Stabilität trotz Wandel
Wie bietet der Glaube Stabilität in unsicheren Zeiten? Welche Rolle spielt Gebet dabei? – Nr. 66
Stabilität trotz Wandel
Wie bietet der Glaube Stabilität in unsicheren Zeiten? Welche Rolle spielt Gebet dabei? – Nr. 66
Wir sind eine Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Bei uns erwartet dich ein leidenschaftliches Team mit hoher fachlicher Kompetenz, welches den christlichen Glauben bei der Arbeit täglich lebt. Psychische Gesundheit ist unsere Herzensangelegenheit. Wenn du liebst, was wir leben, dann werde Teil des de’ignis-Teams!
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In einer Welt, die sich ständig verändert, ist das Streben nach Stabilität selbstverständlich. Die Auswirkungen des sozialen und globalen Drucks auf die psychische Gesundheit sind hierbei nicht zu unterschätzen. Die permanente Flut an Veränderungen, gepaart mit gesellschaftlichen Erwartungen und globalen Unsicherheiten, kann selbst die Widerstandsfähigsten unter uns destabilisieren und verschiedene psychische Erkrankungen verschlimmern. Angststörungen, Depressionen und stressbedingte Zustände verstärken sich häufig in Zeiten intensiver Veränderung oder Belastung. Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erinnern, dass Stabilität aus unserer Fähigkeit entsteht, uns an diese Veränderungen anzupassen und nicht, ihnen zu widerstehen. Es geht darum, die Widerstandsfähigkeit zu fördern, bei Bedarf Hilfe zu suchen und dem psychischen Wohlbefinden Priorität einzuräumen. Indem wir die Auswirkungen von Belastungen erkennen, können wir damit beginnen, Bewältigungsmechanismen und Unterstützungssysteme zu entwickeln, die die psychische Stabilität selbst inmitten des Chaos unserer sich verändernden Welt fördern. Aus christlicher Sicht steht uns allen eine Quelle unveränderlicher Stabilität zur Verfügung – unser Glaube an Gott. Als Christen glauben wir, dass unser Leben in der Liebe und den Versprechen Gottes verankert ist. „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (Hebräer 13,8). Diese Schriftstelle erinnert uns daran, dass Jesus beständig bleibt, auch wenn sich alles um uns herum verändert. Seine Liebe zu uns ändert sich nie, seine Gnade ist immer ausreichend und seine Versprechen sind standhaft. Das Gebet ist ein wirksames Werkzeug, das in turbulenten Zeiten für Stabilität sorgen kann. Wenn wir beten, werden wir an Gottes Souveränität und seine Fähigkeit erinnert, uns durch alle Umstände zu tragen. Der Apostel Paulus ermutigt uns, „… sich um nichts zu fürchten, sondern in jeder Situation durch Gebet und Bitte, mit
Danksagung, eure Anliegen vor Gott zu bringen“ (Philipper 4,6). In einer sich verändernden Welt ist es beruhigend zu wissen, dass manche Dinge konstant bleiben. Gottes Liebe zu uns, seine Gnade und seine Versprechen sind unerschütterlich. Obwohl Veränderungen ein Teil des Lebens sind, müssen wir uns ihnen nicht allein oder ohne Anker stellen. Als Christen bietet uns unser Glaube ein felsenfestes Fundament. Indem wir auf Gottes unveränderliche Natur vertrauen, uns auf die Kraft des Gebets verlassen, die Konstanten in unserem Glauben annehmen und eine unterstützende christliche Gemeinschaft aufbauen, können wir diese sich verändernden Zeiten mit Zuversicht und Frieden meistern. Denken wir an die Bibelstelle: „Gott ist unsere Zuflucht und Stärke, ein allgegenwärtiger Helfer in der Not“ (Psalm 46,1). Neben interessanten Artikeln zu unserem Schwerpunktthema erhalten Sie Informationen über aktuelle Entwicklungen in unseren de’ignis-Organisationen.
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Impulse und Erfahrungen
06
• Schwierige Zeiten.
Die Zeichen der Zeit erkennen. Johannes Stockmayer
10
• Die Zeitenwende und die Verheißung der Hoffnung Gerd Flügel
14
• Was würde Martin Luther uns heute sagen?
Dr. med. Herbert Scheiblich
18
• Krisen belasten vor allem junge Menschen SWR Wissen
20
• Vertrauen erfordert Echtheit
Winfried Hahn
Therapeutische Fachartikel 22
• Starker Halt in stürmischen Zeiten?! Dr. rer. nat. Marie-Luise Armbruster
28
• ACT in der Behandlung von Anpassungsstörungen
Jana Hillie
32
• Bewältigung von beruflichen Krisen bei Leitern sozialer Einrichtungen
Timo Ott
40
• Das Sozialtherapeutische Zentrum de’ignis-Wohnheim als Ort der Heimat, Stabilisierung und Neuorientierung
Winfried Hahn
Aktuell
44
• Was hat sich entwickelt? Welche Angebote gibt es? Berichte, Termine und Aktuelles von de’ignis Fachklinik, Institut, Wohnheim und Stifung
• Wir stehen am Anfang gravierender Umbrüche. Bisher vertraute Vorgänge brechen ab. Gewohnheiten, die selbstverständlich waren, verändern sich. Fragestellungen, die wir als erledigt betrachtet haben, stellen sich neu. Nichts läuft mehr so wie immer. Wir können uns auf keine Vorgaben verlassen. Alles scheint in Frage gestellt. Die Räume, die wir uns nach unseren Vorstellungen eingerichtet haben, werden zu klein. Unsere Ansichten von der Welt, den Menschen und den notwendigen Regeln gelten nicht mehr. Das Bisherige wird zerschlagen und wir stehen vor dem Nichts. Die vertrauten Ordnungen sind außer Kraft gesetzt. Neues ist noch nicht in Sicht. Wir haben noch keine Ahnung, was kommen soll. Alternativen fehlen, denn bisher bestand ja keine Notwendigkeit, sie zu entwickeln. Wir brauchen eine neue Ordnung, Handlungsoptionen für eine neue Welt. In Umbruchzeiten wird deutlich, was wir bisher versäumt, verdrängt oder vernachlässigt haben. Jetzt ploppt es unübersehbar hoch. Nun besteht die Chance, es zu bearbeiten: Wir müssten einen neuen Gesellschaftsvertrag formulieren. Eine neue Weltordnung müsste gefunden werden. Die Grundlagen der Demokratie benötigen einen neuen, breiteren Konsens. Das Miteinander unserer Beziehungen erfordern ein neues Verständnis für Gemeinsinn. Der Wert von Arbeit, unsere Mobilität, der Lebensstil vieler, die Klimakrise, die Kriegsgefahr, der egoistische Konsum, das grenzenlose Wachstum – all das fordert uns zu einem Umdenken heraus. Diese gravierende Veränderung wird von vielen als bedrohlich erlebt. Die Welt ist unsicherer geworden, Kontrolle geht verloren. Es geschieht etwas, das sich unserer Machbarkeit entzieht. Wir haben die Dinge nicht mehr im Griff – und das ist für einen modernen Menschen, der bisher alles für machbar hielt, unerträglich. Angst bricht auf. Und die Angst steigert sich ins Unerträgliche, wenn Ohnmacht dazukommt, weil man keine Ahnung hat, was man gegen sie tun könnte. Die Bewältigungsstrategien fehlen und umso mehr wächst die Hilflosigkeit und das Gefühl von Ausgeliefertsein. Angst macht erpressbar. Das Bemühen, sich auf der einen Seite rücksichtslos durchzusetzen, auf
der anderen aber der Wunsch nach einer harmonischen, wohlgeordneten Gesellschaft, führt zur inneren Destabilisierung. Diese beiden widersprüchlichen Ansätze gleichzeitig zu wollen, führt zum Zusammenbruch, dem psychischen wie dem gesellschaftlichen. Freiheit und Sicherheit scheinen sich auszuschließen. Aber man will beides – und weiß nicht, wie das gehen soll. Wenn ich genau hinschaue, fallen mir drei gesellschaftliche Entwicklungen auf:
1. Das Tempo nimmt zu Die Entwicklungen laufen immer schneller, eine Veränderung löst die andere ab, alles scheint in Bewegung zu sein. Termine überstürzen sich, eine Fülle an Veranstaltungen macht sich gegenseitig Konkurrenz, es wird nicht deutlich, was vorrangig wichtig ist. Vieles läuft sehr kurzfristig, wird dann aber auch wieder gecancelt oder verschoben. Es gibt eine Menge an Vorschriften und Bedingungen, Regelungen und neuen Bestimmungen, der Überblick geht verloren, man schwimmt und hat den Eindruck, dass man keine Kontrolle mehr über sein Leben hat. Das Gefühl von Ausgeliefertsein wächst, Ohnmacht und Hilflosigkeit angesichts einer komplexer werdenden Welt gewinnen die Oberhand. Ermüdungserscheinungen nehmen zu, ein hoher Krankenstand führt zu betrieblichen Ausfällen. Verwirrung macht sich breit, die Lust am Leben versiegt: man will nicht mehr, sieht aber keine Möglichkeit für ein anderes Leben.
2. Die Liebe nimmt ab Der Egoismus wird zum vorherrschenden Lebensstil. Man muss nach sich schauen, sonst geht man unter. Die Selbstbezogenheit
treibt seltsame Blüten: Lebensgenuss wird bis zum Anschlag ausgelebt (Hedonismus). Exzentrisches Verhalten wird zum Markenzeichen: Jeder ist irgendwie auf seine Weise seltsam und komisch und pflegt das auch ganz bewusst und intensiv. Man sieht vor allem sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse. Die Sonderlichkeiten nehmen zu. Ich beobachte ältere Menschen, die stur auf ihrer Ansicht beharren und nicht mehr bereit sind, sich auf andere Menschen einzulassen. Läuft etwas nicht so, wie sie es sich vorstellen, wird gemauert oder auf unverblümte Weise kritisiert. Auch im religiösen Bereich geht es zunehmend um Rechthaberei: Man benutzt die Bibel, um die eigene Position gegen die anderen zu stärken. Man zieht sich in seine Blase zurück und verfolgt die eigene Weltsicht bis zum Extrem. Ich bewerte dieses Verhalten als Folge von Verunsicherung: Man versucht Ängste in den Griff zu bekommen, um die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen. Dabei macht man alles nur noch schlimmer.
3. Versöhnung geschieht
Es gibt auch eine deutlich positive Entwicklung: Alte Unterschiede spielen keine Rolle mehr, Gräben werden überwunden. Auch extreme Positionen dürfen nebeneinander existieren, man lässt sich stehen. Unterschiedliche Kulturen verbünden sich zu einem neuen Miteinander, Völker rücken aufeinander zu. Die Entfernungen zwischen fremden Bereichen werden kleiner. Unterschiedliche Generationen finden zueinander. Es entsteht ein neues Miteinander zwischen Eltern und Kindern: Sie leben Freundschaft (Maleachi 3,24). Integration wird großgeschrieben, jeder darf seinen Platz finden und
In Umbruchzeiten wird deutlich, was wir bisher versäumt, verdrängt oder vernachlässigt haben. Jetzt ploppt es unübersehbar hoch.
sich auf seine Weise entfalten. Ein Raum der Freiheit entsteht, Ablehnung und Vorurteile haben hier keinen Platz. Alte Geschichten haben keine Auswirkung mehr, auch in christlichen Gemeinden drängen latente Konflikte nach oben, damit sie endgültig bewältigt und abgeschlossen werden. Man sucht nach Versöhnung mit der Vergangenheit, man will sich nicht mehr von Früherem bestimmen lassen. Eine neue Generation sucht nach neuen Wegen: sozialverträglich, allgemein, verbindlich, nachhaltig. Die Zukunft spielt eine größere Rolle als die Vergangenheit.
Fazit
Wenn wir diese drei Entwicklungsstränge gleichzeitig sehen, dann wird deutlich, warum in unserer heutigen Zeit so viel in Bewegung ist und warum alles so anstrengend erscheint. Altes und Neues stoßen aufeinander, eine Entwicklung geht zu Ende, die andere beginnt. Symptomatisch für diesen Kulminationspunkt ist, dass er als chaotisch empfunden wird. Altes funktioniert nicht mehr (richtig), Neues greift noch nicht. Man steht irgendwo dazwischen und weiß nicht genau, wohin es geht. Das verstärkt eine allgemeine Unsicherheit. Man fordert sichere Bereiche, ruft nach einer starken, verlässlichen Macht, die eine Garantie gibt, dass alles gut wird. Von Verantwortlichen erwartet man viel, stellt sie aber gleichzeitig permanent in Frage. Man bewegt sich in kurzen Intervallen zwischen Hoffnung und Schrecken. Insgesamt aber nimmt der Schrecken zu. Die Folge ist: Angst.
Angst lähmt
Weil die Angst zunimmt und alles zu überschwemmen droht, sucht man nach Auswegen. Aber statt sich zu stellen und die Angst anzuschauen – um sie bewältigen zu können –, wird sie verdrängt. Man stürzt sich in Termine, lenkt sich ab, plant, entwickelt Visionen, gerät in Hektik. Man nimmt sich keine Zeit, um nachzudenken, denn das könnte gefährlich werden. Man lässt sich treiben oder wird getrieben. Man möchte schließlich den momentanen Augenblick bis zum Letzen auskosten, viel erleben, mehrere Leben gleichzeitig führen und
alles mitnehmen, was sich bietet – bis zur Erschöpfung. Aber dann kann man sagen, dass man seine Tage wenigstens gut und erfolgreich verbracht hat. Geht das eine zu Ende, kommt gleich das Nächste. Letztlich hat man Angst vor dem Sterben, alles hergeben zu müssen, nichts mehr zu haben. Es ist die Angst vor dem Tod, dem Nichts.
Weil das Nichts offensichtlich alternativlos ist, wird es verdrängt. Was es nicht geben darf, gibt es nicht. Wir leben in einer Zeit starker Verdrängungen: Wir sehen nur das, was wir sehen wollen. Das Böse, die Schwierigkeit, die Not gibt es nicht.
Suche nach Geborgenheit
Auch viele Christen ziehen sich in eine fromme (Schein-)Welt zurück und führen ein Privatleben für sich, sie sind sich selbst genug. Dabei wäre es dringend angesagt, gegen den Egoismus Altruismus, Liebe und Freundlichkeit zu stellen. Das haben die Christen im Übermaß, weil Gott es ihnen schenkt: Sie werden geliebt, versorgt und wertgeschätzt. Sie müssen sich nicht um sich und ihre Bedürfnisse kümmern. Sie können austeilen, was sie von Gott geschenkt bekommen – stattdessen verbrauchen viele es für sich selbst. In dieser materialistischen Welt fällt jeder auf, der freundlich ist. Zugewandte, interessierte, zuhörende Menschen sind etwas Besonderes. Könnte nicht tatsächlich die Liebe und das Interesse am anderen ein Kennzeichen für die Christen sein? Könnten sie nicht tatsächlich Alternativen gegen die negativen Trends aufzeigen? Sie leben im Heute die Zukunft Gottes. Sie haben Hoffnung und sind nicht nur mit sich selbst und ihrer Optimierung beschäftigt, deshalb könnten sie sich für andere Menschen engagieren. Ihr Miteinander in der Gemeinde sollte etwas ganz Besonderes sein: „An eurer Liebe zueinander wird die Welt erkennen, dass ihr meine Jünger seid“ (Johannes 13,35). In der Gemeinschaft der Christen sollte das zu finden sein, was die Welt sucht: Geborgenheit.
Autor
Johannes Stockmayer ist Diakon und Gemeindepädagoge. Er arbeitet freiberuflich als Gemeindeberater, Coach und Geistlicher Begleiter.
Gemeinsam mit seiner Frau Bettina betreibt er in Metzingen eine Seelsorgepraxis. Er ist Autor mehrerer Bücher.
In der Gemeinschaft der Christen sollte das zu finden sein, was die Welt sucht: Geborgenheit.
Zur Diskussion von Gerd Flügel
Wir leben in schwierigen Zeiten
• Die Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts haben mit einer weltweiten Pandemie begonnen. Dann kam 2022 der unsägliche Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Jahr 2022 – ein Krieg in Europa, der jegliches Völkerrecht brach und unsere bisherige Nachkriegsordnung bedroht. Dieser Krieg kostete schon viele Menschenleben unter den Soldaten und der Zivilbevölkerung. Er beinhaltet brutale Kriegsverbrechen, die Bombardierung von Wohn- und Krankenhäusern, von Schulen und Kindergärten, die systematische Zerstörung der Infrastruktur und damit der Lebensgrundlage der ukrainischen Bevölkerung. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer „Zeitenwende“, die dann zum Wort des Jahres 2022 wurde. Auch wir sind betroffen, mit über einer Million ukrainischen Flüchtlingen und hohen Energie- und Lebensmittelpreisen, die manche in finanzielle Not bringen. Und auch unsere Wirtschaft leidet unter der hohen Inflation.
Plötzlich wurde deutlich, dass der bisherige Umgang mit autokratischen Systemen und die Hoffnung auf „Wandel durch Handel“ gescheitert sind. Putin setzt sich über eigene wirtschaftliche Nachteile hinweg und folgt einem ideologischen imperialen Wahn eines neuen Großrusslands. Schlagartig wurde auch die gefährliche wirtschaftliche Abhängigkeit von Systemen wie China oder SaudiArabien und den Golfstaaten deutlich. Die Konflikte zwischen westlichen Demokratien und östlichen Autokratien beziehungsweise Diktaturen manifestieren sich neu.
Hinzu kommt laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri eine rasante nukleare Aufrüstung. Vor allem China baut sein Atomwaffenarsenal mit hoher Geschwindigkeit aus.1
Und die Hiobsbotschaften nehmen kein Ende: Im Februar 2023 erschüttert ein furchtbares Erdbeben die Türkei und Teile Syriens, das rund 50.000 Todesopfer fordert. Im Hintergrund droht die schon lange anhaltende Klimakrise mit Dürren und Waldbränden oder Starkregen und Überschwemmungen.
Angesichts vieler Kriege und Krisen hat die
Anzahl der Geflüchteten nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR im Mai 2023 einen Höchststand erreicht: 110 Millionen Menschen mussten vor Krieg, Gewalt und Verfolgung fliehen. Die meisten Geflüchteten kamen aus der Ukraine, aus Syrien, dem Jemen und Afghanistan, aktuell kommen Geflüchtete aus dem Sudan hinzu. Die meisten sind Binnenvertriebene; diejenigen, die außer Landes fliehen mussten, wurden vor allem von der Türkei aufgenommen (3,6 Millionen). Deutschland liegt an vierter Stelle mit 2,1 Millionen aufgenommener Geflüchteter.2 Da die Aufnahmekapazitäten in vielen Ländern erschöpft sind, versucht die EU, die Personen mit niedriger Anerkennungsquote als Asylbewerber schon an den EU-Grenzen abzufangen und nach Prüfung gegebenenfalls zurückzuschicken. Ob das gelingt, wird sich zeigen.
Hohe Flüchtlingszahlen und Energiekosten treiben den Rechtspopulisten die Wähler in die Arme. In vielen Ländern verzeichnen sie einen Aufschwung, in Ungarn, Polen und Italien stellen sie mittlerweile die Regierung. Bei uns in Deutschland kam zuletzt der lautstarke öffentliche Streit in der Ampelkoalition über das Heizungsgesetz hinzu. Die AfD steht in einigen ostdeutschen Landtagen auf Platz eins (so in Thüringen und Sachsen), bundesweit liegt sie laut Umfragen bei rund 20 Prozent, mehr als FDP, Grüne oder die Kanzlerpartei SPD. Für die Bundestagswahl 2025 erwägt sie sogar, einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin aufzustellen.
