Trauer und Trost
In schwierigen Zeiten Zuflucht im Glauben finden – Nr. 68
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wissen
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Unsere Präventionsangebote bieten Ihnen die Möglichkeit gesundheitlich für den Alltag vorzusorgen. Lernen Sie in unserem Kurs zur Stressbewältigung Stressfallen zu erkennen und Ihre Widerstandsfähigkeit gegen Stress zu verbessern. In unserem Entspannungskurs lernen Sie die effektive Methode der progressiven Muskelentspannung, eine einfache und schnelle Art, im Alltag körperlich und seelisch zu entspannen.
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Liebe Leserin, lieber Leser
In der Psychotherapie spielt der Umgang mit Trauer eine zentrale Rolle. Hierbei handelt es sich um einen umfassenden Prozess, der tiefen Schmerz, aber auch die Möglichkeit zur Heilung mit sich bringt. Der erste Schritt in der Trauerarbeit beginnt oft mit der Stabilisierung z. B. nach einem Unfall. Die Unfallseelsorge bietet hier sofortige psychologische Unterstützung, die es ermöglicht, den ersten Schock zu überwinden (Seite 14). Diese Stabilität schafft die Basis für den weiteren Trauerprozess. Trauer verläuft in Phasen wie Schock, Verleugnung, Wut und Akzeptanz. Therapeutische Unterstützung bietet den Trauernden Raum, ihre Emotionen zu erkunden und Bewältigungsmechanismen zu entwickeln (Seite 42). Diese Begleitung ist wichtig, um den Verlust zu integrieren und das Leben neu zu gestalten. Unbehandelte Trauer kann zu psychischen Störungen wie anhaltender Trauerstörung führen (Seite 38). Frühe Erkennung und zielgerichtete Behandlung sind entscheidend, um eine Rückkehr zu einem funktionalen Leben zu ermöglichen. Kinder erleben Trauer auf außerordentliche Weise und benötigen besondere Unterstützung. Einfühlsame, altersgerechte Ansätze sind entscheidend, um ihnen zu helfen, ihre Emotionen zu verstehen und auszudrücken, was für eine gesunde Trauerbewältigung wichtig ist (Seite 18).
Viele Trauernde finden Zuflucht in kirchlichen oder gemeindlichen Strukturen. Diese leisten nicht nur Unterstützung, sondern auch eine soziale Gemeinschaft, die Trost und Orientierung in schweren Zeiten bietet (Seite 10). Vielmehr kann der Glaube an Gott in Zeiten tiefen Schmerzes Trost spenden. Der Gedanke an Gott als Tröster kann eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, nach einem Verlust Hoffnung für sein Leben zu finden
(Seite 34). Obwohl Trauer schmerzhaft ist, bietet sie auch die Möglichkeit für persönliches Wachstum. Viele Menschen erfahren durch die Trauer ein tieferes Verständnis für das Leben und stärken ihre zwischenmenschlichen Beziehungen (Seite 24). Diese Transformation ist ein natürlicher Wachstumsprozess, der durch Unterstützung gefördert wird.
Mit der Zeit beginnt der Prozess der Zurückeroberung des Lebens. Diese Phase ist eine Mischung aus der Rückkehr zu alltäglichen Aktivitäten und dem Aufbau neuer Perspektiven (Seite 22) Der Weg durch Trauer und Trost ist komplex, aber essenziell für die Heilung. Von der Stabilisierung im Schock über die Unterstützung durch Gemeinschaft und Glauben bis hin zur therapeutischen Begleitung – all diese Aspekte sind entscheidend, um Trauer in einen Weg der Heilung und Erneuerung zu verwandeln.
Neben den Fachartikeln zum Schwerpunktthema erhalten Sie in dieser Ausgabe auch wieder Informationen über aktuelle Entwicklungen in unseren de’ignis-Organisationen. Wir freuen uns, wenn Sie die de’ignis-Arbeit zur psychischen Gesundheit auf christlicher Basis für Menschen in schwierigen Lebenslagen mit Spenden unterstützen möchten. Auch im Bereich der Schulung von Fachkräften im Gesundheitswesen, karitativen Einrichtungen, Seelsorge u.v.m. im kompetenten Umgang mit psychischen Erkrankungen über das de’ignis-Institut ist Ihre finanzielle Unterstützung ein hilfreicher Beitrag. Zudem suchen wir für den wachsenden Behandlungsbedarf psychisch erkrankter Menschen Ergänzung für unsere Teams.
Wir wünschen Ihnen wertvolle Impulse und viel Freude beim Lesen.
Im Namen der Herausgeber Sebastian Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik
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Redaktion: Dr. rer. nat. Marie Luise Armbruster, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Sebastian Hartmann, Phil Hartmann, Marika Rimkus, Dipl.-Psych. Rainer Oberbillig, Dr. med. Herbert Scheiblich Ausgabe: 11/2024
Gestaltung und Lektorat: Yil & Mann, www.ynm.studio Implementierung und Produktion: AD Dipl.-Ing. Rainer Haas, haas@ad-stuttgart.de
Druck: F&W Druck- und Mediencenter GmbH Papier: Arctic Volume Highwhite (Umschlag), Amber Graphic matt (Inhalt) Auflage: 12.000
Die Herausgeber bemühen sich um eine gendergerechte Sprache. Haben sich die Autor:innen in Einzelfällen für die ausschließliche Benutzung der männlichen Form entschieden, sind die anderen Formen selbstverständlich ebenso damit gemeint.
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Impulse und Erfahrungen
06
• Aus der Finsternis ins Licht
Klaus-Peter Lüdke
10
• Trauern und Trösten –Trauerbegleitung im kirchengemeindlichen Kontext
Pfarrer Ernst Nestele
14
• Notfall für die Seele –Krisenintervention bei plötzlichen Todesfällen
Winni Fritz
18
• Trauernde Kinder in der Auseinandersetzung mit einem Todesfall kompetent und liebevoll begleiten
Birgit Kesting
22
• Das Leben zurückerobern — vom Abschied und Neuanfang
Rainer Oberbillig
Therapeutische Fachartikel
24
• Die positive Seite der Trauer
Dr. med. Herbert Scheiblich
28
• Trost im Kontext Christlichintegrativer Therapie (CiT)
Franziska Schaufert
34
• Von der Trauer über zerbrochene Lebensträume und ihre Bewältigung
Winfried Hahn
38
• An Trauer zerbrechen — Wenn Trauer zur Krankheit wird
Margarete Kappler
42
• Trauer als Grundgefühl –Grundlagen und Erscheinungsformen
Rainer Oberbillig und Dr. med. Herbert Scheiblich
Aktuell
48
• Was hat sich entwickelt? Welche Angebote gibt es? Berichte, Termine und Aktuelles von de’ignis
Fachklinik, Institut, Wohnheim und Stifung
Von Klaus-Peter Lüdke
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
•
Gott des Trostes, meine Hoffnung, ich lege meinen ganzen Halt in Deine Hände. Sie haben am Kreuz gelitten und spüren mein Leiden. Sie haben geliebt, gesegnet, geheilt gebetet, getröstet, geteilt und den Tod hinter sich gelassen. So wandeln sie auch heute noch Hoffnungsvoll mein Leben in zuversicht.
Zum ersten Jahrestag des Todes meiner Mutter knie ich an ihrem Rasengrab. Ein Jahr zuvor war ich voller Glauben und Zuversicht. Ich war berührt von der Anteilnahme vieler, von der Kraft der Familie, die in schwieriger Situation zusammenstand. Nun fühle ich, dass sie nicht mehr da ist. Wann die Trauer einsetzt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und kaum steuerbar. Innerhalb eines Jahres mussten wir weitere Verluste in meiner Familie hinnehmen. Meine Frau und ich spürten, dass es nun dran war, bewusst zu trauern. Im Alltag mussten wir unsere Traurigkeit viel zu oft wegwischen. Nach einem Gottesdienst setzten wir uns ins Auto und nahmen die vielen hundert Kilometer auf uns, nur um ganz bewusst dem Schmerz in uns Zeit und Raum zu geben, ehe er sich andere Wege durch unsere Körper oder Psychen suchen würde, die für unsere Gesundheit nicht förderlich wären.
Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht, und um es noch einmal zu bestärken: auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.
Wir schlossen unseren unglücklichen Besuch auf dem Friedhof mit diesem Zuversichtslied. Es fühlte sich in diesem Augenblick nicht tröstlich an, zu tief saß unser Schmerz, aber Jesus ist der, an dem wir uns angesichts des Todes festhalten wollen. Ich denke dabei an die beiden Menschen auf dem Weg nach Emmaus. Wir kennen nur den Namen von Kleopas. Wurde der andere nicht genannt, lag das zu Beginn des ersten Jahrhunderts
meist daran, dass es eine Frau war. Vielleicht hieß sie Rahel, Maria, Miriam, Sarah oder Rebekka. Ein fehlender Name hilft mir aber auch, mich selbst aus der Beobachterrolle in die biblische Erzählung aus Lukas 24 hineinzuversetzen. Ich gehe mit Jesus und bin mir seiner Gegenwart nicht gewiss. Ich spüre den Trost des Auferstandenen noch nicht, obwohl er an meiner Seite ist. Er macht sich bereits in meiner Trauer heilsam an meinem Herzen zu schaffen und öffnet mir die Augen für die himmlische Realität mitten in meiner irdischen, vom Tod gezeichneten. Jesus der Auferstandene wandelt Trauer in Dankbarkeit, Zuversicht und Hoffnung. Er verwandelt lähmende Trauer in einen Aufbruch zurück ins Leben und gibt mir eine Sendung mit auf meinen Weg: Auferstehungshoffnung dort aufleuchten zu lassen, wo es noch nichts oder nichts mehr zu hoffen gibt. Uns auf dem Friedhof seiner Gegenwart in dieser Trauer zu stellen, gab seinem Geist Raum, unseren Schmerz zu wandeln.
Trauer braucht Zeit. Geben wir Trauer nicht bewusst Zeit und Raum, sucht sie sich Wege, Zeiten und Räume, die uns nicht immer gelegen kommen. In meinem Beruf als Pfarrer bin ich oft auf dem Friedhof. Viele der Trauernden und Angehörigen sind es nur zur Bestattung, enge Angehörige manchmal auch öfter. Meine Aufgabe sehe ich darin, die Zeit der Begegnungen zur Vorbereitung und im Rahmen einer Bestattung zu nutzen, um der Trauer Raum und Zeit zu geben. Das ist hilfreich, um dem Trauerweg eine heilsame Richtung zu geben. Dazu will ich
• die Trauernden liebevoll begleiten,
• ihnen Raum und Zeit für ihren inneren Abschied geben,
• ihnen die Aufgabe mitgeben, dankbar zurückzublicken,
• und den Auferstandenen in dieser Situation aufleuchten lassen.
Der dankbare Rückblick ist leichter, wenn die verstorbene Person ihre Liebe mit ihrer Familie und mit anderen geteilt hatte und es Gelegenheit gegeben hatte, voneinander Abschied zu nehmen. Dann suchen sich die Angehörigen gerne Dankes- und Loblieder auf dem Friedhof aus. Manchmal ist es auch eine harte Nuss, wenn die Person, um deren Bestattung es geht, nicht nur oder gar keinen Grund gegeben hat, über sie dankbar zu sein. Geistlicher Missbrauch, körperlicher oder sexueller Missbrauch, Trennung, Sucht, Co-Abhängigkeit, die Unfähigkeit, ihr Umfeld zu schützen oder eine unendlich lange Leidenszeit, die sich wie ein Schatten auf das begleitende (Familien-)System gelegt hatte, legen Dankbarkeit als Empfindung nicht nahe. Aber gerade auch dann will ich zumindest im Gespräch mit den Angehörigen Dankbarkeit herausarbeiten, und sei es nur dafür, trotz allem Erlittenen überlebt zu haben, Widerstandskraft und Resilienz entwickelt zu haben, sich aus dem unheilvollen System gelöst zu haben, und Dankbarkeit über Christus, der ihnen in dieser Finsternis nahe war und ist und all das Heillose auf sich genommen hat. Mit viel Abstand und oft erst am Ausgang eines Trauerweges können aus solcher „Dankbarkeit des Abstandes“ heraus auch von entfremdeten
Geben wir Trauer nicht bewusst Zeit und Raum, sucht sie sich Wege, Zeiten und Räume, die uns nicht immer gelegen kommen.
Menschen Eigenschaften und Fertigkeiten der verstorbenen Person wiederentdeckt und benannt werden, die neben allem Bösen und Ungesunden auch in guter Weise geprägt haben. Prüft alles und behaltet das Gute (Paulus im 1. Thessalonicherbrief 5,21).
Die deutschen Worte für Trauer und Tränen ähneln sich. Einen Menschen oder sich selbst im Verlust zu beweinen, ist eine gesunde und hilfreiche Möglichkeit, der Trauer Raum zu geben. Trifft das Licht des Auferstandenen auf diese Tränen, bricht sich sein Licht in diesen Tränen. Jesaja weiß um den Tod. Er hat sogar den Niedergang und Tod seiner geliebten Stadt Jerusalem vor Augen. Der Tod ist ein furchtbarer Einschnitt im Leben der Zurückgebliebenen. In einem seiner prophetischen Gebete sieht Jesaja im Bild unendliches Leiden, unzählige Tränen, die den Wiesengrund benetzen. Und dann geht doch die Sonne auf. Der Tau der Tränen verwandelt sich in einen Tau der Lichter:
Deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Schatten herausgeben. Jesaja 26,19
Eine von Tau überzogene Wiese in der aufgehenden Morgensonne. Überall funkelt und glitzert es. Wenn du dich bewegst, gerät auch der Tau der Lichter in Bewegung. Keine Kamera kann diese Schönheit und Pracht einfangen. Selbst dein dunkler Schatten wird im Tau der Lichter von einem noch helleren Lichterschein umstrahlt, weil sich das Sonnenlicht in den Tautropfen in allen Farben bricht.
Das ist ein schönes Bild für die Nähe des Auferstandenen, wenn du trauerst oder andere Zeiten unzähliger Tränen durchleidest. Da mag es noch so dunkel in dir sein. Gottes Liebe, Fürsorge und Nähe verwandeln deinen Schatten des Todes in einen Träger funkelnder Schönheit. Es sind nicht die vergossenen Tränen selbst, die funkelnd aufblitzen. Ihre herrliche Strahlkraft bekommen sie allein von der aufgehenden Sonne: Für Jesaja bringt Gottes Kommen Licht und neues Leben mit sich. Erfüllt hat sich diese alte Prophezeiung am Ostermorgen, als Jesus als Erster von den Toten auferstand und uns die Hoffnung schenkte, dass auch wir mit ihm auferstehen werden – durch den Tod hindurch in ein neues, geheiltes,
Autor
Klaus-Peter Lüdke ist Evangelischer Pfarrer in Altensteig und Autor. 2023 schrieb er sein Trauer- und Trostbuch „Ostern neu erzählt, gehofft und gebetet“, erschienen im Manuela-Kinzel-Verlag.
Foto: Frank Michael Seeger
verändertes und von seiner Liebe bestimmtes Leben. Dann wird der von unzähligen Tränen benetzte Boden in einen prachtvoll funkelnden Tau der Freudentränen verwandelt. Deswegen ist der christliche Glaube mit seiner zentralen Auferstehungsbotschaft auch ein heilsamer Schlüssel in unserer Trauer. Das Licht des Auferstandenen bricht sich in unseren Tränen und verwandelt unsere Traurigkeit in Funkeltrost.
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
Deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen.
Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde!
Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Schatten herausgeben.
– Impulse und Erfahrungen
• „Der Tod ist uns sicher, nicht seine Stunde.“ 2 „Geboren werden hat seine Zeit; Sterben hat seine Zeit.“ 3 Jeder stirbt seinen Tod. Jeder muss für sich Abschied nehmen. Jedem schlägt seine Stunde. Im Kontext der christlichen Kirche sind Sterben, Abschied von dem Verstorbenen, Trauer Hinterbliebener und ihre Begleitung allerdings bestimmt und geprägt vom besonderen Kontext jüdisch-christlicher Überlieferungen, wie sie in den Schriften des Alten und Neuen Testaments ihren Ursprung haben und zugleich werden sie getragen und eingebettet in eine kirchliche Gemeinschaft vor Ort. Im lebendigen Zeugnis von Gottes Offenbarung in Jesus Christus hat insofern auch der besondere Trost seinen Ursprung, den die Kirche Jesu Christi spenden kann. Trost ist für Trauernde. Trauer entsteht als „Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person oder einer an ihre Stelle gerückten Abstraktion“ 4 . Eine solche Verlusterfahrung ist insbesondere dort gegeben, wo ein geliebter Mensch verstorben ist oder wo dessen Tod unmittelbar bevorsteht. „Der Mythos der Verlust- und Schmerzfreiheit war für das Fortschrittsversprechen der Moderne prägend. Den Tatsachen entsprach er nie.“ 5 Ein kluger Umgang mit Verlusten verhindert nicht nur Depression, Vereinsamung und Bitterkeit, sondern versucht, im eigentlichen Sinne zu trösten. Trost bleibt gefragt. Der dem deutschen Wort „Trost“ zugrunde liegende indogermanische Wortstamm trau-/tro-/ tru- findet sich in Worten wie trauen, vertrauen, Trauung, Treue, engl. trust und truth. Das Ziel kirchlicher Seelsorge ist es, zu trösten. Dabei wird grundsätzlich der Trost als eine Gabe des Heiligen Geistes erfahren. Darum heißt Seelsorge nach dem Neuen Testament zu Recht Paraklese.6 Trost im Handeln der Kirche geschieht, wo das an Gottes Wort gebundene Wirken des Heiligen Geistes als belebend, aufrichtend, stärkend, ermutigend und richtungsweisend erfahren wird.
Im häuslichen Umfeld, aber auch in Pflegeheimen oder auf Intensivstationen sollten zur Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen über den seelsorgerlichen Beistand im persönlichen Gespräch auch die Krankensalbung nach Jakobus 5 oder die
Feier des Heiligen Abendmahls, verbunden mit einer Aussegnung, angeboten werden, sofern der Sterbende dafür zugänglich und aufnahmefähig ist.
Jakobus 5 sieht ausdrücklich ein dem Salben der Kranken vorausgehendes gegenseitiges Bekennen der Sünden vor. Beim Kelchwort spricht Jesus Christus von seinem zur Vergebung der Sünden vergossenen Blut. Unbedingt sollte darum sowohl der Krankensalbung als auch der Feier des Heiligen Abendmahls eine wenigstens allgemeine Beichte mit anschließender Absolution vorangestellt werden, um die damit verbundene Entlastung des Gewissens und den Frieden für die Seelen erfahrbar werden zu lassen. Wie nah Trösten und Vergeben verbunden sind, verdeutlicht Hiskias Danklied: „Herr, davon lebt man, und allein darin liegt meines Lebens Kraft: Du lässt mich genesen und am Leben bleiben. Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen dass sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück.“ 7
Die kirchliche Bestattung eröffnet zusätzlich in den Gebeten, in der Verkündigung und insbesondere im allgemeinen Abschied von dem Verstorbenen die Möglichkeit dazu, trotz aller Trauer Entlastung und Frieden zu finden, wenn aufgefordert wird: „… Wer ihn (den Verstorbenen) geliebt und geachtet hat, trage diese Liebe und Achtung weiter. Wen er geliebt hat, danke ihm alle Liebe. Wer ihm etwas schuldig geblieben ist an Liebe in Worten und Taten, bitte Gott um Vergebung. Und wem er wehgetan haben sollte, verzeihe ihm, wie Gott uns vergibt, wenn wir ihn darum bitten. So nehmen wir Abschied mit Dank und im Frieden.“ 8 Nirgends kann die Kirche deutlicher als Bergungsort in Erscheinung treten als im Angesicht des Todes. Hier nämlich erweist sich, was auch dann noch trägt, wenn der Boden unter den Füßen wankt. Geradezu zwangsläufig hat sich dann das zu bewähren, was noch hält, wenn sonst nichts mehr hält. Das allein ist wirklich „Trost“. Spätestens in der Liturgie der kirchlichen Bestattung sollte deshalb so klar und unmissverständlich wie möglich deutlich werden: So verabschiedet
die Kirche Jesu Christi ihre Glieder. Gerade der liturgische Kontext eröffnet einen besonderen Raum zur Erfahrung von Gottes Wort. Geprägte Gebete und von Gottes Wort getragene Handlungen entlasten dabei vom Zwang, die Situation eigenmächtig gestalten zu müssen. Insbesondere, wenn die liturgische Ordnung bewährt und eingeübt ist, verbindet sie die Trauergemeinde zur betenden Gemeinschaft. Die Beteiligten werden dadurch zum einen frei von jeglicher Anforderung an sich selbst, zum anderen sind sie befreit für den gemeinsamen Vollzug der gottesdienstlichen Feier.
Eine Liturgie, die diesen Namen verdient, gibt allen Beteiligten Halt. Sie trägt nicht nur durch den Gottesdienst, sondern durch das Leben. Sie „stärkt die Seelen“ und lässt „das Herz fest werden“ (Hebräer 13,9). Darum tröstet die liturgische Feier des Gottesdienstes, insbesondere dort, wo die Verkündigung von Gottes Wort mit einer Krankensalbung oder der Feier des Heiligen Abendmahls verbunden ist.
Wir müssen allerdings darum wissen, was wir im Vollzug der Liturgie tun, um Rechenschaft ablegen zu können über die Hoffnung, die wir haben (1. Petrus 3,15). Nur so kann tatsächlich jene Geborgenheit erfahren und mitgeteilt werden, die Menschen auf der Suche nach Trost von der Kirche zu Recht erwarten dürfen.
Unter Geborgenheit verstehe ich an dieser Stelle die ekklesiologische Dimension dessen, was in der evangelischen Tradition mit dem Begriff der „Gewissheit“ erfasst worden ist, wie sie Paulus in Römer 8,38–39 paradigmatisch bekennt.
Die Zugehörigkeit zur Kirche wird durch die Heilige Taufe konstituiert. Durch die Taufe – so der Apostel Paulus nach Römer 6,3–11 und Titus 3,5–8 – haben alle Getauften realiter Anteil bekommen an dem Geschick Jesu Christi. Sie partizipieren an seiner Geschichte und werden darum als Getaufte von Gott behandelt wie mit Christus Gekreuzigte. Christi Tod gilt vor Gott – realiter – als ihr Tod! Als „mit Christus Gestorbene“ (Römer 6,8) hat für sie bereits ein Sein jenseits des Todes begonnen. Die Getauften leben deshalb nicht mehr nur eigentlich auf ihren Tod zu, sondern im
entscheidenden Sinn von ihrem Tod her. Wenn also der natürliche Mensch „das Leben als das gegenwärtige ansieht, den Tod aber als das noch ausstehende, kommende Ereignis, so bedeutet der Taufglaube die unerhörte, wunderbare Umkehrung dieser Ordnung von Leben und Tod in Jesus Christus“ 9. Für alle Getauften gilt insofern darum: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Korinther 5,17). Weil sich durch das Taufgeschehen Jesus Christus mit den Täuflingen verbunden hat – und eben damit die Getauften mit sich selbst verbindet –, deshalb vollzieht sich in der Taufe die Heraufführung des neuen, mit Gott versöhnten und durch das Todesgericht hindurch zum Leben gekommenen Menschen.
