mittel recht zu sein. Möglichkeiten gibt es verschiedene: Entlassung, vorzeitige Berentung, Abfindung, Versetzung (beliebt sind hier der „Keller“ oder aber Arbeitsplätze, wo der Betroffene die Arbeit nicht schaffen kann mit der Folge einer weiteren Versetzung oder Entlassung wegen „Nichteignung“), langfristige Krankschreibung oder Einlieferung in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses. (Es gibt tatsächlich Fälle, bei denen der Arbeitgeber (!) dies veranlasst hatte!) Beamte und andere Arbeitnehmer, die quasi unkündbar sind, verlieren zwar einerseits nicht so schnell ihren „sicheren“ Arbeitsplatz, andererseits
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wird bei ihnen die „Mobbingschraube“ weiter gedreht, so dass es diesen Betroffenen beim dann doch irgendwann folgenden Ausschluss aus dem Arbeitsverhältnis meist gesundheitlich noch schlechter geht. Da Über- und Fehlgriffe der Personalverwaltungen bei Mobbing nicht selten sind und auch Personalratsmitglieder sowie Gewerkschaftsvertreter immer wieder lieber auf der Seite des „Siegers“ und der Mehrheit stehen, benötigt der Betroffene, der sich meist völlig hilflos und allein fühlt, neben einem kompetenten Psychotherapeuten oft auch einen Rechtsanwalt, der im Arbeitsrecht besonders gut bewandert ist und Mobbingstrukturen (er)kennt.
Warum bin ich nicht eher gegangen? Nach einigen Wochen Mobbing leidet der Betroffene zunächst an unspezifischen Stresssymptomen; nach etwa sechs Monaten hat er ein manifestes psychisches Problem (Überlastung des Bewältigungsvermögens, soziale und wirtschaftliche Bedrohung); nach durchschnittlich etwa einem Jahr ist er krank (z. B. generalisierte Angststörung, Depressionen). Die Symptome können denen eines Burnouts entsprechen. (M. E. sollte hier jedoch nicht von einem Burnout gesprochen werden, da die Genese eine völlig andere ist, und um nicht eine Verursachung der Erkrankung durch den Betroffenen zu implizieren.) Wenn der Gemobbte nicht sehr bald entlassen wurde und das Mobbing fortgeführt wurde, ist der Betroffene bei der späteren Entfernung aus seinem Arbeitsverhältnis sichtbar geschwächt oder krank, hat somit kaum eine Aussicht, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Spätestens dann wird er in seinem Bekanntenkreis gefragt (und er fragt sich das auch selbst!): Warum bist du nicht eher gegangen, hast nicht einfach deinen Arbeitsplatz gewechselt, als du noch konntest?“ Wer so fragt, hat das Wesen des Mobbings nicht verstanden und bringt den Betroffenen durch die indirekte Schuldzuweisung
noch tiefer in die Krise. Denn es zeugt von Reife und Selbstbewusstsein, nicht gleich bei den ersten Problemen aufzugeben und zu fliehen, sondern sich Konflikten zu stellen und sie lösen zu wollen, zumindest eine Lösung für möglich zu halten. Das Drama ist, dass viele Mobbingopfer den richtigen Zeitpunkt für den Absprung verpasst haben. Dieser „richtige“ Zeitpunkt wird jedoch allenfalls im Nachhinein, wo bekanntlich alle schlauer sind, deutlich. Während des Mobbings werden die Regeln, also auch die Bewertung, was richtig und was falsch ist, ausschließlich von den Tätern gemacht. Deshalb ist es auch so schwierig, einen vom Mobbing akut Betroffenen in Bezug auf seinen Arbeitsplatz zu beraten.
Und wie geht es weiter? Dauert Mobbing lang genug, ist die Gesundheit des Betroffenen ruiniert, die Persönlichkeit zumindest stark beeinträchtigt und meist auch der Glaube an einen Gott der Gerechtigkeit, Liebe und Fürsorge wesentlich beeinträchtigt oder gar verloren. Die Entfernung des Opfers aus dem Arbeitsverhältnis, in dem Mobbing möglich ist, wird von Außenstehenden oft als hilfreich oder gar als „die Lösung“ betrachtet. Es ist aber keine Lösung, da die Situation so nie geklärt wird, das Opfer keine Chance auf eine soziale Rehabilitation hat. Somit ist es nicht verwunderlich, dass dem Opfer eine Abfindung oder eine Frühberentung meist als Strafe erscheint. Selbst Betroffene, die sich vor ihren Mobbingerfahrungen einen vorzeitigen Ruhestand als ein Geschenk vorstellen konnten, sind nun ohne Hoffnung und Perspektive vor den Trümmern ihrer beruflichen Laufbahn und oft genug auch vor den Trümmern ihres Lebens. Bei vielen besteht weiterhin ein hohes suizidales Risiko. (Nach Schätzungen ist Mobbing die Ursache bei ca. 10 - 20 % der Suizide in Deutschland.) Nach einer längeren Zeit des Mobbings ist das Opfer meist in vielen oder gar allen Lebensbereichen massiv betroffen, so dass eine Rehabili-
tation auch auf allen diesen Ebenen erfolgen muss. Sinnvoll ist meist zunächst eine stationäre psychotherapeutische/psychosomatische Behandlung in einer Reha-Klinik, die Erfahrungen in der Behandlung mit Mobbingopfern hat. Der Betroffene braucht einen „sicheren Ort“, an dem er zur Ruhe kommen kann. Zu Beginn wird die medizinische Behandlung der Mobbingfolgen (z. B. Depressionen, motorische Spannungen, vegetative Übererregbarkeit, Hypervigilanz) im Vordergrund stehen, dann geht es um das Verstehen und Bewältigen des Erlebten. Je nach Schwere des Erlittenen wird anschließend eine meist längere ambulante Psychotherapie notwendig sein mit dem Ziel, dass der Betroffene sein Vertrauen zu sich selbst, zu Mitmenschen und zu Gott wieder findet, und damit wieder Hoffung und Perspektiven in sein Leben kommen können. Wichtig ist auch, dass der Betroffene seine durch Mobbing meist weitgehend zerstörten Fähigkeiten zur Bewältigung von Krisen und Lösung von Problemen wiedererlangt. Erst dann kann eine berufliche Rehabilitation erfolgreich sein oder sich der Betroffene neuen Lebenszielen mit Erfolg zuwenden.
