Ausgabe Nr. 41/2011
magazin Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Warum bin ich Ich? Suche nach Identität und ihren Wurzeln
Identität, Selbstbild und Lebensgestaltung –
Identitätsentwicklung bei Jugendlichen
Ein individualpsychologisches Persönlichkeitsprofil Seite
Was Heranwachsenden gut tut Seite
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13
Therapiegrundlagen Identitätsstörungen und damit in Verbindung stehende Krankheitsbilder Seite
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik. Auf christlicher Basis.
In der de’ignis-Fachklinik behandeln wir psychische und psychosomatische Erkrankungen, z. B. Depressionen, Ängste und Zwänge – sowohl stationär als auch ambulant. Grundsätzlich können die Kosten für eine Behandlung in unserer Klinik von allen Kostenträgern übernommen werden.
Bei unseren Präventionsangeboten steht die gesundheitliche Vorsorge im Mittelpunkt: Das Angebot reicht von individuellen Gesundheitswochen bis hin zu Kursen zur Stressbewältigung.
2de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik
Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen · Telefon 07453 9391- 0 · info@deignis.de
www.deignis.de
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser, sich zu sich selbst bekennen zu können, ist ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft. Niemand ist so unglücklich wie derjenige, der etwas anderes oder jemand anderes sein möchte, als die Person, die er seinem Körper und seinem Geist nach ist. Was ist meine wahre Identität? Diese Frage stellt sich für einzelne Menschen wie für Organisationen. Wir erleben das in Gesellschaft und Politik, dass wir danach streben, anerkannt und geliebt zu werden sowie immer ganz vorne dabei zu sein. Dabei vergessen wir allzu oft, wer wir eigentlich sind, was unsere Werte sind, was uns ausmacht, wo wir herkommen und wo wir hingehen. Es führt zu Unsicherheit, Ängsten und letztendlich oft ins Chaos und zu Krankheit. Man sieht, der Mensch strebt nach grenzenloser Freude, er möchte Lust bis zum Äußersten und möchte das Unendliche. Aber da, wo man nicht nach Gott fragt, wird es ihm nicht gewährt, kann er es nicht finden. Deshalb versucht er sich eine Scheinwelt zu schaffen, aber sie ist Lüge, eine unwahre Unendlichkeit. Dabei verliert er sich selbst. Wir lesen in der Bibel in Johannes Kapitel 10 Vers 14 „Ich bin der gute Hirte, und ich kenne die Meinen“. der gute Hirte kennt seine Schafe und wird nie eins verlieren. Er kennt den Charakter, das Alter und die Umstände der Seinen. Er versichert uns, dass selbst die Haare auf unserem Haupt gezählt sind. Er kennt auch ihren Zustand. Er kennt die Schwachen, die Nervösen, die Ängstlichen, die Starken, die Kranken, die Sorgenvollen, die Ermatteten und die Verwundeten. Zu Anfang unserer Klinikzeit hatten wir für die Arbeitstherapie Schafe. Ich habe die Schafe gekauft und mich auch persönlich um sie gekümmert. Wenn ich in der Klinik ankam und aus dem Auto ausgestiegen bin, haben sie schon ihre Laute von sich gegeben, obwohl sie mich noch nicht sehen konnten. Dieses innige Vertrauensverhältnis, das da entstanden ist, hat mich fasziniert und beeindruckt. Ich kannte meine Schafe und sie mich! Und so stelle ich mir weit mehr und tiefer das Verhältnis und die Beziehung zu Jesus Christus meinem Hirten vor. Er kennt uns, er ist es, der uns das einzigartige Leben geschenkt hat. Er hat uns zu etwas Besonderem gemacht, er hat uns erwählt.
Da, wo wir im Umgang mit anderen Menschen die Erfahrung machen, dass sie ihre Einzigartigkeit nicht leben können, wo sie nicht authentisch sind, ist die Beziehungsgestaltung mit diesen Persönlichkeiten oft schwierig und von Unsicherheiten und Ängsten geprägt. Wir fühlen uns in deren Gegenwart unsicher und möchten keine wirkliche Beziehung eingehen. Wir spüren auch die fehlende Echtheit der Persönlichkeit. Um ein erfülltes Leben führen zu können, müssen wir uns ehrlich darstellen und leben, wer wir sind. „Identitätsstiftend ist für uns die Erkenntnis der bedingungslosen Liebe Gottes“ schreibt Weihbischof Renz in seinem Artikel in dieser Ausgabe. Finden Sie zu sich selbst, denn: Kein anderer Mensch auf der Erde ist so wie Sie! Ich freue mich über den Gedanken, dass Gott, der mir das Leben geschenkt hat, mich auch ans Ziel bringen wird und dass ich der sein darf, der ich bin. Nur zu gut weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, sich selbst sein zu dürfen und sich treu zu bleiben. Der verstorbene Dichter Douglas Malloch drückte es so aus: „Wenn Du nicht Kiefer sein kannst auf dem Hügel, Sei ein Busch im Tal – aber sei Der schönste kleine Busch am Ufer des Bachs. Sei ein Busch, wenn Du kein Baum sein kannst. Wenn Du kein Busch sein kannst, sei ein Büschel Gras Und steh heiter am Straßenrand. Wenn Du kein Hecht sein kannst, sei einfach ein Barsch, Aber der munterste Barsch im See.“ Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieses Magazins, dass Sie Impulse bekommen für Ihr persönliches, wertvolles Leben und für andere Menschen, mit denen Sie Begegnungen haben. Ihr Claus J. Hartmann
Die Herausgeber: Claus Jürgen Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik
Winfried Hahn Geschäftsführender Heimleiter, Sozialtherapeutisches de’ignis-Wohnheim
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INHALTSVERZEICHNIS
S. 9
S. 13
Titelthema: Warum bin ich Ich? Suche nach Identität und ihren Wurzeln TITELTHEMA
S. 6
Winfried Hahn
Identität als Ausdruck einer authentischen Persönlichkeit Dr. med. Doris Schneider-Bühler
S. 9
Identität, Selbstbild und Lebensgestaltung Einführung in das individualpsychologische Persönlichkeitsprofil GPI© Daniel Hahn
S. 13
Identitätsentwicklung bei Jugendlichen Eine sehr persönliche Sichtweise auf Eriksons Modell der Persönlichkeitsentwicklung Weihbischof Thomas Maria Renz
S. 18
Amatus sum, ergo sum! Das Wissen um die grenzenlose Liebe Gottes als Universalschlüssel zur eigenen Identität Arnd Kischkel
S. 20
„Ich bin es, Du bist es!“ Neue Identität in Christus Heinrich Hoffmann
S. 22 4
Kirchenfunktionär oder Freund Gottes – woraus ziehen wir unsere Identität
IMPRESSUM
Redaktion: Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann Layout, Gestaltung & Druckvorstufe: AD Dipl.-Ing. Rainer Haas Tel. 07 11 48 23 31 · info@artdesign-stuttgart.de Druck: Gedruckt auf Luxosamt Offsetpapier von Henkel Druck, Stuttgart
S. 30
Auflage 16.000 Herausgeber:
IMPULS
Dr. Gerhard Maier, Landesbischof i.R.
S. 25
Die Aufgabe der Kirche in einer sich verändernden Gesellschaft ZUR DISKUSSION
Winfried Hahn
S. 27
Verantwortung, Wahrheitsliebe oder die Diktatur des Relativismus THERAPIEGRUNDLAGEN
Simone Marquardt
S. 30
Identitätsstörungen und damit in Verbindung stehende Krankheitsbilder – wie kann man helfen Rainer Oberbillig
S. 34
Die entfesselte Frau – Suche nach den Wurzeln der Identität Beziehungsprägungen aus der Perspektive der Familiengeschichte Winfried Hahn
S. 38
Natürliche und geistliche Identität Fortsetzung von Seite 8 DE’IGNIS AKTUELL
S. 41
Termine · Berichte · Neues aus den Einrichtungen
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: 07453 9391-0 Telefax: 07453 9391-193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 62 168 002 · BLZ 642 618 53 de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575 92507-0 Telefax: 07575 92507-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch Konto 105 338 · BLZ 690 516 20 de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: 07453 9494-0 Telefax: 07453 9494-396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 66 624 002 · BLZ 642 618 53 Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575 92507-0 Telefax: 07575 92507-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim Konto 7 26 05 12 · BLZ 666 500 85 Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.
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TITELTHEMA
Identität als Ausdruck einer authentischen Persönlichkeit VON WINFRIED HAHN
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er Begriff Identität wird in unserer Zeit sehr häufig verwendet. Sowohl in wissenschaftlichen als auch in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen spielt er eine große Rolle. Er scheint zu einem schillernden Modebegriff geworden zu sein, der häufig verwendet wird, ohne klare Definition, gleichsam als Begriffshülse, die jeder füllen kann, wie es seinem eigenen Gutdünken entspricht. Aber dennoch scheint eines deutlich zu sein, nämlich dass es sich hierbei nicht nur um einen Modebegriff handelt, sondern vielmehr um eine Bezeichnung, die bei aller Unschärfe durchaus bedenkenswerte und mit der menschlichen Existenz zutiefst bedeutsame Zusammenhänge und Inhalte widerspiegelt. So soll an dieser Stelle der Versuch unternommen werden, einige Gedanken zu diesem schillernden Begriff zu äußern, ohne den Anspruch zu erheben, den Maßstäben einer erschöpfenden wissenschaftlichen Abhandlung zu genügen. Zunächst möchte ich einige Anmerkungen dazu machen, was der Begriff Identität beinhalten kann. In dem Wort Identität steckt der Begriff identisch, identisch sein mit etwas. Es stellt sich hierbei die Frage: Identisch womit? Jeder Mensch erlebt im Laufe seines Lebens eine
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ganze Reihe von Prägungen, die von außen kommen, sei es durch Eltern, Kameraden, Kollegen und Freunde, wobei besonders die Menschen eine wichtige Rolle spielen, denen man Autorität zubilligt. Aber nicht nur Prägungen, die von außen kommen, bestimmen unsere Identität, sondern auch Ziele, Wertvorstellungen, Maßstäbe, vor allem Lebenskonzepte, Perspektiven, die der einzelne Mensch im Laufe seines Lebens entwickelt. Dabei ist die Frage angesprochen: Welchen Sinn sieht der Einzelne für sein Leben? Welche Erwartungen und Wünsche drängen nach Erfüllung? Welche Ziele werden angesteuert? Dabei geht es nicht nur um die Richtung, die ein Mensch bezüglich der großen Ziele seines Lebens ansteuert, sondern auch darum: Welche Werte, welche Moral, welche Ethik prägen ihn, und nach welchen Tugenden und persönlichen Eigenschaften trachtet er? Es gibt noch eine Reihe weiterer Bereiche und Aspekte, die für die Identität eines Menschen bestimmend sind. Empfindet er sich identisch, kongruent, deckungsgleich mit seiner Rolle als Junge, Mädchen, Mann oder Frau? Ist es ihm möglich, eine geschlechtsspezifische Identität (Körperidentität/sexuelle Identität) zu entwickeln und zu leben?
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Ist seine innere Beziehung zu seiner Herkunftsfamilie geklärt oder schämt er sich seiner Herkunft und möchte seine inneren Wurzeln am liebsten verleugnen? Lebt er eine positive Identität zu seiner Herkunftsfamilie oder zu seiner gegenwärtigen Familie? Ist die Frage seiner Familienidentität geklärt oder befindet sich der Einzelne hierin in einem Spannungsfeld? Sind diese Bereiche identisch, kongruent mit den inneren Erwartungen, Zielvorstellungen und Prägungen des Menschen, oder befindet er sich hier in einem Zwiespalt? Kann er sich identifizieren mit seinem Beruf ? Ist er zufrieden und einverstanden mit der Rolle, die er im Rahmen seines Bekanntenkreises, Freundeskreises, seiner Nachbarschaft, seinem näheren und weiteren sozialen Umfeld spielt? (Rollenidentiät, Identität in der sozialen Bezugsgruppe.) Bei dem Identitätsfindungsprozess ist ein zentraler Bereich der der individuellen Identität. Dabei spielen Fragen der Kleidung – ob modisch gekleidet, alternativ gekleidet –, Fragen der Haarlänge, kurz gesagt: des Outfits, das man sich zulegt, eine bedeutende Rolle. Welches Auto fahre ich? Welche Hobbys habe ich? Lebe ich in einer kleinen Mietswohnung oder habe ich ein eigenes Haus mit Garten, vielleicht sogar mit Swimmingpool? Mache ich lieber Urlaub im Wohnwagen auf dem Campingplatz oder bevorzuge ich ein Nobelhotel? All dies sind Fragen, die mit dem persönlichen Lebensstil und mit der individuellen Identität sehr verflochten sind. Diese und andere Bereiche werden in Skizze 1 dargestellt. Einen besonders wichtigen Aspekt in Bezug auf die Identitätsfindung stellt der weltanschauliche Bereich dar. Jeder Mensch muss für sich die Fragen beantworten: Woher komme ich? Wozu lebe ich? Wohin gehe ich? Die Beantwortung dieser existenziell wichtigen Fragen unter-
scheidet den Menschen im Wesentlichen vom Tier. Kein Tier ist in der Lage, ein religiöses Bewusstsein auszuprägen oder die Frage nach einem höheren Wesen, nach Gott zu stellen. Auch die Frage von Verantwortung, von Schuld und Rechenschaftspflicht kennt ein Tier, das in vielen Bereichen instinktgesteuert ist, nicht. Für den Menschen handelt es sich hierbei jedoch um zentrale Begriffe und Handlungsfelder. Deshalb muss jeder Mensch Antworten auf diese Fragen finden. Dies sind wesentliche Aspekte im Zusammenhang mit dem Identitätsfindungsprozess, den jedes Individuum durchläuft. Deshalb ist es für den christlichen Therapeuten oder auch für den Seelsorger unumgänglich, diese Fragen bei der Begleitung und Hilfestellung von Menschen zu thematisieren oder zu berücksichtigen. Ob ich eine gesunde Identität ausprägen kann, ist von verschiedenen Faktoren abhängig, z.B. ob wesentliche innere Bedürfnisse des Menschen gestillt sind, ob es ihm gelingt, sinnvolle Perspektiven, Ziele und Aufgaben zu finden. Aber auch der Bereich der Charaktereigenschaften und Tugenden spielt eine entscheidende Rolle, denn jedes Talent verkümmert, wenn es nicht durch Tugenden und Disziplin entfaltet wird (Skizze 2). Identität ist kein statischer Zustand, den ein Mensch einmal erreicht hat, sondern es ist ein lebenslanger Entwicklungsprozess, der immer wieder Veränderungen unterworfen ist. Diese Veränderungen werden häufig hervorgerufen durch andere Lebensumstände, wie zum Beispiel den Wechsel einer Arbeitsstelle mit veränderter beruflicher Position oder den Wechsel des Wohnortes mit der Veränderung des sozialen Umfeldes (gehörte zum Beispiel jemand in einer Gemeinde zum Gemeinde- oder Ortschaftsrat und wechselt nun seinen Wohnort, so ver-
Familienidentität: Herkunftsfamilie Aktuelle familiäre Situation
Geschlechtsspezifische Identität: Körperidentität Sexuelle Identität
Weltanschauliche Identität: Fragen nach Ursprung, Sinn und Ziel
Rollenidentität: Identität in der sozialen Bezugsgruppe
Natürliche Identität
Individuelle Identität: Begabungen Charaktereigenschaften Persönlicher Stil
Kulturelle Identität: Gesellschaftliche Identität Nationale Identität
Skizze 1 7
TITELTHEMA
Geborgenheit Vertrauen/Liebe
Stillung innerer Bedürfnisse
Selbstwert Ziel Sinn
Sinnvolle Aufgabenfelder
Perspektiven Verantwortungsbewusstsein Beständigkeit Opferbereitschaft
Charaktereigenschaften, Tugenden
Durchsetzungsvermögen Skizze 2
liert er diese Position, was durchaus einen Einfluss auf sein inneres Empfinden, d. h. auf seine Identität haben kann), auch der Tod eines nahe stehenden und geliebten Menschen kann die Identität eines Menschen nachhaltig beeinflussen und verändern, aber auch in allen wichtigen und einschneidenden Lebensphasen entsteht eine Veränderung unserer Identität. Der Schüler hat eine andere Identität als der Student, der Student hat eine andere Identität als der Berufsanfänger, der Berufsanfänger hat eine andere Identität als der erfahrene und fortgeschrittene erfolgreiche Routinier, während dieser wiederum eine Veränderung seiner Identität dadurch erfährt, dass er vielleicht im Rahmen des Alterungsprozesses von seiner Position von Jüngeren verdrängt wird und sich auf eine andere Form des Daseins als Pensionär einstellen muss. Identität ist verschiedenen Wandlungen unterworfen, und es ist eine der Herausforderungen des Lebens, sich in seiner Identität jeweils so weiterzuentwickeln oder den Gegebenheiten anzupassen, dass man dabei glaubhaft und glaubwürdig bleibt. Die Entwicklung einer glaubwürdigen inneren Identität entscheidet darüber, ob der Lebensstil eines Menschen als authentisch empfunden wird, oder ob der Eindruck vorherrscht, eine unnatürliche Persönlichkeit mit aufgesetzten, nicht verinnerlichten Verhaltensweisen zu sein. Ein authentischer Lebensstil zeichnet sich durch Reifungsprozesse der Persönlichkeit aus, die vom Bewältigen von Krisen geprägt und begünstigt werden. Manche Menschen erleben es krisenhaft, wenn die Veränderung vom Teeny zum Erwachsenen sich vollzieht. Es ist ja auch ein gravierender Unterschied, ob man mit dem 8
Rucksack loszieht, um die Welt zu erobern, oder ob man als junger Vater oder junge Mutter einen Kinderwagen durch die Gegend schiebt, verbunden mit der Verantwortung für andere Menschen. Krisenhaft wird auch die so genannte Midlife-Crisis von vielen erlebt. Die Lebensmitte markiert für den Menschen in unserer heutigen Zeit einen entscheidenden Wendepunkt und ist ein Veränderungsprozess, der bewusst bewältigt werden muss. Unsere Zeit ist geprägt von dem Idol der ewigen Jugend. Jung sein wird mit gut, schön, leistungsfähig, alt sein wird mit schwach, rückständig, senil in Verbindung gebracht. Die Lebensmitte stellt die Wende von der positiv behafteten Jugend zum negativ behafteten Alter dar. Diese Veränderungen müssen bewältigt werden im Sinne einer Bejahung und nicht eines Verdrängungsprozesses. Ist es nicht so? Alle wollen alt werden, aber wer will schon gerne den Preis dafür bezahlen: Verlust der Schönheit, der Vitalität, der Dynamik, der geistigen und psychischen Flexibilität. Nur wer es schafft, diese sich ankündigenden scheinbaren Defizite zu bewältigen, im Sinne eines Reifungsprozesses zu bejahen, findet zur Reife und Weisheit des Alters und kann zum väterlichen Ratgeber für die jüngere Generation werden. Gelingt dies nicht, besteht die Gefahr, zum nörgelnden, die alten Zeiten verklärenden Greis zu werden, der von seiner Umgebung als Belastung empfunden wird. All dies sind Veränderungsprozesse, die im Rahmen einer positiven Identitätsentwicklung bewältigt werden müssen. Gelingt es nicht, eine der jeweiligen Situation adäquate Identität zu entwickeln, prägen sich Fehlentwicklungen bis hin zu der Gefahr einer psychischen Erkrankung aus. (Fortsetzung unter Therapiegrundlagen Seite 38) Weiterführende Inhalte in dem Buch „Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel“. SCM Hänssler, 2. Auflage 2009
ÜBER DEN AUTOR Winfried Hahn, ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern, Damaris und Daniel, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden, studierte Pädagogik und machte eine Ausbildung zum Christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Identität, Selbstbild und Lebensgestaltung Einführung in das individualpsychologische Persönlichkeitsprofil GPI © VON DR . MED. DORIS SCHNEIDER-BÜHLER
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nsere Persönlichkeit ist das von Gott geschaffene Design unseres Wesens, einzigartig, als „sehr gut“ bewertet. Dennoch stoßen wir mit unserem Persönlichkeitsstil immer wieder an unsere Grenzen, verletzen andere, werden selber verletzt, würden gerne anders sein und merken doch, dass wir weitgehend die bleiben, die wir sind. Und das ist gut so, denn Gott sprach „sehr gut“, als er uns erschaffen hat! Aber wir spüren auch, dass Veränderung sehr wohl nötig ist, dass manches noch lange nicht so ist, wie es sein sollte. Wie passt nun Gottes „sehr gut“ zu einer gewollten Persönlichkeitsentwicklung, einer Festigung und Klärung unseres Charakters?
Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie, bietet hier ein hilfreiches Instrument, um diesen vermeintlichen Widerspruch zu verstehen. Er beschreibt vier Grundrichtungen der Persönlichkeit, die wir alle mit unterschiedlichen Anteilen in uns tragen. Hinter jeder dieser Grundrichtungen stehen Grundüberzeugungen, Verhaltens- und Denkmuster. Jede dieser Grundrichtungen birgt Möglichkeiten, Stärken und Chancen, aber auch Schwächen und Stolpersteine. Unser Persönlichkeitsprofil setzt sich also aus unterschiedlichen Anteilen dieser vier Grundrichtungen zusammen. Das kennen wir auch aus anderen Persönlichkeitstypisierungen. Was diesen individualpsychologischen 9
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Ansatz aus meiner Sicht aber besonders auszeichnet, ist die positive, veränderungs- und ergebnisorientierte Betrachtungsweise. Es werden keine Gewinner und Verlierer erzeugt, sondern jeder ist – ganz im biblischen Sinne – so wie er ist sehr gut! Dennoch ist Veränderung gewollt und wird angestrebt. Aus individualpsychologischer Sicht kann jeder von uns seine Persönlichkeit „ermutigt“ oder „entmutigt“ leben. Dieses Konzept der Ermutigung spielt eine zentrale Rolle in der Individualpsychologie. Jeder von uns weiß, wie wertvoll es ist, von anderen ermutigt und wertgeschätzt zu werden. Und jeder kann sich wahrscheinlich an Situationen erinnern, wo er durch diese erfahrene Ermutigung über sich selber hinausgewachsen ist, sei es durch einen Chef, der uns Großes zutraute, einen Lehrer, der an uns glaubte oder einen Freund, der uns Mut zugesprochen hat. Aber auch das Gegenteil kennen wir. Gerade bei Kindern wird dies deutlich. Wenn wir einem Kind lange genug einreden, dass es ein Versager ist, wird es schließlich auch versagen, selbst wenn es vielleicht zu viel besseren Leistungen fähig wäre. Wir alle sind auf Ermutigung angewiesen. Ermutigung ist nicht einfach kritikloses Lob. Ermutigung sieht durchaus auch die Schwächen und Fehler. Ermutigung heißt, meinen Schwächen mutig ins Gesicht sehen, dann aber – ganz im Sinne des biblischen Gleichnisses von den Talenten – mit meinen Stärken zu wuchern, statt dauernd gegen meine Schwächen zu kämpfen. Wir alle können zu Ermutigern werden und anderen bewusst Mut machen. Der größte Ermutiger ist wohl Gott selber. Er liebt uns,
glaubt an uns und macht uns immer wieder Mut, egal wie sehr wir gerade versagt haben und unabhängig von unserer Leistung. Wir können aber auch lernen, uns selber zu ermutigen, indem wir unsere Gedanken bewusst auf Gottes Wahrheiten, statt auf zerstörerische und selbstabwertende Halbwahrheiten richten. Ermutigt leben heißt, ein starkes Selbstvertrauen aufzubauen! Selbstwertprobleme sind letztlich also immer ein Zeichen von „Entmutigung“. Auch unser Stresspegel hat einen großen Einfluss auf unser „Ermutigungs-Niveau“. Je höher der Stress, je mehr wir unter Druck geraten, desto mehr werden wir die „entmutigte“ Seite unserer Persönlichkeit leben. Nira Kefir, eine israelische Psychologin, hat in den 70er-Jahren aus Adlers Deutung der Persönlichkeit, ein Modell der „Grundrichtung der Persönlichkeit“ vorgestellt, welches von Theo Schoenacker, dem Gründer und Leiter des Adler-Dreikurs-Instituts, weiterentwickelt und systematisiert wurde. Das Verfahren „Grundrichtung der Persönlichkeit“ GPI© 1 wird heute mit Erfolg sowohl in der Einzel- und Paarberatung, aber auch im Teamcoaching oder Führungscoaching eingesetzt. Dieses Persönlichkeitsprofil hilft uns, uns selber besser zu verstehen, Stärken zu erkennen aber auch Schwächen zu identifizieren. Nachfolgend ist eine Kurzübersicht über die verschiedenen Grundrichtungen. Bitte behalten Sie beim Lesen dieser Übersicht im Hinterkopf, dass keiner von uns nur eine dieser Richtungen verkörpert. Alle tragen wir diese verschiedenen Grundrichtungen in uns, wohl aber in sehr unterschiedlichen Anteilen und Ausprägungen.
1. Der Geschäftige Visionär, schneller Entscheider und ständig auf Trab Der ermutigte Geschäftige ist aktiv und innovativ. Er hat Visionen und Ideen und möchte diese möglichst umgehend umsetzen. Er ist voller Tatkraft und stark leistungsorientiert. Ist er entmutigt oder unter Stress, wertet er andere ab und gibt ihnen das Gefühl, nicht zu genügen. Er ergreift dann die Flucht nach vorne und trifft womöglich auch unüberlegte Entscheidungen, ohne sich Gedanken über allfällige Folgen zu machen. Das innere Ziel des Geschäftigen heisst „Überlegenheit“. Er möchte auf jeden Fall gewinnen, der Beste und Größte sein. Durchschnittlichkeit oder gar Unterlegenheit sind für ihn kaum auszuhalten. Der reife Geschäftige hat gelernt, nicht nur auf seinen eigenen Erfolg, sondern auch auf soziale Gerechtigkeit zu achten. Und er hat gelernt, ab und zu auch zu entspannen und zu geniessen.
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Wer gerne mehr über dieses GPI-Persönlichkeitsprofil erfahren oder ein Profil erstellen lassen möchte, kann sich gerne an mich oder einen anderen Berater oder Coach wenden, der dieses Profil anwendet. Ab dem nächsten Ausbildungskurs für „christlich-integrative-Psychotherapie“, der vom de’ignis Institut angeboten wird und im Herbst 2011 beginnt, werden alle Ausbildungsteilnehmer die Möglichkeit haben, eine Lizenz für dieses GPI-Persönlichkeitsprofil zu erlangen.
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
2. Der Konsequente Strukturiert, geradlinig und mag kkeine Überraschungen Der ermutigte Konsequente ist zuverlässig und produktiv, er kann gut strukturieren und planen und hat ein gutes Gefühl für Zeit. Er ist gradlinig und hat ein Auge für Details. Ist er entmutigt oder unter Druck, engt er andere durch Vorschriften ein und wird kontrollierend. Das innere Ziel des Konsequenten ist „Sicherheit“. Durch Ordnung und Kontrolle möchte er sich vor Unvorhergesehenem schützen. Der reife Konsequente hat gelernt, dass nicht alles perfekt sein muss, dass manches auch ganz anders gesehen werden kann und ist dadurch flexibler geworden.
3. Der Freundliche Kontaktfreudig und offen, kann schlecht nein sagen Der ermutigte Freundliche ist tolerant und findet leicht Kontakt zu anderen. Er kann Frieden stiften, harmonisieren und erfüllt die Erwartungen der anderen. Ist er entmutigt oder unter Druck versucht er, es allen recht zu machen, kann kaum „nein“ sagen und stellt seine eigene Meinung hinten an. Das innere Ziel des Freundlichen heisst: „Gefallenwollen“. Das Gefühl unerwünscht zu sein oder abgelehnt zu werden ist für ihn unerträglich. Dadurch gerät er in Gefahr, ausgenutzt zu werden oder Kompromisse einzugehen, hinter denen er eigentlich nicht stehen kann. Der reife Freundliche hat gelernt, dass er nicht allen Erwartungen zu entsprechen braucht und dass er auch „nein“ sagen darf. Er hat sich zu jemandem entwickelt, der seine eigene Meinung kennt und dazu steht.
4. Der Gemütliche Diplomat und Geniesser, er will nicht gedrängt werden Der ermutigte Gemütliche ist tolerant und diplomatisch. Er wirkt ausgleichend und kann gut delegieren. Er vermittelt Ruhe und Ausgeglichenheit und kann dadurch dazu beitragen, den Stress unserer Zeit etwas auszugleichen. Er kann die schönen Seiten des Lebens geniessen und verbreitet eine gute Atmosphäre. Ist er entmutigt oder unter Druck und Stress, zieht sich der Gemütliche zurück, drückt sich vor Verantwortung und will in Ruhe gelassen werden. Er gibt sich dann zu schnell mit sich zufrieden und sucht eher die kurzfristige Befriedigung. Das kann dazu führen, dass er weit weniger erreicht, als er eigentlich könnte. Das innere Ziel des Gemütlichen heisst „Bequemlichkeit“. Er will es angenehm haben und zu nichts gedrängt werden. Der reife Gemütliche hat gelernt, aus dem „ich sollte“ ein „ich will“ zu machen und so aus dem inneren Druck in die Freiheit zu gelangen. Er hat in unserer oft hektischen und stark leistungsorientierten Gesellschaft viel zu geben.
Fotos: 1723615 /zoonar.de, 1278979 /zoonar.de, Sven Hoffmann/fotolia.de, Helix/fotolia.de, Dundersztyc/fotolia.de
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Jeder dieser Persönlichkeitsstile hat nun eigene Lebensaufgaben zu lösen, eine Richtung, in die er sich entwickeln soll. So kann die Beschäftigung mit meinen Grundrichtungen mir helfen zu sehen, welche Gaben und Stärken hinter meinen Schwächen stecken und welches die Richtung sein könnte, in die ich mich weiterentwickeln darf und soll. Dieses Persönlichkeitsprofil bietet also viele Chancen, meine Stärken, Denkmuster und Verhaltensweisen besser kennen zu lernen. Es hilft mir aber auch besser zu verstehen, warum ich mit manchen Menschen gut zusammenarbeiten kann, es mir mit anderen aber eher schwer fällt. Und letztlich hilft es mir, meine Mitmenschen besser zu verstehen, wenn ich zunehmend erkenne, was deren Grundrichtung ist und warum sie genau so denken, handeln und so sind, wie sie sind. Aus einer christlichen Perspektive könnte man auch sagen: die ermutigte Seite ist das, was Gottes Absicht war als er uns schuf, das, was er als „sehr gut“ bezeichnet hat! Die entmutigte Seite stellt dann das dar, was wir als „gefallene Schöpfung“ bezeichnen würden, ein Zerrbild dessen, was Gott schuf – aber dennoch auch ein Hinweis darauf, was an Gutem in uns angelegt ist. Wir dürfen also ganz zu unserem PersönlichkeitsDesign stehen! Und wir dürfen lernen, immer mehr Gottes Sicht von uns, die ermutigte Seite unserer Persönlichkeit, zu sehen und zu leben! Und wir können lernen, auch in anderen – trotz negativer Verhaltensweisen – die positive, ermutigte Seite ihrer Grundrichtung zu erkennen. 12
Unser Persönlichkeitsprofil ist also genau das, wozu Gott „sehr gut“ gesagt hat! Genau so sollen wir sein! Genau dieses Profil brauchen wir an dem Platz, an den Gott uns gestellt hat! Die Art, wie wir unser Leben gestalten, ist sehr unterschiedlich, auch das ist gut so! Was wir lernen dürfen ist, immer mehr die ermutigte positive Seite unserer Persönlichkeit zu leben. Das gelingt uns, wenn wir uns ermutigen lassen, von Gott, von anderen und nicht zuletzt durch uns selber.“
ÜBER DIE AUTORIN Dr. med. Doris Schneider-Bühler ist Referentin, Coach & Therapeutin (de’ignis). Coaching- und Beratungspraxis in Gailingen. Schulungen und Seminare in Deutschland und der Schweiz. mail@cbs-praxis.com www.cbs-praxis.com
James Woodson/thinkstockphotos.de
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Identitätsentwicklung bei Jugendlichen Eine sehr persönliche Sichtweise auf Eriksons Modell der Persönlichkeitsentwicklung VON DANIEL HAHN
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ein Name ist Daniel Hahn und ich wuchs als Sohn des Heimleiters Winfried Hahn im de’ignis-Wohnheim in Engelswies auf. Es handelt sich dabei um ein Heim für psychisch erkrankte Menschen. Anfangs beherbergten meine Eltern sieben Menschen mit psychischen Problemen in ihrem eigenen Wohnhaus. Zu dieser Zeit war mein Vater hauptberuflich als Pastor in mehreren Gemeinden tätig. Die Menschen lebten quasi mit in unserer Familie. Meine Mutter kochte jeden Tag für alle, man saß gemeinsam an einem Tisch und gestaltete den Alltag. Abends haben uns die Heimbewohner aus Kinderbüchern vorgelesen und passten auf uns auf. Nicht selten wurde meine Mutter nicht nur von meiner Schwester und mir „Mama“ genannt, sondern auch von den Heimbewohnern. Als mein Vater dann den Auftrag von Gott für sich verspürte,
für mehr Menschen da zu sein und ein Wohnheim zu gründen, fragte uns die de’ignis-Fachklinik, ob wir eine Partnerschaft mit ihnen eingehen würden. Meine Eltern willigten ein. Nachdem die Umbau- und Ausbaumaßnahmen beendet waren, zogen ca. 25 Menschen bei uns ein. Die Krankheitsbilder waren bunt gemischt. Es wohnen und leben dort bis heute unter anderem Menschen mit Depressionen, Essstörungen, Borderlinesyndromen, zwanghaftem Verhalten, Psychotiker und Schizophrene. In der Gründungszeit war ich neun Jahre alt. Wir wohnten als Familie in einer separaten Wohnung innerhalb des Wohnheimes und hatten so einen Rückzugsraum. Trotzdem war die Tür stets offen. Durch Not- bzw. Eskalationssituationen, die ich oft miterlebte, kam ich an Grenzen, die es mir nicht erlaubten, verschiedene Situationen und Verhaltensweisen der Heimbewohner zu verstehen und für mich einzuordnen.
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Yuri Arcurs/fotolia.de
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Deshalb pflegte mein Vater durch meine ganze Kindheit hindurch eine wichtige Tradition. Jeden Monat nahm er sich Zeit, um mit mir gemeinsam in ein Restaurant zu fahren. Er half mir, das täglich Erlebte besser zu verarbeiten. In dieser Zeit erklärte er mir verschiedenste Krankheitsbilder und Zusammenhänge, die es mir immer ermöglichten, Prozesse, Situationen und Problematiken in ihrer Gesamtheit zu erfassen und nachvollziehen zu können. Trotz dieser, für mich sehr wichtigen Erklärungen meines Vaters, wurden in mir die Fragen immer lauter, vor allem: Warum können solche manifeste psychische Erkrankungen im Detail entstehen? Was kann ich tun, damit diese Not nicht zu einer psychischen Erkrankung wird? Ich habe mich im Laufe meines jungen Lebens intensiv mit chronifiziert psychisch kranken Menschen beschäftigt und habe viele Gespräche geführt. All diese leidenden Menschen verbindet eines: Jeder berichtet von seiner Kindheit, seiner Familie und wie er aufgewachsen ist. Was dann schließlich aus dem Erwachsenenalter beschrieben und berichtet wird, sind meiner Ansicht nach lediglich die Auswirkungen dessen, was den Menschen in der Kindheit widerfahren ist. Das führt mich zu dem Ergebnis, dass der Ursprung psychischer Erkrankungen durch Defizite in der Entwicklung entstehen. Aus dieser Erkenntnis ergab sich für mich mehr und mehr der Herzenswunsch und Auftrag von Gott, Men14
schen frühzeitig zu helfen, so dass Defizite in der Entwicklung nicht zwangsläufig in einer psychischen Erkrankung enden und den Betroffenen somit nachhaltig geholfen werden kann. So erlernte ich in meiner Erstausbildung den Beruf des Heim- und Jugenderziehers. Ich absolvierte meine Ausbildung in einem Kinderheim und arbeitete dort sieben Jahre lang auf einer stationären Wohngruppe mit acht Kids im Alter zwischen 12 und 18 Jahren. Ich durfte in dieser Zeit viele Jugendliche kennenlernen, die es mir erlaubten, Einblicke in ihr bisheriges Leben zu bekommen. Es war erschreckend für mich zu sehen, wie diese jungen Menschen nach Identität ringen und alles versuchen, ihren Platz in der Gesellschaft für sich zu finden. Liebe, Geborgenheit, Zuwendung oder Vertrauen sind Gefühle, die den meisten dieser Kids fremd sind. Trotzdem schreit ihre Seele danach. Um dies verstehen zu können, wage ich einen kleinen fachlichen Exkurs und gebe einen kurzen Einblick in das Wesen der Identitätsentwicklung. Das Wort Identität wird als Synonym dafür gebraucht, die Individualität und Einzigartigkeit eines Jeden zu beschreiben. Jeder Mensch definiert sich als ein einzigartiges Wesen. Ähnlichkeiten bestehen und doch bleibt man ein Unikat. Psychologische Standards zu definieren, die für das Wesen Mensch allgemeine Gültigkeit besitzen, ist unmöglich.
Es geht um die Fragen: „Wer bin ich und was macht mich aus? Wo ist mein Platz in der Gesellschaft ? Bin ich der, für den mich die anderen halten?…“ Identität kann nur in der Beziehung und der Kommunikation mit anderen Menschen entstehen. Es geht darum, sich zu vergleichen und zu messen, um heraus zu finden, wer man selbst ist. Ein neugeborenes Kind ist wie ein ungeschliffener Diamant, das selbst erst einmal keinen Einfluss und keine Möglichkeit hat, sich zu veredeln und zu dem zu werden, was seine Bestimmung ist. Für mich steht es außer Frage, dass der Mensch viele gute Anlagen und Absichten hat und nur darauf wartet, Erfahrungen zu sammeln und zu reifen, um so Identität zu erlangen. Eine gesunde Identität kann sich nur dann entwickeln, wenn das Kind die Möglichkeit hat, durch alle Entwicklungsphasen hindurch Identifikationsfiguren (Eltern, Großeltern, Geschwister und Familie) zu haben, die sich ihres Handelns bewusst sind und dies aus Liebe tun. Zur weiteren Erklärung bediene ich mich der „acht Phasen der Entwicklung“ nach Erikson. Jede dieser Entwicklungsstufen beinhaltet signifikante Aspekte. Ohne die Erfüllung dieser, ist eine gesunde Identitätsentwicklung nicht oder nur eingeschränkt möglich. Vor allem die ersten fünf Phasen spielen für uns eine übergeordnete Rolle.
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Acht Phasen der Entwicklung nach Erikson
1.
1. Lebensjahr – entsprechend den Umweltbedingungen lernt das Kind seiUrvertrauen ner Umgebung zu vertrauen oder zu versus Urmisstrauen misstrauen (die Phase entspricht der oralen Phase nach Freud). Vertrauen kann sich bei dem Mensch nur dann entwickeln, wenn er sich sicher fühlt. Jeder Mensch braucht die Gewissheit, sich in einem Sicherheitssystem zu befinden, das zu jeder Zeit und in jeder Situation Rückhalt und Zuflucht bietet. Ein Sicherheitssystem festigt sich durch Kontinuität und Stabilität.
2.
2. – 3. Lebensjahr – durch die Möglichkeit die Umwelt unabhängig zu Autonomie versus Scham erforschen, kommt es zur Autonomie. Bei übermäßiger Kritik oder Unterund Zweifel drückung der kindlichen Neugier, zu Scham und Zweifel (entspricht der analen Phase nach Freud). Jedes Kind muss Erfahrungsräume bekommen, um seine Erlebenswelt autonom erforschen zu können. Schon in diesem Alter muss das Kind spüren, dass ihm Vertrauen geschenkt, ihm etwas zugetraut wird. Zugleich muss es die Gewissheit haben, bei Misserfolgen nicht negativ kritisiert oder unterdrückt zu werden.