Doch wo liegen die Gefahren des Rechtspopulismus? In den von rechtspopulistischen Parteien regierten Ländern sehen wir, dass die Pressefreiheit eingeschränkt ist (Ungarn), in Polen (und auch in Israel) wird die Justiz und damit die Gewaltenteilung angetastet. Die AfD in Deutschland lehnt die Sanktionen gegen Russland und die Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Sie birgt ein rechtsextremistisches Personenpotential und wird vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingestuft. Belege dafür finden sich in antisemitischen und völkischen Äußerungen wie denen von Björn Höcke, dem AfD-Landeschef von Thüringen.3
Hier schließt sich ein weiterer Trend an: die steigende Zahl von Fake-News und Verschwörungstheorien. Während der CoronaPandemie grassierte unter Impfgegnern die Vorstellung, dass mit der Impfung ein Chip eingepflanzt werde, der die Menschen einer geheimen Weltregierung unterwerfe. Manche Christen sahen in Corona auch den ersten siegreichen Reiter in der Offenbarung (vgl. 6,1–2), der eine Krone trägt. Sie sahen schon die letzten Tage der Endzeit angebrochen. Aber schon Paulus warnt vor solchen Verschwörungstheorien (nachzulesen im 2. Brief an die Thessalonicher, Kapitel 2,1–12).4
Eine der verheerendsten Verschwörungstheorien wütet derzeit in Russland: Putin sieht sich in einer Verteidigungsposition gegenüber dem Westen, die einen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertige.
Die christliche Verheißung der Hoffnung
Trotz aller gegenwärtigen Kriege und Krisen verheißt uns die Bibel „Zukunft und Hoffnung“ (Jer. 29,11). Im Neuen Testament sagt Paulus: „Die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist“ (Röm. 5,5).
Aber können wir auf einen positiven Frieden für die Ukraine hoffen? Können wir hoffen, dass es zu keiner weiteren Ausweitung des Krieges kommt? Können wir hoffen, dass das Kernkraftwerk Saporischschja nicht doch gesprengt wird? Können wir hoffen, dass wir die Klimakrise noch in den Griff bekommen? Leider können wir das nicht, Hoffnungen können in unserer gefallenen Welt enttäuscht werden. Den Zusammenhang zwischen enttäuschten menschlichen Hoffnungen und der christlichen Verheißung hat Mihamm Kim-Rauchholz auf den Punkt gebracht: „Unsere Hoffnung geht nicht auf uns zurück, nicht auf die Erfüllung der Wünsche, nicht auf die Umstände dieser Welt, sondern sie geht zurück auf Gott allein. Er ist der Ursprung, der Grund, warum die Hoffnung nicht zuschanden werden lässt; und jedes Mal, wenn wir auf diesen Gott hinweisen, ihn bezeugen und seine Realität unter uns erfahren …, dann bricht
die Ewigkeit in unsere Zeit hinein.“ 5 Wir haben durch Gottes Wort die großartige langfristige Hoffnung, dass Gott einmal alle Tränen abwischen wird und dass es keinen Krieg und keinen Tod mehr geben wird (vgl. Offb. 21,4). In der Zwischenzeit haben wir die Verheißung, dass Jesus in allen unseren zeitlichen Bedrängnissen bei uns ist und unser Helfer sein wird (vgl. Mt. 28,18–20 und Hebr. 13,5–6): Immanuel –Gott mit uns.
Zwar hat Jesus auch heute schon alle Macht im Himmel und auf Erden (vgl. Mt. 28,18), aber er hält in dieser Weltzeit seine Allmacht noch zurück. Das heißt aber nicht, dass er nicht mehr in das Dunkel unserer Geschichte eingreift. Der berühmte Schweizer Theologe Karl Barth soll am Vorabend seines Todes im Jahr 1986 zu einem Freund gesagt haben: „Ja, die Welt ist dunkel … Nur ja die Ohren nicht hängen lassen. Nie! Denn es wird regiert …“
Wenn wir nur auf das 20. Jahrhundert zurückblicken, so hat sich doch Erstaunliches ereignet: Nach den Katastrophen des Ersten und des Zweiten Weltkriegs entsteht ein demokratisches Deutschland und eine Friedensordnung in Europa. Nach fast 2.000-jähriger Diaspora wird der Staat Israel gegründet. Trotz des Holocaust kommt es zu Verhandlungen zwischen Israel und Deutschland und ab 1965 zu diplomatischen Beziehungen, vor allem dank der beiden „Alten“, Adenauer und Ben-Gurion. Auch der Kommunismus mit seinen Gulags zerfällt am Ende des Jahrhunderts. 1989 bzw. 1990 fällt die Mauer ohne Blutvergießen und das „Wunder“ der Wiedervereinigung geschieht. Und auch eine moderne Josephsgeschichte gibt es im 20. Jahrhundert: Nach 27 Jahren Gefängnis (!) wird Nelson Mandela erster Präsident Südafrikas. Nun kann man natürlich sagen: Wir wissen nicht, ob Gott hier direkt eingegriffen hat. Was wir aber sicher wissen, ist, dass für viele dieser Ereignisse intensiv gebetet wurde, so auch im Vorfeld unserer Wiedervereinigung.
An dieser Stelle sei ein kurzer Hinweis auf einen der berühmtesten Fürbitter des 20. Jahrhunderts gestattet: Rees Howells (1879 –1950). Er hat mit seiner ganzen Bibelschule
in Wales während des Zweiten Weltkriegs jeden Abend von 19 Uhr bis Mitternacht (mit nur kurzer Unterbrechung Abendessen) gebetet. Er hat mitgewirkt am „Wunder von Dünkirchen“, als ca. 300.000 britische Soldaten über den Ärmelkanal evakuiert werden konnten. Er hat mitgewirkt, dass Rommels Feldzug vor Ägypten gestoppt werden konnte. Palästina hätte sonst in die Hände der Nazis fallen können, mit der endgültigen Endlösung für die Juden. Er hat mitgewirkt an der Entstehung des Staates Israel und vielem mehr.6
Gott liebt es, über menschliche Mitarbeiter zu wirken. Ja, er fordert uns direkt dazu auf: „Das Erste und Wichtigste, wozu ich die Gemeinde auffordere, ist das Gebet. Es ist unsere Aufgabe, mit Bitten, Flehen und Danken für alle Menschen einzutreten, insbesondere für die Regierenden und alle, die eine hohe Stellung einnehmen, damit wir ungestört und in Frieden ein Leben führen können, durch das Gott in jeder Hinsicht geehrt wird und das in allen Belangen glaubwürdig ist.“ (1 Tim. 2,1–2 NGÜ) Gott ist zwar nicht verfügbar, er tut nicht immer das, was wir uns wünschen, aber er selbst ermahnt uns zu beten, vor allem für die Regierenden. In England rief der damalige König George VI 1940 einen nationalen Gebetstag für die eingekesselte britische Armee aus. Die Kirchen waren voll. Angesichts des Ukrainekriegs und der atomaren Drohungen Putins wurde kein nationaler Gebetstag ausgerufen, die Zeiten haben sich geändert. Aber als Christen haben wir trotzdem diesen dringlichen Auftrag Gottes. Wir versuchen in unserer Gemeinde, für den Frieden in der Ukraine und die Überwindung der Diktatur in Russland weiter zu beten und nicht müde zu werden. Statt uns von den Bedrohungen unserer Zeit überwältigen zu lassen und in Angst und Passivität zu verfallen, statt uns von Hiobsbotschaften erschlagen zu lassen, könnten wir aus der Handlungsunfähigkeit ins Handeln kommen und unserem Auftrag nachkommen. Angst kann uns lähmen, im Handeln – auch Beten ist aktiv werden –können wir Mitwirkende an der Bewältigung werden.
Und: In den Kriegen und Krisen unserer Zeit haben wir die sichere Verheißung und Hoffnung, dass Gott unsere Gebete hört.
Fußnoten
1 Vgl. Südwestpresse vom 13.6.23
2 Vgl. ebenda, 15.6.23
3 Vgl. Andreas Malessa: Als Christ die AfD unterstützen? Ein Plädoyer für … Moers 2017, S. 49
4 Vgl. Gerd Flügel: Vom Ende zum Anfang. Wider die Angst vor dem Weltuntergang. Eine Erzählung, Frankfurt 2022
5 Aus einem Artikel von Pro. Dr. Mihamm KimRauchholz in der Zeitschrift „Geistesgegenwärtig“ der GGE (3/2022) mit dem Titel: „Wo die Hoffnung wohnt“, S. 8
6 Vgl. die erweiterte Neuauflage des Buches von Norman Grubb: „Rees Howells. Leben eines Fürbitters“ im Asaph-Verlag 2020, die jetzt auch die spannende Zeit des Krieges mit umfasst.
Autor
Gerd Flügel studierte Politikwissenschaft und Germanistik und war jahrelang Lehrer für Gemeinschaftskunde und Deutsch an einem Gymnasium. Er ist außerdem pastoraler Leiter der Christusgemeinde Rottenburg.
Statt uns von den Bedrohungen unserer Zeit überwältigen zu lassen und in Angst und Passivität zu verfallen, statt uns von Hiobsbotschaften erschlagen zu lassen, könnten wir aus der Handlungsunfähigkeit ins Handeln kommen und unserem Auftrag nachkommen.
Ein fiktiver Dialog mit Martin Luther. Impuls von Dr. med. Herbert Scheiblich
de’ignis-magazin
Was hat, könnte, würde oder müsste uns Martin Luther heute sagen?
• Vorbemerkung: Es gibt heute den Wissenschaftszweig der alternativen Geschichtsschreibung, der sich mit der Frage beschäftigt, was wäre, wenn? Was wäre, wenn beispielsweise die Deutschen im Zweiten Weltkrieg vor den Amerikanern die Atombombe entwickelt hätten?
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wie Luther auf unsere heutige Situation reagiert hätte. Der Artikel ist als Dialog zwischen Martin und Herbert geschrieben.
H.S.: Hallo Martin, wie geht’s?
M.L.: Sehr gut, es ist schon fast ein Wunder, wie sich die Welt weiter entwickelt hat. Ich komme kaum noch aus dem Staunen heraus. Aber du bist sicher nicht zum Gespräch über mein Wohlbefinden gekommen. Also raus mit der Sprache, wo drückt die Leber?
H.S.: Wir leben heute in einer sehr schwierigen Situation mit bedrohlichen Problemen, die unsere bisherige Existenz und Lebensweise nachhaltig in Frage stellen. Das macht den Menschen einfach Angst, egal ob sie Christen sind oder nicht!
Wie siehst du die heutige Situation der Deutschen nach zwei äußerst erfolgreichen Kanzlerschaften von Helmut Kohl und Angela Merkel?
M.L.: Etwas sprang mir sofort ins Auge. Ich könnte die Bibel heute nicht mehr so übersetzen, wie ich sie damals aus dem Lateinischen, Griechischen und Hebräischen übersetzte habe. Bestimmte Wörter sind ein No-Go und das Problem mit dem Geschlecht der Substantive verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Das Besondere an der deutschen Sprache ist, dass es drei Geschlechter gibt: männlich, weiblich und sachlich. Wenn ich also den Begriff Gott übersetzen müsste, in eurem heutigen Sprachgebrauch, dann spricht man von Gött/innen oder Gott und Göttin oder was sonst noch. Mein Ansatz, die Bibel so ins Deutsche zuschreiben, wie die Leute auf die Markt sprechen, wäre nicht mehr möglich, ohne Diskussionen und Proteste und so weiter auszulösen. Es ist schon ein Kreuz, wenn man nicht klar
Deutsch reden kann: aus einem traurigen Arsch kommt kein fröhlicher Furz. Klartext reden und einen pointierten Standpunkt haben sind unmöglich geworden. Man muss mit unnötigen Diskussion rechnen und sich den Vorwurf gefallen lassen, Menschen zu diskriminieren oder in ihrem Wohlbefinden zu beeinträchtigen. Ich sehe aber, es gibt aktuell viele brennenderen Sorgen.
H.S.: Entschuldige, wenn ich das nicht kommentiere. Ich denke aber, dass das Leben zu deiner Zeit viel schwieriger war als heute. Man denke nur an die Wasserversorgung und die alltägliche Daseinsvorsorge. Krankheit war damals eine existenzielle Katastrophe.
M.L.: Das stimmt schon. In vielen Bereichen hat der technische Fortschritt den Menschen das Leben leichter gemacht. Damals lebten wir nur von Tag zu Tag und ihr plant heute in einigen Lebensbereichen über Jahre voraus. Aber diese relative Sicherheit, dass mein Leben morgen immer schöner und besser und so weiter wird, ist ja in eurer aktuellen Krise nachhaltig in Frage gestellt. Wie geht es weiter?
H.S.: Das ist richtig! Viele Menschen haben massive Ängste, die in weiten Bereichen aus meiner Sicht unberechtigt sind, denn uns geht es noch relativ gut – auch wenn es ist schon schwierig ist, finanziell über die Runden zu kommen, bedingt durch die Inflation etc.
M.L.:Papperlapapp, viele meiner damaligen Landsleute hatten gar nichts und lebten davon. Wenn man sich nur daran orientiert, was einem fehlt, weiß man nicht, was man hat. Mit dem tatsächlich Vorhandenen geht man gar nicht mehr um. Viele Menschen meiner Generation hatten so gut wie gar nichts.
H.S.: Wie schafften die Menschen damals, über die Runden zu kommen und weiter zu leben? Vielleicht liegt hier eine potentielle Antwort für unsere heutige Situation!
M.L.: Ich selbst habe das mit einem festen Glauben an Gott durchlebt. Diese Überlebensstrategie wurde leider von der katholischen Kirche pervertiert und die Menschen hielt man in Unmündigkeit. Gleichzeitig wurde so die Unterdrückung
vor allen von Frauen und Kindern gerechtfertigt, weil dies der göttlichen Ordnung entspräche und im Jenseits belohnt werde. In der unendlichen Gnade Gottes erfuhr ich, dass ich allein durch den Glauben an Jesus gerettet und erlöst bin. Diese einfache Tatsache bedrohte die Machtstellung der katholischen Kirche und die damalige soziale Ordnung nachhaltig, ohne dass ich zunächst verstand, was ich ausgelöst hatte.
H.S.: Du hast ja mit deinen 97 Thesen, der Bibelübersetzung und deinem Buch von der Freiheit des Christenmenschen eine soziale Revolution ausgelöst. Es kam zu Bauernaufständen und deren blutiger Niederschlagung durch die Feudalisten.
M.L.: Ich hatte nicht mit einer derartigen sozialen Reaktion auf dieses Werk gerechnet oder dass es solche gesellschaftlichen Auswirkungen haben würde. Ich sah mich genötigt, das Traktat „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ zu schreiben. Besonders aus der Radikalität Thomas Müntzers und seinen sozialistischen Ansätzen leiteten die Herrschenden die Notwendigkeit der blutigen Niederschlagung der Bauernrevolte ab, was ich auch nicht für gut empfand und was letztendlich zu einer Zementierung der sozialen Ungerechtigkeit über Jahrhunderte führte. Wie du siehst, hatte ich einen geistlichen Ansatz, um die Kirche zu reformieren und das Glaubensleben des einzelnen Christen zu stärken.
H.S.: Nobody ist perfect! Deine Betroffenheit glaube ich dir, aber ich schließe daraus leider die Unberechenbarkeit gesellschaftlicher, politischer und sozialer Entwicklungen. Wenn sich Müntzer durchgesetzt hätte, würden wir wahrscheinlich in einer christlich-sozialistischen Gesellschaft leben (gemäß Apg. 2:42 ff.)
Viele Christen sind heute der Ansicht, wir leben in der Endzeit und der Herr kommt bald wieder.
M.L.: Auch damals musste ich mich mit diesen Fragen auseinandersetzen und ich halte fest – ob ich mich genau zitiere, weiß ich nicht! Ich bin ja nicht mehr der Jüngste): Wenn ich weiß, dass morgen der
Herr kommt, pflanze ich heute einen Baum, zeuge einen Sohn und schreibe ein Buch.
H.S.: Du meinst also, wir sollten nicht danach streben, Schmerzen zu vermeiden, sondern mehr Freude zu gewinnen?
M.L.: Genau das ist es! Wir Menschen sind Grenzgänger zwischen der Immanenz und der Transzendenz. Beides ist zu beachten.
H.S.: Es dreht sich also um ein Gleichgewicht zwischen dem Leben in der Realität und in der Welt Gottes?
M.L.: Nicht ganz richtig.
H.S.: Also, lieber Bruder Martinus, schau mal die Liste an, die ein Politiker heute beachten muss, um die Belange der Menschen besser wahrzunehmen und von ihnen gute Umfragewerte zu bekommen:
• fehlende Inanspruchnahnahme von Vorsorgeuntersuchungen und missbräuchliche Nutzung der medizinischen Ressourcen (Gesundheitspolitik)
• Einkommensunsicherheit und Arbeitslosigkeit (Sozialpolitik)
• fehlender bezahlbarer, gesunder Wohnraum (Wohnungspolitik)
• Belastungen gekoppelt mit negativen Gefühlen verhindern (Gesundheitspolitik)
• Unwissenheit/Unkenntnis verringern, Bildung fördern (Bildungspolitik)
• Gleichberechtigung von Frauen (Gleichstellungspolitik)
• Kriminalität verringern und die innere Sicherheit stärken (Innenpolitik)
• den Frieden sichern (Außenpolitik)
• die Infrastruktur unseres Landes verbessern (Strukturpolitik)
• die äußere Sicherheit unseres Landes gewährleisten, Kriege vermeiden (Militär, Politik)
M.L.: Papperlapapp, deine Liste ist schier endlos und drückt die Komplexität der heutigen Gesellschaft aus. Aber meinst
du, unser Leben war damals viel einfacher? Ich denke nicht im Grunde, nein, und wir hatten die gleichen existenziellen Probleme wie heute.
Im Hier und Jetzt stehen euch durch den wissenschaftlichen Fortschritt mehr Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung. Aber sie lösen das grundsätzliche Problem des Menschen, seine Entfremdung von Gott, sich selber, den anderen und der Welt, nicht. (Eure Politiker sind wie unsere Feudalisten mehr am Eigennutz als am Gemeinwohl interessiert). Ich sehe hier einen menschlichen Fluch: die Lösung von Problemen schafft neue Probleme. Das beste Beispiel hierfür ist die Klimaentwicklung, die gekoppelt ist mit dem hohen Lebensstandard. Wenn jeder der knapp 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten den gleichen Lebensstandard haben will wie ihr in Deutschland, dann sind die Ressourcen der Welt bald erschöpft und zwar so nachhaltig, dass Verteilungskriege, Flüchtlingsströme und vieles mehr sicher sind. Diese Phänomene waren zu meiner Lebenszeit beobachtbar.
H.S.: Machst du es dir nicht einfach? Du behauptest, die Probleme der Menschheit wären gleichzeitig die Probleme des einzelnen Menschen aufgrund seiner Entfremdung.
M.L.: Nein, nein, nein, die Probleme sind qualitativ die gleichen, aber quantitativ durch die Globalisierung viel umfassender, es gibt wirklich keine Alternative mehr: Entweder die Erde lebt ohne den Menschen nach seinem Menschenselbstmord besser oder es entsteht eine neue Schöpfung. Und was besonders bedrohlich ist, ist ein qualitativer Sprung zu den heutigen Problemen. Ihr geht nicht nur negativ mit der Schöpfung um, sondern greift auch in ihr Regelwerk ein.
H.S.: Wie? Was meinst du damit?
M.L.: Denke an die ewigen Konsequen-
zen der Atomenergie, den Eingriff in den genetischen Code oder die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen. Es gibt keine Sicherheit, welche Risiken und negativen Konsequenzen solche Techniken haben. Der Mensch ist nicht reif genug, verantwortungsvoll damit umzugehen. Ein Problem liegt in seiner Ethik und der Hybris, er sei Gott ähnlich und alles wäre machbar.
H.S.: Martin, du siehst du die Zukunft noch düsterer als die Endzeitpropheten. Meinst du das wirklich ernst? Gibt es keine Hoffnung auf Besserung der Menschen?
M.L.: Gott gab den Menschen im Paradies den Auftrag, sich die Erde untertan zu machen, über sie zu herrschen und sich zu vermehren. Ihr kommt diesem Auftrag sehr effektiv nach, aber wir sind nicht mehr im Paradies. Hier zeigt sich die entscheidende Fragestellung: Was hilft uns nachhaltig das Wissen, dass der Herr wiederkommt, wenn niemand den Zeitpunkt kennt? Was, wenn sich zuvor eine wässrige Totalreinigung der Erde wiederholt?