Dr. med. Bernhard Stoll
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, Umweltmedizin Christlicher Therapeut (DE’IGNIS)
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Bemerkungen wie: „Sie sind aber braun, Sie haben wohl zu wenig Arbeit?“ oder „Na, den ganzen Tag auf der Terrasse herumgelegen, was?“ Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich jährlich sehr hohe Einsparungen erzielt.
Betriebsbedingte Kündigung Bericht eines Betroffenen aus der ambulanten medizinischen REHA 1. Was ist „Mobbing“? Definition aus dem Fremdwörterlexikon: „mobben“ heißt einen Mitarbeiter anhaltend schikanieren, anschwärzen, schlecht machen. Unwürdige Behandlung durch Vorgesetzte. Absichtliche Zurückhaltung von arbeitsnotwendigen Informationen. Drohung und Erniedrigung. Fortgesetzte, aufeinander aufgebaute Verhaltensweisen, die der Anfeindung, Schikane oder der Diskriminierung dienen. Verletzung von Persönlichkeitsrechten Betroffener und unangemessener Kritik an der Arbeit. Verbreitung von Gerüchten über andere Mitarbeiter oder deren Familien.
2. Was verstehe ich unter „Mobbing“? Schleichende Angstverursachung durch ständige Signalisierung: ...Verlust des Arbeitsplatzes. Erhöhung der Arbeitsanforderung (unnötige Diagramme usw.), aber gleichzeitige Entwertung der Arbeit auf leitender Ebene durch Bemerkungen wie „...ist ja ganz gut, aber im Prinzip unwichtig“.
3. Selbsterfahrung mit „Mobbing“ Nach 19-jähriger Arbeit in der Logistik wurde ich von unserem neuen Abteilungsleiter (AL) gefragt, ob ich etwas dagegen hätte, mit meiner Aufgabe in den Einkauf zu wechseln. Ich war zur damaligen Zeit nicht be-
geistert, habe aber durch meine Beziehungen in der Firma erfahren, dass mein AL bereits hinter meinem Rücken eine Absage dieser Abteilung Einkauf erhalten hatte.
Dann kam der schwarze Tag im Februar 2005, an dem man mir zwischen Tür und Angel, zu allem Unverständnis der Kollegen wie auch meiner Lieferanten, verkündete: „Ab … wird ihr Arbeitsgebiet, aber ohne ihre Person, aus der Logistik in den Einkauf überführt. Obwohl wir wissen, dass die Arbeit nicht mehr so gut und effizient bearbeitet werden kann wie bisher, wird dies geschehen. Aber Sie dürfen ja noch ihre Nachfolgerin einlernen“. Des Weiteren ist mir verkündet worden: „Ist doch nicht so schlimm, sie bekommen dafür ja eine neue Aufgabe als Springer. Die andere Alternative ist „Sie akzeptieren eine Vertragsauflösung mit entsprechender Abfindung.“
4. Wie gehe ich jetzt mit den Auswirkungen des „Mobbings“/der betriebsbedingten Kündigung um? Nach nun sechswöchiger ambulanter Therapie in der DE’IGNIS-Klinik
Kurz darauf wurde meine Frau sehr krank und ich versorgte sie sowie unsere zwei Kinder während ich meinen Telearbeitsplatz voll ausfüllte. Freitags, meinem festen Tag in der Firma, wurde ich vom AL empfangen mit den Worten: „Sie sehen aber müde aus.“ Nach meiner Erklärung über meine momentane Situation folgte die Bemerkung: „Sie arbeiten ja schließlich zu Hause, dann kann es doch nicht so schlimm sein.“ Weiter ging es... da ein Diagramm, dort eine Aufstellung, da ein Bildchen und dort etwas Buntes, nur Schikane und total unnötig. In den Sommermonaten wurde ich ständig vom Teambzw. Abteilungsleiter gehänselt mit
Bild „Bombe“
habe ich gelernt, mit den Ängsten, der Schlaflosigkeit und den Weinkrämpfen fertig zu werden. Dieser liebevolle Umgang, das einem Zuhören und einen in die Gruppe zu integrieren, war für mich ganz neu, hat bei mir aber so viel Vertrauen ausgelöst, dass ich mich einfach fallen lassen konnte. Mir hat mein Therapeut geduldig in intensiven psychotherapeutischen Gesprächen beigebracht, über das >Mobbing<, wie es an mir vollzogen wurde, zu sprechen und es zu verarbeiten.