In dieser Zeit ist es zentral wichtig, den Kindern Erfahrungsräume zu ermöglichen, in denen sie mit Gleichaltrigen in Kontakt kommen. Es geht darum sich zu vergleichen und zu messen. Ein Kind kann seine Rolle nur finden, indem es durch den Kontakt mit anderen und deren Andersartigkeiten entdeckt und dadurch lernt, wo es selbst steht.
5.
12. – 18. Lebensjahr – der Jugendliche entwickelt seine eigene Identität, seine Identität versus Rollen- eigenen Ziele oder es entwickeln sich bei ihm negative Weltbilder mit Roldiffusion lendiffusion, z. B. Drogenabhängigkeit oder Kriminalität (nach Freud beginnt hier die genitale Phase). Ab dieser Phase werden die Auswirkungen der Phasen zuvor sichtbar. Der Jugendliche geht langsam in die Adoleszensphase (Pubertät) über. In diesem Alter ist es grundsätzlich noch möglich, Verletzungen und Enttäuschungen aufzuarbeiten und Vertrauensverlust und Unsicherheiten zu kompensieren. In diesem Alter ist aber auch schon defizitäres Verhalten beobachtbar. Erste psychisch manifeste Problemlagen werden nun sichtbar.
6.
3.
4. – 5. Lebensjahr – abhängig von Erziehungs- und Umweltbedingungen Initiative entsteht Initiative oder Schuldgefühl versus Schuldgefühl (entspricht der phallischen Phase nach Freud). Ein Kind sieht in seinen Eltern den Inbegriff der Perfektion. Anhand ihres Verhaltens orientiert sich das Kind. Wenn es dann ständiger Kritik und Ablehnung ausgesetzt ist, mündet das zwangsläufig in Schuldgefühlen und damit verbundener Unsicherheit.
Intimität versus Isolation
7.
Mittleres Erwachsenenalter – Familie, Beruf und gesellschaftliche InterZeugende Fähigkeit versus essen können im Mittelpunkt stehen oder es kommt zur Stagnation. Stagnation
8.
4.
6. – 11. Lebensjahr – von Bedeutung sind nun auch Schule und GleichaltInitiative rige. Bei Unterdrückung der Aktiviversus täten kommt es zu MinderwertigkeitsSchuldgefühl gefühlen (entspricht der Latenzzeit von Freud). 16
Frühes Erwachsenenalter – es entstehen emotionale, sexuelle oder moralische Bindungen an andere Personen oder aber Isolation und Einsamkeit.
Das hohe Alter – entweder beschließt der alte Mensch sein Leben mit ZuIntegrität friedenheit und positiver Rückschau versus Verzweiflung oder er reagiert mit Verzweiflung, da er seine Ziele im Leben nicht erreichen konnte.
Mella/photocase.com
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Damit beende ich den kurzen fachlichen Exkurs. Ich bin der Meinung, dass in den ersten fünf Phasen der Entwicklung nach Erikson, der Grundstock für die Identität gelegt wird. Es ist hier von großer Bedeutung, sich als Teil der Gesellschaft und als Identifikationsfigur, seiner Verantwortung stets bewusst zu sein. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Wandel, der sich sehr schnell vollzieht. In Zeiten der Globalisierung und dem selbstverständlichen Anspruch nach Flexibilität und Mobilität jedes einzelnen, findet eine Verschiebung und neue Priorisierung des Wertesystems statt. Ein Kind, das in der heutigen Zeit aufwächst, ist mit Herausforderungen konfrontiert, die in dieser Intensität früher kaum vorhanden waren. An dieser Stelle will ich den Begriff von Heimat anbringen. Wie oben beschrieben, braucht jeder Mensch, um seine Identität zu entwickeln, einen Ort, an dem er sich sicher und geborgen fühlt. Durch die geforderte hohe Flexibilität und Mobilität haben unsere Kinder um ein vielfaches weniger Zeit, erwachsen zu werden und sich von ihrem Zuhause zu lösen. Viel schneller sind sie mit Themen wie Einsamkeit, Selbstständigkeit, Orientierungslosigkeit und großem Leistungsdruck konfrontiert. Ich sehe meine Hauptaufgabe in meinem täglichen pädagogischen Wirken darin, Stabilität und Sicherheit für die Kinder und Jugendlichen zu geben, um ein Stück Heimat zu schaffen. In diesem für sie geschützten Raum, ist es mir ein Anliegen, diese für mich sehr fragwürdige
und gefährliche Werteverschiebung zu unterbrechen und den Kids Zeit zu schenken, um nachzureifen und sich selbst zu entdecken. Die Aufgabe für uns Pädagogen oder Therapeuten sollte darin liegen, sich stets damit zu beschäftigen, durch vielfältige Methoden, Schlüssel zu finden. Schlüssel zu den Herzen unserer Kinder und Jugendlichen. Wenn sie spüren, da ist jemand, der es gut mit ihnen meint, der um sie und ihre Person kämpft und für sie einsteht, werden sie sich öffnen und wir können gemeinsam mit Gottes Hilfe Wege finden und Perspektiven erarbeiten, um ihre Not zu lindern und ihnen ein Leben zu ermöglichen, das auf die Werte aufbaut, die Sicherheit und Halt geben.
ÜBER DEN AUTOR Daniel Hahn, 28 Jahre, verheiratet mit Yvonne, Sozialwirt, Erlebnispädagoge, Erziehungsleiter im Erzbischöflichen Kinder- und Jugendheim Haus Nazareth in Sigmaringen.
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ULTRA F/thinkstockphotos.de
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Amatus sum, ergo sum! Das Wissen um die grenzenlose Liebe Gottes als Universalschlüssel zur eigenen Identität VON THOMAS MARIA RENZ, WEIHBISCHOF.
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err, ich nehme nun alles freudig an aus Deiner Hand: alle Traurigkeit, Leiden, Ängste, ja sogar den Tod. Ich bin glücklich in dieser Zelle, wo auf der vermoderten Strohmatte weiße Pilze wachsen, denn Du bist bei mir, denn Du willst, dass ich hier mit Dir lebe. Ich habe viel im Leben geredet, jetzt spreche ich nicht mehr. Jetzt magst Du zu mir sprechen, o mein Jesus. Du sprichst nicht von meinen Leiden und Ängsten. Du sprichst von Deinen Plänen und meiner Sendung. Also singe ich Deine Barmherzigkeit in meiner Dunkelheit, in meiner Schwäche, in meiner Ohnmacht. Ich nehme mein Kreuz auf die Schulter und errichte es mit meinen Händen in meinem Herzen. Dieses Gebet schrieb der vietnamesische Gefangene Franz Xaver Nguyên van Thuân am 7. Oktober 1976 in seiner Einzelzelle auf ein Kalenderblatt. Der damals 18
48-jährige katholische Bischof von Nhatrang wurde sofort nach der kommunistischen Machtübernahme 1975 verhaftet und verbrachte 13 Jahre in einem Umerziehungslager, davon 9 Jahre in Isolationshaft, die ihn zermürben sollten. Als er endlich wieder frei kam, sprach er zur Überraschung vieler nicht über seine Leidenszeit, sondern gab freudestrahlend Zeugnis von der Liebe Gottes und seiner grenzenlosen Barmherzigkeit. Das Beispiel von Nguyên van Thuân macht deutlich, dass es ein tiefes, inneres Wissen um die Liebe Gottes gibt, das auch durch die jahrelange, zermürbende Erfahrung seines Gegenteils nicht verloren gehen muss. „Wie soll ich an die Liebe Gottes glauben, wenn ich sie gar nie erfahre?“ so fragen sich wohl manche. Sie setzen allein auf das subjektiv, emotional Erfahrbare: wirklich ist für sie nur, was sie auch tatsächlich erfahren haben. Aber nicht nur das
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Erfahrbare ist real, sondern auch das Gewusste! Wissen und Erfahrung müssen keine Gegensätze sein, sondern sie können und dürfen sich gegenseitig ergänzen und stützen. Wer zum Beispiel in einer Ehe allein auf die Erfahrbarkeit der Liebe des anderen setzt, wird spätestens dann an dieser Liebe zu zweifeln beginnen, wenn deren subjektive Erfahrbarkeit einmal partiell oder dauerhaft ausfällt. Bei seiner Kreuzigung hat Jesus von der Liebe des Vaters nicht mehr viel verspürt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Weil er aber am Wissen um diese Liebe des Vaters festgehalten hat, war er auch fähig zur Lebenshingabe: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23,46). So wichtig es für jeden Liebenden ist, um die Liebe des Geliebten nicht nur theoretisch zu wissen, sondern sie auch immer wieder praktisch zu erfahren, so gilt dennoch: das Wissen um die Liebe ist wichtiger als ihre Erfahrung, weil das Wissen auch dann bleibt, wenn die Erfahrung einmal ausbleibt. Diese Unterscheidung ist vor allem hinsichtlich der Liebe Gottes wichtig, insofern sie für den gläubigen Menschen identitätsstiftend ist. Die Zusage Gottes, „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt“ ( Jer 31,3), gilt immer, grundsätzlich und ewig und sie gilt für jeden Menschen, unabhängig ob er davon etwas emotional spürt oder nicht. Das kann und darf ich wissen, auch wenn ich kaum etwas von dieser Liebe erfahre. Ich kann und darf es sogar mit Gewissheit wissen, weil der nicht lügen kann, der mir das sagt. Er kann nicht lügen, weil er die Wahrheit selbst ist! So wunderschön es ist, wenn ein Mensch die Liebe Gottes erfahren darf, so wenig ist diese Erfahrung notwendig dafür, dass er an sie glauben kann. Nachdem sich der Auferstandene vom Zweifler Thomas hat berühren lassen, sagt er zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ ( Joh 20,29). Selig sind, die von der Gegenwart des liebenden Gottes nichts spüren, nichts erfahren, nichts merken – und doch an sie glauben!
Dieser Glaube an die grund-, grenzen- und bedingungslose Liebe Gottes zu uns Menschen, der erfahrungsunabhängig zum Glaubens-Wissen wird, ist für Christen identitätsstiftend. Weil der Mensch als Abbild des lebendigen Gottes erschaffen ist (vgl. Gen 1,27), spiegelt jeder Mensch etwas wider von der Fülle, Schönheit, Güte, Liebe oder Barmherzigkeit Gottes: „Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn“ (2 Kor 3,18). Das Wissen um die Gottebenbildlichkeit des Menschen ist wie ein Türschloss und das Wissen um die Liebe Gottes wie der passende Schlüssel dazu. Wer mit dem Schlüssel „Gottesliebe“ das Schloss „Gottebenbildlichkeit“ öffnet, der wird hineinfinden in seine Identität als Christ, als Kind Gottes, als von Gott Erwählter und Geliebter. Dann kann ihm dieses Wissen auch zu einer tiefen Erfahrung werden: Amatus sum, ergo sum! Ich bin geliebt, also bin ich!
ÜBER DEN AUTOR Thomas Maria Renz ist Weihbischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Renz wurde 1984 in Rom für die Diözese RottenburgStuttgart zum Priester geweiht. Am 29. April 1997 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Rucuma und zum Weihbischof in Rottenburg-Stuttgart. Er war bis zu seiner Ernennung zum Weihbischof 1997 in Bad Saulgau tätig. Mit 39 Jahren war er das jüngste Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz. Auf Grund seiner unkomplizierten Art gilt er als Bischof der Jugend. Er ist als Leiter der Hauptabteilung Jugend des Bischöflichen Ordinariats in Rottenburg Vorstand der Jugendstiftung just. Seit 2005 ist Renz Familiare im Deutschen Orden.
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Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
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Joh. 15,5
„Ich bin es, du bist es ...“ Neue Identität in Christus Die Wahrheit entdecken Es tut gut, in einer Therapie oder Seelsorge über persönliche, vielleicht auch schmerzhafte Lebenserfahrungen sprechen zu können und sie mit jemandem zu teilen. Dies führt oft zu einer ersten spürbaren Erleichterung, denn zu sehr haben möglicherweise negative Erlebnisse und dazu gehörende Sichtweisen das eigene Leben bestimmt und festgelegt. Was wir uns manchmal nicht so bewusst machen ist, dass alles, was wir in dieser Weise sagen, weitergeben, ja sogar denken wie ein persönliches Bekenntnis ist. Es ist das, was mein Herz erfüllt, was mich beschäftigt. Man könnte auch sagen, dass ich genau diesen Dingen erlaube, mich zu leben. Und gerade wenn es mich drängt, etwas ständig zu wiederholen, hat es oft mehr Macht über mich gewonnen, wie mir lieb ist. Obwohl ich vielleicht die Illusion dabei hatte, alles im Griff zu haben. Eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus kann mir helfen, nicht dabei stehen bleiben zu müssen, Negatives und Verletzendes endlos wiederkehrend zu erörtern. Sie kann mir vielmehr den Spielraum eröffnen, mir ganz bewusst die Frage zu stellen: Wer oder was soll mein Leben ausfüllen? Mit wem oder was möchte ich mich verbinden? Worauf bin ich ausgerichtet? Dabei geht es letztlich auch 20
VON ARND KISCHKEL
um die Frage, was ich glaube und wo ich Hilfe und neue Kraft suche? In Lukas 12,8 + 9 sagt Jesus: „Ich sage euch aber: wer mich bekennt vor den Menschen, den wird auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes.“
Zur Quelle kommen Wenn wir Jesus Christus bekennen, sprechen wir nicht von bestimmten religiösen Erfahrungen. Wir bekennen vielmehr den, der zu unserem Leben geworden ist. Wir stellen uns zu dem, der gesagt hat, „siehe ich mache alles neu“ (Offb. 21,5). Ein biblisches Bild vergleicht diese Beziehung mit einer Rebe, die mit dem Weinstock organisch verbunden wurde ( Joh. 15,5). Dadurch ist das Gute, das in Christus ist, auch mir allezeit gegeben. Durch Gottes Geist fließt es in mir wie eine Quelle. Diese möchte zu jeder Zeit wirksam werden, hervorkommen und etwas bewegen. Durch mein Vertrauen wird sie aktiviert. Die Wahrheit des Evangeliums beginnt dann, meine Gedanken und meine Gefühlswelt zu heilen und auch der sterbliche Körper empfängt neue Kraft (Röm 8,11).
WARUM BIN ICH ICH? SUCHE NACH IDENTITÄT UND IHREN WURZELN
Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden! 2. Kor. 5,17
Christlicher Glaube ereignet sich somit von innen nach außen. Im Herzen, d. h. im Geist, bin ich verbunden mit der Fülle des himmlischen Vaters. Dem Machtbereich des Bösen und der Finsternis wurde ich von Gott her bereits entrissen und versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes (Kol. 1,13). Das Wort Gottes nennt mich einen Hausgenossen Gottes, der zu seinem Vater freien Zutritt hat (Eph. 2,19). Und dort muss ich nicht wie ein Bettler erscheinen, sondern in Epheser 1,3 heißt es: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus.“ Das verleiht mir aus Glauben eine neue Identität. Ich bin kein Negativer, auch kein Armer, kein Verlierer, kein Minderwertiger oder Benachteiligter mehr. Das bin ich nicht. Meine alte Natur, die von Versagen und negativen äußeren Erfahrungen geprägt wurde, will mir das oft noch weismachen. Aber diese alte Natur wurde am Kreuz auf Jesus gelegt und überwunden.
Den eigenen Stand einnehmen Im Erlösungswerk machte Gott den durch Schuld von ihm getrennten Menschen mit sich selbst eins und machte aus ihm eine neue Schöpfung (2. Kor. 5,17). Diese bekam Anteil an seinem Wesen, an der Gerechtigkeit Gottes. Dies ist nun der Kern einer erneuerten Identität. Könnte es im Anschluss daran sein, dass ich einfach nur das bin, was Gott über mich sagt? Könnte es sein, dass ich mich dem manchmal regelrecht ergeben muss? Und könnte es sein, dass Gott wirklich nur gut ist, das Gute für mich möchte und es mir in seinem Sohn schon geschenkt hat? Auch wenn mein eigentlicher Stand von Gott her geheiligt wurde, kann der von der äußeren Lebensgeschichte geprägte Verstand eines Christen noch von Unwahrheiten bestimmt sein und seine Seele von krankmachenden Gefühlen geplagt werden. Aber gerade deshalb kann er sich nun im Glauben mit der Wahrheit verbinden und sich mit Hilfe des Heiligen Geistes von der Lüge distanzieren. Auch therapeutische Bemühungen möchten zur Distanzierung gegenüber irrationalen, z. B. zwanghaften Gedanken verhelfen. Epheser 1,5 spricht davon, dass wir vorherbestimmt sind zur Sohnschaft. Söhne und Töchter haben ein Bewusstsein von ihrer Familienzugehörigkeit, von ihrem Vater. Sie wissen, was ihnen gehört und was nicht, sie sagen es. Und so wissen wir auch, dass das, was von unse-
rem himmlischen Vater kommt, stärker ist als das, was in der Welt ist (1. Joh. 4,4). Wir wissen auch, dass das Licht stärker ist als die Finsternis. Der Segen ist stärker als der Fluch. Das Gute, das Positive des Evangeliums hat eine Verdrängungskraft gegenüber dem Negativen. Die Liebe Gottes treibt die Furcht vor Strafe aus. Deshalb haben wir auch den Glauben und die Erwartung, dass wenn wir diesen mächtigen Segensstrom Gottes dankbar annehmen, der uns gegeben ist, es uns verändert, freisetzt und in Bewegung bringt. Gott ist jemand, der uns weiterführt, bei dem es keinen Stillstand gibt. Gott warnt allerdings vor einem Irrweg: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren (Mt. 15,8 + 9)“. Menschengebote, also Appelle, Regeln, was ich alles tun soll, können mein Herz verschließen, hart machen. Ich kann auch auf andere ständig einwirken dass sie anders sein sollten. Aber das wird nur dazu führen, dass sie eine Mauer um sich bauen und nichts mehr an sich heranlassen. Gott hat alles dafür getan, dass wir ihm gegenüber offen wie ein Schwamm sein können. Wir müssen nicht mehr aus uns selbst heraus leben, sondern dürfen aus unserer neuen Mitte, aus Jesus Christus heraus leben. Insofern gibt es nichts Schöneres wie die Gegenwart unseres Vaters. Dort ist echte Freude, Begeisterung, Dankbarkeit, auch Ausgelassenheit angesagt. Im Glauben feiern wir den Segen und das Leben Gottes, das uns geschenkt ist. Wir entdecken gemeinsam die Fülle, die uns gegeben ist. Dadurch werden wir immer freier, unbekümmerter und mutiger. Im Alltag werden wir zu Kanälen, durch die auch andere etwas Gutes abbekommen. Es ist wie bei einem Schwimmkurs. Man lernt loszulassen und hinein zu tauchen in den Strom des Lebens. Wir sind die Gesegneten und Geliebten des Vaters. Ich bin es, du bist es ... .
ÜBER DEN AUTOR Arnd Kischkel ist Arzt und „Christlichintegrativer Therapeut“ (de’ignis). Er arbeitet als Assistenzarzt an der de’ignis-Fachklinik.
