magazin Nr. 52/2016
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Christlicher Glaube und seelische Gesundheit. Praktische Grundlagen der de’ignis Arbeit.
• Ed i tori al •
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
diese Ausgabe ist für mich, Claus-J. Hartmann, etwas Besonderes, da vor fast 30 Jahren die Geschichte von de’ignis begonnen hat. Damals begegnete ich Rainer Oberbillig und wir erkannten etwas Großartiges verwirklichen zu können. Ein Gedanke, eine Idee, eine Berufung, weitere Partner und es ging los. Jetzt, mit dieser Ausgabe, nach einer überaus intensiven und erfolgreichen Zeit, geht Rainer Oberbillig als Mitgesellschafter und Mitarbeiter der de’ignis-Fachklinik in den wohlverdienten Ruhestand. Eine Zäsur? Nein, keine. Sondern einfach nur Dankbarkeit und Freude über die tolle Zusammenarbeit, die Einheit und die schöne erfolgreiche Gemeinschaft. Rainer Oberbillig hat als Mitgesellschafter der de’ignisFachklinik mit dazu beigetragen, dass wir als de’ignis uns weiterentwickelt haben. Begonnen hat es mit dem Angebot der stationären medizinischen Rehabilitation in der Fachklinik, dann die Beteiligung am de’ignis-Wohnheim, die Gründung des de’ignis-Instituts, Entwicklungshilfe in Albanien und die Gründung der de’ignis-Stiftung in Polen. Rainer Oberbillig war in den letzten Jahren therapeutischer Leiter der de’ignis-Tagesklinik und hat diese mit aufgebaut. Dort bieten wir ambulante medizinische Rehabilitation, ein Assessment-Center zur Begutachtung von psychischen Erkrankungen und weitere interessante Behandlungsangebote für einzelne Kostenträger an. Ich möchte Rainer Oberbillig für die sehr wertvollen Jahre des gemeinsamen Wirkens und Gestaltens dieser segensreichen Arbeit, durch diese Zeilen Dank und Anerkennung ausdrücken. Er hat einen großartigen Beitrag dazu geleistet, die christlich-integrative Psychotherapie mit- und weiterzuentwickeln. Als Teil der Institutsleitung war er maßgeblich an der Therapieentwicklung „christlichintegrative Psychotherapie“ beteiligt. Auf dieser Grundlage entstand unter seiner Federführung die Fortbildung „christlich-integrative Therapie“, die viele Teilnehmer erfolgreich durchlaufen haben. Bis heute wird dieser, von PD Dr. Herbert Scheiblich und Winfried Hahn, weiterentwickelte Kurs mit Erfolg angeboten. Wir sind sehr dankbar und glücklich, dass Rainer Oberbillig auch weiterhin als Mitgesellschafter und Mitarbeiter am de’ignis-Institut tätig sein wird. Die von Rainer Oberbillig im de’ignis-Magazin verfassten Beiträge sind Ergebnis der inhaltlichen Reflexion seiner Gedanken und Ergebnisse der Mitentwicklung unserer christlich-integrativen Psychotherapie. In jeder Magazinausgabe gab es einen Artikel von ihm, so sind dabei insbesondere seine Artikel in der Rubrik Therapieentwicklung hervorzuheben.
In den vergangenen Ausgaben haben wir Sie an unseren Grundlagen teilhaben lassen. Mit dieser Ausgabe möchten wir Ihnen einen Einblick in die Praxis der de’ignis-Arbeit geben. Rainer Oberbillig schreibt zum sehr aktuellen Thema „christliche Therapie im gesellschaftlichen Kontext“ Seite 6 , Dr. med. Rolf Senst zeigt Inhalte der Trauma-Therapie, wie wir sie in unserem Behandlungsspektrum anbieten, auf Seite 35 . Ebenso werden Sie auch über einige unserer Behandlungsangebote wie Musiktherapie Seite 18 , Ergotherapie Seite 24 und Physiotherapie Seite 14 lesen können. Zur Diskussion stellen wir den Artikel „Christlicher Glaube und Entwicklungspsychologie“ unseres de’ignis-Institutsbeirates Dr. phil. Veit-Uwe Hoy Seite 48 . Es handelt sich somit wieder um eine hochspannende Ausgabe des de’ignis-Magazins, in der natürlich auch über die de’ignis-Organisationen und deren aktuellen Entwicklungen berichtet wird. Wir freuen uns, wenn Sie unsere wichtige Arbeit weiterhin unterstützen, insbesondere der weitere Ausbau unserer Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien sowie Flüchtlinge, wo wir verstärkt auf finanzielle Hilfe angewiesen sind Seite 54 . Wir wünschen Ihnen tolle Anregungen und ein fruchtbringendes Lesen.
Ihr Sebastian Hartmann, Winfried Hahn, und Claus-Jürgen Hartmann, die Herausgeber
Claus-Jürgen Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik und de’ignis-Institut
Sebastian Hartmann Unternehmensentwicklung, de’ignis-Fachklinik und de’ignis- Institut
Winfried Hahn Geschäftsführender Heimleiter, de’ignis-Wohnheim, Vorstandsvorsitzender Christliche Stiftung de’ignis-Polen
Grundlagen
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Christliche Therapie im multikulturellen Umfeld 06
Rainer Oberbillig
Glaube und Medizin 12
Dr. med. Rainer Kloß
Ergotherapeutische Arbeit mit der Gottesbeziehung als Ressource
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Monika Grimm
22
Interview: Mein innerer Werdegang
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Nora Rindfuß
24
Lebensentscheidende Gedanken – Kognitive Therapie im christlichen Kontext
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Daniela Kohlert
26
io
41
Winfried Hahn
ss
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n
Zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit
Leben und arbeiten im de’ignis-Wohnheim
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44
de’ignis-Wohnheim
Christlicher Glaube und Entwicklungspsychologie
•
n
18
35
Dr. med. Rolf Senst
io
Manuela Bühler
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48
Dr. phil. Veit-Uwe Hoy
ss
14
Theresa Albrecht
Spirituelle Musiktherapie und Erfahrungsbericht
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30
Dr. rer. nat. Marie-Luise Kesting
Traumata und ihre Behandlung
Körperliche Ansätze in der ganzheitlichen Therapie von Depressionen
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Z D ur is ku
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Das Selbstwertgefühl in der christlich-integrativen Beratung und Therapie
Z D ur is ku
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Aktuell
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Was hat sich entwickelt? Welche Angebote gibt es? Berichte, Termine, Aktuelles von de’ignis
• Redaktion Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Sebastian Hartmann, Rainer Oberbillig, Maike Prolingheuer, PD Dr. med. Herbert Scheiblich Konzept und Design
Timm Hartmann, mail@nimmtimm.de Implementierung und Produktion AD Dipl.-Ing. Rainer Haas, haas@ad-stuttgart.de Druck Offizin Scheufele, Stuttgart Papier Circle Offset Premium White Auflage 16.000 Herausgeber de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: +49 (0) 7453 9391 0 Fax: +49 (0) 7453 9391 193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE50 6426 1853 0062 1680 02 BIC: GENODES1PGW
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Fachklinik, Institut und Wohnheim
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: +49 (0) 7453 9494 0 Fax: +49 (0) 7453 9494 396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE60 6426 1853 0066 6240 02 BIC: GENODES1PGW
Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC: PZHSDE66XXX Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.
Auf 100% Recyclingpapier gedruckt
Ökologische und nachhaltige Druckproduktion, 100 % Recyclingpapier – spart Rohstoffe und vermindert die Abgasemissionen, FSC® zertifiziert und mit EU EcoLabel ausgezeichnet.
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Grundlagenthema • Text: Rainer Oberbillig
Christliche Therapie im multikulturellen gesellschaftlichen Umfeld Über die praktikablen Umsetzungen therapeutischer Konzeptionen auf interkulturelle Fragestellungen und „spirituelles Wohlbefinden“ als gesundheits- oder integrationsfördernder Faktor.
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Kontextbedingungen für eine interkulturelle Therapie
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Foto: shadowtricks / photocase.de
Eigentlich sind wir als Menschen neugierig auf das Fremde, uns wenig Vertraute, solange wir wohl nicht zu viel darin involviert werden. Gerne bereisen deutsche Urlauber ferne Länder, wenn sie nur im sicheren Hotel oder wenigstens unter westlichem Management betreut werden. Das Abenteuer fremder Länder und Kulturen lockt die einen, den anderen macht das Fremde, das Ausländische Angst oder bereitet Unbehagen, bestätigt die Vorurteile. Man versteht die Sprache nicht. Im eigenen Land und vertrauten Umfeld fühlt man sich möglicherweise gestört durch anderen kulturellen Ausdruck oder von z. B. modischen, auch religiösen Accessoires. Die selbstgerechte und abgrenzende deutsche ‚kleinbürgerliche‘ oder spießbürgerliche Haltung gegenüber dem Ausländischen parodiert Gerhard Polt so richtig „ätzend“: In dem vor vielleicht 30 Jahren erschienenen Film „Man spricht deutsch“ nimmt er satirisch den „typischen“ damaligen Italienurlauber aufs Korn mit seiner Unfähigkeit, sich auf den doch so heiß begehrten Süden kulturell wenigstens für eine kurze Urlaubszeit einzulassen. Inzwischen hat eine starke Einwanderung aus anderen Kulturkreisen nach Deutschland stattgefunden, die entsprechend auch in der Zusammensetzung der Klienten an unserer Tagesklinik widergespiegelt wird. Verschiedene Formen der Zuwanderung sind dabei zu unterscheiden, ebenso typische Phasen oder Prozesse der Aneignung der Kultur des Gastlandes. Demgegenüber fehlt es noch immer an praktikablen Umsetzungen therapeutischer Konzeptionen auf interkulturelle Fragestellungen. Beispielhaft sollen hier Menschen aus osteuropäischen Staaten mit sogenannter „deutscher Volkszugehörigkeit“ betrachtet werden: „Sie haben einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft, auch wenn gerade die Einwanderer (Spätaussiedler) der letzten Jahre oft selbst nicht mehr deutsch sprechen. Es ergibt sich die paradoxe Situation, dass Migranten mit deutschem Pass in Deutschland leben und sich doch nur auf Russisch, Rumänisch oder Polnisch verständigen können –
während Inhaber eines türkischen Passes der zweiten oder dritten Generation vielleicht sogar kaum noch türkisch sprechen, dafür aber deutsch mit bestem Berliner oder Kölner Akzent … Ein wesentlicher Unterschied zwischen Arbeitsmigranten (ehemals „Gastarbeiter“) und Aussiedler ist der Bezug zur Heimat: Bei vielen Arbeitsmigranten besteht (zumindest theoretisch) eine Rückkehroption, diese ist bei Russlanddeutschen nicht gegeben, daher ist hier das Gefühl von Entwurzelung oft besonders stark …, dies u. a. auch deshalb, weil viele Familien von Spätaussiedlern in ihren Familiengeschichten schwere, oft dramatische Geschichten erlebt haben, die mit ihrem Deutschsein zu tun hatten (z. B. mehrere Vertreibungen während des zweiten Weltkrieges, Lagerhaft, Zwangsarbeit u. v. a. m.) und sie die Hoffnung nun ‚nach Hause‘ zu kommen, oft auf tragische Weise nicht erfüllt sehen: In Russland waren wir ‚die Deutschen‘, und hier rufen sie ‚Scheißrussen‘! “1
Wir können allein anhand dieses Zitats gleich eine Menge Fragestellungen und Probleme aufwerfen: Inwieweit hat sprachliche Integration stattgefunden, mehr noch verbunden mit sprachlicher Kompetenz ist aber die Frage einer gelungenen Akkulturation? Kann ein Heimatgefühl beim Mitbürger ausländischer Herkunft aufgebaut werden, selbst wenn der Pass auf das Herkunftsland ausgestellt ist, also noch keine deutsche Staatsbürgerschaft formal juristisch gegeben ist? Wie werden schlimme Erfahrungen aus der Lebensgeschichte, sowohl des vorherigen Lebens (vor der Immigration) als auch des gegenwärtigen Gestaltens in der „Fremde“ verarbeitet? Interkulturelle Kompetenz muss alle diese Fragen letztendlich in einer kultursensiblen Psychotherapie mit berücksichtigen! Grundlage einer Psychotherapie auf christlicher Basis mit interkultureller Ausrichtung
Der bekannte Politiker der Grünen, Cem Özdemir, formuliert folgende Herausforderung an eine christliche Werteorientierung in der Psychotherapie, die ein „Bio-PsychoSpirituell-Soziales Modell“ des Menschen verwirklichen will: „Eine der spannendsten Fragen, die sich unserer Gesellschaft gegenwärtig stellt, ist, ob es uns gelingt,
ein Dach zu formulieren, unter dem sich alle hier lebenden Menschen – egal welchen kulturellen, ethnischen oder religiösen Hintergrund sie haben – wieder finden können. Ein solches Dach muss über stabile Stützen verfügen, damit es Angriffe jedweder Art abwehren kann.“ 2
Aus meiner Sicht – möglicherweise fern von „politischer Correctness“ – sehe ich dieses Dach in einer genuin christlichen Werteorientierung mit einer an Christus ausgerichteten Spiritualität. Dazu gehört etwa die Feststellung „vor Gott sind alle Menschen gleich“; theologisch ergänzt werden muss natürlich „in gleicher Weise geliebt, gesucht oder umworben, erlösungsbedürftig, unendlich wertvoll als Geschöpfe Gottes, mit vorauseilender Gnade angenommen durch das Kreuz Jesu Christi“. Biblische Aussagen unterstreichen die Notwendigkeit gegenseitiger Annahme, wie das Schlussfazit der sogenannten Bergpredigt Jesu, referiert im Matthäus Evangelium, speziell hier für interkulturelle Beziehungen: „Alles nun, was ihr wollt das euch die Menschen tun sollen, das tut ihnen auch.“ 3 Für eine einheitliche
Haltung aller Christen miteinander formuliert Paulus die Gleichwertigkeit der Nationen oder kulturellen Unterschiede in der Feststellung: „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche (nicht Menschen türkischer, syrischer oder afrikanischer Herkunft) 4, hier ist nicht Sklave (Zeitarbeiter? Arbeitsmigrant?) noch Freier (deutscher Staatsangehöriger mit Ausbildung?), hier ist nicht Mann noch Frau (Gleichstellung der Frau); denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ 5
Der Stolperstein in einer interkulturellen Perspektive scheint natürlich die Aussage „in Christus Jesus eins“ zu sein. Beachten wir aber andere Hinzufügungen des großen Völkerapostels Paulus, wie seine Predigt auf dem Areopag in Athen, wo er Bezug nimmt auf die Religiosität der griechischen Bevölkerung mit ihren verschiedenen Heiligtümern, zahllosen Göttern geweiht (Altar mit Aufschrift „dem unbekannten Gott“), sehen wir folgendes Statement zur Bestimmung jedes Menschen: „Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht
Wir stellen fest: Es bedarf im Miteinander der Kulturen und Nationen auch einer tiefen Überzeugung von Gottes Ebenbildlichkeit in einem jeden Menschen oder Mitbürger. Die religiöse Frage scheint damit ein solides Dach zu bieten, wie es Cem Özdemir einfordert. Weitere Säulen sind Gebote Gottes, die sein Herz für die Fremdlinge und andere Randgruppen in Gesellschaften zeigen, wie Witwen (auch Alleinerziehende, die modernen „loser“ in westlichen Kulturen) und Waisen. 7 Wir stellen fest: Die Bibel gibt uns eine solide Basis, die sozialen und interkulturellen Fragen zu lösen. Sie ermahnt uns zu einer Haltung des Respekts, der Annahme, der Demut – in Gleichwertigkeit vor Gott und Mensch – und der Liebe. Zusammengefasst finden wir das auch in dem „Werkzeug“ oder der Ressource des Heiligen Geistes „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit/Feigheit/ Fremdenangst gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ 8 Streiflichter aus der Arbeit der de’ignis-Tagesklinik
C. G. Jung konstatiert, dass alle Neurosen (psychosoziale Probleme) der zweiten Lebenshälfte im Kern einen religiösen Kontext haben: Wie soll ich mich selbst und meine Beziehungsnöte erkennen in einer kultursensiblen Psychotherapie ohne Bezug zur christlichen Spiritualität (wie wir es in unserer Klinikkonzeption verstehen)? Im Handbuch der therapeutischen Beziehung (Bd. 2) finden wir dazu folgende hilfreiche Klarstellung: „Weil Psychotherapie eben gerade nicht im wertfreien Raum stattfindet, ist es notwendig, sich als PsychotherapeutIn des eigenen kulturellen und ethnischen Erbes, der eigenen Wertsysteme, Überzeugungen und Voreingenommenheiten
bewusst zu sein und deren Einfluss auf die eigene therapeutische Arbeit zu reflektieren. Das gilt für den Umgang mit Religiosität im Rahmen der therapeutischen Praxis ganz besonders …“ 9
Unter anderem nennen die Autoren für den selbstkritischen Umgang mit Wertsystemen in der therapeutischen Arbeit weltanschauliche Kompetenz als wichtiges ‚Tool‘. Aussagen unserer Patienten mit multikulturellem Hintergrund scheinen uns zu bestätigen: „Ich habe bewusst Ihre Klinik gewählt, weil ich annehmen durfte, dass ich hier mit meiner (islamischen) Religion ernst genommen und eher verstanden werde.“ „Ich habe sehr wohl wahrgenommen, dass in Ihrer Klinik etwas Besonderes zu spüren ist; die Atmosphäre ist geprägt von Annahme und Ernsthaftigkeit Ihres christlichen Glaubens. Ich habe mich nur gefragt, warum Sie so zurückhaltend oder vorsichtig sind, in den Morgenimpulsen z. B. Sie dürfen ruhig etwas deutlicher sein in Ihren Vorträgen oder christlichen Impulsen zur Lebensbewältigung nach meiner Meinung.“ (Muslim
mit alevitischer Ausrichtung). Ich erklärte ihm hierzu, dass wir in der Tagesklinik gerne Rücksicht nehmen möchten auf ganz unterschiedliche Werteüberzeugungen unserer Patienten. Ein höchst interessantes Beispiel aus der kultursensiblen Psychotherapie habe ich für den islamischen Kulturkreis (Malaysia) gelesen im Artikel Einbeziehung der islamischen Religion in die kognitive Verhaltenstherapie in Malaysia. 10 Inspiriert von dieser Fallstudie befragte ich eine gläubige Muslima, ob sie Hilfen aus dem Koran bezüglich ihrer psychotisch anmutenden Angststörung (nächtliche Ängste) ziehen könne. Sie nannte uns eine entsprechende Broschüre mit einer Sammlung von Koran Suren zum Thema Ängste und deren Bewältigung. Sie zeigte sich unsicher, ob ihre Symptomatik mit dem Wirken eines „bösen Geistes“ (Dschinn) nach ihrem Volksglauben in Zusammenhang stehen könnte. Im weiteren Verlauf konnten wir die Patientin dann mit einer näherliegenden Analyse beruhigen: In der Kindheit war sie mit Geschwistern von der Mutter oft nachts verlassen oder allein gelassen worden, auch als Strafmaßnahme für fehlendes
‚Wohlverhalten‘ von dieser eingesetzt. Es handelte sich um einen „Pavor Nocturnus“, reaktiviert durch den Tod ihres Vaters und die bewusst gewordene ängstlich-unsichere Bindung zur Mutter; mit dieser Erklärung konnten wir die Aufmerksamkeit der Patientin umlenken auf zusätzliche psychosoziale Bewältigungsmodi ergänzend zum islamisch-religiösen Coping. Mit dem wachsenden Vertrauen zum therapeutischen Team und dessen interkultureller Kompetenz wurde sie offen, neben einem einmaligen zusätzlichen Gebetsangebot auch die Möglichkeit eines Paargesprächs wahrzunehmen. Auch darin wurden die realen Integrationsprobleme auch nach mehreren Jahren des Aufenthaltes in unserem Land offenbar: Der Ehepartner sprach nur rudimentäres Deutsch. Vor dem Hintergrund von Migration geht es oft auch um Identität und Anerkennung speziell im beruflichen Bereich. Einer unserer Patienten mit ausgesprochen poetischer Begabung und künstlerischen Ambitionen litt unter demotivierenden und teilweise erniedrigenden Reaktionen des Busunternehmers, für den er Linie fuhr. Diese berufliche Tätigkeit war nur eingegangen worden, weil die Berufsausbildung des Herkunftslandes, das Studium der Ingenieurwissenschaften in der Türkei, hier nicht anerkannt worden war. Es bestand eine ernsthafte psychosomatische Gesundheitsgefährdung bei weiterem Verbleib im Beruf, sodass wir den Patienten auch mithilfe seiner therapeutischen Gemeinschaft ermutigen konnten, alternative Wege der Berufsausübung zu gehen. Heute setzt er seine künstlerischen Gaben ein und nutzt seine sehr guten deutschsprachigen Ressourcen in der Beratung von Landsleuten nach dem Prinzip: Nutze deine persönliche Leiderfahrung zum Trost/Selbstwertstärkung von Leidensgenossen (übrigens ein genuin christlicher Akt)! Auch Migranten mit osteuropäischen Wurzeln begegnet die berufliche Abwertung besonders häufig: Vom Schulsystem in der ehemaligen UdSSR geprägt, werden sie nach deutschem Standard in ihrer Qualifikation häufig wesentlich niedriger eingestuft. Ich erinnere mich an die erlebte Kränkung
Foto: gleb_pokrov / photocase.de
gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohlfühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts.“ 6
G r u n d l a g e n thema • Christliche Therapie im multikulturellen Umfeld
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Psychologische Effekte religiöser Glaubensüberzeugungen wie Vertrauen, Hoffnung, Sinngebung oder Vergebungsbereitschaft können sich offenbar auf die Gesundheit wohltuend auswirken.