In der Kunsttherapie habe ich meine Aggressionen in Bildern ausgedrückt und in der anschließenden Besprechung dargelegt. Dies alles hat zum Abbau der Ängste und Aggressionen beigetragen. (siehe Bild „Bombe“)
5. Was habe ich aus dem Umgang mit >Mobbing< gelernt und was nehme ich aus DE’IGNIS mit? Mir hat die auf dem christlichen Glauben aufgebaute Therapie Verzeihung denjenigen gegenüber gelehrt, die mir das angetan haben. (Bild „Versöhnung“) Danke an alle Therapeuten und Ärzte von der Abteilung für ambulante medizinische Rehabilitation der DE’IGNIS-Fachklinik.
Der Name des Verfassers ist der Redaktion bekannt
Bild „Versöhnung“
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Neuropsychotherapie und christlicher Glaube VON DR. MED. ROLF SENST Überschneidungsfeld – die Klinische Psychotherapie.
n den letzten 10 Jahren hat eine Forschungsrichtung in der Medizin, aber auch in der Psychologie und darüber hinaus in Philosophie und - das ist eher neu - Theologie eine enorme Aufwertung erfahren: die Neurowissenschaften. Einige Aspekte dieses Themas, die sich auf theologische Fragestellungen beziehen, hatten wir in den letzten beiden Heften behandelt. In dem hier vorliegenden Artikel möchte ich mich auf die Auswirkungen der neurowissenschaftlichen Befunde für die Planung und Durchführung von Psychotherapie konzentrieren. Ein Stichwort bringt diese Thematik am besten auf den Punkt: Neuropsychotherapie.
I
Dieses Wort wurde von Prof. Klaus Grawe „erfunden“ oder zumindest einem größeren Publikum nahe gebracht. Prof. Grawe ist kürzlich völlig überraschend einem Herzinfarkt erlegen, er war erst 63 Jahre alt. Über mehr als 25 Jahre hatte er einen Lehrstuhl an der Universität Bern inne und ist einer der international bekanntesten und renommiertesten Psychotherapieforscher. Die Frage, die ihn immer wieder bewegt hat, lautet: Was wirkt eigentlich in der Psychotherapie? Und wie lässt sich vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse/Antworten auf die erste Frage eine zweite am besten beantworten: Wie gestalten wir Psychotherapie so, dass sie noch besser wirkt? In der Medizin ist insgesamt ein Trend zu verzeichnen, sich bei seinen Therapieentscheidungen auf möglichst breit abgestütztes empirisches Wis-
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sen zu verlassen. Das heißt, es werden für die Behandlungen von Krankheitsbildern umfangreiche Studien verfasst, die statistisch auswerten, welche Behandlung insgesamt am besten wirkt. Selbstverständlich muss dennoch die je spezielle Situation eines einzelnen Patienten gewürdigt werden. Und dennoch: gewisseTrends lassen sich aus großen Untersuchungen eben doch ableiten, und die Erfahrung von Zehntausenden von Ärzten bringt mehr an Wissen zustande als die Erfahrung eines einzelnen Arztes. Entsprechendes gilt auch für die Psychologie bzw. – hier haben wir ein
Evidenzbasierte Daten lassen sich nun am besten aus möglichst „harten“ Fakten gewinnen. Also sind Untersuchungen über Körperzustände, die sich durch Messungen darstellen lassen, direkter nachvollziehbar als eher „weiche“ Kriterien wie Aussagen von der Qualität „Ich fühle mich sehr wohl, ich fühle mich einigermaßen wohl, ich fühle mich unwohl“. Genau das liefert nun die neurowissenschaftliche Forschung. Messbare Veränderungen an Hormonkonzentrationen, Herzfrequenz, Blutdruck, Schweißsekretion, Atemfrequenz (all das gibt es schon viele Jahre) und – und das ist eine Neuentwicklung der vergangenen 10 bis 20 Jahre – bildgebende Verfahren von Vorgängen, die sich im Hirn abspielen. Hier ist insbesondere die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Single Photon Emission Tomography (SPECT) zu nennen. Es würde zu weit führen, diese Verfahren im Einzelnen zu erläutern. Grundprinzip ist jedenfalls, dass Hirngebiete, die gerade besonders aktiv sind, mehr Sauerstoff und Zucker verbrauchen als solche Gebiete, die gerade eher inaktiv sind. Das lässt sich mit diesen Methoden darstellen. Man kann also beobachten, bei welchen Aufgabenstellungen sich welche Hirnteile aktiv „anstrengen“. Und man kann feststellen, wie bei einem psychisch erkrankten Menschen sich die Hirnaktivität im Vergleich zu einem gesunden Mitmenschen darstellt.