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Kirchenfunktionär oder Freund Gottes – woraus ziehen wir unsere Identität VON HEINRICH HOFMANN
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as muss schön sein, wenn man so viel Zeit hat zum Bibellesen und zum Gespräch mit Jesus – bekomme ich manchmal zu hören. Zugegeben, Menschen im vollzeitlichen Dienst haben den Vorteil, dass sich nicht nur „privat“ mit der Bibel und mit Jesus beschäftigen, sondern dass dies zu ihrem Beruf gehört. Wenn ich aber beginne, die Bibel fast nur noch beruflich zu lesen, weil ich eine Predigt, Bibelarbeit oder Andacht vorzubereiten muss oder sich mein Umgang mit Jesus auf das Beten im Gottesdienst beschränkt, habe ich ein Problem. Jesus zu folgen ist ein gewaltiges Abenteuer. Jesus wurde nicht nur Mensch, um uns zu erlösen damit wir eines Tages in den Himmel kommen. Jesus ist gekommen, um uns zu zeigen, wie ein Leben aussieht, das aus der Beziehung zum himmlischen Vater gestaltet wird. Die Zeit mit seinem himmlischen Vater hatte für Jesus absolute Priorität. Regelmäßig hat sich Jesus in die Stille zurückgezogen. So groß menschliche Not und Elend auch waren, die Zeit für die innige Beziehung mit seinem Vater durfte nicht darunter leiden. Gott will nicht zuerst, dass wir etwas für ihn tun, sondern er will vor allem eine Herzensbeziehung zu uns. Brent Curtis und John Eldredge treffen den Nagel auf den Kopf, wenn sie sagen: „ ... vor allem anderen ist das christ22
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liche Leben eine Liebesaffäre des Herzens“.1 Gott hat uns als Gegenüber geschaffen. Von Mose wird uns berichtet: „Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet.“ (2. Mose 33,11). Dies soll jedoch kein Privileg für Mose allein sein. Gott will mit uns auf Du sein mit Ihnen und mir. Wenn Gott nur Diener wollte, die seine Befehle ausführen, dann wäre er mit seinen Engeln sicher besser dran. Gott wirbt um unser Herz. Immer wieder gebraucht die Bibel daher Bilder, die Intimität ausdrücken, Bilder von Liebe, Ehe und Freundschaft. So wie eine Ehe Intimität braucht, Zeit zum Gespräch, Zeit für die Herzensbeziehung, wo es nicht nur um die Organisierung des Alltags geht, brauchen wir diesen Raum für die persönliche Begegnung mit Gott. Sonst geht das Abenteuer verloren und unser Christsein verkommt zu Routine und Pflichterfüllung und zum Führwahrhalten von Glaubenssätzen. Dann wären wirklich Jesusfunktionäre, Mandatsträger, bezahlte oder unbezahlte Beauftragte (Funktionär kommt vom Lateinischen fungi, „verrichten“, „besorgen“, „(ein Amt) verwalten“)2, die ihren Auftrag ausführen und ständig danach schielen, wann sie endlich genug getan haben.
Brent Curtis / John Eldredge, Ganz leise wirbst Du um mein Herz. Wie Gott unsere Sehnsucht stillt. Gießen (Brunnen Verlag), 2002, S. 20. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Funktionär, Zugriff am 16.04.2011. Beeinflusst bin ich hier von Gary Chapmans 5 Sprachen der Liebe, die zum großen Teil ähnlich sind.
Wie kann es gelingen, so eine Freundschaft mit Gott zu leben? Fünf Punkte möchte ich nennen3:
Glaube, der vom
1.
man sich Freundschaft gelingt, wenn . für den anderen Zeit nimmt
er den r dann möglich, wenn ein Tiefe Freundschaft ist nu Unterört der Austausch und anderen kennt. Dazu geh dem andenur darum geht, Zeit mit es en den bei , gen un hm ne end, was ist es gar nicht so entscheid ren zu verbringen. Dann möchte Ich r, dass der andere spürt: man dabei tut, sondern nu h Zeit fac r zusammen sein, Dir ein jetzt gar nichts als mit Di wir uns ich schätzen die Zeiten, wo schenken. Meine Frau und en, um gegute Viertelstunde nehm im Laufe des Tages eine es auch ich e zu trinken. So mach meinsam eine Tasse Kaffee Tasse er in eine ruhige Ecke mit ein mit Jesus: Ich setze mich d genießt r vor, Jesus ist jetzt da un Cappuccino und stelle mi Spazierit. Oder ich mache einen mit mir die gemeinsame Ze vorgeon sch mit ihm. Dabei ist es gang und unterhalte mich Seite er r war, zu spüren, auf welch kommen, dass ich mir siche r geht. von mir Jesus neben mir he
2.
Kopf ins Herz geht. Nachvollziehbar, persönlich und aufbauend: AUFATMEN steckt voller Impulse, um den Glauben authentisch zu leben, Gott zu erfahren, immer tiefer zu vertrauen und zur Ruhe zu finden. AUFATMEN ist geistliche Nahrung, die Hunger auf mehr von Gott macht.
„Großes Kompliment: Ihre Zeitschrift hat Tiefgang. Trotz der Vielfalt der Artikel (oder deswegen) weder eng noch nichtssagend. Die Beiträge atmen eine Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit, die dem Glauben wohl tun.“ Pfarrer Guido Kohlenberg
Freundschaft gelingt, wenn man Wertschätzung in Worte fasst.
Eine Frau will immer wieder hören, dass der Mann sie liebt, nicht nur einmal beim Heiratsantrag. Aufrichtig gemeinte Komplimente halten eine Beziehung lebe ndig. Gott freut sich, wenn wir ihn anbeten, wenn wir ihn lobe n und preisen, für das wie er ist und für das was er für uns tut. Eine Hilfestellung dazu ist das Gebetbuch der Bibel, die Psalmen .
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www.aufatmen.de 23
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3.
Freundschaft gelingt, wenn man die Nöte des anderen teilt.
Freunde wissen voneinander, wie es dem anderen wirklich geht. Da bleibt es nicht bei einem oberflächlic hen „Danke gut“, sondern da kann ich die Dinge beim Namen nennen. Das können wir meist recht gut, zumindest Gott gegenüb er, ihm die Dinge sagen, die uns Not machen. Da kommt schnell eine Liste zusammen, wo wir uns Gottes Eingreifen wünschen. Eine wenn wir mit Gott auch unsere Enttäus n Schritt weiter geht es, chungen über ihn teilen, unser Nichtve rstehen und unsere Zweifel. Das ist nich selbstverständlich, sondern vielfach schl t ucken Christen diese Dinge einfach hinu nter und dann tickt eine Zeitbombe: irgendwann kommt der Tag , wo der gan ze Frust aus einem heraus bricht. Nöte zu teilen ist jedoch keine Einbahnstraße. Wie viele Christen fragen Gott, wie es ihm geht, was seine Nöte sind, woran er leidet, wenn er mit ansehen muss, wie die Menschen, die er geschaffen hat und die er so liebt, ihre eigenen Wege gehen, nichts von ihm wissen wollen und viel Not über sich selbst und über andere brin gen.
4.
Freundschaft gelingt, wenn man den anderen überrascht.
die den Alltag reich Es sind die kleinen Aufmerksamkeiten, aus besonderem Anlass, machen, nicht die großen Geschenke hte ein Gespür dafür wo dann ja viele etwas geben. Ich möc z. B. kann ich Gott beentwickeln, worüber sich Gott freut, etwas an andere weiterschenken, indem ich von seiner Liebe ich vor Ostern einen gebe. Auf meiner letzten USA-Reise hab der um Geld bat, um Mann vor dem Supermarkt getroffen, as kaufen zu können. Er seiner Frau und seinen 5 Kindern etw fen wolle, denn das gehöre er, dass er gerne ein Stück Schinken kau e sagt te, frag nach ich als und ne lfah im Supermarkt hatte keine Alkoho ein Stück Schinken und anschließend ihm e ft kau zger Met zum ihm mit einfach zu Ostern. Ich ging der Beschenkte war ich selbst. hasen usw. Er zog strahlend davon, aber oko Sch n, Eier mit en rbch erkö Ost ein noch
5.
Freundschaft gelingt, wenn man etwas für den anderen tut, weil man spürt was dem andern wichtig ist.
Zur Freundschaft gehört, dass man den anderen nicht im Stich lässt, wenn er Hilfe braucht. Noch wer tvoller ist es, wenn man einem anderen hilft, ohne dass dieser erst ausführlich darum gebeten hat. Gott bräuchte uns nicht, aber er will mit uns sein Reich bauen, nicht ohne uns. Er hat uns den Auftrag gegeben, die gute Nachricht weiter zu geben in hat uns in seinem Wort Gebote und Wort und Tat. Und er Ordnungen gegeben, an die wir uns als seine Nachfolger halten sollen. In Johannes 15, 14 + 15 sagt Jesus: Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich sage hinfort nicht, dass ihr Knechte seid ; denn ein Knecht weiß nicht, was ÜBER DEN AUTOR sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid ; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan. Als Freunde Heinrich Hofmann, evangelischer Pfarrer, Gottes sind wir eingeweiht in Gottes Willen und in sein Doctor of Ministry (Fuller Theological Handeln. Gott vertraut uns, auch wenn wir keineswegs Seminary, USA), Leiter von Kirche im vollkommen sind. Welch ein Vorrecht, ein Freund von Jesu Aufbruch, verheiratet mit Helen, s, ein Freund Gottes zu sein! Deshalb will ich gerne tun, Vater von 3 Kindern. was er mir sagt. Sie nicht auch?
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Impuls
Die Aufgabe der Kirche in einer sich verändernden Gesellschaft VON DR . GERHARD MAIER , LANDESBISCHOF I.R .
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ine alte Anekdote erzählt von einem gläubigen Mann, der sein Abendgebet sprach. Ein neugieriger Reisegenosse wollte wissen, was dieser Gläubige denn so alles in seinem Gebet ausdrücken würde, und hörte ihn dann laut und vernehmlich nur einen einzigen Satz beten: „Lieber Herr, es bleibt dabei“. „Es bleibt dabei“. Das ist das Erste, was man über den Auftrag der Kirche auch in der heutigen Gesellschaft sagen muss. Gegenüber allen Veränderungsbesessenen erklärt 2. Johannes 9 sehr kühl: „Jeder, der darüber hinausgeht (pro-agon = „progressiv ist“) und bleibt nicht in der Lehre Christi, der hat Gott nicht. Adolf Schlatter schreibt dazu in seinen Erläuterungen: „Die stolzen Geister gehen aber ihren eigenen Weg, laufen ohne seine Führung nach den Gedanken ihres eigenen Herzens voran und sind
stark und weise, um sich selbst zu führen“. Das Bleiben am Auftrag Jesu inmitten aller Stürme und Bewegungen der Gegenwart ist also unser entscheidender Anker. Das heißt ganz praktisch: Wir bleiben dem „Great Commandment“ des Auferstandenen in Matthäus 28,19 treu: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker“. Die Kirche ist also nicht in erster Linie ein netter Dialogpartner, sondern eine Gemeinschaft von Menschen, die alle anderen Menschen für das Himmelreich und deshalb als Nachfolger Jesu werben wollen. Je mehr die Gesellschaft sich verändert und das heißt doch auch: über sich selbst unsicher wird, desto wichtiger wird ein nachhaltiges, verlässliches Zeugnis. Nicht das Mitschwimmen macht die Kirche interessant, sondern das Angebot eines Ufers (vgl. Joh. 21,4).
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IMPULS
Weiter bedeutet das Bleiben im obigen Sinn: Wir lassen uns weiterhin die Liebe untereinander schenken ( Joh 13,34 -35). Es wird ein Zeichen der Endzeit sein, wenn diese Liebe untereinander erkaltet (Mt. 24,12). Wir können einander nicht immer verstehen, aber einander immer lieben. Sicher geschieht christliche Liebe oft als Ermahnen, als Ablehnung mancher Wege, als Leiden am anderen. Aber der tragende Grund muss spürbar bleiben, nämlich, die Verbindung mit Jesus und die Abhängigkeit von unserem Erlöser. Das bedeutet natürlich, dass wir als Christen eine Kontrast-Gesellschaft gegenüber der übrigen Gesellschaft bilden. Eine bleibende, zentrale Aufgabe liegt im Gebet. Das wird ganz stark in Apg. 2,42 herausgestellt: „Sie blieben aber beständig im Gebet“. Wir werden entweder eine betende Kirche sein oder nur noch das schwache Abbild einer Kirche. In Korea beeindruckten mich die „Gebetsberge“: einfache Hütten auf irgendwelchen Bergen, in die einzelne Christen sich tagelang zurückzogen, um sich ganz dem Gebet widmen zu können. Wir brauchen eine Art von „Gebetsbergen“ mitten in einer sich verändernden und immer schneller rotierenden Welt. Dabei geht es um beide Möglichkeiten des Gebets: das einsame Gebet (= unter vier Augen mit Gott) und das gemeinsame Gebet mit anderen zusammen. Deshalb sind Gebetskreise, Gebetsbünde, Gebetszeiten heute schon so wichtig. Hinzu kommt ein Faktor, der uns erst in letzter Zeit richtig bewusst wird: Wir werden weltweit immer mehr zu einer verfolgten Kirche. Und gerade für die verfolgte Kirche gelten die wichtigen Gebetsanweisungen Jesu in der Bergpredigt (Mt. 5,43ff ; 6,5ff ; 7,7ff ). Es wird aber auch an der Kirche selbst zu Veränderungen kommen. Sie sind äußerst schwer vorauszusehen, obwohl ein Heer von Experten um uns herumschwärmt, die alle wissen wollen, was da auf uns zukommt. Für falsch halte ich es, wenn die Kirche in einer Art „vorauseilen-
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dem Gehorsam“ gegenüber angeblichen Entwicklungen von sich aus Positionen räumt. Sie sollte zum Beispiel die besondere Stellung, die sie aufgrund der Geschichte und durch opfervollen Einsatz vieler Glaubender in den europäischen Staaten erhalten hat, nicht einfach von sich aus wegwerfen. Sie sollte auch misstrauisch bleiben ihren eigenen Zukunftsprognosen gegenüber. Wer von uns weiß wirklich, was 2040/2050 sein wird? Die Führungen Gottes erfolgen schrittweise und nicht en gros. Eine sich verändernde Gesellschaft wird uns als Christen manche Türen zuschließen, berauscht von dem Gedanken, sie stünde über den Religionen. Sie wird uns aber auch manche Türen öffnen, die bisher geschlossen waren. Das gilt voraussichtlich für technische Entwicklungen, für Medien, für neue Schichten von Menschen. Das gilt vor allem angesichts der fast verzweifelten Suche nach einer lohnenden Lebensperspektive, nach dem Ewigen, nach der Wahrheit. Ich rechne damit, dass die Frage nach dem Erlöser dringlicher wird. Wir können nichts Besseres tun, als Menschen mit Jesus, diesem Erlöser, bekannt zu machen.
ÜBER DEN AUTOR Dr. Gerhard Maier war von 2001 bis 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er war Prälat in Ulm und Studienleiter des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen. Außerdem ist er ist Autor vieler wegweisender Bücher und einschlägiger theologischer Fachliteratur. Derzeit Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee/Leuven (Belgien).
Die hier getroffenen Aussagen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Ihre Meinung ist gefragt. Antworten Sie uns an E-Mail: wohnheim@deignis.de
Zur Diskussion VON WINFRIED HAHN
Verantwortung, Wahrheitsliebe oder die Diktatur des Relativismus Kirche und Gemeinde in einer verdorbenen Kultur
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erantwortung – ein großes Wort, allerdings ist in den letzten Jahren mehr und mehr die Tendenz zu beobachten, dass immer weniger Menschen bereit zu sein scheinen, Verantwortung zu übernehmen, Nachwuchssorgen für verantwortungsvolle Schlüsselpositionen plagen Vereine, Gewerkschaften, politische Parteien, Christliche Gemeinden und Kirchen. Warum wird es immer schwieriger, qualifizierte Personen zu finden, die bereit sind, entsprechende Positionen einzunehmen?
Illustration: Rainer Haas
Genussorientierung statt Tragfähigkeit Ein ausgeprägtes Wesensmerkmal unserer Zeit ist das Anspruchsdenken weiter Teile der Bevölkerung. Wir erleben einen Bewusstseinswandel im Sinne ständig steigender Ansprüche bei gleichzeitig sinkender Leistungsbereitschaft. Eine interessante Beobachtung in diesem Zusammenhang ist der Eindruck von Psychiatern und Therapeu-
ten, dass in jüngerer Zeit nicht der depressiv ängstliche Patient im Vordergrund steht, sondern in zunehmendem Maße der eher narzisstisch gekränkte anspruchsvolle psychisch kranke Mensch. Dies ist ein Indiz dafür, dass das Streben nach Wohlstand und Genuss zunimmt, bei gleichzeitiger Abnahme der Bereitschaft, den Preis dafür zu bezahlen. Diese Entwicklung kann man mit einem Schlagwort charakterisieren: Die Menschen dieser Generation wollen alles, und sie wollen es sofort. Auch die Maßlosigkeit von Managergehältern und Abfindungen, die zu Recht und in aller Öffentlichkeit kritisiert wurden, zeigen in erschreckendem Maße die Tendenz, die eigenen Bedürfnisse über die des Gemeinwohls zu stellen. Nicht die Sicherung von Arbeitsplätzen und damit die Wahrnehmung von Verantwortung für die Existenzsicherung der Arbeitnehmer steht im Vordergrund, sondern Gewinnmaximierung zum Wohle einer Schicht immer reicher werdender Reicher.
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ZUR DISKUSSION
Meiner Meinung nach ...
Maßloses Kritisieren gegenüber Verantwortungsträgern Andererseits hatten es die Verantwortungsträger zu keiner Zeit so schwer wie heute. Jeder will mitreden und seine Ansprüche durchsetzen. Rechtmachen kann man es kaum noch jemand. Verantwortungsträger stehen im Kreuzfeuer der Kritik und müssen sich ständig rechtfertigen. Der Vereinsvorsitzende genauso wie der Pastor oder Politiker. So mancher Pastor hat mittlerweile schlaflose Nächte, weil die Gemeindeversammlungen häufig den Charakter von Bundestagsdebatten annehmen, aber weit entfernt sind von christlicher Nächstenliebe. Kein Wunder, wenn sich potentielle Verantwortungsträger eher auf ihr persönliches Glück konzentrieren, anstatt sich ständig „dumm anmachen“ zu lassen. Deshalb werden manche Verantwortungsträger um sich vor dieser Art Schwierigkeiten zu schützen, autoritär, manipulativ und lassen es an Transparenz vermissen, was zu einer Verschärfung der Situation führt.
Prozess des Umdenkens Notwendig ist ein Prozess des Umdenkens. Wir brauchen in unserer Gesellschaft wieder Menschen, die bereit sind, aus einer dienenden Gesinnung, Verantwortung zu übernehmen: Opferbereitschaft und Engagement, Zeit und Kraft um des Gemeinwohles willen, selbst dann, wenn man sich der Gefahr aussetzt, kritisiert und angegriffen zu werden. Notwendig ist die Bereitschaft, die Last der Verantwortung zu tragen und sich nicht dann, wenn es schwierig wird, aus der Affäre zu ziehen und so zu tun, als würde es einen nichts angehen. Unsere Generation braucht Verantwortliche mit Stehvermögen und einer klaren Orientierung an Werten. Ob die derzeitige degenerierende Wohlstandsgeneration in ihrer selbstbezogenen Orientierungslosigkeit die Wende schafft, ist jedoch mehr als fraglich. Für diese Verantwortung kann uns Jesus ein Beispiel sein, der sich zum Wohle und der Rettung der Menschheit aufopferte bis zum Tod. Auch die Aussagen der Bibel sind geeignet, in einer Zeit zunehmender Orientierungslosigkeit Werte und Halt zu vermitteln.