Ist der Sterbende oder schon Verstorbene getauft, muss das dieser Person in der Taufe gewährte und zugesprochene Leben unbedingt ernstgenommen werden. Weil und insofern auch die Angehörigen getauft sind, lassen sie sich an die durch die Taufe geschaffene Gemeinschaft mit dem Verstorbenen erinnern. Die Tauferinnerung ermöglicht es den Trauernden, ihre Trauer im Glauben als als eine von christlicher Hoffnung getragene Trauer zu durchleiden, die darum weiß, dass sie getröstet werden wird (1. Thessalonicher 4,13; Römer 12,15; Matthäus 5,4).
Dabei leidet gerade die christliche Trauer oft nicht weniger unter dem Verlustschmerz, manchmal sogar noch weit mehr, nämlich dann, wenn der Verstorbene in bewusster Abkehr von Jesus Christus und seiner Kirche gestorben ist. Auch Christen dürfen und können in ihrer Trauer vor Schmerz außer sich geraten – aber ganz außer sich dürfen sie sich geborgen wissen im Anderen, der die Gemeinschaft der Heiligen repräsentiert. Denn dort, in diesem Anderen, begegnet der Trauernde dem in der christlichen Gemeinde gegenwärtigen Parakleten.
Die an die Taufe erinnernde Bestattungsfeier nimmt den Tod als überwundenen Tod ernst. Allerdings kann ein völlig einseitig betonter österlicher Charakter des Todes durchaus zur „Behinderung der Trauer“ 10 führen, wenn das Osterevangelium als gesellschaftliche oder religiöse Norm missverstanden wird, die das Trauern unterbindet oder
die Realität des Todes nicht anzuerkennen erlaubt. Der trauernde Christ weiß sich demselben Geschick unterworfen, das die vor ihm verstorbenen Christen bereits ereilt hat: „Was ihr seid, sind wir gewesen. Was wir sind, werdet ihr sein.“ Doch erkennt er den gnädigen Gott auch in demjenigen, der ihn dem Todesgericht unterwirft und über ihn den Tod verhängt hat.
Trösten bedeutet an dieser Stelle, das Ringen um diese Erkenntnis aufzunehmen und durchzustehen. Trösten ist insofern Kampfgeschehen gegen die unleugbar vorfindliche Todeswirklichkeit für das noch unsichtbare, aber dennoch in der Taufe durch den Glauben bereits mitgeteilte neue Leben. Weil gerade angesichts des Verstorbenen dieses neue Leben gänzlich unterzugehen droht, hat es die Kirche besonders eindringlich anzusagen. Darum will und muss die Trauerbegleitung im kirchengemeindlichen Kontext an das Leben erinnern, das Gott in Christus am Kreuz für die Welt erwarb und in der Heiligen Taufe den Menschen persönlich zuspricht.
Fußnoten
1 Bearbeiteter Auszug aus meinem vergriffenen Buch „Die Aussegnung Verstorbener. Liturgische Feier unter seelsorgerlichem Aspekt“, Stuttgart 1999. Dort finden sich auch weitere Literaturhinweise.
2 Lateinische Phrase auf der Leipziger Rathausuhr: mors certa hora incerta.
3 Prediger 3,2a.
4 Sigmund Freud, zit. bei Spiegel, Yorick (1973): Der Prozess des Trauerns. Analyse und Beratung. München/Mainz. S. 11.
5 Reckwitz, Andreas (28. Mai 2024): Was heißt hier Fortschritt? in: DIE ZEIT, Nr. 24/2024. S. 8.
6 Der Heilige Geist als Paraklet, vgl. Johannes 14,16.26; 15,26; 16,7; 1. Johannes 2,1.
7 Jesaja 38,16–17 nach der Übersetzung Martin Luthers rev. 2017.
8 Kirchenleitung der Vereinigten EvangelischLutherischen Kirche (1996): Agende für evangelischlutherische Kirchen und Gemeinden, III.5. Die Bestattung. Hannover.
9 Iwand, Hans-Joachim & Trillhaas, W. (Hrsg.) (1961): Glaubensgerechtigkeit. Lutherstudien. München.
10 Spiegel, Yorick: ebd., S. 81.
Autor
Ernst Nestele ist Pfarrer in Winterlingen im Zollernalbkreis. Er studierte nach einem medizinischen Grundstudium Evangelische Theologie in Tübingen und absolvierte ein Volontariat bei ZEDKAH in Galiläa. Er ist verheiratet mit Maria, Vater von vier Kindern und Großvater von vier Enkelkindern.
Darum will und muss die Trauerbegleitung im kirchengemeindlichen Kontext an das Leben erinnern, das Gott in Christus am Kreuz für die Welt erwarb und in der Heiligen Taufe den Menschen persönlich zuspricht.
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
• Plötzlicher Todesfall
Verstirbt ein Angehöriger, ein guter Bekannter oder ein Arbeitskollege plötzlich, besteht bei vielen Menschen die Gefahr, selbst in eine existentielle Krise zu geraten. Dies ist zunächst unabhängig davon, ob es sich um einen natürlichen Tod, einen Unfall, einen Suizid oder eine Gewalttat handelt.
Wenn Menschen in dieser Situation anwesend sind oder als erste hinzukommen, funktionieren sie in der Regel, beginnen mit Wiederbelebungsmaßnahmen und setzen einen Notruf ab. Gleichzeitig ist diese Situation jedoch als extrem belastend und potentiell traumatisierend zu bezeichnen. Dasselbe Risiko einer potentiellen Traumatisierung besteht auch im Falle einer unsensiblen Benachrichtigung von Betroffenen über ein solches dramatisches Ereignis. Es gibt jedoch auch viele Menschen, die im ersten Moment wie gelähmt und total schockiert sind, vielleicht erstarren sie oder aber es kommt zu einem emotionalen Ausbruch und sie brechen schreiend in sich zusammen. Wieder andere versuchen in dieser Situation alles zu rationalisieren, was auf Außenstehende absurd wirken kann. In einer solchen extremen Ausnahmesituation kann zunächst jegliches Verhalten auftreten. Es sind Impulse unserer Psyche, um auf das Unvorstellbare zu reagieren.
Die Psyche eines Menschen kann ein solches tragisches Ereignis nicht sofort zulassen und deshalb benötigen die Betroffenen oftmals Stunden, um ein tragisches Ereignis in seiner Endgültigkeit zu verstehen. Entsprechend ist es wichtig und hilfreich, dass die Betroffenen die Möglichkeit haben, sich direkt und persönlich davon zu überzeugen, dass die Person verstorben ist. In der Praxis sieht dies so aus, dass die Menschen immer
wieder zu den Verstorbenen gehen, diese berühren und ansprechen. Oftmals wird das Versterben realisiert, sobald die Körper der Verstorbenen langsam erkalten. Hier handelt es sich um ein „Begreifen“ im wahrsten Sinne des Wortes. Durch Berührung des Körpers wird realisiert, dass sich der Körper langsam verändert und alles Lebendige langsam aus ihm schwindet.
Wird der Tod realisiert, sind viele Angehörige stark verunsichert, weil sie nicht wissen, welche Schritte nun folgen sollten. Dies hängt damit zusammen, dass heutzutage das Sterben in Deutschland vor allem in Kliniken, Pflegeheimen und Hospizen stattfindet. Leider hat die gesellschaftliche Veränderung dazu geführt, dass wichtiges Basiswissen im Umgang mit dem Tod nicht mehr vorhanden ist.
Dies beginnt damit, dass bei plötzlichen Todesfällen der hinzugerufene Notarzt nur eine vorläufige Todesbescheinigung ausstellen darf und ein zweiter Arzt nach frühestens drei bis vier Stunden die endgültige Todesbescheinigung ausfüllen muss. Erst nach der endgültigen Todesbescheinigung darf das Bestattungsinstitut – und in Deutschland nur das Bestattungsinstitut – den Leichnam mitnehmen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Angehörigen die Verstorbenen noch über Stunden oder Tage zu Hause aufbahren, um sich angemessen verabschieden zu können, sollte dies gewünscht sein. Wie lange genau ein Verstorbener in der Wohnung verbleiben darf, ist im Bestattungsgesetz auf Landesebene festgelegt. Dieser Vorgang wird erschwert, wenn der Notarzt sich nicht sicher ist, dass es sich um einen natürlichen Tod handelt. Dann muss er dies in der Todesbescheinigung feststellen und die Polizei hinzuziehen. In diesem Falle
Leider hat die gesellschaftliche Veränderung dazu geführt, dass wichtiges Basiswissen im Umgang mit dem Tod nicht mehr vorhanden ist.
wird der Leichnam dann durch die Polizei zunächst beschlagnahmt und die Staatsanwaltschaft entscheidet binnen zwei bis vier Tagen, ob der Verstorbene freigegeben wird oder es weitere Ermittlungen gibt. In diesen Fällen kann erst nach der Freigabe die Verabschiedung stattfinden. Dies erschwert die Verabschiedung vom Verstorbenen und den Beginn der Trauerarbeit.
Hinzu kommen eine Vielzahl von Fragen, die in den ersten Tagen von Angehörigen beantwortet werden müssen: Wie soll der Verstorbene bestattet werden? In welchem Rahmen soll die Abschiedsfeier stattfinden?
In diesem Kontext ist es hilfreich, wenn sich Menschen schon zu Lebzeiten mit diesen unliebsamen Themen beschäftigt und diese Fragen für sich geklärt haben, dann ist im Todesfalle schon vieles geklärt.
Auch bezüglich der Trauer und Verabschiedung bestehen oftmals Unsicherheiten. Ab welchem Alter und in welcher Form können etwa Kinder und Jugendliche mit dem Tod konfrontiert oder im positiven Sinne in die Verabschiedung mit einbezogen werden?
Nach den ersten Stunden legt sich der Schock, man begreift langsam die Dramatik und Endgültigkeit des Todes und die Schockphase geht in die nächste Trauerphase über.
Krisenintervention –
Was für Menschen in den ersten Stunden hilfreich ist Menschen reißt es in solchen Situationen den sprichwörtlichen Boden unter den Füßen weg. Sie sind seelisch, psychisch und teilweise körperlich überfordert, schockiert und im Kopf herrscht in den ersten Momenten Chaos.
Sie sind an dieser Stelle meist derart überwältigt, dass bereits die Frage überfordert, ob sie Hilfe benötigen. Viele verneinen diese Frage aus Unkenntnis und Scham, bedauern dies jedoch später oftmals. Aus fachlicher Sicht benötigen die meisten Menschen an dieser Stelle Hilfe und Unterstützung. Aus der Krisen- und Traumaforschung ist bekannt, dass für Menschen in der Chaosphase ein sicherer (Rückzugs-)Ort, sichere Beziehungen, klare Strukturen und Rituale hilfreich sind; nicht zuletzt ist es wichtig,
die Menschen in dieser Zeit angemessen zu beteiligen.
Interessanterweise werden bzw. wurden diese Unterstützungsmaßnahmen in den meisten Gesellschaften und Kulturen über Jahrtausende per se von Menschen praktiziert. Wenn jemand plötzlich verstirbt, kommen sofort Familienmitglieder, Nachbarn oder Gemeindemitglieder zur Unterstützung und gemeinsamen Trauer zusammen. Das soziale Umfeld baut um die Trauernden auch einen sozialen Schutzraum auf und organisiert gegebenenfalls die Betreuung und die Versorgung mit Essen und Getränken; parallel dazu werden in den meisten Kulturen der Priester, Imam, Rabbiner, Schamane oder andere geistliche Oberhäupter hinzugerufen, welche sich dann um Spiritualität und Rituale kümmern, was wiederum den Betroffenen Sicherheit und Halt gibt. Der einzige Punkt, der in diesem Kontext manchmal zu kurz kommt, ist die angemessene Beteiligung der primär Betroffenen; oftmals werden die Betroffenen vom Umfeld aus vermeintlich falschem Verständnis von Schutz nicht angemessen beteiligt, was sich dann belastend auf den Trauerprozess auswirken kann. So wird beispielsweise ein verstorbenes Kleinkind schnell aus dem Haus gebracht, ohne dass die Kindesmutter sich verabschieden kann. Dies geschieht aus der Vorstellung der Familie heraus, dass die Verabschiedung für die Mutter zu schmerzhaft wäre. Aber an dieser Stelle muss nochmals betont werden, wie wichtig die Verabschiedung im Sinne des Begreifens und Realisierens für die direkt Beteiligten ist.
Leider hat in Deutschland die gesellschaftliche Veränderung dazu geführt, dass die gesellschaftlich gewachsenen, tragenden Strukturen nach und nach wegfallen. Es gibt kaum noch Großfamilien mit drei oder vier Generationen, oftmals leben Kinder weit entfernt von den Eltern, Singlehaushalte nehmen zu, parallel dazu brechen soziale Strukturen wie dörfliche Gemeinschaft oder verantwortungsvolle Nachbarschaft weg. Nicht zuletzt gibt es immer weniger Menschen, welche in tragenden religiösen und/oder spirituellen Gemeinschaften eingebunden sind.
Parallel dazu findet, wie bereits erwähnt,
das Sterben in Deutschland fast ausschließlich in Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder Hospizen statt, so dass auch Basiswissen im Umgang mit Sterben und Tod vielfach nicht mehr vorhanden ist.
Dies bedeutet im Kontext eines plötzlichen Sterbefalls in unserer Gesellschaft, dass zur eigentlichen Tragödie erschwerend hinzu kommt, dass Menschen in solchen Situationen oftmals alleine und aufgrund fehlenden Wissens, was, wann und wie gemacht werden sollte, maßlos überfordert sind.
Psychosoziale
Notfallversorgung (PSNV) –Notfallseelsorge, Notfallnachsorge, Kriseninterventionsteams
Seit Mitte der 1990er Jahre entstand in Deutschland aufgrund der beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklungen das Netzwerk der Psychosozialen Notfallversorgung. Es hat sich zwischenzeitlich flächendeckend in Deutschland ausgebreitet, so dass in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ein entsprechender Dienst oder auch mehrere Dienste unterschiedlicher Träger zur Verfügung stehen. Diese Dienste sind entweder über die Kirchen organisiert und strukturiert als Notfallseelsorge oder über die großen Rettungsorganisationen von DRK, MHD, Johannitern oder anderen als Notfallnachsorgeteams, Kriseninterventionsteams oder ähnlichem. Jeder Landkreis ist hier individuell strukturiert.
Grundsätzlich wird dieser Dienst in ganz Deutschland ehrenamtlich organisiert. Leider ist es bisher noch nicht bundesweit gelungen, Rahmenbedingungen zu Voraussetzungen zur ehrenamtlichen Mitarbeit und verpflichtende Ausbildungsstandards umzusetzen, was dazu führt, dass es in der Praxis zu unterschiedlichen qualitativen Ausrichtungen der Ehrenamtlichen kommen kann.
Es wird jedoch deutlich, dass es hier nicht nur darum gehen kann, dass jemand „gut zuhören“ kann. Die ehrenamtlich Tätigen sollten ein versiertes Wissen rund um die Themen Sterben und Tod und den Umgang mit traumatisierenden Ereignissen im Kontext von Sterben und Tod besitzen. Sie sollten verwaltungs- und formalrechtliche Abläufe im
Kontext von Sterben und Tod kennen. Des Weiteren sind ein umfangreiches Grundwissen über Trauerarbeit und spezifische Trauerprozesse beispielsweise im Kontext von Suizid ebenso wichtig wie ein Basiswissen über Umgang mit Trauer und Tod bei Kindern und Jugendlichen. Nicht zuletzt sollten die Mitarbeitenden selbst in ihrer Persönlichkeit gereift sein, über ein umfangreiches Repertoire an Stressmanagementtechniken, eine gute Work-Life-Balance und ein soziales Netzwerk verfügen und sich selbst in einer stabilen Lebensphase befinden. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die meisten Menschen, wenn sie mit einem plötzlichen Todesfall konfrontiert werden, in der akuten Phase Unterstützung benötigen. Wenn diese Unterstützung nicht durch Familie und/oder Freunde gewährleistet werden kann, kann jederzeit überall in Deutschland über die Rettungsleitstelle (112) kostenlos eine professionelle psychosoziale Notfallversorgung angefordert werden. Dies ist ein Dienst von enormer Wichtigkeit, um Menschen in der ersten Phase einer solchen Tragödie den Übergang von der Schockphase zum Beginn einer gelingenden Trauerarbeit zu erleichtern.
Literatur
• Institut für Theologische und Pastorale Fortbildung in Freising (2013): Wo Worte ihre Grenzen finden. Einsatzort Notfall-Seelsorge. Ostfildern: Grünewald Verlag.
• Nikendei, Alexander (2017): Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV). Praxisbuch Krisenintervention, 2. Auflage. Edewecht: Stumpf+Kossendey Verlag.
Autor
Winni Fritz ist DiplomSozialpädagoge (BA), Krankenpfleger, Notfallseelsorger, Systemischer Einzel-, Paar- und Familientherapeut (DGSF), Fachberater für Psychotraumatologie (DIPT) und Trauerpädagoge (BVT).
• Tarnow, Barbara; Gladisch, Katarina (2007): Seele in Not. Notfall-Seelsorge als Hilfe in Grenzsituationen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
Dies ist ein Dienst von enormer Wichtigkeit, um Menschen in der ersten Phase einer solchen Tragödie den Übergang von der Schockphase zum Beginn einer gelingenden Trauerarbeit zu erleichtern.
Von Birgit Kesting
• Was erleben Kinder, die mit einem Todesfall konfrontiert sind? Was geschieht mit ihnen, wenn sie sich überraschend mit der Endgültigkeit des Todes auseinandersetzen müssen? Entsprechend ihres Alters ist ihr Todeskonzept noch nicht vollständig ausgeprägt und sie fragen vielleicht: „Fällt Opa aus der Wolke, wenn es regnet?“ Dieser Artikel gibt einen Einblick in das Denken und Fühlen von Kindern in der Auseinandersetzung mit einem Todesfall sowie Impulse dazu, wie Kinder durch die Begleitung Erwachsener getröstet werden und wieder in die Realität des Alltags zurückfinden können.
Gedanklich möchte ich Sie zunächst in einen Einsatz, den ich als Notfallseelsorgerin durchgeführt habe, mitnehmen. In der Mittagszeit wurde ich an eine Grundschule gerufen, in der die Integrationskraft einer Schülerin am Ende einer Sportstunde verstarb.
Vor den Augen der Kinder rutschte diese an einer Wand, an die sie sich gelehnt hatte, runter auf den Boden. Hier wurde sie erfolglos reanimiert, was einige Kinder miterlebten. An diesem Tag verbrachte ich viele Stunden in der Schule und führte Gespräche mit Schüler:innen, deren Eltern und Lehrkräften.
Am darauffolgenden Tag war ich erneut vor Ort, um mit Schülerinnen und Schüler der Klasse, in der die Verstorbene tätig gewesen war, in Gruppen- und Einzelgesprächen zu reflektieren und zu realisieren, was geschehen war; dies war oberstes Ziel. Darüber hinaus galt es, gemeinsam Wege für den Umgang mit dem für die Kinder noch Unfassbaren zu suchen, zu finden und erste Schritte umzusetzen.
Im Gespräch mit einer Kleingruppe von vier Kindern im Alter von sechs Jahren sagte mir ein scheinbar vom Tod der Inklusionskraft unberührter Junge, dass Frau H. nicht
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
gestorben, sondern es ihr nur schlecht gegangen sei. „Wenn jemand stirbt, dann sieht das ganz anders aus. Dann schlägt man nach hinten rüber und der Körper bricht zusammen.“ Dies war die Aussage eines der Kinder, das das gesamte Geschehen und auch die erfolglose Reanimation miterlebt hatte. Was hat sich hier ereignet? Ein Kind erlebt das Versterben eines Menschen, hört von anderen, dass der Tod eingetreten ist, und realisiert dies in keiner Weise.
Hier begegnete ich Schülern im Alter von sechs Jahren, deren Todeskonzept noch nicht realistisch ausgebildet war, je nach Entwicklungsstand erfolgt dies erst ab ca. elf Jahren. Ich konnte davon ausgehen, dass erst ein erstes Verstehen, eine erste Ahnung von Endgültigkeit bei den Kindern gegeben war und auch der Glaube, dass der Verstorbene schlafe und jeden Moment wieder aufwachen kann, vorherrschte. Dazu passte auch die Aussage des beschriebenen Jungen. Ferner lässt sich vermuten, dass seine bisherigen Erfahrungen mit dem Tod ausschließlich durch digitale Medien geprägt waren. Dies entnahm ich seiner Schilderung vom Versterben.
Orientierung hierzu geben die groben schematischen Angaben (nach Karutz, Notfälle in Schulen 2010)
Im reflektierenden Gespräch zu dem Geschehen am Vortag rückten wir den Tod der Integrationskraft nochmals ins Bewusstsein. Äußerungen wie „Frau H. ist von uns gegangen,“ oder „Frau H. ist auf eine lange Reise gegangen,“ wurden bewusst unterlassen. Stattdessen kam die klare Aussage: Frau H. ist gestorben, sie ist tot. Nachdem die Kinder selbst berichteten, dass auch der Arzt den Tod festgestellt hatte, fand diese Aussage bei ihnen Akzeptanz, denn ein Arzt stellt für sie eine vertrauensvolle Autorität dar. Dieses sicher nicht einfache Gespräch war notwendig, um den Kindern die Möglichkeit der Trauer und ihrer Auseinandersetzung mit ihr zu geben.
Für die Verarbeitung eines Todesfalles ist es wichtig, zunächst mit den Kindern das Konzept zu erarbeiten, dass das Leben hier
0–3 Jahre
Irreversibilität des Todes nicht erkannt.
Universalität des Todes nicht erkannt.
Alle Körperfunktionen enden nicht verstehbar.
Kausalität des Todes als Folge unterschiedlicher Ursachen nicht erkennbar / Unvorhersehbarkeit schwer akzeptabel.
Unabwendbarkeit nicht erkennbar.
Tod ist Trennung und lässt verzweifeln, Sprache fehlt als Ausdrucksmittel, Trauer kann nicht in Worte gefasst werden.
Erstes Verstehen der Endgültigkeit und Universalität.
Aber auch Glaube, der Verstorbene schlafe und könne aufwachen.
Dem Toten könne im Sarg langweilig werden.
Magisches Denken – der Opa passt im Himmel auf mich auf, daher kann mir nichts passieren.