Einige Fakten zu den organischen Grundlagen der „Neuropsychotherapie“: Unser Gehirn hat etwa 100 Milliarden Nervenzellen, genannt Neurone. Jedes dieser Neurone ist mit bis zu 10.000 anderen Neuronen verbunden. Sie alle leiten elektrische Erregung weiter. Die Übertragung von elektrischer Erregung zwischen zwei Nervenzellen erfolgt dabei auf chemischer Basis über Synapsen. Die Zahl der Synapsen geht in die Trillionen. In einem Stecknadelkopf Gehirnmasse sind etwa 1 Milliarde Synapsen. Von den verschiedenen Sinnesorganen ziehen 2 bis 3 Millionen Nervenfasern ins Zentralnervensystem (ZNS). Jede davon „befeuert“ das Gehirn mit bis zu 300 Impulsen pro Sekunde. Allein von den Sinnesorganen gehen also etwa 500 Millionen Signale pro Sekunde im Gehirn ein. Jedes Neuron hat verschiedene Eingangsstellen, genannt Rezeptoren, und Kanäle für elektrische Ladung, genannt Ionenkanäle. Die Rezeptoren haben entweder erregende oder hemmende Wirkung. Die Erregungsübertragung geschieht durch chemische Substanzen, genannt Neurotransmitter oder Neuromodulatoren und Neuropeptide.
Und nun einige für die Psychotherapie wichtige Aussagen: Die Erregungsbereitschaft der Synapsen, das heißt ihre Fähigkeit und Schnelligkeit, bestimmte Informationen rasch weiter zu leiten, hängt von Bahnungen ab. Wenn Verbindungen zwischen zwei Neuronen viel benutzt werden, werden sie stabilisiert und erweitert. Längerfristige Veränderungen erfordern möglichst intensive langdauernde Aktivierung der entsprechenden Synapsen. Man spricht von Bahnungen. Eine gleichzeitige Aktivierung von Dopamin-Rezeptoren (Dopamin ist einer der Neurotransmitter) bewirkt ausgesprochene Unterstützung für die Herstellung neuer Bahnungen und Intensivierung vorhandener Bahnungen. Mit Dopamin ist ein körpereigenes „Belohnungssystem“ verbunden. Dies ist insbesondere dann aktiv, wenn mit der (Lern-)Aktivität die Erreichung eines wichtigen motivationalen Zieles verbunden ist. Man spricht hier von An-
näherungszielen. Bei entsprechender Nachhaltigkeit dieser Aktivierung entstehen neue Bahnungen und zusätzliche Synapsen. Das innere Erleben und das äußerlich erkennbare Verhalten in die jetzt neu gebahnte Richtung werden gefördert. Wichtig in diesem Kontext: Diese Ereignisse im Gehirn spielen sich als Folge realer Lebenserfahrungen ab. Es sind ja gerade problematische Lebenserfahrungen, die zu problematischen Funktionsstörungen im Gehirn geführt haben. In der Psychotherapie geht es darum, durch das Herbeiführen neuer, positiver Lebenserfahrungen auch die Strukturen und Abläufe im Gehirn zu beeinflussen. Diese in der Psychotherapie vorbereiteten neuen Erregungsmuster müssen sich auch im realen Leben der Betroffenen bewähren. Daher ist der konkrete Bezug zur jeweiligen Lebenssituation auch aus neurobiologischer Sicht zentral. Eine sowohl von tierexperimentellen Befunden als auch von vielfältiger klinischer Erfahrung getragene Erfahrung hat sich dabei auch auf neurobiologischer Ebene bestätigt: Was im Gehirn gleichzeitig aktiviert ist und in einem funktionalen Zusammenhang steht, wächst zusammen (sog. Hebb‘sche Regel: „Cells that fire together wire together.“) Auf diesem Prinzip beruht auch die Wirksamkeit der bekannten klassischen Konditionierung. Von zentraler Bedeutung für emotionale Vorgänge, die letztlich darüber entscheiden, wie wir uns fühlen und auch wie (psychisch) gesund wir sind, ist das sogenannte Limbische System. Hierzu gehört u. a. der Mandelkern (Amygdala). Hier werden in Sekundenbruchteilen Kampf-/Fluchtreaktionen entschieden. Ebenso wichtig ist der Hippocampus, hier werden Langzeiterinnerungen gespeichert und ein Kontextgedächtnis vorgehalten. Für bewusste Entscheidungen ist der präfrontale Cortex (Cortex = Hirnrinde) zuständig, der mit den beiden o. g. Strukturen enge Verbindungen unterhält.