H.S.: Eine logische Schlussfolgerung aus dieser Sichtweise ist es, die Entwicklungen weiterlaufen zu lassen, denn diese Schöpfung wird durch eine neue ersetzt werden, nicht wahr?
M.L.: Nein, nein, nein, meine Antwort auf diese wichtigen Fragen ist das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. In konkretes Handeln umgesetzt ist die Aufgabe aller Christen: alles in ihrer Macht stehende zu tun, dass sie mit Christus immer mehr identisch werden und mit ihrer Umwelt in Frieden als ein Segen leben: Also …
• lebe ich so, dass ich Christus immer ähnlicher werde und ihn jederzeit erwarten kann! Das Leben ist zu kurz, um es mit anderem als Liebe und Glück zu vergeuden.
• liebe ich so, dass ich für die anderen
Ich sehe hier einen menschlichen Fluch: die Lösung von Problemen schafft neue Probleme.
Menschen ein Gewinn bin und mit ihnen in Freude lebe (Geld kann Hunger nicht stillen, sondern ist im Gegenteil der Grund für Hunger. Denn wo reiche Leute sind, ist alles teuer.)
• gehe ich mit den Dingen, die mir anvertraut sind, so um, dass sie nicht in Begierde verzehrt und missbraucht werden. Wer bekommt, was er mag, ist erfolgreich. Wer mag, was er bekommt, ist glücklich.
Theologisch gesehen kann ich diese Fragen dahingehend beantworten, die Entfremdung, von der ich oben gesprochen habe, zu verringern und aufzuheben. Dies geschieht in dem Bewusstsein, dass ich nur mithilfe vom Vater Gott in Jesus mit dem Heiligen Geist in der Lage bin, eine positive Antwort auf diese fundamentalen Fragen des Lebens zu finden.
H.S.: Martin, vielen Dank für diese Antwort. Jetzt verstehe ich das Wort von Jesus: „Wer sein Leben versucht zu erhalten, der wird es verlieren. Wer ist sein Leben verliert um meinetwillen, wird es erhalten“ (Mat. 16, 25).
Die virulenten und anstehenden zukünftigen Probleme und gesellschaftlichen Entwicklungen sind nur in der Relation zu JESUS besser auszuhalten und zu bewältigen. Aber mal unter uns: ohne die Erfindung des Buchdrucks würden deine 97 Thesen heute noch unbeachtet an der Kirchentür hängen und vergammeln.
M.L.: Herbert, das ist Kairos, die richtigen Leute unternehmen am richtigen Ort zum richtigen Zeit das richtige gottgewollte, welches zum bleibenden Segen führt. Und nun genug geplaudert. Ich habe meine Aufgabe mit allem Segen und Fluch gemacht. Finde nun dein Kairos und verwirkliche es. Helfe auch anderen dabei, dies zu tun! Das ist die Nachhaltigkeit, die uns Gott schenkt. Aber er braucht dazu jeden einzelnen Menschen, ob Christ oder nicht Christ.
H.S.: Was also deine Sprachwahl bei der Bibelübersetzung betrifft, bin ich voll bei dir. Man braucht klare Ansagen, zum Teil auch mit kräftigen Ausdrücken und einem entsprechenden Humor, damit es auf den Punkt gebracht ist und Wirkung zeigt. Also, by
the way, ein Zitat von mir in Luthermanier: Mach’s wie der Furz, sei würzig und kurz. M.L.: Sehr passend, wir verstehen uns. Aber: ihr könnt predigen, was ihr wollt, aber predigt niemals länger als vierzig Minuten.
H.S.: Aber Martinus, ich denke…. M.L.: Jetzt ist Schluss. Petrus benötigt meinen Ratschlag. Tschüss!
Ein Hinweis vom Autor. Zur Beurteilung des hypothetischen Dialogs wende die therapeutische Regel von Alfred Adler an: es kann immer auch ganz anders sein, unter dem Aspekt von spes in eternitate.
Autor
Dr. med. Herbert Scheiblich ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychotherapie. Er ist in eigener Praxis tätig, zudem ist er Mitglied der de’ignis-Institutsleitung.
SWR Wissen
Inflation, Krieg und Klimawandel – die Krisen nehmen kein Ende. Die Studie „Jugend in Deutschland 2023“ zeigt nun: Junge Menschen stecken Sorgen schlechter weg.
Fast die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen kämpft mit stressbedingten Belastungen. Bei den 50- bis 69-Jährigen ist es nur rund jeder Fünfte. Bildungs- und Sozialisationsforscher Professor Klaus Hurrelmann erklärt die Ursachen. Er hat an der Studie mitgearbeitet.
Jugend im Dauerkrisenmodus Gerade die junge Generation stehe nach den Corona-Jahren nach wie vor unter einem hohen Druck, so Hurrelmann. Sie habe laut der Studie häufiger mit psychischen Belastungen wie Erschöpfung, Gereiztheit und Selbstzweifeln zu kämpfen als die mittlere und ältere Generation. Woran liegt das? Junge Menschen stehen heutzutage vor einem Meer an Möglichkeiten. Sie können aus tausenden von Bildungsmöglichkeiten wählen und haben viele Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch machen sich junge Leute Sorgen – auch im finanziellen Bereich: „Die jungen Leute merken in dieser angespannten Zeit, es ist überhaupt nichts mehr sicher. Kann ich den Wohlstand wahren, den meine Eltern und Großeltern haben?
Sie machen sich heute schon Sorgen, ob sie von ihrer Rente gut leben können.“
(Prof. Klaus Hurrelmann)
Finanzielle Sorgen plagen die junge Generation
Die persönliche Zufriedenheit mit der finanziellen Lage ist auf einem neuen Tiefpunkt, so die Studie. Insbesondere die 14- bis 29-jährigen seien besorgt um ihre Ersparnisse. Sie hätten das Gefühl, eine schwierigere Aufgabe in der Sicherung des Wohlstandes zu haben als noch die eigenen Eltern und Großeltern, so Hurrelmann. Nach der Auffassung vieler junger Leute seien die Wohlstandsjahre vorbei, erklärt er weiter. Seiner Einschätzung nach bleibt das Gefühl bei den Jüngeren sich nicht richtig entfalten zu können. Man wolle sein Leben noch leben, doch in unsicheren Zeiten würde es objektiv schwer, eine mittelfristige Lebensplanung aufzubauen, sagt er weiter. Laut Studienleiter Simon Schnetzer fühlen sich junge Menschen daher „wie in einem Dauerkrisenmodus, der weiter anhält und psychische Narben hinterlässt“.
Hoher psychischer Stress – trotz Optimismus
Des Weiteren zeigt die Studie, dass sich der Grund der Sorgen bei Bürgerinnen und Bürgern über Generationen hinweg kaum unterscheidet. Die Älteren haben gerade bei Krieg und Altersarmut sogar etwas mehr Sorgen als die Jüngeren. Allerdings seien sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung resilienter und im Umgang mit Belastungen erprobt, erklärt Hurrelmann.
Trotz der höheren psychischen Belastung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch Krisen, ergab die Erhebung einen optimistischeren Blick in die Zukunft als bei den über 30-jährigen.
„Generation Corona“ besonders belastet
Ist dieser Optimismus auch in der „Generation Corona” spürbar? Einem Teil der jungen Leute müsse man dieses Etikett wohl anhaften, meint Hurrelmann. Dazu zählen in seinen Augen diejenigen, die durch die fast dreijährige Ausnahmesituation in ihre Berufslaufbahnen und Bildungseinmündungen gestolpert sind.
Viele dieser jungen Menschen hätten die Zuversicht dann verloren: Etwa 25 Prozent haben im Bildungssystem große Schwierigkeiten und merken, wie komplex die Lebensanforderungen in Beruf und Alltag geworden sind, so Hurrelmann. Es brauche daher einen Zuwachs an Unterstützungsangeboten für junge Menschen: „ Die psychischen Unterstützungsangebote in Schulen, Hochschulen und Unternehmen müssen schnellstens ausgebaut werden, damit es bei den besonders belasteten jungen Menschen nicht zu einer Verfestigung von Depressionen, Suchtverhalten und Isolation kommt.“ (Prof. Klaus Hurrelmann) Mythos der faulen Jugend Junge Menschen schätzen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt als sehr gut ein, so die Studie. Weiterhin kam sie zu dem Ergebnis, dass die Vorstellungen davon, was gute Arbeit ausmacht, sich zwischen den Altersgruppen kaum unterscheidet. Ganz oben auf der Liste stehen eine gute Arbeitsatmosphäre, gute Vorgesetzte und die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Es sind keine neuen
Wünsche, allerdings fordere die jüngere Generation deren Umsetzung stärker ein, so Studienleiter Simon Schnetzer.
Die Erhebung zeigte außerdem eine deutliche Ausprägung der Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft in allen Generationen. Lediglich worin die Motivation zur Arbeit liegt, unterscheide sich abhängig vom Alter.
Was motiviert zu Leistung?
Im Generationenvergleich fällt auf, dass sich die jüngere (14- bis 29-Jährigen) und mittlere Generation (30- bis 49-jährigen) am besten durch Geld und Spaß zu guter Leistung motivieren lassen, so die Studienautoren. Die über 50-jährigen hingegen werden am stärksten dadurch motiviert, etwas Sinnvolles zu leisten.
Wertevorstellungen generationenübergreifend gleich
Die Studie zeigte auch, dass in der Generation der „Babyboomer“ (Jahrgänge 1946 bis 1964) und der „Generation Z“ (1996 bis 2010) die zentralen Werte geteilt werden. Die Studienautoren sehen daher kein Anzeichen für einen Generationenkonflikt. Allerdings messen die „Babyboomer“ ihrer Gesundheit und der Gefährdung der Demokratie eine größere Priorität bei.
Quelle www.swr.de, von Sonja Emperle
Junge Menschen in schwierigen Zeiten begleiten.
Von Winfried Hahn• Wenn wir mit unseren heranwachsenden Kindern über so sensible Themen wie ihr Erwachsenwerden sprechen, ist es sehr wichtig, dass wir es nicht mit erhobenem moralischen Zeigefinger tun. Die Folge wäre, dass sich die erwachsen werdenden Jugendlichen sofort verschließen würden. Denn sie befinden sich entwicklungsmäßig in einer Phase, in der sie sehr viel Wert auf das Respektieren der Grenzen ihrer Persönlichkeit legen. Sie reagieren allergisch, wenn sie den Eindruck haben, von den Eltern oder anderen Autoritätspersonen wie Kinder behandelt zu werden. Wer das Vertrauen seiner heranwachsenden Jugendlichen haben will, muss es bewahren und immer wieder neu gewinnen.
Es gibt einen Unterschied zu früheren Zeiten, der darin besteht, dass Autorität nicht mehr automatisch an eine Funktion wie Eltern, Lehrer, Pfarrer geknüpft ist, sondern sich durch Glaubwürdigkeit und Kompetenz immer wieder neu legitimieren muss. Ähnlich verhält es sich mit dem Vertrauen zwischen Eltern und Heranwachsenden. Unsere Kinder werden nur dann ein offenes Gespräch über ihre persönlichsten Lebensbereiche führen und einen Einblick in ihre intimen Gedanken gewähren, wenn wir für sie vertrauenswürdig sind.
Ich bin erstaunt, wie genau unsere beiden Kinder beobachten und auch früher schon beobachtet haben, wie wir als Ehepartner miteinander umgehen. Dabei sind wir auch nur ganz normale Menschen, eben keine Idealmenschen, mit Konflikten, Schwierigkeiten und Herausforderungen. So gab es auch in unserer Ehe Situationen mit Spannungen und Streit, aber wir achteten als Ehepaar sehr sorgfältig darauf, dass die Kinder, wenn sie einen Konflikt von uns Eltern miterlebten, auch die Versöhnung mitbekamen. Eines Tages hörte ich zufällig ein Gespräch zwischen meinem damals 16-jährigen Sohn und einem seiner Freunde mit, in dem er Folgendes erzählte: „Wenn meine Eltern sich streiten, ist es ganz lustig. Denn wenn mein Vater aus dem Haus geht und wegfahren muss, dauert es keine 15 Minuten, bis er anruft und sich bei Mama entschuldigt.
Sonst kann er nicht predigen. Er ist nämlich Pastor.“ Eltern brauchen nicht fehlerfrei sein, aber glaubwürdig müssen sie sein, zumindest dann, wenn sie das Vertrauen ihrer Kinder haben wollen. Ich empfand es als ein riesiges Kompliment, als mein damals 22-jähriger Sohn zu meiner Frau und mir sagte: „Ich finde, dass ihr keine Idealehe führt, aber wenn ich das mal mit meiner Frau so hinbekomme wie ihr, dann wäre das super. Ich wäre echt zufrieden. Und außerdem, was ich euch schon immer mal sagen wollte, wir sind eine echt coole Familie.“
Begleitung durch die Sturm-und-Drang-Zeit
Das Bemühen um Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und um eine Familienatmosphäre, die von Echtheit geprägt ist, bildete bei uns die Grundlage für so manches persönliche Gespräch zwischen Vater und Sohn auch in den schwierigen Jahren der Sturm-undDrang-Zeit, der Pubertät. Immer wieder ging ich mit meinem Sohn abends essen und wir führten viele Gespräche von „Mann zu Mann“ (übrigens eine gute Tradition, die wir bis heute pflegen). In diesen Gesprächen erfuhr ich sehr viel über seine persönlichsten und geheimsten Gedanken. Einmal sagte er zu mir: „Papa, ich weiß, dass du mit dem, was ich dir jetzt erzähle, nicht einverstanden bist, aber ich bin noch jung, ich brauch das jetzt einfach. Aber mach dir keine Sorgen, später werde ich dann schon vernünftig.“
Durch diese vertraute „Männerrunde“ erfuhr ich viele Dinge von ihm (Mama durfte davon nichts erfahren, auch wenn es meist harmlose Dinge waren, aber wir redeten eben von Mann zu Mann), behielt aber auch Einfluss auf ihn. Über vieles diskutierten wir ausgiebig; nicht über alles konnten wir uns einigen. Aber ich bemerkte, wie er über meine Argumente nachdachte und oft stellte ich erstaunt fest, dass er bei Gesprächen mit seinen Freunden die von mir gehörten Argumente vertrat.
Es ist wichtig für Eltern, Lehrer und auch Pfarrer zu realisieren, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt Teenagern nichts mehr aufzwingen kann. Entweder man besitzt ihr Vertrauen oder man verliert seinen Einfluss auf sie. Das bedeutet nicht, dass man sich den Jugendlichen anbiedert, weder im Stil noch in den Inhalten. Um reifen zu können, brauchen sie Reibungsflächen, sie brauchen Widerstand, mit dem sie sich auseinandersetzen können, um zu eigenständigen kraftvollen Persönlichkeiten werden zu können. Nicht der moralische Zeigefinger ist es, den sie brauchen, sondern Persönlichkeiten, die bereit sind, mit ihnen zu diskutieren, zu streiten und zu ringen, weil sie um ihr Wohlergehen besorgt sind. Junge Menschen spüren sehr deutlich, ob sie jemand rechthaberisch und moralisierend zutextet oder ob sich jemand wirklich von Herzen um sie sorgt.
Quelle
Aus dem Buch von Ute Horn und Winfried Hahn „Baustelle erste Liebe, mit Teenagern über Freundschaft“ (früher SCM Hänssler jetzt bei kathShop erhältlich)
Autor
Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und absolvierte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Er ist Geschäftsführer des Sozialtherapeutisches Zentrums de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und Vorsitzender der de’ignis-Stiftung Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
Was uns in Krisenzeiten anfällig macht und was uns schützt. Von Marie-Luise Armbruster
• „Wodurch wird eine belastende Situation zu einer wirklichen Krise und löst möglicherweise sogar eine psychische oder psychosomatische Krankheit aus? Weshalb jedoch bleiben manche Personen in einer belastenden Situation gesund, überwinden diese „unbeschadet“ oder wachsen sogar an ihr in ihrer Persönlichkeit und Reife?
Lassen Sie uns zunächst auf zwei Personen schauen, die ganz unterschiedlich mit ihren Belastungen umgegangen sind:
Frau M. steht nach einem Umzug und Arbeitsplatzwechsel vor völlig neuen Situation. Sie muss sich zunächst einarbeiten und sich (eigentlich) auch ihr soziales Netzwerk neu aufbauen. Voller Elan und mit dem Bedürfnis, ihre Aufgaben möglichst gut zu erfüllen, stürzt sie sich in die Arbeit. Sie arbeitet abends lange, nimmt nur sporadisch an der Gruppe in ihrer christlichen Gemeinde teil und für das Walken, das ihr früher ein guter Ausgleich war, fehlt ihr nach den ersten Wochen sowohl der Antrieb als auch die körperliche Kraft. Ihre Rückenschmerzen bei bekanntem Bandscheibenvorfall verstärken sich bereits. Im Laufe des ersten Jahres nach dem Umzug stellen sich nach und nach Belastungssymptome ein: Erschöpfung, ständige Anspannung, Müdigkeit, Selbstzweifel (trotz starker Bemühungen ist Frau M. mit ihrer – sehr guten – Arbeit nicht richtig zufrieden) und schließlich eine gedrückte Stimmung. Es entwickelt sich zunehmend eine depressive Symptomatik (wie auch vor einigen Jahren bei ihrem Vater und dessen Mutter). Als Frau M. sich eingestehen muss, dass sie ihren eigenen Ansprüchen aufgrund der nun sehr starken Erschöpfung und ihren Rückenbeschwerden nicht mehr gerecht werden kann (an diesem Punkt kann sie morgens kaum mehr aufstehen), sucht sie ihren Hausarzt auf und lässt sich krankschreiben.
Herr K. wird ganz unerwartet betriebsintern in eine andere Abteilung versetzt, da in der neuen Abteilung ein Mitarbeiter längerfristig ausfällt. Da Herr K. sich in seiner alten Abteilung sehr wohl gefühlt hatte und mit dortigen Aufgaben sowohl sehr vertraut als auch erfolgreich war, trifft ihn die Versetzung
sehr. Es gilt nun, mit den neuen Aufgaben rasch vertraut zu werden und gleichzeitig Altes und Vertrautes zurückzulassen. Den seit einem Jahr bekannten Diabetes hat er durch eine ausgewogene Ernährung dankenswerterweise gut in den Griff bekommen. Doch neben der Pflege seines demenzkranken Vaters belastet ihn ein Streit mit seiner Versicherung, der vermutlich größere finanzielle Belastungen mit sich bringen wird, sodass ihm eine berufliche Veränderung „gerade noch gefehlt hat“. Er ist kurz davor, „den Kopf in den Sand zu stecken“, sich zurückzuziehen. Auf der anderen Seite steckt in ihm der Wunsch, Herausforderungen als Chance zu nutzen. So bemüht sich Herr K. zunächst in einem Gespräch mit dem Vorgesetzten, die Versetzung zu verhindern und eine alternative Lösung zu finden. Doch der Vorgesetzte ist sehr entschlossen, sodass Herr K. dessen Entscheidung schließlich akzeptiert. Er nutzt das Gespräch mit dem Vorgesetzten zudem, um konkret zu besprechen, welche Aufgaben Priorität haben und welche erst im Laufe der kommenden Wochen und Monate erledigt werden sollen, um die Einarbeitung konstruktiv zu gestalten und einer Überlastung vorzubeugen. Dies hilft Herrn K., die neuen, ihm noch nicht vertrauten Aufgaben, wenn auch nicht gerne, aber dennoch konstruktiv anzugehen. Auch wenn Herr K. nun manche Überstunde leistet, schaltet er donnerstags am frühen Abend rechtzeitig den PC aus, um mit seinem besten Freund Rad zu fahren. Hierdurch hat er einen körperlichen Ausgleich, aber auch Raum, um sich mit seinem Freund auszutauschen über Gott und die Welt. Am Wochenende nimmt er sich die Zeit für ein paar Songs auf der Gitarre, das tut ihm seit Jahren gut und lässt ihn für den Moment alle Sorgen vergessen. Im Laufe der Zeit wächst er immer mehr in seine neuen Aufgaben auf der Arbeit hinein und so manche neue Aufgabe bereitet ihm jetzt sogar Spaß. Er ist ein wenig stolz, aber vor allem dankbar, dass er die neue Situation gut gemeistert hat und ist nun auch optimistischer, die Gespräche mit der Versicherung konstruktiv anzugehen. Die Pflege seines Vaters bleibt für ihn eine Herausforderung, für die er immer wieder neu Kraft tanken muss.