Oft noch keine Einsicht, dass auch sie selbst sterben könnten.
Ende der Körperfunktionen und Kausalität eher nicht.
7–11 Jahre
Volles Verständnis bis auf Kausalität.
Tod wird häufig personifiziert (Skelett, Sensenmann, Geist).
Teils gesteigertes Interesse, aber auch stärkere Angst.
Oft noch die Annahme, dass nur sehr alte oder sehr böse Menschen sterben.
Das natürliche Lebensende können sie besser verstehen als Unfall oder Erkrankung.
auf der Erde – wie ein Buch – einen Anfang und ein Ende hat. Dies ist den Kindern entsprechend ihres Alters oftmals nicht bewusst oder präsent (siehe Abb. 1). Besteht dieses Verständnis, können die Kinder besser ihre Trauer verstehen und erleben.
Anschließend wendete sich das Gespräch schnell und die Frage stand im Raum: „Und wo ist Frau H. jetzt?“ Hier war nicht die
Ab 11 Jahre
Verständnis i. d. R. voll entwickelt.
Der Tod ist unvorhersehbar, unabwendbar, irreversibel und allgemeingültig.
Auseinandersetzung mit Sinnfragen und religiösen Vorstellungen eines Lebens nach dem Tod bis hin zu Faszination für Totenkulte oder Jenseitiges.
Jugendliche
Zunehmende Auseinandersetzung mit den Themen Leben und Tod.
Bewusstsein um Prozesse des Sterbens, Schmerzen, Belastungen, die Zeit danach.
Phase der Coolness, weniger der Emotionen, daher oft Schwierigkeiten, die eigenen Gefühle auszudrücken (fühlen sich irgendwie anders, unwohl, ruhelos).
Nehmen Unterschiedlichkeit ihrer Gefühle (Trauer, Schuld, Wut, Erleichterung) differenzierter wahr.
Teils erhebliche Veränderungen im Erscheinungsbild, im Verhalten (auch Substanzmissbrauch), Veränderung von Gewohnheiten und Interessen, sozialer Rückzug oder Konzentration auf Peers, Angst vor Trauerzwang und übergestülpten Ritualen (während Kinder es eher als Hilfestellung erleben können).
Frage nach der Aufbewahrung des Körpers gemeint, sondern vielmehr, was nach dem Tod oder ob etwas nach dem Tod kommt.
An dieser Stelle war es mir möglich, mit den Kindern in kindgerechter Sprache über meine christliche Vorstellung nach dem Tod zu reden und die Nähe Gottes als tröstlich zu erklären.
Umgang mit Trauerreaktionen bei Kindern
Erwachsene möchten Kinder oftmals vor dem Themenfeld Sterben und Tod schützen, obwohl dies nach Meinungen von Experten nicht richtig ist. Stattdessen sollten wir uns in einem offenen Umgang den Fragen der Kinder stellen und ihnen entwicklungsentsprechende Antworten geben.
In der Begegnung mit dem Tod reagieren Kinder gemäß ihres Entwicklungstandes anders als Erwachsene, da sie andere kognitive Fähigkeiten besitzen. Sie bringen ihre Trauer beispielsweise spielerisch, kreativ gestaltend oder nonverbal zum Ausdruck. Hier ist es wichtig, sich ganz auf das Kind einzustellen und sich an ihm zu orientieren. Es zeigt uns durch sein Verhalten, wann und wie es den Trauerprozess durchlaufen oder beiseitelegen will.
Das Schaubild zeigt einzelne Trauerphasen bei Kindern auf, die so oder auch in völlig geänderter Reihenfolge durchlaufen werden können.
Es ist hilfreich, Kinder von Anfang an ihre Trauer leben zu lassen. Nicht nur der Tod ist Anlass zur Trauer, sondern bei Kindern sind es schon erste kleine Verluste. Das können sein der Verlust eines Kuscheltieres, die Trennung von den Eltern beim Besuch des Kindergartens, der Abschied von der Kindergartengruppe beim Wechsel in die Schule oder der Verlust von Freund:innen nach einem Streit oder Umzug.
Der Umgang mit all diesen Abschieden stärkt Kinder in ihrer Resilienz und hilft ihnen, später auch mit großen Abschieden und der damit verbundenen Trauer umzugehen.
Trauer braucht Zeit
Trauer braucht Zeit und Rituale helfen in der Auseinandersetzung mit dem Geschehenen und bei der Neuordnung in der Umwelt des Kindes.
Kommen wir zurück zu meinem Einsatz in der Schule. Nachdem bei den Kindern die Akzeptanz zum Tod der Inklusionskraft vorhanden war, konnten sie ihrer Trauer
in Sprüngen, Wiederholungen mit großen Schwankungen
Regression
Anpassung
• Schrittweise Annäherung ans Leben
• Neuorientierung in einer veränderten Welt
• Konzentrationsschwierigkeiten
• Flucht in eine Traumwelt
• Nicht groß werden wollen
• Zu schnelles Reifen bei Verantwortungsübernahme
• Bettnässen, Rückgriff auf (klein-)kindhaftes Verhalten
• Selbst zu sterben
• Dass eine Bezugsperson stirbt
Schuldgefühle
Trauerreaktionen
• Verknüpfung mit eigenem Verhalten
• Wegen vorangegangener Streitigkeiten, Konflikte
• Selbst zu leben im Vergleich zum Verstorbenen
• Wegen geschwisterlicher Todeswünsche
durch Tränen, Schimpfen, Schweigen und Sich-Abwenden Ausdruck verleihen. Diese Trauerreaktionen gemeinsam auszuhalten, da zu sein, ist sicher nicht einfach, aber unbedingt notwendig. Keinesfalls sollte die Tragik der Situation und die Trauer der Kinder bagatellisiert werden mit Sätzen wie: „Bald ist alles wieder gut.“
Vielmehr sind Kinder auf Erwachsene und deren Beistand, in dem sie ernst genommen werden und liebevolle Zuwendung bekommen, angewiesen. Sie leben in der Gegenwart und brauchen Zeit für ihre Trauerreaktionen.
Die Schüler selbst signalisierten nach geraumer Zeit durch Fragen wie: „Was können wir tun? Was geschieht jetzt mit Frau H.?“, dass sie ihre Trauer in Handlungen umsetzen wollten.
Wir überlegten gemeinsam, was helfen kann, damit Frau H. nicht vergessen wird, und was tröstet, wenn man einen Menschen sehr vermisst. Das hatte zur Folge, dass einige Kinder einen Gedenktisch mit einem Gruppenfoto von sich und der Verstorbenen aufstellten, Blumen, bemalte Steine und Kerzen wurden dazugestellt. Andere Kinder malten Bilder
(=Betäubung)
Symptome
• Je unerwarteter, umso größer
• So tun, als wäre nichts geschehen (leugnen)
• Aufgedreht und überdreht oder kaum ansprechbar
• Schlafprobleme
• Müdigkeit
• Kopf- und Bauchschmerzen
• Fieber
• Appetitlosigkeit
• Löst oft Schock ab
• Protest gegen Wirklichkeit des Todes
• Schuldzuweisungen auf Verstorbenen, der einen im Stich lässt
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
von Situationen, die sie mit der Verstorbenen erlebt hatten und auf einigen der Bilder war ein Regenbogen zu entdecken. Wir Christen sehen darin ein Zeichen der Hoffnung und des ewigen Bundes mit Gott1 und es stellt sich die Frage, ob in den Kindern eine Ahnung von der Symbolik und eine Hoffnung, vielleicht sogar ein Wissen über den Trost Gottes in ihrer Situation besteht. Sicher bietet ein solches Zeichen einen willkommenen Gesprächsanlass.
Bei all den Handlungen des Abschiednehmens von der Verstorbenen war es wichtig zu reden, schöne und heilende Erinnerungen von gemeinsam Erlebtem wachzurufen und darin auch Trost zu finden.
In der Notfallseelsorge haben wir in unserem Notfallkoffer unter anderem Teddybären, die die gleiche Uniform tragen wie wir. Einen solchen Bären hatte ich mit in den Einsatz genommen und stellte ihn als meinen Kollegen vor. Dieser Kollege würde nach meinem Weggehen in der Klasse bleiben, so versicherte ich, und er sei mit seinen zwei Ohren ein guter Zuhörer, dem die Kinder auch noch in den nächsten Tagen und Wochen erzählen können, was sie traurig macht.
Ganz wichtig war an dieser Stelle aber auch der Hinweis an die Kinder, dass sie nun nicht ständig traurig sein werden, sondern vielleicht schon in der nächsten Pause viel Spaß mit ihren Freunden haben werden, sich freuen können und dass das auch ganz in Ordnung und wichtig ist. Die Kinder sollten ihre Trauerreaktionen verstehen, darauf vorbereitet sein und kein schlechtes Gewissen bei aufkommender Freude haben. Mein Kollege ist heute, nach zwei Jahren immer noch in der Klasse und übt dort seinen Dienst als Notfallseelsorger in allen Lebenslagen aus.
Fußnote 1 1. Mose 9, 12–13
Literatur
• Karutz, H. (2010): Notfälle in Schulen.
• Schulpsychologie Tirol © Herzinger (08.04.2006): Trauerreaktionen-Kinder.mmap.
Autor
Birgit Kesting war Leiterin einer Offenen Ganztagsschule im Primarbereich. Sie ist ehrenamtlich im Ambulanten Hospiz- und Palliativ-Dienst Lippe als Familienbegleiterin für Familien von Kindern mit lebensverkürzenden Krankheiten und in der Notfallseelsorge der Lippischen Landeskirche tätig. Sie ist Kursleiterin für „Letzte Hilfe für Kids und Teens“-Kurse.
Von Rainer Oberbillig
• In ihrem Buch „Über die Vergänglichkeit – eine Philosophie des Abschieds“1 weist Ina Schmidt auf die zeitliche Begrenzung jeden Augenblicks des Lebens hin. Schon im Klappentext lesen wir: „Alles, was wir anfangen, geht seinem Ende entgegen; vom Moment der Geburt an ist der Mensch Abschieden ausgesetzt. Ein souveräner Umgang mit dieser existenziellen Erfahrung kann uns helfen, Vergänglichkeit als Teil des Lebens anzuerkennen.“
Ich werde hier erinnert an die Weisheit
Salomos, im Biblischen Buch Kohelet (Ekklesiastes oder Prediger 2), wo es heißt: „Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit. Eine Zeit für die Geburt und eine Zeit für das Sterben … Eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen … Eine Zeit, sich zu umarmen, und eine Zeit, sich zu trennen.“
Oft gelingt es uns nicht, das Tröstliche hier herauszulesen: Nichts im Leben bleibt, wie es ist. Das konnotieren wir schnell negativ, denken an die Vergänglichkeit schöner
Stunden, an das Abschiednehmen. Wir verbinden dann mit Abschieden eher dunkle und traurige Stunden voller Schmerz und Verlustangst. Dabei ist die Botschaft des biblischen Wortes: Der Schmerz ist begrenzt. Was niedergerissen wurde, wird wieder aufgebaut werden können; was zerrissen wurde, kann ‚zusammengenäht‘ werden. „Dazu gibt es auch Abschiede, die uns leichtfallen, die das Leben wirklich erleichtern, eine Last von uns nehmen und überfällig waren, um weiterziehen zu können“ (Schmidt).
de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
Abschied nehmen ist also einerseits ambivalent, etwa lieb gewordene Vorstellungen oder das Festhalten an einem Lebensentwurf aufzugeben; andererseits ist es eine selbstbestimmte Handlung, eine Entscheidung ‚in die Hand nehmen‘, Altes zu verlassen und sich auf Neues einzulassen. In einem Andachtsbuch3 fand ich folgende kontemplative Anmerkungen zu unserem Thema, ausgehend von der paulinischen Theologie (im Römerbrief 8,1). „Keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind“: „Das Evangelium provoziert das Einfachste und Schwerste zugleich: die Akzeptanz des Lehrstücks Leben. Es sagt: Hör auf, dich selbst zu beweisen… Sich der vollkommenen Akzeptanz (Gottes) auszuliefern, das ist die Kunst, sich auf eine heilsame Weise dem Leben zu überlassen. Oder wie Meister Eckart sagte: ‚Lass dich! Und lass dich Gott.‘ Auch auf dem Schmerz soll Gott sich niederlassen. Diese Wachstumsschmerzen sind die Würde des Stückwerks Leben.“
Ein wenig erinnert diese Kontemplation an die Existenzanalyse nach Viktor Frankl, der von der „Trotzmacht des Geistes“ sprach. Nach ihm stellt das Leben selbst die Fragen an den Menschen, der Mensch im existenzanalytischen Verständnis ist also ein vom Leben Befragter, nicht umgekehrt ein zum ansprüchlichen Fragen Berechtigter. Er soll dem Leben gegenüber Antworten geben, konkrete Antworten auf konkrete Lebensfragen; er hat sein Leben zu verantworten. Hier wird die Gestaltungsmöglichkeit zum Leben als Freiheit verstanden, auch angesichts schwerwiegender Lebensanfragen (wie traumatischen Erfahrungen) eine konkrete Antwort darauf zu finden, einen persönlichen Sinn zu kreieren. Kommt der Glaube in Krisen, sind wir dann eher bereit da hindurchzugehen im Vertrauen auf die Sinnhaftigkeit der Lebensanfragen. „Es ist die rettende Entscheidung, im Glauben, in der Ehrfurcht, in der Hoffnung dem Leben zu trotzen, wenn es uns unfreundlich und jeder Erklärung entzogen erscheint … Wir bestehen nicht, weil wir Antworten haben, sondern weil wir aushalten, dass wir keine haben“ (Schleske). In der Bibel (Brief an die Hebräer) finden wir zur allgemeinen
Antwortsuche die Ermahnung „Werft euer Vertrauen, eure Zuversicht nicht weg! Es wird reich belohnt werden. Was ihr jetzt braucht, ist Geduld“. „Trotzmacht des Geistes“ entsteht aus christlicher Sicht nicht von allein, sondern Gott selbst hat uns einen Geist gegeben, nicht der Feigheit oder Furchtsamkeit, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Dies ermöglicht es uns, im Namen Gottes Ruhe zu finden, in der Gewissheit, Gott ist gegenwärtig und spricht uns zu „Ich bin da“. Zu gegebener Zeit werde ich dann das Leben zurückerobern können, wenn ich entsprechend eine Antwort gefunden habe. Mit den folgenden Illustrationen aus meiner psychotherapeutischen Praxis zu den herben Anfragen des Lebens möchte ich die Notwendigkeit von Abschied und Neuanfang unterstreichen.
„Hab’ nur Mut, du schaffst das schon“…
In einer kleinen Therapiegruppe äußerte eine Teilnehmerin mit chronischer Depressivität, dass sie über den Tod ihres Ehepartners einfach nicht hinwegkommen könne. Sie spreche mit ihm, ohne dabei Trost empfinden zu können, wenn sie sich in ihrem gemeinsamen Haus allein fühle. Das Haus habe sie bislang unverändert gelassen, bei den Gruppenteilnehmern entstand hier der Eindruck von einem Museum. Aus der Vorgeschichte wurde deutlich, dass sie auch andere Verluste (Vater, erster Ehepartner, Mutter) immer schwer habe überwinden können. In den Gesprächen in der Gruppe wurde sie gefragt, was denn ihr verstorbener Mann ihr raten würde. Da erinnerte sie sich, dass dieser ihr immer zugesprochen habe: „Hab’ nur Mut, du schaffst das schon“, wenn sie Trost brauchte; sein Optimismus und lebensbejahende Art sei ansteckend gewesen. Sie wurde angeregt, diesen Satz immer wieder zu „hören“ und ihrem ängstlichen Selbstanteil zu sagen (Vermächtnis ihres Partners).
In einer gelenkten Imagination sollten die hochreligiösen Teilnehmer im Prozess der Therapie sich vorstellen, dass Jesus an ihre Wohnungstür klopft und um Einlass bittet (nach dem Buch der Offenbarung 4).
In ihrem Wohnzimmer (imaginativ) klagte die Patientin Jesus ihr Leid und hörte seinen Antworten zu. Auf die Frage in der Gruppe, was sie denn „gehört“ habe im Gespräch mit Jesus, antwortete sie: „Du bist nie allein. Denke daran, ich bin immer bei dir.“ Dass Jesus Christus selbst ihr seine Begleitung in der Notzeit ganz persönlich zugesichert hatte, berührte die Patientin sehr. Dieses Erleben führte auch weiterhin zur bisher verdrängten Erkenntnis, dass sie überhaupt noch keinen Abschied nehmen wollte. Sie habe vielmehr unbewusst darauf beharrt, dass sich nichts ändern solle.
Nach dieser Gruppensitzung mit verschiedenen Vertiefungen der beschriebenen Erfahrungen im Prozess der Therapie fasste die Patientin zumindest den vorsichtigen Entschluss, ihr bisheriges „Museum“ aufzuräumen. Sie traute sich zu diesem Vorhaben im Vertrauen auf die göttliche Zusage, immer begleitet zu werden auf ihrem mühsamen Weg des Abschiednehmens und der behutsamen Neuorientierung.
Fußnoten
1 Schmidt, Ina (2019): Über die Vergänglichkeit. Eine Philosophie des Abschieds. Hamburg: Edition Körber.
2 Prediger 3, 1ff in der Übersetzung der BASIS Bibel
3 Schleske, Martin (2022): Geigenbauer: Werk/ Zeuge. In Resonanz mit Gott. S. 386.
4 Offenbarung 3,20: „Merkst du nicht, dass ich vor der Tür stehe und anklopfe? Wer meine Stimme hört und mir öffnet, zu dem werde ich hineingehen, und wir werden miteinander essen – ich mit ihm (ihr) und er (sie) mit mir“ (NGÜ). In einem allegorischen Verständnis wird dieses Wort zu einem universalen Angebot von Jesus.
Autor
Rainer Oberbillig ist DiplomPsychologe, approbierter Psychotherapeut, ehemals langjähriger Mitarbeiter in der de’ignisFachklinik und Mitgründer, jetzt i. R., sowie auf Honorarbasis in freier Praxis tätig und am de’ignis-Institut engagiert. Er absolvierte ein Doktorat-Studium am Institut für Empirische Religionsforschung (IER) an der Universität Bern.
In stürmischen Zeiten Halt und Zuflucht im Glauben finden – Nr. 68
Von Dr. med. Herbert Scheiblich
• Die Überschrift erscheint paradox, denn Trauer löst bei Menschen Negatives in vielfältiger Art aus: Gedanken über das Warum, dem Wozu – es sind Überlegungen nach dem Sinn und Grund des trauerauslösenden Ereignisses, Gefühle des Traurigseins und der Ratlosigkeit. Es ist eine Unterbrechung oder ein Zusammenbruch der bisherigen Lebensabläufe, ein Stopp; ein Innehalten mit Erinnerungen, das das bisherige Leben Revue passieren lässt, zu einer Bilanz auffordert und gleichzeitig ein großes Fragezeichen, was die Zukunft betrifft, induziert.
Trauer ist also ein umfassender, grundsätzlicher menschlicher Prozess, der hoffentlich nicht sehr häufig im Leben vorkommt. Es gibt Ereignisse, die unausweichlich sind, wie der Tod, der das Ende der Existenz bedeutet.
Der Perspektivwechsel auf die positiven Seiten der Trauer folgt einer hypnotherapeutischen Regel: mach aus der Not eine Tugend. Es sind nicht nur die negativen Auswirkungen auf das Leben zu verarbeiten, auch eine Chance wird sichtbar. Die Trauer erzwingt immer notwendige Veränderungen und es ist wichtig, diese Änderungen auch als gewollte, gezielte, gewünschte, willkommene Änderungen des Lebensrhythmus wahrzunehmen.
Trauer ist ein Grundgefühl (siehe Seite 28 ff) , das bei Menschen, die Trauer beobachten – etwa bei einem trauernden Mitmenschen –, einen Hilfs- und Mitleidseffekt auslöst. Trauer ist daher eine Grundvoraussetzung zum solidarischen Handeln in einer Gemeinschaft. Sie ist uns angeboren und kann einerseits durch Bindungserfahrungen abgeschwächt werden, woraus dissoziales Verhalten resultiert. Andererseits kann das Gefühl durch positive Manipulation verstärkt werden (Hinweis: Die Spendenindustrie nutzt diesen Mechanismus, um (Spenden-)Gelder zu generieren. Man zeigt ein weinendes Kind in Not oder eine erschöpfte Mutter mit einem kranken Kind auf dem Arm. Diese Manipulation ist jedoch dann zulässig, da sie meistens einer guten Absicht und einem guten Zweck dient.)
Zukunft, ohne die Vergangenheit zu verdrängen, wenn sie richtig abläuft.
Trauer ist deshalb der direkte und schnellste Weg in das Herz von Menschen, um sie anzuregen, Menschen in Not rasch und ohne Bedenken zu helfen.
In einem seiner bekanntesten Gedichte „Stufen“ schreibt Hermann Hesse: „Bereit sein zum Abschied und Neubeginn … und jedem Anfang liegt ein Zauber inne.“
Daraus folgt: Die Trauer startet einen psychischen Prozess, eine Trennung als endgültigen Abschied zu verarbeiten. Es findet ein Prozess des Nachdenkens über die Vergangenheit statt. Man bilanziert Positives und Negatives und fällt ein endgültiges Urteil über das bisherige Leben. Dieses Urteil schafft Klarheit und ist die Voraussetzung für einen Neubeginn. Die Zukunft ist daher eine Herausforderung, Neues zu wagen und zu lernen.
Trauer erzeugt Hoffnung und fordert auf, mutig zu sein Löst ein Verlust die Trauer aus, so entsteht eine schmerzliche Lücke. Diese wird erst einmal so groß empfunden, dass man sie nicht wahrhaben will und verleugnet. Es ist eine schmerzhafte Unterbrechung der bisherigen Lebenslinie. Der Schmerz wird nicht verarbeitet, wenn man die notwendige Trauer nicht zulässt sondern unterdrückt. Trauer braucht Zeit, ist unbedingt notwendig und folgt ihrem eigenen Rhythmus als normaler Verarbeitungsprozess.
Ein Verlust ist umfassender als eine Trennung und erfordert einen tiefgreifenderen Abschluss mit der Vergangenheit. Die Trauer ermöglicht, Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Sie erfordert Aufmerksamkeit im Jetzt, im Hier und Heute zu sein, das
heißt keine voreiligen Entscheidungen zu fällen oder sich zu überfordern. Im therapeutischen Alltag ist es leider eine sehr gängige Erfahrung, dass Menschen, die sich nach einer langjährigen Bindung trennen oder einen Partner verlieren, die resultierende Einsamkeit nicht aushalten und möglichst rasch in eine neue Beziehung flüchten, welche langfristig gesehen die Fehler der alten Bindung wiederholt.