Narzisstische Selbstentwürdigung statt Wahrheitsliebe Allerdings werden wir zurzeit überschwemmt von einer Woge niveauloser Unflätigkeiten. Der erniedrigende, alle Grenzen von Stil, Würde und persönlicher Glaubwürdigkeit mit Füßen tretende Selbstdarstellungstrieb vieler Menschen im Fernsehen ist wertezerstörend und beleidigt das Denkvermögen eines normal begabten Gehirns. Hysterische Ehefrauen und Männer, die sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig beschimpfen, sich gegenseitig in den 28
Dreck ziehen, Familien, die ihre persönlichen Konflikte in aller Öffentlichkeit preisgeben, Beziehungskisten, die bis in die intimsten Details vor einem wiehernden Publikum breitgetreten werden. Merken diese armen menschlichen Kreaturen eigentlich nicht, dass sie von profitorientierten Sendern maßlos ausgenutzt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden, nur um entsprechende Quoten, und damit Werbeeinnahmen, zu erzielen? Wie ist es möglich, dass solchen Entgleisungen nicht widersprochen wird? Pädagogisch fragwürdig und die Menschenwürde verletzend, wenn man von einem Menschenbild der Mündigkeit und Selbstbestimmung ausgeht, ist das Verhalten von Dieter Bohlen und Heidi Klum. In ihren Sendungen „Deutschland sucht den Superstar“ und „Germany’s next Topmodel“ werden Heranwachsende, auf der Suche nach ihrer Identität befindliche junge Menschen von einer anscheinend allmächtigen Jury bewertet, begutachtet und teilweise durch menschenverachtende Sprüche erniedrigt. Wo bleibt der Aufschrei der Pädagogen, der Psychologen, der Pfarrer, der Ärzte, der Politiker? Wo die Verantwortung der Eltern, die ihre Kinder schützen sollten, statt der öffentlichen Blamage preiszugeben? Darf in unserer Gesellschaft alles gemacht werden, was Quote hat? Entscheidet eine wie auch immer geartete Mehrheit über richtig und falsch, gut und böse jenseits der Moral? Haben wir alle Maßstäbe verloren? Welche Werte bestimmen unser Denken? Ist die Mehrheit ein Garant für vernünftige Entscheidungen? Offensichtlich nicht, denn sonst hätte im letzten Jahrhundert nicht der Nationalsozialismus so verheerenden Einfluss gewonnen. Eine Gesellschaft ohne Werte, ohne Moral, ohne Normen ist orientierungslos, und ziellose Mehrheiten sind gefährlich. Es scheint so, dass Ziellosigkeit und Orientierungslosigkeit, eine Toleranz ohne Maßstäbe, eine Gesellschaft ohne Werte, eine Moral der Beliebigkeit beabsichtigt wird. Während sich in unseren Medien unwidersprochen menschenverachtende Praktiken durchsetzen, werden diejenigen, die noch Werte vertreten, bekämpft. Angesprochen auf eine „Diktatur des Relativismus“ macht Papst Benedikt XVI. folgende bemerkenswerte Aussagen: Frage des Journalisten: In der relativistisch gewordenen Welt hat ein neues Heidentum mehr und mehr die Herrschaft über das Denken und Handeln des Menschen übernommen. Längst wurde dabei deutlich, das neben der Kirche nicht nur ein freier Raum, ein Vakuum, ist, sondern sich so etwas wie eine Antikirche etabliert hat. Der Papst in Rom sei allein deshalb schon zu verurteilen, schrieb eine deutsche Zeitung, weil er mit seinen Positionen „gegen die Religion verstoßen hat“, die heute „in diesem Land gilt“, nämlich die „Zivilreligion“. Ist da ein neuer Kulturkampf entstanden, wie Marcello Pera analysierte? Der frühere italienische Senats-
ZUR DISKUSSION
Ich denke, dass...
präsident spricht von einem „groß angelegten des Laizismus gegen das Christentum“. Antwort des Papstes: Es breitet sich eine neue Intoleranz aus, das ist ganz offenkundig. Es gibt eingespielte Maßstäbe des Denkens, die allen auferlegt werden sollen. Diese werden dann in der sogenannten negativen Toleranz verkündet. Also etwa, wenn man sagt, der negativen Toleranz wegen darf es kein Kreuz in öffentlichen Gebäuden geben. Im Grunde erleben wir damit die Aufhebung der Toleranz, denn das heißt ja, dass die Religion, dass der christliche Glaube sich nicht mehr sichtbar ausdrücken darf. Wenn man beispielsweise im Namen der Nichtdiskriminierung die katholische Kirche zwingen will, ihre Position zur Homosexualität oder zur Frauenordination zu ändern, dann heißt das, dass sie nicht mehr ihre eigene Identität leben darf, und dass man stattdessen eine abstrakte Negativreligion zu einem tyrannischen Maßstab macht, dem jeder folgen muss. Das ist dann anscheinend die Freiheit – allein schon deshalb, weil es die Befreiung vom Bisherigen ist. In Wirklichkeit jedoch führt diese Entwicklung mehr und mehr zu einem intoleranten Anspruch einer neuen Religion, die vorgibt, allgemein gültig zu sein, weil sie vernünftig ist, ja, weil sie die Vernunft an sich ist, die alles weiß und deshalb auch den Raum vorgibt, der nun für alle maßgeblich werden soll. Dass im Namen der Toleranz die Toleranz abgeschafft wird, ist eine wirkliche Bedrohung, vor der wir stehen. Die Gefahr ist, dass die Vernunft – die sogenannte westliche Vernunft – behauptet, sie habe nun wirklich das richtige erkannt, und damit einen Totalitätsanspruch erhebt, der freiheitsfeindlich ist. Ich glaube, diese Gefahr müssen wir sehr nachdrücklich darstellen. Niemand wird gezwungen, Christ zu sein. Aber niemand darf gezwungen werden, die „neue Religion“ als die allein bestimmende und die ganze Menschheit verpflichtende leben zu müssen. Frage: Die Aggressivität, mit der diese neue Religion auftritt, beschrieb der „Spiegel“ als „Kreuzzug der Atheisten“. Es ist ein Kreuzzug, der Christentum als „Gotteswahn“ verhöhnt und die Religion als Fluch einordnet, dem auch alle Kriege zuzuschreiben seien. Sie selbst sprachen bereits von einer „subtilen oder auch weniger subtilen Aggression gegen die Kirche“. Auch ohne ein totalitäres Regime herrsche heute ein Druck, so zu denken, wie alle denken. Die Angriffe gegen die Kirche zeigten, „wie dieser Konformismus wirklich eine echte Diktatur sein kann“. Harte Worte. Antwort: Aber die Wirklichkeit ist in der Tat so, dass bestimmte
Formen des Verhaltens und Denkens als die allein vernünftigen und daher allein menschengemäßen dargestellt werden. Das Christentum sieht sich dann einem Intoleranzdruck ausgesetzt, der es zunächst einmal lächerlich macht – als einem verkehrten, einem falschen Denken zugehörig – und ihm dann im Namen einer scheinbaren Vernünftigkeit den Atemraum wegnehmen will. Es ist sehr wichtig, dass wir uns einer solchen Absolutheitsforderung einer bestimmten Art von „Vernünftigkeit“ widersetzen. Diese ist eben nicht die reine Vernunft selber, sondern die Beschränkung der Vernunft auf das, was man naturwissenschaftlich erkennen kann – und zugleich die Ausgrenzung all dessen, was darüber hinausführt. Natürlich ist es wahr, dass es in der Geschichte auch Kriege der Religion wegen gegeben hat, dass Religion auch zu Gewalt geführt hat … (aus Benedikt XVI: „Licht der Welt“, Herder Verlag, S. 71 – 73).
Kirche Jesu Christi am Scheideweg – Orientierungsgebende Kraft oder der Weg in die Bedeutungslosigkeit
Meiner Vorstellung nach ...
Wahrheit hat immer mit Kampf und Verfolgung zu tun. Das war schon immer so. Der Wahrheit wird immer widersprochen, Wahrheit ist umkämpft. Wer sich anpasst, hat es leichter, er hat ja die Quote (öffentliche Zustimmung, Zeitgeist etc.) auf seiner Seite. Aber wie viel Quote hatte Jesus? Als Pilatus fragte: Diesen oder Barrabas? rief die Menge: Ans Kreuz mit Jesus. Haben wir als Christen, als Kirche, die Kraft zur Wahrheit zu stehen oder beugen auch wir uns der Mehrheitsmeinung? Nennen wir noch Sünde und die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen beim Namen oder sind wir angepasst an eine Moral, die Krummes gerade und Gerades krumm nennt? Hat in unseren christlichen Gemeinden die Botschaft von Sünde, Umkehr und einem an der Bibel orientierten Lebensstil noch Raum, oder hat das Salz seine Würzkraft verloren? Bestimmen soziale oder am persönlichen Wohlbefinden orientierte Themen die Kanzeln oder die manchmal durchaus unbequemen Themen der Bibel? Nur die Orientierung an den unverrückbaren Aussagen der Bibel werden unseren Kirchen die Kraft geben, in dieser Zeit und in dieser Welt Licht und Salz zu sein, in Liebe zu den Menschen, aber auch in Liebe zur Wahrheit. Dann werden unsere Gemeindehäuser und Kirchtürme wieder orientierungsgebende Leuchttürme für viele orientierungslose oder suchende Menschen. Nur wenn in unseren Gottesdiensten etwas anderes verkündigt wird als das, was in Funk und Fernsehen die Spatzen von den Dächern pfeifen, werden die Menschen die Gotteshäuser wieder füllen. Werden wir dazu den Mut aufbringen? Wer weiß, vielleicht kriegen wir dann mehr Quote als wir denken. Winfried Hahn 29
Ich glaube ...
Therapiegrundlagen
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IdentitätsstÜrungen und damit in Verbindung stehende Krankheitsbilder – wie kann man helfen
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THERAPIEGRUNDLAGEN
VON SIMONE MARQUARDT
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er Begriff der Identität geht weit über die Frage nach dem eigenen Sein oder der Existenz des Menschen hinaus. Der bekannte Psychologe Erik H. Erikson (1902 – 1994) sieht in der Ausprägung der persönlichen Identität des Einzelnen das Maß der Qualität dieser Existenz 1, sozusagen auch das „innere Kapital“ 2, das einem Menschen zur Lebensgestaltung zur Verfügung steht. Er verbindet damit Aspekt der persönlichen Identität mit dem der sozialen Identität. Daraus wird deutlich: Der Begriff der Identität ist nicht nur eine statische Definition. Die Ich-Identität stellt die Funktion des Ichs dar, Entwicklungsaufgaben zu meistern und sich dadurch weiterzuentwickeln. In der Psychologie bezeichnet der Begriff nach der Definition des Duden „die als Selbst erlebte innere Einheit einer Person“ 3. Diese Einheit der Person oder auch Persönlichkeit wird durch überdauernde Muster der Wahrnehmung, des Beziehungsstils, des Denkens über die Umwelt und sich selbst charakterisiert. 4 Die soziale Funktion der Persönlichkeit ist also ein wesentlicher Bestandteil der Identität, sie besteht nicht nur aus unserem eigenen Selbstverständnis, unserer Biografie und Prägung, unserem Lebensstil und innerem Lebensmotto. Sie wird zusätzlich durch soziale Rollen und Erwartungen, die andere oder die Gesellschaft an uns stellen, ergänzt. Weiter bezeichnet sie die Steuerfähigkeit des Individuums sowie seine Fähigkeit, Persönlichkeitsanteile zu integrieren. Die Ich-Identität entsteht also durch die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben und ist von entscheidender Bedeutung dafür, wie ein Mensch sein Leben bewältigen kann, ebenso inwieweit er sich in die Gesellschaft integrieren kann. Eine schwach ausgeprägte Ich-Identität kann dazu führen, dass sich ein Mensch dem Leben und den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, nicht gewachsen fühlt. Überforderung und gleichzeitig die Angst vor erneuter Überforderung begünstigen den Versuch, Entwicklungsaufgaben zu vermeiden oder wenig konstruktive Kompensationsstrategien zu entwickeln, die letztlich eine eigentliche Bewältigung verhindern. Diesen Aspekt greift auch das bekannte Erklärungsmodell für die Entstehung psychischer Störungen auf. Die Vulnerabilitäts-Stress-Hypothese definiert die Verletzlichkeit des Individuums aus biologischen (genetischen), sozialen und biografischen Faktoren sowie dessen Möglichkeiten, auf Umwelteinflüsse zu reagieren bzw. diese zu bewältigen. Je ausgeprägter die Verletzlichkeit eines Menschen desto geringere Belastungsfaktoren reichen
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aus, damit es zur Entwicklung von Krankheitssymptomen kommt. Dies wird bei folgenden Krankheitsbildern besonders deutlich:
Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis Beim Krankheitsbild der Schizophrenie spricht man auch vom Zerbruch der Persönlichkeit oder Identität eines Menschen. Hier können gleichzeitig gesunde und veränderte Verhaltensweisen nebeneinander bestehen, die Symptomatik besteht in Störungen des Denkens, der Wahrnehmung, des Affekts sowie im Sozialverhalten und der Motorik. Das Denken, Fühlen und Handeln des Betroffenen verliert den Bezug zur Wirklichkeit, die Persönlichkeit wird brüchig und durchlässig empfunden. Der Betroffene ist also einer Bedrohung von innen und außen ausgesetzt, wie das Bespiel von „Anna“ 5 zeigt: Anna kam vor Jahren in unsere stationäre Behandlung. Sie kam aus einer sehr schweren Familiensituation, die es ihr wenig ermöglichte, ausreichend Ich-Identität zu entwickeln. Dies zeigte sich im Schulalter hauptsächlich durch Desinteresse und Träumerei, in der Pubertät kam es dann zu einem massiven Leistungsabfall und auffälligem, provokanten Sozialverhalten. Unter Gleichaltrigen war die Klientin sehr isoliert und kaum integrierbar, die Fähigkeiten, Kontakte zu knüpfen oder Beziehungen zu gestalten, waren nur sehr schwach ausgeprägt oder überlagert von Verhaltensauffälligkeiten (z. B. in distanzgemindertem, aufdringlichen und unangemessenem Verhalten, auf die von den Gleichaltrigen negative Reaktionen wie Hänseleien und Ausgrenzung erfolgten). Die schizophrene Erkrankung brach erstmals im Alter von 15 Jahren aus, ausgelöst durch eine von der Klientin als existenziell bedrohliche Traumatisierung durch Gleichaltrige. Die Klientin hörte seitdem kommentierende Stimmen, entwickelte Vergiftungsideen und massive Ängste. Dieses Fallbeispiel zeigt deutlich, wie stark die Steuerungsfähigkeit der Klientin und dadurch die Möglichkeiten zur sozialen Interaktion sowie zur Bewältigung des Alltags durch die schwächer ausgeprägte Identität beeinträchtigt wurden. Durch die Flucht in Tagträume und Desinteresse an der Realität geschah der Aufbau einer Parallelwelt, die wiederum die gesunde Auseinandersetzung mit Konflikten – und somit eine Persönlichkeitsreifung – verhinderte. Die Stressoren wurden schließlich so übermächtig, dass die Klientin psychotisch dekompensierte.
Vgl. Erikson, E. H.: Identität und Lebenszyklus, Frankfurt: Suhrkamp 1996, S. 18 Erikson, E. H.: a.a.O., S. 107 Duden Fremdwörterbuch, 5. neu bearbeitete und erw. Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Duden Verlag 1990 vgl. Pfeifer, Samuel: Der sensible Mensch, 3. Auflage 2003; Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, S. 29 Name von der Redaktion geändert
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Borderline-Störungen Bei den Borderline-Störungen liegt nicht ein vollständiger Zerbruch der Identität vor, sondern eine Art von Identitätsdiffussion. Häufige Ursachen hierfür liegen in Verlusten und Traumatisierungen in der Kindheit. Gefühle des Verlassenwerden-, Verschlungen- und Ausgelöschtwerdens erschüttern die persönliche und somit auch die soziale Identität. 6 Dies bedeutet, dass dem Betroffenen die Gewissheit über sich selbst, seine Eigenschaften und Fähigkeiten, seinen Körper fehlt. Es fehlt also das Kernidentitätsgefühl, sozusagen die Substanz, die das eigene Sein ausmacht. Die fehlende innere Stabilität hat eine Instabilität der zwischenmenschlichen Beziehungen, des Selbstbildes und der Stimmung und Impulsivität zur Folge. Die in der Symptomatik ähnliche Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) unterscheidet sich schließlich dadurch, dass vor der Auslösung der Störung eine funktionsfähige Identität vorhanden war.
Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeitsstörungen werden dadurch gekennzeichnet, das inneres Erleben und Verhalten deutlich vom Verhalten anderer Menschen im Umfeld abweicht; dieses Erlebens- und Verhaltensmuster beeinflusst wiederum das Denken über andere Menschen, die eigenen Gefühle, die Beziehungsgestaltung und Impulskontrolle. Ein weiteres Charakteristikum besteht darin, das das Verhaltensmuster stabil, unflexibel und langandauernd ist. Die Betroffenen 6 7
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werden hierdurch in ihrer Lebensgestaltung stark eingeschränkt. Die Störung beginnt meist im Jugendalter/frühe Erwachsenenzeit. Als Persönlichkeitsstörung wird ein Verhaltensmuster nur dann klassifiziert, wenn es nicht als Folge oder Symptom einer anderen psychischen Erkrankung oder auf die Einwirkung einer Substanz wie Drogen, Alkohol oder Medikamente zurückgeführt werden kann. Wir sehen auch hier die Verbindung zwischen Identität, Steuerungs- und Handlungsfähigkeit, und psychischer Erkrankung.
Sensibilität und psychische Erkrankungen Wie bereits zuvor schon ausgeführt, ist die menschliche Persönlichkeit „letztlich eine komplexe Mischung aus biologisch begründetem Temperament und den Auswirkungen von guten Erlebnissen und schmerzlichen Verletzungen. Wir hegen tiefe Wünsche und leiden unter verborgenen Ängsten, wir haben Ziele, die wir anstreben, und werden gehemmt durch unsere Verletzlichkeit.“ 7 Bei sensiblen Menschen sind die Grenzen der Belastbarkeit oft schneller erreicht als bei weniger sensiblen Menschen. Sensible Menschen können unter starker Stresseinwirkung neurotische Symptome entwickeln. Oft spielen hier auch eine starke Empfindsamkeit, Empfänglichkeit für Reize sowie ausgeprägte Gewissensüberzeugungen, überhöhte Ich-Ideale, die Neigung zum Perfektionismus und ausgeprägte Leistungsorientierung eine Rolle. Innere Überzeugungen wie „ich bin nur liebenswert, wenn ich perfekt bin“ oder „ich darf keine Fehler machen“ führen
vgl. Pfeifer, Samuel: Die zerrissene Seele, Borderline-Störungen und Seelsorge; 1997; Wuppertal, R. Brockhaus Verlag, S. 72 Pfeifer, Samuel: Der sensible Mensch, 3. Aufl. 2003, Wuppertal, R. Brockhaus Verlag, S. 29
THERAPIEGRUNDLAGEN
zu einer Zunahme von Stress, da diese Überzeugungen eben mit der Realität im Widerspruch stehen. Mögliche Krankheitsbilder, die hier entstehen können, sind Depression und Erschöpfungszustände (Dysthymie), Angstsyndrome, emotionale Instabilität, Zwangserkrankungen sowie Somatisierungsstörungen.