An dieser Stelle verlassen wir den Ausflug in die neurobiologischen Grundlagen und wenden uns konkret einer psychologisch-psychotherapeutischen Perspektive zu. Prof. Grawe hat in den letzten Jahren sich immer mehr darum bemüht, eine allgemeine Psychotherapie – möglichst unabhängig von jahrzehntelangen Prägungen verschiedener Psychotherapieschulen – zu entwerfen und weiter zu entwickeln. Ein wichtigerTeil dieser allgemeinen Psychotherapie ist die Konsistenztheorie, auf die ich jetzt zu sprechen kommen möchte. Beginnen möchte ich mit den sogenannten Grundbedürfnissen. Es gibt eine Fülle von Beschreibungen und Systemen, die menschliche Bedürfnisse formulieren und in Kategorien einteilen. Vergleichbar viele Systeme beschäftigen sich mit der Frage, was Menschen zu Verhalten verschiedenster Art motiviert. Die hier dargelegte Betrachtungsweise beschränkt sich bewusst auf solche Bedürfnisse, deren Vorliegen zum einen empirisch gut abgesichert ist und deren Nichtbefriedigung über einen längeren Zeitraum zu Erkrankungen führt – psychisch oder auch körperlich. Folgende vier Grundbedürfnisse sind am besten nachgewiesen:
das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, das Bedürfnis nach Bindung/menschlicher Nähe, das Bedürfnis nach Lustvermehrung und Unlustvermeidung sowie das Bedürfnis nach Selbstwertschutz und Selbstwerterhöhung. Hierzu einige Erläuterungen: Orientierung und Kontrolle: Je nach individueller Erfahrung (vor allem in der frühen Kindheit) entwickelt der Mensch Grundüberzeugungen darüber, inwieweit das Leben Sinn macht, ob Voraussehbarkeit und Kontrollmöglichkeiten bestehen, ob es sich lohnt, sich einzusetzen und zu engagieren, u. ä. Das Kontrollbedürfnis wird befriedigt durch möglichst viele Handlungsalternativen (großer Handlungsspielraum).
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Bindung: Hiermit ist das Bedürfnis nach Nähe zu einer Bezugsperson gemeint, das Angewiesensein des Menschen auf Mitmenschen. Je nach Erfahrungen mit den sog. primären Bezugspersonen, das Ausmaß ihrer Verfügbarkeit und die Qualität ihres Einfühlungsvermögens entwickelt ein Mensch ein bestimmtes Bindungsmuster. Wir unterscheiden „sicher gebundene“ von „unsicher gebundenen“ Menschen. Letztere „Bindungstypen“ werden noch einmal in drei weitere Subtypen aufgeteilt: In einer guten Bindung sind die Bezugspersonen ein immer erreichbarer Zufluchtsort, sie bieten Schutz, Sicherheit und Trost, es entwickelt sich ein gutes „Urvertrauen“.
Lustgewinn/Unlustvermeidung: Hierunter verstehen wir das Bestreben, erfreuliche, lustvolle Erfahrungen herbeizuführen und schmerzhafte, unangenehme Erfahrungen zu vermeiden (positive Lust-/Unlustbilanz). Je nach Erfahrungen in der Kindheit wird ein Mensch die Umgebung eher als Quelle von positiven oder von negativen Erfahrungen sehen, es entwickelt sich eher eine optimistische oder eher eine pessimistische Lebenseinstellung. Mit Lust ist nicht nur sexuelle Lust gemeint, sondern die grundsätzliche automatische Bewer-
tung von Erfahrungen als angenehm oder unangenehm. Erstere werden aufgesucht, letztere gemieden.
Selbstwertschutz und Selbstwerterhöhung: Das Bedürfnis, sich selber als gut, kompetent, wertvoll und von Anderen geliebt zu fühlen. Zur Bildung eines guten Selbstwertgefühles braucht es eine entsprechende Umgebung, die wertschätzend ist und dem Anderen etwas zutraut, ihn unterstützt. Zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse entwickelt jeder Mensch bestimmte Schemata. Darunter verstehen wir die grundlegende Organisationseinheit psychischer Prozesse. Entweder werden Umgebungsinformationen in bestehende Schemata eingefügt, dann sprechen wir von Assimilation. Oder Schemata werden durch Umgebungsinformation verändert, dann sprechen wir von Akkommodation. Wenn ein Schema aktiviert wird, ist die psychische Aktivität darauf ausgerichtet, Wahrnehmungen im Sinne des Schemas herbeizuführen. Annäherungsschemata sind auf die Herbeiführung oder Erhaltung von Wahrnehmungen im Sinne der wichtigsten Wünsche und Bedürfnisse des Patienten ausgerichtet – seien sie bewusst oder unbewusst. Anders
ausgedrückt: Vermeidungs-/Konfliktschemata hingegen sind bei ihrer Aktivierung darauf ausgerichtet, die betreffende Person vor dem Erleben bestimmter aversiver Emotionen zu schützen. Das ursprünglich verletzte Grundbedürfnis ist aber im Hintergrund immer noch aktiv. So wird z. B. ein Mensch, der im Hinblick auf sein Bindungsbedürfnis schlechte Erfahrungen gemacht hat, sich vor zwischenmenschlicher Nähe schützen, um Verletzungen zu vermeiden. Sein grundlegendes Bedürfnis nach Bindung bleibt dadurch aber unbefriedigt und führt zu weiterer Spannung/ Inkongruenz/Inkonsistenz im psychischen System. (Die Abb. 1 veranschaulicht diese Zusammenhänge grafisch.) Der Mensch strebt nach Befriedigung und Schutz seiner Grundbedürfnisse. Unter dem Einfluss seiner konkreten Lebensbedingungen entwickelt er der Befriedigung dienende Annäherungsziele und dem Schutz dienende Vermeidungsziele. Außerdem entwickelt er Mittel zur Realisierung dieser Ziele. Beides zusammen, also Ziele und Mittel, bezeichnet man als motivationale Schemata. Diese prägen das Erleben und Verhalten eines einzelnen Menschen.