Trauer ist daher ein grundlegender Schutz, unter dem man die Vergangenheit umfassender loslässt. Dies geschieht, indem man einerseits die Vergangenheit als Mahnung auffasst, ihre Fehler nicht zu wiederholen. Sie fordert auf, sich zu verändern im Sinne von verlernen und neu lernen. Sie ist eine Chance, die Psychodynamik der Persönlichkeit neu zu organisieren, im Sinne einer Nachreifung. Der Mensch in seiner Trauer neigt zur Regression in die sogenannten „guten alten Zeiten“. Diese Idealisierung führt zu einer schrecklich einseitigen Sicht der Vergangenheit. Mein Vater, beispielsweise, – Friede sei mit ihm –, erinnerte am Ende seines Lebens die „gute alte Zeit“. Bei der objektiven Betrachtung seiner Biografie und der historischen Gesichtspunkte ergibt sich folgender Ablauf:
• geboren vor dem ersten Weltkrieg und in selbigem groß geworden,
• die 20er in einer Wirtschaftskrise,
• die 30er und 40er im Tausendjährigen Reich als Nazi-Mitgestalter verschwendet, nachdem er im zweiten Weltkrieg mit dem Verlust der Heimat und von Angehörigen zu kämpfen hatte,
• die 50er verbracht mit dem Aufbau des Landes und der permanenten Verleugnung des Erlebten,
• die 60er und 70er in der Illusion verbracht, „Wir seien wieder jemand und wollen die alten Geschichten vergessen“, • um in den 70ern dann zu erkennen, dass die Kindergeneration andere Werte besitzt. Man fragte sich, „Was ist falsch an ihnen?“, nicht „Was hat man falsch gemacht?“.
Diese pointierte Sichtweise auf die Biografie meines Vaters ist prototypisch für die gesamte Generation meiner Väter und Mütter. Sie aktualisieren nicht die Schmerzen, das Leid, den Verlust, den sie mehrfach erlebt haben. Sie waren traumatisiert und haben die Traumatisierung nicht zugelassen. Nachträglich betrachtet, handelt es sich bei dieser Beurteilung der Vergangenheit vielleicht auch um eine Art von Trauer, die ermöglichte zu überleben?
Trauer schafft die Grundlage für die Zukunft, ohne die Vergangenheit zu verdrängen, wenn sie richtig abläuft. Trauer fordert uns zur Stellungnahme heraus: Ist unsere Vergangenheit positiv oder negativ? Dies ist eine existenzielle Entscheidung mit der Zielfrage: Lehnen wir das zukünftige Leben ab oder nehmen wir es an?
Nach 2. Korinther 2,1–14: eine Trauer zum Tode oder zum Leben!
Trauer ist daher auch zur Reifung des Menschen in kleinen Dingen des Alltags sehr nützlich. Wenn dem Kind nicht sofort ein Wunsch erfüllt wird, reagiert es enttäuscht und traurig, aber es lernt, Frustration auszuhalten und langfristig zu denken (sozial notwendige Trauer für den Alltag: kleine Trauer). Es erfordert diese Art von Trauer, damit wir lernen, mit unangenehmen, von uns nicht gewünschten schmerzhaften Unterbrechungen des Lebensrhythmus und der Lebenslinie umzugehen. Sie ist eine notwendige Voraussetzung, um Resilienz zu entwickeln und sich in einer Gemeinschaft adäquat zu verhalten.
Nichts kann dem Menschen die Entscheidung, traurig zu sein, zum Leben oder zum Tode abnehmen. Sie muss gefällt werden.
Die Trauer ist daher die notwendige Voraussetzung auch für ein fröhliches, zufriedenes Leben. Wie Hesse formulierte, hat Trauer den Zauber, etwas Neues, Wunderbares zu schaffen. Die Trauer ist ein pädagogisches Instrument, ausgeglichen und balanciert zu leben und mit dem, was zur Verfügung steht, dankbar und zufrieden zu sein. Trauer hilft, Werte zu entwickeln und sich danach zu verhalten. Wie Sigmund Freud es formulierte, soll aus dem Es (Lustprinzip) ein Gewissen (Über-Ich, Ethikprinzip) werden, das dem Ich hilft, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren (Realitätsprinzip).
Trauer ist eine umfassende grundlegende Komponente der Religion und Spiritualität. Religion und Spiritualität fordern auf, ein sinnvolles, nützliches Leben zu führen und, aufgrund der Ethik, ein gutes, kein schlechtes, sinnvolles Leben zu führen. Die Trauer ist ein Konzept, in dem der Mensch über sein Dasein, seine Existenz hinausgreift in die Transzendenz und somit die Immanenz unter einer Ewigkeitsperspektive betrachtet. Diese Perspektive ermöglicht dem Trauerprozess, das Unaussprechliche, Nichtverstehbare besser in eine hoffnungsvolle Zukunft zu integrieren.
Trauer spielt in der Bibel eine gewaltige, wichtige Rolle. Die Bibel berichtet uns vom Lebensgewinn der Trauer. Sie gibt den Rat, lieber in ein Haus zu gehen, in dem man trauert und Kummer hat, als in ein Haus, in dem man feiert und fröhlich ist (Pred. 7,2–4). Der Grund für diesen Ratschlag ist schwer zu fassen. Vielleicht ist der Mensch in der Trauer ehrlicher und offener, mehr einem klaren Wort zugänglich.
Vor Gott soll man klagen, aber richtig, und dies heißt, alles hat seine Zeit (Pred. 3,1–4).
Die Bibel ist voll von Beispielen des rechten Klagens (Hiob, Klagelieder, Klagepsalme, Apostelgeschichte 2,5, Röm. 8,26+12,15):
Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Anfang immer unter dem Aspekt der Hoffnung auf Jesus (Joh. 14,15; Offenbarung 21,2–5).
Die Antwort Gottes auf unser Klagen ist voller Trost, riesiger Freude und wichtiger Hoffnung (Ps. 30,12): Ja, du hast meine Totenklage in einen Freudentanz verwandelt. Den Sack hast du von mir genommen und ein Festkleid hast du mir angelegt.
Zusammenfassend bleibt das Fazit, Trauer als einen entscheidenden Bestandteil des Alltagslebens zu nehmen und sie gemäß der Jahreslosung 2024 zu leben: Lasst uns in Liebe und Fröhlichkeit traurig sein. Dann besteht die Hoffnung, dass sich keine Depression entwickelt.
Autor
Dr. med. Herbert Scheiblich ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Kinderund Jugendpsychotherapie. Er war Mitgründer der de'ignis-Fachklinik und ist derzeit Weiterbildungsleiter an der Akademie für Psychotherapie sowie Dozent am collegium verum in Warschau.
Trauer schafft die Grundlage für die Zukunft, ohne die Vergangenheit zu verdrängen, wenn sie richtig abläuft.
Von Franziska Schaufert
Bei diesem sehr persönlich gehaltenen Beitrag handelt es sich um eine Abschlussarbeit im Rahmen der de’ignis Fortbildung. Mehr zu unserem Fortbildungsprogramm finden Sie online unter www.deignis.de/fortbildung/cit
• Seit Jahren beschäftigt mich diese Frage: Ist Trost eine wirkungsvolle Kraft, die zu tiefer Herstellung und Heilung unserer geängstigten, erschütterten Seele führt, und uns dabei hilft, das Leben – trotz Erschütterungen – zu meistern? Kann getröstet zu sein das Leben in Beziehungen, Familien, Gemeinschaften und in der Gesellschaft nachhaltig verändern?
Oder ist es doch „nur“ ein gutgemeinter, liebevoller, jedoch oft hilfloser Versuch, einem Menschen kurz zu „begegnen“, um ein kleines Trostpflaster zu verabreichen, damit der Leidende den Augenblick etwas besser erträgt?
Als Einstieg möchte ich euch einfach in meine eigene Geschichte mitnehmen, da sie sicher eine von vielen vergleichbaren ist und aufzeigen soll, dass jeder Mensch Trost in seinem Leben braucht und ebenso von anderen Menschen umgeben ist, die Trost benötigen.
Ich wurde 1978 in Rostock in der ehemaligen DDR als drittes von vier Kindern per Kaiserschnitt geboren und verbrachte meine ersten drei Lebenswochen im Inkubator. Ab meinem achten Lebensmonat war ich montags bis freitags in der ganztags betreuten Kinderkrippe (von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends), da meine Eltern, wie zu dieser Zeit üblich, beide Vollzeit berufstätig waren. An meine ersten sechs Lebensjahre habe ich nur wenige Erinnerungen. Aber es blieb ein großes Gefühl der Einsamkeit, Trostlosigkeit und von vielen geweinten Tränen. Der Umstand, mit etwa 20 Babys, im gleichen Jahrgang betreut zu werden, war von festen Handlungen, Regeln, Abläufen und wenig Nähe, Aufmerksamkeit und Liebe geprägt. Das lag auch an meiner Erzieherin, die ich als stumme, unnahbare Frau hinter ihrem Schreibtisch sitzend in Erinnerung habe.
Viel zu kurz kamen daher Individualität, die Erfüllung meiner Bedürfnisse und Geborgenheit.
Neben diesem Gefühl blieb auch die Erinnerung an meine stets gestresste Mutter, die mich täglich unter Zeitdruck und mit viel Gezerre in der Krippe ablieferte.
Auch im Laufe der Grundschulzeit änderte sich für mich an der Ganztagsbetreuung nichts. Somit verbrachte ich die meiste Zeit meiner Kindheit in der Obhut fremder Personen mit der Ideologie einer sozialistischen Erziehung.1
Durch die Trennung konnte kaum eine innige Bindung zu meinen Eltern oder Geschwistern aufgebaut werden und so erinnere ich mich nicht an gelebten Trost oder einen trostvollen Umgang mit inneren und äußeren Krisen.
Dazu kam leider noch, dass meine Eltern meistens mit sich und ihren Lebensaufgaben überfordert waren und uns, aus Überzeugung und unreflektiert, mit physischer und psychischer Gewalt erzogen. So, wie sie es selbst in ihrer Kindheit erlebt hatten. Dies war auch in unserem Umfeld eine gängige Methode und wurde daher allgemein geltend als „normal“ gelebt und bekam keine gesonderte Aufmerksamkeit. Auch durch die Verwandtschaft gab es keine praktische oder emotionale Unterstützung, da diese in weiter Entfernung lebten.
1989 erlebten wir zwar den Mauerfall und eine politische Wende, in unserer Familie veränderte sich jedoch wenig – bis auf ein weiteres Geschwisterchen und eine Mutter, die ihren Beruf nicht mehr ausüben konnte, aber dennoch nicht zur Ruhe kam. Bei späteren Gesprächen mit meinen Eltern über die Vergangenheit stellte sich immer wieder aufs Neue heraus, dass sie es nie schafften, ihr Leben zu reflektieren und somit keinen neuen Weg fanden, unsere Beziehung umzugestalten.
1996 bis 1999 erlernte ich dann den Beruf der Krankenschwester, wo ich zum ersten Mal stärker mit dem Leid anderer Menschen in Berührung kam. Ich versuchte nach bester Kraft, meinen Job zwischenmenschlich positiv zu gestalten.
Dabei schöpfte ich aus meinen eigenen Glaubensüberzeugungen, den wenigen Erfahrungen, die ich bei meinen Großeltern und meiner christlichen Gemeinde hier und da
machen durfte und meiner Persönlichkeit als empathischer Mensch.
1999 heiratete ich in eine kühle norddeutsche Familie ein, in der emotionale Themen undenkbar waren, da sie selbst in den Kriegswirren und mit vielen Entbehrungen aufwuchsen.
Also gaben wir uns als junges Paar die größte Mühe, liebevoll füreinander da zu sein, ohne zu wissen, wie das tatsächlich funktionieren könnte.
Unser Umzug in den Nordschwarzwald schenkte uns äußere Freiheit, innerlich jedoch blieben viele offene Fragen und alte Lebensmuster.
Zwischen 2003 und 2006 brachten wir drei wunderbare Mädchen zur Welt. Durch meine Rolle als Ehefrau, Mutter und Freundin kam ich nun sehr intensiv in die Herausforderung, eine „Trösterin“ zu sein. Ich wurde sehr stark mit meinem eigenen Mangel diesbezüglich konfrontiert.
Ab dann begann ich, mich noch bewusster und intensiver mit dem Thema Trost zu befassen.
Ich fragte mich, wie, wo und bei wem ich echten Trost finden könnte und ob Verletzungen und Enttäuschungen nachhaltig bei mir und anderen „heilen“ könnten.
Trost als universelle Erfahrung
Jedem Menschen widerfährt Schmerz, Enttäuschung, Leid; und wer trauert, braucht Trost.
Ich begann, mein Umfeld noch stärker zu beobachten und zu reflektieren, das Verhalten der Generationen meiner Eltern und Großeltern direkt und offen zu hinterfragen. Dabei wurde ich mit unsichtbaren Wänden aus Ohnmacht, Verdrängung und der Unfähigkeit, sich diesem Thema intensiv zu nähern, konfrontiert. Auch andere junge oder ältere Menschen in meinem Umfeld konnten mich kaum verstehen, da sie selbst selten Trost in ihrer Vergangenheit erlebt hatten und daher kaum Lösungsansätze bereithielten.
Daher fing ich an, unser Land, Deutschland, und seine Geschichte anzuschauen, um herauszufinden, wo der Ursprung dafür liegen könnte.
2015 feierte Deutschland „70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg“. In drei Generationen – Kriegskindern, Nachkriegskindern und Kriegsenkeln – wuchs die Sehnsucht, das Schweigen zu brechen, über die Schuld, die unser Land auf sich genommen hatte, aber auch über das viele Leid, das Unschuldigen widerfahren war.2 Um zu verstehen, Antworten zu finden und Frieden mit der Vergangenheit zu schließen. Bücher5, Fernsehformate und Schulen griffen das Thema intensiv auf und boten eine Plattform, das Thema von allen Seiten zu beleuchten. Ich entdeckte eine Gesellschaft und Kultur, die zwar theoretisch weiß, was Trost bedeuten kann, jedoch oft mit Sprüchen wie „Reiß dich zusammen!“, „Es könnte schlimmer sein!“ oder „Verlier dich nicht im Selbstmitleid!“ kühl und oft selbst ungetröstet reagiert – und deren Wurzeln bis in die Antike zurückreichen, die von Leistung, Verstand und Tapferkeit geprägt ist. Dennoch ist jeder im Laufe seines Lebens von Leid, Verletzungen, Verzweiflung und Traurigkeit betroffen und sehnt sich in seinem tiefsten Inneren nach einem Ort, wo er Trost erleben darf.
Eine Annäherung an Trost Trost zeigt sich in zwischenmenschlicher Zuwendung an jemanden, der trauert oder anderen seelischen oder körperlichen Schmerz zu ertragen hat. Trost kann durch Worte, Gesten und Berührung gespendet werden. Das Leid und die Traurigkeit des Getrösteten sollen gelindert werden; er soll spüren, dass er nicht allein gelassen ist; seine seelische Verfassung soll gestärkt werden. Er darf hilflos sein und wird gesehen. Das Wort Trost, entstanden im Althochdeutschen im 8. Jahrhundert, ist etymologisch mit dem indogermanischen Wortstamm treu verwandt und bedeutet Festigkeit, auch seelischer Halt, Zuversicht und Ermutigung im Leid. Das griechische Wort für Trost, parēgoriá, bedeutet auch Zuspruch, Ermahnung, Ermutigung.3 Trost ist Mit-Fühlen und Mit-Leiden. Trost ist Miteinander-Teilen.
Trost als Grundbedürfnis und Bewältigungsstrategie
Kein Neugeborenes ist in der Lage, sein Verhalten selbst zu regulieren, bewusst nachzudenken und es besitzt noch keine sozialen Fähigkeiten, da sich der orbitofrontale Cortex (Teil des Frontallappens im Gehirn, der einen Großteil unseres Menschseins ausmacht) erst nahezu vollständig nach der Geburt und im Krabbelalter entwickelt. Dieser Prozess verläuft nicht automatisch, sondern ist das Ergebnis der speziellen Erfahrungen mit den Menschen seiner Umgebung. Zum einen lässt dies Menschen individuell an ihre Umgebung und Kultur abgestimmt heranreifen, zum anderen zeigt dies ihre absolute Abhängigkeit. Die ersten Hirnfunktionen bei einem Menschen sind sozialer Art und zeigen die Wichtigkeit von liebevoller Fürsorge, Nähe und Trost. Diese Prägung findet in einem recht kleinen Zeitfenster (bis zum 3. Lebensjahr) statt und führt, je nach Ausmaß der Unterlassung, zu bleibenden sozialen, kognitiven, motorischen und emotionalen Schäden. Die ersten Quellen der Zufriedenheit sind Gerüche, Berührungen und vertraute Geräusche (etwa die Stimmen der Eltern). Liebevoll im Arm gehalten zu werden führt nachweislich zum Abbau von Anspannungen, einer entspannten Muskulatur, einer vertieften Atmung. Der Herzschlag des erregten Kindes passt sich dem des Tröstenden an, da ihre vegetativen Nervensysteme miteinander kommunizieren. Das stärkt das Urvertrauen in andere Menschen. Wenn erst einmal erlernt werden durfte, welche positiven Auswirkungen Trost hat, kann ein Mensch diesen unvoreingenommen empfangen und leichter an andere weitergeben.4
Ein Blick auf die Hirnforschung
Wie schon im Abschnitt zur kindlichen Entwicklung deutlich geworden ist, wird die emotionale Anpassungsfähigkeit in den ersten Lebensjahren sowohl positiv als auch negativ geprägt. Daher habe mich auf die Suche nach nachgewiesenen Möglichkeiten gemacht, diese im Erwachsenenalter
unabhängig von der Prägung neu zu gestalten. Oder muss der Mensch mit dem Ergebnis seiner Kindheit leben?
Ich entdeckte den Neurowissenschaftler Dr. Joe Dispenza, der sich in seinem Buch „Schöpfer der Wirklichkeit“ auf sehr komplexe, jedoch verständliche Weise mit dem Thema Gehirnplastizität auseinandersetzt. Gehirnplastizität ist die Fähigkeit des Gehirns, neue neuronale Verbindungen zu schaffen und sich somit veränderten Umständen anzupassen.
In seinem Buch geht er darauf ein, wie unser Gehirn auf neuronaler Ebene durch Prägung programmiert wird, jedoch in Lage ist, neu beschrieben zu werden. Meiner Ansicht nach spielt dieses Konzept beim Thema Trost eine entscheidende Schlüsselrolle.
Bereits ganz zu Anfang der Entstehung eines Kindes wird die Struktur des Gehirns durch die DNA beider Elternteile festgelegt. Schon im Mutterleib bilden sich individuelle neuronale Netzwerke, die auch nach der Geburt, im Kindesalter und das ganze restliche Leben durch äußere Einflüsse stetig weiter geprägt werden. Gerade die ersten Lebensjahre, in welchen man noch stark von der Zuwendung seiner Eltern abhängig ist, können somit entscheiden, ob man als Mensch positiv an das Leben herantritt oder unerfüllt und ungetröstet in das Leben startet.6
Laut Joe Dispenza lassen sich diese neuronalen Strukturen jedoch verändern, lenken und somit neu programmieren. So kann das Gehirn eines erwachsenen Menschen durch den eigenen Willen, neue Erfahrungen, Achtsamkeit und das Antrainieren bestimmter Gedankenmuster nachträglich überschrieben werden. Somit können auch Trost und Frieden durch die neuen neuronalen Verknüpfungen erzeugt werden. Dieser Prozess ist keine Einbahnstraße, da sich das Gehirn ständig entwickelt und man immer ein paar Schritte vor und wieder zurück gehen kann. Dieser Ansatz beinhaltet die Hoffnung, dass sich die Wunden aus der Kindheit tatsächlich langfristig heilen lassen könnten.
bilden sich individuelle neuronale Netzwerke, die auch nach der Geburt, im Kindesalter und das ganze restliche Leben durch äußere Einflüsse stetig weiter geprägt werden.
Da dieses Thema sehr umfangreich ist, kann ich hier nur neugierig darauf machen.
Trost in und durch die Bibel 6
Jeder hat den Wunsch nach jemandem, der die eigene innere Dunkelheit, Aussichtslosigkeit, Zweifel und Wut aushält. Der diese nicht nur „wegbeten“ und „wegreden“ möchte, sondern geduldig mit ihm hindurchgeht und Erneuerung bewirkt.
Gott ist der Schöpfer aller Dinge, er kennt und berücksichtigt voller Weisheit alle Zusammenhänge des Universums. Er weiß, dass wir Leid erfahren und es unabwendbar ist. Er schenkt daher auch einen ganzheitlichen Weg zur Heilung.
Gott zeigt sich in der Bibel als Dreieiniger Gott (Trinität). Ich möchte ihn als solches im Einzelnen betrachten und vorstellen.
Gott – Vater
Er zeigt sich in unzähligen Bibelversen als ein liebender, fürsorglicher, naher und tröstender Gott. In unzähligen Situationen, von
den Anstrengungen unter der Geburt eines Kindes, über angsteinflößende Erlebnisse, Bedrängungen, bis hin zum Verlust eines geliebten Menschen. Gott gab Trost durch die Heilige Schrift und, stellvertretend, durch die Sendung der Propheten. Hier ein paar Beispielverse (Schlachter):
„Wie nur eine Mutter trösten kann, so will ich euch trösten; ja ihr sollt in Jerusalem getröstet werden.“ (Jesaja 66,13)
„Und ob ich schon wanderte im finsteren Todes-Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich!“ (Psalm 23,4)
„Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich erquickt.“ (Psalm 119,50)
„Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in all unsrer Trübsal, auf das wir die trösten können, welche in allerlei Trübsal sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden.“ (2. Korinther 1,3–4)
Und weil Gott uns nahe sein möchte, ist er in Jesus Mensch geworden.
Gott – Sohn – Jesus (hebr. Je’schua)
„Und Jesus gab seine Herrlichkeit auf, durchlebte alle Herausforderungen und gab aus Hingabe, um uns in Ewigkeit zu erretten von unserer Schuld, sein Leben am Kreuz und durchbrach die Trennung von Gott. Er selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott, unser Vater, der uns geliebt und einen ewigen Trost und eine gute Hoffnung durch Gnade gegeben hat, tröste eure Herzen und Sinne und stärke euch in jedem guten Wort und Werk!“ (2. Thessalonicher 2,16–17)
Gott – Heiliger Geist
Er wird der Tröster in Person genannt. Jesus kündigt ihn als Stellvertreter an, bevor er selbst an Himmelfahrt zur Rechten Gottes ging. Der Heilige Geist möchte Gemeinschaft, Kommunikation, Partnerschaft mit uns. Möchte in uns leben, in und durch uns wirken. So sind wir direkt in Verbindung
mit Gott unserem Tröster und durch uns kann sein Trost zu anderen fließen. „[…] der Beistand aber, der Heilige Geist, welchen mein Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Johannes 14,25–31)
Die Bibel, das lebendige Wort Gottes Wort dient zur Lehre, Ermutigung, stärkt unseren Glauben, gibt Hoffnung, Trost und lehrt uns Geduld. Das geschriebene Wort (Logos) wird durch das Aussprechen oder Singen zum Rhema Gottes, das lebendig, wirksam und kraftvoll ist und durch göttliche Offenbarung Glauben und Heilung im Herzen schafft. Es ist ein ganz individuelles und persönliches Geschenk Gottes.