... und wie man helfen kann ... Die Psychotherapie und Psychiatrie kennt mehrere Ansätze, um den Betroffenen zu helfen und sie in ihrer Lebensgestaltung zu unterstützen. Neben den körperorientierten Methoden – hierzu zählt auch die Behandlung mit Psychopharmaka – geht es im Wesentlichen darum, die Ich-Funktionen des Klienten zu stärken und ihn somit auch aus der Passivität und Hilflosigkeit in ein möglichst autonomes und mündiges Handeln hineinzuführen. Dies geschieht zum einen dadurch, dem Klienten einen Zugang zu seinen persönlichen Ressourcen zu vermitteln und damit seine Handlungsfähigkeit zu stärken. Ressourcenorientiertes Arbeiten ist inzwischen in Psychiatrie und Psychotherapie ein gängiges Handlungsmodell; der Focus der therapeutischen Arbeit liegt auf den Fähigkeiten und Potenzialen des Einzelnen. Während dies in der ambulanten Psychotherapie vorwiegend über gesprächstherapeutische Verfahren geschieht, begegnen wir in der psychiatrischen und sozialtherapeutischen Arbeit oft dem Begriff des Empowerment (dt.: Befähigung, Bevollmächtigung), das aber ebenso diese Haltung aufgreift. Gerade bei psychotischen Erkrankungen geht es primär um unterstützende und stabilisierende Hilfen zur Lebensbewältigung und nicht um aufdeckende, analytische Verfahren. Die Handlungsfähigkeit wird durch sozialtherapeutische Maßnahmen unterstützt und neu trainiert. Durch psychische Erkrankungen fühlen sich Betroffene oftmals wie aus dem eigenen Leben gerissen. Die eigene Identität ist erschüttert, man fühlt sich im eigenen Leben fremd und orientierungslos. Oft ist es dann auch notwendig, diese Erfahrungen in die eigene Biografie zu integrieren – im Prinzip also die Einbettung in einen Kontext. Das Fremde, vielleicht Abgelehnte und Ungewollte, das Nicht-Schöne oder erschreckende als einen Teil seiner Persönlichkeit zu akzeptieren und zu integrieren, um schließlich einen Weg zu finden, damit leben zu lernen. „Maria“ 8 litt lange Zeit unter Depressionen, Ängsten und einer damit verbundenen Zwangsproblematik. In der Therapie nahm es einige Zeit in Anspruch, sich einzugestehen, dass sie wirklich Hilfe brauchte. Die Akzeptanz der eigenen engen Grenzen, des Nicht-mehr-Könnens sowie die Behandlung mit Medikamenten fielen ihr sehr 8 9 10
schwer. Zudem erlebte sie die Zwangssymptomatik als so schambesetzt, dass sie diese vehement abstritt oder umdeutete und sich lange gegen die „offizielle Diagnose“ wehrte. Erst mit dem Eingeständnis, dass sie diese „peinliche“ und gesellschaftlich immer noch tabuisierte Erkrankung hatte, wurde es ihr möglich, diese in der Therapie nach und nach zu thematisieren und alternative Handlungsstrategien zu entwickeln. Die Vermittlung von Hoffnung ist keine Methode, aber in ihrer Bedeutung für den Verlauf der therapeutischen Begleitung wesentlich. Auch das stellvertretende Glauben für den Klienten (wenn er dazu nicht mehr in der Lage ist), ist eine wesentliche Hilfe und Unterstützung. Im Hebräischen gibt es mehrere Wörter, die für „Hoffen“ verwendet werden. Ein Wort hat auch die Bedeutung von Schnur, Leitfaden und Zukunft, ein weiteres Wort kann auch mit „geduldigem Warten“ übersetzt werden. 9 In diesen beiden Aspekten finde ich mit eine der schönsten und gleichzeitig schwersten Herausforderungen der therapeutischen Arbeit. Es kann bedeuten, sehr lange Geduld und Ausdauer haben zu müssen, Hoffnung und Perspektive für einen Menschen aufrechtzuerhalten – und vermittelt diese positive Sicht des Klienten Respekt und Wertschätzung. Das therapeutische Beziehungsangebot stellt meiner Erfahrung nach mit den wichtigsten Einflussfaktor für den Verlauf einer therapeutischen Begleitung dar. Hier kann in einem geschützten Rahmen Identität (neu) entdeckt und ausprobiert werden. Hier kann auch eine Annäherung an verdrängte oder nicht gewollte Seiten – wie bei „Maria“ geschehen. Die zunächst für die Arbeit mit Borderline-Patienten entwickelte SET-Kommunikation 10 ist meines Erachtens auch für die Behandlung anderer Störungsbilder sinnvoll. SET steht für Support (Unterstützung, Ermutigung), Empathy (Empathie), Truth (Wahrheit, Realität, Grenzen) und bildet eine Grundlage, auf der es möglich ist, die eigene Handlungsfähigkeit durch neue, konstruktive Lösungsversuche zu erweitern und sich damit auch ein neues Selbstverständnis anzueignen.
ÜBER DIE AUTORIN Simone Marquardt, Dipl. Sozialpädagogin (BA), verheiratet, eine Tochter, ist seit 1999 Mitarbeiterin im de’ignis-Wohnheim.
Name von der Redaktion geändert vgl. Pfeifer, Samuel: Die zerrissene Seele, Borderline-Störungen und Seelsorge; 1997; Wuppertal, R. Brockhaus Verlag, S. 75 ff. vgl. Pfeifer, Samuel: Die zerrissene Seele, Borderline-Störungen und Seelsorge; 1997; Wuppertal, R. Brockhaus Verlag, S. 63 ff.
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Einladung aus dem Kerker – die Frau im Käfig Die Gefesselte Person
VON RAINER OBERBILLIG
Die entfesselte Frau – Suche nach den Wurzeln der Identität
Beziehungsprägungen aus der Perspektive der Familiengeschichte
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erlinde klagte bei Aufnahme über verschiedene Beschwerden, die sich dem ängstlichdepressiven Störungsbild zuordnen ließen. Die Patientin berichtete dazu, sie habe in den letzten Jahren sehr viele familiäre Belastungen gehabt, u. a. habe ihre Tochter nervenärztlich behandelt werden müssen, da diese stark suizidal gewesen sei. Hintergrund dieser psychiatrischen Auffälligkeit sei eine verborgene sexuelle Missbrauchserfahrung der Tochter in der Kindheit gewesen. Gerlinde habe in der Behandlungszeit ihrer Tochter viele Ängste durch gestanden. Später sei sie auch noch über ihre Kräfte beansprucht worden in der Beteiligung an der Pflege ihrer Schwiegermutter, danach noch bei der Pflege einer weiteren Anverwandten. Innerhalb der Familie des Mannes sei es darüber hinaus wegen überhöhter Erwartungen an ihren persönlichen Einsatz und falscher Beschuldigungen auch zu für sie nicht auflösbaren
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Der Name der Pat. wurde aus Datenschutzgründen verändert in Gerlinde
Beziehungskonflikten gekommen. Berufliche Umstrukturierungen am Arbeitsplatz seien ein weiterer Stressfaktor gewesen. Sie fühle sich immer noch stark erschöpft. Während die Patientin zu Beginn der Behandlung eher davon ausging, sie müsse wohl noch die psychische Krise ihrer Tochter und die damit verbundenen Schuldgefühle, keine „gute Mutter“ gewesen zu sein, aufzuarbeiten, merkte sie recht bald, dass es in der Klinik um sie selbst ging. In den therapeutischen Gesprächen konnten biografische Quellen ihrer Ängste oder Prägungen ihrer Beziehungsgestaltung aus der Herkunftsfamilie thematisiert werden. Es ergab sich als neues Ziel der Therapie, die „Schicksalhafte Unglückserwartung“ von Gerlinde lebensgeschichtlich zu verfolgen. Gerlinde griff dazu die Anregung auf, ihre und die Geschichte ihrer Familie mehrgenerational, tabellarisch in 2 Spalten anzulegen: „Ereignisse – Auswirkungen auf mich“. Die geschilderten prägenden Beziehungs-
THERAPIEGRUNDLAGEN
Einladung in die Freiheit
erfahrungen der Patientin wurden in ein hypothetisches Modell als Systemisch-Lerngeschichtliche Störungsgenese eingefügt, wie man sich ihre Ängste erklären könnte. Aus therapeutischer Sicht stellte sich ein Zusammenhang zwischen Lebensgeschichte und depressiver Erschöpfung/Ängstlichkeit wie folgt dar: Die als Kind schon sehr sensible Patientin nahm unbewusst die Familientragik der Großeltern und Eltern als familiäres Tabu/Familiengeheimnis auf. Als Quellen der Ängstlichkeit/Selbstunsicherheit der Patientin können angenommen werden: Urangst, nicht satt zu werden – die Mutter habe zu verstehen gegeben, dass sie als Kind eine Last gewesen sei. Die Großmutter sei mehrfach von Russen vergewaltigt worden, mit 3 Jahren sei Gerlinde selbst von älteren Jungen aus der Nachbarschaft sexuell missbraucht worden. Entwicklung von Opferhaltung und schicksalhafter Ergebenheit bei der Patientin als zentrale Lebenshaltung, vermittelt von Oma und Mutter (Weltbild). Existenzielle Unsicherheit in Kindheit und Jugend, der Vater habe wenig Geld aus seiner Arbeit bezogen. So waren Mangel und Armut prägende Einflüsse in der Familie, die von den Eltern als schicksalhaft verarbeitet wurden; die Mutter habe z. B. der Patientin mit ihrer Erwartungsangst „...dass wieder schlechte Zeiten kommen könnten“ unbewusst Druck gemacht. Im Hintergrund stehen leidvolle familiäre Erfahrungen aus der russischen 2
Besatzung, die zum Verlust der Familienehre führten, zu quasi sozialer Ächtung in der Dorfgemeinschaft: z. B. sei die nationalsozialistische Vergangenheit des Großvaters väterlicherseits bloßgestellt und die Familie enteignet worden, der Familienstolz auf Bildung und Status sei erniedrigt worden. Im Verlauf der Entwicklung der Patientin wurde sie noch mit einem weiteren Familiendrama konfrontiert: Ein Verwandter hatte sich und einen Teil seiner Familie umgebracht. Auch diese innerhalb der Familie kaum verarbeitete Tragödie prägte die Patientin in ihrer schicksalhaften Ergebenheit, noch verstärkt durch Schulerfahrungen (Mobbing, staatliche Repression). Auch wenn ihre Eltern bemüht waren, ihren Kindern trotz allem Liebe und ein Familienleben zu geben, waren sie doch oft selbst mit der ganzen Situation überfordert gewesen. Insgesamt trugen diese Beziehungserfahrungen zu einer niedrigen Selbstwirksamkeitsüberzeugung bei. Aus salutogenetischer Perspektive kam es bei der Patientin trotz einer grundsätzlich positiven christlich-religiösen Orientierung nur zu einem gering ausgeprägten „Sense of coherence“ 2. Als Lebensskript bildete sie aus: „Ich komme oft an meine Grenzen, darf mich nicht wehren, muss still halten, soll niemand belasten.“ Mit dieser Lebenshaltung kam die Patientin in eine für sie ausweglose Situation, nachdem in kurzen Intervallen eine Konfliktwiederholung im psychodynamischen Sinne bewältigt werden musste, indem die Tochter psychiatrisch
Salutogenese = Entstehung von Gesundheitlichem Wohlbefinden, hängt vom Erleben eines übergeordneten Zusammenhangs der Lebensereignisse ab. Dazu gehören das Wahrnehmen vom Sinn der Lebensereignisse, der Überzeugung, dass die Belastungen/schicksalhaften Herausforderungen in der Tiefe verstanden werden und zu bewältigen sind.
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Entfesselung im Prozess (1)
Therapiesetting
erkrankte, eine sexuelle Missbrauchsthematik offenbar wurde und falsche oder ungerechte Beschuldigungen innerhalb der Familie erhoben wurden. Hier kam es zu einer ersten, weitgehend unbehandelten depressiven Reaktionsbildung. Die psychosomatische Gesundheit als erheblich beeinträchtigend erwiesen sich die Pflege der Schwiegermutter und das familiäre Zerwürfnis in der Familie. Als sich auch noch die strukturelle Sicherheit des Arbeitsplatzes für die Patientin auflöste, reagierte sie auf diese existenzielle Unsicherheit mit psychosomatischen Beschwerden (Magenschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerz) und einer mittelschweren Depression. Im weiteren Verlauf der Therapie fing die Patientin an, die erinnerten Gefühle und aktuellen ängstlichen Beklemmungen zu malen. Sie begann mit dem Bild eines Käfigs, in dem sie sich gefangen fühlt, der Käfig ist bereits geöffnet (Freiheit aus dem Kerker, entnommen aus einer Bibelreferenz 3), Jesus streckt ihr die Hand entgegen als Einladung, dass sie herauskommt aus dem Käfig. Allerdings ist sie zusätzlich gefesselt. Gerlinde bekam dazu die Aufgabe, die Namen der Fesseln 4 zu notieren. Beim Bild der gefesselten Person gestaltete sie die Fesseln mit Bindfäden, die sie um den Körper band; an deren Rückseite befestigte sie Zettel mit der Aufschrift der Namen dieser Fessel (Verstrickung in Beziehungen). Diese Binden sollten dann symbolisch entfesselt und mittels Gebet (religiöse Ressourcen der Patientin) noch zusätzlich sinnenkundig in die Beziehung zu Jesus eingebracht werden („Entmachtung“ der dysfunktionalen Überzeugungen/Neue Bewertungen aus der Perspektive einer positiven Gottesbeziehung einüben). 3 4
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Entfesselung oder Beseitigung vom Etikettenschwindel im Prozess (2)
Abbildungen auf den Seiten 34 und 35: Einladung aus dem Kerker – die Frau im Käfig Die Gefesselte Person Einladung in die Freiheit In der anschließenden seelsorgerlich-therapeutischen Sitzung gestalten wir einen Therapieraum, indem wir die Gegenwart Gottes symbolisieren mit Kreuz (Lösung von den Fesseln der Vergangenheit), siebenarmigem Leuchter (Gegenwart des Geistes Gottes, der aufdeckt und neu belebt) und Kerze. Zusätzlich werden die im Raum hängenden Bilder von afrikanischen Frauen einbezogen, die Lasten tragen. Die Bilder der Patientin liegen auf einem Tisch davor. Im symbolischen und spirituellen Auflösen des Lebensskripts (Neuorientierung/Neubewertung) erfährt sie eine Entlastung, fühlt sich stärker und selbstbewusster. In der Nachbetrachtung der Sitzung werden wir aufmerksam auf die Darstellung der gefesselten/entfesselten Person: Sie ist als „Page“, weder Mann noch Frau, gemalt.
Jesaja 61, 1f „Fesseln“ sind hier symbolisch zu verstehen: Im Drehbuch ihres Lebensfilms sind quasi „Selbstinstruktionen“ notiert wie das Ziel in der Beziehung zu ihren Kindern „versuche immer eine gute Mutter zu sein“ mit der Falle von Selbstabwertung/Selbstverdammnis, wenn dieses unrealistische Lebensziel nicht verwirklicht wird.
THERAPIEGRUNDLAGEN
Wohin mit der Freiheit
„Müllentsorgung“
Abbildungen: Therapiesetting Entfesselung im Prozess (1) Entfesselung oder Beseitigung von Etikettenschwindel 5 im Prozess (2) „Müllentsorgung“ Im weiteren Prozess der Behandlung – Gerlinde hatte ihren Entfesselungsgang in dieser Sitzung fotografiert – realisierte sie, nicht genau zu wissen, wohin sie mit ihrer erlangten Freiheit soll. Auch diesen Erkenntnisschritt setzte sie kunsttherapeutisch um. Abbildung: Wohin mit der Freiheit? Sie malte dann abschließend ein Bild, indem sie an der Hand von Jesus als junge Frau in die Freiheit geführt wird. Bibelworte 6 die ihr währenddessen Mut eingeflösst hatten, umrahmen diesen gemalten Vorgang. Die schicksalhafte Unglückserwartung scheint einer lichtvollen Zukunftshoffnung und einem deutlich stärkeren Kohärenzerleben Platz gemacht zu haben.
ÜBER DEN AUTOR
Anmerkung: Unser Dank gilt besonders Gerlinde, dass sie uns die Bilder zur Verfügung gestellt und diesen Bericht persönlich autorisiert hat. Wir wünschen ihr in besonderem Maße wohltuende Erfahrungen mit Jesus auf dem Weg in die Freiheit der Individuation.
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Als Etikettenschwindel bezeichneten wir die Zuschreibung von Attributen wie „du bist eine Last…“ Es handelt sich um die ersten Verse aus Psalm 27
Rainer Oberbillig ist Dipl. Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut, er ist als Supervisor für Verhaltenstherapie an der Landespsychotherapeutenkammer akkreditiert und Leitender Psychologe an der de’ignis-Fachklinik.
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designritter/photocase.com
THERAPIEGRUNDLAGEN
(Fortsetzung des Titelthemas von Seite 6)
Natürliche und geistliche Identität VON WINFRIED HAHN
G
esunde Identität hat sehr viel mit der Fähigkeit zu tun, sein Leben zu bewältigen und damit zu steuern. Die Steuerfähigkeit ist eine direkte Auswirkung einer authentischen angemessenen Identitätsentwicklung. Wenn sich jemand mit seinen Lebensumständen nicht identifizieren kann, so entsteht in ihm eine innere Spannung, die ihre Ursache darin hat, dass er Bereiche seines Lebens und seiner Umstände ablehnt und sich in seinem Inneren nicht deckungsgleich, als nicht identisch, sondern zerrissen empfindet. Diese Spannungszustände können das Wohlbefinden so stark beeinträchtigen, dass unerwünschte Verhaltensweisen in Form einer Symptombildung einer psychischen Erkrankung entstehen und der Mensch die Steuerfähigkeit über sein Leben verliert. Somit hat die natürliche Identität sehr viel mit der Fähigkeit zu tun, die Umstände seines Lebens zu bewältigen, zu steuern und damit zu verarbeiten. Dies wird in Skizze 3 dargestellt.
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Die Bibel legt jedoch nahe, dass es für den gläubigen Menschen nicht nur eine natürliche Identität, sondern auch eine geistliche Identität gibt. Diese geistliche Identität nennt das neue Testament die neue Schöpfung. Die Bibel spricht davon, dass wir dem alten Menschen gestorben sind und nun eine neue geistliche Identität empfangen haben. Paulus bringt es mit folgendem Ausspruch kurz zusammengefasst auf den Punkt: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Was ist nun diese neue, diese geistliche Identität? Wenn Paulus sagt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir, das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“, dann verneint er damit nicht die Existenz der natürlichen Identität. Wie aus den obigen Ausführungen zu ersehen ist, ist die natürliche Identität die Steuerfähigkeit des Menschen über die verschiedenen Bereiche seines Lebens. Die Bibel lehrt sehr klar, dass der Mensch für sein Tun und Handeln verantwortlich ist. So lesen wir im Epheserbrief, dass das Ziel
THERAPIEGRUNDLAGEN
der menschlichen Entwicklung, so wie Gott sie sieht, der mündige, selbstverantwortete Mensch ist, der nicht mehr den Machenschaften und Beeinflussungen seiner Umwelt schutzlos ausgeliefert ist. (Eph. 4,13 und 14: „...bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi. Denn wir sollen nicht mehr Unmündige sein, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Winde der Lehre ...“). Dies ist die Beschreibung eines mündigen und verantwortungsbewussten Menschen. Auch der gläubige Christ wird sich Gedanken darüber machen, welchen persönlichen Stil in Bezug auf Kleidung, Outfit, Beruf, Kindererziehung etc. er pflegen will. Diese geistliche Identität ersetzt also nicht die natürliche. Man kann ein geistlicher Mensch sein und in seinem persönlichen Lebensstil Anzug und Krawatte bevorzugen. Man kann aber auch als geistlich gesinnter Mensch ein alternatives Outfit pflegen. Das alte Wesen, die sündige Natur, von der die Bibel spricht, ist also nicht die natürliche Identität, sondern das sündige Wesen, das zwar unsere natürliche Identität durchzieht, aber nicht gleichbedeutend mit ihr ist. Das sündige Wesen oder auch das Fleisch beinhaltet Stolz, Egoismus und moralische Verdorbenheit und wohnt in jedem Menschen. Dies gilt es abzulegen. Es bedeutet jedoch nicht die Preisgabe seiner natürlichen Identität, die unabdingbar notwendig ist, um die Steuerfähigkeit und damit die Verantwortung für sein eigenes Leben wahrzunehmen. Was ist aber nun die geistliche Identität, von der die Bibel spricht? In jedem gläubigen Menschen wohnt der Heilige Geist und befähigt ihn, den Willen Gottes zu tun. Der Heilige Geist ist gleichsam eine Quelle der Kraft, des Lebens, der Vitalität und der Kreativität, eine über-
natürliche Gabe, die Gott als Geschenk dem Gläubigen ins Herz legt. Es ist die Natur und die Kraft, die das neue Wesen bestimmt. Es ist das Bewusstsein, Kind Gottes zu sein und in Gott einen Vater zu haben, der immer zu einem steht, der einen nicht im Stich lässt. Somit ist diese neue Identität gekennzeichnet von der Wirksamkeit des Heiligen Geistes, von der Erfahrung, Gott als Vater zu haben und Kind Gottes zu sein. Gleichzeitig empfangen wir von Gott Vision, Perspektive, ja, eine Berufung für unser Leben. Die Bibel zeigt, dass jeder, der Christus nachfolgt, eine wunderbare und herrliche Berufung hat. Da ist niemand zu schlecht, niemand zu unbegabt, niemand ist untauglich, um mit Gottes Hilfe etwas Gutes bewirken zu können. Das ist diese herrliche Berufung, dieser gewaltige und wunderbare Zuspruch Gottes an jeden Menschen: Ich kann etwas Gutes aus dir machen und ich habe dich dazu berufen, dass durch dich etwas Sinnvolles geschieht. Somit ist die göttliche Berufung Teil dieser neuen Identität, dieser geistlichen Identität aus Gott, die uns dazu befähigt, etwas Gutes zu tun, und uns beschenkt, unser Leben mit einer geistlichen Perspektive, d. h. mit Vision führen zu können. Jeder ist in der Lage, mit der Hilfe Gottes Gutes zu tun. Der eine hat die Gabe des Gebets, und seine Gebete bewirken Segen im Leben seiner Mitmenschen, der andere hat die Gabe der Ermutigung und des Tröstens, und er kann als Seelsorger wirken. Wieder ein anderer hat die Gabe der Evangelisation, um andere zum Glauben zu führen. Wieder ein anderer hat die Gabe, in schwierigen Lebenslagen Unterstützung und Hilfestellung im ganz praktischen Sinne zu geben. Jeder Mensch hat eine Berufung und Begabung, die Gott in sein Leben hineingelegt hat. Dies ist in höchstem Maße Sinn stiftend und förderlich für die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen und im Falle einer psychischen Erkrankung heilend und freisetzend. Diese neue Identität aus Gott
Natürliche Identität Bewältigung
Steuerfähigkeit Steuerfähigkeit
Vergangenheit
Gefühle
Umstände
Skizze 3 39
THERAPIEGRUNDLAGEN
Gott Heiliger Geist
Neue Schöpfung
Geistliche Identität
Gottesbild Vision Vergebung
Natürliche Identität
Vergangenheit
Gefühle
Umstände
Skizze 4
wird im Wesentlichen auch von dem Wissen und dem Bewusstsein bestimmt: Ich muss nicht perfekt sein, ich darf Fehler machen, denn mein himmlischer Vater steht zu mir und vergibt mir. Auf diese Weise wirkt diese neue geistliche Identität unterstützend, freisetzend und helfend auf unsere natürliche Identität ein. Natürliche und geistliche Identität sind in einem die Persönlichkeit entfaltenden positiven Wechselspiel. Die geistliche Identität und das Wirken des Heiligen Geistes unterstützt unsere natürliche Identität, wenn es darum geht, die Steuerfähigkeit, die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen. Der Heilige Geist befähigt zu einer authentischen, kreativen und erfüllten Lebensgestaltung (Skizze 4). Es ist ein tiefes Geheimnis, das sich nur dem glaubenden Menschen erschließt: Gott sagt Du zu uns. Du, ich mag Dich und freue mich an Dir. Indem Gott dieses gewaltige Gegenüber, der Schöpfer des gesamten Universums, „Du“ zu uns sagt, werden wir zum „Ich“. In der Begegnung des Schöpfers mit seinem Geschöpf finden wir zu dieser einzigartigen, übernatürlichen Identität, die uns zu dem werden lässt, was wir sind und sein sollen: Menschen mit Sinn, Ziel und Berufung. Gott sagt „Du“ zu seinem Geschöpf, dadurch werden wir zu seinem Gegenüber, d. h. wir werden zum „Ich“ und dürfen unsere kreative, schöpferische und sinnerfüllte Identität mehr und mehr entfalten. Dies ist das Ziel aller seelsorgerlichen und therapeutischen Bemühungen, nämlich, dass der hilfesuchende Mensch frei wird für die Begegnung mit Gott und dadurch seine Bestimmung, Berufung und damit seine 40
ganz persönliche Identität findet. Seelsorge und Therapie löst Blockaden und innere Verkrampfungen auf, um auf diese Weise die heilende und freisetzende Begegnung des Menschen mit seinem Schöpfer zu ermöglichen. Diese Begegnung zwischen dem Schöpfer und Geschöpf ist der entscheidende Faktor für die Heilung des Menschen in seinem tiefsten Inneren. Da, wo ein Mensch seine Verletzungen, Enttäuschungen und Ängste vertrauensvoll in Gottes Hand legen kann, entsteht diese heilende Begegnung zwischen Geschöpf und Schöpfer. Deshalb ist das Ziel aller seelsorgerlichen Bemühungen die Wiederherstellung und der Aufbau der oftmals zerbrochenen Vertrauensfähigkeit des hilfesuchenden Menschen.