Auf neurobiologischer Ebene strebt das „System Mensch“ nach Konsistenz: damit ist gemeint, dass alle parallel ablaufenden psychischen und körperlichen Prozesse möglichst gut miteinander vereinbar sind, also keine gegensätzlichen Prozesse sich gegenseitig behindern. Bezogen auf Bedürfnisbefriedigung heißt dies, dass ein Mensch die positive Erfahrung macht, seine Annäherungsziele (das, was er gern erleben möchte) zu erreichen. Und ebenso die positive Erfahrung macht, dass er seine Vermeidungsziele (das, was er möglichst nicht erleben möchte) erreichen kann. Ein kleines Alltagsbeispiel: Ein Musikschüler übt für einen öffentlichen Auftritt. Sein Annäherungsziel ist eine gelungene Vorführung mit viel Anerkennung, das befriedigt sein Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung. Sein Vermeidungsziel ist eine öffentliche Blamage und die Enttäuschung seines Musiklehrers und seiner Freunde und Angehörigen. Gelingt der Auftritt, hat er beide Ziele erreicht.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell: Wie entsteht nun eine psychische Störung? Vereinfacht ausgedrückt, lässt sich Folgendes sagen (siehe Abb. 2): Das Auftreten einer Störung hängt vom
Produkt zweier Faktoren ab: Vulnerabilität (Verletzlichkeit) und Stress. Im neuropsychotherapeutischen Modell lässt sich Stress als Inkonsistenz definieren. Inkonsistenz meint die Unvereinbarkeit gleichzeitig ablaufender psychischer Prozesse. Man wird sozusagen innerlich aufgerieben, weil man gleichzeitig verschiedene Ziele verfolgt, die jedes für sich wichtig sind, aber einander widersprechen. Eine andere, für Burnout typische Konstellation ist, dass verfolgte Ziele sich als unerreichbar herausstellen, aber auch nicht aufgegeben werden können. Bei entsprechender Anfälligkeit/Vulnerabilität entsteht daraus eine psychische Störung, die, einmal entstanden, eine Eigendynamik entfaltet und sich so häufig selber aufrecht erhält. Faktoren für Vulnerabilität sind z. B. ein unsicheres Bindungsmuster, starke Vermeidungstendenzen, geringe Erwartungen an selbst kontrolliertes Leben, schlechte Emotionsregulation, starke Bereitschaft zu negativen Emotionen. Wenn dann akute Belastungen hinzukommen, die ein vermehrtes Level von Stress/Inkonsistenz erzeugen, entsteht die genannte Störung. In einem lebensgeschichtlichen Modell abgebildet, zeigt dies Abb. 2.
Wirkfaktoren in der Psychotherapie: Auf Grund umfangreicher weltweiter Untersuchungen haben sich folgende fünf hauptsächliche Faktoren herauskristallisieren lassen:
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Ressourcenaktivierung (Welche Fähigkeiten/Möglichkeiten/Kompetenzen hat der Patient? Welche soziale Unterstützung?). Für eine erfolgreiche Psychotherapie müssen möglichst viele Ressourcen aktiviert werden.
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Problemaktivierung: Nur ein heißes Eisen lässt sich schmieden, insofern muss das Problem, das in der Psychotherapie bearbeitet werden soll, auch aktiviert werden.
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Problembewältigung: Eine aktive Hilfestellung ist erforderlich, um nicht nur Problembewusstsein zu schaffen, sondern auch Problemlösungen zu erzielen. Hierfür ist die o. g. Aktivierung von Ressourcen von zentraler Bedeutung.
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Motivationale Klärung: Ein besseres Verständnis für die eigenen intrapsychischen Zusammenhänge, bewusste und unbewusste Motivationen für bestimmtes Verhalten kann sich sehr entspannend und klärend auswirken und somit die psychische Aktivität besser ordnen. Dadurch wird Inkonsistenzspannung (gleich-
Lebensgeschichtliche Entstehung psychischer Störungen:
Abb. 1: Konsistenztheoretisches Grundmodell
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Abb. 2: Lebensgeschichtliche Entstehung psychischer Störungen
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zeitiges Ablaufen miteinander unvereinbarer neuronaler Prozesse) reduziert und die Gesundheit gebessert.
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Die Beziehungsgestaltung schließlich ist der am besten untersuchte Einzelfaktor für die Wirksamkeit von Psychotherapien. Nur in einer guten Therapiebeziehung sind gute Fortschritte möglich.
Für eine konsistenztheoretische Therapieplanung ergeben sich hieraus zwei Leitfragen:
1
Welche Ressourcen des Patienten kann ich am besten nutzen/ aktivieren, und wie kann ich das bei diesem konkreten Patienten am besten tun?