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Foto: steffne / photocase.de
einer etwa 60-jährigen russlanddeutschen Frau, die es nicht verwinden konnte, nach erreichtem Grundschullehrerinnen-Status in Kasachstan, in der BRD nicht einmal als Erzieherin arbeiten zu dürfen. Am Fließband als ungelernte Arbeiterin ‚schuften‘ zu sollen, trug zu Misstrauen und stolzer Distanzierung gegenüber der Belegschaft und Unterstellungen von Schikane und Mobbing durch Kollegen bei. Da es sich bei osteuropäischer Kultur im Kern um eine sogenannte „Schamkultur“ (wie es drinnen aussieht, geht keinen was an) in der Selbstreflexion handelt, erwies es sich als ziemlich schwierig, mit der Patientin die Hintergründe zu erarbeiten, die eher die Migration mit ihren typischen Fallen und leidvollen Umständen im Erleben einer fremden Kultur betrifft, als sich an der Ungerechtigkeit des Systems oder der Welt aufzuhalten. Als Gegenbewegung zur Identitätskonfusion und Selbstwertbedrohung finden wir in der Tagesklinik immer wieder Menschen, die in ganz kurzer Zeit Familiengründung, beruflichen Aufstieg und Errichtung eines Eigenheims realisierten; darunter gerieten sie allerdings in einen schweren Burn-out, ohne sich dies erklären zu können oder zu wollen. Das Bestreben um ‚jeden Preis‘ dazugehören zu wollen, eine neue Heimat etablieren zu können, wird materiell verstanden und ausgelebt, mit hohem Risiko geradezu „tragisch“ zu scheitern. Bei kollektivistischen Prägungen (russisch-sprachige „Community“) wird versucht, materiellen Individualismus auszuleben, ohne sich um die biografischen Wurzeln und Motive der Akkulturation zu scheren. Entsprechend ist aufdeckende Psychotherapie für diesen Kulturkreis zu Scham behaftet, die Therapie sollte daher ressourcenorientiert unter systemischer Perspektive gestaltet werden. Auch die religiöse Frage scheint ein häufiges Thema zu sein: Einerseits ist die ehemalige UdSSR atheistisch prägende Heimat gewesen ohne durchtragende Antworten auf die Sinnfrage oder auf Leid und Tod; andererseits wurden im religiösen Bereich spirituelle Erfahrungen mit wenig nahbaren Autoritäten (der orthodoxe Pope) und mehr mystischen Anschauungen vermittelt. Im
freikirchlichen Gemeindekontext begegnen wir dann unter unseren Patienten wiederum vermehrt Menschen mit einem ängstlichen oder bestrafenden Gottesbild. Ein letztes Beispiel soll die interkulturelle Herausforderung für eine Fachklinik auf christlicher Basis abschließen, die Identitätsfrage in der griechischen Kultur: Eine Frau, Ende 50, beschreibt als Grundgefühl „ständig Koffer einpacken und wieder auspacken müssen“. Als sogenannte „Leiharbeiterin“ fühle sie sich degradiert und „fehl am Platz“. Die emanzipierte Patientin erwiderte dann auf die Frage, inwieweit sie sich von ihrem Ehepartner in der materiellen Grundsicherung der Familie unterstützt fühlte: „Griechische Männer sind ‚Muttersöhnchen‘, verwöhnt von ihren Müttern und erzogen zu „Paschas“, während die Frauen Dienerinnen sein sollten, die die eigentliche Arbeit machen, Beruf und Familie managen sollten.“
So habe wohl auch sie sich stark überfordert mit ihrem Streben nach Weiterbildung und Integration. Die Rolle der christlichen Spiritualität in der Gesundheitsförderung. Ein vorsichtiges Fazit
Ich denke, aus dem bisher Gesagten werden verschiedene Facetten deutlich; ich bin ermutigt von der Arbeit im multikulturellen psychotherapeutischen Kontext festzustellen: Bietet authentisch gelebte christliche Spiritualität eines Behandlungsteams einen erlebbaren Rahmen unbedingter Annahme eines jeden Menschen, gleich welchen Migrationshintergrundes, dann kann „spirituelles Wohlbefinden“ als gesundheits- oder integrationsfördernder Faktor erreicht werden. M. Utsch schreibt dazu: „Seitdem die WHO „spirituelles Wohlbefinden“ als einen eigenständigen Bestandteil umfassender Gesundheit sieht, forschen Gesundheitswissenschaftler intensiver nach seinen Bedingungen. Psychologische Effekte religiöser Glaubensüberzeugungen wie Vertrauen, Hoffnung, Sinngebung oder Vergebungsbereitschaft können sich offenbar auf die Gesundheit wohltuend auswirken. (Kap. 10, Kap. 20) Manche betrachten spirituelle Gesundheit sogar als einen zentralen Bereich, der neben der psychischen, sozialen und biologischen Dimension als vierter Faktor für umfassendes
Wohlbefinden gleichberechtigt zu berücksichtigen und zu fördern sei (Hefti, 2010).“ 11 Literatur Schlippe, v., El Hachimi, Jürgens: Multikulturelle systemische Praxis. Carl-Auer, 2008 2 Multikulturelle systemische Praxis, S. 9 3 Matthäus Evangelium Kapitel 7, Vers 12 4 Hinzugefügt vom Autor selbst sind die Einfügungen in Klammern, sozusagen als Anwendungen auf die aktuelle Situation mit ihren gesellschaftlichen Problemen in Deutschland. 5 Brief des Paulus an die Galater, Kapitel 3, Vers 26 - 28 6 Apostelgeschichte 17, Vers 26 - 28 7 „Du sollst den Fremdling nicht bedrücken …“ 2. Mose Kapitel 22, Vers 20 und „der Herr hat die Fremdlinge lieb …“ (5. Mose 10, Vers 18 - 19), deshalb „Verflucht sei, wer das Recht des Fremdling beugt.“ (5. Mose 27, Vers 19) – auch der Prophet Sacharja mit seiner Mahnung: „Tut nicht Unrecht den Witwen, Waisen, Fremdlingen!“ (5. Mose 7, Vers 10) 8 2. Timotheus Kapitel 1, Vers 7 9 Constantin Klein et al.: Religiosität und Spiritualität – Wertsysteme im Kontext therapeutischer Beziehung. In: Hermer, M. & Röhrle, B. (Hrsg.): Handbuch der therapeutischen Beziehung, Band 2. dgvt Verlag, Tübingen 2008 10 In: „Verhaltenstherapie“ (Z.), Heft 1 (Vol. 7) März 1997, S. 34 ff 11 Utsch, Bonelli, Pfeifer: Psychotherapie und Spiritualität. Mit existenziellen Konflikten und Transzendenzfragen professionell umgehen. Springer Verlag, 2014 1
Rainer Oberbillig ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Verhaltenstherapeut (dgvt), Selbsterfahrungsleiter und Supervisor (lpk-BW), Fortbildung in Psychodrama, Christlicher Therapeut (IACP/de’ignis), war über viele Jahre Leitender Psychologe der de’ignisFachklinik; seit seiner Pensionierung ist er weiterhin für das de’ignis-Institut als Supervisor, Referent und Therapeut tätig.
Gru n dla ge n th e m a • Text: Dr. med. Rainer Kloß
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Glaube und Medizin Im Rahmen eines biopsychosozialen Behandlungsmodells und auf dem Boden eines von einem biblischen Menschenbild geprägten Behandlungskonzeptes ist die Frage der medikamentösen Behandlung kein Entweder-oder, sondern in vielen Fällen ein Sowohl-als-auch.
„Wie halten Sie es mit der Gabe von Psy•chopharmaka?“, werde ich manchmal – als Gretchenfrage der modernen Psychosomatik – gefragt. Zeitweise war diese Frage auch in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Disziplin von polaren Positionen geprägt: Hier die „biologische Psychiatrie“, die die Psyche als Epiphänomen der neuronalen Hirnaktivität sieht, das man mit dem „richtigen“ Medikament moduliert und damit eine Symptomreduktion erreicht, und dort die Verfechter einer rein funktionellen Sichtweise auf die Psyche, die davon ausgehen, dass man die „Konflikte in der Tiefe“ aufarbeiten muss, um dauerhaft eine Heilung von psychischen Störungen zu bewirken, und eine Medikation dazu eher hinderlich sehen. Im Rahmen eines biopsychosozialen Be-
handlungsmodells und auf dem Boden eines von einem biblischen Menschenbild geprägten Behandlungskonzeptes ist die Frage der medikamentösen Behandlung kein Entweder-oder, sondern in vielen Fällen ein Sowohl-als -auch. Unbestreitbar ist, dass die organische Grundlage unserer seelischen Funktionen auf dem Wechselspiel von Neuronen und ihrer Informationsübertragung durch Überträgerstoffe (Transmitter) beruht. Unbestreitbar ist auch, dass Veränderungen oder Beeinträchtigungen in der Konzentration und Wirksamkeit von Überträgerstoffen zu psychischen Symptomen führen bzw. die psychischen Symptome bei Hirnfunktionsuntersuchungen mit entsprechenden Veränderungen in der Aktivität von Neuronen im Gehirn korreliert werden können. Und auch
die Erkenntnisse über Wirkungsweisen von Psychopharmaka weisen überzeugend darauf hin, dass sie über Veränderungen an den Membranen und Rezeptoren der Nervenzellen letztlich dazu führen, dass sich psychische Symptome abschwächen oder ganz abklingen. Dies sind die Grundlagen der Legitimation und Indikation zu einer medikamentösen Behandlung von psychischen Störungen, an denen sich – je nach Schwere der Symptomatik – eine Leitliniengereichte Behandlung orientieren muss. Gehen wir aber davon aus, dass unser Menschsein sich nicht nur in einer materiellen Existenz vollzieht, sondern die psychische Ebene, wie auch die spirituellgeistliche Dimension als eigenständige Erlebnissphären anzusehen sind und nicht nur als neuronale Aktivität, kann sich eine
Behandlung der psychischen Erkrankungen wie auch spiritueller Not nicht in einer medikamentösen Behandlung erschöpfen. Im Gegenteil: Ergebnisse aus der Hirnforschung weisen inzwischen darauf hin, dass psychotherapeutische Interventionen nicht nur auf der Verhaltens- und Wahrnehmungsebene Veränderungen bewirken, sondern auch strukturelle Veränderungen in unserem Gehirn. D. h. nicht nur eine Veränderung der neuronalen Aktivität durch Medikamente führt zu psychischer Symptomminderung, sondern umgekehrt können Veränderungen der psychischen Abläufe, angeregt z. B. durch eine psychotherapeutische Behandlung, wiederum die Gehirnaktivität positiv beeinflussen und sogar zu strukturellen Veränderungen der Neurone führt. Dies erklärt die nachhaltige Wirksamkeit psychotherapeutischer Behandlung auch ohne Gabe von Medikamenten, die ohne Zweifel nachgewiesen ist. Somit ist davon auszugehen, dass sich die beiden Pole medikamentöse Behandlung und psychotherapeutische Behandlung nicht ausschließen, sondern ergänzen können, je nach Art und Schwere der psychischen Symptomatik. Beides versuchen wir in einer Abwägung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Behandlungsansätze im Konsens mit den Patienten einzusetzen. Nicht wenige Patienten haben Vorbehalte gegen eine Psychopharmakamedikation, oft aus Unkenntnis der tatsächlichen Möglichkeiten und Risiken. Dann ist eine sachliche Aufklärung notwendig, die aber immer dem Patienten das letzte Entscheidungsrecht überlässt. Immer wieder begegnen uns aber auch Menschen, die gegenüber einer medikamentösen Behandlung Vorbehalte aus dem religiösen Bereich äußern. Oft sind es Menschen mit einem festen Glauben an einen wirkmächtigen Gott, der doch die Möglichkeit hat, Menschen mit seelischer Not zu heilen, ohne dass eine Medikation (oder auch eine intensive psychotherapeutische Behandlung) notwendig ist. Sie äußern Bedenken, ob nicht die Einnahme einer Medikation einer Kapitulation gleichkommt, dass ihr Glaube sie nicht getragen hat, dass sie nicht stark genug waren u. Ä. Insbesondere
depressive Menschen fühlen sich in ihrer Heilpflanzen und damit im weiteren Sinne Depression ihrer Glaubenshoffnung be- auch unsere modernen, chemisch hergeraubt und haben die Vorstellung, dass sie stellten Medikamente entsprechen diesem nur wieder genug glauben müssten, um aus „Wandel der Natur“, in den wir eingebunden ihrem dunklen Tal zu finden. Ihr Glaube sind und der sich doch letztlich auch auf ist oft – wie auch ihr ganzes Lebensmus- den Schöpfergott zurückführen lässt. ter – stark von einer Leistungsorientierung Es entspricht daher durchaus dem Heilsgeprägt, die es ihnen schwer macht, sich handeln Gottes, wenn wir auf Medikafallen zu lassen, anzuvertrauen und Hilfe mente zurückgreifen, die uns anvertraut anzunehmen. Die Einnahme von Medika- sind als Hilfsstoffe, um ausgehend von menten bedeutet für sie ein Eingeständnis der körperlichen Ebene auf die Not unseihrer Hilf- und Hoffnungslosigkeit, sodass rer Seele einzuwirken und Symptome zu sie sie aus einem falsch verstandenen Glau- lindern. Damit zeigt sich die Verordnung benszwang – manchmal auch eher Glau- von Medikamenten gleichwertig neben bensverzweiflung – heraus nicht annehmen der persönlich-fachlichen Zuwendung in können oder wollen. Zudem erleben sie einer psychotherapeutischen Behandlung ihre Erkrankung als Stigmatisierung, die wie auch einem seelsorgerlichen Umgang durch die Einnahme von Medikamenten mit Gebet und Segnung gegenüber einem mit ihren manchmal auch sicht- und spür- Hilfe suchenden Menschen. Wenn ich baren Nebenwirkungen noch verstärkt wird. einem Menschen Medikamente verordne Hilfreich zu einem ganzheitlichen Verständ- in dem Vertrauen, dass diese auf seine neunis des Umgangs mit einer aus der ärztlichen ronale Aktivität Einfluss nehmen und seine Perspektive sinnvollen und notwendigen Symptome lindern, dann kann ich dies auf Medikation war mir eine Legende, die einer geistlichen Ebene mit dem Wirken Martin Buber in seine Sammlung „Erzäh- Gottes an diesem Menschen in Einklang lungen der Chassidim“ (Manesse-Verlag bringen, ohne mich in einen Zwiespalt 1996, S. 187) aufgenommen hat: Rabbi zu begeben zwischen einer materiellen Baruch hat für seine kranke Tochter Arz- Handlungsebene und der Glaubensebene. neien aus der Kreisstadt geholt, schaut nun Auf der Basis eines solchen Verständnisses die Fläschlein an und fragt sich: „Wenn es ist es dann auch leichter, aus religiösen Gottes Wille ist, dass meine Tochter Reisel genese, Gründen misstrauischen oder ablehnenden bedürfte es keiner Arzenei. Aber wenn Gott seine Menschen zu vermitteln, dass sie von Gott Wundermacht allen Augen offenbarte, hätte kein angebotene und geschaffene Hilfsmittel Mensch mehr die Wahl; denn alle würden wissen. annehmen und für sich in Anspruch nehDamit den Menschen die Wahl verbleibe, kleidet men dürfen. Gott sein Tun in den Wandel der Natur. So hat er die Heilpflanzen erschaffen.“
Es besteht kein Widerspruch zwischen einem Glauben an einen wirkmächtigen Gott, der heilen kann und immer wieder auch Menschen auf eine Art und Weise heilt, die wir mit unserem naturwissenschaftlich geprägten Verständnis nicht erklären können, und einem menschlichen Handeln aus rationalen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen heraus. Dem Wesen Gottes entspricht es, „uns die Wahl zu lassen“, was uns Menschen wert achtet und Würde gibt, sodass wir nicht von ihm überwältigt werden. Gott offenbart sich in den allermeisten Fällen nicht mit Heilungswundern, die Aufsehen erregen und allen sichtbar sind.
Dr. med. Rainer Kloß ist Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Rehabilitationswesen und hat eine Weiterbildung in systemischer Therapie und Familientherapie. Weiter ist er als Supervisor und Oberarzt der de’ignis-Fachklinik tätig.
Sportliche Aktivität kann die Ausschüttung des Neurotransmitters Serotonin fördern und somit die Stimmung aufhellen und sich positiv auf körperliche Funktionen wie Schlaf und Appetit auswirken.
Körperliche Ansätze in der ganzheitlichen Therapie von Depressionen
Als Physiotherapeutin in der de’ignis•Fachklinik bin ich häufig mit der körperlichen Ebene von psychischen Erkrankungen konfrontiert. Ich führe Entspannungs-, Bewegungs- und Körperwahrnehmungstherapien sowie physiotherapeutische Einzelbehandlungen durch und kann den Prozess der Patienten während des Aufenthaltes beobachten. Häufig wirken sich Bewegung, Entspannungsübungen und ein verbessertes Körpergefühl positiv auf die psychische Verfassung aus. Ebenso klagen die Patienten weniger über körperliche Beschwerden, wenn es ihnen psychisch besser geht. Auch die Körperhaltung und Bewegungsabläufe spiegeln die psychische Verfassung. Diese Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche können Therapeuten gezielt einsetzen. In diesem Artikel möchte ich auf die ganzheitliche Therapie von Depressionen, als eine der häufigsten Erkrankungen in Deutschland, eingehen.
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Entspannungstherapie
Psychische Erkrankungen beeinträchtigen oftmals die Funktion des vegetativen Nervensystems. Das vegetative Nervensystem besteht aus Sympathikus und Parasympathikus und kann nicht bewusst gesteuert werden. Der Sympathikus versetzt den Körper in Alarmbereitschaft: Unter anderem erhöhen sich Puls, Atemfrequenz und Muskelspannung und können mit Angst, Erregtheit und Unruhe einhergehen. Die
Erholungsreaktion wird durch den Parasympathikus gesteuert: Puls, Atemfrequenz und Muskelspannung werden reduziert, die Verdauungsorgane werden aktiviert und es kommt zu einer körperlichen Regeneration und Entspannung. Die Progressive Muskel Relaxation (PMR) ist eine geeignete Entspannungsform für christliche Therapeuten, da keine spirituellen Hintergründe bestehen. Das Konzept basiert auf biologischen Vorgängen und ist wissenschaftlich anerkannt. Bei PMR wird eine wechselnde An- und Entspannung der großen Muskelgruppen praktiziert. Muskuläre Spannung und Prozesse im zentralen Nervensystem beeinflussen sich gegenseitig und somit kann die Reduktion des Muskeltonus den Erregungszustand des zentralen Nervensystems reduzieren. Das vegetative Nervensystem wird durch Entspannungsübungen positiv beeinflusst und ausbalanciert. Dadurch können körperliche Symptome abklingen, die im Zusammenhang mit dem Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems stehen, wie zum Beispiel Verdauungsprobleme oder Schlafstörungen. Durch die bewusste Konzentration auf einzelne Muskelgruppen lernt der Patient die muskuläre Anspannung sensibler wahrzunehmen und das Körpergefühl wird geschult. Dies ist hilfreich, um auch im Alltag Anspannungen frühzeitig wahrzunehmen und selbstständig regulieren zu können.