Genau dieser Prozess wirkt oft sehr theoretisch und unerreichbar, da uns Gott herausfordert, ganz eigene Erfahrungen damit zu machen. Ohne, dass er akustisch mit uns darüber redet, dürfen wir es im blinden Vertrauen – im Glauben – erlernen.
Jüdische Kultur als Verständnishilfe Wie ich zu Beginn erläutert habe, finden wir in unserer Kultur und Historie nur bedingt und erschwert Zugang zum gelebten Umgang mit Gottes Gedanken. Ein Blick auf unseren Stammbaum, also den der Germanen, führt dabei leider ins Leere. Daher schauen wir in unsere Bibel, auf das jüdische Volk, mit seinen Traditionen und seiner Geschichte. Dies ist der Ort, an dem wir Gottes Herz und Idee, seinen Heilsplan, entdecken. Mir ist dabei wichtig geworden, wie wertvoll es ist, in die jüdische Kultur hineinzuschauen um zu erkennen, welche meiner eigenen Prägungen und generationsübergreifenden Überzeugungen anders sind und neu gedacht werden dürfen. Meinen Horizont konnte ich durch das Lesen jüdischer Autoren (siehe Literatur am Ende des Artikels) oder Einblicke in ihr Leben in sozialen Netzwerken erweitern.
1. Mose 22,18: „Und durch deinen Samen [Abraham] sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, darum, dass du meiner Stimme gehorcht hast.“
Epheser 3,6: „… Dieses Geheimnis besteht nämlich darin, dass die nichtjüdischen Völker durch Christus zusammen mit den Juden Anteil bekommen an dem Erbe, das Gott uns versprochen hat; sie gehören zum Leib von Jesus Christus, zu seiner Gemeinde, und auch für sie gelten die Zusagen, die Gott seinem auserwählten Volk gab. Das alles bewirkt Gott durch die rettende Botschaft.“
Trost in Beratung und Therapie: ein christlich-integrativer Ansatz und die Herausforderung „falschen und gottgewirkten Trosts“ Trost ist ein wichtiger Begleiter in der therapeutischen Arbeit und ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Wenn sich der Berater dessen bewusst wird, dass sein Gegenüber seinen Trost erleben muss und er stellvertretend für Gott mit seinem Gegenüber in Kontakt tritt, wird klar, wie wegweisend seine Haltung, sein Mitleiden und sein Verständnis für das individuelle Empfinden des Klienten sind und wie er damit eine gute Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen kann.
Daher ist es essentiell wichtig, sich als Berater immer wieder zu positionieren und nicht voreilig mit einem therapeutisch-lösungsorientierten Plan zu starten.
Viel zu schnell neigt man leider auch als Berater zu „falschem“ Trost und greift übereilt zu unüberlegten, oberflächlichen und verharmlosenden Floskeln wie „ Nimm’s nicht so schwer!“, „Du schaffst das schon!“ oder „Andere haben es auch nicht leicht!“
Damit versucht man oft unbewusst, eine tiefere Auseinandersetzung und zeitaufwendigere Vorbereitung zu umgehen oder ein Gespräch abzukürzen. Leider übersieht man dabei oft die schmerzhaften Folgen für den Hilfesuchenden. Dieser fühlt sich eventuell in seiner Empfindung und in seiner Not nicht ernst genommen und wird auch in seinem Vertrauen irritiert, was sich ungünstig auf die weitere Zusammenarbeit auswirken kann.
Außerdem ist es die Kunst des Trostes, seine eigenen Empfindungen, Erfahrungen und Bedürfnisse in ähnlich erlebten Situationen nicht als Maßstab anzuwenden, sondern sich ganz unvoreingenommen und individuell auf den Klienten einzustellen.
In Trost liegt ganz viel Wahrheit, Stabilität, Wegweisung, Hoffnung und Stärke. Er kann mit Empathie und Liebe wirkungsvoll, kreativ und vielseitig eingesetzt werden und sollte während des ganzen therapeutischen Prozesses beachtet werden. Die eine oder andere Ebene des Trostes kann auch recht unkompliziert und praktisch in den therapeutischen Ablauf integriert und als Ressource im Umfeld des Klienten bewusst gemacht und erarbeitet werden.
Vier Ebenen des Trostes, aus Sicht des Klienten und des Beraters
Körperlich
Klient:
• Gibt es im vertrauten Umfeld Menschen, die ihn in den Arm nehmen, in seiner Nähe sind und treu nach ihm schauen und mit ihm sprechen? Die mit im Blick haben, ob er genügend isst, trinkt und schläft?
Berater:
• Ist eine Umarmung angebracht?
• Körperlichen Trost erzeugen durch gemütlichen Sitzplatz, Kuscheldecke, Wärmflasche
Emotional
Klient:
• Gibt es jemanden, der seine Trauer, Gedanken und Gefühle aushält, ihn ermutigt, seine Gefühle auszudrücken?
• Tagebuch schreiben, Bewegung, Kreativität (Malen, Gestalten)
• Hat er Umgang mit anderen Betroffenen, z. B. durch eine Selbsthilfegruppe oder Trauergruppe?
• Hat er Zugang zu Gedichten, Versen, Kunst, Musik?
Berater:
• Arbeitsmaterial: Bilder, Worte, Kunst sowie Hinweis auf mögliche Quellen (Internet, Podcasts, Gedichte und Beiträge zu dieser Thematik)
• Musik: Neurologen konnten mit bildgebenden Verfahren zeigen, dass Musik nachweislich einen Einfluss auf unsere Hirnstruktur hat. Musik schafft einen Zugang zu unserer Innenwelt. Dadurch
können tief verborgene Gefühle an die Oberfläche kommen und getröstet werden.
Geistig
Klient:
• Gibt es Menschen, die ihm dauerhafte Ermutigung und Zuspruch geben und ihn bei tieferen Lebensfragen ernst nehmen?
• Praktische Hilfe, z. B. bei Verwaltungsaufgaben, Formulare gemeinsam ausfüllen
Berater:
• „To Do“-Listen erstellen und Hilfe für den Alltag organisieren oder anregen
Spirituell
Klient:
• Ist der Klient religiös und hat Menschen in seinem Umfeld?
Berater:
• Ermutigen, auch Seelsorge oder Telefonseelsorge in Anspruch zu nehmen.
• Gebet und Glaube integrieren.
Folgerungen für die eigene therapeutische Arbeit
Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Trost ist mir noch einmal mehr bewusst geworden, wie viel Kraft darin liegt, selbst getröstet zu sein und den Klienten tröstend zu begegnen. Ich bin davon überzeugt, dass es starken Einfluss auf die therapeutische Begleitung hat, wie dieses Thema einfließen darf und wie viel Beachtung und Zeit es bekommt.
Ich bin davon überzeugt, dass eine nicht getröstete Person schlechter empfänglich für therapeutische Methoden ist. Bildlich gesprochen ist es so, als hätte die Seele ein „Leck“ wie ein kaputtes Wasserrohr, aus dem die benötigte Kraft ausfließt, die es bräuchte, um Hoffnung, Kraft, Lebensfreude und Zuversicht zu entwickeln und mit dem Verstand Erlerntes anzuwenden. Und ich glaube daran, dass gelebter echter und gottgewirkter Trost uns persönlich, unser engeres Umfeld, unsere Gesellschaft und nachfolgende Generationen stärken und verändern kann.
Autorin
Franziska Schaufert ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist gelernte Krankenschwester, Hausfrau und Absolventin der CiBT-Fortbildung. Aktuell bereitet Sie Ihre Selbstständigkeit als Beraterin vor.
Literatur und Quellen:
1 https://www.mdr.de/geschichte/ddr/alltag/ erziehung-bildung/schule-kinder-jugendlichesozialismus
2 https://www.deutschlandfunk.de/wer-war-opferwer-war-taeter-100.html
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Trost
4 Gerhardt, Sue (2006): Die Kraft der Elternliebe. Wie Zuwendung das kindliche Gehirn prägt.
5 z. B. Bode, Sabine (2013): Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation.
Bode, Sabine (2014): Die vergessene Generation. Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen.
Bode, Sabine (2015): Nachkriegskinder. Die 1950er Jahrgänge und ihre Soldatenväter.
6 Oberbillig, Rainer: IGNIS-Journal 2/3-88. Gelesen als Gedankeninspiration.
Literatur
• Kraus, David (2021): Der fröhliche Rabbi und die verschlungenen Wege zum Glück.
• Talmud, eine der wichtigsten Schriften des Judentums
• Pfaffenholz, Alfred (2011): Tora, Sabbat und Shalom. Alltag und Tradition im Judentum.
Erfahrungen aus dem Sozialtherapeutischen Zentrum de’ignis-Wohnheim. Von Winfried Hahn
• Über 30 Jahre arbeitete ich als Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und als Leiter des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim mit Menschen, die unter psychischen Problemen leiden.1 Durch negative Umstände, Prägungen und so manche dysfunktionale Verhaltensweise hat sich ihr Leben nicht so entwickelt, wie sie es erwartet haben. Viele leiden unter dem Spannungsfeld und der Diskrepanz zwischen ihrem Ich-Ideal (wie ich sein sollte), dem Ideal-Ich (wie ich sein will) und dem Real-Ich (wie meine Lebenssituation wirklich ist.) Diese inneren Spannungszustände aus unerfüllten Bedürfnissen und Mangelerfahrungen führen oft zu psychopathologischen Krankheitsbildern mit Chronifizierungscharakter. Wie kommen nun aber die Menschen in unserer Einrichtung mit ihren nicht erfüllten Erwartungen klar?
Ich spreche mit einer Frau mittleren Alters und stelle ihr diese Frage. Sie sagt, sie fühle sich minderwertig, weil sie ihre Ausbildung nicht geschafft, und eine Angstproblematik entwickelt habe. Aber es würde ihr doch guttun, wenn sie sich tagsüber ein bisschen beschäftigen würde. Darauf erzählt sie mir mit etwas aufgehellter Stimmung, dass sie heute schon den Flur in der Wohngruppe geputzt habe. Das hätte ihr gutgetan.
Ein Mann mittleren Alters berichtet davon, dass er zwar nicht verheiratet sei und keine Kinder habe, aber dennoch gerne zur Arbeit in eine Werkstatt für behinderte Menschen gehe. „Aber vielleicht ergibt sich ja auch noch eine andere Lebensperspektive in der Zukunft. Man kann nie wissen, was noch kommt“, sagt er mit verschmitztem Lächeln.
Eine andere Frau erzählt mir ebenfalls, auch sie rechne damit, dass es positive Veränderungen in ihrem Leben geben könnte, wolle aber schwerpunktmäßig zunächst mehr Stabilität in ihre wechselvollen Stimmungslagen bringen.
Eine weitere Frau berichtet mir, dass sie sehr glücklich darüber sei, dass sie wieder mit ihrer Mutter klar kommt, nachdem sie sich lange Zeit von ihr bevormundet und unterdrückt fühlte. „Ich glaube, sie hat jetzt verstanden, dass ich selbstständig sein will, weil ich erwachsen bin“. Die Erleichterung über die wiederhergestellte Beziehung zu
ihrer Mutter ist ihr deutlich anzumerken, aber auch die Freude über den errungenen Autonomiegwinn. Ich stelle bei unseren Bewohnern und Bewohnerinnen sehr viel Hoffnung, Zuversicht und Dankbarkeit fest, trotz der Erfahrung des vordergründigen Scheiterns. Vielleicht trägt die hoffnungsvolle Atmosphäre, um die wir uns in unserem Hause bemühen, mit dazu bei, dass sich Einstellungen von Dankbarkeit entwickeln und zur Entstehung neuer Perspektiven beitragen können. Bei den Gesprächen mit unseren Klienten werde ich unwillkürlich an einige Elemente, wie sie die Positive Psychologie beinhaltet, erinnert 2 , die ich nachfolgend mit Blick auf das Konzept unseres Zentrums wiedergeben möchte:
1. Positive Emotionen wie Hoffnung, Dankbarkeit, Liebe und Neugier.
Diese fördern den Aufbau von Handlungskompetenzen, Ressourcen und Resilienz. In den Gesprächen mit unseren Klienten bin ich immer wieder erstaunt, wie diese in der Lage sind, ihr Augenmerk auf die kleinen Freuden des Alltags zu richten.
2. Soziale Beziehungen
Ich denke an die Freude der Frau, der es gelang, ihre Autonomie gegenüber ihrer autoritären und übergriffigen Mutter zu behaupten und doch wieder eine gute Beziehung zu ihr zu finden. Gute soziale Beziehungen sind stabilisierend und beglücken. Die Abwesenheit sozialer Beziehungen ist belastend, macht unglücklich und ist leidvoll.
3. Sinn – Erleben
Viktor Frankl legte darauf den Schwerpunkt seiner Theorie: „Im Dienst an einer Sache oder in der Liebe zu einer Person erfüllt der Mensch sich selbst. Sich selbst verwirklichen kann er, also eigentlich in dem Maße, in dem er sich selbst vergisst, in dem er sich selbst übersieht.“ 3 Diese Form der Selbsttranszendenz wird in unserem Zentrum durch den Glauben an Jesus als Erlöser, Freund und Quelle der Hoffnung gefördert. Seelische Gesundheit entsteht da, wo man sich nicht
Seelische Gesundheit entsteht da, wo man sich nicht auf das persönliche Glückserleben
fixiert und narzisstisch um sich selbst kreist, sondern sich als Teil von etwas versteht, das größer ist als der eigene Horizont.
auf das persönliche Glückserleben fixiert und narzisstisch um sich selbst kreist, sondern sich als Teil von etwas versteht, das größer ist als der eigene Horizont. Diese Art der Selbstvergessenheit wirkt befreiend und öffnet für neue Perspektiven.
Im Gespräch mit unseren Klienten staune ich immer wieder, wenn ich Fortschritte und emotionale Stabilisierung beobachten kann, die dadurch entstehen, dass sie die Fixierung auf sich selbst aufgeben und sich für höhere Ziele öffnen und dadurch Sinnperspektiven entwickeln können.
„Früher wollte ich reich werden und bin gescheitert“ , sagte kürzlich ein Klient zu mir, „jetzt geht es mir um andere Werte. Das hat mir geholfen, mich für Neues zu öffnen“.
4. Leistung und Engagement Passivität ist belastend. Manche Krankheitsbilder erzeugen einen Hang zur Passivität. Darin zu verharren führt jedoch zu Stagnation und Chronifizierung. Bei Leistung geht es nicht um überfordernde Leistungsorientierung sondern um die Erfahrung der Selbstwirksamkeit, die die Handlungsfähigkeit stärkt. Das rückwärtsgewandte Betrauern zerbrochener Lebensperspektiven, Kränkungen und Versagenserfahrungen mag für eine gewisse Zeit ein notwendiger Verarbeitungsprozess sein. Ein defizitorientiertes Verharren in der Vergangenheit schmälert jedoch auf Dauer die Handlungsfähigkeit. Leistung zu erbringen fördert das Wohlbefinden, weil es die Erfahrung der Selbstwirksamkeit ermöglicht und damit ein Element der Freude und des Wohlbefindens darstellt. Allerdings geht es dabei um die richtige Balance zwischen Leistung und Erholung. In unserem Sozialtherapeutischen Zentrum de’ignis-Wohnheim machen wir also sehr unterschiedliche Erfahrungen. Da sind auf der einen Seite Menschen, denen es gelingt, sich aus den Leiderfahrungen zerbrochener Hoffnungen, Traumatisierungen, Verlusterfahrungen und Kränkungen herauszuentwickeln und neue Perspektiven wahrzunehmen, andere tun sich damit schwer und verharren – der eine mehr, der andere weniger – in dysfunktionalen Kompensationsstrategien. Die Bereitschaft bzw. die Fähigkeit, den damit verbundenen Krankheitsgewinn
aufzugeben, ist bei den einzelnen Klienten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das Maß der Veränderungsbereitschaft hängt unter anderem damit zusammen, ob die Bewältigung der Trauer über Verlust-, Kränkungsund Schmerzerfahrungen gelingt und damit der Aufbau von Veränderungsmotivation möglich wird oder nicht. Ob beim Einzelnen ein Mangel an Änderungsbereitschaft vorhanden ist, also ober er nicht will oder nicht kann – die Beantwortung dieser Frage steht uns nicht zu, dies geschieht zu gegebener Zeit an höherer Stelle.
1 Seit Mai 2023 habe ich die Einrichtungsleitung des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim aus Altersgründen abgegeben, bin aber noch Mitglied der Geschäftsführung.
2 Vgl. hierzu: Brohm-Badry, Michaela (Universität Trier); Berend, Benjamin (Universität Trier) (11.2017): Positive Psychologie. Grundlagen, Geschichte, Elemente, Zukunft. (brohm-badry@uni-trier.de; berend@ uni-trier.de)
3 Frankl, Victor E.; Lorenz, Konrad (2004): Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. S. 147.
Autor
Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und absolvierte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Er ist Geschäftsführer des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und Vorsitzender der de’ignis-Stiftung Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
Im Gespräch mit unseren Klienten staune ich immer wieder, wenn ich Fortschritte und emotionale Stabilisierung beobachten kann, die dadurch entstehen, dass sie die Fixierung auf sich selbst aufgeben und sich für höhere Ziele öffnen und dadurch Sinnperspektiven entwickeln können.
Von Margarete Kappler
• Katharinas Vater starb, als sie 23 Jahre alt war. Er verstarb völlig unerwartet an einem Herzinfarkt, während sie sich gerade an ihrem Studienort mehrere hundert Kilometer entfernt aufhielt. Ihr Freund fuhr sie noch am gleichen Tag nach Hause zu ihrer Mutter und dem Bruder, alleine hätte sie sich die Fahrt nicht zugetraut. Zu Hause durchlebte sie die Tage bis nach der Beerdigung einerseits in einer Art Funktionsmodus, denn viel war zu organisieren, andererseits fühlte sie sich wie im Nebel: Alles um sie herum fühlte sich unwirklich an, ihre Gefühle waren wie betäubt, sie konnte sich nicht einmal auf kurze Texte oder Fernsehsendungen konzentrieren, und eigentlich war es ihr egal, welche Blumen oder Lieder für die Beerdigung ausgewählt wurden. Da ihr Vater sehr beliebt gewesen war, kamen viele Menschen vorbei, um ihr Beileid auszudrücken, was Katharina aber eher als lästig empfand; lieber hätte sie die Tür nicht aufgemacht. Die ganze Zeit über hatte sie einen Kloß im Hals, aber nur nachts im Bett kamen ihr die Tränen, und sie weinte heftig. Sie schlief sehr schlecht.
Ein paar Tage nach der Beerdigung fuhr sie zurück an den Studienort und nahm ihr Studium wieder auf. Das funktionierte ganz gut, jedoch kam ihr in den nächsten Monaten immer wieder der Gedanke, wie seltsam es doch sei, dass das Leben normal weiterging, obwohl sie doch ihren Vater verloren hatte. Sie hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihm gehabt, hatte Interessen und Hobbys mit ihm geteilt, viele gute Gespräche mit ihm geführt.
Sie entschied sich, ihre Trauer nur mit wenigen Vertrauenspersonen zu teilen, dem Freund und ein paar guten Freundinnen, und lebte ansonsten ihr Studentenleben weiter.
Sie hatte ein paar Andenken an den Vater mitgenommen: einen Text, den er mit der Hand geschrieben hatte, ein Jackett, das er getragen hatte. In manchen Momenten übermannte sie die Trauer regelrecht, gerade wenn sie alleine und nicht abgelenkt war:
Dann dachte sie intensiv an ihn, weinte.
Dies ist nun elf Jahre her, Katharina hat geheiratet, steht im Berufsleben und hat zwei Kinder. Nach wie vor erlebt sie immer mal
wieder Momente, in denen sie an den Vater denkt; sie hat dann vor allem den Gedanken, wie schade es ist und wie traurig, dass sie die schönen und spannenden Erlebnisse nicht mit ihrem Vater teilen kann: „Wie traurig, dass er die beiden Enkel nie kennengelernt hat! Sie hätten sich gemocht!“, „Wie schade, dass er nicht miterleben konnte, wo ich arbeite, er wäre stolz gewesen“. Dann kommen ihr auch die Tränen.
Frau P. verlor ihren Mann nach 35 Jahren Ehe. Er war seit Monaten in Behandlung seiner Krebserkrankung mit Chemotherapie gewesen, die auch anschlug. Sie hatte seine Behandlungen, die Termine, einfach alles organisiert, hatte ihn begleitet und unterstützt. Dann aber verstarb er doch überraschend und plötzlich an einer Lungenembolie. Nachdem sie die Beerdigung und alles Weitere organisiert hatte, stürzte sie in ein tiefes Loch. Sie musste sich krankschreiben lassen, verließ kaum noch das Haus, sagte alle ihre Aktivitäten wie Gemeindeveranstaltungen, Gymnastikgruppe, Treffen mit Freundinnen ab. Ihr fehlte die Kraft, sie schlief sehr schlecht. Unentwegt befasste sie sich damit, wie unerträglich der Verlust war. Kopfschmerzen wurden ihr dauernder Begleiter.
Mittlerweile sind 18 Monate vergangen und Frau P. geht es noch immer sehr schlecht: Sie nimmt regelmäßig ein Schlafmittel, um überhaupt etwas Schlaf zu finden; erholt fühlt sie sich allerdings dennoch nicht. Der Verlust steht ihr nach wie vor ständig vor Augen, das Leben ohne ihren Mann erscheint ihr sinnlos. Auch hat sie es nicht geschafft, seine Kleidung oder anderen Besitztümer zu sortieren, geschweige denn wegzugeben. Ihre Tochter hat sie mehrfach darauf angesprochen und ihre Hilfe angeboten –es käme ihr wie ein Verrat an ihrem Mann vor. Weiterhin ist sie krankgeschrieben, nun drängt die Krankenkasse darauf, dass sie eine stationäre Reha beantragen soll.
Herr Q. verlor seine Frau nach langer Krankheit, er ging bereits nach wenigen Tagen wieder zur Arbeit, sprach mit niemandem darüber. Seine Kollegen und Bekannten sind hin- und hergerissen: einerseits sind
sie beeindruckt, wie gut er das alles „packt“, andererseits gibt es Stimmen, die sagen, er müsste doch eigentlich mal richtig trauern.