Buch „Worüber man nicht spricht – Tabus in Seelsorge und Gemeinde“ von Ute Horn und Winfried Hahn Erschienen im SCM Hänssler Verlag .
ÜBER DEN AUTOR Winfried Hahn, Pastor or und Pädagoge Pädagoge, Christlicher Therapeut (de’ignis) Heimleiter de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor, Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen.
de'ignis aktuell Termine · Berichte · Neues aus den Einrichtungen
FACHKLINIK AKTUELL
D
de'ignis-Fachklinik gehört zu den „Besten Arbeitgebern im Gesundheitswesen“
as Great Place to Work® Institut Deutschland hat am 27.01.2011 in Berlin in Kooperation mit der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) die Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs „Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen 2011“ ausgezeichnet. Dabei ging es um die Qualität und Mitarbeiterorientierung von Kliniken sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen als Arbeitgeber. In der Kategorie „Kliniken“ erreichte die de’ignis-Fachklinik den 5. Platz. „Die Auszeichnung, die wir heute verleihen, steht für Glaubwürdigkeit und Fairness des Managements, Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Tätigkeit und für einen starken Teamgeist im Unternehmen“, sagte Gerd Hoofe, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, anlässlich der Preisverleihung. „Gute Arbeitsbedingungen und ein gutes
Arbeitsklima sind gerade auch im Gesundheitswesen besonders wichtig, denn gute Arbeitsbedingungen sind die Basis für das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine Voraussetzung dafür, den hohen Anforderungen und Belastungen besser gewachsen zu sein.“ „Die Schaffung einer guten Arbeitsplatzkultur im Gesundheitswesen ist nicht einfach, aber möglich und machbar“, so Frank Hauser, Leiter des Great Place to Work® Institut Deutschland. „Davon profitieren letztlich alle – die Beschäftigten, die Einrichtungen und nicht zuletzt die Patienten und Pflegebedürftigen.“ Zu zwei Dritteln basierten die Ergebnisse der Auswertung auf einer im Herbst 2010 durchgeführten Mitarbeiterbefragung zu zentralen Arbeitsplatzthemen wie Führung, Zusammenarbeit, berufliche Entwicklung, Anerkennung und Stolz der Mitarbeiter auf die eigenen Leistungen. Insgesamt wurden bundesweit rund 25.000 Mitarbeiter zur Qualität der
Arbeitsplatzkultur in ihrer Einrichtung befragt. Das restliche Drittel der Bewertung der Kliniken ergab die Beurteilung von Maßnahmen und Konzepten der Gesundheitseinrichtungen im Bereich der Personalarbeit. Trotz zahlreicher anderer Termine an diesem Tag ließ der Parlamentarischer Staatssekretär der Bundesministerin für Arbeit und Soziales und Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel es sich nicht nehmen, den Vertretern der de’ignis-Fachklinik persönlich bei dem Festakt im Berliner Umweltforum zu gratulieren. 41
FACHKLINIK AKTUELL
Kompetenz.
Und Gottv ertrauen.
Innovation findet weitere Fans Ärztepräsident Panter begrüßt Modellprojekt
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ie in Kooperation mit Deutscher Rentenversicherung BadenWürttemberg, AOK Nordschwarzwald, Bundestagsabgeordnetem HansJoachim Fuchtel und de’ignis-Fachklinik entwickelte und 2007 realisierte Assessment-Idee findet immer mehr bedeutende Unterstützer. Mit dem Präsidenten des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) Dr. med. Wolfgang Panter kam jetzt ein weiterer zentraler Akteur speziell zum Kennenlernen dieses Projektes in den Nordschwarzwald. „Ich werde Ihr Modellprojekt nach vorne tragen und es bei unseren Verbandstreffen publik machen. Diese neue Assessment-Politik hat Zukunft“, sagte Dr. Panter am Ende der dreistündigen Veranstaltung. Zur Diskussionsrunde in den Räumen der de’ignis-Fachklinik in Altensteig kamen Vertreter aus der Arbeits- und Allgemeinmedizin, der Krankenkassen sowie Unternehmer der Landkreise Calw und Freudenstadt. Auch Erhard Weiß von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege kam aus Karlsruhe dazu. Hans-Joachim Fuchtel misst speziell der Arbeit der Betriebs- und Werksärzte im Blick auf die Realisierung einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit und der Wahrnehmung der Belange der Gesundheitsvorsorge erhebliche Bedeutung bei. „An der längeren Lebensarbeitszeit führt angesichts der demographischen Entwicklung und der längeren Lebenserwartung kein Weg vorbei“, habe erst kürzlich auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks bei seinem Besuch im Nordschwarzwald unterstrichen. Otto Kentzler habe darauf hingewiesen, „dass sich nur so der Wohlstand in Deutschland auf Dauer halten lässt“, erinnerte der Parlamentarische Staatssekretär.
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Ein Arzt kann Patienten mit Verdacht auf eine depressive Erkrankung, die bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert sind, ohne Formalitäten telefonisch für das AssessmentCenter im de’ignis-Gesundheitszentrum anmelden. Am Schluss einer Intensivwoche mit umfassender Diagnostik und Probebehandlung wird die optimale Weiterbehandlung des Betroffenen eingeleitet. Ohne das Engagement der AOK Nordschwarzwald, der Rentenversicherung Baden-Württemberg und der de’ignis-Fachklinik hätte man das Pilotprojekt in Egenhausen nicht auf den Weg bringen können, betonte der Abgeordnete. Damit sei auch manches Patienten-Schicksal von psychisch Erkrankten bereits zum Guten gewendet worden. „Ich wundere mich ohnehin, dass das Problem bislang im Interesse der Menschen nicht breiter diskutiert worden ist“, sagte Fuchtel. Assessment-Center wie jetzt in Egenhausen/Altensteig praktiziert seien von sichtbarem volkswirtschaft-
Der einfac he
Weg zu
r Depressi onsbehand Assessmen lung. t-Center.
en nN uuttze zen n lichen Nutzen. Für Dr. Wolfgang Panter wird die Qualifizierung der Mitarbeiter künftig eine besondere Bedeutung haben, um im Alter alternative Arbeiten ausführen zu können. Fuchtels Idee, den Menschen früher zu helfen, bei einer Erkrankung in der beruflichen Bahn zu bleiben oder zurückzufinden, sei praxistauglich, wie die zwischenzeitlich fast über 300 Einzelfälle belegten, sagte der Präsident. Die Assessment-Idee sei in den klein- und mittelständischen Betrieben und bei der Ärzteschaft noch zu wenig bekannt, waren sich die Experten einig. „Man braucht gerade in kleineren und mittleren Betrieben jeden und muss mehr für Erhalt und Wiedererlangung der Gesundheit tun“. Überarbeitung der Pressemitteilung von W. Klein-Wiele
Zukunft hat die Assessment-Idee aus dem Nordschwarzwald auch auf Bundesebene. Über das Pilotprojekt diskutierten mit Ärzten, Unternehmern und Krankenkassen-Vertretern in Altensteig (von links): Geschäftsführer Christian Kratzke (AOK Nordschwarzwald), Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel, Präsident Dr. Wolfgang Panter (Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte) sowie Geschäftsführer Claus J. Hartmann (de’ignis-Fachklinik). Foto: W. Klein-Wiele
DE’IGNIS AKTUELL
Mit unserem Messestand unterwegs
Auch in diesem Frühjahr waren wir wieder mit unserem Messestand unterwegs. Den kompletten Kongress Stand hatten wir christlicher Führungskräfte auf dem Kongress www.führungskräftekongress.de christlicher Führungskräfte aufgebaut. Knapp 3.800 Besucher kamen vom 24. bis 26. Februar zu dem Treffen unter dem Motto „Mit Werten in Führung gehen“ nach Nürnberg. In mehr als 60 Seminaren aus 15 Bereichen ging es u. a. um die Themen Wirtschaft und Ethik, Glaube am
Arbeitsplatz, christliche Führungsprinzipien, gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, Work-LifeBalance und Persönlichkeitsentwicklung. Parallel zu den Plenumsveranstaltungen und Seminaren informierten sich die Kongressteilnehmer auf der Messe mit über 240 Ausstellern. Am Stand von de’ignis konnten sich die Besucher bei einer Tasse Kaffee oder einem Kaltgetränk über die vielseitigen Angebote der de’ignis-Fachklinik erkundigen. Dabei ergaben sich wieder zahlreiche gute Gespräche.
Altensteiger Gesundheitstag Bei strahlendem Sonnenschein fand am 10. April 2011 der 3. Altensteiger Gesundheitstag statt. Auch dort waren wir mit einem, wenn auch kleineren, Stand vertreten um die Bevölkerung in der Region über die Angebote der de’ignis-Fachklinik zu informieren. Begleitet wurde die Ausstellung von einem umfassenden Rahmenprogramm, zu dem neben zahlreichen Präsentationen und einigen Attraktionen für Kinder im Außenbereich auch eine interessante Auswahl von Gesundheitsvorträgen gehörte. Deutscher evangelischer Kirchentag Die nächste Gelegenheit zu einem Besuch am de’ignis-Messestand besteht vom 1. bis 5. Juni beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. Unser Stand wird im Zelt V6b zu finden sein.
Beteiligung von de'ignis-Fachklinik an Forschungsprojekt der Universität Freiburg Vorstellung des Ergebnisses auf dem 20. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium in Bochum Die de'ignis-Fachklinik beteiligte sich am Forschungsprojekt „Bedarfsgerechte Patienteninformation für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden auf der Basis subjektiver Konzepte“, das von der Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin am Universitätsklinikum Freiburg (Direktor: Prof. Dr. med. W. H. Jäckel) durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wurden in einem Referat auf dem 20. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium im März 2011 in Bochum vorgestellt. Ein Abstract wurde von Katja Heyduck, Dr. Manuela Glattacker und Dr. Cornelia Meffert im 560 Seiten umfassenden Buch zum Kolloquium
(DRV-Schriften Band 93, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung Bund) veröffentlicht: „Charakteristika der Ausprägung subjektiver Krankheits- und Behandlungsrepräsentationen bei Patienten mit depressiver Störung in Abhängigkeit von verschiedenen soziodemographischen Variablen“. Patientenseitige Krankheits- und Behandlungskonzepte gelten als zentrale Einflussgrößen auf gesundheits- und krankheitsbezogenes Verhalten. Als Kernstück des Common-Sense-Selbstregulationsmodells (Leventhal et al., 2001) steuern sie die Auswahl und Umsetzung von Bewältigungsverhalten und werden mit einer Vielzahl von gesundheitsbezogenen Outcomes in Zusammenhang gebracht (Hagger & Orbell, 2003). Damit sind sie auch
ein wichtiger Indikator des kognitiven und emotionalen Ausgangszustandes, mit dem Patienten eine Rehabilitation antreten. Mit dem Ziel, Ansatzpunkte für eine bedarfsgerechtere Gestaltung von Interventionen gerade auch im Rahmen der Rehabilitation zu identifizieren, wird im vorliegenden Beitrag der Frage nachgegangen, inwieweit die Ausprägung der Repräsentationen zu Krankheit, Medikation und Rehabilitation und die Bewertung bisheriger krankheits- und behandlungsbezogener Informationen bei Patienten mit depressiver Störung in Abhängigkeit von verschiedenen soziodemographischen Variablen variiert. Der vollständige Text des Abstracts kann auf der de’ignis-Homepage angeschaut werden. 43
FACHKLINIK AKTUELL
Zimmerrenovierung in der Klinik Egenhausen
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achdem wir in den vergangenen Jahren verstärkt in die Klinik in Altensteig investiert hatten, war im vergangenen Jahr die Klinik in Egenhausen an der Reihe. Über die neue Rezeption haben wir bereits im letzten Magazin berichtet. Aber das war noch lange nicht alles:
In einem Gruppenraum und in Fluren ... wurden neue Teppiche verlegt und in den Fluren neue Brandschutztüren mit einem Glasausschnitt eingebaut, so dass nun auch in die Flure Tageslicht kommt.
Das Schwimmbad ... wurde in einem warmen Braunton neu gefliest und um das Becken eine Edelstahlumrandung angebracht, so dass das Schwimmbad in neuem Glanz erstrahlt.
Im Speisesaal ... wurden die Möbel neu bezogen.
Die Besuchertoiletten ... wurden komplett saniert.
Im ganzen Haus ... wurden die Stühle restauriert/neu gestrichen.
Nahezu alle Zimmer ... wurden aufwändig renoviert, d. h. neue Teppiche verlegt, die Betten ausgetauscht und teilweise die Nasszellen saniert. Die Spielgeräte ... auf unserem Spielplatz wurden gegen neue ausgetauscht und in dem Zusammenhang wurde der ganze Bereich neu gestaltet. Unsere Klinik in Egenhausen ist nun wieder so richtig schön.
INSTITUT AKTUELL
Treffen der de’ignis-Beratungsstellen
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in Treffen mit unseren Kooperationspartnern aus den de’ignisBeratungsstellen hat immer einen familiären Charakter, das konnten wir übereinstimmend auch dieses Frühjahr feststellen. Zum Teil von den äußeren Enden unseres Landes her kommend, nahmen unsere Partner den weiten Weg auf sich, um die Beziehungen untereinander und zu de’ignis hin zu vertiefen. Anteil nehmen an der Entwicklung der Fachklinik und des Instituts und genauso an
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dem Wachstumsprozess der einzelnen Beratungsstellen, darum ging es allen Teilnehmern. Claus J. Hartmann als Geschäftsführer des de’ignis-Instituts nahm die Gelegenheit wahr, über die qualitative und inhaltliche Verbesserung der de’ignis-Einrichtungen zu informieren. Im Anschluss daran fand ein reger Austausch statt über verschiedene organisatorische und inhaltliche Fragen aus der „christlichintegrativen Beratungsarbeit“. Dazu gehörte auch der aktuelle Weiterbil-
dungsstand der Partner, insbesondere die Zulassung zur Heilkunde nach HPG/Heilpraktiker für Psychotherapie. Mit einem Fortbildungsteil „Hochsensibilität und christlichintegrative Beratung“ wurde ein interessanter Grundstock gelegt zum fachlichen Austausch. Nicht gering geschätzt wurden von allen Teilnehmern auch der persönliche Austausch und das Gebet füreinander.
DE’IGNIS AKTUELL
INSTITUT AKTUELL
„Wie Gott wirklich ist …“
Eindrücke vom Supervisionstag am 1. April 2011
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as Treffen christlicher Seelsorger, Berater und Therapeuten am 1. April 2011 stand unter dem Leitmotto oder Thema für die Selbsterfahrung: „Wie Gott wirklich ist…“ Als Fokus des Textes für das Bibliodrama mit Psalm 103 diente der Vers „Er weiß wie vergänglich wir sind…“ Dazu stehen die ausgewählten Schlüsselverse in reizvollem Kontrast: „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Gnade. Er wird uns nicht für immer Vorwürfe machen und nicht ewig zornig sein. Er bestraft uns nicht für unsere Sünden und behandelt uns nicht, wie wir es verdienen… Wie sich ein Vater über seine Kinder zärtlich erbarmt, so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten“ (NLB). Zunächst ergründeten wir mit den mehr als 20 Teilnehmern den Text mittels sog. Rumination, dabei wer-
den ausgewählte Teile des Psalms wiedergekäut, indem sie vom Vorleser im Raum gehend mehrmals proklamiert und von den Gehenden rezipiert werden. Von besonderer Relevanz ist dann die Resonanz, die einzelne Passagen/Schlüsselworte beim einzelnen erzeugt haben. Dabei war wieder die Erfahrung wertvoll, dass das Wort Gottes in die Lebenssituation einzelner stark hineinsprach. Auch die Spielphase – 5 Aktionsgruppen sollten jeweils einen Textabschnitt gestalten – sprach deutlich zu uns, die Kreativität der Spielgruppen spiegelte einiges von der Vielfalt des Lebens wieder, von der der Psalm handelt. Einig war man sich in der Auswertung des Bibliodramas, dass im Umgang mit der Religiosität von Ratsuchenden der eigene Gottesbezug entscheidend ist: er sollte dem Berater/Seelsorger/ Therapeuten bewusst sein, auch mit
seinen Zweifeln oder dunklen Seiten; von Gott kann nicht nur geredet werden, man muss ihn erleben, sinnenhaft greifen können. Der weitere Verlauf des Supervisionstages war der „interaktiven Fallarbeit“ gewidmet, zu der die Teilnehmer ihre fallbezogenen Fragen beitrugen. Neben der Klärung der Fragestellung oder des Auftrags des Klienten ging es auch um eine fragliche Diagnosestellung oder um methodische Ideen. Besonders berührt wurde der Teilnehmerkreis vom Erleben eines Therapeuten, der den Suizid eines gerade volljährig gewordenen Patienten zu verkraften hatte.