Bewegungstherapie
Depressive Symptome wie reduzierter Antrieb und körperliches Unwohlsein können dazu beitragen, dass Patienten sich weniger bewegen: darunter leiden Körper und Psyche. Sportliche Aktivität kann die Ausschüttung des Neurotransmitters Serotonin fördern und somit die Stimmung aufhellen und sich positiv auf körperliche Funktionen wie Schlaf und Appetit auswirken. Durch die körperliche Aktivität wird außerdem das Stresshormon Cortisol abgebaut, wodurch der vegetative Erregungszustand reduziert wird und es zu einer Entspannungsreaktion kommt. Da bei Depressionen häufig ein Mangel an Serotonin und ein Überschuss an Cortisol besteht, hat Bewegung einen regulierenden Effekt auf das körperliche und psychische Gleichgewicht. Die Integration von Bewegung im Alltag dient auch zur Tagesstrukturierung und ist eine wertvolle Rezidivprophylaxe. Eine Studie der World Health Organization (WHO) belegt, dass körperlich aktive Menschen weniger häufig an Depressionen erkranken. Die empfohlene Bewegungsdauer der WHO besteht aus mindestens 150 Minuten pro Woche moderate Aktivität (z. B. Gehen, Gartenarbeit, Fahrrad fahren) oder mindestens 75 Minuten intensive Aktivität (z. B. Joggen, Aerobic, Ballsport). Gemeinsam mit dem Patient kann ein Bewegungsplan erarbeitet werden, um
Grund l agenthema • Text: Theresa Albrecht
Häufig wirken sich Bewegung, Entspannungsübungen und ein verbessertes Körpergefühl positiv auf die psychische Verfassung aus. Ebenso klagen die Patienten weniger über körperliche Beschwerden, wenn es ihnen psychisch besser geht. Diese Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche können Therapeuten gezielt einsetzen.
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16 G r u n d l a g e n thema • Körperliche Ansätze in der ganzheitlichen Therapie
schrittweise zur empfohlenen Bewegungsdauer zu gelangen. Dabei ist es wichtig, dass der Patient Freude an der Bewegung hat und Aktivitäten auswählen kann, die ihm gut tun und helfen den Tag positiv zu strukturieren. Christlich-integrative Therapie
Die Themen Schuld und Verantwortung stehen häufig im Zusammenhang mit Depressionen. Therapeuten können mit der Bibel arbeiten, um die körperlichgeistlich-seelischen Zusammenhänge bei Depressionen zu veranschaulichen. Die Bibel verwendet häufig körperliche Ausdrücke um den seelisch-geistlichen Zustand von Schuld darzustellen. „Denn meine Sünden gehen über mein Haupt; wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden. (...) Ich gehe krumm und sehr gebückt; den ganzen Tag gehe ich traurig einher.“ (Psalm 38,5 und 7). Eine
frage ich Patienten bei der Atemtherapie was sie denn „ausatmen“ oder „einatmen“ biblischen Wahrheiten über den Körper wollen und lade sie dazu ein, eine Art zu verinnerlichen und einzuüben, können Gebet im Atemrhythmus zu visualisieren sie zum Beispiel gut sichtbar am Spiegel (z. B. „Ich atme Gottes Friede ein und atme Angst aus.“ ). Nach einer Sportgruppe frage aufgehängt werden. Der Körper kann einen verstärkten, posi- ich manchmal Patienten, ob sie während tiven Stellenwert bekommen, wenn er in des Sports grübeln mussten – fast immer das geistliche Leben einbezogen wird. An- folgt ein überraschtes „Nein“ und die Erbetung und Lobpreis Gottes gehen in der kenntnis von der positiven Wirkung von Bibel oft mit körperlicher Aktivität einher. Bewegung auf das seelische Wohlbefinden. Von David ist bekannt, dass er zum Lobpreis Wenn ich die Haltung von Patienten in der Gottes tanzte: „David aber sprach zu Michal: Krankengymnastik korrigiere, frage ich oft, Ich will vor dem Herrn tanzen …“ ( 2. Samuel wie sie sich fühlen. Wenn sie „selbstbewusst“ 6,21). Außerdem spricht die Bibel häufig oder „locker“ antworten, dann öffnet sich von bestimmten Körperhaltungen in der hier eine Tür, um auf die Wechselwirkung Anbetung: „Kommt, lasst uns anbeten und knien zwischen Psyche und Körper zu sprechen und niederfallen vor dem Herrn, der uns gemacht zu kommen. hat.“ (Psalm 95,6). Durch das Einbeziehen Ich wünsche mir, dass auch andere Bedes Körpers in das geistliche Leben wird rufsgruppen Entspannungs- und Bewedie positive Bedeutung des eigenen Kör- gungstherapie anwenden und den Körper pers verstärkt. Tanzen, Gebetshaltungen, in das geistliche Leben einbeziehen, um Musizieren, Malen oder andere kreative Menschen mit Depressionen zu helfen. Ausdrucksformen als Lobpreis bereitet Eine Depression betrifft den ganzen MenGott und Menschen Freude. schen und sollte daher auch ganzheitlich Auch in der Entspannungstherapie können behandelt werden. geistliche Impulse oder geeignete Bibelstellen eingesetzt werden, die in körperlichen Ausdrucksweisen davon berichten bei Gott Ruhe und Sicherheit zu finden: „Kommt her wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ (Psalm 139,13 und 14). Um diese
derartige Bibelarbeit kann dabei helfen, die Wechselwirkung von seelischen, geistlichen und körperlichen Aspekten zu begreifen und zu einem ganzheitlichen Verständnis zu gelangen. Da viele depressive Patienten ein negatives Körperbild haben, kann die Bibel auch als kreatives Werkzeug zur Verbesserung des Körpergefühls eingesetzt werden. Der Körper ist ein Teil der wunderbaren Schöp- zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; fung Gottes und aus Gottes Mund wurde ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11, 28). bestätigt, dass er sehr gut ist. „Und Gott sah „Behüte mich wie einen Augapfel im Auge, be-
finden sich auch Worte, die man zur Hilfe nehmen kann, um Gott für seinen Körper zu loben. „Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin;
schirme mich unter dem Schatten deiner Flügel“
(Psalm 17,3). Persönliches Fazit
Bei meiner Arbeit versuche ich diese Vernetzung von Geist, Seele und Körper zu beachten und einzubeziehen. Zum Beispiel
Theresa Albrecht ist Physiotherapeutin der de’ignis-Fachklinik
Foto: Joey Boylan / iStock
alles was er geschaffen hatte, und sah: es war alles sehr gut“ (Genesis 1,31). In den Psalmen
Eine Depression betrifft den ganzen Menschen und sollte daher auch ganzheitlich behandelt werden.
18 Gr u n d l a gen t h ema • Text: Manuela Bühler
Spirituelle Musiktherapie
Weinen, Seufzen, Rufen, Jubeln und Jauchzen zum Beispiel sind natürliche musikalische Formen, das Innere auszudrücken und dienen als eine Art Ventil, um den Menschen gesund zu erhalten. Zunächst einmal zur Frage, was man sich • unter Musiktherapie überhaupt vorstellen muss: Musik wird in der Therapie als Kommunikationsgegenstand oder als Mittel zur Kommunikation verwendet und dient dazu, den emotionalen Gehalt von Interaktionen darzustellen. Gelegentlich wird das Musikhören in der Therapie verwendet. Meistens steht jedoch die freie Improvisation im Zentrum. Das Musizieren dient den folgenden Funktionen (nach Baukus & Thies, 1993): Öffnen des Zugangs zum Unbewussten, Regulieren von psychischen und physischen Spannungszuständen, als Sprachersatz Vorbereitung einer verbalen Kommunikation, emotionale Aktivierung, Auslösen von kreativen Handlungsweisen, Angebot eines sozialen Übungsfeldes, Erfolgserlebnisse zur Ich-Stärkung. Im christlich-orientierten Setting bediene ich diese Funktionen der Musik, um gemeinsam mit dem Patienten in den spirituellen Raum zu treten. Ich nutze meinen eigenen Zugangsweg zu Gott und unterstütze damit den Patienten, selbst in Beziehung mit Gott zu treten. Der innere Mensch (Herz und Geist, nach biblischem Verständnis) findet durch Musik seinen Ausdruck. Weinen, Seufzen, Rufen, Jubeln und Jauchzen zum Beispiel sind natürliche musikalische Formen, das Innere auszudrücken und dienen
als eine Art Ventil, um den Menschen gesund zu erhalten. Es kann aber auch durch Musik von außen zum inneren Menschen Kontakt hergestellt werden und dieser so zum Schwingen gebracht werden. Eines meiner Gruppentherapieangebote nennt sich „Spirituelle Musiktherapie“, deren Name vor ein paar Jahren durch einen meiner Vorgänger ins Leben gerufen wurde. Hier geht es wie beschrieben darum einen gemeinsamen Raum zu schaffen, um Gott zu begegnen und den Heiligen Geist als „Therapeut“ am inneren Menschen wirken zu lassen. Die Therapiestunde stelle ich meist unter ein bestimmtes Thema, wie zum Beispiel das Vaterherz Gottes, an dem ich mich die Zeit über orientiere und dazu Bibelstellen einblende. Ich beginne mit geistlichen Liedern am Klavier begleitend, um eine Atmosphäre des Lobpreises zu schaffen. Ich gehe mit den Liedern selbst ins Gebet und schaffe für die Patienten Raum eine eigene Gebetsbeziehung mit Gott herzustellen. Ich biete mit Akkordfolgen auf dem Klavier einen improvisatorischen Rahmen um die Möglichkeit zu Geben, sein ganz persönliches Lied zu entwickeln. Es kann auch zur spontanen Vertonung von Psalmen kommen, die als Beispiel dienen, Gefühle auszudrücken und als Gottes Wort eine
besondere Dynamik und Ventilfunktion einnehmen. Nicht umsonst heißt es in Epheser 5,19 „Redet zueinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.“ Bei-
spielsweise bekam eine junge Frau mit dem spontanen Heraussingen des Psalm 23 eine tiefe Gewissheit darüber, dass Gott für sie sorgt und eine große Last fiel von ihr ab. Gleichzeitig konnte sie in ihrer persönlichen Melodie Trauergefühle zum Ausdruck bringen, zu denen sie bisher keinen Zugang hatte und ihr innerer Mensch kam wieder ins Schwingen. Ich erlebe es immer wieder, dass bestimmte Psalmen oder Bibelstellen aufs Herz gelegt werden und mit dem lauten Aussprechen oder Singen eine emotionale Befreiung stattfindet. Denn „… das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert.“ (Hebräer 4,12).
Gemeinsames Schweigen kann genauso Teil dieser Gebetszeit sein. Die Stille lädt ein, Werke niederzulegen, mit denen wir vor Gott etwas leisten wollen und von der äußerlichen Ruhe in die innere Ruhe zu kommen: „Seid still und erkennt dass ich Gott bin.“ (Psalm 46,1). Das „Heilsame Singen“ wird im Gegensatz zur Spirituellen Musiktherapie mit begrenzter Teilnehmerzahl angeboten und legt den Schwerpunkt auf das Erkunden der Stimme
und das erfahrbar machen von Inhalten des Friedens, Segens, selbstwertstärkender Zusagen, des Loslassens und Vertrauens durch das einander Zusingen kurzer schnell erlernbarer Lieder. Die zwischenmenschlichen Erfahrungen während des Singens kosten natürlich erst einmal Überwindung, werden dann aber häufig als heilsam und tief berührend wahrgenommen. Aussagen wie „du bist geliebt so wie du bist“ oder „du bist liebenswert“ zum Beispiel können durch das Zusingen vom reinen Verstandeswissen in die Gefühlswelt übergehen. Des Weiteren gibt es auch die Möglichkeit einer Einzelmusiktherapie in der bereits Genanntes ebenso zum Tragen kommt. Ich unterstütze die Beziehungsgestaltung zu Gott oder bahne diese an und begleite den Patienten in seinem ganz persönlichen Ausdruck, sei es durch Instrumente oder die Stimme um innere Blockaden zu überwinden, Unbewusstes aufzudecken und in die Freiheit als Sohn und einer Tochter Gottes zu führen.
„Musik drückt das aus was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“ (Victor Hugo) Um abschließend einen kleinen Einblick in eine Therapiestunde zu geben, stelle ich den Erfahrungsbericht einer ehemaligen Patientin vor:
Manuela Bühler ist Musiktherapeutin in der de’ignis-Fachklinik
20 E rfa h rungsb eri cht • Spirituelle Musiktherapie
• „Musiktherapie/einzeln“ steht in meinem Therapieplan an diesem
frühen Mittwochnachmittag und ich sitze und trommle mit zwei Schlegeln, was die Muskelkraft meiner beiden Arme hergibt. Ohrenbetäubend und einfach nur laut. Ich will sie mit aller Macht in die Flucht schlagen, meine Schuldgefühle. Schuldgefühle, die mich in so vielerlei Hinsicht plagen, weil ich immer wieder dem erliege, dass ich bei den vermeintlichen Bedürfnissen der Menschen bin, die in meiner nächsten Nähe leben oder auch in Begegnungen mit Menschen allgemein wie und wo auch immer, an der Arbeitsstelle, in der Gemeinde, im Freundeskreis. Schuldgefühle, weil ich nicht alles recht machen kann. Schuldgefühle, weil ich Mensch bin und Fehler mache. Schuldgefühle, weil ich Grenzen habe. Schuldgefühle, Schuldgefühle, … !? Sie kleben an mir und ich bin in einem Prozess, in dem ich entdecke, wo der Unterschied zwischen echter Schuld liegt und Schuldgefühlen. Völlig erschöpft sitze ich nach meinem Trommelwirbel der Musiktherapeutin gegenüber. Sie schaut mich an und bemerkt, wie viel Kraft ich dabei eingesetzt habe. Liebevoll erinnert sie mich daran, dass ich mich zwar angeklagt auf der Anklagebank sitzen sehe, mich selbst mit aller Kraft verteidige, aber ein Angeklagter hat auch immer einen Verteidiger. In meinem Fall heißt dieser Verteidiger Jesus, sie malt mit ihren Worten ein Bild für mich: Jesus schaut mich an, legt mir liebevoll die Hand auf die Schulter und sagt mir: lass mal gut sein, setz dich, es ist nicht deine Aufgabe dich vor dem Richter zu verteidigen, ich mach das für dich. Bleib entspannt sitzen, ich erledige das! Der Richter ist in dem Fall mein Gewissen, das mir so oft ungenügend aufs Auge drückt. Wie ungeheuer befreiend erlebe ich diesen Zuspruch und nehme das Bild innerlich tief in mir auf, lasse mir das noch zu singen, dass ich in Jesus vollkommen okay bin.
Ich sitze und trommle mit zwei Schlegeln, was die Muskelkraft meiner beiden Arme hergibt. Ohrenbetäubend und einfach nur laut. Ich will sie mit aller Macht in die Flucht schlagen, meine Schuldgefßhle.
Ich bin genau so. Ergotherapeutische Arbeit mit Gottesbeziehung als Ressource
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G r u n d l a gen t he ma • Text: Monika Grimm
Nicht nur privat, sondern auch in meiner •Arbeit als Ergotherapeutin erlebe ich es als Bereicherung und ein Privileg, Gott als Mittelpunkt zu haben. Einen Wegbegleiter zu haben, eine Kraftquelle, wenn es schwierige Zeiten gibt und zu wissen, dass ich geleitet und getragen werde. In meinem Handeln gibt es mir die Sicherheit, im Umgang mit Menschen ein Werkzeug in Gottes Hand zu sein. In meiner Arbeit als Ergotherapeutin bin ich bestrebt, diese Sicherheit und diese Ressource in die Therapie mit einzubeziehen. Nachfolgend gebe ich einen praktischen Einblick in meine Tätigkeit mit kunsttherapeutischem Schwerpunkt. In der Ergotherapie wird zwischen drei Methoden unterschieden, die ich als Ansatz zur Therapiegestaltung unterschiedlich nutze, abhängig von den Therapiezielen, die ich für einzelne Patienten oder eine Gruppe für die jeweilige Therapieeinheit formuliert habe. Bei der Ausdruckszentrierten Methode geht es darum, dass der Patient seine Eigenwahrnehmung verbessert, kritische Verhaltensmuster erkennt und/oder Gefühle besser benennen kann. Vielen Menschen fällt es in der Bandbreite der Gefühle besonders schwer, z. B. Wut wahrzunehmen und es
Monika Grimm ist Ergotherapeutin der de’ignis-Fachklinik
scheint vielen schier unmöglich, sie adäquat zum Ausdruck zu bringen. Wir glauben oft dieses Gefühl sei schlecht, böse oder sogar eine Sünde. Sehr oft werden Wut und Ärger unterdrückt, was sich langfristig auf die psychische Gesundheit z. B. in Form von einer Depression auswirken kann oder der Körper reagiert mit psychosomatischen Erkrankungen darauf. Hilfreich ist es hier, sich klar zu machen, dass Gefühle primär und ohne zu bewerten einfach nur Gefühle sind, deren gesamte Bandbreite sein darf. Gefühle sind wichtig und hilfreich, um uns zu schützen und sie ermöglichen es, Grenzen zu setzen. Sie werden erst dann negativ, wenn unser Umgang damit nicht adäquat ist, was bei Wut und Ärger besonders deutlich werden kann. Wenn wir Ärger zu lange „in uns reinfressen“ können wir explodieren, wenn sich zu viel angestaut hat. Für Christen ist es hier hilfreich aufzuzeigen, dass Jesus durchaus auch wütend war und dies z. B. im Tempel zum Ausdruck gebracht hat, indem er Tische umgeworfen hat. In der Bibel lesen wir auch, dass wir, wenn wir wütend sind, nicht sündigen sollen. Ein, wie ich denke, hilfreicher Hinweis. Eine Ermutigung, dass wir wütend sein dürfen und nur einen gesunden Umgang damit lernen sollten.
Als nächster ergotherapeutischer Ansatz sei die Interaktionelle Methode genannt, bei ihr geht es darum, dass die Patienten sich üben können, in Kontakt miteinander zu kommen und Interaktionen zu verbessern, das heißt, einen besseren Umgang miteinander zu finden. Dazu gehört auch, Konfliktfähigkeit zu üben. Hier wird das Thema Nächstenliebe konkret: unseren Nächsten und ganz besonders auch uns selbst so anzunehmen, wie wir von Gott erschaffen und geliebt sind; meinem Gegenüber und vor allem auch mir selbst in Barmherzigkeit und Sanftmut zu begegnen und mir oder meinen Mitmenschen verzeihen und vergeben zu können. Als Letztes wäre die Kompetenzzentrierte Methode zu nennen, bei der es darum geht, arbeitsrelevante Fähigkeiten zu fördern und zu verbessern, oder ressourcenorientiert Fähigkeiten zu entdecken. Im klinischen Setting ist es natürlich auch immer wieder notwendig die Einschränkungen und Defizite der Patienten genauer anzuschauen und die Ziele so zu formulieren, dass sich die beschriebenen Defizite verbessern können. Zum Schluss möchte ich eine besonders beliebte, ressourcenorientierte Übung genauer schildern, die alle drei Methoden verbindet
und damit verdeutlichen, wie ich ein Thema aufgreife und die Gottesbeziehung dabei hilfreich integriere. Oft sind Selbstwert und Selbstbewusstsein der Patienten sehr schwach und wenig ausgeprägt. Die folgende Übung ist ein erster Schritt, sich selbst besser annehmen und wertschätzen zu können. Jeder Patient bekommt einen großen Zeichenkarton und soll zuerst seinen eigenen Vornamen
mehrere positive Eigenschaften (du hast …, du bist …, du kannst ...) drauf schreiben und später dem Betreffenden auf sein Blatt mit dem Namen legen. Das ist ein Ansatz gemäß „Liebe deinen Nächsten“, meinem Bruder und Schwester in Christus Gutes zu tun. Unter dem Vorbild von Jesus sollten wir unser Gegenüber so annehmen, wie es ist. Meistens sind die Patienten tief berührt, so viel Gutes über
lenken, sich unter dem Blick Gottes zu betrachten und die wunderbare Schöpfung der eigenen Person bewusst wahrzunehmen und zu entdecken, welche tollen Fähigkeiten und Eigenschaften Gott in jeden Einzelnen individuell hineingelegt hat; wie wunderbar er uns nach seinem Ebenbild erdacht und gemacht hat. Uns selbst infrage zu stellen oder abzulehnen, käme ja fast einem Zweifel an Gottes Schöpfung gleich.
darauf schreiben. Ich motiviere die Patienten sich an früher, vielleicht an ihre Schulzeit, zurückzuerinnern wie kunstund liebevoll sie ihren Namen auf Hefte gemalt oder ihr Mäppchen damit verziert haben. Das ist schon eine erste, kleine Übung sich selbst liebevoll zu begegnen. Danach dürfen sich die Patienten kleine bunte Kärtchen nehmen und jeder soll jedem anderen Gruppenmitglied eine oder
sich selbst zu lesen. Schwieriger wird es für die Patienten aber meistens im zweiten Schritt. Hier bitte ich die Patienten, ihre eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften aufzuschreiben. Vielen fällt es schwer, Wertschätzung sich selbst gegenüber zu formulieren, vor allem wenn sie so geprägt sind, dass ich als Christ ja nicht stolz sein, sondern mich eher in Demut üben sollte. Hilfreich ist es hier, die Patienten darauf zu
So entsteht eine verbesserte Wertschätzung der eigenen Person, des Selbstwerts: Genau so, wie ich bin, wie ich von Gott gemacht bin, kann ich mich selbst lieben, liebevoller und fürsorglicher mit mir umgehen und besser Grenzen gegenüber meinen Mitmenschen setzen, um Dinge von mir fernzuhalten, die mir nicht gut tun.