Frau B. verlor ihren Sohn durch einen Unfall. In den ersten Wochen und Monaten stand sie wie neben sich, konnte kaum schlafen und wenn, dann wachte sie panisch aus Albträumen auf. An Arbeit oder ihr Ehrenamt war zunächst gar nicht zu denken. Nach ein paar Monaten jedoch begann sie wieder, sich um die Enkel zu kümmern, gerade auch, weil diese ja ihren Vater verloren hatten. Ihre Freundinnen ließen auch nicht locker, nahmen sie mit auf Ausflüge, an denen sie zunächst nur widerwillig, dann hin und wieder mit Freude teilnahm. Sie hat auch nach zwei Jahren noch ihre „dunklen Stunden“, hat da noch ein paar unbeantwortete Fragen an Gott, fühlt noch Traurigkeit und Zorn, aber auch wieder Dankbarkeit und Freude.
Die Reihe der Geschichten, die Menschen mit ihrer Trauer erleben, ließe sich endlos weiterführen, und es zeigt sich, dass diese Geschichten so individuell sind wie die Menschen, die sie erzählen. Dabei drängt sich die Frage auf, in welcher der Berichte „richtig“ getrauert wurde, ob der eine oder andere etwas hätte besser machen können.
Der Verlust eines nahestehenden Menschen führt stets in eine Ausnahmesituation: Die Psychologie bezeichnet dies als kritisches Lebensereignis, das eine Anpassungsleistung der Psyche erfordert. Gleichzeitig ist dies auch etwas, das praktisch jeden Menschen weltweit mindestens einmal, in der Regel mehrfach im Leben trifft. Trauer ist also sowohl Ausnahmezustand als auch normal und zum Leben dazugehörend. Während die Benennung der Stufen gelingender Trauer nach Kübler-Ross so verstanden werden kann, dass es einen normalen Ablauf von Trauer gäbe, der zu einer erfolgreichen Trauerbewältigung führt, weiß man heute, dass Trauer sehr individuell unterschiedlich sein kann. Sie ist einerseits kulturell geprägt, auch vom Zeitgeist, und kann darüber hinaus auch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich aussehen, abhängig von Alter, Geschlecht,
Trauer erfordert eine enorme Anpassungsleistung des gesamten Menschen an die veränderte Lebenssituation, nämlich an ein Leben ohne den Verstorbenen, der so wichtig war.
Persönlichkeit, Ressourcen und Umfeld der trauernden Person. Trauer bedeutet intensives Leid und kann einen Menschen, zumindest für einen gewissen Zeitraum, deutlich aus der Bahn werfen. Die Trauerreaktion kann gerade in der ersten Zeit zu sehr starken, auch seltsamen und krankhaft erscheinenden Reaktionen in Erleben und Verhalten, auch in Körperreaktionen führen, etwa wenn sich jemand komplett zurückzieht, nicht mehr essen kann oder sogar den Verstorbenen zu sehen scheint. All dies kann Teil des ganz normalen Trauerprozesses sein. Trauer erfordert eine enorme Anpassungsleistung des gesamten Menschen an die veränderte Lebenssituation, nämlich an ein Leben ohne den Verstorbenen, der so wichtig war. Dies beinhaltet auch, dass die gemeinsame Vergangenheit verarbeitet werden muss, die Beziehung, ebenso die Umstände des Todes. Die gute Nachricht ist:
Den allermeisten Menschen, etwa 90 Prozent, gelingt dieser Prozess erfolgreich, viele wachsen sogar daran.
Bis vor Kurzem gab es kein offiziell zu diagnostizierendes Krankheitsbild, das beschrieb, dass jemand an Trauer in außergewöhnlichem Maße litt. Bis zum heutigen Zeitpunkt behelfen sich Fachleute in der Regel mit der Diagnose Anpassungsstörung, wenn es darum geht, Trauernden eine Krankschreibung, Medikation oder Psychotherapie zu ermöglichen. Eine Anpassungsstörung beschreibt, dass jemand mit einem kritischen Lebensereignis wie Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder eben einem Todesfall nicht zurechtkommt, sich psychisch nicht daran anpassen kann. Der oder die Betroffene bleibt dann wie verhaftet mit dem Ereignis, denkt sehr viel daran, grübelt, verliert das Interesse an anderem. Hinzu kommen oft Angst und depressive Symptome. Wichtig ist, dass die Diagnose höchstens sechs Monate nach einem Todesfall gestellt werden
darf. Wenn die Symptome länger anhalten, muss der Arzt/die Ärztin bzw. der Psychotherapeut/die Psychotherapeutin eine andere Diagnose wählen. Immer wieder wurden in den letzten Jahrzehnten Diagnosen vorgeschlagen wie die Komplizierte Trauerstörung oder Pathologische Trauerreaktion, welche sich aber nicht durchsetzten. Es war nicht unumstritten, als 2013 im Diagnosemanual der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft DSM 5 erstmals zumindest in Aussicht gestellt wurde, dass eine Trauerreaktion als Diagnose in Zukunft in Betracht gezogen werden könnte und zu mehr Forschung in diesem Bereich aufgerufen wurde. Damals fiel auch das sogenannte Trauerausschlusskriterium bei Depressionen weg. Dies bedeutet: Bereits zwei Wochen nach einem Todesfall darf ein Arzt/eine Ärztin bei einem/einer Trauernden die Diagnose Depression stellen, was zuvor ausgeschlossen war. Dies war zu Recht nicht unumstritten, Aeternitas e. V., eine Verbraucherinitiative für Bestattungskultur, weist auf ihrer Website auf die Gefahr der Stigmatisierung Trauernder hin, aber auch auf die Notwendigkeit, sorgfältig zwischen Depression und Trauer zu unterscheiden. Wie in einigen der oben dargestellten Fallbeispiele sichtbar wird, ähneln sich Trauerreaktion und Depression in den Symptomen sehr: beide können zu Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Antriebsmangel, Interessenverlust, sozialem Rückzug, zu Schlafstörungen und Appetitlosigkeit führen. Jedoch gibt es bedeutsame Unterschiede:
Bei Trauernden wechseln sich meist Zeiten intensiven Leidens mit Zeiten ab, in denen sie durchaus schöne Aktivitäten genießen können. Trauernde sind emotional schwingungsfähig, während depressive Menschen wie emotional erstarrt sein können. Trauernde fühlen sich dem Schmerz nicht in dem
Maße ausgeliefert wie dies bei der Depression der Fall ist, sie können sich in der Regel auch Alltagsverrichtungen widmen und sich damit auch ablenken. Auch im Bereich des Denkens gibt es Unterschiede: während in Trauer Gedanken an den verstorbenen Menschen dominieren und es zu sorgenvollen Gedanken an die Zukunft ohne ihn kommt, bestimmt während einer Depression pessimistisches Grübeln und eine negative Sicht auf die Welt, die Zukunft und auf die eigene Person das Denken. Sigmund Freud hat dazu bereits 1917 Folgendes formuliert:
„Bei der Trauer ist die Welt arm und leer geworden, bei der Melancholie ist es das Ich selbst. Der Kranke schildert uns sein Ich als nichtswürdig, leistungsunfähig und moralisch verwerflich, er macht sich Vorwürfe, beschimpft sich und erwartet Ausstoßung und Strafe. Er erniedrigt sich vor jedem anderen, bedauert jeden der Seinigen, dass er an seine so unwürdige Person gebunden sei. Er hat nicht das Urteil einer Veränderung, die an ihm vorgefallen ist, sondern streckt seine Selbstkritik über die Vergangenheit aus; er behauptet, niemals besser gewesen zu sein“ (zitiert nach www.gute-trauer.de/trauer/ macht-trauer-krank).
Wohlgemerkt, die hier beschriebenen Trauerprozesse sind in ihrem Erscheinungsbild zunächst nicht krankhaft, wie Martin Grabe in seinem 2013 erschienenen Artikel ausruft: „Trauer ist keine Krankheit!“ (S. 10). Aber wann rechtfertigt ein Trauerprozess eine Diagnose – und wenn ja, welche?
Das Diagnosemanual der WHO (ICD), das für alle Ärzte und Psychotherapeuten verbindlich ist, stellt in seiner 11. Auflage, die seit 2022 gültig ist und voraussichtlich in Deutschland ab 2027 bindend sein wird, die Diagnose der Anhaltenden Trauerstörung dar. Diese umfasst zwei Kernsymptome, von denen mindestens eines vorliegen muss:
1. Starkes und anhaltendes Verlangen sowie Sehnsucht nach der verstorbenen Person
2. Starkes und anhaltendes Verhaftetsein mit der verstorbenen Person oder den Todesumständen
Hinzu kommt intensiver emotionaler Schmerz, der sich z. B. in tiefer Traurigkeit, Schuldgefühlen, Wut, Vermeidung, Vorwürfen, Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren, Beeinträchtigung des Identitätsgefühls, Unvermögen, positive Stimmung zu empfinden, emotionaler Taubheit oder sozialem Rückzug äußern kann. Hierbei ist wichtig, dass diese Reaktionen intensiver und länger anhaltend sind, als dies die jeweiligen kulturellen Normen der Gesellschaft, der sich die betroffene Person zugehörig fühlt, erwarten lassen würde.
Wie Killikelly und Maerker (2019) beschreiben, gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen normaler und pathologischer Trauer, das bedeutet, allein an der Symptomatik, dem Erscheinungsbild, den Emotionen oder Verhaltensweisen kann man eine Diagnose nicht festmachen. Entscheidend ist einzig die Intensität bzw. die durch sie hervorgerufene Belastung und Beeinträchtigung und die Dauer dieser Beeinträchtigungen von mehr als sechs Monaten.
Killikelly und Maerker fassen die Forschungslage zusammen: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass – unabhängig von normaler oder pathologischer Trauer – Trauernde ähnliche Symptome und -intensitäten während der ersten sechs Monate verspüren. Während viele Trauernde nach sechs Monaten den Verlust akzeptieren und ihr normales leben wieder aufnehmen, […] leiden Personen mit einer pathologischen Trauer auch weiterhin unter intensiven Beeinträchtigungen“ (S. 67f).
Die beschriebenen Symptome sind Ergebnis intensiver Forschung und auch das Kriterium von mehr als sechs Monaten ist nicht willkürlich gewählt. Es ist durch wissenschaftliche Studien gut belegt (z. B. durch Maciejewski et al, 2007, dargestellt in Killikelly und
Maerker, 2019). Maciejewski et al fanden heraus, dass die Kernsymptome von Trauer (Sehnsucht, Wut, depressive Symptome) in den ersten sechs Monaten nach dem Verlust am stärksten sind und dann kontinuierlich abnehmen, während die Akzeptanz des Geschehenen ab den ersten Monaten allmählich zunimmt. Killikelly und Maerker weisen jedoch darauf hin, dass immer der individuelle Fall angeschaut werden und dabei das 6-Monate-Kriterium nicht als absolut bindende Grenze angesehen werden sollte. Auf diese Kriterien bezieht sich auch die oben genannte Zahl der 90 Prozent erfolgreicher Trauer. Denn Studien zeigen, dass etwa 10 Prozent der Trauernden die Kriterien der Anhaltenden Trauerstörung erfüllen. Diese Zahl ist jedoch ein Wert, der sich auf die Durchschnittsbevölkerung bezieht, unabhängig von Alter, Erfahrungshintergrund, sozialem Umfeld. In Studien (dargestellt in Killikelly und Maerker) fand man jedoch heraus, dass es Faktoren gibt, die das Risiko, an Trauer krank zu werden, beeinflussen: unter älteren Menschen scheint das Risiko geringer zu sein, während psychische Vorerkrankungen wie schwere Depression oder bipolare Störung das Risiko verdoppeln. Wenn die Umstände des Todes gewaltsam oder traumatisch waren, erhöhte dies das Risiko einer Anhaltenden Trauerstörung zum Teil erheblich auf bis zu 76 Prozent. Eine besondere Risikogruppe stellen Geflüchtete dar, bei denen eine Studie (Killikelly et al, 2018, dargestellt in Killikelly und Maerker) ein Risiko von 32 Prozent fand.
Die Anhaltende Trauerstörung lässt sich, wie oben dargestellt, von der Depression abgrenzen, kann sich jedoch auch mit ihr vermischen, man spricht dann von einer Komorbidität. Auch mit der Posttraumatischen Belastungsstörung kann es solche Komorbiditäten geben, wenn die Umstände des Todes oder die Auffindesituation des Verstorbenen traumatisch waren. Diese Komorbiditäten erhöhen nicht nur das Leid, sondern machen eine psychotherapeutische und ggf. medikamentöse Behandlung auch drängender und komplexer, wobei erfreulicherweise mit der Imagery Rescripting und Reprocessing Therapy (Köster und
Schmucker, 2016) ein Verfahren zur Verfügung steht, das auch bei diesen komplexeren Komorbiditäten und bei traumatischer Trauer anwendbar ist.
Es gibt zahlreiche Erklärungsmodelle, wie und unter welchen Umständen ein Mensch erfolgreich trauern kann oder eben an der Trauer quasi zerbricht. Entscheidend für den Verlauf des Trauerprozesses scheint es zu sein, wie viele Ressourcen der/die Betroffene zur Verarbeitung zur Verfügung hat, also z. B. positive Bindungserfahrungen, ein soziales Netz, Bewältigungserfahrungen mit früheren kritischen Lebensereignissen, Interessen und Begabungen, die Möglichkeit, sich abzulenken, die psychische Flexibilität und auch der Glaube (im biblischen Sinne oder auch allgemeiner an einen Sinn im Leben). Es wird nach wie vor daran geforscht, und die Einigung auf die hier dargestellten Kriterien für eine Anhaltende Trauerstörung wird die Forschung in Zukunft erheblich fördern.
Literatur
• Aeternitas e. V. auf: www.gute-trauer.de/trauer/ macht-trauer-krank. Abgerufen am 08.08.2024.
• Grabe, M. (2013): Trauer und Depression. In P&S Magazin für Psychotherapie und Seelsorge, Nr.4/2013, S. 10–13.
• Killikelly, C. und Maercker, A. (2019): Anhaltende Trauerstörung. In: Maerker, A. Hrsg. Traumafolgestörungen. Berlin: Springer.
• Köster, R. und Schmucker, M. (2016): IRRT zur Behandlung anhaltender Trauer. Stuttgart: Klett-Cotta.
• WHO (2019): International Classification of Diseases, 11th Revision (ICD11). Abgerufen 08.08.2024 auf https://icd.who.int/en.
• WHO (2014): Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICD 10, Kapitel V (F), Klinischdiagnostische Leitlinien. Bern: Huber.
Autorin
Dipl.-Psych. Margarete Kappler ist psychologische Psychotherapeutin und arbeitet als leitende Psychologin in der de’ignis-Fachklinik in Egenhausen.
Grundlagen und Erscheinungsformen –von Herbert Scheiblich und Rainer Oberbillig
Neid
Leichtigkeit Befreiung / Loslösung
Scham (Ekel)
Verachtung
Angst
Sekundäremotionen
Basisemotionen
Schmerz • über Verlust • wegen Trennung
Lust / Unlust
Trauer
Schuldgewissen
Überraschung (alternativ Faszination Neugierde)
Liebe
Freude
Enttäuschung
Wut / Ärger
Verbitterung
Psychosomatische Basis der Trauer
Sekundäremotionen = Mixup von Basis- / Primäremotionen
• Trauer entsteht dann, wenn wir in die Situation kommen, Dinge nicht mehr ändern zu können. Die Trauer ist dabei eine Hilfe, die Welt so anzunehmen, wie sie ist. Sie hilft, das loszulassen, was wir nicht festhalten können, und sie schafft die Grundlage zu einem Optimismus, in einer sich ändernden Welt zu überleben.
Trauer ist die „normale“ emotionale Verlustreaktion, sie dient zur Bewältigung von Verlusterfahrungen. Sie ist nicht beschränkt auf die Bewältigung von Todesfällen im näheren familiären oder sozialen Kontext, sie tritt auch auf in Fällen anderer bedeutender (auch drohender) Verluste. Yalom spricht in diesem Zusammenhang auch von vier grundlegenden Existenzialien: Tod, Freiheit, Isolation und Sinnlosigkeit. Trauer ist also keine Krankheit, keine Katastrophe, keine Fehlfunktion, sondern ein psychohygienisch notwendiger Prozess der Verarbeitung von einschneidenden Verlusten und Veränderungen. Die Erscheinungsformen der Trauer sind dabei vielfältig, gemäß dem Bio-psycho-sozio-spirituellen Menschenbild (nach K. Lammer, „Trauer verstehen“).
Trauer gehört zu den Grundgefühlen oder Basisemotionen. Die Anzahl der Grundgefühle variiert je nach Theorie, hier laut N. Ekman:
• Überraschung/Faszination/Neugierde
• Freude
• Wut/Ärger
• Trauer
• Angst/Furcht
• Verachtung
• Ekel/Scham.
Die neurobiologische Grundlage der Basisemotionen wird im Zwischenhirn generiert und meistens durch somatisch bedingte Ereignisse wie Schmerz oder Lust/Unlust moderiert. Die Neurobiologie der Trauer ist gekennzeichnet von einem Anstieg von Aktivität in den hinteren Gehirnregionen und gleichzeitig der Reduktion der Gehirnaktivität im Frontalhirn, bei gleichzeitiger Reduktion der Amygdala etc. (siehe Abb. 2) .
Die Grundgefühle oder Primäraffekte sind angeboren und werden im Laufe der
Bindungserfahrungen des Kindes über Mikroexpressionen (flüchtige Gesichtsausdrücke) unterschiedlich ausgeprägt. Sie sind kulturunabhängig und äußern sich fast immer in einem gleichen Gesichtsausdruck. Sie werden durch einfache Sinneseindrücke, innere Bedürfnisse oder der Selbstwahrnehmung und dem aktuellen Befinden getriggert. Sie entstehen in Millisekunden im limbischen System und führen zu überdauernden nachweisbaren Effekten wie spezifischen EEGMustern sowie psychischen und somatischen Effekten. Sie sind unbewusst und damit schneller als die Kognition. Sie sind erkennbar im FACS (Facial Action Coding System) als Mikroexpression des Gesichtes).
Sie haben eine Leitfunktion in der primären Kommunikation und besitzen eine Schutzund Warnfunktion für das Individuum wie der Ekel vor bestimmten Nahrungsmitteln oder Angst zur Risikoeinschätzung. Sie helfen uns auch, selbstbestimmt zu kommunizieren.
Der Trauer kommt dabei eine grundlegende Funktion zu im Sinne von Bestürzung, Unglücklichsein, Betroffenheit, Verzweiflung, Mutlosigkeit oder Enttäuschung, aber auch Mitleid und Appell zur Mithilfe.
Die meisten Gefühle der Menschen sind sogenannte Sekundärgefühle, das heißt sie setzen sich aus Grundgefühlen in unterschiedlicher Mixtur zusammen (siehe Abb. 1 zu möglichen „Kombinationen von Sekundärgefühlen mit einem großen Anteil von Trauer“).
Trauer / traurig sein / traurig versus Depression / depressiv sein / deprimiert Existenziell wichtig ist die Unterscheidung zwischen den Phänomenen von Traurigsein und Deprimiert-sein. Äußerlich sind die Symptome ähnlich und überschneiden sich, aber es handelt sich dabei um zwei grundlegend unterschiedliche Phänomene:
• In einer Depression leidet man unter etwas versus man trauert über etwas.
• Depression ist ein passiver, gelähmter Gefühlszustand; Trauern hingegen ist ein aktiver Verarbeitungsprozess.
• Die Depression blockiert die Entschluss-, Liebes-, Freude-, Genussfähigkeit; in der Trauer jedoch sind diese Fähigkeiten meistens erhalten.
• Die überwiegenden Gefühle in der Depression sind Antriebslosigkeit, Gefühllosigkeit, innere Leere, Sinnlosigkeit. In der Trauer sind vorherrschend schmerzliche, auffallende Gefühle, Ratlosigkeit.
• In der Depression finden sich kognitivemotional Ohnmacht, Schuldgefühle, Versagen und Ängste. In der Trauer kreisen die Gedanken um den Verlust, die Erfahrung von Trennung.
• Der Depressive leidet unter seinen quälenden Gefühlen, kämpft gegen sie. In der Trauer will man traurig sein und nimmt seine Empfindungen als angemessen wahr.
• Die Trauer ist ein aktiver Verarbeitungsprozess. Wenn er nicht gelingt, geht es in die Depression und damit zu pathologischen Trauerreaktionen. Daher kann man die Depression prozessorientiert als eine verhinderte, nicht durchlebte, ausstehende Trauer sehen.
• Die Auslöser der Trauer sind zum Teil unterschiedlich: Die Trauer kann ausgelöst werden durch Enttäuschungen, Trennungen und Verluste. Diese Faktoren können auch lebensabschnittsbedingt sein. Die Stimuli der Depression sind gehäuft eine organische, unbedingte blockierte Emotionalität, kombiniert mit einer Antriebsstörung und Verlust von Werten.
• Depression aktiviert psychopathologisch die Gewissensstrukturen in Form von Schuldgefühlen, meistens ohne direkten Grund, eine objektive Schuld oder Versagen. Sie dämpft die Willensfunktion, sich zu entscheiden und dauerhaft bei dieser Entscheidung zu bleiben. Sie führt zum Grübeln. Die Trauer ist ein aktiver Prozess, der geleistet werden muss, ob man will oder nicht und führt zum Nachdenken.
• Die Trauer ist ein außerhalb der Psychodynamik angelegtes spezielles Grundmuster, das bei einem entsprechenden Ereignis ausgelöst wird, während die Depression sich psychodynamisch entwickeln kann.
Der Ablauf des Trauerprozesses wird durch psychodynamische Faktoren moduliert. Hier zu nennen, ist die Bindungserfahrung des Betroffenen. Menschen mit einer negativen oder unzureichenden positiven Bindungserfahrung sind in ihrem psychosozialen Umfeld eher Einzelgänger oder relativ isoliert. Bei einer Trennung oder Verlusterfahrung erleben sie diese als ein dramatisches, fast traumainduzierendes Ereignis. Menschen mit guter Bindungserfahrung dagegen werden in der Regel an diesen Life Events wachsen.
Ein weiterer modulierender psychodynamischer Faktor ist die Ich-Struktur mit Selbstregulation und Ich-Stabilität. Daher sind Menschen mit einer geringeren Ich-Stabilität und einem schwachen Selbstwertgefühl wie sogenannte „Borderliner“ bei Verlust und Trennungserlebnissen schneller im Sinne einer Traumareaktion gefährdet.