Zurück zu unserer Anfangsfrage: Wie erklärt es sich, dass manche Menschen unter Belastungen Beschwerden oder gar psychische Erkrankungen entwickeln, andere aber gesund bleiben oder sogar innerlich wachsen? Für die Entstehung psychischer und psychosomatischer Störungen gibt es eine Reihe von Erklärungsmodellen. So wurden zum einen für die einzelnen psychischen Störungen (wie Depression und Angststörungen) spezifische Modelle entwickelt, mit deren Hilfe gezielt die Entstehung und Aufrechterhaltung von z. B. Depressionen oder Ängsten beschrieben und erklärt werden kann. Darüber hinaus gibt es allgemeine Störungsmodelle, die weniger auf die einzelnen spezifischen Störungsbilder, sondern mehr auf psychische oder psychosomatische Störungen im Allgemeinen eingehen und erklären, warum Belastungen in psychische Störungen münden können. Eines der ersten allgemeinen Störungsmodelle ist das Vulnerabilitäts-Stress-Modell (Zubin & Spring, 1977). Zusammengefasst besagt das Modell, dass psychische Störungen durch eine komplexe Wechselwirkung von Vulnerabilitätsund Stressfaktoren entstehen.
Unter Vulnerabilität (Verletzbarkeit oder Anfälligkeit) versteht man die Faktoren, die eine Person verwundbar oder verletzlich machen, wie genetische Veranlagung, chronische Erkrankungen, Temperament, biografische belastende oder traumatische Vorerfahrungen, aber auch Alter und Geschlecht (Wittchen und Hoyer, 2011). Die Faktoren, die eine Person „in die Situation mitbringt“, machen sie sozusagen sensibel und verletzlich, sodass die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, in einer belastenden Situation mit psychischen oder psychosomatischen Beschwerden zu reagieren.
Der Begriff Stress beschreibt dagegen alle aktuellen Belastungen, auf die eine Person (mit ihren individuellen Vulnerabilitätsfaktoren) trifft, also all das, was eine Person im Leben vorfindet. Es handelt sich somit um „Anforderungssituationen“, bei der eine Person eine Anpassungsreaktion zeigen muss, um die Herausforderung zu bewältigen (Wittchen und Hoyer, 2011). Typische Stressfaktoren sind arbeitsplatzbezogener Stress (z. B. Konflikte am Arbeitsplatz,
Mobbing, Überlastung, Arbeitsplatzverlust, Arbeitslosigkeit), Konflikte mit engen Angehörigen (Partner, Kinder, Eltern, Nachbarn, Freunde oder auch Gemeinde) sowie Krankheit und Verlust von Angehörigen und plötzlich auftretende belastende Ereignisse, wie Krankheiten und Unfälle.
Beide Faktoren – Vulnerabilität (Verletzbarkeit) und Stress – müssen somit zusammentreffen, um eine psychische Erkrankung auszulösen. Hierbei stellt der Vulnerabilitätsfaktor eben nur eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung dar, sondern erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer psychischen Störung. Doch welches Ausmaß an Vulnerabilität und an Stress „macht uns krank“? Abb. 1 zeigt, dass beide Faktoren, sobald sie in der Summe eine gewisse Schwelle überschreiten, eine psychische Störung auslösen können. So kann jemand mit einer hohen Vulnerabilität und geringem Stress, aber auch jemand mit geringer Vulnerabilität und vielen Stressfaktoren die sogenannte Schwelle zur Krankheit überschreiten.
Dieses Modell wird von Patienten oftmals als hilfreich erlebt, um zu verstehen, warum sie unter genau diesen Stressoren erkrankt sind. So übertrafen bei Frau M. aus unserem Fallbeispiel die Vulnerabilitätsfaktoren (genetische Veranlagung, chronische Rückenbeschwerden) in Kombination mit den Stressfaktoren (Umzug und Arbeitsplatzwechsel) die Schwelle zur Krankheit. Welche weiteren Faktoren ihre Depression begünstigten und warum die Schwelle zur Krankheit bei Herrn K. bei zwar geringer Vulnerabilität (gut eingestellter Diabetes als chronische Erkrankung) und trotz diverser Stressfaktoren (Pflege des Vaters, Streit mit Versicherung, interner Arbeitsplatzwechsel) nicht überschritten wurde, dazu später mehr.
Das ursprüngliche Vulnerabilitäts-StressModell von 1977 wurde selbstverständlich über die Jahre ergänzt und erweitert, um differenzierter mögliche Ursachen und Auslöser für psychische Störungen zu beschreiben. So betonen Wittchen und Hoyer (2011) zusätzlich den Einfluss psychologischer und entwicklungspsychologischer Faktoren bei der Entwicklung psychischer Störungen (Abb.2) .
Krank
Wohlbefinden
Ob nun die Schwelle zur Krankheit überschritten wird, hängt nach dem erweiterten Modell neben dem Ausmaß an Vulnerabilität und Stress unter anderem davon ab, wie gut Copingstrategien (Handlungskompetenzen, um situationsübergreifend flexibel und effizient zu reagieren), soziale Unterstützung und Resilienzfaktoren ausgeprägt sind. Unter Resilienz versteht man die „Widerstandsfähigkeit eines Individuums, sich trotz ungünstiger Lebensumstände und kritischer Lebensereignisse erfolgreich zu entwickeln“ (Dorsch, 2023). Darüber hinaus kann Resilienz als Fähigkeit angesehen werden, in belastenden Situationen adaptiv und proaktiv zu handeln, also sich an veränderte Bedingungen konstruktiv oder erfolgreich anzupassen. Gesteigert werden kann Resilienz durch protektive Faktoren (Schutzfaktoren) wie vertrauensvolle Beziehungen, eine gute Integration in die Gruppe der Gleichaltrigen sowie ein gutes Repertoire an sozialen und leistungsbezogenen Fähigkeiten und gute soziale und sozioökonomische Rahmenbedingungen (Wittchen und Hoyer, 2011). Das bedeutet wiederum, dass Menschen ihrer Vulnerabilität und ihrem Stress nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern die Situation zumindest anteilig beeinflussen können.
Frau M. aus unserem Fallbeispiel zeigte neben den genannten Vulnerabilitäts- und Stressfaktoren verschiedene modifizierende Faktoren, die die Entwicklung einer depressiven Symptomatik zusätzlich begünstigten. Ihre Strategie, sich über Monate in die Arbeit zu stürzen, ist als ungünstige und inflexible Copingstrategie zu beurteilen. Sie hat zudem wenige soziale Kontakte nach dem Umzug, zieht sich zurück, ihr fehlen vertrauensvolle Beziehungen. Dadurch, dass sie das Walken aufgibt, fehlt ihr eine wichtige Ressource, die nicht nur ihrem Körper, insbesondere ihrem Rücken, sondern auch ihrem Selbstwert gut getan hätten. Insgesamt hat sie wenige Resilienzfaktoren.
Herr K. dagegen reagiert bei leichter Vulnerabilität und gleichzeitig vielen Stressfaktoren flexibel und kann sich der neuen Situation konstruktiv anpassen. Seine sozialen Fertigkeiten setzt er im klärenden Gespräch mit dem Vorgesetzten ein. Er arbeitet zwar
Intraindividuell
z. B. Alter, Geschlecht, Persönlichkeit, Temperament, genetische und neurobiologische Faktoren, Verlust und Trauma
Soziale Umwelt
z. B. soziale Schicht, Bildung, Familie und soziales Netzwerk, berufliche Sozialisation, Normen
Psychologische Faktoren
z. B. Resilienz, Coping, soziale Unterstützung, vorangehende Störungen, dysfunktionale Kognitionen und Schemata
Stressereignisse
kritische Lebensereignisse, Veränderungen, Bedinqungen (Frequenz, Art, Dauer, Schwere)
Entwicklungsbezogene Faktoren
z. B. Bindung, Impulskontrolle, körperliche und soziale Faktoren, Leistungskompetenz
Psychische Störung
Akute Folgen
z. B. Berufliche und Interaktionsprobleme, soziale Einschränkungen, Hilflosigkeit
Langzeitfolgen
z. B. Arbeitslosigkeit, soziale Isolation, Hoffnungslosigkeit
Initiierung (Prodromalphase) Störungsbeginn Störungsverlauf
mehr als sonst, was für ihn eine Belastung darstellt, gleichzeitig erfährt er durch seine Hobbies einen Ausgleich. Der Kontakt zu Gleichaltrigen bzw. seine vertrauensvollen Beziehungen mögen seine Resilienz stärken, ebenso seine optimistische Einstellung, die Herausforderung als Chance zu sehen. In den letzten Jahren gab es diverse Stressereignisse, die auch Deutschland betrafen: Einschränkungen und Schutzmaßnahmen in den „Corona-Jahren“, Ungewissheit in der Klimakrise und Angst, Empörung und Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg, Inflation etc. Machen diese Stressereignisse uns nun krank? Wir alle sind sozusagen mit mehr Stressereignissen konfrontiert als in so manchem Jahr zuvor. Doch nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell genügt Stress allein nicht, um eine psychische Erkrankung auszulösen. Erst wenn die Stressfaktoren auf eine Person treffen, die eine gewisse Vulnerabilität (Anfälligkeit) mitbringt, ist
das Risiko für eine psychische Erkrankung erhöht. Dem ist hinzuzufügen, dass der „allgemeine“ Stress, dem wir sozusagen alle ausgesetzt sind, erst zum richtigen Stressor wird, wenn er auf eine persönlich belastende Situation trifft und/oder unzureichende Resilienz oder mangelnde Copingstrategien vorliegen. Bei einer Person, die gerade eine enge Bezugsperson verloren hat, mag der Ukraine-Krieg sicherlich mehr (existenzielle) Angst ausgelöst haben, als bei einer Person ohne solch einen Verlust. Und für jemanden, der ein gutes soziales Netz besitzt, waren die Corona-Maßnahmen sicherlich nicht so zehrend wie für jemanden, der nur wenige Kontakte hat. So zeigte eine Überblicksstudie, dass Menschen mit einer stärkeren Resilienz in der Corona-Pandemie weniger psychologische Belastung erlebten. Jedoch war dieser Zusammenhang nicht ganz so stark ausgeprägt wie in der Zeit vor der Corona-Pandemie (Jeamjitvibool et al.,
2022). Dies führen die Autoren darauf zurück, dass die soziale Unterstützung, die eigentlich die Resilienz steigert, in der Corona-Pandemie durch die entsprechenden Maßnahmen weniger möglich war als in den vorherigen Jahren ohne Einschränkungen. Die Ergebnisse der Studie betonen erneut die Wichtigkeit von Beziehungen und sozialer Unterstützung.
Ja, wir leben in „stürmischen Zeiten“ und haben uns das nicht ausgesucht. So manchen inneren oder äußeren Sturm können wir möglicherweise verhindern. In anderen Situationen befinden wir uns „mitten im Sturm“, vielleicht mit dem Ruder in der Hand, vielleicht ist es uns aber auch weggeschwommen, das Segel gerissen. Wie können wir uns nun vor dem nächsten Sturm schützen, damit wir nicht untergehen, sondern zielgerade steuern? Wer ein hohes Maß an Vulnerabilität in eine Stresssituation
mitbringt, ist selbstverständlich mehr herausgefordert, kann dies möglicherweise jedoch durch Coping und Resilienzfaktoren wieder ausgleichen. Inzwischen gibt es zahlreiche Trainings, die darauf abzielen, die Resilienz zu verbessern. So werden z. B. im onlinebasierten Gesundheitstraining mit Schwerpunkt Resilienz (www.studicare. com/resilienz) die Bereiche Autonomie, Selbstakzeptanz, Hindernisse überwinden, soziale Kontakte und Ziele gestärkt, um die Widerstandfähigkeit in Krisen zu verbessern. Auch Ressourcen gilt es (wieder) zu aktivieren, da diese die Resilienz fördern. Erste Impulse zu den einzelnen Bereichen finden sich in Abb. 3
Darüber hinaus finden sich dankenswerterweise in Therapie und Coaching sowie in Seminaren und Beratung viele Möglichkeiten, psychische Störungen vorzubeugen und sogar gestärkt aus den Krisen hervorzugehen: Strategien zur Stressbewältigung (Kaluza, 2018), zum Umgang mit Emotionen (TEK), Achtsamkeit (Michalak, 2021) und viele mehr. All diese Strategien helfen zu steuern und zu tun, was in der eigenen Macht steht.
Gleichzeitig darf ich von meinem (kleinen) Boot auf hoher See aufblicken, heraus-
zoomen und mir bewusst machen, dass der Schöpfer des Universums über mich wacht. Ich darf mir Jesus bewusst machen, der im Sturm einfach schlief, im tiefsten Vertrauen, dass der Vater auf ihn Acht gibt1. Ich darf mich tragen lassen, wo ich nicht selbst gehen kann. Ich darf mich bei ihm ausruhen und zu Kräften kommen (wie Elias, der erst aß und schlief, bevor er sich wieder seinen bzw. Gottes Aufgaben widmete2). Und ich darf ruhig werden bei Gott, mir gerade in Krisenzeiten, aber auch im Alltag Zeit nehmen, die ich mit dem Schöpfergott verbringe. Ich darf zu ihm schreien und fragen „Warum … hast du mich verlassen?“ 3 , denn Gott mag es, wenn wir ehrlich und authentisch vor ihn treten. Ich darf mit ihm schweigen, hadern, aber auch hinhören, mit ihm Pläne schmieden und, wenn ich mutig bin, sogar –den Blick auf Jesus gerichtet – mit ihm (wie Petrus) auf dem Wasser gehen 4 . Ich darf vertrauen, dass Er in allem da ist, dass die Beziehung zu ihm das ist, was trägt. Ja, vertrauensvolle Beziehungen stärken die Resilienz. Auch wenn so manche Krise schwer zu durchleben ist, gibt die Beziehung zu dem Allmächtigen doch eine Perspektive, lässt mich die Zukunft positiv sehen, in dem Wissen, dass es einen ewigen Ort gibt ohne Schmerz, Tränen und Leid 5 .
Zusammenfassung
Anhand von zwei Fallbeispielen wird das Vulnerabilitäts-Stress-Modell erläutert. Nach diesem Modell entstehen psychische Störungen durch das Zusammentreffen von Vulnerabilitäts- und Stressfaktoren, wobei psychologische Faktoren wie Coping und Resilienz (Widerstandsfähigkeit) sowie entwicklungsbezogene Faktoren eine modifizierende Rolle spielen. Inzwischen gibt es zahlreiche Trainings zur Verbesserung der Resilienz mit dem Ziel, Krisen konstruktiv zu bewältigen. Der christliche Glaube kann eine wertvolle Ressource bei der Krisenbewältigung darstellen, wobei der Glaube nicht ungeschehen macht, was erlebt wurde, aber Halt, innere Stabilität und Perspektive geben kann.
Fußnoten
1 Matthäus 8:23–27
2 1. Könige 19, 5–6
3 Psalm 22,2, Matthäus 27,46
4 Matthäus 14, 22–33
5 Offenbarung 7,17
Literatur
• Berking, M. (2017): Training emotionaler Kompetenzen. Springer.
• Dorsch (2023): https://dorsch.hogrefe.com/ stichwort/resilienz, abgerufen 08.08.2023.
• Jeamjitvibool, T.; Duangchan, C.; Mousa, A.; Mahikul, W. (2022): The Association between Resilience and Psychological Distress during the COVID-19 Pandemic: A Systematic Review and Meta-Analysis. Int. J. Environ. Res. Public Health, 19, 14854. https:// doi.org/10.3390/ijerph192214854
Abb. 3
Bereich Impuls / Anregung
Autonomie Ich stehe zu mir und mache mich nicht davon abhängig, was andere (negatives) über mich denken.
Selbstakzeptanz
Hindernisse überwinden
soziale Kontakte
Ziele
Ich darf mich annehmen wie ich bin, mit meinen Stärken und mit meinen Schwächen.
Welche Strategien haben mir in der Vergangenheit geholfen, eine schwierige Situation zu bewältigen?
Welche bestehenden Kontakte erlebe ich als besonders wohltuend und in welche Kontakte möchte ich im nächsten Jahr investieren?
Welches Ziel setze ich mir konkret für morgen, für den nächsten Monat, für das nächste Jahr?
• Kaluza, G. (2018): Stressbewältigung: Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. Springer.
• Kaluza, G. (2018): Gelassen und sicher im Stress, Das Stresskompetenz-Buch. Stress erkennen, verstehen und bewältigen. Springer.
• Michalak, J., Heidenreich, T., Williams, J.M.G. (2021): Achtsamkeit (Fortschritte der Psychotherapie). Hogrefe.
• Michalak, J., Meibert, P., Heidenreich, T. (2017): Achtsamkeit üben. Hilfe bei Stress, Depression, Ängsten und häufigem Grübeln. Hogrefe.
• Wittchen, H.-U., Hoyer, J. (2011): Was ist klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle in: Wittchen, H.-U., Hoyer, J. Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer.
• Zubin, J., Spring, B. (1977): Vulnerability – A New View of Schizophrenia. Journal of Abnormal Psychology 86, 2. S. 103–126.
Autorin
Dr. rer. nat. Marie-Luise Armbruster ist DiplomPsychologin, psychologische Psychotherapeutin und leitende Psychologin im de’ignisGesundheitszentrum Egenhausen.
Unter Resilienz versteht man die „Widerstandsfähigkeit eines Individuums, sich trotz ungünstiger Lebensumstände und kritischer Lebensereignisse erfolgreich zu entwickeln“.