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Interv i ew • von Nora Rindfuß
Mein innerer Werdegang Nora Rindfuß (Ergotherapeutin der de’ignis-Tagesklinik) im Gespräch mit Ursula Schmidt, einer ehemaligen Patientin aus dem de’ignis -Gesundheitszentrum, über ihre ganz persönlichen Erfahrungen aus der Ergotherapie.
Sie waren zur tagesklinischen Be•handlung im Gesundheitszentrum bei uns. War die Ergo-/Gestaltungstherapie „Neuland“ für Sie oder hatten Sie das schon zuvor erlebt? Vor Jahren hatte ich schon mal in der Seelsorge Kontakt damit, doch so intensiv wie in der de’ignis war es nicht. Dennoch entdeckte ich Parallelen – die Möglichkeit, Dinge zum Ausdruck zu bringen, für die ich keine Worte fand. Über das Bild konnte ich dann Worte finden. Inwiefern hat die Ergotherapie Ihnen geholfen, Dinge zu verarbeiten? Durch die gestellten Aufgaben lernte ich in mich hinein zuhören und das, was mich bei dem Thema bewegte, als Bild (in Formen oder gegenständlich) auszudrücken. Die gestellten Aufgaben in Einzelarbeit waren für mich eine große Herausforderung. Sie zeigten mir, wo ich stehe und wie sehr meine Vergangenheit mein Leben noch bestimmt. In den Bildern spiegelte sich mein innerer Werdegang in der Zeit wieder. Manches war sehr schmerzhaft. Doch es half mir, Dinge an- und auszusprechen und somit auch loszulassen. Der Unterschied zwischen dem ersten und letzten Bild ist riesig. Das erste Bild der Therapie drückt für mich viel Hoffnungslosigkeit aus. Ich sah noch keinen Ausweg. Das letzte Bild hingegen verbinde ich mit Hoffnung, Ruhe, entspannt in die Gegenwart und Zukunft schauen. Auch drückt es für mich Stärke aus, dass nicht jede Kleinigkeit, die von
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außen kommt, mich umhaut. Welche Begebenheit im Rahmen der Ergotherapie war für Sie besonders eindrücklich? Gruppenbild: Wir sollten alle auf einem großen Papier jeder mit einer Farbe etwas malen, ohne zu reden. Es war erlaubt auch aufzustehen und wo anders weiter zu malen. Bewusst begab ich mich in eine ungewohnte Rolle und probierte Unterschiedliches aus. Wie viel Bewegung und auch Protest dabei entstand und was dies mit mir gemacht hat, war sehr eindrücklich. Wichtig war für mich zu sehen, was mein Handeln mit mir und den Anderen aus der Gruppe macht. Sie sind gläubig und die Beziehung zu Gott spielt für Sie eine wichtige Rolle. Inwiefern hat eine Erfahrung in der Ergotherapie Sie hinsichtlich Ihrer Beziehung zu Gott verändert? In meiner Beziehung zu Gott dachte ich, dass sie tot ist. Bei den Aufgaben, die wir bekamen, stellte ich erstaunt fest, dass es nicht so ist. Gott spielte in meinem Leben doch noch eine größere Rolle, als ich dachte. Im freien Gestalten (ohne Themenvorgabe) entdeckte ich, dass mir das Arbeiten mit Speckstein liegt und so begann ich auch daheim, mit Speckstein zu arbeiten. Dabei fiel mir ein Stein in die Hand, der aussah wie ein Hirsch. Mir fiel die Bibelstelle dazu ein „Wie ein Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott nach dir.“ Dabei wurde mir bewusst, wie sehr ich Sehnsucht nach Gott habe und mir wünsche, dass
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diese Sehnsucht gestillt wird. Ich wünsche mir, dass meine Beziehung wieder so wird, wie sie einmal war. In diesem Punkt kann ich nur sagen, dass ich mit der Umsetzung in eine Gemeinde zu gehen immer noch Schwierigkeiten habe. Aber es steht fest; meine Beziehung zu Gott ist zwar geschwächt aber nicht beendet. Dieses Wissen hilft mir, wieder einen Weg zurück in eine Gemeinde zu finden. Nun sind Sie schon wieder einige Wochen in Ihrem Alltag zurück. Wie können Sie das Erfahrene in Ihren Alltag integrieren? Da das kreative Arbeiten mir sehr viel Spaß gemacht hat und ich gemerkt habe, dass es mir hilft, auch zu entspannen, probiere ich es daheim weiter aus. Ich arbeite mit Speckstein und übe mich vor allem im Bleistiftzeichnen. Im Zeichnen möchte ich in meinem Urlaub einen Kurs mitmachen, um das Ganze zu verfeinern. Meine kreative Gabe will ich nicht nur für mich behalten, sondern einen Weg finden, wie ich sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellen kann. Ein Weg der daraus entstand, ist ein eigenes Buch zu schreiben mit besinnlichen Texten und entsprechenden Bildern dazu. Es ist inzwischen als E-Book erschienen und heißt „Gedanken zum Leben“. Es sind besinnliche Texte mit Bildern illustriert. Herzlichen Dank für Ihre Offenheit und das Hineinnehmen in Ihre Erfahrungen! Für Ihre Zukunft und alle kreativen Ideen wünschen wir Ihnen Gottes Segen!
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Ich habe Sehnsucht Unendliche Sehnsucht nach dir Möchte mich in deine Arme werfen Meinen Kopf auf deine Schulter legen Endlich, endlich in deinem Arm zur Ruhe kommen Mich sicher und geborgen fühlen In deinem liebenden Arm Ich habe Sehnsucht nach Dir meinem Gott.
Ursula Schmidt „Gedanken zum Leben“ Erschienen im Rmd Verlag ISBN: 978-3-9817812-4-3
26 G ru n dla ge n the m a • Text: Daniela Kohlert
Lebensentscheidende Gedanken Kognitive Therapie im christlichen Kontext
Kognitionen – Was versteht man darunter?
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„Kognition“ kommt vom lateinischen „cognoscere“ und bedeutet „erkennen“, „erfahren“, „kennenlernen“. In der Psychologie sind damit Gedanken, Bewertungen, Einstellungen und Überzeugungen gemeint, welche durch (oft bereits frühkindliche) Erfahrungen entstehen. Typisch menschlich
Mit seiner Feststellung „Cogito, ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) erkannte der Philosoph René Descartes (1596 – 1650), dass Gedanken, Zweifel, Träume und Fantasien die Existenz des „Ichs“ nicht infrage stellen, sondern diese bestätigen. Allein der Mensch verfügt über die Fähigkeit, über das nachzudenken, was war, was ist, was sein wird, sein könnte und sein sollte – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Die bei Menschen stark ausgeprägte Großhirnrinde (Cortex), insbesondere der präfrontale Cortex, ist für das bewusstes Erleben, Denken, Wollen, Planen, die Impulskontrolle und das Abschätzen der Folgen von Handlungen zuständig.
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Die Macht der Gedanken
Das bewusste Denken und Entscheiden ermöglicht uns (im Unterschied zu Tieren), über Gefühle und Körperempfindungen willentlich hinwegzugehen und z. B. trotz Fieber zur Arbeit zu gehen, trotz Traurigkeit zu lächeln, trotz Husten weiter zu rauchen oder trotz Erschöpfung weiter über die eigenen Belastungsgrenzen zu gehen. Wenn Körper- und Gefühlssignale (und die dahinter stehenden Bedürfnisse) jedoch immer wieder missachtet und willentlich übergangen werden, können psychosomatische und psychische Krankheiten entstehen. Krank machen können zudem auch negative, irrationale und schädliche Überzeugungen über sich selbst, die Welt und die Zukunft (die sog. „kognitive Triade“). Was wir im Leben schon früh im Kindes- und Jugendalter erfahren haben, bestimmt im Wesentlichen, welche tief greifenden Grundüberzeugungen wir entwickeln. Hat ein Mensch als Kind nicht die nötige Aufmerksamkeit und Liebe erhalten, kann er z.B. daraus
schließen, nicht wichtig und/oder nicht in den 1960er Jahren, die inneren Bewerliebenswert zu sein. Gedanken und Bewer- tungsprozesse des Menschen in den Fokus tungen im weiteren Leben dieses Menschen der Therapie. Als Begründer kognitiver werden sich automatisch immer wieder Therapien gelten die US-amerikanischen an dieser Grundüberzeugung ausrichten Psychiater und Psychotherapeuten Aaron T. und das (Beziehungs-) Verhalten und das Beck (1921) und Albert Ellis (1913 – 2007). Gefühlsleben beeinflussen. Die jeweiligen Sie gehen davon aus, dass die Art und Weise, Situationen werden demnach durch die wie wir denken und Situationen bewerten, „Lebenserfahrungs-Brille“ wahrgenommen bestimmt, wie wir uns fühlen, wie wir uns und bewertet. Im Sinne der „selbsterfüllen- verhalten und wie wir körperlich reagieren. den Prophezeiung“ wird normalerweise das, Die vier Reaktionsebenen beeinflussen sich was erwartet, geglaubt und gedacht wird, wiederum gegenseitig. auch tatsächlich eintreten, weil man sich dementsprechend verhält. Wer beispielsweise von sich denkt, dass er unwichtig, wertlos und zu nichts nutze sei, wird vermutlich für Gedanken seine Bedürfnisse nicht selbstbewusst genug einstehen, sich unscheinbar kleiden, in gebückter Körperhaltung laufen, Blickkontakt oder soziale Kontakte im Allgemeinen Körper Gefühle vermeiden. Andere werden ihn daraufhin sehr wahrscheinlich übersehen, meiden oder im schlimmeren Fall ausnutzen, hänseln, degradieren und bewusst ausgrenzen. Verhalten Und genau darin wird er eine Bestätigung seiner Grundüberzeugung finden, tatsächlich unwichtig und wertlos zu sein. Im Gegensatz dazu können Gedanken auch positive Auswirkung haben. Ein Beispiel In der kognitiven Therapie werden deshalb dafür ist der sog. „Placebo-Effekt“: Wenn in einem ersten Schritt automatisch/unbeein Patient davon überzeugt ist, dass ihm ein wusst ablaufende Kognitionen und deren bestimmtes Medikament helfen wird, kann Konsequenzen bewusst gemacht. Dies gesogar ein Medikament ohne Wirkstoff eine schieht durch Beobachtungsprotokolle: positive Veränderung des subjektiven und „Was habe ich in einer bestimmten Situation sogar objektiv messbaren körperlichen gedacht bzw. wie habe ich die Situation beBefindens zur Folge haben. Festgehalten wertet? Und welche Gefühle, Körperreakwerden kann also, dass Gedanken Einfluss tionen und Verhaltensweisen waren damit auf unser Leben haben – in positiver wie verbunden?“. Folgendes Beispiel soll dies negativer Hinsicht. Bereits der griechische veranschaulichen: Sie haben heute Morgen Philosoph Epiktet erkannte: „Nicht die Dinge wahrgenommen, dass Ihr Nachbar Sie nicht selbst beunruhigen die Menschen, sondern die gegrüßt hat. Sie sind davon ausgegangen, Meinungen und die Urteile über die Dinge.“ Es dass er Sie absichtlich nicht gegrüßt hat, kommt also auf eine gesunde Einstellung weil er etwas gegen Sie hat (negative Bewersich selbst, der Welt und der Zukunft gegen- tung der Situation). Dies hat Gefühle von über an, weniger auf die Umstände an sich. Traurigkeit und Ärger in Ihnen hervorgerufen, verbunden mit Körperreaktionen der Veränderung ist möglich: Anspannung, eines Kloßgefühls im Hals, Die kognitive Therapie Herzklopfen und Druck auf der Brust. Sie Im Gegensatz zu den Anfängen der Verhal- haben sich entsprechend Ihrer Gedanken tenstherapie, in der nur das direkt beobacht- und Gefühle genauso verhalten, ebenfalls bare Verhalten Gegenstand der Therapie nicht gegrüßt und sich vorgenommen, Ihren war, traten mit der sog. „kognitiven Wende“ Nachbar nie mehr zu grüßen.
In einem zweiten Schritt werden dann die automatischen Bewertungen auf ihre Angemessenheit, ihre Nützlichkeit und ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft. Bezogen auf die Beispielsituation wird die automatische Bewertung, das Persönlichnehmen des Nicht-Grüßens des Nachbars, hinterfragt. „Wie wahrscheinlich ist es, dass der Nachbar etwas gegen mich hat? Wie nützlich ist die Bewertung? Entspricht der Gedanke der Wahrheit?“.
In einem dritten Schritt werden die „irrationalen Gedanken“ ersetzt durch hilfreiche, rationale Gedanken wie z. B. „Mein Nachbar hatte evtl. einen schlechten Tag oder er hat mich nicht gesehen. Es muss nichts mit mir zu tun haben, dass er mich nicht gegrüßt hat.“.
Diese hilfreicheren Bewertungen werden im Alltag eingeübt. Um sich nicht immer wieder in negativen Gedankenschlaufen zu verlieren und um dysfunktionale Gedankenmuster zu durchbrechen, hat sich die sog. „Gedankenstopp-Methode“ bewährt. Negative Gedankenschleifen werden durch lautes oder inneres „Stopp“-Rufen, durch die Vorstellung eines Stoppschildes oder durch das Klatschen in die Hände immer dann, wenn sie auftauchen, sofort unterbrochen. Mit einer entspannten Haltung soll die Konzentration daraufhin auf erfreuliche und hilfreiche Gedanken gewendet werden. Der „Spurwechsel“ im Gehirn
Mit jeder Wiederholung eines Gedankens wird die neuronale Verschaltung im Gehirn stärker gebahnt. Aus einfachen „Trampelpfaden“ werden „Autobahnen“. Die Gedanken laufen immer schneller und automatischer ab. Es entwickeln sich Denkgewohnheiten. Nach diesen Bewertungsmustern richtet sich unser Verhalten aus. Einmal gebahnte Reaktionswege können nicht mehr aufgelöst werden. Sie bestehen ein Leben lang. Um ein negatives, irrationales Gedankenmuster aufzugeben, muss die alte „neuronale Autobahn“ gehemmt werden. Dies geschieht durch eine Neubahnung mit hilfreichen, neuen Gedanken, welche so lange intensiv erlebt, wiederholt und geübt werden, dass eine noch breitere „neuronale Autobahn“ entsteht, die die andere übertrifft. Damit diese neuen Nervenverknüpfungen stabil
bleiben, ist üben, üben, üben das A und zum Einsturz und reiße den Hochmut nieder, der O (wie das z. B. auch beim Lernen einer sich der wahren Gotteserkenntnis entgegenstellt. neuen Sprache unabdingbar ist). Je häufiger Jeden Gedanken, der sich gegen Gott auflehnt, bestimmte Gedanken wiederholt werden, nehme ich gefangen und unterstelle ihn dem desto mehr Neuronen verbinden sich und Befehl von Christus.“. Die Veränderung von desto selbstständiger werden in bestimmten Gedanken setzt damals wie heute eine Situationen die erwünschten Gedanken ab- aktive, „kämpferische“ und willentliche gerufen. Ein „Spurwechsel“ ist also möglich. Grundhaltung voraus und erfordert Geduld Eine These aus dem Neurolinguistischen und Ausdauer. Programmieren (NLP) besagt: „Die Aufmerksamkeit geht dahin, wo Intensität ist“. Die christlich-therapeutische Je intensiver die neuen Gedanken erlebt und Korrektur irrationaler Gedanken geübt werden, desto höher ist die Wahr- Auch die frühchristlichen Mönche („Wüsscheinlichkeit, dass die neue „neuronale tenväter“) kannten bereits die intensive Gedankenautobahn“ die Alte übertrifft. Auseinandersetzung mit zerstörerischen Neue neuronale Bahnen werden nicht Gedanken. Die meist angewandte Meerzeugt, in dem man sich ständig mit den thode, auf negative Einreden/Gedanken „alten Problemen“ beschäftigt, sondern in zu reagieren, ist als antirrhetische (gr.: dem man neue Muster durch neue gedank- Wider-Wort) Methode bekannt. Sobald liche Ausrichtung einübt. In der Akzeptanz- ein negativer Gedanke in den Sinn kommt, und Commitment-Therapie zum Beispiel wird ein positiver Gedanke dagegen gesetzt, wird dieser Ansatz berücksichtigt, indem meist ein Vers aus der Heiligen Schrift. unvermeidbare Zweifel sowie negative Der christliche Mönch Evagrius Ponticus Gedanken und Gefühle als zum Leben (345 - 399) hat für viele potenziell krankdazugehörig akzeptiert werden (ihnen machenden Gedanken wie „Keiner mag wird keine besondere Aufmerksamkeit mich!“, „Bei mir geht alles schief !“, „Keiner geschenkt). Die Aufmerksamkeit wird kümmert sich um mich!“ Gegenworte aus hingegen auf die wirklich wichtigen und der Bibel gesammelt und in seinem Buch wertvollen Lebensziele gelenkt und das „Antirrhetikon“ beschrieben. Es geht dabei Verhalten wird aktiv danach ausgerichtet. nicht darum, durch „positives Denken“ einen Leistungsdruck zu erzeugen. Es geht Der Kampf mit den Gedanken – vielmehr darum, anzuerkennen, dass es in unserer Seele gegensätzliche GemütszuWas sagt die Bibel? Gott kennt unsere Gedanken (1. Korinther stände gibt (z. B. Angst und Vertrauen). 3,20; Psalm 139,2; Matthäus 9,4; Matthäus Indem diese in einen Dialog miteinander 12,25) und er weiß, dass aus dem Herzen gebracht werden und dem Wort Gottes der Menschen böse Gedanken kommen mehr Raum geschenkt wird, können Men(Markus 7,21). Deshalb empfiehlt Paulus schen erleben, dass die Fixierung auf einen bereits vor ca. 2.000 Jahren den Gläubigen Gemütszustand (z. B. Angst) gelöst wird in Philipper (Philipper 4,8): „(…) Richtet eure und sie mitten in ihrer Angst auch wieder Gedanken ganz auf die Dinge, die wahr und ach- Vertrauen auf Gottes Hilfe und Gegenwart tenswert, gerecht, rein und unanstößig sind und spüren können. Gläubige Christen könallgemeine Zustimmung verdienen; beschäftigt nen sich diese Methode auch im Rahmen euch mit dem, was vorbildlich ist und zu Recht der Psychotherapie zunutze machen und gelobt wird.“. Dass die Auseinandersetzung den eigenen krankmachenden Gedanken mit den Gedanken einem Kampf gleicht, göttliche Wahrheiten entgegensetzen. Das wird in seinem Brief an die Gläubigen in Vertrauen in diese Wahrheiten (z. B. „Ich bin Korinth deutlich (2. Korinther 10,4 - 5) von Gott geliebt.“ Johannes 3,16; Johannes „Meine Waffen in diesem Kampf sind nicht die 15,9; Römer 1,7; 1. Johannes 4,10 und eines schwachen Menschen, sondern die mächtigen „Ich bin wunderbar gemacht.“ Psalm 139,14; Waffen Gottes. Mit ihnen zerstöre ich feindliche 1. Mose 1,31; „Liebe Deinen Nächsten wie Dich Festungen: Ich bringe falsche Gedankengebäude selbst“ Galater 5,14; „Sorgt euch also nicht um
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Verinnerlichen dieser hat unmittelbare Auswirkung auf den Umgang mit sich selbst („Ich bin wertvoll in Gottes Augen und darf gut mit mir umgehen“), die Gefühle (Freude, Zuversicht und Hoffnung aufgrund der Heil bringenden Zusagen und der Liebe Gottes), die Beziehungen (selbstsicheres Auftreten und Wertschätzung anderen gegenüber) und die Körperempfindungen (Entspannung, Wohlbefinden). So erleben Menschen in der (christlichen) Psychotherapie durch die schrittweise Veränderung ihrer Gesinnung Heilung an Körper, Seele und Geist. Viele Patienten durften dies in der de’ignis-Fachklinik bereits erleben. Und was denkt Gott?