Des Weiteren moduliert die individuelle normative Struktur: Menschen mit einer starken normativen Struktur verarbeiten trauerauslösende Ereignisse nach einer kurzen Zeit der Belastung; hierbei spielen Religion und Spiritualität als Ressourcen und Resilienz eine bedeutende Rolle (siehe Seite 47)
Das Konzept der Trauer und somit des Todes (als endgültige Verlusterfahrung oder Trennung) ist entwicklungsabhängig. Ab dem achten Lebensjahr vermögen Kinder Universalität, Irreversibilität und NichtFunktionalität des Todes grundsätzlich zu begreifen.
Trauereinteilung
Normale Trauer ist eine emotional-kognitive Reaktion auf einen Todesfall. Sie äußert sich innerhalb der kulturell erwartbaren Normen in Abhängigkeit von den Umständen und Implikationen des Verlustes, das heißt seiner existenziellen Bedeutung für den Betroffenen mit einem angemessenen zeitlichen Verlauf. Sie ist notwendig.
Anhaltende Trauer ist klinisch eine bedeutsame Abweichung der Trauerreaktion von den kulturellen Normen in Bezug auf zeitlichen Verlauf, Intensität und Ausmaß der psychosozialen Funktionseinschränkungen. Für diese komplizierte Trauer wird in der
DSM V / ICD 11 eine Dauer von mindestens sechs Monaten angenommen mit dem Auftreten einer entsprechenden Symptomatik (siehe Artikel auf Seite 40 ff) .
Bei der Trauer als eine Reaktion auf einen traumatischen Verlust fand der Verlust im Rahmen eines traumatischen Erlebnisses statt oder – wie oben beschrieben – im Rahmen einer fragilen Psychodynamik. Es bestehen gleichzeitig Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, die den normalen Trauerprozess behindern oder verhindern.
Normaler Ablauf des Trauerprozesses
Eine ausgelöste Trauer verläuft gewöhnlich in mehreren Phasen, wobei die zeitliche Dauer der einzelnen Phasen sehr unterschiedlich sein kann:
• Die Betroffenen erleiden anfangs einen Schock im Sinne einer akuten Belastungsreaktion. Sie können nicht wahrhaben, was geschehen ist. Hier findet sich auch der mögliche Übergang zu einer Traumareaktion.
• Nachfolgend finden wir eine Phase der Niedergeschlagenheit, Sinnlosigkeit, Zukunftsangst und Hadern mit dem Schicksal; zum Teil ist diese Phase auch verbunden mit somatischen Symptomen wie Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Konzentrationsverlust. Die Alltagsgestaltung und der Fokus darauf fällt hier meistens schwer. In dieser Phase erleben die Trauernden auch Verlassenheit und Schuldgefühle und andere unspezifische Symptome wie Unwohlsein oder Erschöpfung.
• In der vorletzten Phase heilen die geschlagenen Wunden. Der Gedanke an verstorbene Personen oder Trennungen lässt weniger verzweifeln. Es gelingt dem Trauernden, sich wieder besser zu konzentrieren, den Verlust adäquat wahrzunehmen und den Blick auf die Zukunft zu richten.
• In der letzten Phase kommt es dann zur Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichts. Es können die anderen Grundgefühle wieder aktiv wahrgenommen bzw. positiv wahrgenommen werden, und man entwickelt ein neues Lebenskonzept (siehe Abb. 3) .
Modelle der Trauerphase
Es gibt verschiedene ziel- und phasenorientierte Modelle des Trauerprozesses. Das wohl bekannteste ist von Kübler-Ross, die schon 1969 fünf Phasen des Sterbens beschrieb. Auf der Grundlage von John Bowlby und Parkes beschriebenen Attachments entwickelte Kast 1982 ein Modell von vier Phasen:
Erste Phase
Nicht-Wahrhaben-Wollen: der Verlust wird verleugnet, der Trauernde ist empfindungslos und starr vor Ersetzen. Diese erste Phase ist meistens kurz, dauert maximal einige Wochen. Je unerwarteter der Verlust oder die Trennung auftritt, umso länger dauert die Bewältigung dieses Schockereignisses.
Zweite Phase
Aufbrechen der gemischten Emotionen von Trauer, Wut, Freude, Zorn, Angstgefühl und Ruhelosigkeit. Eventuell setzt eine Suche nach einem Schuldigen ein. Der konkrete Verlauf dieser Phase hängt von dem psychosozialen und psychodynamischen Kontext ab: ob Menschen, mit denen man das Erlebte durchsprechen kann, vorhanden sind und in welcher Beziehung man zu dem Verstorbenen stand. Es treten starke Schuldgefühle oder auch große Aggressionen auf. In dieser Phase ist es besonders wichtig, die aufkommenden Gefühle zuzulassen und nicht in eine „heroische“ Selbstbeherrschung zu geraten.
Dritte Phase
In dieser Phase wird das Verlorene oder Getrennte unbewusst und bewusst in der realen Umgebung gesucht. Die Konfrontation mit der Realität führt zu einem inneren Dialog, der anfangs von einem Pseudoleben mit dem Verlorenen oder dem Getrennten gekennzeichnet ist, hier kommt es zu einer Entfremdung und Distanz zur Umwelt. In dieser Phase ist es wichtig, dass ungelöste Konflikte aufgearbeitet werden.
Vierte Phase
Es entwickeln sich ein neuer Selbstwert, Sinn und eine veränderte Zukunftsperspektive. Der Verlust ist soweit akzeptiert, man orientiert sich wieder am Alltag und hat den
Abb. 2 Neurobiologie Erregung/Aktivität des zentralen Nervensystems (ZNS) Trauer vs. Depression
Abb. 3 Alltagserfahrung
Alltagserfahrung
Verlustorientiert
Trauerarbeit
Trauerintervention
Auflösen von Bindungen
Verleugnung / Vermeidung von Wiederherstellungsorientierten Veränderungen
Verlernen
Wiederherstellungsorientiert
Sich den Lebensveränderungen stellen
Neue Dinge wagen
Ablenkung von der Trauer
Verleugnung / Vermeidung der Trauer
Neue Rollen, Identitäten, Beziehungen aufnehmen
Neulernen
Die Sicht der christlichen Theologie auf die Trauer ist eine besondere Form der aktiven Nächstenliebe in Form der Solidarität mit dem Trauernden.
Die Trauerarbeit ist, wie schon erwähnt, kein passiver Vorgang, sondern vielmehr muss der trauernde Mensch sich aktiv daran beteiligen.
Mut, neues Verhalten zu entwickeln, neue Beziehungen und neue Rollen anzunehmen.
Das Modell von Kast integriert Elemente der analytischen Psychologie. Weitere Modelle sind systemisch-psychodynamisch orientiert wie das Modell von Y. Spiegel oder aufgabenorientiert wie das Modell von W. Worden. Das systemische Modell von Spiegel unterteilt sich dabei in folgende Abschnitte: Schockphase, kontrollierte Phase, Phase der Regression, Phase der Adaption.
Inhaltlich unterscheiden sich diese Modelle nur in unwesentlichen Punkten.
Die individuelle Aufgabe, die jedoch in der Trauerarbeit zu leisten ist, folgt immer wieder dem gleichen existenziellen Muster:
• Aufarbeitung der Trauer mit Anerkennung der Realität,
• Expression inakzeptabler Gefühle und Wünsche mit Bewertung des Verlustes,
• Entscheidung zum Leben mit „Embodiment“ des Verlustes oder der Trennung in die Psychodynamik und in die Alltagsvollzüge,
• Chance zum Neubeginn mit Strukturierung des Alltags.
Religion und Spiritualität der Trauer
Die Trauerarbeit ist, wie schon erwähnt, kein passiver Vorgang, sondern vielmehr muss der trauernde Mensch sich aktiv daran beteiligen. Die Trauer ist einerseits kulturund geschichtsabhängig, wobei an dieser Stelle auf eine Darlegung verzichtet wird. Es gibt von daher auch verschiedene Formen der säkularen Trauerverarbeitung, die abhängig sind von der gesellschaftlichen Entwicklung wie z. B. Zunahme der Säkularisierung. So finden wir z. B. aus verhaltenstherapeutischer Perspektive einen Ansatz zu „Existenzielle Perspektiven in Psychotherapie und Beratung“ (Noyon/Heidenreich).
Die Sicht der christlichen Theologie auf die Trauer ist eine besondere Form der aktiven Nächstenliebe in Form der Solidarität mit dem Trauernden. Dies kann in der Form auftreten, den Trauernden zu trösten, den Verstorbenen gemeinsam zu Grabe zu tragen und in der Folge trauernde
Angehörige auf den Friedhof zu begleiten und für „lebende Tote“ zu beten. Es ist eine Form der Barmherzigkeit.
Der Trauernde ist in seiner menschlichen Befindlichkeit bedingungslos anzunehmen und psychospirituell zu begleiten. Es werden dabei Rituale angeboten, die es ermöglichen, in bestimmten Zeitabschnitten den Trauerprozess zu begleiten und abzuschließen.
In der christlichen Theologie werden die Trauer und die damit verbundenen Prozesse und Phänomene als ein zentrales Element der Soteriologie und Eschatologie aufgefasst. Für den Menschen mit einer hohen Religiosität/Spiritualität (Zentralität religiöser Konstrukte) ist es darum wichtig, in seinem Transzendenzerleben oder personalen Gottesbezug verstanden und individuell begleitet zu werden, sei es im eigenen Sterbe- und Trauerprozess, sei es um mit dem Verlust belasteten Angehörigen spirituell kompetent Trauer zu ermöglichen und durchzuarbeiten. Der Seelsorger Bräumer verweist hier auf die Beschreibung der Trauerarbeit von Jakob um seinen spurlos verschwundenen Sohn Josef in der Bibel: „Jakob trauerte um seinen Sohn Josef wie um einen Toten, und das viele Jahre lang. Seine Trauerarbeit bestand in einem sich immer wiederholenden realistischen Umschreiten der durch das Leid veränderten Situation. Mit Josef hatten sich für Jakob alle Hoffnungen für eine große und erfüllte Zukunft verbunden. Nun war alles zu Ende … Die Trauerarbeit Jakobs ist gekennzeichnet von Schreien des Entsetzens, vom Wunsch, allein zu sein und vom Weinen.“ (Genesis 37) Für Jakob findet über Jahre keine (Los-)Lösung vom Verlust oder Neuorientierung zum Leben hin statt, insofern liegt hier ein Übergang von Trauer in Depression vor.
Für einen generell hilfreichen und spirituell kompetenten Umgang mit der Trauer empfehlen sich die von Basisemotionen aufgeladenen biblischen Psalmen. Diese können der Identifikation mit unterschiedlichen Ausdrucksformen von Trauer dienen, insbesondere um das Wesen der Klage oder des Sich-Beklagens in der Gottesbeziehung zu erlernen und dazu ermutigt zu werden (etwa Psalm 13,2–3).
Mit dem Tod oder einer Trennung endet nicht alles, sondern es ist ein Neustart mit starken Bedingungen. „Endlichkeit bzw. Sterblichkeit ist demnach das zentrale Thema sowohl des Lebens als auch des Glaubens. Der Tod hat hermeneutische Funktion. Er ist der Lehrmeister des Lebens und der ‚Ernstfall des Glaubens‘. Wo er eintritt, sind die Religionen im Zentrum ihrer Aufgabe gefordert … Dazu bedarf es einer ‚Dogmatischen Kompetenz‘, d. h. spirituellen Deutungskompetenz“ (Lammer, „Tauer verstehen“).
Bestandteil einer solchen spirituellen Deutungskompetenz sollte sein:
• Jesus ist an deiner Seite und hat alles unter Kontrolle.
• Das Verlustereignis dient dir letztlich zum Besten, auch wenn du es selbst noch nicht verstehst.
• Du lernst heils- und lebensnotwendige Dinge, wobei dir die Trauer hilft, diese zu begreifen und in dein Leben umzusetzen.
Autor
Dr. med. Herbert Scheiblich ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Kinder- und Jugendpsychotherapie. Er war Mitgründer der de'ignis-Fachklinik und ist derzeit Weiterbildungsleiter an der Akademie für Psychotherapie sowie Dozent am collegium verum in Warschau.
Autor
Rainer Oberbillig ist DiplomPsychologe, approbierter Psychotherapeut, ehemals langjähriger Mitarbeiter in der de’ignisFachklinik und Mitgründer, jetzt i. R., sowie auf Honorarbasis in freier Praxis tätig und am de’ignis-Institut engagiert. Er absolvierte ein Doktorat-Studium am Institut für Empirische Religionsforschung (IER) an der Universität Bern.
Fachklinik • Wohnheim • Institut • Stiftung
In der de’ignis-Fachklinik erhalten Menschen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burn-out, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf sie ausgerichtete Behandlung. Zusätzlich bietet sie Nachsorge- und Sonderprogramme mit einzelnen Sozialversicherungsträgern sowie verschiedene Präventionsangebote an. ↗ Ab Seite 49
Das de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Es deckt die Bereiche des intensiven und teilstationären Heimbereichs, den Wohntrainingsbereich sowie den ambulanten Bereich ab. Dabei bietet es ein umfangreiches sozialtherapeutisches Programm an. ↗ Ab Seite 56
Das de’ignis-Institut bietet seit über 30 Jahren erfolgreich Fortbildung, Schulung, Supervision und Beratung für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche an, hierbei insbesondere die Fortbildung für Christlich-integrative Therapie. Das Institut bildet eine Schnittstelle zwischen Medizin, Psychologie und Theologie. ↗ Ab Seite 53
Die de’ignis-Stiftung in Polen bietet bereits seit einigen Jahren Seelsorgekurse an und unterstützt den Aufbau eines Netzwerks von Seelsorge-Beratungsstellen. Des Weiteren erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen in der de’ignis-Beratungsstelle in Warschau ambulante Psychotherapie. ↗ Ab Seite 62
de’ignis-Fachklinik
•Medizinische Rehabilitationseinrichtungen werden neben der permanent stattfindenden Qualitätsauswertung auch routinemäßig von den Kostenträgern visitiert, um die Qualität der Einrichtungen vor Ort umfänglich zur Qualitätssicherung der Leistungen zu auditieren. Dabei werden anhand eines umfassenden Qualitäts-Manuals, das die DRV für die Begutachtung von Rehabilitationskliniken erstellt hat, Strukturqualität (z. B. Räumlichkeiten und Speisenangebot), Diagnostik und apparative Ausstattung, Personal und ihre Aufgaben, therapeutisches Angebot und Therapie, medizinische Aufgaben, Angebot und Durchführung arbeitsbezogener Reha-Leistungen,
Sozialdienst, Sozialmedizin, Therapieplanung und Entlassung sowie Nachsorge strukturiert geprüft. Ebenso wird die Patientenzufriedenheit abgefragt. So wurde die Klinik auch Mitte des Jahres von Vertretern der DRV visitiert. Zusammenfassend können wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein. Die Visitatoren bescheinigten der Klinik eine sehr hohe Qualität. Diese herausragende Bewertung ist ein direktes Resultat des außergewöhnlichen Engagements und der Hingabe, die jede/-r von den Mitarbeitenden tagtäglich in seine Arbeit einfließen lässt.
•Der jüngste Betriebsausflug der de’ignis-Fachklinik in den Schwarzwald war ein voller Erfolg und ein Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird. Rund 100 unserer Mitarbeitenden nahmen an diesem besonderen Ereignis teil und erfreuten sich an einem Tag voller Natur, Genuss und Gemeinschaft. Entgegen aller Wettervorhersagen, die Regen und graue Wolken angekündigt hatten, bescherte uns der Tag strahlenden Sonnenschein und angenehme Temperaturen. Der Ausflug begann mit einer gemütlichen Busfahrt zu unserem ersten Stopp: einem charmanten Café, das für seine superleckeren Kuchen und Kaffeespezialitäten bekannt ist. Frisch gestärkt, machten wir uns auf zu einer Wanderung durch den einzigartigen Schwarzwald. Die Natur präsentierte sich in ihrer vollen Pracht und die frische Luft tat gut. Die Wanderung führte uns durch den dichten Wald mit seiner Schönheit, bis wir schließlich die Berghütte
erreichten, die uns mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Schwarzwaldlandschaft empfing. In der Berghütte erwartete uns ein reichhaltiges Grillbuffet, das keine Wünsche offenließ. Die Stimmung war fröhlich und es war eine wunderbare Gemeinschaftsatmosphäre. Besonders schön war der Austausch untereinander. Mitarbeitende, die sich aufgrund der unterschiedlichen Standorte teils wenig sehen, hatten die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen und in entspannter Atmosphäre miteinander ins Gespräch zu kommen. Diese Momente des Austauschs und der Verbundenheit sind es, die unser Team stärken und diesen Ausflug so besonders gemacht haben. Der Betriebsausflug war ein großartiges Erlebnis. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächsten gemeinsamen Events und die vielen schönen Erinnerungen, die dabei wieder gesammelt werden. Bis dahin bleiben uns die unvergesslichen Eindrücke dieses Tages.
Wir sind eine Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Und wir glauben. Daran, dass Menschen dann am besten helfen können, wenn es ihnen selbst gut geht. Dafür tun wir so einiges – du wirst angenehm überrascht sein. Und wenn du liebst, was wir leben, dann werde Teil des de’ignis-Teams!
Alle aktuellen Stellenangebote auf: www.deignis.de/jobs
Informationen zu unseren Behandlungsangeboten erhalten Sie auch unter www.deignis.de
•In unserer Klinik setzen wir sowohl im stationären als auch im tagesklinischen Rehabilitationssetting mitunter auf Kunstund Ergotherapie bei unseren interdisziplinären Behandlungsmethoden, die den Heilungsprozess unserer Patienten bereichern. Kunsttherapie ermöglicht es Patienten, sich kreativ auszudrücken und emotionale Blockaden zu lösen. Sie fördert das emotionale Wohlbefinden und verbessert kognitive Fähigkeiten, indem sie den Ausdruck von Gefühlen unterstützt, die verbal schwer fassbar sind. Ergotherapie zielt darauf ab, funktionale Fähigkeiten für ein unabhängiges Leben zu entwickeln oder wiederzuerlangen. Besonders bei der Rehabilitation zeigt sie große Erfolge. Unsere therapeutischen Fachkräfte erstellen
individuelle Pläne, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, was messbare Fortschritte fördert. In der Klinik integrieren wir beide Therapien nahtlos in medizinische und psychotherapeutische Behandlungen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht umfassende Behandlungspläne, die körperliches und seelisches Wohlbefinden fördern. Unsere Patienten schätzen die ganzheitlichen Ansätze und berichten von gesteigertem emotionalen Wohlbefinden und besserer Alltagsbewältigung. Kunst- und Ergotherapie sind somit essenzielle Bestandteile unseres Therapieangebots, die die Lebensqualität nachhaltig verbessern.
Das de’ignis-Institut ist seit der Übertragung der Geschäftsführung an Phil Hartmann zum Jahresbeginn in einem kontinuierlichen Gestaltungsprozess.
• Mit Überarbeitung der Fortbildung in Christlich-integrativer Therapie wurde bereits ein neuer Startpunkt für die Fortund Weiterbildung im Institut gesetzt. Das Institut hat innerhalb der de’ignis Gruppe eine besondere und wichtige Funktion, da es sowohl Fort- und Weiterbildungsangebote –speziell für die Christlich-integrative Therapie – , Supervision, Coaching und Beratung anbietet als auch Grundlagenentwicklung und Forschung innerhalb der de’ignis-Arbeit umsetzt.
Im Rahmen der Neugestaltung des de’ignis-Instituts freuen wir uns sehr über die Wiedereröffnung der Kinder- und
Mit einer Spende unterstützen.
Hilfe, die ankommt.
Möchten Sie die Arbeit von de'ignis mit einer Spende unterstützen? Wir sind überaus dankbar für jeden Beitrag, den Sie uns zukommen lassen, um als gemeinnützige Einrichtung den Bereich der Kinderund Jugendambulanz weiter auszubauen.
Ihre Spenden zur Unterstützung der Ambulanz für Kinder, Jugendliche und Familien können Sie an folgendes Konto richten:
Volksbank Nordschwarzwald eG
IBAN: DE85 6426 1853 0066 6240 37
BIC: GENODES1PGW
Jugendambulanz. Im Zuge der Mitarbeiterverstärkung im Institut seit September diesen Jahres bieten wir wieder sozialpädagogische Beratungsangebote für (Schul-)Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern und auch für (Schul-)Pädagogen/Lehrerinnen und Lehrer an. Darüber hinaus gibt es bereits weitere tolle Ideen, das Angebot des Instituts zu erweitern – aber alles nach und nach! Eine herzliche Einladung, sich über Neuerungen auf unserer Homepage regelmäßig zu informieren!
Im Folgenden stellen wir das aktuelle Angebot der Kinder- und Jugendambulanz im Rahmen des de’ignis-Instituts vor.
Sozialpädagogische Beratung für (Schul-)Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern und (Schul-)Pädagogen
• Das sozialpädagogische Beratungsangebot der de’ignisKinder- und Jugendambulanz unterstützt Sie als Eltern oder (Schul-)Pädagogen/Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit Ihren Kindern bzw. Schülern. Es wendet sich an (Schul-)Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in ihrer persönlichen, familiären oder schulischen Lebenssituation herausgefordert oder überfordert fühlen.
Wir beraten Sie bei folgenden Anliegen:
• persönliche, familiäre oder schulische Überforderung
• Herausforderungen und Konflikte im Familien- oder Schul-/Ausbildungsalltag
• Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen
• Fragen zum Kindeswohl und dessen Gefährdung
• Fragen zur Erziehung (z. B. bzgl. der Pubertät)
• besondere Lebenslagen (z. B. Verlust, Trennung, Erkrankung von Eltern oder Angehörigen)
• Anpassungsschwierigkeiten (z. B. durch Umzug, Schulwechsel, Partnerwechsel der Eltern)
• Anzeichen von depressivem, (auto-)aggressivem, abhängigem oder suizidalem Verhalten von (Schul-)Kindern und Jugendlichen
• bei lernbezogenen Themen (in Form eines Lerncoachings*)
• in allgemeinen Fragen der Berufsorientierung
• sowie im Blick auf weiterführende Hilfen (z. B. Schulsozialarbeit, Angebote über das Kinder- und Jugendamt, Vereine, spezielle Fach-Beratungsstätten, anderweitige Hilfsmöglichkeiten)
* Lerncoaching als individuelle Lern-Begleitung zielt darauf ab, die persönliche Freude am Lernen (neu) zu wecken, die persönliche Lernfähigkeit (wieder) zu entdecken sowie diese weiterzuentwickeln. Sie hilft, Lernblockaden zu beseitigen, erfolgreiche Lernstrategien einzusetzen und persönliche Lernziele zu erreichen. Sie ist keine Lerntherapie (wie z. B. bei AD(H)S, LRS oder Dyskalkulie) und auch keine schulische Nachhilfe.
Mehr erfahren:
Worauf wir bei der Beratung Wert legen: Sie sollen nachhaltig positive Veränderung erfahren, weshalb wir unsere Beratung konstruktiv und progressiv gestalten.