Wege aus dem Treibsand
Von Jana Hillie• „Mein Leben ist aus den Fugen geraten. Seit der Erkrankung meines Ehemannes ist nichts mehr so, wie es war und ich bin mit Ängsten, Sorgen und Erschöpfung konfrontiert, wie ich es vorher nie kannte. Ich habe mich selbst in diesem Zustand verloren“ , berichtet Frau Z. im Aufnahmegespräch. Um den Zustand von Menschen mit einer Anpassungsstörung zu beschreiben, eignet sich häufig das Bild vom Treibsand. Die Betroffenen fühlen sich, als wären sie stecken geblieben in Hoffnungslosigkeit, Ängsten und Problemdenken. Sie kämpfen gegen ihre unangenehmen Gefühle und Gedanken und scheinen mit jeder Bewegung noch ein Stück tiefer einzusinken, bis ihnen jegliche Orientierung fehlt. Sandkörner sind normalerweise durch Haftreibung aneinander gebunden und verdichten sich unter Druck. Treibsand entsteht, wenn grobkörniger Sand mit so viel Wasser durchsetzt wird, dass die Körner das Wasser nicht mehr aufnehmen können und die Zwischenräume zwischen den Körnern von Wasser gefüllt werden. Die Reibung zwischen den Körnern geht gegen Null und unter Druck werden sie beweglich. Ganz ähnlich geht es Menschen, die mit einem Ereignis konfrontiert sind, das ihre Bewältigungsmöglichkeiten übersteigt. Dies kann der Tod eines Angehörigen sein, eine Erkrankung, eine Trennung oder ein anderes einschneidendes Lebensereignis. Die Diagnose einer Anpassungsstörung zählt zu den in der klinischen Praxis am häufigsten vergebenen psychischen Diagnosen (Bengel & Hubert, 2010) und kann ängstliche und/ oder depressive oder somatoforme Symptome umfassen, die nicht das Vollbild einer anderen psychischen Erkrankung erfüllen und die Dauer von sechs Monaten nach Ende der Belastung (mit Ausnahme der längeren depressiven Reaktion, F43.21) nicht überschreiten. Prof. Klaus Grawe (2006) postulierte Kontrolle/Sicherheit/Ordnung als ein psychisches Grundbedürfnis des Menschen. Dieses Grundbedürfnis wird in Lebenskrisen frustriert und in einer Interaktion von der Art des Stressors und seinen Anforderungen und der Person und ihren Ressourcen kann eine Anpassungsstörung im Sinne einer Inflexibilität entstehen. Es ist der betroffenen Person nicht mehr möglich,
ihr Leben nach den eigenen Wertemaßstäben auszurichten und an sich wechselnde Umweltbedingungen anzupassen. Versuche, die Kontrolle wiederzuerlangen, beziehen sich fortan auf den Kampf gegen unangenehme Gefühle und Gedanken. Dies traf auch auf Frau Z. zu, die als Therapieziel nannte, sie wolle ihre Ängste und die Trauer abschalten lernen und endlich wieder fröhlich sein, wie früher. Auf meine Frage, was sie denn bisher schon ausprobiert habe, um diese Gefühle abzuschalten, benennt sie Ablenkung, Unterdrückung und Vermeidungsstrategien. Gut funktioniert habe es allerdings nicht, räumt sie ein. Ganz im Gegenteil, es habe sie noch mehr Kraft gekostet und zu weiteren Problemen geführt. Gemeinsam machen wir uns in der Therapie auf einen Weg, der sich mit den drei Schlagworten Akzeptieren, Chance ergreifen und Tun zusammenfassen lässt
(Eifert, 2011). Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (kurz: ACT) ist eine störungsübergreifende Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie und zeigt in Metaanalysen eine hohe Wirksamkeit (Bai et al., 2020). Sie postuliert, dass psychische Inflexibilität ein maßgeblicher Faktor in der Entwicklung psychischer Erkrankungen ist (Eifert, 2011), was neuere Forschungsergebnisse bestätigen (z. B. Uğur, Kaya & Tanhan, 2021). Das Wiedererlangen psychischer Flexibilität ist zentrales Therapieziel der ACT. Dabei wird psychische Flexibilität als Fähigkeit zum vollständigen Kontakt mit dem gegenwärtigen Augenblick verstanden, die eine Verhaltensänderung oder ein -beibehalten entsprechend der eigenen Werte beinhaltet (Eifert, 2011). Diese wird über die Entwicklung von sechs Fähigkeiten/Kernprozessen erreicht, die in dem sogenannten HexaflexModell zusammengefasst sind (siehe Abb 1)
Im Hier-und-Jetzt präsent sein
Psychische
Klärung von Lebenswerten
Selbst als Kontext / Beobachterselbst
aus Eifert (2011)
Engagiertes entschlossenes Handeln
Abb. 1 Akzeptieren und bereit sein Kognitive DefusionIm Rahmen der ACT wird ein achtsames Verweilen im Hier und Jetzt geübt.
Akzeptieren und bereit sein Akzeptieren meint eine aktive Annahme der Gedanken und Gefühle, die gerade da sind, ohne ihnen zuzustimmen oder ihnen zu widersprechen. Es bedeutet nicht, diese gutzuheißen oder zu resignieren, sondern anzuerkennen, dass sie da sind und die Kontrollversuche aufzugeben. So fuhr Frau Z. nicht mehr allein Auto, um nicht mit der Angst konfrontiert zu werden, ihrem Mann könne zu Hause etwas zustoßen. Kurzfristig funktionierte ihre Strategie und sie erlebte deutlich weniger Angst. Langfristig litt sie jedoch darunter, dass sie ihre Freundschaften und Hobbys nicht mehr ausreichend pflegen konnte. Im Verlauf der Therapie gelang es ihr, ihre Ängste um ihren Ehemann zunehmend zu akzeptieren und diese zu Aktivitäten, die ihren Lebenswerten entsprechen, mitzunehmen. „Ich war mit meiner Angst Kaffee trinken, sie war spürbar dabei und gleichzeitig hat es sich gut angefühlt, wieder etwas für mich zu machen und aktiv zu werden“,
erzählte sie mir. Das bekannte Gelassenheitsgebet von Niebuhr (1986) drückt es so aus: Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Im Hier und Jetzt präsent sein Weiter schreibt Niebuhr (1986): einen Tag nach dem anderen zu leben, einen Moment nach dem anderen zu genießen. Er beschreibt die Fähigkeit im Hier und Jetzt präsent zu sein, indem die Aufmerksamkeit wertfrei auf die Gegenwart gerichtet wird. Grübeln über die Vergangenheit und Sorgen und Pläne für die Zukunft entziehen sich der Gegenwart. Im Rahmen der ACT wird ein achtsames Verweilen im Hier und Jetzt geübt. Bonhoeffer (1991) überträgt dies auf den
geistlichen Bereich und formuliert:
Wer der Gegenwart entflieht, flieht den Stunden Gottes. Was für eine Motivation, sich unserer inneren und äußeren Gegenwart zu widmen, wenn wir wissen, dass Immanuel (Gott mit uns) dabei ist.
Kognitive Defusion
Gedanken, die negative Szenarien der Zukunft prognostizieren (z. B. „Meinem Ehemann wird etwas Schlimmes zustoßen“), inflexible Selbstkonzepte (z. B. „Ich bin unsportlich“) und innere Festlegungen (z. B. „Mir darf es nicht gut gehen, wenn es ihm schlecht geht“), können Veränderungsprozesse blockieren. Defusion beinhaltet das Auflösen von Verstrickungen (Fusion) mit Gedanken und ermöglicht es, Abstand zu ihnen zu gewinnen. Fortan sollen Gedanken als Gedanken und nicht als Tatsachen betrachtet werden, was sich in der Formulierung „ich habe den Gedanken, dass ich unsportlich bin“ (Defusion) im Kontrast
zu einer Verschmelzung mit dem Gedanken „ich bin unsportlich“ (Fusion) zeigt. Es stehen eine Reihe erlebnisorientierter Techniken zur Verfügung, um diese Fähigkeit zu erlernen. Frau Z. profitierte besonders davon, ihre sorgenvollen Zukunftsgedanken sprachlich zu verfremden, indem sie diese beispielsweise mit einer Micky-MausStimme sprach oder sang. So wurde nicht der Inhalt der Gedanken verändert, sondern der Kontext, in dem diese stattfanden.
Selbst als Kontext
Frau Z. hatte ihr Leben lang die Rolle einer fürsorglichen und leistungsfähigen Ehefrau ausgefüllt. Die Mehranforderungen durch die Erkrankung ihres Ehemannes (z. B. alleinige Haushaltsführung, Finanzen verwalten) überforderten ihre Kräfte und sie konnte ihren eigenen Rollenerwartungen nicht mehr gerecht werden. Eine Anpassung ihres Selbstkonzepts gelang ihr zunächst nicht und sie entwickelte selbstabwertende Kognitionen, wie „Ich bin eine Versagerin“. Der Kernprozess des Selbst als Kontext verfolgt das Ziel, eine Beobachterperspektive auf Lebensrollen und auf das Selbst bezogene Gefühle und Gedanken zu entwickeln. Es wird angenommen, dass es einen stabilen Kern unseres Selbst gibt, der unabhängig von Erfahrungen und Handlungen ist und von dem aus wir beobachten können, was in uns passiert (Eifert, 2011). Diese Betrachtung half Frau Z. zu erkennen, dass sie andere Lebensrollen vernachlässigt hatte und sie gerne wieder mehr Zeit in die Beziehung zu ihrer Schwester und ihre Selbstfürsorge investieren wolle.
Klärung von Lebenswerten „Wofür brennt oder brannte einmal Ihr Herz?“ gehört zu meinen Lieblingsfragen in der Begleitung von Menschen. Diese Frage bringt uns in Kontakt mit unseren Werten, der emotional-motivationalen Orientierung für unser Handeln. Werte sind wie ein Leuchtturm, der uns die Richtung für unser Leben zeigt. Im Unterschied zu Zielen sind Werte nie vollständig erreichbar. Sie bilden die Qualität wie wir handeln ab, während
Ziele das Handeln an sich beschreiben. Der Wert, „ein liebevoller Ehepartner zu sein“, ist beispielsweise ein lebenslanger Prozess, während das Ziel zu heiraten messbar und auf eine konkrete Handlung bezogen ist. Frau Z. berichtete mit leuchtenden Augen und gänzlich veränderter Körperhaltung über ihren Wert, kreativitätsstiftend leben zu wollen und andere darin anzuleiten.
Engagiertes, entschlossenes Handeln Aufbauend auf den Lebenswerten einer Person lassen sich konkrete Ziele auf dem Weg zu einem werteorientierten Leben ableiten. Frau Z. entwickelte das Ziel, ihre Tätigkeit als Musiklehrerin wieder aufzunehmen, um kreativitätsstiftend zu leben. Gemeinsam konnten wir Teilziele formulieren, Barrieren antizipieren und mögliche Umgangsformen mit diesen erarbeiten. Bei diesem Kernprozess kommen die klassischen Techniken der Verhaltenstherapie aus der Verhaltensaktivierung zum Einsatz. Mit jeder Handlung entsprechend den eigenen Lebenswerten steigt die Selbstwirksamkeitserwartung und das Kontrollerleben der Klienten. Frau Z. fuhr allein mit ihrem Auto einkaufen, um sich einige Dekoartikel für ihren Kreativraum zu besorgen. „Die Situation hat sich nicht verändert und es liegen noch viele Schritte vor mir, aber ich habe mich selbst wiedergefunden und mein Verhalten, nicht die Gefühle und Gedanken, verändert“, resümiert sie am Ende der Behandlung. Das therapeutische Vorgehen lässt sich in drei Schritten zusammenfassen:
1 Anerkennen, dass der bisherige Kampf gegen Gefühle und Gedanken nicht funktioniert hat. Bereit sein, etwas anderes auszuprobieren.
2 Akzeptanz der Gefühle und Gedanken im Hier und Jetzt. Distanz zu Gedanken und inflexiblen Selbstkonzepten gewinnen.
3 Lebenswerte ausfindig machen und engagiert und entschlossen danach handeln. Gefühle und Gedanken mitnehmen.
Zurück zu unserer Treibsandmetapher: Wie kann ein Weg aus dem Treibsand aussehen? Im Treibsand sollten wir den Kampf gegen das Einsinken aufgeben und einen ungewöhnlichen Weg wählen: Wir verteilen
das Gewicht, indem wir uns hinlegen. Der Blick nach oben schenkt eine neue Perspektive auf das, was wirklich wichtig ist. Viele kleine, achtsame und langsame Bewegungen, die wir flexibel an die Reaktion des Sandes anpassen, ermöglichen einen Weg aus dem Treibsand. Und zwischendurch Pause machen nicht vergessen.
• Bai, Z., Luo, S., Zhang, L., Wu, S., & Chi, I. (2020). Acceptance and commitment therapy (ACT) to reduce depression: A systematic review and metaanalysis. Journal of affective disorders, 260, 728-737.
• Bengel, J., & Hubert, S. (2010). Anpassungsstörung und akute Belastungsreaktion. Hogrefe.
• Bonhoeffer, D. (1991). Barcelona, Berlin, Amerika. 1928–1931. In Staats, R., Christoph, H. (Hrsg.), Dietrich Bonhoeffer Werke, Band 10 (DBW 10). Gütersloher Verlagshaus.
• Eifert, G. H. (2022). Akzeptanz-und Commitment-Therapie (ACT). Hogrefe.
• Grawe, K. (2004). Neuropsychotherapie. Hogrefe.
• Niebuhr, R. (1986). Epilogue: a view of life from the sidelines. In McAfee Brown, R. (Hrsg.) The essential Reinhold Niebuhr: selected essays and addresses. Yale University Press.
• Uğur, E., Kaya, Ç., & Tanhan, A. (2021). Psychological inflexibility mediates the relationship between fear of negative evaluation and psychological vulnerability. Current Psychology, 40(9), 4265-4277.
Autorin
Jana Hillie ist Psychologische Psychotherapeutin i. A.
Ein Forschungsbericht
Von Timo Ott• Hintergrund und Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit ist eine auszugsweise Darstellung der Masterarbeit von Timo Ott an der Internationalen Hochschule Liebenzell im Rahmen seines Studiums der „Integrativen Beratung“. Sie befasst sich mit den religiösen Bewältigungsstrategien von fünf hochreligiösen, christlichen Führungskräften, die länger als sieben Jahre in Leitungspositionen von psychosozialen Einrichtungen tätig waren und eine berufliche Krise zufriedenstellend bewältigt haben. Ziel der Arbeit war es, herauszuarbeiten, welche religiösen Bewältigungsstrategien im Zusammenhang mit einer beruflichen Krise eingesetzt wurden; ebenso welche davon aus Sicht der Führungskräfte hilfreich sind, um die Krise zufriedenstellend und gesund zu bewältigen. Die Ergebnisse sollen eine Hilfe für Berater:innen sein, die Führungskräfte mit einem christlichen Weltbild in ihrem beruflichen Kontext zur Erhaltung ihrer psychischen Gesundheit und Leistungsfähigkeit begleiten.
Der Zugang zur Stichprobe fand mittels Onlinefragebogen statt. Die qualitative Untersuchung erfolgte durch fünf leitfadengestützte Interviews. Diese wurden anhand einer strukturierten Inhaltsanalyse in Anlehnung an den RCOPE des religiösen Copings nach Pargament ausgewertet.
Den Ergebnissen nach scheinen religiöse Bewältigungsstrategien für diese Zielgruppe im Kontext einer beruflichen Krise relevant zu sein. Die Befragten zeigten ein breites Spektrum an überwiegend positiven Bewältigungsstrategien, um Sinn, Kontrolle, Trost bei Gott und Unterstützung durch religiöse Gemeinschaft zu erlangen.
In der Diskussion werden die Ergebnisse anhand verschiedener Wirkungsmodelle zur Gesundheitsförderung, aber auch mögliche pathogene Wirkungen von religiösen Bewältigungsstrategien reflektiert.
Diese münden in eine Implikation für Beratende mit der Empfehlung, den „religiösen Sinn“, „Selbst- und Gottvertrauen“, „Mitgefühl bei Gott und Psychohygiene“ sowie „religiöse soziale Unterstützung“ bei den Klient:innen dieser Zielgruppe zu fördern, sowie religiöse Bewältigungsstrategien und
Kontrollüberzeugungen im Hinblick auf ihre persönlichen und religiösen Ziele zu reflektieren.
Einführung in das Thema
Vor allem unter Führungskräften sind psychische Erkrankungen und Erschöpfung allem Anschein nach immer noch ein Tabuthema. Wolfgang Roth behauptet sogar, dass keine Führungskraft von Krisen verschont bleibt, egal ob beruflich oder privat, direkt oder indirekt beteiligt. Berufliche Stressfaktoren sind vor allem die ständige Erreichbarkeit und das hohe Tempo der Veränderungen. Es bedarf Entscheidungen, um eine Katastrophe zu verhindern. Die VUCA-Welt ist in diesem Sinne zu einem Modebegriff geworden. „VUCA“ 1 steht für „Volatility“, „Uncertainty“‚ „Complexity“ und „Ambiguity“.“ Mit diesen Herausforderungen haben Führungskräfte immer mehr zu tun und versuchen, einen guten Umgang damit zu finden. Doch wann handelt es sich um eine Krise? Zitiert nach Cullberg ist eine Krise „durch den Verlust des seelischen Gleichgewichts gekennzeichnet, wenn ein Mensch mit Ereignissen oder Lebensumständen konfrontiert wird, die er im Augenblick nicht bewältigen kann, weil sie
seine bisherigen Problemlösungsfähigkeiten übersteigen“. Demzufolge steht nach Bünder der Begriff Krise auch oft in Zusammenhang mit Stress, Trauma oder Burnout. Das Ergebnis der Onlineumfrage, die unter 40 christlich-sozialen Einrichtungen unter dem Dach der ACL (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Lebenshilfen) durchgeführt wurde, bestätigte die Annahme, dass die Mehrzahl der Führungskräfte von Krisen betroffen ist. Von 28 Führungskräften gab nur eine Person an, im Zeitraum von 2017 bis 2022 keine Krise im beruflichen Kontext erlebt zu haben (Abb. 1) . Inwieweit die erlebte Krise die Führungskräfte auch persönlich belastet hat, wurde wie folgt geantwortet: Eine Person (3,70 %) gab an, dass sie die Krise überhaupt nicht persönlich belastet habe, während sieben (25,93 %) die Krise als leicht belastend empfanden, achtzehn (66,67 %) wählten „deutlich belastet“ und eine Person (3,70 %) sogar „sehr stark belastet“. Von den 28 Befragten gaben immerhin fünf Personen an, in den letzten Jahren aufgrund einer psychosomatischen Erkrankung behandelt worden zu sein. Die Interviews ließen jedoch darauf schließen, dass viele Beratung, Seelsorge und Supervision in Anspruch genommen hatten.
Abb. 1 Diagramm Ergebnisdarstellung Onlineumfrage
Krisen in den letzten fünf Jahren
Umgang mit Stress und Krisen durch religiöse Bewältigungsstrategien
Religiöses Coping lässt sich nach Kenneth Pargament in das „transaktionale StressCoping-Modell“ einordnen (Abb. 2) . Dazu gehört im ersten Bewertungsprozess die Frage, ob etwas aus religiöser Sicht als Bedrohung, Schädigung oder Herausforderung angesehen wird. Im zweiten Bewertungsprozess steht die Bewertung der eigenen sozialen, religiösen Ressourcen: Diese können z. B. nach Klein und Albani die religiöse Gemeinschaft und Gottesvorstellung oder individuelle Ressourcen wie Kohärenzsinn, Wertehaltung oder Selbstwertgefühl sein. Pargament war in diesem Forschungsbereich federführend und wollte herausfinden, ob und welche religiösen Coping-Strategien
zumindest bei hochreligiösen Menschen einen Mehrwert haben. „Ein zentrales Ergebnis der religiösen Bewältigungsforschung (‚religious coping‘) besagt nämlich, dass nur diejenigen Menschen von ihrem Glauben profitieren, die eine verinnerlichte, dem eigenen Erleben angepasste Form der Religiosität, also eine religiöse Spiritualität leben.“
Pargament unterscheidet zwischen positiven und negativen religiösen Bewältigungsstrategien. Positives religiöses Coping äußert sich in einer als sicher empfundenen Gottesbeziehung und in einer als unterstützend erlebten geistlichen Gemeinschaft mit anderen sowie einer wohlwollenden Weltanschauung. Negatives Coping hingegen manifestiert sich in inneren Kämpfen mit sich selbst, mit Gott und dem Gefühl der Isolation in Bezug auf die jeweilige Glaubensgemeinschaft.
Er fasst zudem fünf Hauptdimensionen des religiösen Coping zusammen. Die erste ist die der Sinnfindung. Bei der zweiten Dimension geht es darum, Kontrolle zu erhalten. Dabei unterscheidet er zwischen drei kognitiven Kontrollüberzeugungen, einmal dem „kooperativen Copingstil“, dem „Selbstmanagement“ und dem „passiven Copingstil“. Beim kooperativen Stil, auch kollaborativer bzw. gemeinschaftlicher Stil genannt, erhofft sich die Person Unterstützung von Gott bei der Bewältigung einer Situation. Beim passiven, auch als delegierender Stil bezeichnet, gibt man die Verantwortung komplett an Gott ab und erwartet die Hilfe allein von ihm. Beim Selbstmanagement oder auch „selbst-direktiven“ Stil wird hauptsächlich auf die Eigenverantwortung der Problemlösung vertraut, wobei Gott nicht
Situation
Primäre Bewertung: Einschätzen der Situation
Irrelevant Positiv / günstig Stressbezogen Bedrohung Schaden / Verlust Herausforderung
Transaktionales Stressmodell (Quelle: Kaluza, Stressbewältigung, 44)
Sekundäre Bewertung: Einschätzen eigener Kompetenzen
Stressreaktion
Negatives Coping hingegen manifestiert sich in inneren Kämpfen mit sich selbst, mit Gott und dem Gefühl der Isolation in Bezug auf die jeweilige Glaubensgemeinschaft.
grundsätzlich ausgeschlossen ist. In der dritten Dimension werden die Unternehmungen beschrieben, um Trost und Nähe bei Gott zu gewinnen. Die vierte Dimension des religiösen Copings hat das Ziel, Intimität zu anderen und Nähe zu Gott zu erhalten und die letzte, eine Lebensveränderung zu erreichen.