Durch den Propheten Jeremia sagt Gott zu seinem Volk Israel ( Jeremia 29,11): „Denn ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.“ Und durch Jesaja ( Jesaja 55,8 - 9) spricht Gott: „Meine Gedanken – sagt der Herr – sind nicht zu messen an euren Gedanken und meine Möglichkeiten nicht an euren Möglichkeiten. So hoch der Himmel über die Erde ist, soweit reichen meine Gedanken hinaus über alles, was ihr euch ausdenkt, und so weit übertreffen meine Möglichkeiten alles, was ihr für möglich haltet.“. Wie gut zu wissen,
dass Gott größer ist als alle unsere Probleme und dass er den Überblick behält. Warum nicht Gottes Wort mehr Glauben schenken? Denn: „Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben.“ (Sprüche 4,23)
Daniela Kohlert ist Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) und als leitende Psychologin und Psychotherapeutin an der de’ignis-Fachklinik tätig.
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Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal. Aus dem Talmud (hebräisch: )ת לְ מ ּו ד ַּ
Literatur Die Bibel. Verschiedene Übersetzungen: Schlachter Bibel, Gute Nachricht Bibel (GNB), Neue Genfer Übersetzung (NGÜ) • Fritsch, Gerlinde R. (2012). Der Gefühlsund Bedürfnisnavigator: Gefühle & Bedürfnisse wahrnehmen. Eine Orientierungshilfe für Psychosomatik- & Psychotherapiepatienten. Junfermann Verlag • Grün, Anselm (2001). Einreden: Der Umgang mit den Gedanken. Münsterschwarzacher Kleinschriften • Grün, Anselm. Die heilende Kraft der Meditation. Referat gehalten auf dem Kirchentag in Hamburg am 16.6.1995. Nachzulesen unter www.spiritu.de (Stand: 17.8.2016) • Stavemann Harlich H. (2014). KVT-Praxis: Strategien und Leitfäden für die Integrative KVT. Beltz Verlag. • Der wissenschaftliche Beweis: NLP und die moderne Hirnforschung unter http:// www.nlp.de/presse/deutschland/ms-0306b.shtml (Stand: 28.7.2016) •
G ru n dla ge n the m a • Lebensentscheidende Gedanken
morgen, …“ Matthäus 6,34; „Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können Menschen mir antun?“ Psalm 118,6) und das
„Ich danke dir, dass du mich so herrlich und ausgezeichnet gemacht hast! Wunderbar sind deine Werke, das weiss ich wohl.“
3 0 Grund lagenthema • Text: Dr. rer. nat. Marie-Luise Kesting
Das Selbstwertgefühl Ein vermindertes Selbstwertgefühl ist ein häufiges Symptom bei verschiedenen psychischen Beschwerden und Störungen. Gleichzeitig kann ein gesundes Selbstwertgefühl als protektiver Faktor gegen die Entwicklung psychischer Störungen und für eine gute Lebensqualität angesehen werden.
Was versteht man unter dem Selbstwertgefühl?
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Das Selbstwertgefühl kann als eine •positive oder negative Einstellung gegen-
Markus, 1977). Hier wird also die Prägung des Individuums durch vergangene Erfahrungen hervorgehoben, die sich auf die Bewertung aktueller Situationen auswirkt. Bei diesen Konzepten steht somit im Vordergrund, wie ich mich selbst bewerte. Wie effizient und wertvoll bin ich? Um diese Frage zu beantworten, werfen Patienten oftmals einen Blick nach außen, besonders dann, wenn die eigene Bewertung weniger gut ausfällt. Vor allem Menschen mit Depressionen neigen dazu, sich mit anderen zu vergleichen und ihren Selbstwert von anderen abhängig zu machen (z. B. „Es gibt bessere Mütter als mich“).
geschaffen hat. Hier heißt es: „Du hast alles in mir geschaffen und hast mich im Leib meiner Mutter geformt. Ich danke dir, dass du mich so herrlich und ausgezeichnet gemacht hast! Wunderbar sind deine Werke, das weiß ich wohl.“.
über sich selbst betrachtet werden (Rosenberg, 1965). Es handelt sich also um eine Doch unser Wert in Gott kennzeichnet sich (Be-)Wertung des Selbst. Hierbei stellt nicht nur dadurch, dass er uns geschaffen das globale Selbstwertgefühl eine stabile hat, sondern auch dadurch, dass wir ihm so Charaktereigenschaft (Englisch: trait) dar, wertvoll sind, dass er uns das Wertvollste die beschreibt, wie der Mensch im Allgegibt, das er uns geben kann: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen meinen über sich selbst denkt und fühlt. Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, Dagegen beschreibt der state-Selbstwert nicht verloren geht, sondern das ewige Leben die momentane Bewertung unserer eigenen hat.“ ( Johannes 3,16). Hier wird deutlich, Person in verschiedenen Situationen. So gibt es Situationen und Ereignisse, durch dass wir von Gott geliebt sind, unabhängig die unser Selbstwert geschwächt (z. B. Abvon unserem Tun und unseren Schwächen lehnungserfahrung), aber auch gestärkt Biblische Perspektive und auch unabhängig von unserer Schuld, werden kann (z. B. Erfolg im Beruf ). Dieser Bisher haben wir den Selbstwert, unseren die bisher auch Teil des Selbst ist und uns Wert ist aufgrund seiner Abhängigkeit von Wert, aus unserer „menschlichen“ Pers- Menschen beschämen kann, wenn wir uns Ereignissen zumeist nicht stabil, sondern pektive betrachtet. Wir haben uns selbst ihrer bewusst sind. schwankt. in den Mittelpunkt unserer Betrachtung Doch Gottes Liebe ist nicht eigennützig, Definiert eine Person ihren Selbstwert gestellt. Wir haben bewertet, was wir kön- sondern hingebungsvoll. Gott setzt sich aufgrund der Bewertungen einzelner Ei- nen (unsere Leistung, unsere Effizienz) nicht nur für uns ein, er gibt sich in Jesus genschaften, Fähigkeiten oder Lebensbe- und ob wir uns selbst wertschätzen kön- und in seinem Tod für uns hin. reiche, spricht man von dem spezifischen nen. Wie verändert sich nun unser Wert, Was bedeutet es für uns, für unseren SelbstSelbstwert. So kann man sich für einen wenn wir ihn nicht von unserem eigenen wert, ja für unsere Identität, wenn wir dieses Lebensbereich oder bestimmte Fähigkei- Standpunkt aus betrachten, sondern einmal unverdiente Geschenk annehmen? Durch ten kompetent und wertvoll (z. B. musi- die Perspektive wechseln und die göttliche Jesus können wir vor Gott kommen, durch kalischer Bereich) und für andere weniger Sicht einbeziehen? ihn sind wir gerecht gemacht (2. Korinwertvoll empfinden (z. B. im sportlichen Beginnen wir ganz vorne mit der Schöp- ther 21: „Denn Gott machte Christus, der nie Bereich). Dysfunktionale Einstellungen fung: Gott schuf die Menschen nach seinem gesündigt hat, zum Opfer für unsere Sünden, gegenüber der eigenen Person, wie sie vor Bilde, sich ähnlich (1. Mose 1,26) und seg- damit wir durch ihn vor Gott gerechtfertigt werallem bei depressiven Menschen vorhanden nete sie (Vers 28) und sah, dass es sehr gut den können.“.) Hiermit bekommen wir eine sind, können sowohl von der Bewertung der war (Vers 31). So haben wir unseren Wert neue Identität in Christus, eine sogenanneigenen Leistung als auch davon abhängen, – von dieser neuen Perspektive aus gesehen te christozentrische Identität: „Darum, ist ob ich mich von anderen anerkannt fühle. – darin, dass wir von Gott geschaffen und jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; Unter Selbstschemata versteht man dage- ihm ähnlich und von ihm gesegnet sind. das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworgen die Bewertung der eigenen Person auf Gott scheint somit mit seinem „Kunstwerk“ den!“ (2. Korinther 5,17). Bei dieser neuen, dem Hintergrund vergangener Erfahrun- Mensch sehr zufrieden zu sein, er gibt uns „transzendenten Identität“ (R. Oberbillig) gen. Diese Selbstschemata beeinflussen die Note „sehr gut“. Im Psalm 139,13 - 15 ist das Selbstbild in Jesus und den Glauben wiederum, wie wir uns selbst in unserem wird ebenfalls beschrieben, wie wunderbar an ihn verwurzelt. jetzigen sozialen Umfeld bewerten (nach und ausgezeichnet Gott uns Menschen Wenn wir nun die biblische Sichtweise als
Grundlage für die Betrachtung des Selbstwerts nehmen, sozusagen als Fundament unseres Seins, so gibt uns das Stabilität. Denn das Fundament meiner Selbsteinschätzung ist nicht meine eigene, sondern die Einschätzung, Bewertung und somit die Wertschätzung Gottes: Ich bin ein wertvolles Geschöpf Gottes, gewollt, geliebt, in Christus eine neue Kreatur! Der Wert, den ich mir selbst gebe, wird somit weniger abhängig von meinen eigenen Leistungen oder davon, ob ich mich von anderen wertgeschätzt fühle. Ich werde durch das Wissen und den Glauben an den Wert in Gott weniger anfällig für Bewertungen meiner Umwelt. Patienten mit Selbstwertproblemen, z. B. im Rahmen von Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen haben oftmals Situationen durchlebt, in denen sie Abwertung oder nicht ausreichend emotionale Nähe erlebt haben, sodass sie kein
ausreichendes Selbstwertgefühl entwickeln konnten. Von der biblischen Sichtweise her kann nun ein wichtiger Aspekt ergänzt werden. Bevor Menschen auf dieser Welt mögliche negative Ereignisse erlebt haben, ist ihnen etwas anderes – positives – widerfahren. Davon lesen wir in Psalm 139, 15 - 16 a: „Du hast zugesehen, wie ich im Ver-
und Therapeuten können wir in dieser Situation unsere Klienten/Patienten dabei begleiten und sie darin unterstützen, ihren Wert wieder zu entdecken, zu erneuern und zu stärken. Im nächsten Abschnitt werden verschiedene Elemente zur Verbesserung des Selbstwertgefühls dargestellt.
borgenen gestaltet wurde, wie ich gebildet wurde im Dunkel des Mutterleibes. Du hast mich gesehen, bevor ich geboren war.“. Gott hat uns
Therapeutische Interventionen zur Verbesserung des Selbstwertgefühls
unseren ursprünglichen Wert gegeben. Er ist der Ursprung unseres Lebens und er hat uns gekannt und geliebt, bevor wir auf dieser Welt waren. Das sind die Vorerfahrungen, von denen wir unseren Wert abhängig machen dürfen. Leider ist dieser ursprüngliche Wert für viele Patienten mit Selbstwertproblemen nur schwer zu begreifen, weil er für sie durch ihre Vorerfahrungen wie zerstört wirkt und ebenso schwer zurück zu erobern erscheint. Als Berater
Es gibt inzwischen eine Reihe von psychotherapeutischen Behandlungsmethoden zur Verbesserung des Selbstwertgefühls. Ein Schwerpunkt stellt die Entwicklung wohlwollender Gedanken sich selbst gegenüber dar. So lernen die Patienten im Rahmen der kognitiven Umstrukturierung negative, selbstabwertende Gedanken in ihren Alltagssituationen zunächst zu identifizieren und diese dann durch hilfreiche, zielfördernde Gedanken gezielt zu ersetzen
(Beck, 1999). Des Weiteren kann der Klient durch den Einsatz von „Selbstinstruktionen“ (nach Meichenbaum) lernen, eine für ihn belastende Situation dadurch besser zu bewältigen, in dem er vor der Situation gezielt positive, hilfreiche Gedanken entwickelt und diese einübt, wie z. B.: „Es wird
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sicherlich nicht ganz einfach. Aber ich habe schon ähnliche Situationen bewältigt und ich werde die Sache angehen.“. Durch die Entwicklung der
positiven Gedanken über die eigene Person sollen die Patienten lernen, eine insgesamt wohlwollende Haltung gegenüber sich selbst anzunehmen. Ein reines Auswendiglernen der neuen Gedanken sollte hierbei gemieden werden, vielmehr geht es darum, den liebevollen Umgang mit sich selbst im inneren Gespräch zu üben. Dieses kann zusätzlich dadurch geschehen, sich für Misserfolge nicht zu verurteilen, sondern sich für Fortschritte zu loben. Ein weiterer Aspekt zur Verbesserung des Selbstwertgefühls ist die Verbesserung der Handlungskompetenzen im Umgang mit sich selbst. Potreck-Rose & Jacob (2008) schlagen in ihrem Manual hierzu Übungen vor zum Thema „es sich leicht machen“ (z. B. Aufgaben delegieren oder weniger perfekt ausüben), sowie zum Thema „für sich sorgen im Alltag“ (z. B. sich Zeit nehmen für angenehme Aktivitäten, sich verwöhnen, sich etwas gönnen). Durch diese Interventionen kann ein liebevoller Umgang mit der eigenen Person direkt eingeübt werden. Dieses mag schwerfallen, wenn man sich selbst als so wenig wert empfindet, dass man glaubt, diese Übungen überhaupt nicht verdient zu haben. Hier gilt ein „so tun, als ob … man sich schon als wertvoll erlebt“ und ein „sich einlassen“. Die Übungen können dazu beitragen, den Selbstwert langsam zurück zu erobern. Außerdem betonen Potreck-Rose & Jacob (2008) die Notwendigkeit, sich eigene Ziele zu erarbeiten, diese anzugehen und sich für die Erfolge zu belohnen. Durch das Erfolgserleben kann wiederum das Selbsteffizienzerleben gebessert werden. Darüber hinaus kann die Bewältigung der psychischen Probleme, mit denen die Patienten in die Therapie kommen, das Selbstwertgefühl stärken (ohne das direkt
am Selbstwertgefühl gearbeitet wurde). guter Eigenschaften und Kompetenzen“. Der Patient erlebt sich in seinen verbes- Der Kopf hat also bereits verstanden, dass serten Umgang mit der psychischen Stö- man tatsächlich gar nicht so inkompetent, rung als effizient, eigene Fähigkeiten und unwert oder unwichtig ist. Das Herz kann Handlungskompetenzen (z. B. besser Gren- dieses Neue jedoch noch nicht so schnell zen setzen können) werden wieder stär- begreifen oder spüren. Eine Möglichkeit, ker wahrgenommen. Auch körperliche die Türen auch zum Herzen mehr zu öffnen Veränderungen (z. B. Gewichtsverlust bei und Worte des eigenen Wertes im Herzen adipösen Patienten) können bei Patienten zu begreifen, bietet die Intervention des subjektiv zu einem verbesserten Selbstwert- „Briefwechsels“ 1: gefühl führen. Schreiben Sie bitte einen Brief an sich Auch in der christlich-integrativen Bera- selbst. Absender: Gott. Beschreiben Sie tung und Therapie spielt die Verbesserung darin, welche Gedanken Gott über Sie hat, des Selbstwertgefühls eine wichtige Rolle. wie Er Sie in ihrer Situation sieht und was Die therapeutische Erfahrung zeigt, dass er für Sie empfindet. Patienten mit christlichem Glaubenshinter- Hier entsteht zumeist ein Brief voller Wertgrund eine gesunde Selbstfürsorge manch- schätzung, Liebe, Annahme und Verständmal schwerfällt, weil sie eine sehr dienende nis für das eigene Gewordensein, was wiedeHaltung einnehmen. Sie berichten oft, dass rum den liebevollen Umgang mit sich stärkt. sie versuchen, ihren Nächsten zu lieben, Im Folgenden kann der Patient wiederum dabei aber ihre eigenen Grenzen immer einen Brief an Gott zurückschreiben,ihm wieder überschreiten. Auch sehen mache Dank für seine Wertschätzung ausdrücken Patienten eine Gefahr darin, gar überheb- und den Wert und seine eigene Wertschätlich zu werden, wenn sie sich selbst dienen zung vor Gott bestätigen. Hierdurch wird oder sich loben. aus dem „Du bist wertvoll“ von Gott ein Wie kann nun eine Verbesserung des Selbst- „Ich bin wertvoll (in Gott)“, sodass der Pawertgefühls in der christlich-integrativen tient auch seinen eigenen Wert bestätigt. Arbeit gelingen? Wenn es um die Verände- Diese Briefe können ein Schatz sein, den rung bisheriger selbstabwertender Gedan- der Patient an Tagen, an denen die eigene ken geht, erscheint die klassische kognitive Annahme schwerfällt, wieder hervorhoUmstrukturierung dienlich. Was kann nun len kann. dem Patienten helfen, neue, positive Ge- Insbesondere, wenn Patienten tiefe Selbstdanken über sich zu entwickeln? Auch hier werteinbußen haben, sich noch nie selbst stellt Psalm 139 einen Wegweiser dar: „Wie geliebt haben, scheint es hilfreich, das Gekostbar sind deine Gedanken über mich, Gott.“ fühl der Liebe neu „zu verankern“. Für (Psalm 139,17). Wenn Gott kostbare Ge- diese Patienten ist es wichtig, „nachzulerdanken über mich hat, was würde er dann nen“, wie sich Liebe und Annahme anfühlen, über mich denken? Würde er mich genauso um bisherige Selbstschemata (z. B. ich bin abwerten, wie ich es tue? Was wären seine ungeliebt), die durch negative VorerfahrunGedanken in dieser Situation über mich? gen entstanden sind, zu verändern. Dieses Diese Fragen können Patienten helfen, kann dadurch geschehen, dass der Patient selbst gute und liebevolle Gedanken über die Liebe, die von dem ursprünglichen sich selbst zu entwickeln. Fundament unseres Werts ausgeht (unseren Oftmals gelingt es Patienten rasch, sich Wert durch Gott), wahrnimmt und dadurch positive Gedanken über sich selbst zu ent- das Gefühl der Liebe verankert. In einem wickeln und sich somit besser zu „bewer- früheren Patientenkontakt berichtete eine ten“. Sie können sich durch eine kogni- Patientin, dass sie sich wünschte, Gott als tive Umstrukturierung ihren Wert besser Vater zu lieben. Im therapeutischen Gezuschreiben oder werden sich bei einer spräch wurde deutlich, dass ihr dieses so Ressourcenaktivierung ihrer Fähigkeiten schwer fiel, weil sie sich selbst so wenig und Eigenschaften wieder bewusst und lieben und annehmen konnte und kaum können feststellen: „Ja, ich habe eine Reihe Liebe empfinden konnte. In der folgenden
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gemacht, hat sich ehrlich abgegrenzt und auch Gemeinschaft genossen. Eine Hilfe könnte hier sein, sich zu fragen: „Würde Jesus bei dem, was ich gerade tue, mitmachen?“, „Würde er jetzt den Mund öffnen und sich abgrenzen (oder hätte er es schon längst getan)?“, „Würde Jesus sich jetzt eine Pause gönnen?“, etc.