Dafür beziehen wir z. B. Ihre Stärken und positiven Gegebenheiten in die Beratung mit ein – man nennt dies auch Stärkenund Ressourcenorientierung. Weiterhin ist uns für die Beratung mit Ihnen wichtig,
• eine Lösungs- und Zielorientierung in der Problembewältigung anzustreben,
• präventive und intervenierende Aspekte in die Beratung einzubeziehen,
• konkrete Ideen für die nächsten praktischen Handlungsschritte zu entwickeln,
• verschiedene und vielfältige Methoden zu nutzen, sowie
• Ihre Eigenverantwortung und Selbstbefähigung (empowerment) durch Kompetenzerwerb zu stärken.
Dabei orientieren wir uns an Ihrer Lebenswelt und berücksichtigen auch mögliche systemische Zusammenhänge (z. B. soziale Strukturen).
Religiosität als persönliche Ressource in der Beratung
Wir legen in unserer Arbeit das christliche Menschenbild zugrunde und verstehen uns den christlichen Grundwerten verpflichtet. Wir betrachten den Menschen (neben seiner körperlichen und psychischen Seins-Dimension) als spirituelles Wesen mit dem Wunsch nach (Lebens-)Sinn und Zukunft, und erkennen den Glauben als eine Möglichkeit der persönlichen Kraftquelle an. Unser ganzheitliches Beratungsangebot ist grundsätzlich für Personen jeder Weltanschauung offen, wobei der persönliche Glaube nur soweit in die Beratung einbezogen wird, wie es die Ratsuchenden selbst wünschen.
Näheres zu den Rahmenbedingungen unserer sozialpädagogischen Beratungsangebote sowie unser Kontaktformular finden Sie auf www.deignis.de
Gerne können Sie uns für Ihre Fragen oder zur Terminvereinbarung auch per E-Mail über institut@deignis.de kontaktieren.
Sie wollen Ihren Wissenshorizont und Ihre Kompetenzen im Bereich der psychischen Gesundheit auf christlicher Basis aufbauen, erweitern oder verbessern?
• Hierzu finden Sie bei uns ein interessantes Spektrum an Fortbildungen, Schulungen, Seminaren und Vorträgen, die genau zu Ihren Anforderungen passen. Wachsen Sie in Ihren Fähigkeiten und profitieren Sie von der langjährigen Erfahrung, hohen Qualität und Kompetenz von de’ignis.
Die Christlich-integrative Therapie ist die Integration von Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik zu einem ganzheitlichen Konzept, das alle Aspekte des Menschseins ausgewogen umfasst. Die Teilnehmenden der Seminare lernen, Menschen mit seelischen Problemen qualifiziert auf der Basis biblischer Werte und Wahrheiten in Kombination mit wissenschaftlicher, klinischpsychotherapeutischer Fachkenntnis zu helfen.
Ausgewählte Dozenten und Dozentinnen aus Wissenschaft und Praxis schulen Sie in den verschiedenen Bereichen nach den aktuellen Standards und geben Ihnen exklusive Einblicke
sowie Hilfestellung in der direkten Umsetzung relevanter Lerninhalte. Mit unseren Fortbildungs- und Schulungsangeboten profitieren Sie einerseits selbst für Ihr eigenes Leben und werden andererseits in die Lage versetzt, anderen Menschen in ihrem seelischen Wohlbefinden kompetent zu helfen.
Sie möchten gerne von unserem Schulungsprogramm profitieren?
Schon jetzt können Sie gespannt darauf sein und einzelne Tagesseminare buchen. Schauen Sie hierzu auf www.deignis.de/veranstaltungen vorbei und nutzen Sie gerne unser Online-Anmeldeformular oder schreiben Sie uns per E-Mail an institut@deignis.de Wir halten Sie hier auf dem Laufenden, auch zu den Seminaren in 2025.
Auf unserer Webseite finden Sie weitere Informationen zur Fortbildung und aktuelle Termine.
↗ www.deignis.de/fortbildung/cit
Es berichtet Winfried Hahn – Mitglied der Geschäftsführung des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim.
• Die Verhandlungen mit unseren Kostenträgern nach den Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes haben wir vor einigen Wochen so abschließen können, dass wir im Wesentlichen unsere laufenden Kosten decken können. Allerdings gibt es einen Bereich, der von den gesetzlichen Vorgaben so niedrig angesetzt ist, dass wir kaum kostendeckend arbeiten können. Das ist der Bereich der Sachkosten. Dazu gehören auch die Instandhaltungskosten unserer Gebäude. In diesem Bereich wird es in Zukunft bei der Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen oder bei Reparaturbedarf durch Abnutzung der Räumlichkeiten erhebliche Engpässe geben.
Auch wollen wir unseren Bewohnern gerne nach wie vor im Bereich von Freizeitaktivitäten Anteil an den schönen Seiten des Lebens geben. Neben unseren Angeboten zur Erhöhung von Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung stehen bei uns regelmäßig Wanderungen im Donautal, Segeln auf dem Bodensee, Fahrradtouren etc. auf dem Programm. Diese Maßnahmen müssten, um sie zu refinanzieren, einzeln separat beantragt und genehmigt werden, was mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden wäre bzw. nicht möglich ist, da viele Angebote sich spontan und witterungsabhängig ergeben. Deshalb brauchen wir weiterhin Ihre Unterstützung. Allein in diesem Jahr haben wir bis jetzt 28 freizeitpädagogische Angebote durchgeführt. Vor allem Eintrittsgelder und auch mal ein Eis oder einen kleinen Snack haben wir unseren Bewohnern, die über wenig Geld verfügen, zukommen lassen. Um Ihnen einen kleinen Einblick zu gewähren, was wir neben unserer pädagogischen Alltagsarbeit anbieten, fügen wir einige Beispiele und einige Fotos über unsere Tätigkeiten an. Psychische Erkrankungen führen oft zu Resignation und Passivität. Dem wollen wir auf diese Weise entgegenwirken. Dafür brauchen wir, wie gesagt, nach wie vor Unterstützung.
Einige unserer Aktivitäten in 2024:
• Spaziergang im Donautal
• Besichtigung Kloster Birnau und Spaziergang am Bodensee
• Wanderung auf den Verlobungsfelsen im Donautal
• Wanderung auf den Schaufelsen im Donautal
• Wanderung zur Maurushöhle und Burg Wildenstein im Donautal
• Fahrradtour Bregenz-Rohrspitz
• Blütenweg von Ludwigshafen nach Sipplingen und mit dem Schiff zurück
• Europapark
• Campus Galli (mittelalterliches Kloster im Aufbau)
• Aussichtspunkt im Donautal
• Mehrmals Freibad Sigmaringen
• Mehrmals Strandbad Ludwigshafen am Bodensee
• Montafoner Radweg
• Radtour ein Teil des Donautalradweges
• Sonnenuntergangsschwimmen am Bodensee in Ludwigshafen
• Sonnenuntergangsschwimmen am Bodensee in Sipplingen
• Minigolf in Hausen i. T. im Donautal
• Wanderung von Meersburg nach Hagnau
• Im September und Oktober vermehrtes Segeln auf dem Bodensee
de’ignis-magazin – Aktuell – Wohnheim
Blütenweg von Ludwigshafen nach Sipplingen und mit dem Schiff zurück
Segeln auf dem Bodensee
Wanderung auf dem Gantakopf im Montafon
Fahrradtour von Bregenz zum Rohrspitz
• Dankbarkeit. Erleichterung. Respekt. Mit diesen drei Worten lassen sich die Empfindungen zusammenfassen, mit welchen wir als Leitungskreis des de’ignis-Wohnheims aus den Kostenverhandlungen rausgegangen sind, nachdem diese Ende Juli 2024 ihren Abschluss gefunden haben. Nach über zweijähriger Vorbereitung konnten wir innerhalb der beiden, teils intensiv geführten Verhandlungsrunden ein annehmbares Ergebnis erzielen.
Wir sind dankbar, wir sind erleichtert, wir blicken mit Respekt in die Zukunft, weil uns auf der Ebene der so genannten Sachkosten als Verhandlungsergebnis nun weniger finanzielle Mittel zu Verfügung stehen als bisher. Dies betrifft insbesondere die Kosten, welche für die Instandhaltung unserer Wohngebäude (z. B. in Form von Materialaufwendungen, Handwerker- und Hausmeisterleistungen) entstehen. Wir wollen auch in diesem Bereich weiterhin nachhaltig wirtschaften und Reparaturstaus, welche langfristig unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen, vermeiden. Somit wurde ein Verhandlungsergebnis errungen, welches uns als Einrichtung in Teilen herausfordert, aber gleichzeitig – vor allem auf der Personalseite – eine stabile Grundlage bildet, um im Sinne unserer christuszentrierten Berufung den hilfesuchenden Menschen mit hohem inhaltlichem und personellem Einsatz und der notwendigen Fachkompetenz weiterhin dienen zu können.
Ein allgemeines Ziel dieser grundlegenden Kostenverhandlung war es, die Leistungserbringung und -abrechnung nach Maßgabe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) möglichst personenzentriert auszurichten. Da der individuelle, ressourcenorientierte und eigenverantwortungsstärkende Begleitungsansatz schon immer ein Teil der de’ignis-DNA ist, können wir die Vorgaben des BTHG gut umsetzen und die Angebotsstruktur des Hauses elegant in die neue Leistungssystematik inkl. der entsprechenden Begrifflichkeit überführen. Konkret unterscheiden wir nun zwischen:
• der assistierenden Hilfe in der besonderen Wohnform
• und dem tagesstrukturierenden Begleitungsangebot in Form von Fördergruppen
Die Betreuungsleistungen im Bereich der besonderen Wohnform werden mit dem Ziel erbracht, Betroffenen „[…] eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen sind darauf gerichtet, Leistungsberechtigten zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem
Ein aktueller Bericht aus dem de’ignis-Wohnheim von unserem Einrichtungsleiter Bernd Storek. de’ignis-magazin – Aktuell – Wohnheim
sozialen Raum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.“ 1 Innerhalb der Tagesstruktur in Fördergruppen liegt der Fokus auf dem Erwerb und Erhalt von praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten. Das formuliert Ziel dabei: „Die Leistungsberechtigten sollen befähigt werden, die Gestaltung des Tages im Rahmen der persönlichen Fähigkeiten möglichst selbstständig zu übernehmen. […]
Langfristig soll der Grad der Abhängigkeit von Hilfen nach Möglichkeit reduziert werden. Personenkreisabhängig soll zudem die Teilhabe am Arbeitsleben vorbereitet, bspw. wenn möglich eine (Re-) Integration in den Arbeitsbereich einer WfbM 2 angestrebt werden.“ 3
Ergänzend zu der Hilfe in der besonderen Wohnform und in den Fördergruppen wird bei vielen Bewohnern durch ein Modul Pflege in Abhängigkeit vom jeweiligen Pflegegrad ein entsprechender Assistenzbedarf erfasst und abgerechnet.
Weitere Unterstützungsleistungen im medizinischen bzw. medizinisch-koordinatorischen Bereich rechnen wir gegenüber den Kostenträger durch das Modul Arzt- und Therapiebegleitung inkl. Umsetzung ärztlich verordneter Maßnahmen ab.
Abrechnungstechnisch und strukturell splittet sich das Hilfsangebot des Wohnheims also in vier Teilbereiche auf. Unser christliches Menschenbild bildet dabei Grundlage und Bezugsrahmen; innerhalb aller praktischer Umsetzung soll unser seelsorgerlichtherapeutischer Auftrag sichtbar werden und handlungsleitend sein.
Unsere aktuelle Herausforderung besteht darin, dass wir diese neue Systematik und die entsprechenden Vergütungssätze mit dem für unser Haus grundsätzlich zuständigen Landkreis Sigmaringen verhandelt haben, die letztendliche Abrechnung aber nun mit den jeweiligen Herkunftslandkreisen unserer Bewohner erfolgt. Aufgrund unserer stark überregionalen Belegung bedeutet dies, mit aktuell 32 Landkreisen in Verbindung zu treten, was wiederum mit einem sehr hohen bürokratischen und kommunikativen Aufwand verbunden ist. Wir hoffen und beten diesbezüglich um gutes und zügiges Gelingen.
Fußnoten
1 §45 LRV – Landesrahmenvertrag Baden-Württemberg
2 Werkstatt für behinderte Menschen
3 Absatz 4 aus Anlage [Leistungsbeschreibung – Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten] zu § 52 Abs. 6 LRV
Das sozialtherapeutische Zentrum de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen auf, welche aufgrund einer psychischen Erkrankung aktuell nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Helfen Sie mit, den Bewohnern des de’ignis-Wohnheims auf Basis des christlichen Glaubens Hilfe und Heimat zu geben. Die Aufgaben, die Sie dabei erwarten sind anspruchsvoll, vielseitig und bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihre Berufung zum Beruf zu machen.
z. B. als Medizinisch-pflegerische Leitung (m/w/d)
z. B. als Gesundheits- und Krankenpfleger (m/w/d)
z. B. als Altenpfleger (m/w/d)
Interessiert? Lernen Sie uns als Einrichtung und das Mitarbeiter-Team kennen. Nutzen Sie die Chance, Ihre persönliche Berufung bei uns zu finden. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!
Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden.
Teilnehmerstimmen
(Alle Verfasser sind der Redaktion bekannt)
„Beim Seelsorgekurs gibt es ein gutes Miteinander der unterschiedlichen Konfessionen. Der geistliche Tiefgang hat mein Herz berührt und mich ermutigt, eigene Schritte im Glauben zu gehen. Ich fühle mich ausgerüstet und ermutigt, andere Menschen seelsorgerlich begleiten zu dürfen.“
„Ich bin sehr gerne beim Kurs in begleitender Seelsorge von de’ignis im Tabor Schulungszentrum dabei. Ich erfahre dort geistlichen Tiefgang, erfrischenden Lobpreis, ein gutes Miteinander und hervorragende Verpflegung und komme gerne immer wieder.“
„Winfried Hahn beeindruckt uns an den Seminar-Wochenenden immer wieder mit seiner in der Praxis erprobten Fachlichkeit genauso wie mit seinen geistlichen Impulsen, die mich in der Zeit des Kurses haben geistlich wachsen lassen. Das Tabor Schulungszentrum bietet einen guten Rahmen für die Veranstaltungen und das Essen ist echt lecker. Der Seelsorgekurs ist wirklich zu empfehlen.“
„Ich bin gekommen, um anderen zu helfen und habe zuerst einmal selbst Hilfe erfahren und bin durch einen länger andauernden Identitätsfindungsprozess gegangen. Letztendlich darf ich jetzt sogar in meiner Berufung in meiner eigenen Gemeinde dienen. Es hat sich gelohnt, dass ich mich nach Winterlingen auf den Weg gemacht habe.“
Seminar 1 • Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln
• Psychische Erkrankung und Lebenskrisen
• Transaktionsanalyse als Kommunikationsmodell
Seminar 2 Methodische, inhaltliche und juristische Rahmenbedingungen seelsorgerlicher Gesprächsführung
Seminar 3 • Psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen
• Psychisch krank trotz Glaube?
• Unterscheidung von Normalpathologie und Psychopathologie
Seminar 4 Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihre Behandlungsverfahren aus christlicher Sicht
Seminar 5 Freundschaft, Liebe, Sexualität – im Jugendalter und in der Ehe
Seminar 6 Biblisches Menschenbild (Anthropologie), Therapie des Herzens, umfassende Konzeption biblischer Seelsorge, Hören auf Gott
Seminar 7 Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu mir selbst) in Vergangenheit und Gegenwart
Seminar 8 Identitätsentwicklung und -störungen, Auswirkung auf die Persönlichkeit
Kursleitung: Winfried Hahn
Teamleitung: Dagmar Göhring
Fachliche Beratung: Dr. med. Herbert Scheiblich
Unter Mitwirkung von: Dr. med. Friedrich Böhme, Dr. med. Ute Horn, Helge Lack, Norbert Monschau, Marianne Burau
Seminar 9 Persönlichkeit des Seelsorgers, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbstkritik und Introspektion
Seminar 10 Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Burn-out und andere Belastungsstörungen
Der Kurs in begleitender Seelsorge von de’ignis ist eine unverzichtbare Schulung für Menschen, die anderen in schwierigen Lebenssituationen zur Seite stehen möchten. Fachlich qualifiziert, theologisch reflektiert und praxisorientiert lernen Sie, Menschen in Lebenskrisen, seelischen Nöten und psychischen Erkrankungen kompetent und biblisch fundiert zu begleiten.
Lebenskrisen sind Phasen, die fast jeder – mehr oder weniger intensiv – im Laufe seines Lebens durchlebt. Hierbei ist eine einfühlsame Begleitung aus Empathie und Lebenserfahrung entscheidend. Der Kurs vermittelt die dafür notwendigen Reflexionsprozesse und Selbstreflexionsübungen.
Seelische Nöte gehören ebenfalls zum Erleben vieler Menschen. Der Kurs zeigt auf, wie man sie bewältigen kann und welche Hilfen im Bereich der Seelsorge und Therapie zur Verfügung stehen. Angesichts der steigenden Zahl von Menschen mit behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen wird auch die Rolle der Seelsorge als besonderes und wirkungsvolles Hilfsangebot beleuchtet.
Der Seelsorgekurs ist nicht nur für Helfende und solche, die es werden möchten, geeignet, sondern auch für Angehörige und Betroffene selbst. Entdecken Sie die Möglichkeiten und Chancen, die in dieser wichtigen Form der Unterstützung liegen!
Seminar 4 | 22. – 23.11.2024
Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihre Behandlungsverfahren aus christlicher Sicht
Seminar 5 | 21. – 22.03.2025
Freundschaft, Liebe, Sexualität – im Jugendalter und in der Ehe
Seminar 6 | 25. – 26.07.2025
Biblisches Menschenbild (Anthropologie), Therapie des Herzens, umfassende Konzeption biblische Seelsorge, Hören auf Gott
Alle Seminartermine für 2024 sind online auf www.deignis.de unter Veranstaltungen zu finden.
Weitere Infos und Termine auf deignis.de/fortbildung
Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden.
Veranstaltungsort
Tabor Schulungszentrum für Pastoraltheologie, Seelsorge und Erweckung
Sigmaringer Straße 64 • 72474 Winterlingen info@tabor-schulungszentrum.de
Termine für 2024 / 2025 de’ignis-Institut gGmbH • Markgrafenweg 17 • 72213 Altensteig Telefon 07453 9494-0 • institut@deignis.de • www.deignis.de
Winfried Hahn, Vorstandsvorsitzender der de’ignis-Stiftung in Polen, gibt einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Tätigkeiten der Stiftung.
• Im Mai dieses Jahres hatten wir in Pomysk eine gesegnete Zeit mit dem Thema „Chancen und Grenzen von Befreiungsdienst und geistlicher Kampfführung“. Das Besondere am Ichthys Seminar- und Tagungshaus ist nicht nur die schöne Landschaft, sondern auch die dichte geistliche Atmosphäre, zu der Hausmutter Anja mit ihrem engagierten Lobpreis wesentlich beiträgt. Eine ganz besondere Freude war es für uns, seit längerer Zeit Christa Plohr wieder in unserer Mitte zu haben. Engagiert berichtete sie, mit Unterstützung von Ivonna Cich als Übersetzerin, über die erstaunlichen, von Gott gewirkten Umstände, die zur Entstehung von Haus Ichthys geführt haben. Reich gesegnet, wie sie mehrfach bekundeten, traten die Teilnehmer ihren Rückweg an.
Am Samstag, den 14. September, beendeten wir den sechsten Durchgang unseres Seelsorgekurses in Polen. Hunderte von Seelsorgern wurden im Laufe der letzten Jahre von de’ignis ausgebildet und etliche Beratungsstellen sind im Land entstanden. Am Ende dieses Durchgangs konnten wir 15 glücklichen Teilnehmern ihre Abschlusszertifikate überreichen. Andere Teilnehmer werden folgen, da sie bei diesem Durchgang nicht an allen zehn Seminarwochenenden teilnehmen konnten und dies beim nächsten Durchgang nachholen können. Sehr ermutigend und ergreifend war es, die Zeugnisse der Absolventen zu hören, wie der Kurs sie bereichert, motiviert und verändert hat. Voraussichtlich werden wir im November 2025 den nächsten Kurs in Warschau starten und in der Zwischenzeit werden wir unser Infomaterial aktualisieren und unsere Homepage attraktiver gestalten.
Deutsch-polnische Seelsorgekonferenz in Pomysk bei Bytow vom 22.–25. Mai 2024 Immer wieder betonen Menschen in Polen, dass es ihnen guttut, wenn sie uns Deutsche von einer anderen Seite kennenlernen. Das sei für sie sehr hilfreich, um die noch vorhandenen Wunden aus der historischen Vergangenheit zu verarbeiten, sodass dadurch ein besseres, nachbarschaftliches Miteinander unserer beiden Völker gefördert wird. Ich selbst betone bei meinen Predigten und Vorträgen in Polen immer wieder, dass wir uns sehr wohl unserer historischen Schuld bewusst sind, aber es für mich eine Freude und eine Berufung ist, wenn ich, nachdem so viel Unheil von unserem Land ausgegangen ist, ein bisschen Segen weitergeben kann.
Allerdings ist dieses Engagement mit steigenden Kosten verbunden, sodass wir nach wie vor auf Spenden angewiesen sind.
Sie möchten die Arbeit der de’ignis-Stiftung unterstützen?
Eine Spendenquittung kann auf Wunsch ausgestellt werden.
Spendenkonto:
Christliche Stiftung de’ignis-Polen • Sparkasse Pforzheim
IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 • BIC: PZHSDE66XXX
de’ignis-magazin – Aktuell – Wohnheim
Christa Plohr mit unserem Vorstandsmitglied Ivonna Cich (Seit Jahren bei vielen unserer Veranstaltungen als Übersetzerin tätig.)
Ichthys Seminar- und Tagungshaus in Pomysk
Glückliche Absolventen und Absolventinnen des 6. Seelsorgekurses in Polen
de’ignis-Institut gGmbH · Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen | ambulante und teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen | Sanatoriumsbehandlungen | Nachsorge IRENA und Psy-RENA | Prävention und Vorsorge | Berufsbegleitende Reha | de’ignis-Kompakt Programm
Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten
Gesprächstherapie | Sozialtraining | Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) | Freizeitpädagogik | individuelle Betreuung
Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben Kurs in begleitender Seelsorge | Vernetzung von Fachleuten | Fortbildung in Christlich-integrativer Therapie | Coaching | Supervision | Ambulante Beratung für Erwachsene | Sozialpädagogische Beratung für Kinder, Jugendliche, Familien | Weitere Angebote zur Prävention
Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten Schulungen in pastoralpsychologischer Seelsorge und christlich-integrativer Psychotherapie | Aufbau eines Netzwerks von Beratungssstellen