Nächster Supervisionstag: Freitag, 18. November 2011
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Endspurt des aktuellen Lehrgangs in „Christlich-integrativer Psychotherapie“
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nzwischen haben die verbliebenen 22 Lehrgangsteilnehmer/innen viele Hürden der Fortbildung nehmen können wie klinisches Praktikum oder die von einigen „gefürchteten“ Klausuren in biblisch-therapeutischer Anthropologie sowie psychische Störungsbilder & Interventionen. Insgesamt war das Lernniveau sehr hoch und die
Klausurergebnisse entsprechend: Die überwiegende Mehrheit hätte z. B. die schriftliche Heilpraktiker Prüfung „Psychotherapie“, wie sie in BadenWürttemberg üblich ist, erfolgreich absolvieren können! (mindestens 75 % richtige Antworten) Voraussichtlich werden im Juli zum Abschlussseminar etwa die Hälfte der
Neue Konzeption der Fortbildung
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n unserer Neukonzeption der bewährten Fortbildung in „Christlichintegrativer Psychotherapie sind wir neue Wege gegangen. Es wurde ein neues Leitungsteam gebildet. Zu diesem gehören: Dr. med. Doris SchneiderBühler, Ärztin, Coach, Beratungspraxis in der Region Schaffhausen. Auch Katrin Labs, Dipl.-Psych., systemische
Therapeutin, konnte dazu gewonnen werden. Beide Kolleginnen hatten zudem den „Therapiekurs“/Lehrgang III erfolgreich absolviert. Mit ihnen gemeinsam haben wir die Fortbildung in „christlich-integrativer Beratung & Therapie“ nicht nur renoviert, sondern auch inhaltlich neu konzipiert in Form von Modulen und
Gruppe alle Zertifizierungsvoraussetzungen in dem kurzen Zeitraum von 2 Jahren und 8 Monaten beisammen haben. Das verdient eine besondere Würdigung, die wir versuchen, mit einem Abschlusskolloquium zur persönlichen Berufung des einzelnen und einem Festakt/Festgottesdienst auszudrücken.
Start unseres neuen Lehrgangs: 10. – 12. November
Workshops. Die Grundstruktur als geschlossene Ausbildungsgruppe haben wir indes beibehalten. Termine der Schnupperseminare: Freitag, 05. August 2011 Freitag, 02. September 2011 Montag, 10. Oktober 2011 Bitte Anzeige auf Seite 51 beachten!
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de’ignisWohnheim – Haus Tabor
Neubau des de'ignis-Wohnheims – Haus Tabor macht große Fortschritte
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chnell schreitet der Neubau des de’ignis-Wohnheims – Haus Tabor voran. Der Rohbau wurde fertiggestellt, die Fenster wurden eingebaut, an den Installationsarbeiten (Elektrik, Sanitär und Haustechnik) wird mit Hochdruck gearbeitet. Um das Gebäude mit hoher Energieeffizienz betreiben zu können, wird sehr hochwertig gebaut, was sich in den Baukosten niederschlägt, aber sich in jedem Fall auf die Länge der Zeit rechnet und die Umwelt schont. So ist eine Heizanlage vorgesehen, die
weitgehend mit erneuerbaren Energien auskommt. Dieser Neubau ermöglicht es uns, unseren Bewohnern mehr Einzelzimmer anzubieten. Das bedeutet mehr Privatsphäre, was ein berechtigtes Bedürfnis ist, dem wir mit dem neuen Haus gerne nachkommen. Im Haus leben die Bewohner in kleinen Wohngruppen zusammen, was den Aufbau eines Wohntrainingsprogrammes in drei Stufen ermöglicht (siehe Skizze rechte Seite „Wohntraining“) Dieser Neubau wird mit Inventar
Unser Spendenbarometer
50.000 40.000
ca. 700.000 Euro kosten. Für uns eine gewaltige Summe. In unserer Finanzierung haben wir einen Betrag von 50.000 Euro über Spenden vorgesehen. Ca. 15.000 Euro sind bisher eingegangen. Wir sind zuversichtlich, dass wir diese Summe über unseren bisher sehr treuen Kreis von Unterstützern zusammen bekommen. Allerdings spüren wir den finanziellen Engpass sehr deutlich, denn wir haben durch den Bau wesentlich erhöhte Ausgaben. Dem gegenüber sind die geplanten Neueinnahmen durch zusätzliche Betten noch nicht verfügbar. Aber wir vertrauen auch in dieser Situation darauf, dass unser Herr, in dessen Dienst wir stehen, uns weiterhin treu versorgt. Bisher hat er uns nie im Stich gelassen.
30.000 20.000
15.000 10.000 0
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€
Unterstützerverein Haus Tabor e.V. Kto. 8317232 · BLZ 693 620 32 Volksbank Messkirch de’ignis-Wohnheim Kto. 105338 · BLZ 690 516 20 Sparkasse Pfullendorf-Messkirch
DE’IGNIS AKTUELL
Wohntraining im de'ignis-Wohnheim – Haus Tabor
Stationärer Bereich
Wohntrainingsstufe I
Wohntrainingsstufe II
Wohntrainingsstufe III
Pädagogische Arbeitstrainingsmaßnahme
Einüben lebenspraktischer Fertigkeiten im vollstationären Setting
Festigung der lebenspraktischen Fertigkeiten
Ausübung der lebenspraktischen Fertigkeiten
Ausgelagerte Wohngruppe
Ausgelagerte Wohngruppe
Pädagogisch/therapeutische Angebote Freizeitpädagogische Angebote Medizinische Betreuung Sozialdienst
Zusätzliche wohnstufenspezifische Gruppenangebote in verschiedenen Bereichen, z.B. Arbeit, Bildung, Kultur
Kooperation mit der Werkstatt für behinderte Menschen Notaufnahme und Clearing-Bett
Intensivbetreuung durch eine DiplomSozialarbeiterin
Zusätzliche wohnstufenspezifische Gruppenangebote (siehe Wohntr.st. I)
Betreutes Wohnen auf Probe
Geringerer Betreuungsschlüssel
Teilnahme am öffentlichen Leben, z.B. Berufspraktika
Betreuung rund um die Uhr
Erste Übungsmaßnahmen zur Teilnahme am öffentlichen Leben, z.B. VHS Kurse
Rückführung in den Herkunftslandkreis
Auf reges Interesse stieß bei den geladenen Gästen das Rohbaufest. Auf den Bildern sind Freunde, Bekannte, Nachbarn, Gesellschafter, mehrere Bürgermeister und Ortsvorsteher aus der Umgebung, Pfarrer, Mitarbeiter der Baufirma und Handwerker zu sehen. 47
de’ignisWohnheim – Haus Tabor
IDENTITÄT – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin
„Übereinstimmung“ – so wird Identität im Wörterbuch erklärt. Mit wem oder mit was stimme ich denn überein? Wenn wir uns unseren Fragen nach unserer Identität stellen, können wir mit sehr vielem übereinstimmen oder eben nicht übereinstimmen. Doch – was erfahre ich in der Bibel zu diesem Thema? Ein sehr wichtiger Punkt ist, dass der ICH BIN mir sagt wer ich bin – und somit erhält auch die Erklärung aus dem Wörterbuch eine ganz neue Bedeutung. Wie stimme ich mit dem überein, was Gott über mich sagt oder vielleicht auch zu mir sagt. Wie erfahre ich etwas davon was Gott über mich sagt? Wie redet Gott zu mir? Im Seminar „IDENTITÄT – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin“ gibt es vielfältige Angebote, um sich mit
dem auseinanderzusetzen was der ICH BIN denn zu mir sagen möchte, genau so wie jeder persönlich für sein eigenes Leben hören kann bzw. hören lernt. Beim Kreativen Segnen erhalten die Teilnehmer/innen Zusprüche, die durch Symbole „begreifbar“ werden. Intensive Lobpreis- und Anbetungszeiten schaffen die Grundlage, um von sich weg zu schauen und sich auf Gott auszurichten. Im Selbsterfahrungsteil werden alle Sinne angesprochen, um auf das Thema „IDENTITÄT – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin“ so vorbereitet zu werden, dass in der Kleingruppe neue Wege, Lösungen oder Ansätze für den Alltag zu Hause gefunden werden können. Der Ohrwurm „Der ICH BIN sagt mir wer ich bin“ ist ein Puzzleteil
im großen „Puzzle“ Identität. Gott hat uns als Originale geschaffen, zu denen wir werden dürfen und zu denen wir auch selbstbewusst stehen dürfen. Und so hören und sehen wir an diesem Wochenende auch immer wieder Mut machendes darüber, was der eine oder andere bisher auf diesem Weg so erlebt hat. Im Verlauf des Seminars geben wir auch Raum dafür, Gott gegenüber Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Dankbarkeit dafür, dass der ICH BIN mir sagt, wer ich bin. „IDENTITÄT – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin“ ist ein Seminar aus der Reihe Seelsorge mit allen Sinnen erleben und wird von einem speziell geschulten Seelsorge-Team auf der Nordalb in Kooperation mit Kirche im Aufbruch e. V. durchgeführt.
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Ich will meine Identität, meinen Wert, immer mehr von dem abhängig machen, was Gott über meinem Leben ausruft. Mich hat unter anderem bewegt, dass persönliche Schwierigkeiten und zum Teil langjährige große Lebensnöte Raum bekamen und nicht ein-
fach „unter den Teppich“ gekehrt wurden. Einige Mitarbeiter bezeugten, dass Gott gerade durch diese langen schmerzhaften Prozesse ihre Identität geprägt hat und viel Positives daraus erwachsen ließ. Ermutigend!
eben in Übereinstimmung mit dem was Gott über mich sagt Identität heißt „mit etwas übereinstimmen“. Mir wurde bewusst, dass ich im Alltag ganz automatisch mit vielen negativen Botschaften über mich „übereinstimme“ und wie völlig anders Gottes Einstellung zu mir ist.
Seelsorge mit allen Sinnen erleben
Schulung für Seelsorge
06. – 08. Januar 2012 Identität – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin
15. – 16.07.2011 21. – 22.10.2011 09. – 10.12.2011
Neustart in Langenhart
Jede/r TeilnehmerIn darf erleben, was es heißt, für Gott so wertvoll zu sein, dass ER ihm/ihr ganz persönlich begegnen möchte, um ihm/ihr dabei behilflich zu sein, zur gottgegebenen Identität zu finden und zu stehen. Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Tel.: 07575 92507-0 oder 07570 951967; E-Mail: seelsorgekurs@deignis.de 48
Verfasserin der Redaktion bekannt
Psychopathologie – Krankheitsbilder Therapieschulen und Behandlungswege Jugendseelsorge – „Freundschaft, Liebe, Sexualität“ Eingeladen sind Christen, Einstieg die einen inneren Ruf zur jederzeit Seelsorge verspüren. Intermöglich! essierte sind ebenfalls eingeladen. Gerade in unserer Zeit suchen immer mehr Menschen mit psychischen Problemen in christlichen Gemeinden Hilfe. Veranstaltungsort: Heu-Hotel Brigel-Hof, Meßkirch-Langenhart mit dem Angebot von Seminarräumen, freundlichen Zimmern, Heu-Hotel und Verpflegung vom Bio-Hof
www.deignis.de
DE’IGNIS AKTUELL
3-Ebenen-Modell der Seelsorge
Seelsorgekurs startet mit über 40 Teilnehmern
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in neuer Durchgang des de’ignisSeelsorgekurses startete in Langenhart bei Engelswies ganz in der Nähe des de’ignis-Wohnheims.
Nun werden wir an 10 Wochenenden die Teilnehmer in ein tieferes geistliches Verständnis über das, was die Bibel über den Menschen sagt, herangeführt. Dabei kann man sehr viel sich selbst entdecken und lernt sich selbst besser kennen. So durchläuft jeder Teilnehmer eine intensive persönliche Entwicklung im Sinne von Selbsterfahrung. Gleichzeitig werden auch breite fachliche Kenntnisse vermittelt, so dass die Teilnehmer befähigt werden, Menschen in Not zu begleiten. Die nachfolgende Skizze verdeutlicht, wo der Kurs seinen inhaltlichen Schwerpunkt hat (siehe 3. Feld in der Skizze).
Alltagsseelsorge Der seelsorgerliche Umgang aller miteinander: Gemeinschaft, Freundschaften, Kleingruppen, Hauskreise, Zweierschaften (Röm. 14,1-3.10;15,7; Gal. 6, 1+2)
Pastorale Seelsorge Seelsorge der Ältesten oder Leitung ( Jak. 5,13-17, Hebr. 13,17; 1. Tim. 4,11-5,2)
Gebet und Begleitung bei (schwerer) Krankheit, Hilfestellung in Lebenskrisen, Korrektur bei Sünde
Begleitende Seelsorge Persönliche Krisen, Reifungsprozesse, Psychische Erkrankungen (keine Heilbehandlung, „nur“ Begleitung) (1. Thess. 5,14)
Fachliche Beratung durch Ärzte und (christliche) Therapeuten Bei psychischen Krankheiten und schweren seelischen Störungen
POLEN AKTUELL
Bericht über de'ignis-Polen
N
ach wie vor sind wir in Polen sehr aktiv. Der zweite Durchgang der Seelsorgeschulung ist mit 35 Absolventen in der Nähe von Warschau zu Ende gegangen, ein neuer Durchgang startet im Herbst diesen Jahres im theologischen Seminar in Warschau. Im Dezember vergangenen Jahres hatten wir eine Konferenz mit mehreren hundert Teilnehmern und vielen Pastoren, wo wir unsere Anliegen weitergeben konnten. Die Rehabilitationswochen im Herbst diesen Jahres im Haus Ichthys in Pomysk mit unserem Mitarbeiterteam unter der Leitung unseres Psychiaters Dr. Jurek Czech waren sehr
segensreich. Auch sind wir mit Vorträgen und Predigten und mit etlichen Veröffentlichungen (Zeitschriften, Bücher, CDs, DVDs etc.) im ganzen Land präsent und wir spüren, dass Gott uns in diese Aufgabe hineingestellt hat. Aus dem ganzen Land erreichen uns dankbare Rückmeldungen darüber, welch wertvolle Orientierungshilfe für den Umgang mit hilfesuchenden Menschen unsere Aktivitäten sind. Für all diese Aufgaben benötigen wir große finanzielle Mittel, weil der größte Teil der polnischen Bevölkerung trotz wirtschaftlichem Aufschwung in Armut lebt und viele
Bishop Marek Kaminski mit Übersetzerin Agnieszka Matejek
Gemeinden damit belastet sind, ihre notleidenden armen Mitglieder und Familien zu versorgen. Für viele verschärft der wirtschaftliche Aufschwung sogar ihre finanzielle Not, weil die Preise im Land steigen. Deshalb sind wir für jede Hilfe von ganzem Herzen dankbar, weil sie uns hilft, diese wertvolle Arbeit in Polen weiterzuführen. Spendenkonto: Christliche Stiftung de’ignis-Polen Konto 7 260 512 BLZ 666 500 85 Sparkasse Pforzheim
Ingolf Ellßel mit Übersetzerin Iwona Cich“
Winfried Hahn mit Übersetzerin Agnieszka Matejek 49
ADRESSEN
Ambulante Therapie und Beratungsstellen (de’ignis) de’ignis-Gesundheitszentrum Sommerstraße 1 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0 info@deignis.de de’ignis-Wohnheim Fred-Hahn-Straße 32 72514 Engelswies Telefon 07575 92507-0 wohnheim@deignis.de de’ignis-Institut Beratungsstelle Lerchenstraße 40 72213 Altensteig Telefon 07453 9494-310 institut@deignis.de
Dorothea Reuther Beratungsstelle Dillweißensteiner Straße 9 75180 Pforzheim Telefon 07231 784088-0 dorothea.reuther@gmx.net Dagmar Göhring Ulmenweg 22 88605 Meßkirch-Langenhart Telefon 07570 951967 dabegoe@t-online.de Dr. med. Martina Dickhaut Beratungsstelle Ahornweg 2 25365 Kl. Offenseth-Spornieshoop martinadickhaut@gmx.de
Katrin Lehmann & Annette Kuhn Beratungsstelle Großenhainer Straße 137 01129 Dresden Telefon 0351-84387-77 kathrin.lehmann@deignis-dresden.de Magdalena Schnabel Beratungsstelle Max-Liebermann-Straße 9 73257 Köngen/N. Telefon 07024 8689169 info@jahwe-rapha.de
Erika Gasper Beratungsstelle Alte Jakobstraße 75 10179 Berlin Telefon 030 27591782 erika.gesper@freenet.de Gillian Flügel Beratungsstelle Am Bauschbergle 45 72108 Rottenburg Telefon 07472 7833 gillfluegel@hotmail.de
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Durchatmen, wenn die Luft raus ist. Effektive Präventionsangebote. Gesundheit ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden, werden unter dem Oberbegriff „Gesundheitliche Prävention“ zusammengefasst. Dabei ist viel Eigeninitiative gefordert, denn jeder kann die eigene seelische und körperliche Gesundheit stark beeinflussen. Eine praktische Anleitung, wie Körper und Seele gesund gehalten werden können, bieten unsere individuell gestaltbaren Gesundheitswochen und unser Kompaktkurs zur Stressbewältigung und -prävention.
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0 Telefax 07453 9391-193 info@deignis.de
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Detaillierte Informationen zu den Leistungen, Kosten und Terminen der de’ignis-Präventions-Angebote senden wir Ihnen gerne zu.
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wir führen psychotherapeutische Behandlungen nach einem christlich-integrativen Konzept im Rahmen von stationären und ambulanten (teilstationären) medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen durch. Zur Klinik gehören zwei räumlich getrennte Abteilungen für stationäre Behandlungen mit insgesamt 95 Betten, eine Abteilung für ambulante Rehabilitation mit 16 Plätzen sowie eine Abteilung für Prävention mit 12 Betten.
Für unsere Erweiterung suchen wir:
Oberärztin/Oberarzt
mit fortgeschrittener oder abgeschlossener psychotherapeutischer Weiterbildung (Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie).
Psychologin/Psychologe Auch Psychologische/r Psychotherapeutin/ Psychotherapeut in Ausbildung (Prakt. Tätigkeit in Psychiatrie und Psychosomatik) möglich.
Assistenzärztin/Assistenzarzt
Fortbildung in Christlich-integrativer Psychotherapie Start unseres neuen
mit Interesse an psychotherapeutischer Weiterbildung.
Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut/in Selbständig zur Niederlassung mit einer Praxis in unseren Räumen oder auf Honorarbasis mit einer Anstellung bei uns.
Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung.
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391- 0 info@deignis.de
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Für alle Interessenten bieten wir dazu Kurses: Auswahl- bzw. Schnupperseminare 10. – 12. unter dem Motto „Komm und sieh“ an: • persönliche Begegnung und November kennen lernen, • klären grundlegender Fragen zur Ausbildung, • Überblick über Fortbildungsinhalte und Seminarunterlagen, • Wahrnehmungstraining mittels Therapievideo, • Mini-Selbsterfahrung.
Termine der Schnupperseminare: Freitag, 05. August 2011 Freitag, 02. September 2011 Montag, 10. Oktober 2011 de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Dipl. Psych. Rainer Oberbillig Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig Telefon 07453 9494-0 od. 07453 9391-0 institut@deignis.de
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Bei Unzustellbarkeit oder Mängeln in der Anschrift senden Sie bitte eine Benachrichtigungskarte an diese Adresse: de’ignis Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
de'ignis-Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation • Anschlussrehabilitation • Sanatoriumsbehandlungen • ambulante Behandlungen • Nachsorge IRENA/ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention/Vorsorge • Assessment-Center
de'ignis-Wohnheim – Haus Tabor Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Seelsorgeschulung • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik und individuelle Betreuung
de'ignis-Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben • Fortbildung in Christlich-integrativer Psychotherapie • Vernetzung von Fachleuten • Ambulante Dienste: – Supervision – Referenten zu diversen Themen für Ihre Veranstaltungen – Seminare für Ehepaare – Beratungsstellen für ambulante Beratung und Therapie – Weitere Angebote zur Prävention und Rehabilitation
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Christliche Stiftung de'ignis-Polen • Schulung • Freizeit • Ambulante und stationäre Therapie (in Planung)