Diese Intervention soll jedoch keineswegs zu einem „zwanghaften“ sich Rückversichern führen. Vielmehr soll sie dazu dienen, inne zu halten, sich der Identität in Christus immer wieder bewusst zu werden und hierdurch den liebevollen Umgang mit sich selbst zu fördern.
Dr. rer. nat. Marie-Luise Kesting ist Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin an der de’ignis-Fachklinik
Fazit
Das Fundament durch die erlebte Annahme Gottes trägt zu einem stabileren Selbstwert bei, der weniger anfällig ist für Schwankungen in kritischen Alltagssituationen. In der christlich-integrativen Beratung und Therapie ist somit die Stabilisierung des Selbstwertes zusätzlich zur „reinen“ Verbesserung des Selbstwertes ein wichtiges Therapieziel. Es geht um ein Ruhen in dem Wert, den Gott uns gibt: „Auf Gott hoffe ich und fürchte mich nicht; was können mir die Menschen (bzw. deren Bewertung) tun?“ (Psalm 56,11).
Als Berater und Therapeuten liegt somit eine bedeutende – bei Patienten mit schweren Selbstwerteinbußen auch herausfordernde – Aufgabe vor uns, die wir voller Gottvertrauen angehen dürfen. Nutzen wir die Möglichkeit, den Patienten in unserer neuen Identität in Christus und unserem Wert, den wir in Christus haben, mit Wertschätzung gegenüberzutreten.
T ite l th e ma • Das Selbstwertgefühl
Intervention las ich der Patientin Verse aus Psalm 139 laut vor. Ich bat sie, die Augen zu schließen und die Worte nachzuempfinden. Hierbei konnte die Patientin schließlich ein angenehmes Wärmegefühl in ihrem Brustbereich spüren. Auf Anleitung gelang es ihr, diesem Gefühl mehr Raum zu geben und das Gefühl bewusst wahrzunehmen. In ihrer Vorstellung sah sie dann eine Hand, die ihren Körper berührte, die sie als die Hand Gottes wahrnahm. Die Patientin blieb noch eine kurze Zeit in der Imagination und verankerte das Gefühl, versuchte, es „abzuspeichern“, um es auch in anderen Situationen wieder „hervorholen“ und aktivieren zu können. In der Reflexion berichtete die Patientin schließlich, dass sie nun erstmals geliebt gefühlt habe. Sich liebevoll in Gedanken zu begegnen ist ein wesentlicher Aspekt zur Verbesserung des Selbstwertgefühls. Doch dieses würde nicht genügen, wenn man im Alltag nicht entsprechend danach handeln und für sich sorgen würde. Zusätzlich zu den positiven Gedanken bedarf es also einen liebevollen Umgang mit sich selbst „in Aktion“, also einer guten Selbstfürsorge. Vermutlich fällt eine gute Selbstfürsorge leichter, wenn bereits die Gedanken liebevoller werden. Doch auch eine gute Selbstfürsorge kann wiederum zu „kostbaren“ Gedanken führen. So darf also auch die Selbstfürsorge in der christlich-integrativen Therapie nicht zu kurz kommen. Es bedarf also mehr, als zu begreifen, welchen Wert wir in Christus haben. Dieses Fundament kann uns jedoch helfen und uns darin bestärken, dass wir es wert sind, gut für uns zu sorgen. Es gilt, eigene Grenzen wahrzunehmen und auch danach zu handeln, unangenehme Verpflichtungen nicht aufzuschieben, sondern sie anzugehen, sich ausreichend Pausen im Alltag einzugestehen, etc. Was kann hierbei aus christlich-integrativer Sicht helfen? Woran oder an wem können wir uns orientieren, wenn wir versuchen, mehr auf uns zu achten? Können wir uns an Jesus ein Vorbild nehmen? Aufgrund seiner „Arbeitsbelastung“ in den letzten Jahren seines Wirkens hätte er vielleicht ausbrennen können. Aber auch er hat sich immer wieder zurückgezogen und Pausen
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Anmerkungen Diese Intervention brachte ein früherer Patient mit in unsere Therapiestunde. Seitdem findet sie bei meinen Patienten immer wieder Anwendung, weil die Patienten dadurch Gottes Liebe und Annahme so nah erfahren. 1
Literatur Beck, J.: Praxis der Kognitiven Therapie. Beltz, Psychologie Verlags Union, Weinheim 1999 • Fliegel, S.: Selbstverbalisation und Selbstinstruktion in: Linden, Hautzinger Verhaltenstherapiemanual. Springer, Heidelberg 2008 • Michael H. Kernis, Self Esteem: Issues and Answers. Psychology Press, New York 2006 • Mann, M., Hosman, C. M., Schaalma, H. P., & de Vries, N. K.: Self-esteem in a broadspectrum approach for mental health promotion. Health Education Research 19, 2004 • Markus, H.: Self-Schemata and Processing Information about the Self. Journal of Personality and Social Psychology, 35, 1977 • Oberbillig, R.: Arbeitsgrundlagen einer Christlich-integrativen Psychotherapie. Unveröffentliches Manuskript • Potreck-Rose, F. & Jacob, G.: Selbstzuwendung, Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen. Klett-Cotta, Stuttgart 2003 • Rosenberg, M.: Society and the adolescent self-image. Princeton University Press, New York 1965 • Weissman A., Beck A. T.: Development and validation of the Dysfunctional Attitudes Scales. Paper presented at the Annual Convention of the Association for Advancement of Behavior Therapy. , Chicago 1978 •
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Traumata und ihre Behandlung Wenn es um seelische Gesundheit geht, so haben zwei Begriffe in unserer Gesellschaft aktuell Hochkonjunktur: der eine Begriff heißt Burn-out, der andere heißt Trauma. Im folgenden Text geht Dr. med. Rolf Senst näher auf den Begriff Traumata ein und erläutert dessen Grundzüge.
Zunächst eine Vorbemerkung : Es ist •grundsätzlich begrüßenswert, dass das Thema seelische Gesundheit gesellschaftsfähig geworden ist. Was vor 20 Jahren noch ganz schwierig war, ist heute schon weit eher möglich. Wir erfahren zunehmend auch von Prominenten, dass sie wegen psychischer Probleme – zum Beispiel einer Depression – in fachärztlicher Behandlung waren. Es ist nicht mehr automatisch der Anfang vom Ende des eigenen Ansehens, sich mit einer Erkrankung im psychischen Bereich auseinanderzusetzen. Eine Begrifflichkeit wie das Burn-out-Syndrom betrachte ich in diesem Zusammenhang als hilfreich: Es gilt nicht als unschicklich, angesichts der Fülle von Aufgaben und Aktivitäten, in die sich der einzelne Mensch hineingestellt sieht, auch einmal auszubrennen. Man hat sich einfach überarbeitet – das kann schließlich jedem passieren und ist ethisch nicht verwerflich. (Dass Burn-out keine medizinische Diagnose ist, sondern im Einzelfall anhand der diagnostischen Kriterien konkreten spezifisch beschreibbaren psychischen und psychosomatischen
Krankheitsbildern zugeordnet werden muss, steht auf einem anderen Blatt Papier. Dies wollen wir hier nicht weiter verfolgen.) Der zweite Begriff mit Hochkonjunktur lautet Trauma. Nicht ohne Grund: Im Rahmen der Flüchtlingszuwanderung in unser Land sprechen wir zu Recht von traumatischen Erfahrungen, die die große Mehrheit dieser Menschen hinter sich hat. Und auch schon vor der Flüchtlingswelle lässt sich feststellen: Manch eine Erfahrung in unserem Land wird ebenfalls zu Recht als Trauma bezeichnet. Dabei denke ich im klinischen Kontext insbesondere an Gewalterfahrungen, oft sexueller Art, und leider oft schon in der Kindheit erlitten. Regelmäßig behandeln wir Patientinnen und Patienten, die an konkreten Traumafolgestörungen leiden. Parallel dazu gibt es aber auch eine Verwendung des Begriffes im Alltag, die eher inflationären Charakter hat: Wenn ich schmerzliche Erfahrungen jeder Art von vornherein als traumatisch bezeichne, bewege ich mich außerhalb des klar abgegrenzten Rahmens der medizinischen Definition. Deshalb an
TYP I – TRAUMA
ZUFÄLLIG AUFTRETEND GEZIELT MENSCHLICH VERURSACHT
Abbildung 1 Klassifikation von Traumata
einmalig / kurz
dieser Stelle zunächst einmal ein Blick auf eben diese Definition: Unter einem Psycho-Trauma (griech. traúmatos „Verletzung, Wunde“) versteht man ein kurz- oder lang anhaltendes belastendes Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, das bei nahezu jedem (Betroffenen oder Beobachter) eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. (Weltgesundheitsorganisation, ICD-10) Man unterscheidet zum einen zufällig auftretende von gezielt menschlich verursachten Traumata, zum anderen einmalig oder kurz einwirkende von wiederholt oder über einen längeren Zeitraum einwirkende Traumatisierungen. Eine Sonderkategorie stellen medizinisch bedingte Traumata dar. ↓ einen Überblick gibt Abbbildung 1
Grund lagenthema • Text: Dr. med. Rolf Senst
TYP II – TRAUMA mehrfach / lang
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MEDIZINISCH
BEDINGTES TRAUMA
Schwerer Verkehrsunfall
Naturkatastrophe (z. B. Erdbeben)
Lebensgefährliche Erkrankung
Berufsbedingt (Polizei, Feuerwehr, etc.)
Technische Katastrophe (z. B. Giftgas)
Medizinische Eingriffe
Vergewaltigung
Sexueller Missbrauch
Körperliche Gewalt
Kriegserleben
Schwere Komplikationen nach Behandlungsfehler
Banküberfall
Geiselhaft
Zeuge eines Mordes
Folter
Naturkatastrophe (z. B. Wirbelsturm)
Eine solche Einteilung ist hilfreich zum Verständnis der jeweiligen Hintergründe, beantwortet jedoch noch nicht die Frage nach einer zielführenden Behandlung. Hier wurden in den letzten 20 Jahren erhebliche Fortschritte erzielt und eine Reihe von Methoden entwickelt, die sich zum Teil verblüffender Wirksamkeit erfreuen. Ein Fallbeispiel aus unserer Klinik unter Einsatz einer Methode, die sich IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy, Lit. s. u.) nennt, möchte ich im Folgenden berichten: Fallbeispiel
Eine 40-jährige Frau, verheiratet und Mutter von zwei Kindern, kommt zur stationären Behandlung in die Klinik. Seit etwa fünf Jahren ist sie zunehmend depressiv, leidet unter anfallsweise auftretenden Panikattacken, fühlt sich mit den Kindern überfordert und hat die Freude am Leben verloren. Die Ehe ist in einer schweren Krise: Ihr Mann trägt sich mit Trennungsgedanken – die er sich gleichzeitig wegen seiner christlichen Ethik verbietet. Die Sexualität liegt fast völlig brach; die Frau empfindet zunehmend Ekel beim Geschlechtsakt, hat auch schon danach erbrochen oder wurde ohnmächtig. Immer wieder hat sie über Suizid nachgedacht, will das aber ihren Kindern nicht antun. Bei der genaueren Anamnese stellt sich heraus, dass die inzwischen drastische Symptomatik begann, als die ältere Tochter ins Grundschulalter kam. Es verdichten sich die Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch, den die Patientin selbst über Jahre hinweg in eben diesem Alter erlitten und den sie lange Zeit weitgehend verdrängt hatte. In fragmentarischer Form tauchen zu Beginn der Behandlung innere Bilder und Empfindungen davon auf, die sich zunehmend unangenehm in Form von Flashbacks aufdrängen (Flashbacks sind unwillkürlich auftretende, hoch intensiv und auf mehreren Sinneskanälen erlebte Nachhallerinnerungen, teilweise tagsüber, teilweise in Form von Albträumen). Es wird die Indikation zu einer Traumatherapie mit IRRT gestellt, eingebettet in einen umfassenderen psychotherapeutischen Prozess. Nach insgesamt drei traumathe-
rapeutischen Sitzungen enden Flashbacks und Panikattacken, die Stimmung bessert sich erheblich, die Patientin entwickelt eine positive Zukunftsorientierung. In einem Nachgespräch nach der Entlassung berichtet sie u. a. von einer völlig veränderten und nun ausgesprochen positiv erlebten Sexualität. Grundsätzliches zur Traumatherapie
konfrontation im engeren Sinne (wie unten für eine IRRT-Intervention auf der inneren Bühne beschrieben) sinnvoll und aussichtsreich. Wichtig zu wissen: ohne Psychoedukation und Stabilisierungstechniken keine Traumatherapie! Oberstes Ziel einer Behandlung ist stets die Fähigkeit der Patientin, ihren Alltag im Hier und Jetzt innerhalb und außerhalb der Klinik, im beruflichen und privaten Kontext, bewältigen zu können.
Nicht immer ereignen sich derart dramatische Besserungen wie im obigen Fallbeispiel, und nicht immer lässt sich eine Was ist IRRT? IRRT-Behandlung innerhalb von nur drei Schauen wir noch mal auf die beschriespezifischen Konfrontationssitzungen zu bene Methode: Das Grundprinzip der einem Abschluss bringen (dazwischen fan- IRRT stützt sich auf die Selbstheilungsden auch „reguläre“ Therapiegespräche kräfte unserer Psyche, die uns meiner Überstatt). Und nicht immer ist die Zeit reif zeugung nach vom Schöpfer mit auf den für eine solche Intervention. Eine fach- Weg gegeben sind, ähnlich wie im körperlich seriöse Herangehensweise an die Be- lichen Bereich die Wundheilung ein völlig handlung von Traumata ist folgende: Zu- natürlicher Prozess ist. Und genau wie die nächst erfolgt eine gezielte Diagnostik. Wundheilung durch Infektionen oder FrakLiegt überhaupt eine Traumafolgestörung turen kompliziert werden und zu einem vor? Die Tatsache erlebter (sexualisierter dysfunktionalen Ergebnis führen kann, ist oder nicht sexualisierter) Gewalterfahrun- es auch mit der Verarbeitung schwieriger gen als solches bedeutet keineswegs, dass und/oder potenziell traumatischer Lebensder Betroffene an einer Posttraumatischen ereignisse. Wenn wir in der Chirurgie einen Belastungsstörung (PTBS) leidet. Unter ungut zusammengeheilten Knochen wieder Vergewaltigungsopfern entwickelt etwa aufschneiden und in gerader Richtung zujeder zweite Betroffene eine PTBS, bei sammenfügen, sind wir bei der erwarteten KZ-Häftlingen liegt die Quote bei etwa Besserung nach der Operation wieder auf 60 %. Bei Soldaten, die aus einem Einsatz die Selbstheilungskräfte angewiesen. Anaim Kriegsgebiet zurückkehren, schwanken log lässt sich ein IRRT-Behandlungsprozess die Zahlen zwischen 9 % und 15 %. Nach mit einer kleinen Operation vergleichen. schweren Verkehrsunfällen wurde bei 3 % Ungut zusammengewachsene „Seelenteile“ bis 11 % eine PTBS diagnostiziert. werden aus der Fixierung gelöst und in eiEin nächster wichtiger Schritt ist eine ner günstigeren Weise zusammengefügt. gründliche Information über das Krank- Außerdem werden die psychischen Selbstheitsbild, genannt Psychoedukation (die heilungskräfte angeregt. Symptomatik stellt eine durchaus „normale“ Reaktion auf unnormale Erfahrungen dar, Die „innere Bühne“ es handelt sich um ein bekanntes und klar Der Ort dieses Geschehens ist die sogedefiniertes Krankheitsbild). Bei emotiona- nannte innere Bühne. In ähnlicher Weise, ler Instabilität (ein häufiges Phänomen bei wie wir alle im Laufe eines Tages wiederPatienten mit intensiven Flashbacks) geht holt innere Selbstgespräche führen, läuft es parallel um das Erlernen von Stabilisie- parallel zur verbalen auch eine imaginarungsübungen und weiterer sogenannter tive Erlebnisverarbeitung. Diese innere Skills. Damit sind Techniken gemeint, bei Verarbeitung ist letztlich entscheidend anflutender Angst oder Panik Gegenmaß- dafür, wie wir ein Erlebnis bewerten und nahmen zu ergreifen und dafür zu sorgen, welchen weiteren Einfluss es auf unser nicht in den „alten Film“ zu rutschen. Erst Leben nimmt. Innere Bühne und äußere bei ausreichender Stabilität ist eine Trauma- Bühne stehen also in einer beständigen
Wechselwirkung, ähnlich wie ein inneres Zwiegespräch und nach außen sichtbare Kommunikation mit anderen Menschen in einer Wechselwirkung stehen. Auf der inneren Bühne gibt es sowohl bewusste als auch unbewusste Szenarien. Ein Beispiel für bewusstes Erleben der inneren Bühne ist das Nachspielen einer Kränkungssituation, sei es mit der Entwicklung von Rachegedanken („Dem werd’ ich’s zeigen!“), sei es mit der Entwicklung von Scham- und Versagensgefühlen („Das war so peinlich, ich könnte immer noch im Boden versinken!“). Beides hat Handlungskonsequenzen. Die Handlungskonsequenzen aus einer unverarbeiteten traumatischen Erfahrung sind hinsichtlich ihrer inneren Komponenten und deren Zusammenspiel eher unbewusst. Aus dem Erlebnis, selbst hilfloses Opfer gewesen zu sein, hat sich ein negatives Selbstbild entwickelt, ein inneres Schema. Unter Schema (der Begriff geht auf
1
Jean Piaget zurück) verstehen wir eine Art kategorischer Brille, durch die ein Mensch sich selbst, andere Menschen und die Welt insgesamt wahrnimmt. Sie entwickelt sich vom ersten Atemzug an. Durch die Prozesse der Assimilation (Einfügung neuer Erfahrungen in das bereits vorhandene Schema) und Akkommodation (Anpassung des bisherigen Schemas an neue Gegebenheiten) verfestigen oder verändern sich Schemata; neue können gegebenenfalls entstehen. Im Kontext traumatischer Erfahrungen entstehen typischerweise dysfunktionale Schemata. Beispiele hierfür sind Hilflosigkeit und Ohnmacht, Einsamkeit und Verlassenheit, Inkompetenz und Versagen. Das Vorhandensein solcher Schemata, die auf der inneren Bühne als Reaktion auf die traumatischen Erfahrungen auf der äußeren Bühne entstanden sind, ist oft für das Auftreten von Symptomen und/oder für die stark erschwerte therapeutische Bearbeitung derselben verantwortlich.
↓ siehe Abbbildung 2
der belastenden Szene.
BEWÄLTIGUNG
→ Konfrontation /Auseinandersetzung mit der Zielperson.
Abbildung 2 Der IRRT Prozess
• Täter • Verursacher • Verstorbener
3 → Das
• • • • •
Entmachtung Entschuldigung Neutralisierung Verständnis Versöhnung
SELBSTBERUHIGUNG UND SELBSTTRÖSTUNG HEUTIGE ICH wendet sich dem DAMALIGEN ICH bzw. KIND-ICH zu.