2
Für welche Probleme/Inkongruenzquellen sollte ich vordringlich Klärungs- und/oder Bewältigungserfahrungen herbeiführen und wie kann ich das bei diesem konkreten Patienten am besten erreichen? Therapeutische Veränderung lässt sich dabei auf zwei Wegen erzielen, die einander nicht ausschließen, sondern im Gegenteil ergänzen: Der eine ist die oben schon erwähnte Ressourcenaktivierung: eine verbesserte Bedürfnisbefriedigung in den realen Lebenserfahrungen, auf neurobiologischer Ebene durch Aktivierung existierender neuronaler Erregungsmuster. Die Ressourcenaktivierung geschieht nicht zuletzt durch eine gezielte Aufmerksamkeitslenkung des Patienten auf vorhandene Stärken. Das zweite ist die korrektive Erfahrung: Einer Problemaktivierung folgt eine Bewältigungs- und/oder Klärungserfahrung, dadurch werden neue Ressourcen für eine bessere Bedürfnisbefriedigung geschaffen.
die Sonderproblematik von Behinderungen gehe ich hier nicht ein), sondern dass darüber hinaus einem gläubigen Christen konkrete Zusagen an Beistand, Hilfestellung und Befähigung gegeben sind. Hierzu einige Zitate aus dem Neuen Testament:
„Seine göttliche Kraft hat uns nun alles, was zum Leben und zur Gottseligkeit dient, geschenkt ... (2. Petrus 1,3). „Wir sind gesegnet mit jedem geistlichen Segen in der Himmelswelt ...“ (Epheser 1,3). „Gott wird all unseren Bedarf ausfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus.“ (Philipper 4,19). „Jesus ist uns in allen Dingen gleich geworden, damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um unsere Sünden zu sühnen. Denn worin er selbst gelitten hat als er versucht worden ist kann er denen helfen, die versucht werden.“ (Hebräer 2,17-18) „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln ... Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang ...“ (Psalm 23). Wir machen die Erfahrung, dass sich
Menschen, die unsere Klinik speziell deswegen aufsuchen, weil sie sich hier von Seiten des christlichen Glaubens eine gleichsinnige Orientierung erhoffen, sind in einem ihrer wichtigen Annäherungsziele „aktiviert“: Sie wollen ihr Leben mit der Hilfe Gottes besser in den Griff bekommen. Auch wenn hier manchmal problematische Vorstellungen vorliegen, wie dieses geschehen könnte (passive Heilungserwartung), und auch wenn manchmal ausgesprochen negative Vorerfahrungen aus verschiedensten christlichen Umfeldern – sei es herkunftsgeschichtlich in der Kindheit und Jugend, sei es aktuell – vorliegen, ist dennoch dieses Bedürf-
Individuelle Therapieziele:
nis aktiviert. In einer vergleichenden Studie mit zwanzig anderen psychosomatischen Kliniken haben wir in den letzten Jahren eine Untersuchung von Therapiezielen vorgenommen. Unsere Patienten unterschieden sich in ihren wichtigsten Therapiezielen überhaupt nicht von der Gesamtheit der Patienten aller Kliniken – mit einer Ausnahme: Der „Umgang mit religiösen Überzeugungen“ war die wichtigste Kategorie in den von Patienten frei formulierten Therapiezielen. (siehe Abb. 3) Wenn wir also in der psychotherapeutischen Behandlung den Glauben aktiv einbeziehen, so nutzen wir damit ein wichtiges Motivationssystem. Nach den neurobiologischen Befunden ist damit zu rechnen, dass dies mit einer verstärkten Dopamin-Ausschüttung einhergeht und von daher gesehen die diesbezügliche Chance für Veränderung relativ groß ist. Auch unter ethischen Gesichtspunkten empfiehlt es sich sehr, einen Patienten dort abzuholen, wo er ist, und Ziele für die Psychotherapie konkret mit ihm zu vereinbaren. Dies entspricht der Maxime des „informed consent“, die in der Medizin allgemein gilt.