Mittlerweile liegen sehr viele Studien zum religiösen Coping vor, wobei die meisten im angloamerikanischen Raum stattfanden. Es wurden mehr die positiven als die negativen Seiten von religiösem Coping in Bezug auf die Gesundheitsförderung untersucht. Eine Meta-Analyse von Gene G. Ano und Erin B. Vasconcelles (2005) über 49 Studien zeigte, dass positives religiöses Coping mit besserer psychischer Anpassung an Stress und negatives religiöses Coping hingegen mit schlechterer psychologischer Anpassung an Stress verknüpft ist.
In Deutschland ist die Studienlage zum religiösen Coping sehr übersichtlich. Fasst man alle deutschsprachigen Ergebnisse zusammen, lässt sich sagen, dass positives Coping verbreiteter ist und sich der kollaborative Bewältigungsstil, bei dem auf die Zusammenarbeit von eigenen Ressourcen und die Unterstützung durch Gottes Hilfe vertraut wird, als am hilfreichsten erwies. Dies bestätigen auch bisherige angloamerikanische Studien. Andererseits ließen sich im deutschsprachigen Raum deutliche Effekte des negativen Coping auf die Zunahme von Angst und depressivem Verhalten feststellen. Somit kann man laut momentanen Befunden vermuten, dass sich vor allem negatives Coping ungünstig auf die psychische Gesundheit bei Hochreligiösen auswirkt. Das Fazit von Constantin Klein (2011) lautet: „Es bleibt allerdings festzuhalten, dass die bisherigen Befunde keineswegs schon ein geschlossenes Bild ergeben, so dass zukünftige Studien darüber Aufschluss geben müssen, welche Bedeutung für die Bewältigung von unterschiedlichen Belastungen religiösem Coping tatsächlich in den deutschsprachigen Ländern zukommt.“
Ergebnisse der fünf Interviews zum religiösen Coping bei hochreligiösen Führungskräften
Aufgrund der speziellen Zielgruppe spielt für die meisten der Glaube eine zentrale Rolle in ihrem Leben und sie wurden somit als hochreligiös eingeordnet. Als Leitlinie der Interviews wurden die fünf Dimensionen nach K. Pargament, welche bereits oben beschrieben wurden, herangezogen.
Sinn
Als sinngebende, religiöse Bewertung der Krise beschrieben die Befragten, dass diese zur Persönlichkeits- und Glaubensentwicklung beitragen sollte, auch wenn die Entwicklung sich im Einzelfall unterschiedlich zeigen kann, z. B. durch Gewinn von mehr Freiheit, erweiterte Grenzen oder mehr Abhängigkeit und Vertrauen zu Gott.
Kontrolle wurde bei den meisten Befragten hauptsächlich durch die Zusammenarbeit mit Gott aber auch durch die Delegation an Gott und das selbstbestimmte Handeln gezeigt.
Das Suchen nach Gottes Fürsorge im persönlichen, vertrauten Gebet, in der Stille und in religiösen Praktiken wie Lobpreis und Predigten wurde als hilfreich empfunden, um psychisches Wohlbefinden herzustellen. Auch das Ausdrücken von Unzufriedenheit gegenüber Gott hat seinen Raum bei einzelnen Interviewten.
Sich dem Dank- und Segensgebet, der Bibel oder religiösen Praktiken wie Lobpreis, Events etc. zuzuwenden, half einigen von ihnen, emotionale Entlastung durch einen anderen Fokus der Aufmerksamkeit zu erfahren.
Sie beschreiben subjektive spirituelle Erfahrungen im äußeren und inneren Erleben, dass Gott Ruhe, Kraft, Segen, Zuspruch, Gebetserhörungen und Bestätigung schenkte, die sie als wohlwollend und stärkend erlebt haben.
Die Bibel im Allgemeinen und speziell einzelne Bibelverse wurden von einigen als Wort Gottes wörtlich genommen und halfen ihnen als Orientierung und Handlungs-
empfehlung für den persönlichen Umgang mit der Krise.
Gemeinschaft
Alle Befragten haben aktiv nach zwischenmenschlicher, religiöser Unterstützung gesucht, die nur teilweise den Gemeindekontext betraf und sich hauptsächlich durch Gebet, Ermutigung, Reflektion und Zuhören auszeichnete und auf Basis der Verschwiegenheit und des persönlichen Vertrauens stattfand.
Bereitschaft zur Veränderung
Teilweise haben die Befragten Gott gebeten, dass er ihnen ihren Weg zeigen soll und waren auch bereit, loszugehen. Es wurde z. B. ein Segens- und Dankgebet für Personen gesprochen, durch die sie verletzt wurden, um ihre Emotionen zu regulieren, wieder Kontakt aufzubauen oder innerlich Abstand zu gewinnen. Zudem baten sie Gott um Unterstützung im Vergebungsprozess.
Fazit und Ausblick
Die Arbeit gab deutliche Hinweise darauf, dass die Relevanz des Themas von religiösen Bewältigungsstrategien bei hochreligiösen, christlichen Führungskräften im Kontext einer beruflichen Krise gegeben ist. Aus der Literaturarbeit heraus bestätigt sich der Beratungsbedarf für diese Zielgruppe, da für sie psychische Erkrankungen noch immer stigmatisiert zu sein scheinen. Die Befragten beschrieben ein breites Spektrum an angewendeten Methoden, um Sinn, Kontrolle, Trost bei Gott, Verbundenheit mit anderen und eine Lebensveränderung zu erreichen. Dabei wurde häufiger auf Methoden zurückgegriffen, die laut Literatur zu den positiven Bewältigungsstrategien zählen. In der kleinen Stichprobe wurde auch ein positiver Zusammenhang zwischen subjektiver Gesundheit und positiven Bewältigungsstrategien beschrieben, was sich mit den Ergebnissen aus den USA deckt, jedoch in Deutschland noch nicht signifikant nachgewiesen werden konnte. Aufgrund der kleinen Stichprobe ist das Ergebnis nicht repräsentativ, jedoch lassen sich Tendenzen abzeichnen, die in einer größeren Untersuchung bestätigt werden müssten.
Praxisimplikation für Berater und Führungskräfte
Auf Grundlage der Ergebnisse aus dem theoretischen und empirischen Teil dieser Arbeit bietet der Autor eine Implikation für beratende Personen von hochreligiösen, christlichen Führungskräften, die der Förderung der Persönlichkeit und Erhaltung der Gesundheit dienlich erscheinen. Zudem kann es als Ratgeberliteratur für Führungskräfte eine Hilfe sein.
Wolfgang Roth beschreibt in seinem Buch „Die resiliente Führungskraft“ vier Aspekte einer widerstandsfähigen Selbstführung. Dazu zählt er „Sinn“, „Selbstvertrauen“, „Selbstmitgefühl“ und „soziale Unterstützung“. In Verbindung zu den Methoden religiösen Copings, um Sinn, Kontrolle, Trost bei Gott, Verbundenheit und Lebensveränderung zu erreichen, wie es der RCOPE von Pargament beschreibt, führt der Untersuchende ein eigenes Modell mit vier Aspekten zu einem religiösen Selbstfürsorge-Modell zusammen. Zu diesen vier Aspekten zählen: „religiöser Sinn“, „religiöses Selbst- und Gottvertrauen“, „religiöses Mitgefühl bei Gott und Psychohygiene“ und „religiöse soziale Unterstützung von Mitmenschen“. Zu jedem der vier Aspekte werden positive Glaubenssätze aufgelistet. Diese sind abgeleitet von den Antworten der Befragten zu ihren religiösen Bewältigungsstrategien im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Krise. Unter Glaubenssätzen versteht der Autor an sich selbst gerichtete Aussagen, die dabei helfen, auf emotionaler Ebene Stress zu reduzieren und stressverstärkenden Bewertungen entgegenzuwirken.
Religiöser Sinn
Der Beruf kann laut Kaluza in Deutschland auch eine identitätsstiftende Rolle einnehmen. Eine berufliche Krise führt daher möglicherweise zu einer Identitäts- bzw. Sinnkrise der Person. Ein religiöser Sinn dagegen könnte helfen, unabhängig vom Ausgang der beruflichen Krise für sich selbst etwas Positives aus ihr zu gewinnen. Vor allem auch dann, wenn im Zusammenhang mit dem Kohärenzsinn nach Antonovsky weder eine Verstehbarkeit, noch Handhabbarkeit der jeweiligen Situation vorhanden sein sollte,
zeigen die Befunde, dass es für die Gesundheit am wichtigsten ist, die Situation für sich als bedeutsam einzustufen. Für Beratende von Führungskräften stellt es eine zentrale Aufgabe dar, die Bedeutung der Krise mit dem:der Klienten:in zu reflektieren. Religiöse sinngebende Bewältigungsstrategien können sich dort bewähren, wo der Sinn für die Person anderweitig noch nicht klar zu erkennen ist. Aus religiöser Sicht können folgende Glaubenssätze dabei helfen:
• Die Krise hilft mir, in meiner Persönlichkeit und im Glauben zu wachsen, mit dem Ziel, gelassener zu werden und Gott zu vertrauen, auch wenn ich den Sinn des Leides nicht kenne!
• Gott möchte mich freisetzen, eigene Wege zu gehen!
• Gott will meine Grenzen erweitern!
• Gott will mich lehren, ihm vollkommen zu vertrauen!
Religiöses Selbst- und Gottvertrauen
Den Befragten ist es wichtig, in der Krise persönlich und im Glauben zu wachsen. Dieses Glaubenswachstum kann jedoch in unterschiedliche Richtungen gehen und beeinflusst womöglich die Kontrollüberzeugungen, welche wiederum Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung, Problemlösungskompetenz und Sozialkompetenz haben können. Sie stellen jedoch für Führungskräfte wichtige Kompetenzen in Zeiten der VUCA-Welt dar. So kann die Vorstellung, dass Gott möchte, dass ich abhängiger werde, die Person in eine passive religiöse Bewältigungsstrategie führen, in welcher sie dazu neigt, nicht mehr aktiv an Lösungen zu arbeiten. Auf der anderen Seite kann es gerade für Führungskräfte eine Entlastung sein, wenn sie zuversichtliches Vertrauen in die Unterstützung eines fürsorglichen Gottes erhalten, der ihre Situation sieht. Hilfreich wäre eine objektive Einschätzung, wie weit sich die Bewältigung der Krise tatsächlich im Wirkungsbereich der Führungskraft befindet und welche Ressourcen zur Verfügung stehen oder eben nicht. Dies gilt es zu reflektieren, mit dem Ziel, sowohl persönlich als auch im Glauben zu wachsen. Zwei Arten von Kontrollüberzeugungen
sind hierbei zu fördern: eine intrinsische Kontrollüberzeugung, die Handlungsmöglichkeiten der eigenen Person erkennen und umsetzen lässt. Ergänzend wirkt aus religiöser Sicht ein kooperativer Stil, der auf die Unterstützung von Gottes Hilfe vertraut und mit ihm zusammenarbeitet, um eine Krise erfolgreich und gesund zu bewältigen. In diesem Zusammenhang können folgende Glaubenssätze helfen:
• Der Herr hat mir einen Verstand gegeben!
• Gott führt mich in meinen Gedanken und durch den Heiligen Geist, ihm darf ich vertrauen!
• Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, jetzt muss Gott machen!
Mitgefühl bei Gott und Psychohygiene
Ein wichtiger Gesundheitsfaktor, der sich hilfreich auf das Stresserleben auswirken kann, ist ein positives, wohlwollendes und fürsorgliches Gottesbild und das Erleben einer sicheren Bindung zu diesem Gott. Dies kann das Selbstwertgefühl einer Person verbessern. Denn ein strafendes, distanziertes Gottesbild wäre aus gesundheitspsychologischen Erkenntnissen zu hinterfragen. Dazu bieten sich möglicherweise Gruppenarbeiten an, denn der Bindungsstil zu Gott und der zu anderen Menschen weisen eine hohe Korrelation auf, sodass neue Bindungserfahrungen auf zwischenmenschlicher Ebene Einfluss auf die Gottesbindung und umgekehrt nehmen können. Folgende Glaubenssätze können helfen, Mitgefühl bei Gott zu suchen und zu erleben und Psychohygiene zu betreiben:
• Ich darf auftanken in der Ruhe, durch Musik, Predigten und Gemeinschaft!
• Gott sieht mich!
• Ich darf mich bei Gott „auskotzen“!
• Gott will mich segnen!
• Gott spricht mit mir!
• Gott ist mit mir in der Stille!
• Ich darf mich auf Gottes Verheißungen in seinem Wort stützen!
• Erstmal danken und die „Feinde“ segnen bringt mich in einen anderen Bewältigungsmodus!
• Jesus gibt mir Identität und Wert, nicht meine Arbeit!
Religiöse soziale Unterstützung
Die befragten, hochreligiösen, christlichen Führungskräfte suchten primär religiöse Gemeinschaft, die auf einem Vertrauensverhältnis und auf Verschwiegenheit beruht. Zuspruch, Reflektion, gemeinsames Gebet und ein offenes Ohr werden als hilfreich empfunden. Die Akzeptanz der beratenden Person gegenüber der religiösen Weltanschauung der ratsuchenden Person kann das Selbstwertgefühl dieser erhöhen und ist deshalb anzustreben. Zudem scheint es sehr wichtig für Berater:innen zu sein, die Weltvorstellung und religiösen Motive dieser Personengruppe zu erkennen und zu verstehen. Diese spielen auch bei nicht primär religiösen Erlebens- und Handlungsfeldern, wie z. B. der Gesundheit oder der beruflichen Krise, eine zentrale Rolle in Bezug auf deren psychologische Bewältigung. Hilfreiche Glaubenssätze könnten sein:
• Ich darf mir eine neue geistliche Gemeinschaft für die innere Ordnung suchen!
• Ich darf mir vertrauenswürdige Gebetsunterstützung holen!
• Ich tue heute jemandem etwas Gutes, denn das hilft mir!
1 VUCA Welt: wir leben in einer Welt, die sich ständig verändert (Flüchtigkeit oder Volatilität); dies bringt Ungewissheit mit sich, was die Berechenbarkeit von Ereignissen betrifft, und Unsicherheit. Unsere Welt ist auch komplexer geworden, Probleme werden vielschichtiger und schwerer zu verstehen. Selten ist etwas ganz eindeutig oder ganz exakt bestimmbar. Die Mehrdeutigkeit stellt auch das persönliche Wertsystem auf die Probe.
• Ano, Gene G.; Vasconcelles, Erin B. (2005): Religious coping and psychological adjustment to stress: A meta-analysis. Journal of clinical psychology 61.4. S. 461-480.
• Bünder, Peter (2012): Krise, in: Wirth, Jan V. / Kleve Heiko (Hg.): Lexikon des systemischen Arbeitens. Grundbegriffe der systemischen Praxis, Methodik und Theorie Heidelberg. S. 234-236.
• Cullberg, Johan (2008): Krise als Entwicklungschance, überarbei. und erw. Neuausg. der Ausg. von 1980. Gießen.
• Friedrich-Killinger, Sonja (2014): Die Bindungsbeziehung zu Gott. Ein dynamischer Wirkfaktor in der Therapie?. Hamburg.
• Heller, Jutta (Hg.) (2019): Resilienz für die VUCA-Welt. Wiesbaden.
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• Kaluza, Gert (2018): Stressbewältigung. Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. Berlin.
• Kaluza, Gert (2018): Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen. Berlin.
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• Zwingmann, Christian; Hodapp, Bastian (2018): Religiosität/Spiritualität und psychische Gesundheit: Zentrale Ergebnisse einer Metaanalyse über Studien aus dem deutschsprachigen Raum, Spiritual Care, 7/1. S. 69-80 .
• Zwingmann, Christian u. a. (2011): Messung von Religiosität/Spiritualität im Rahmen der Gesundheitsforschung. Ein Überblick über deutschsprachige Fragebogenskalen in: Klein, Constantin u. a. (Hg.): Gesundheit – Religion – Spiritualität, Konzepte, Befunde und Erklärungsansätze. Weinheim, München. S. 65-92.
• Ott, Timo (2022): Brennen ohne auszubrennen. Religiöse Strategien von Führungskräften im christlichen Kontext zur Bewältigung beruflicher Krisen. Am Beispiel von Führungskräften von Einrichtungen der ACL (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Lebenshilfen). Bad Liebenzell.
Autor
Timo Ott studierte im Master „Integrative Beratung“ an der Internationalen Hochschule Liebenzell, ist Physiotherapeut (B.Sc.) und absolvierte eine theologische Ausbildung am Theologischen Seminar Rheinland (TSR). Er ist als Therapeut in der de’ignis-Fachklinik tätig.
Konzeptionelle Aktualisierung nach dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) Teil 1
Von Winfried Hahn
• Das Grundverständnis unserer Arbeit
Das Sozialtherapeutische Zentrum de’ignisWohnheim ist eine Einrichtung der Eingliederungshilfe im Bereich der besonderen Wohnformen nach dem Bundesteilhabegesetz. Aufgenommen werden Menschen, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Bei der Begleitung zu mehr Selbstständigkeit streben wir eine hohe fachliche und pädagogisch-therapeutische Qualität an. Dabei spielt der christliche Glaube als Quelle der Hoffnung, Sinngebung, Werteorientierung und Resilienzförderung eine entscheidende Rolle. So wird der Glaube zu einer hilfreichen Ressource in Bezug auf Hoffnung und Sinnfindung.
Unsere Arbeit ist überkonfessionell ausgerichtet und orientiert sich religionssensibel an den zwischen den Konfessionen und Denominationen vorhandenen Gemeinsamkeiten.
Pädagogisch-therapeutische Ziele
Die Rahmenbedingungen der Arbeit sind in der christlichen Anthropologie begründet. Diese Anthropologie sieht den Menschen als ein Beziehungswesen, das in einer Beziehung zu Gott, den Mitmenschen, zu sich selbst und der Welt lebt. Dieses vierdimensionale Beziehungssystem bildet den sozialen Rahmen in der pädagogischen Arbeit und soll den Betroffenen im Sinne von Inklusion begleiten, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und in seiner Handlungsfähigkeit und sozialen Kompetenz gefördert zu werden.
Der Betroffene, der aufgrund seiner psychische Problematik Ausgrenzung und Entmündigung erfahren hat, wird als ein soziales Subjekt wahrgenommen und durch pädagogische und sozialtherapeutische Maßnahmen wieder zu autonomem Denken, Handeln und Fühlen im Sinne einer Emotionsregulation begleitet. Dabei stehen alltagspraktisches und soziales Handeln im Vordergrund. Auf diese Weise sollen die Ziele von größtmöglicher Partizipation und Integration erreicht werden.
Dabei kommt dem bio-psycho-sozialen Modell besondere Bedeutung zu, das auch
der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, im Weitern ICF abgekürzt, zugrunde liegt:
Bio Körper
Psycho Emotionen, Kognitionen, Volition (Wille), Gewissen
Sozio zwischenmenschliche Beziehungen und Teilhabe an der Gesellschaft
de’ignis ergänzt aufgrund seiner christlichen Ausrichtung das bio-psycho-soziale Modell durch den Bereich „Spiritualität“. Dabei spielt der christliche Glaube als Quelle der Hoffnung, Werteorientierung und Geborgenheit eine entscheidende Rolle. Damit wird der Bereich Religion und Spiritualität zu einer hilfreichen Ressource in Bezug Hoffnung und Sinnfindung. Wir sprechen also vom bio-psycho-sozio-spirituellen Modell.
Wir verstehen unsere Arbeit als Ergänzung zu den rehabilitativen Bemühungen der Psychiatrie und Psychotherapie. Dabei werden Erkenntnisse und Methoden aus den Bereichen Soziologie, Pädagogik, Psychologie, Medizin sowie Theologie angewandt. Die pädagogische Arbeit tritt in unserem Haus jedoch gegenüber den therapeutischen Interventionen stark in den Vordergrund. Es ist uns ein Anliegen, die Fähigkeit zum sozialen Interagieren und die Handlungskompetenz des Einzelnen zu fördern. Im Hinblick auf die Verselbstständigung des Bewohners soll durch betreuende Tätigkeiten der
Abb. 1
Leistungsfähigkeit:
Innere Möglichkeit der Person zur Handlung
Bewohner an die alltagsorientierten, ständig wiederkehrenden Tätigkeiten und Verrichtungen so herangeführt werden, dass der Aufbau von Struktur und Ordnung gefördert wird.