• Verständnis • Versöhnung • evtl. Ablehnung
38
Ti telthema • Traumata und ihre Behandlung
EXPOSITION
→ Wiedererleben
2
IRRT versteht sich als sokratische Schemaarbeit auf der inneren Bühne. Sie interveniert gezielt am Ort des traumatischen Geschehens (dem „inneren Film“) und hat zum Ziel, Opferbilder durch Bewältigungsbilder zu ersetzen sowie eine positive Selbstfürsorge der Patientin zu fördern. Dabei macht sie keinerlei inhaltliche Vorgaben – die Patientin entwickelt ihre Lösungen selber. Das ist mit der sokratischen Vorgehensweise gemeint. IRRT verwendet eine klar definierte Interventionsstruktur in drei Phasen: Exposition in sensu, Täterkonfrontation und -entmachtung, Förderung von Selbstfürsorge.
ng gu lti
wä
Pha
Be
KIND Exposition / Wiedererleben
Ph
Statt vom „Täter“ zu reden, kann es je nach traumatisierender Erfahrung auch eher angebracht sein, die Bezeichnung „Verursacher“ zu benutzen. Bei Verlusterlebnissen geht es um die innere Auseinandersetzung mit dem „Verstorbenen“ bzw. „Verschwundenen“. Unter Umständen (z. B. bei leichteren Traumatisierungen, bei Ungerechtigkeiten, bei unabsichtlichen Traumatisierungen, bei emotionalen Missbrauchsszenen, wenn der Täter sich ernsthaft entschuldigt und demütig zeigt) kann die Entmachtung auch eher als Versöhnung oder Vergebung verlaufen oder darauf hinauslaufen, besonders wenn der Täter eine nahestehende Person, z. B. ein Familienangehöriger war. Der Täter kann auch nicht-menschlich sein (z. B. eine Maschine oder ein Tier), dann muss meist zunächst eine Neutralisierung stattfinden und das Opfer gesichert oder aus der bedrohlichen Situation befreit werden. Manchmal gibt es keinen Täter, z. B. im Fall von Naturkatastrophen, Krankheiten oder Unfällen. In solch einem Fall entfällt meistens Phase 2, es sei denn, der Patient empfindet, es gebe einen Schuldigen oder Verantwortlichen für das Ereignis.
ase 1
(a+
b)
Die Interventionen
Typischerweise verläuft eine IRRT-Sitzung in den genannten drei Phasen. Die erste Phase dient der emotionalen Aktivierung der Erinnerungen an das traumatische Ereignis. Die Patientin steigt (in der Regel mit geschlossenen Augen) in ihren inneren Film ein und berichtet in der Gegenwartsform über das Erlebte – so, als ob es gerade jetzt geschähe. Wir befinden uns hier auf einer subjektiven Erinnerungsebene. Der Therapeut begleitet als eine Art Zeuge den Prozess mit Halt gebenden verbalen Bekundungen seiner Anwesenheit, kleinen Wiederholungen, kurzen, nicht invasiven Fragen („Der Mann sagt zu Ihnen: ‚Zieh dich aus!‘ – Was geschieht weiter?“), ohne zu kommentieren oder zu bewerten. Daneben fragt er immer wieder nach dem aktuellen subjektiven Belastungsgrad der Patientin auf einer Skala von 0 bis 10. Wenn die traumatische Szene abgeschlossen ist, bittet der Therapeut die Patientin, wieder an den Anfang der Szene zurückzukehren und sie ein zweites Mal zu durchlaufen. Er fügt hinzu: „Diesmal werde ich Ihnen helfen, das Drehbuch der Szene zu verändern.“
Abbildung 3 Die drei Phasen der IRRT
TÄTER
e3
, ng gu g hi ru tun b e rö s st lb bstt l Se
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Ph
HEUTIGES ICH
2
Se
s
THERAPEUT
Auf dem Höhepunkt der Belastung kommt dann die Intervention: „Können Sie sich vorstellen, wie Sie, als die Monika von heute, in Ihrer aktuellen Gestalt, jetzt zusätzlich die Szene betreten?“ .Wir gehen damit auf eine fiktive Sym-
bolebene (Phase 2). Meist gelingt der Patientin diese Vorstellung recht gut. Dann spricht der Therapeut gezielt das HEUTIGE ICH mit der Frage an: „Was möchten Sie jetzt dem Täter sagen oder mit ihm machen?“ .
In dem nun folgenden Prozess der Auseinandersetzung unterstützt der Therapeut seine Patientin darin, Bewältigungsbilder zu entwickeln, indem die Patientin den Täter überwältigt, entmachtet oder neutralisiert. Dieser Prozess kann mehr oder weniger schwierig sein. Hilfreich ist einerseits das Bewusstsein, sich auf einer fiktiven Ebene zu befinden, die nicht den Einschränkungen einer realen tätlichen Auseinandersetzung unterliegt (tatsächliche Körperkraft spielt also z. B. keine Rolle). Andererseits kommt dem Prozess die ethisch-moralische Überlegenheit des Opfers gegenüber dem Täter zugute. Diese ist ggf. im Vorfeld mit der Patientin kognitiv zu erarbeiten – emotional ist sie wegen des bestehenden
Opferschemas oft noch blockiert. Ist der Täter entmachtet oder wenigstens neutralisiert, geht es in der dann folgenden dritten Phase (ebenfalls fiktive Symbolebene) um die Zuwendung des HEUTIGEN ICHS zum DAMALIGEN ICH, um so innere Bilder von Selbstfürsorge zu fördern. „Was möchten Sie als HEUTIGES ICH dem Kind jetzt sagen oder für es tun?“ Wiederum unterstützt der Therapeut das Geschehen, indem er die direkte Interaktion zwischen dem HEUTIGEN ICH und dem DAMALIGEN ICH fördert, ohne inhaltliche Vorgaben über die Inhalte dieses Prozesses zu machen. In der Regel wird sich die Patientin tröstend und fürsorglich um das Kind bemühen, das nach einer Phase der Skepsis und des Misstrauens letztlich darauf eingeht. Auch in diesem Prozess können Blockierungen auftreten, beispielsweise bei ausgeprägten Schemata von Selbsthass und selbstverletzendem Verhalten der Patientin. Mit einer Reihe von Interventionen des Therapeuten, der Blickkontakt mit dem Kind und direkte Rede anregt („Was sehen Sie in den Augen des Kindes?“ – „Angst.“ – „Was möchten Sie dem Kind jetzt sagen oder mit ihm tun?“), können diese in aller Regel überwun-
den werden. Meist werden dafür mehrere Sitzungen benötigt, und die Gründe für die Selbstablehnung müssen besprochen und aktiv angegangen werden. Teil der IRRT-Sitzung ist eine Nachbesprechung, in der das Erlebte eingeordnet und vertieft wird. Als Hausaufgabe soll die Patientin eine Audioaufzeichnung der Sitzung wiederholt anhören, um das Erlebte zu vertiefen und weiter zu verarbeiten. Das dazu erstellte Kurzprotokoll wird zu Beginn der nächsten Sitzung besprochen. ← siehe Abbildung 3 auf Seite 39
Eigene Erfahrungen in unserer Klinik
Ende der 1990er Jahre haben wir angefangen, uns näher mit Traumatisierungen und deren gezielter Behandlung zu beschäftigen. Seitdem haben wir viel hinzugelernt. Zum einen hat es in diesem Zeitraum eine erhebliche Vertiefung und Erweiterung des verfügbaren Wissens über die neurobiologischen Hintergründe von Traumafolgestörungen gegeben. Zum anderen wurden
gezielte Behandlungsverfahren (weiter-) entwickelt und evaluiert, die eine gezieltere und effektivere Hilfe ermöglichen. IRRT ist ein Beispiel dafür. Stationäre Traumabearbeitung ist immer eine Aufgabe für das gesamte Team. Sämtliche Berufsgruppen, die direkt am Patienten tätig sind, müssen einbezogen werden. Entsprechend viele interne Schulungen, Supervisionen und der tägliche Austausch waren und sind hierfür vonnöten. Grundlagen der Traumabearbeitung wie die oben erwähnte Psychoedukation und Stabilisierung sind praktisch allen Mitarbeitern im medizinisch-psychotherapeutischen Team bekannt und vertraut. In den letzten fünf Jahren hat zudem eine Reihe der bei uns tätigen Ärzte und Psychologen im Rahmen von Fortbildungskursen an unserer Klinik, die ich gemeinsam mit dem Urheber der Methode (Mervyn Schmucker, s. u.) durchgeführt habe, die IRRTMethode erlernt. Auch in der seelsorglichen Anwendung (für die eine gute Ausbildung und Supervision Voraussetzung ist) haben sich immer wieder positive Ergebnisse gezeigt. Oft wird hier spontan vom Ratsuchenden (wichtig:
nicht auf Anregung des Therapeuten!) in Phase drei, zuweilen auch in Phase zwei das Auftreten von Engeln oder der Person Jesu als eine Art innerer Helfer imaginiert, die bei der Täterüberwältigung oder dem Trost für das verletzte Kind unterstützen. Das wiederum fördert nachhaltig das Empfinden von Selbstwert und Selbstwirksamkeit beim Ratsuchenden. In der Anwendung fühle ich mich immer wieder wie in die Schöpfungswerkstatt Gottes hinein genommen. Er brennt darauf, Menschen zu helfen und sie aus unguten Verstrickungen herauszuführen! Diese liebevolle Zuwendung Gottes zu uns Menschen, die ihren sichtbaren Ausdruck in der Menschwerdung Jesu findet, ist meiner Überzeugung nach die letztlich wirksame Kraft hinter all unseren therapeutischen Bemühungen. Das entbindet uns keineswegs von der Aufgabe, unsere fachlichen Qualifikationen permanent weiterzuentwickeln – im Gegenteil. Dort, wo eigene ernsthafte Bemühung stattfindet, segnet Gott besonders gern. Und wir leben dabei unseren Klinik-Wahlspruch, genannt Claim: Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Dr. med. Rolf Senst Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit Zusatzbezeichnung Rehabilitationswesen und Spezielle Psychotraumatherapie DeGPT, IRRT-Trainer und Supervisor, ist Ärztlicher Direktor der de’ignis-Fachklinik.
Literatur Mervyn Schmucker, Rolf Köster: Praxishandbuch IRRT. Klett Cotta, 2014 •
41 Zu r D is ku ss io n • Text: Winfried Hahn
Zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit Therapeutische und seelsorgerliche Begleitung im Spannungsfeld zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit. Eine theologische Reflexion über die Preisgabe dysfunktionaler Schutzmechanismen und Verhaltensmuster.
Zur Diskussion: Hier werden Beiträge veröffentlicht, die nicht in allen Punkten der Meinung des Redaktionsteams entsprechen müssen.
Therapie und Seelsorge hat •es Christliche häufig mit Menschen zu tun, die zutiefst verletzt und gedemütigt wurden. Die mangelnde Fähigkeit, sich abgrenzen und schützen zu können, führte zu Grenzverletzungen durch ihre Mitmenschen und Umgebung. Dadurch wurden diese Menschen in ihrem Inneren schutz- und heimatlos gemacht. Es manifestierte sich die Botschaft: „Jeder kann mit mir machen, was er will“. Diese Schutzlosigkeit entwickelte sich häufig schon in der Kindheit, wenn auf die Bedürfnisse des Kindes keine Rücksicht genommen wurde und seine emotionalen Bedürfnisse keine Stillung erfuhren, z. B. wenn das ältere Kind für die jüngeren Geschwister sorgen musste und überfordert wurde. Ständiges Gehorchenmüssen, Liebe nur als Belohnung für Wohlverhalten, Überforderung des Kindes – weil es für das seelische und körperliche Wohlergehen der Erwachsenen verantwortlich gemacht wurde („Wegen dir geht es Mama jetzt schlecht.“ ) – führt zu dem inneren Schrei: „Lass mich in Ruhe, komm mir nicht zu nahe, du
willst doch auch nur etwas von mir. Ich komme schon alleine zurecht.“
Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden.“
Hier ist die Rede von Überforderung, die Überforderung, Grenzverletzung (auch in die Mutlosigkeit und damit in die Desexueller Missbrauch), Demütigungen er- pression führt.1 zeugen den verzweifelten Versuch, sein Viele Menschen, die den Weg zur Seelsorge verwundetes, gedemütigtes Inneres durch und Therapie antreten, sind in ihrem Ineine harte Schale, durch Bitterkeit, durch neren zornig, abweisend oder resigniert, Rachefantasien, durch Verdrängung, durch schmerzbeladen, depressiv, unfähig, ihr Verleugnen des Geschehenen zu schüt- Leben in die Hand zu nehmen und zu meiszen. Angst vor neuer Demütigung, Angst tern. Sie sind Opfer ihrer Umwelt, die sie vor neuem Schmerz, Angst vor erneutem überforderte, und in ihrem Inneren tragen Ausgenutztwerden führt zum Aufbau von sie die Botschaft: „Warum bin ich immer der inneren Mauern, Mauern des Zorns, der Schuhabtreter? Ich will nicht akzeptieren, dass Rebellion, der Anklage, des Selbstmit- man so mit mir umgegangen ist. Ich will nicht leids. Können diese Mauern nicht mehr diesen Schmerz. Ich will nicht, dass gerade mir aufrechterhalten werden, folgt der Absturz dies passiert ist. Ich will nicht dieses ,Scheißleben‘.“. in die Verzweiflung, in die Depression. Der Wie oft hören wir in Seelsorge- und TheSchmerz wird übermächtig, das positive rapiegesprächen diese und ähnliche AusSelbstbild ist zerstört, die Würde verloren sagen. Wir können diese Menschen in gegangen. Beide Reaktionen, Zorn und ihrem Schmerz, in ihrer Wut, in ihrer VerDepression, werden uns von der Bibel ge- schlossenheit, in ihrer Depression, ja auch zeigt: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum in ihrer Opferrolle nur zu gut verstehen: Zorn.“ (Epheser 6, 4) „Wegen meiner Eltern geht es mir so schlecht“, Überforderung seitens der Eltern kann „Warum hat dieses „Schwein“ (z. B. bei Vergein den Kindern Zorn erzeugen, der bis waltigung) gerade mir das angetan?“ „Warum ins Erwachsenenalter hineinreicht: Zorn, werde ich immer ausgenutzt?“, „Ich bin doch der der als Schutzmauer vor Grenzverletzung letzte Dreck“. Häufig ist auch zu beobachten, erlebt und zum psychischen Überleben dass sich auf der Ebene der Einstellungen benötigt wird. Die Depression finden wir eine Art Opferrolle entwickelt. „Weil man im Kolosserbrief 3,21: „Ihr Väter, reizt eure mich so schlecht behandelt hat, muss ich jetzt für
mich selber sorgen. Gut ist, was mir guttut, auch wenn es auf Kosten anderer geht.“ Diese Opfer-
rolle erzeugt eine Art von Selbstbezogenheit, die viele Betroffene blind macht für die Belange und Bedürfnisse anderer. Auch das Bewusstsein für den Respekt vor den Grenzen anderer Menschen ist oft nur sehr schwach ausgeprägt. So entsteht die paradoxe Situation, dass Menschen deren Grenzen verletzt wurden, dazu neigen, selbst die Grenzen anderer Menschen zu verletzen. Wenn wir den Menschen jedoch wirklich helfen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen gequälten Menschen die Wahrheit zu sagen, eine Wahrheit, die hart und schwer zu verkraften ist, eine Wahrheit, die mit viel Trost, Rücksicht und nur wohl dosiert weitergegeben werden darf, eine Wahrheit, die mit verstehendem Herzen, die Würde des Hilfesuchenden schützend, gesagt wird. Es ist nämlich die alte biblische Wahrheit, dass hinter diesen rebellischen, verdrängenden und selbstmitleidigen Reaktionen der natürliche Mensch steht, der nach Aussagen der Bibel nichts vom Wesen Gottes versteht, weil er sich nicht mit Schmerz, Defiziten und Sünde (auch eigenes Fehlverhalten) abfinden kann.
Es ist die stolze Rebellion, die schreit: „Ich will nicht, dass es in meiner Biografie diese schlimmen, erniedrigenden Ereignisse gibt. Weil andere so schuldig an mir geworden sind, halte ich es nicht aus, meine eigenen Fehler zu erkennen.“ (Dabei
geht es nicht darum, erlittenes Unrecht zu verschweigen, zuzudecken oder zu verharmlosen – das Opfer muss die Möglichkeit haben, den Täter schuldig zu sprechen, um in den Prozess der Vergebung eintreten zu können. Bei dem Erkennen der eigenen Schuld ist auch nicht die Schuld gemeint, die Opfern von sexuellem oder seelischem Missbrauch eingeredet oder einsuggeriert wurde, sondern das vor Gott sündige Verhalten, das sich in vielen eigenen Lebensbereichen äußert, die nicht mit dem erlittenen Unrecht in Verbindung stehen.). Es ist die Reaktion des natürlichen Menschen, der Schmerz, Defizite und Sünde aus seinem Leben verdrängt. Es ist die Reaktion, die jedem Menschen zu eigen ist, in gutem Licht dastehen zu wollen. Wir wollen kein verpfuschtes Leben. Deshalb verstecken wir, was andere uns angetan haben, um die Demütigung nicht zu spüren. Wir verdrängen den Schmerz, weil wir ihn nicht aushalten oder uns schämen, schwach zu sein. Wir betonen die Schuld der anderen und genießen es, Opfer zu sein, statt Verantwortung
für unsere eigenen Fehler zu übernehmen. Es ist unser stolzes Wesen, das uns hindert, die Wahrheit über uns zuzulassen. Dabei handelt es sich um dysfunktionale Verhaltensmuster, wie sie beispielsweise auch von der Schematherapie sehr zutreffend dargestellt werden. Sie entstehen aus dem Mangel, dass kindliche Grundbedürfnisse nicht gestillt werden und der erwachsene Mensch sich schutzlos und ausgeliefert bzw. mit seinem seelischen Schmerz überfordert fühlt. Aus diesem Mangel und der damit verbundenen Not reagiert der enttäuschte oder verletzte Mensch zumeist nicht geistlich, weil sein Inneres – aufgewühlt und von Schmerz getrieben – oftmals voller Ungeduld die Erfüllung seiner Bedürfnisse fordert, auf Rache sinnt oder sich resigniert der Depression hingibt. Auch wenn diese Reaktionen ihre Ursache in Mangel, innerem Ungestilltsein und Schmerz haben und damit verständlich und nachvollziehbar erscheinen, sind es dennoch natürliche, fleischliche Regungen, die häufig den Charakter des Beherrschtwerdens annehmen. Hier ist eine geistliche Veränderung und Entwicklung nötig, die die neue Schöpfung in Christus zur Entfaltung bringt. Wie dies geschehen kann, zeigt das Schaubild über die Doppelte Identifikation:
Abbildung 1 Doppelte Identifikation NATÜRLICHER MENSCH
1. IDENTIFIKATION
2. IDENTIFIKATION
Verdrängt:
(Alter Mensch):
(Neuer Mensch):
Schmerz
Schmerz zulassen
Heilung
Defizite
Defizite eingestehen
Glaube
Sünde
Sünde erkennen, bekennen
Überwiegend Gegenstand der Therapie: biografische rückblickende Verarbeitung
Alter Mensch kann nur ausgezogen werden, wenn ich ihn zulasse und nicht verdränge.