Gesamtpool aller Kliniken Kategorie
Ziffer
Häufigkeit
Prozent
1
Selbstsicherheit
111
481
9,5
2
Ängste
103
390
7,7
3
Selbstwerterleben und Kränkungen
110
315
6,2
4
Schwierigkeit, Erholung und Entspannung finden
118
239
4,7
5
Einsamkeit und Kontaktstörung
206
184
3,6
Kategorie
Ziffer
Häufigkeit
Prozent
1
Umgang mit religiösen Überzeugungen
140
91
10,7
2
Selbstwerterleben und Kränkungen
110
61
7,2
3
Selbstsicherheit, Selbstwirksamkeit
111
60
7,0
4
Ängste
103
41
4,8
5
Einsamkeit und Kontaktstörung
206
37
4,3
DE´IGNIS-Fachklinik
Querverbindungen zum christlichen Glauben: Was hat das Ganze nun mit christlichem Glauben zu tun? Ein ganz zentraler Aspekt ist der der Ressourcenaktivierung. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch nicht nur von seiner natürlichen Grundausstattung im Prinzip alles mit auf den Weg bekommen hat, was er für eine erfolgreiche Lebensbewältigung benötigt (auf
diese Texte nicht „automatisch“ erschließen, nur indem man sie liest oder in einer Andacht zitiert hört. Oft ist der Alltag sogar weit davon entfernt. Es bedarf also einer auf den Einzelnen zugeschnittenen Konkretisierung und Operationalisierung. Dafür bestehen aus neuropsychotherapeutischer Perspektive durchaus günstige Voraussetzungen:
Wenn ein Patient bei seiner Aufnahme in unserer Klinik die Erfahrung macht, dass er sowohl als Person angenommen ist als auch sein Glaube wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, werden gleich mehrere seiner Grundbedürfnisse einer besseren Befriedigung zugeführt: Das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle („Ich weiß, dass ich hier meinen Glauben nicht verteidigen muss, er wird mir nicht für krankhaft oder krank machend ausgelegt“) ist hier an vorderster Stelle zu nennen. Bei entsprechender Gestaltung der therapeutischen Beziehungen auf den verschiedenen Ebenen werden auch Bindungsbedürfnisse, das Bedürfnis nach Selbstwertschutz und Selbstwerterhöhung sowie das Lustgewinn-/ Unlustvermeidungsbedürfnis befriedigt. Das geistliche Rahmenprogramm mit morgendlichen Andachten und psychotherapierelevanten Auslegungen von biblischen Texten sowie allgemein-psychoedukativen
Vorträgen ist hier ebenso geeignet, bei der Ressourcenaktivierung und auch Problembewältigung zu helfen, wie bei gegebener Indikation der gezielte Gebrauch biblischer Texte in der Einzel- oder Gruppentherapie. Ich zitiere aus dem Artikel „Ressourcenaktivierung“ von Klaus Grawe: „bei einem religiösen Menschen kann der Therapeut Bezug auf Inhalte der Bibel nehmen.......“ sowie aus dem Manual des „Fragebogens zur Erfassung motivationaler Schemata“ von Klaus Grawe und Martin Grosse Holtforth: (FAMOS) „Wenn ein Patient auf das Skala Glauben/Sinn sehr hohe Werte angibt, kann der Therapeut dieses zur Ressourcenaktivierung nutzen ..... zur prozessualen Aktivierung dieser Ressource kann der Therapeut, wenn der Patient es wünscht, Gebete als Bewältigungsmöglichkeiten praktizieren lassen..... (FAMOS-Manual, Seite 49)
Zwei Punkte zum Abschluss: Neben diesen neuropsychotherapeutisch relevanten, auf der Ebene der Psychologie des Einzelnen und des sozialen Kontextes angesiedelten positiven Wirkfaktoren, in die sich auch wichtige Aspekte der Religiosität einordnen lassen, gibt es noch einen ganz anderen „Faktor“: Wir verstehen uns als Menschen, die nicht nur eine Art Bezugssystem im religiösen Bereich gefunden haben, das ihnen bei der Entwicklung einer kongruenten Weltsicht hilft. Vielmehr sind wir Menschen, die konkrete Erfahrungen mit dem Gott gemacht haben, der sich in der Bibel offenbart. Die Person Jesu Christi ist für uns real. Diese Erfahrungen lassen sich nicht auf neurobiologischer Ebene erklären – auch wenn es in den letzten Jahren Ansätze zu einer sog. Neurotheologie gibt. Sie sind subjektiv und erschließen sich nicht einem materialistischem Zugang durch bildgebende Verfahren, Messung von Hirnströmen, Hormonkonzentrationen o. ä. Diese können immer nur Strukturen und Prozesse abbilden, nie jedoch Inhalte dieser Prozesse. Wir glauben und erleben eine Begegnung von Person zu Person auf transzendenter Ebene. Das ist das Kernstück des christlichen Glaubens.
Ein zweiter Punkt ist mir genauso wichtig: Persönlicher Glaube ist Gnade und Geschenk. Er kann sehr wohl eine wichtige Ressource zur Überwindung psychischer Schwierigkeit und Krankheit sein. Das alleine reicht bei Vorliegen einer relevanten psychischen Störung – und nur unter dieser Voraussetzung kommen Patienten zu uns in die Klinik – nicht aus, um eine relevante Besserung zu erzielen. Gut gemeinte Ratschläge von Freunden, Bekannten und Pastoren und oft auch allerlei an Gebet haben nicht ausgereicht, um das psychische Leiden unter Kontrolle zu bringen. Es bedarf einer qualifizierten Ausbildung, permanenten Fort- und Weiterbildung und Supervision durch erfahrene Fachleute, ggf. in Kombination mit psychopharmakologischer Behandlung, um hier wirklich helfen zu können. Fachliche Kompetenz ist auf keinen Fall durch Glaubenspraxis zu ersetzen. Gesundheitliche Fragen sind Fragen der Heilung – religiöse Fragen sind Fragen des Heils. Unser Auftrag ist ein Auftrag der Heilung. Das Heil kann nur von höherer Seite kommen.
Dr. med. Rolf Senst
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin, Rehabilitationswesen, Kinder- und JugendlichenPsychotherapeut, Chefarzt der DE´IGNIS Fachklinik gGmbH
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