Die Zielgruppe
Wir sind eine Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen, die nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben und eine längerfristige stationäre Betreuung brauchen.
Umstände und Situationen, die eine Aufnahme unmöglich machen:
• Menschen mit schwerer geistiger Behinderung
• Akut suchterkrankte Menschen
• Menschen mit ausgeprägt delinquenten (strafbaren) Verhaltensweisen
• Menschen mit akuter suizidaler Gefährdung
• Alle Formen fremdgefährdender Verhaltensweisen
• Demenzielle Erkrankungen
Zielrichtung
Zielrichtung ist die Förderung von Selbstständigkeit und Teilhabe an möglichst vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Das beinhaltet Perspektiven eines möglichst selbstbestimmten Lebens im Bereich Wohnen, Beruf und Freizeitgestaltung. In welchem Maß Autonomieförderung, Partizipation und Inklusion möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie sie z. B. im Handbuch zum Instrument zur
Handlung
Handlungsbereitschaft:
Gegebenheiten:
Äußere Möglichkeiten der Person zur Handlung
Wille der Person, die Leistungsfähigkeit bei den bestehenden Gegebenheiten in Handlung umzusetzen.
Ermittlung des Individuellen Hilfebedarfs nach §118 SGB/X auf Seite 13 dargestellt sind.
Die Angebote des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim sind so ausgerichtet, dass in allen Lebensbereichen nach ICF eine Förderung je nach individuellen Gegebenheiten, Beeinträchtigungen, Barrieren und Ressourcen möglich ist. Die Darstellung der Lebensbereiche folgt der ICF und dem Hilfebedarfsermittlungsinstrument zur Ermittlung des individuellen Hilfebedarfes von Baden-Württemberg.
1. Lernen und Wissensanwendung
2. Allgemeine Aufgaben und Anforderungen
3. Kommunikation
4. Mobilität
5. Selbstversorgung
6. Häusliches Leben
7. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
8. Bedeutende Lebensbereiche
9. Gemeinschafts-, soziales- und staatsbürgerliches Leben.
Zur Förderung der einzelnen Lebensbereiche bestehen im de’ignis-Wohnheim folgende Angebote, die im Weiteren ausführlich beschrieben werden:
Das de’ignis-Wohnheim fördert mit seinen Angeboten alle bei ICF angesprochenen Lebensbereiche.
Wohnsituation
Die Bewohner:innen leben in Wohngruppen mit unterschiedlichem Anforderungsprofil zusammen, so dass sowohl bezüglich der Ressourcen als auch der Beeinträchtigungen eine optimale Förderung erfolgen kann.
Bereich 1:
Lernen und Wissensanwendung Sowohl in unseren Wohngruppen wie auch in den tagesstrukturierenden Angeboten wird die Förderung von Fertigkeiten zur Bewältigung des Alltags sowie von kreativen und berufsfördernden Fähigkeiten individuell begleitet. Dabei legen wir großen Wert auf Autonomieförderung, Selbständigkeit,
soziale Integrationsfähigkeit und Kompetenzerweiterung bezüglich beruflicher Perspektiven.
Bereich 2:
Allgemeine Aufgaben und Anforderungen
Es geht uns um ein förderndes, angstfreies pädagogisches Klima, so dass die Fähigkeit zur Problembewältigung und zum Stressmanagement in persönlichen und sozialen Bereichen gefördert wird. Dazu gehören die persönliche Begleitung in pädagogischtherapeutischen Einzelgesprächen, die intensive pädagogische Begleitung unserer Wohngruppen wie auch psychoedukative Gruppenangebote, um persönliche mentale krankheitsbedingte Einschränkungen wahrzunehmen, Grenzen zu akzeptieren und Ressourcen zu aktivieren.
Bereich 3: Kommunikation
Kommunikation, Gemeinschaft und gelingende Beziehungen sind für die psychische Gesundheit von großer Bedeutung. Deshalb liegt ein Schwerpunkt in unserer pädagogischen Begleitung in der Schulung der Selbstwahrnehmung bezüglich der Wirkung verbaler und non-verbaler Signale sowie Hilfestellung bei der Entwicklung gemeinschaftsfördernder Kommunikationsstile sowie auf sozialem Kompetenztraining.
Bereich 4: Mobilitätsförderung
Bei dem Bereich der Mobilität handelt es nicht nur um den Umgang mit äußeren Barrieren. Gerade bei Menschen mit psychischen Problemen geht es um den Umgang mit inneren Barrieren bezüglich unterschiedlicher Ausprägungen von sozialen Ängsten, Phobien etc. und die Überwindung von Rückzugstendenzen. Zu unseren Hauptaufgaben gehört es, durch pädagogischtherapeutische Hilfen den Umgang mit inneren Barrieren so zu begleiten, dass eine Mobilitätssteigerung (Bus- und Bahnfahrten, selbstständige Arztbesuche, Einkaufen etc.) möglich wird. Auch die Beeinträchtigung körperlicher Mobilität unter anderem
als Nebenwirkung langanhaltender psychischer Erkrankung sind über unsere Abteilung für Gesundheitsfürsorge im Fokus unserer Hilfsangebote.
Bereich 5: Selbstversorgung
Im de’ignis-Wohnheim besteht die Möglichkeit, an der zentralen Versorgung teilzunehmen (im Speisesaal oder in den Wohngruppen), aber auch die Möglichkeit der Selbstverpflegung. Zur Förderung der Selbständigkeit bieten wir ein Ernährungstraining in unterschiedlichen Niveaustufen an, je nach individuellem Entwicklungsstand. Auch die pädagogische Begleitung bei der Ordnung und Sauberkeit im persönlichen Umfeld (Zimmer, Dusche, Bettwäsche, Kleidung etc.) entspricht den individuellen Bedürfnissen und ist immer wieder Gegenstand unserer Teambesprechungen. Für Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf bezüglich ihrer Selbstfürsorge haben wir spezielle Wohngruppen mit entsprechenden Unterstützungsleistungen eingerichtet.
Bereich 6: Häusliches Leben
Ziel all unserer Bemühungen ist es, die Bewohner:innen zu einer möglichst selbstständigen Lebensgestaltung zu befähigen, so dass sie nach gegebener Zeit unser Haus verlassen können, um in einer für sie angemessenen Selbstständigkeit zu leben – sei es in einer eigenen Wohnung, im Betreuten Wohnen, mit Tagesstätte, Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder wiederhergestellter Berufstätigkeit. Dies ist jedoch abhängig von dem persönlichen Lebenskonzept des Einzelnen.
Bereich 7: Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
Die Gestaltung der Beziehung zu Eltern, Angehörigen und Freunden ist oftmals abhängig von Vorgeschichte und Vorerfahrungen. Soweit vom Bewohner:innen gewünscht, sind wir bei der Gestaltung sozialer Beziehungen behilflich, z. B. in Form von begleiteten Elterngesprächen,
de’ignis-magazin – Therapeutische Fachartikel
Konfliktbewältigung und Kommunikationstraining. Außerdem sind wir behilflich beim Aufbau eines psychosozialen Netzes.
Bereich 8:
Bedeutende Lebensbereiche
Im Sozialtherapeutischen Zentrum de’ignisWohnheim gibt es eine mit kompetenten Fachkräften besetzte Sozialberatung, die, soweit gewünscht, bei der Erledigung aller behördlichen, finanziellen Angelegenheiten behilflich ist. Dies geschieht mit der pädagogischen Perspektive, die Selbstständigkeit im Umgang mit Behörden und anderen Institutionen zu fördern. Eine angemessene medizinische Versorgung, Beratung und Begleitung wird von der mit medizinischen Fachkräften besetzten Abteilung „Gesundheitsförderung“ gewährleistet. Zur Wahrnehmung von Aus,- Fort- und Weiterbildung beruflicher Perspektiven steht hausintern unser IT-Training und unsere Holzwerkstatt zur Verfügung, aber auch extern die Vermittlung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, sei es in einer WfbM oder auf dem freien Arbeitsmarkt. Auch die Förderung von Hobby- und Freizeitgestaltung hat in unserer Einrichtung einen hohen Stellenwert.
Bereich 9:
Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben
Das Sozialtherapeutische Zentrum de’ignisWohnheim fördert und unterstützt die Teilnahme unserer Bewohner:innen an allen seriösen Angeboten des gesellschaftlichen Lebens, sei es der Besuch von Veranstaltungen, Konzerten, Festen, Veranstaltungen zur Weiterbildung (wie z. B. Angebote von Volkshochschule etc.). Dazu gehört auch die Motivation zur Teilnahme an demokratischen Wahlen, sowohl auf Kommunal- als auch auf Bundesebene. Ebenso empfehlen wir die Teilnahme (z. B. durch Fahrdienste) an Gottesdiensten aller Konfessionen.
Zur Förderung des Gemeinschaftserlebens und freizeitpädagogischer Motivation bieten wir Ausflüge, Wanderungen, Spaziergänge, Segeltörns auf dem Bodensee mit eigenen Booten, mehrtägige Gruppenreisen, z. B.
nach Italien, in großem Umfang an. So ermöglichen wir unseren Bewohner:innen, neue Erfahrungshorizonte zu erschließen. Immer wieder erleben wir, wie sich der bisherige Erlebnishorizont durch dieses pädagogische Aktivtraining weitet und neue motivierende Erfahrungen entstehen.
Bedeutung von Religiosität und Spiritualität
Unsere Arbeit ist überkonfessionell ausgerichtet. So setzt sich die Bewohnerschaft überwiegend aus Angehörigen der Evangelischen Landeskirchen, der Katholischen Kirche und evangelischen Freikirchen zusammen. Wir sind grundsätzlich offen für Angehörige aller Religionen oder Andersdenkende. Die Teilnahme an den religiösen Angeboten des Hauses geschieht auf freiwilliger Basis. Gleichwohl ist das Interesse unserer Bewohner:innen bezüglich religiöser Fragen in der Regel recht hoch, da für die Mehrzahl von ihnen unser Haus aufgrund der geistlichen Ausrichtung (neben anderen Beweggründen) für ihren Aufenthalt ausschlaggebend ist.
Für viele von ihnen ist die Aufarbeitung negativer religiöser Erfahrungen, sei es durch Amts- oder Machtmissbrauch seitens geistlicher Amtsinhaber, sowie die Aufarbeitung von Schuldgefühlen und religiösen Ängsten von großer Bedeutung. Ursache hierfür kann
ein drohendes Gottesbild sein, wie es durch entsprechende Verkündigung oder autoritäre Erziehungsmaßnahmen mit einer daraus resultierenden rigiden Über-Ich-Funktion bzw. Gewissensdruck entstehen kann. Dies sind unter anderem Themenbereiche, die wir im Rahmen unserer theologischen Ausrichtung (siehe hierzu ICF e465) begleiten. In unserem Sozialtherapeutischen Zentrum de’ignis-Wohnheim vermitteln wir ein angst- und druckfreies Gottesbild, bei dem der Glaube im Rahmen der bei de’ignis entwickelten christlichen Anthropologie (in Zusammenarbeit mit namhaften Theologen beider Großkirchen, siehe de’ignis Grundlagenwerk. Altensteig 2021) zu einer wertvollen Ressource bei der Bewältigung psychischer Probleme wird. Sie verhilft zum Abbau innerer Barrieren für ein Leben in Autonomie und Selbstbestimmung in Verantwortung vor Gott und den Menschen. Damit wird der christliche Glaube zu einem Orientierungsrahmen, der schutz- und haltgebend wirkt und damit zum Aufbau neuer Vertrauensfähigkeit beiträgt, und so zu einer inneren Heimat wird. Diesem Zweck dienen unsere täglich stattfindenden überkonfessionellen pastoral-psychologischen Großgruppen, bei denen der Glaube in beschriebener Weise erfahrbar wird (siehe hierzu ICF d930).
Autor
Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und absolvierte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Er ist Geschäftsführer des Sozialtherapeutisches Zentrums de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und Vorsitzender der de’ignis-Stiftung Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
In der de’ignis-Fachklinik erhalten Menschen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burn-out, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf sie ausgerichtete Behandlung. Zusätzlich bietet sie Nachsorge- und Sonderprogramme mit einzelnen Sozialversicherungsträgern sowie verschiedene Präventionsangebote an. ↗ Ab Seite 45
Das de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Es deckt die Bereiche des intensiven und teilstationären Heimbereichs, den Wohntrainingsbereich sowie den ambulanten Bereich ab. Dabei bietet es ein umfangreiches sozialtherapeutisches Programm an. ↗ Ab Seite 50
Das de’ignis -Institut bietet seit über 30 Jahren erfolgreich Fortbildung, Schulung, Supervision und Beratung für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche an, hierbei insbesondere die Fortbildung für Christlich-integrative Therapie. Das Institut bildet eine Schnittstelle zwischen Medizin, Psychologie und Theologie. ↗ Seite 48
Die de’ignis -Stiftung in Polen bietet bereits seit einigen Jahren Seelsorgekurse an und unterstützt den Aufbau eines Netzwerks von Seelsorge-Beratungsstellen. Des Weiteren erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen in der de’ignis-Beratungsstelle in Warschau ambulante Psychotherapie. ↗ Seite 52
Fachklinik • Wohnheim • Institut • Stiftung de’ignis-magazin – Aktuell
•Vom 7. bis 11. Juni 2023 fand der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg statt, 100.000 Besucher wurden erwartet. Wir waren mit unserem de’ignis-Stand mittendrin. In den fünf Tagen gab es laut Pressemitteilung 2.000 Veranstaltungen, beginnend mit den Abendveranstaltungen (Eröffnungsgottesdienste und Abend der Begegnung) am Mittwoch bis zu den Schlussgottesdiensten am Sonntag. Donnerstag bis Samstag waren der Markt der Möglichkeiten und die Messe im Markt geöffnet, wo de’ignis mit einem modernen, ansprechenden Messeauftritt vertreten war. Der Messestand war gut gelegen –zahlreiche Personen wurden auf uns aufmerksam und informierten sich über unsere Arbeit. Wir konnten vielen Betroffenen, Angehörigen, potenziellen Praktikanten, aber auch vielen Ärzten, Psychotherapeuten, Sozialarbeitern und Pastoren unser Angebot näherbringen.
Es ist immer wieder schön, die Begeisterung der Messebesucher darüber zu erleben, dass wir Psychotherapie nach einem christlich-integrativen Konzept anbieten und das schon seit über 30 Jahren. Manche Schicksale, manche Nöte, die uns in den Gesprächen geschildert wurden, haben uns noch länger beschäftigt. Personen, die bei der Katastrophe im Ahrtal ihr Zuhause verloren und noch heute unter den psychischen Folgen leiden.
Eine ranghohe Führungskraft, die durch eine Covid-Erkrankung erwerbsunfähig wurde und nun ihr Leben neu gestalten muss. Viel Ermutigung und Dank erhielten wir von einigen ehemaligen Patienten, von deren Angehörigen oder ambulanten Therapeuten. Sie berichteten von Veränderung, neuer Hoffnung und Zuversicht, welche durch unsere Arbeit vermittelt werden und wie wichtig es ist, dass es de’ignis gibt. Manches Leben konnte dank der de’ignis-Arbeit nachhaltig positiv verändert werden. Am Samstagabend wurde die Messe-Fachausstellung um 18.30 Uhr geschlossen und der Abbau unseres Messestandes begann.
Wir sind dankbar für alle Messebesucher und -besucherinnen und möchten uns nochmals herzlich für die guten Gespräche bedanken.
Wir freuen uns darauf, zukünftig auch Sie persönlich an unserem Messestand anzutreffen. Wenn Sie vor der nächsten Messe mehr über unser Angebot erfahren möchten oder Fragen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Bleiben Sie auf dem Laufenden über unsere Website oder melden Sie sich zu unserem Newsletter an.
•Am 15. April 2023 waren Mitglieder des Vereins Hashtag Gesundheit zu Besuch im de’ignis-Zentrum in Stuttgart. Die Mitglieder des Vereins sind junge Berufseinsteiger und Studierende aus Pflege, Medizin und Ökonomie mit dem Ziel, anderen jungen Menschen eine Stimme im gesundheitspolitischen Diskurs zu verleihen. Als Ideenwerkstatt verbinden sie wissenschaftliche Expertise, praktische Relevanz und internationale Erfahrungen, um die Strukturen der Gesundheitsbranche in Frage zu stellen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Dabei wird stets ein enger Austausch mit den unterschiedlichen Akteuren im Gesundheitswesen gesucht. 2018 startete der Verein als Initiative und hat mittlerweile über 450 Mitglieder in ganz Deutschland. Phil Hartmann ermöglichte den Mitgliedern einen Einblick in unser Unternehmen sowie den Alltag und die Herausforderungen der Rehabilitation von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Vor allem das Christlich-integrative Konzept fand großen Anklang und wir durften einige interessante Fragen zu unserer Arbeit beantworten. Nach einer anschließenden Führung durch das Zentrum und einem gemeinsamen Mittagessen folgte ein Austausch zu Themen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel und Nachhaltigkeit. Hierbei konnte Phil Hartmann nahebringen, wie wir als Einrichtung diesen Themen bereits begegnen und weiter begegnen werden. Die Mitglieder waren positiv überrascht über die hohe Qualität der Arbeit, welche über alle Bereiche von de’ignis hinweg zu erkennen ist: bereits die Räumlichkeiten und Print-Medien würden dies ausstrahlen.
• Im Juni ging es für das de’ignis-Team als Betriebsausflug zur Bowlingbahn. Von dem Moment an als wir den Bus zum Bowlingcenter betraten, war klar, dass der Ausflug viel Freude und Gemeinschaft mit sich bringen würde. Im Bowlingcenter angekommen teilten wir uns in Gruppen für die verschiedenen Bahnen auf, dann durfte jeder seine Leihschuhe holen. Gerüstet mit Schuhen, Getränken und Bowling-Kugel ging es los. Jetzt konnte gezeigt werden, wer die meisten Pins trifft. Über die Geräusche der krachenden Pins und der Musik hallte freudiges Lachen im gesamten Bowlingcenter, während sich die Mitarbeitenden gegenseitig anfeuerten. Es gab viele „Strikes“, überraschende Talente und so manche Bandenwürfe, aber jeder Wurf wurde mit Jubel, High-Fives und Ermutigung quittiert. Es war ein freudiges Ereignis, bei dem die ohnehin flache Hierarchie verschwamm und sich alle, vom Praktikanten bis zur Klinikleitung, frei unter die Leute mischen konnten. Natürlich ging es bei dieser Veranstaltung nicht nur um Bowling, sondern vor allem darum, unser Team zu stärken. Bowling erfordert, wie jeder Mannschaftssport, Zusammenarbeit, Kommunikation und gegenseitige Unterstützung. Als wir uns in Teams aufteilten und gegeneinander antraten, lernten wir, die Erfolge des Anderen zu feiern und uns gegenseitig bei Fehlschlägen zu unterstützen. Es war eine praktische, unterhaltsame Übung zur Teambildung, die die Bedeutung von Einheit, Zusammenarbeit und Moral hervorhob. Anschließend ging es noch ins Brauhaus, um dort die hungrigen Mägen mit Maultaschen, sommerlichen Salaten, Flammkuchen und mehr zu füllen und den Tag ausklingen zu lassen.
Es war eine wunderschöne Zeit, die abseits von unserem regulären Arbeitsalltag half, einander in einem neuen Licht zu sehen. Der Ausflug hat unser Zusammengehörigkeitsgefühl, die Moral und unseren Teamgeist gestärkt. Diese Bowlingveranstaltung ist nur eine von vielen Möglichkeiten, wie de’ignis die Mitarbeitenden ehrt und wertschätzt. Wir sind von der Kraft des de’ignis-Teamgeists und der Bedeutung einer ausgewogenen Work-Life-Kultur überzeugt. Deshalb organisieren wir regelmäßig Veranstaltungen und Aktivitäten wie diese. Von Gesundheits- und Wellnessangeboten über flexibles Arbeiten bis hin zu Teambuilding-Events und Jubiläen – wir sind stets bestrebt, ein integratives, ansprechendes und lohnendes Umfeld für alle unsere Mitarbeitenden zu schaffen. Wir verstehen, dass der Erfolg der de’ignis-Fachklinik ein direktes Ergebnis der intensiven Arbeit und des Engagements unseres Teams ist. Unser Tag im Bowlingcenter war ein voller Erfolg. Es war ein Tag voller Spaß, Lachen und Teamgeist. Aber darüber hinaus war es ein Beweis für unsere Unternehmenskultur – eine Kultur, die ihre Mitarbeitenden wertschätzt, Kameradschaft fördert und versteht, dass ein glückliches Team ein produktives Team ist.
Während wir als Unternehmen weiter wachsen und uns weiterentwickeln, sind wir weiterhin bestrebt, unsere einzigartige Kultur aufrechtzuerhalten. Denn letztendlich geht es in unserer Klinik nicht nur um die bestmögliche Behandlung von psychisch erkrankten Menschen – es geht auch um die engagierten Mitarbeitenden, um Teamgeist und darum, einen Arbeitsplatz zu schaffen, an dem sich jeder wertgeschätzt fühlt und seine Berufung leben kann.
Auf weitere „Strikes“, weitere High-Fives und unvergessliche Firmenevents in der Zukunft!
Bewirb dich jetzt online auf deignis.de/jobs
Du suchst einen Job, bei dem du mit einem leidenschaftlichen Team mit hoher fachlicher Kompetenz zusammenarbeitest und welches den christlichen Glauben bei der Arbeit täglich lebt?
Dann werde Teil von de’ignis und bewirb dich online. Wir freuen uns darauf, dich kennenzulernen!
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Sie wollen Ihren Wissenshorizont und Ihre Kompetenzen im Bereich der psychischen Gesundheit auf christlicher Basis aufbauen, erweitern oder verbessern?
• Hierzu finden Sie bei uns ein interessantes Spektrum an Fortbildungen, Schulungen, Seminaren und Vorträgen, die genau zu Ihren Anforderungen passen. Wachsen Sie in Ihren Fähigkeiten und profitieren Sie von der langjährigen Erfahrung, hohen Qualität und Kompetenz von de’ignis.
Die Christlich-integrative Therapie ist die Integration von Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik zu einem ganzheitlichen Konzept, das alle Aspekte des Menschseins ausgewogen umfasst. Die Teilnehmenden der Seminare lernen, Menschen mit seelischen Problemen qualifiziert auf der Basis biblischer Werte und Wahrheiten in Kombination mit wissenschaftlicher, klinischpsychotherapeutischer Fachkenntnis zu helfen.
Ausgewählte Dozenten und Dozentinnen aus Wissenschaft und Praxis schulen Sie in den verschiedenen Bereichen nach den aktuellen Standards und geben Ihnen exklusive Einblicke
sowie Hilfestellung in der direkten Umsetzung relevanter Lerninhalte. Mit unseren Fortbildungs- und Schulungsangeboten profitieren Sie einerseits selbst für Ihr eigenes Leben und werden andererseits in die Lage versetzt, anderen Menschen in ihrem seelischen Wohlbefinden kompetent zu helfen.
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Auf unserer Webseite finden Sie weitere Informationen zur Fortbildung und aktuelle Termine.
↗ www.deignis.de/fortbildung/cibt
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Erhalten Sie praxisnah Einblick in christlich-integrative Therapie- und Beratungsansätze von de’ignis und lernen Sie hilfreiche Tools für Ihren Alltag kennen.
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Weitere Infos und Termine auf deignis.de/ fortbildung
Ein Bericht von Bernd Storek – Einrichtungsleiter des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim
• Wir blicken als Wohnheim auf intensive und arbeitsreiche Monate zurück. Bezogen auf die Führung des Wohnheims hat sich die neu formierte Dreier-Spitze bestehend aus Geschäftsführer Winfried Hahn, Einrichtungsleiter Bernd Storek und Verwaltungsleiter Günter Steppacher bewährt. Entsprechende Leitungsaufgaben wurden übergeben bzw. neu verteilt, es wächst das Vertrauen zueinander und wir kommen in eine produktive Routine.
Strukturell stand die Umstellung des Wohnheimalltags vom mehrjährigen und kräftezehrenden coronabedingten „Krisenmodus“ auf „Normalbetrieb“ im Vordergrund. Zum Teil wurden bewährte Abläufe wieder implementiert. Auf der anderen Seite zeigte sich, dass die explizite und stringente Aufteilung des Hauses in zwölf Wohngruppen (mit jeweils einer Bewohnerzahl zwischen zwei und sechs Personen), die aufgrund entsprechender behördlicher Corona-Verordnungen notwendig war, aus sozialtherapeutischer Hinsicht teilweise weiterhin erhalten bleiben und nicht strukturell „rückabgewickelt“ werden sollte. Dies zeigt sich zum Beispiel im Bereich der Ernährung: Einerseits sind die Wohngruppen für Bewohner mit erhöhtem Begleitungsbedarf und einem stark strukturvermittelnden und schützenden Charakter an der bewährten zentralen Essensversorgung im Speisesaal angegliedert. In anderen Gruppen steht die Autonomieförderung inklusive Aufbau und Einüben einer selbstständigen Tagesstruktur und die Entwicklung eines tragfähigen langfristigen Lebenskonzeptes im Vordergrund, sodass die Mahlzeiten innerhalb der Wohneinheit und eigenständiger sowie selbstorganisiert vorbereitet und eingenommen werden.
Im Bezug auf das Mitarbeiterteam sind wird dankbar, dass wir uns auch in den Bereichen Haustechnik, Hauswirtschaft und pädagogische Begleitung personell verstärken konnten. Das traditionelle Mitarbeiter-„Weihnachtsessen“ konnte mit mehrjähriger Verspätung bei bestem Sommerwetter endlich im Juli durchgeführt werden. Viele Mitarbeiter konnten für ihre teils jahrzehntelange Betriebszugehörigkeit geehrt werden. Wir sind Gott dankbar, dass es uns in diesen Fällen trotz eines teils herausfordernden Arbeitsalltags gelungen ist, Menschen eine langfristige berufliche Perspektive, und in den meisten Fällen sogar den Platz zur Umsetzung einer persönlichen Lebensberufung bieten zu können. Unter anderem durch
intensiven kollegialen Austausch, zielgerichtete Mitarbeiterentwicklung, hohe Fortbildungsdichte und eine fortwährende geistliche (Be-)Gründung der Arbeit wollen wir auch in Zukunft Mitstreitern im Reich Gottes solch einen Arbeitsplatz bieten.
Die notwendigen Umstrukturierungen durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), die Zunahme von Krankheitsbildern mit sehr hohem Begleitungsbedarf und der zunehmende Mangel von Möglichkeiten der Überleitung von Bewohnern in Anschlusseinrichtungen (dies betrifft übrigens deutschlandweit die gesamte soziale Landschaft) fordern uns aktuell und in den kommenden Monaten und Jahren heraus. Eine Konsequenz ist, dass wir innerhalb des Hauses sogenannte „Intensiv-Gruppen“ mit einem erhöhtem Personalschlüssel installieren werden. Unser Ziel und Gebet ist es, dass es gelingt, die dafür notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen mit den Kostenträgern in kommenden Verhandlungsrunden zu vereinbaren; und dass Gott uns auch entsprechendes Personal schenkt, welches das Hauptanliegen des Hauses, die praktische Umsetzung von Gottvertrauen und fachlicher Kompetenz, mit uns teilt. Beispielsweise suchen wir händeringend eine medizinisch-pflegerische Verstärkung unseres Teams (z. B. Gesundheits- und Krankenpfleger/in), welche perspektivisch in die Leitung des medizinischen Bereichs hineinwächst. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung (weitere Details hierzu finden Sie auf der nächsten Seite oder unter www.deignis.de/jobs)
Das Leitungsteam des Sozialtherapeutischen Zentrums de’ignis-Wohnheim (von links nach rechts): Verwaltungsleiter Günter Steppacher, Einrichtungsleiter Bernd Storek, Geschäftsführer Winfried HahnBewerben Sie sich jetzt online!
Weitere Stellenangebote und Informationen zu de’ignis finden Sie auf www.deignis.de
Gesundheits-/Pflegefachkraft
Das sozialtherapeutische Zentrum de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbständig zu leben. Helfen Sie mit, den Bewohnerinnen und Bewohnern des de’ignis-Wohnheims auf Basis des christlichen Glaubens eine Heimat zu geben. Die Aufgaben, die Sie dabei erwarten sind anspruchsvoll, vielseitig und bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihre Berufung zum Beruf zu machen.
z. B. als Gesundheits- und Krankenpfleger (m/w/d)
z. B. als Altenpfleger (m/w/d)
z. B. als Heilerziehungspfleger (m/w/d)
z. B. als Ergotherapeut (m/w/d)
Interessiert? Lernen Sie uns als Arbeitgeber kennen und nutzen Sie die Chance, Ihrer persönlichen Berufung bei uns nachzugehen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!
Ein Bericht von PD Dr. med. Herbert Scheiblich und Winfried Hahn
• Die Christliche de’ignis-Stiftung Polen ist maßgeblich an der Gründung eines polnisch-deutschen Instituts für integrative Psychotherapie auf christlicher Basis beteiligt. Als Beirat wird sich der Vorsitzende unserer Stiftung Winfried Hahn aktiv bei der Entwicklung und Vermittlung der akademischen Inhalte beteiligen. Getragen wird das neue Institut von der katholischen Universität Collegium Verum in Warschau und der Akademie für Psychotherapie Pforzheim vertreten durch Dr. med. Herbert Scheiblich, Leiter des Fachbereichs Medizin und Psychotherapie und am de’ignis-Institut.
Ziel des Instituts ist es, einen europaweit anerkannten Abschluss zum psychologischen Psychotherapeuten in Christlich-integrativer Psychotherapie anzubieten. Außerdem ist ein Studiengang für Pastoralpsychologie geplant, sowie wissenschaftliche Forschungsarbeit im Bereich zwischen Mental Health und Religion/Spiritualität. Als Zukunftsprojekt eine außerdem eine Klinik auf christlicher Basis in Warschau anvisiert. Wir freuen uns, in der Universität Collegium Verum einen starken,
Sie möchten die Arbeit der de’ignis-Stiftung unterstützen? Eine Spendenquittung kann auf Wunsch ausgestellt werden.
engagierten und in der akademischen Welt anerkannten Partner an unserer Seite zu haben.
Unser Einsatz ist in Polen nach wie vor sehr ambitioniert. Unsere Seelsorgekurse sind gut besucht; eine Intensivierung beim Aufbau weiterer Counseling Points im ganzen Land nach den Einschränkungen der Corona-Zeit steht bevor. Im Sommer hatten wir einen weiteren sehr gesegneten Durchgang unserer Summer School in unserem Seminar- und Tagungshaus in Pomysk bei Bytów. Wir sind weiterhin sehr engagiert in unserem Nachbarland.
Wir verstehen unsere Arbeit – gerade in Zeiten, in denen das politische Klima zwischen beiden Ländern oft angespannt erscheint – als völkerverbindendes Engagement für das Reich Gottes.
Um all diese Aktivitäten finanzieren zu können, benötigen wir auch weiterhin Spenden aus Deutschland. Ein Dank an alle, die uns bis hierher unterstützt haben und diese segensreiche Arbeit dadurch ermöglichen.
Spendenkonto:
Christliche Stiftung de’ignis-Polen • Sparkasse Pforzheim
IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 • BIC: PZHSDE66XXX
Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden.
Kursleitung
Winfried Hahn
Ist Mitglied der de'ignis Institutsleitung (Fachbereich Theologie). Er studierte Pädagogik und machte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Seit 1992 leitet er das de’ignis-Wohnheim –Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung. Als Pastor und Buchautor im übergemeindlichen Dienst hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
Teamleitung
Dagmar Göhring
Fachliche Beratung
Dr. med. Herbert Scheiblich
Mitglied der de’ignis-Institutsleitung (Fachbereich Psychiatrie/ Psychotherapie). Er ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Suchtmedizin, Verkehrsmedizin, Ernährungsmedizin, Kinderund Jugendpsychotherapie und Sportmedizin.
Unter Mitwirkung von:
Dr. med. Herbert Scheiblich
Dr. med. Friedrich Böhme
Dr. med. Ute Horn
Helge Lack
Sozialpädagogin (B.A.) / systemische Beraterin (SG) / Ergotherapeutin
Norbert Monschau
Pastor (BEFG), HP Psychotherapie und christlicher Therapeut (de’ignis)
Marianne Burau
Christliche Therapeutin (de’ignis)
Seminar 1 • Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln
• Psychische Erkrankung und Lebenskrisen
• Transaktionsanalyse als Kommunikationsmodell
Seminar 2 Methodische, inhaltliche und juristische Rahmenbedingungen seelsorgerlicher Gesprächsführung
Seminar 3 • Psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen
• Psychisch krank trotz Glaube?
• Unterscheidung von Normalpathologie und Psychopathologie
Seminar 4 Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihre Behandlungsverfahren aus christlicher Sicht
Seminar 5 Freundschaft, Liebe, Sexualität – im Jugendalter und in der Ehe
Seminar 6 Biblisches Menschenbild (Anthropologie), Therapie des Herzens, umfassende Konzeption biblischer Seelsorge, Hören auf Gott
Seminar 7 Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu mir selbst) in Vergangenheit und Gegenwart
Seminar 8 Identitätsentwicklung und Störung, Auswirkung auf die Persönlichkeit
Seminar 9 Persönlichkeit des Seelsorgers, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbstkritik und Introspektion
Seminar 10 Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Burnout und andere Belastungsstörungen
Alle Verfasser sind der Redaktion bekannt
„Ich bin einfach tief berührt von all dem, was ich erfahren durfte und der wertschätzenden und liebenden Art, die von euch allen ausgeht. Danke dafür.“
•„ … das 9. Seminar des Kurs in begleitender Seelsorge ist „geschafft“. Und nach jedem Seminar „schafft“ Gott in mir weiter. Die Gewissheit, Gottes Blick ruht voller Liebe auf mir, ist tröstlich. Probleme, Ängste, Schuld usw. sind für Gott keine Endstation. In seiner Liebe und Geduld verändern wir unsere Blickrichtung – weg von unseren Schwächen und Unvermögen, hin zu unseren Stärken, Fähigkeiten und Mach- barem. In jedem Seminar wird nicht nur Theorie vermittelt, sondern es wird auch gleich praktisch geübt. Für mich persön- lich war der Kurs in begleitender Seelsorge ein Gewinn.“
•„Ende 2021 war es für mich einfach an der Zeit, einen Kurs in begleitender Seelsorge zu starten, nachdem ich ca. drei Jahre mit diesem Wunsch und Drängen in mir sozusagen schwanger gewesen war. Und so stieg ich im März 2022 im Tabor Schulungszentrum in diesen Kurs ein – vorerst online. Ich bin so dankbar, dass die Seminare später dann hybrid stattfanden und es stand für mich außer Frage, an den weiteren Seminaren in Präsenz teilzunehmen. Präsente Teilnahme ist noch so viel mehr!
Die Vorträge der verschiedenen Referenten sind lebendig und gut verständlich. Die Botschaft der Liebe, Gnade und Hoffnung, aber auch solides Fachwissen haben mich in dieser Richtung sehr bereichert. Für mich war es sowieso sehr spannend, wie dies zusammen und ergänzend – Glaube und Fachwissen –gelehrt wird; arbeite ich doch in einem Umfeld, wo das Fachwissen stark überwiegt, nämlich in einem Zentrum für Psychiatrie. Christen, die dort therapiert werden, nehmen gerne das Angebot unserer Seelsorger in Anspruch, da dieser Teil ihnen sonst schmerzlich fehlen würde. So empfinde ich es als wichtig, als begleitender Seelsorger auch über ein gewisses Maß an Fachwissen zu verfügen und dieses auch zu schätzen. Wir Teilnehmer sind im Tabor Schulungszentrum immer sehr liebevoll aufgenommen und versorgt worden. Es war dort immer eine Zeit mit vielen guten Inputs, tiefgehendem Lobpreis, guter Gemeinschaft und immer gutem Essen. Danke dafür.“
Der de’ignis Seelsorgekurs ist eine unverzichtbare Schulung für Menschen, die anderen in schwierigen Lebenssituationen zur Seite stehen möchten. Fachlich qualifiziert, theologisch reflektiert und praxisorientiert lernen Sie, Menschen in Lebenskrisen, seelischen Nöten und psychischen Erkrankungen kompetent und biblisch fundiert zu begleiten.
Lebenskrisen sind Phasen, die fast jeder – mehr oder weniger intensiv – im Laufe seines Lebens durchlebt. Hierbei ist eine einfühlsame Begleitung aus Empathie und Lebenserfahrung entscheidend. Der Kurs vermittelt die dafür notwendigen Reflexionsprozesse und Selbstreflexionsübungen.
Seelische Nöte gehören ebenfalls zum Erleben vieler Menschen. Der Kurs zeigt auf, wie man sie bewältigen kann und welche Hilfen im Bereich der Seelsorge und Therapie zur Verfügung stehen. Angesichts der steigenden Zahl von Menschen mit behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen wird auch die Rolle der Seelsorge als besonderes und wirkungsvolles Hilfsangebot beleuchtet.
Der Seelsorgekurs ist nicht nur für Helfende und solche, die es werden möchten, geeignet, sondern auch für Angehörige und Betroffene selbst. Entdecken Sie die Möglichkeiten und Chancen, die in dieser wichtigen Form der Unterstützung liegen!
Termine für 2024
Seminar 1 | 15. – 16.03.2024
Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln, Psychische Erkrankungen und Lebenskrisen, Transaktionsanalyse als Kommunikationsmodell
Seminar 2 | 19. – 20.07.2024
Methodische, inhaltliche und juristische Rahmenbedingungen seelsorgerlicher Gesprächsführung
Seminar 3 | 20. – 21.09.2024
Psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen, Psychisch krank trotz Glaube?, Unterscheidung von Normalpathologie und Psychopathologie
Alle Seminartermine für 2024 sind online auf www.deignis.de unter Veranstaltungen zu finden.
Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden.
Veranstaltungsort:
Tabor Schulungszentrum für Pastoraltheologie, Seelsorge und Erweckung
Sigmaringer Straße 64 • 72474 Winterlingen info@tabor-schulungszentrum.de
Weitere Infos und Termine auf deignis.de/fortbildung
Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen | ambulante und teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen | Sanatoriumsbehandlungen | Nachsorge IRENA und Psy-RENA | Prävention und Vorsorge | Berufsbegleitende Reha | de’ignis-Kompakt Programm
Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen | ambulante und teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen | Sanatoriumsbehandlungen | Nachsorge IRENA und Psy-RENA | Prävention und Vorsorge | Berufsbegleitende Reha | de’ignis-Kompakt Programm
Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten Gesprächstherapie | Sozialtraining | Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) | Freizeitpädagogik | individuelle Betreuung
Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten Gesprächstherapie | Sozialtraining | Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) | Freizeitpädagogik | individuelle Betreuung
Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben Kurs in begleitender Seelsorge | Vernetzung von Fachleuten | Fortbildung in Christlich-integrativer Therapie | Coaching | Supervision | ambulante Beratung für Erwachsene | Sozialpädagogische Beratung für Kinder, Jugendliche, Familien | Weitere Angebote zur Prävention
Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben Kurs in begleitender Seelsorge | Vernetzung von Fachleuten | Fortbildung in Christlich-integrativer Therapie | Coaching | Supervision | ambulante Beratung für Erwachsene | Sozialpädagogische Beratung für Kinder, Jugendliche, Familien | Weitere Angebote zur Prävention
Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten Schulungen in pastoralpsychologischer Seelsorge und christlich-integrativer Psychotherapie | Aufbau eines Netzwerks von Beratungssstellen
Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten Schulungen in pastoralpsychologischer Seelsorge und christlich-integrativer Psychotherapie | Aufbau eines Netzwerks von Beratungssstellen