Vergebung annehmen Vorwärtsgerichtete, glaubensstärkende, herausfordernde Zielrichtung
•
zu r D is ku ss io n Therapeutische und seelsorgerliche Begleitung
Es geht darum, den Menschen dahin zu dürfen, ohne in seiner Würde gekränkt begleiten, seinen Schmerz, sein Unvermö- zu werden. Christus sagt: „Ihr werdet die gen, seine Defizite zuzulassen, seine Sünde Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch einzugestehen und alle diese Dinge nicht freimachen.“ ( Johannes 8,32). zu verdrängen. Dies darf in keinster Weise Christliche Therapie und Seelsorge wird so geschehen, dass ein bei diesen Menschen nur dann zu einer befreienden Erfahrung häufig vorhandenes drohendes Gottesbild für den Hilfesuchenden, wenn die erste gefördert und die Neigung zur Selbstan- Identifikation – die Identifikation mit klage verstärkt wird. Der Weg zur ersten der Schwachheit – überstrahlt wird von Identifikation muss begleitet werden durch der zweiten, nämlich von der Vision, heil, ein tiefes Verständnis der Gnade, der Ein- geliebt und geehrt zu sein von ihm, Chrisbettung in die Vaterliebe Gottes und ohne tus, dem Erlöser. Primäre Aufgabe des Aktivierung eines schlechten Gewissens. Es Seelsorgers und Therapeuten ist es, den Ratgeht also um behutsames Konfrontieren, suchenden in die Durchbruchserfahrung schützendes Begleiten und professionelle der Erlösung hineinzuführen. Der Weg des Traumatherapie (vgl. hierzu Artikel von natürlichen Menschen, der die Verdrängung Dr. med. Rolf Senst, Seite 35). 2 seiner Defizite, seines Schmerzes, seiner So entsteht die erste Identifikation. Der Schuld aufgibt und die Wahrheit über sich Mensch gibt zu und akzeptiert, dass er zulässt, wird nur ein Weg des Segens, wenn selbst ein Sünder ist und übernimmt da- dieser Aufarbeitungsprozess von der Vision mit die Verantwortung für sein Handeln. des vollbrachten Sieges und der Erlösung, Er stellt sich den negativen Erfahrungen nämlich von der zweiten Identifikation seiner Vergangenheit, auch wenn dies sehr überstrahlt wird und der Ratsuchende schmerzhaft für ihn ist. Er hört auf, Demü- angeleitet wird, in aktivem Glauben sich tigung und Enttäuschungen zu verdrängen mit dem neuen Menschen zu identifizieund akzeptiert, dass diese Erfahrungen zu ren. Es ist der heilende Weg, in Christus seinem Leben gehören. Nur so kann der vom Objekt zum Subjekt zu werden, vom Mensch durchbrechen und zu dieser neu- „Behandelten“ zum „Handelnden“. en Schöpfung werden, die er in Christus Er ist der Weg der Wahrheit, auf dem wir bereits ist: nämlich heil und frei in seiner uns alle gleichermaßen immer wieder beBerufung leben zu dürfen. Nur wer weiß, finden: Therapeut und Patient, Seelsorger dass er bedingungslos geliebt, wertgeach- und Ratsuchender. tet und geschätzt ist, kann die Wahrheit über sich selbst zulassen. Nur wer von der Tatsache durchdrungen ist, dass er in Christus schon eine neue Schöpfung ist, kann sich mit den Bereichen seines Seins auseinandersetzen, in denen das Heil in Christus noch nicht sichtbar geworden ist. Gott verlangt von jedem Menschen, die Wahrheit über sich, nämlich armselig und heilsbedürftig zu sein, zuzulassen, aber er schützt uns in unserer Würde. So wird die Kränkung und erneute Verletzung durch die erste Identifikation nicht nur erträglich, sondern befreiend, weil nicht mehr verdrängt werden muss, verneint werden muss, was uns schmerzt. Es ist befreiend, sich zeigen zu dürfen, wie man ist, sich nicht mehr verstecken zu müssen, nicht mehr mühsam eine Fassade aufrechterhalten zu müssen, innerlich nackt sein zu
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Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und machte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignisWohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der christlichen Stiftung de’ignisPolen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
Literatur aus dem Buch von Winfried Hahn: Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel – Grundlagen für eine biblisch fundierte und fachlich qualifizierte Seelsorge. Kapitel 9: Doppelte Identifikation. Gekürzt und überarbeitet, 2016 •
Anmerkungen Interessanterweise geht auch die Schematherapie ähnlich wie das neue Testament von dysfunktionalen Kind-Modi aus: Verletzbares Kind … Ärgerliches (bzw. wütendes) Kind … Vgl. hierzu: Eckhard Roediger: Raus aus den Lebensfallen! Das Schematherapie-Patientenbuch. Paderborn 2012, Seite 48 2 Auch die Schematherapie geht davon aus, das alte Schemata und dadurch aktivierte Modi durch Selbstreflexion und Selbstinstruktion verändert werden können. Vgl. hierzu: Eckhard Roediger: Was ist Schematherapie, Eine Einführung in Grundlagen, Modell und Anwendung. Paderborn 2009, S. 31 1
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Gr u n d l a gen t h ema • Text: Mitarbeiter des de’ignis-Wohnheims
Leben und arbeiten im de’ignis-Wohnheim Eine Schnuppertour durch einige Bereiche des de’ignis-Wohnheimes Mitarbeiter berichten über ihre Arbeit und ihre Erlebnisse.
Das de’ignis-Wohnheim begleitet Men•schen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen, die nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben und eine längerfristige, stationäre Betreuung brauchen. Unsere drei Leitbegriffe lauten ganzheitlich, sinngebend und persönlichkeitsentfaltend. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden arbeiten wir in einem interdisziplinären Team in enger Kommunikation zusammen, um unserem personenbezogenen Ansatz durch individuelle Förderung jedes Einzelnen gerecht zu werden. Die pädagogisch-therapeutische Arbeit des de’ignis-Wohnheims beinhaltet den christlichen Glauben in Bezug auf Sinngebung und Hinwendung zu Gott als wichtige Ressource. Freizeitpädagogischer Bereich: Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen
Vielleicht sind es nicht gerade Reisen im herkömmlichen Sinn, und dennoch erzählen Heimbewohner noch Monate später von Erlebnissen bei den Ausflügen, die ich
so viel wie möglich anbiete. In diesem doch Herausforderungen für so manchen Heimoft schönen und heißen Sommer sind wir bewohner sind: zweimal zum Baden an den Bodensee und • Überwinde ich meine „Unlust“, mehrmals ins Freibad und an den Badesee „Bequemlichkeit“? in unserer näheren Umgebung gefahren. • Zeige ich Bereitschaft, die nötige Zum jährlichen Programm gehören aber Kraft für einen mehrstündigen Ausflug zu zum Beispiel auch: investieren? Reicht meine Kraft? • Europapark in Rust • Stelle ich mich möglichen aufkom• Minigolf und Bogenschießen im menden Situationen, die mich unsicher Donautal machen oder Angst bereiten? • Besichtigungen diverser Museen, • Wie komme ich mit manch einem Schlösser usw. Bewohner, der auch am Ausflug teilnimmt, • Ausflug auf die Insel Mainau zurecht? • Sonnenuntergangsfahrt (Pasta• Kann ich die Umgebung/LandEssen) mit der Bodensee-Schifffahrt von schaft/Erlebnisse, uvm. wahrnehmen oder Meersburg nach Friedrichshafen und wie- sogar genießen? Habe ich Spaß dabei? der zurück • Spaziergänge im Donautal und Eine oder mehrere der oben genannten Bodensee Herausforderungen zu meistern ist das • Konzerte/Theater/Zirkusbesuche pädagogisch-therapeutische Ziel der frei• Segeln mit unserem hauseigenen zeitpädagogischen Maßnahmen. Diese Segelboot tragen zur Gesundung der Seele bei. • Grillen an der Grillstelle auf der Ich möchte diese Ziele aber nicht zu stark Wiese hinter dem Haus betonen: In erster Linie haben wir immer • Schlitten und Skifahren auf dem viel Spaß miteinander, lachen und scherhauseigenen „Buckel“ zen und lassen einfach „die Seele baumeln“.
Arbeitstrainingsbereich Wäsche: Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh … „… und seht den fleißigen Waschfrauen zu. Sie waschen den ganzen Tag. Sie wringen den ganzen Tag … “. Dieses alte und bekannte Kin-
ningsbereich ein wichtiger stabilisierender Programmpunkt in ihrer Tagesstruktur, um einerseits mit ihren Mitmenschen in Kontakt zu kommen, also Sozialkompetenz einzuüben und anderseits (neue) Fähigkeiten (z. B. richtiges Bügeln usw.) derlied gibt einen kleinen Einblick, wie in zu erwerben oder auszubauen. unserem Arbeitstrainingsbereich „Wäsche“ Der zweite Bereich umfasst den Bereich gearbeitet wird. derer, die ihre Wäsche selbst, also eigenverEr besteht aus zwei Bereichen. Der eine Be- antwortlich versorgen („Selbstwäscher“). reich umfasst die Wäscherei, in der fleißige Dort können die Bewohner ihre erworFrauen-, aber auch Männerhände sich um benen Kompetenzen anwenden bzw. vordie Wäsche der Mitbewohner kümmern, handene Ressourcen reaktivieren. welche mit dem eigenverantwortlichen Wa- Sie organisieren anhand einer Liste eischen im Moment noch überfordert wären. genverantwortlich, wann sie ihre Wäsche Sie waschen, hängen die nasse Wäsche auf, waschen, bügeln, sortieren und zusammenbügeln und mangeln, sortieren und legen legen können. die Wäsche zusammen und noch vieles Aber auch mit Fragen wie z. B.: „Ist es sinnmehr. Dadurch werden motorische als auch voll die Waschmaschine mit zwei bis drei die kognitiven Fähigkeiten gefördert. Aber Wäschestücken zu starten? Wie oft sollte auch die Gemeinschaft kommt nicht zu ich eigentlich meine Wäsche überhaupt kurz. Es wird viel gelacht und sich gegen- waschen?“ oder „Wie viel Waschmittel wird seitig motiviert und unterstützt, denn auch benötigt?“, müssen sie sich dann auseinandas Miteinander und Absprechen gehört dersetzen. Bei all diesen Fragen stehen die zu der Förderung von Sozialkompetenzen. Mitarbeiter unterstützend und begleitend Für viele Bewohner ist dieser Arbeitstrai- zur Seite.
Ernährungstraining: Essen (und Trinken) hält Leib und Seele zusammen (oder auch nicht)
Aktuell gibt es beim Ernährungstraining vier verschiedene Gruppen. Die Heimbewohner lernen je nach Kenntnisstand und Belastungsfähigkeit die Zubereitung von Speisen. Dabei erweitern sie auch ihr Know-how über Lebensmittel und entdecken mehr über eine ausgewogene Ernährung. Jeder Gruppenteilnehmer darf sich abwechselnd überlegen, was er gerne zubereiten möchte. Dazu macht er sich Gedanken, bringt seine Vorschläge ein und wir schauen, dass wir ein gutes Menü erstellen. Beim Einkauf geht es um qualitätsbewusste sowie preiswerte Auswahl der Lebensmittel. Dazu gehört es, sorgfältig den Einkaufszettel zu erstellen, die Abläufe zu durchdenken und auch den Mut aufzubringen, Fragen zu stellen und eigene Vorschläge zu machen. Eine fortgeschrittene Gruppe ist dann auch in der Lage, selbstständig zu planen und einzukaufen. Die Gruppe kocht dann auch ohne Begleitung, hat dabei die
Möglichkeit nachzufragen und wird supervidiert. Während des gemeinsamen Arbeitens und Essens in den Stockwerksküchen entsteht ein wertvolles Gemeinschaftsgefühl. Auch durch die Bewältigung von Spannungen können die Einzelnen lernen, sich in ein Team einzufügen. Der Einzelne macht die Erfahrung, dass er etwas Gutes beitragen kann, dass wir uns ergänzen und so gemeinsam unser Ziel erreichen. Das Ernährungstraining bietet einen guten Rahmen, Sozialkompetenz und Selbstständigkeit zu trainieren und auch Durchhaltevermögen einzuüben. In der kleinen familiären Gemeinschaft kann Tischkultur positiv gelebt werden. Dies erleben die Bewohner immer wieder als heilsam und es ergeben sich sehr gute Gespräche. Sozialdienst: Von der Wiege bis zur Bahre — Formulare, Formulare!
Der Kontakt mit Behörden und Ämtern ist für viele Menschen eine herausfordernde Angelegenheit und für psychisch kranke Menschen ist das meist nicht mehr zu bewältigen. Daher unterstützen die Sozialpädagogen im Sozialdienst die Bewohner bei der Erledigung der administrativen Angelegenheiten („des Papierkrams“) mit den Behörden, z. B. mit der Krankenkasse wegen Weiterversicherung oder Zuzahlungsbefreiung, mit dem Rehaträger wegen Rehabilitationsmaßnahmen, mit der Agentur für Arbeit wegen Arbeitsgelegenheiten, mit dem Versorgungsamt wegen Schwerbehindertenausweisen, mit Rentenversicherungsträgern wegen Bewilligung von Erwerbsminderungs- oder Altersrenten, etc. oder der Sozialdienst übernimmt diese Aufgabe ganz. Staatliche Leistungen müssen schriftlich
beantragt werden, entsprechende Nach- Im Rahmen von Mithilfe bei der Versorweise müssen beschafft und beigefügt wer- gung der Pferde kann die Übernahme von den, und wenn eine Bewilligung erfolgt, Verantwortung für ein auf Fürsorge angedann ist sie in der Regel nur befristet gül- wiesenes Geschöpf trainiert werden (dies tig und so müssen regelmäßig Anträge zur gilt auch für unsere anderen Tiere wie z. B. Weiterbewilligung gestellt und aktuelle Katzen, Fische und Papageien), was das Berichte und Nachweise geschickt werden. „Arbeitsbelastungstraining“ um eine komWenn jemand einen gesetzlichen Betreuer munikative Facette bereichert und deshalb hat, dann läuft auch da der Kontakt häufig oft eine besondere Motivation darstellt. über den Sozialdienst. Bei unseren gezielten pädagogischen AngeJedes Formular, jeder Schriftverkehr muss boten achten wir darauf, was das Anliegen dokumentiert und personenbezogen abge- des Einzelnen bzw. der Gruppe ist und belegt werden. Bei über 40 Bewohner kommt ziehen auch Rahmenbedingungen, die von da jede Menge Papier zusammen! der Jahreszeit oder vom Wetter her gegeben Außerdem verwaltet der Sozialdienst das sind, mit ein. Ressourcen der einzelnen BeTaschengeld für die Bewohner, die nicht wohner wie z. B. vorhandene theoretische selber dazu in der Lage sind und dreimal oder praktische Kenntnisse werden dabei in der Woche findet eine Taschengeld- in besonderer Weise berücksichtigt und ausgabe statt, bei der alle die Möglichkeit bereichern das Miteinander. haben, Geld von ihrem Taschengeldkonto abzuheben oder einzuzahlen. Einige der Bewohner arbeiten unter der Woche in Werkstätten für behinderte Menschen in Sigmaringen. Der Kontakt zu diesen Werkstätten läuft ebenfalls über den Sozialdienst. Pferde und andere Tiere im de’ignisWohnheim: Nicht nur Pferde sticht der Hafer …
Unsere Pferde beinhalten die besondere Dabei sind es nicht zuletzt die Pferde selbst, Chance, eventuell vorhandenen sozialen die immer wieder neu für Abwechslung Rückzug, Isolation, „autistische“ Selbst- und lustige Momente sorgen oder wie bezogenheit und Verstrickung in eigene es ein Bewohner mal ausgedrückt hat: Gedanken und Tagträume zu verlassen. „Unsere Pferde passen zu uns, die haben Dies kann auf vielfältige Weise geschehen: auch ihre Macken!“ spontan aus eigenem Antrieb heraus, im Rahmen einer Mithilfe bei der Versorgung Arbeitstraining Holz: Erfolg und von Pferden oder im Rahmen von geziel- Misserfolg liegen dicht beieinander. ten einzel- oder gruppenpädagogischen Von der Motivationsarbeit unseres Angeboten mit Pferden. Arbeitstherapeuten Pferde und andere Tiere reagieren auf ihre Das schaffe ich nicht, das kriege ich nicht Weise und kennen keine Krankheitsge- hin, sind die Sätze, die ich sehr oft höre. schichte. So kann ein Bewohner im Umgang Noch bevor überhaupt etwas angefanmit Pferden neu lernen, situationsbezogen gen wurde. Erst mal probieren, dann jamzu reagieren, sein Verhalten zu reflektieren mern. Ja, sich etwas zutrauen, egal ob es und z. B. sein Selbstwertgefühl steigern, beim ersten Mal klappt. „Das gefällt mir was dann auch positive Rückwirkungen auf so aber nicht, das habe ich mir anders den Umgang mit Menschen haben kann. vorgestellt.“ „Was hast du dir denn anders
Grund lagenthema • Leben und arbeiten im de’ignis-Wohnheim
47 vorgestellt?“ „Na da muss noch etwas weg Dabei kann dies so unterschiedlich sein wie und da hätte etwas mehr stehen bleiben der jeweilige Bewohner selbst: Während sollen.“ „Also noch mal.“ „Nein, ich habe es bei dem einen eher um ein Beruhigen keine Lust mehr.“ „Komm, wir probieren geht, muss für den anderen ein akuter Arztes mal zusammen. Also hier etwas weni- termin ausgemacht werden, um adäquate ger und da etwas mehr. So etwa?“ „Ja, das Hilfestellung leisten zu können. sieht gut aus.“ „Also dann säge es noch mal. Zusammen mit einem Hausarzt werden Vielleicht etwas langsamer. Na, wie sieht es 14-tägig Sprechstunden im Haus durchjetzt aus?“ „Gut, das hat ja doch geklappt. geführt, um medizinische Fragestellungen Ich hab´s ja doch hingekriegt. Hallo, schaut beantworten zu können, die keinen sofortimal ich hab´s geschafft. Das kann ich jetzt gen Handlungsbedarf erfordern. Bewohner meiner Mutter zum Geburtstag schenken, haben außerdem die Möglichkeit einmal die wird staunen, das habe ich geschafft.“ im Monat vor Ort mit dem behandelnden Ja, sich etwas zutrauen, arbeiten mit Herz Psychiater sprechen zu können. und Hand. In Krisenfällen ist eine jederzeitige ErDieser junge Mann hat heute etwas für sich reichbarkeit des Psychiaters gewährleisgelernt. Ich kann etwas, ich bin etwas, ich tet, was auch vom medizinischen Team bin wertvoll. Wenn es auch nur für heute koordiniert wird. ist, für kurze Zeit, dass er sich wertvoll Präventiv werden darüber hinaus Vorsorgefühlt, dass er sich selbst annehmen kann. untersuchungen vereinbart oder auch mit Morgen auf ein Neues. entsprechenden Fachkräften zahnmedizinische Schulungen hier im Haus durchMedizinisches Team: Drückt Dich geführt. Dabei gilt für alle Bereiche, dass Bewohner gezielt gefördert werden, um ein Weh zum Medi-Team, geh! Die Mitarbeiterinnen des medizinischen gesundheitsfördernde Maßnahmen so eiTeams sind Ansprechpartner in allen rele- genverantwortlich wie möglich durchfühvanten Fragen bezüglich der Erhaltung der ren zu können. Gesundheit und Behandlung von Krankheiten. Sie stehen in enger Verbindung mit den IT-Training: Für das große Chaos Hausärzten, dem Psychiater und anderen haben wir Computer – die übrigen Fachärzten, um eine optimale Förderung Fehler machen wir von Hand des jeweiligen Bewohners zu gewährleisten. Die modernen Medien anwenden zu könSie sorgen für die Umsetzung ärztlicher nen ist unumgänglich, um in der ArbeitsAnweisungen wie z. B. Medikationsver- welt nicht den Anschluss zu verpassen. In ordnungen, regelmäßige Blutdruck- oder unserem täglichen IT-Training knüpfen wir Gewichtskontrollen, die Verordnung von an das Wissen der Heimbewohner an und Ergo- oder Physiotherapie und sind auch versuchen dies zu erweitern. Oft steht dabei das Bindeglied zur Apotheke. zunächst einmal im Vordergrund, sich über Im Rahmen einer werktäglich stattfinden- einen längeren Zeitraum zu konzentrieren den Sprechstunde des medizinischen Teams (das IT-Training findet täglich eineinhalb hat der jeweilige Bewohner die Möglichkeit, Stunden statt). Manche Heimbewohner seine Anliegen zu äußern und Hilfestel- sind in dieser Zeit zunächst in einer andelung bei der Einschätzung seiner aktuellen ren Arbeitstrainingsgruppe eingeteilt, da Symptomatik zu erfahren, um dann in Ab- ihnen eineinhalb Stunden konzentriertes sprache geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Arbeiten zu lang ist.
Vor einiger Zeit unterrichtete uns über mehrere Monate hindurch eine Grafikdesignerin. Für die Programme Gimp und Scribus entwarf sie ausführliche Skripte, die den Heimbewohnern ein enormes Wissen vermitteln. Aus den erlernten Fotomontagen entstehen Weihnachtsgeschenke u. a. auch für die Heimbewohner. So entwarfen wir schon personalisierte Kissen, Tassen, Getränkeflaschen, Fotobücher mit selbst fotografierten Motiven usw. Auch aktuelle Programme wie MS Office (Word, Excel, Power Point) werden erlernt. Wenn die Schnelligkeit des Schreibens nicht ausreicht, bieten wir auch das Erlernen des Zehnfinger-Systems an. Natürlich spielt der Umgang mit dem Internet eine große Rolle. Für die Abläufe im Wohnheim erstellen wir Listen, entwerfen Tabellen usw. Schon öfter konnte aufgrund des angeeigneten Wissens ein Heimbewohner auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie Heimbewohner ihr Wissen am PC erweitern, Freude daran haben, sich einen eigenen PC anschaffen und sich selbstständig Programme erarbeiten können. Soweit dieser Einblick. Aber es geschieht noch mehr
Dies alles dient der Entfaltung und Förderung von Ressourcen und Wiederherstellung der Lebens- und Handlungsfähigkeit. Begleitet wird dieser Prozess durch Einzelgespräche, Gesprächsgruppen und durch pädagogisch-therapeutische Vorträge in der Großgruppe. Zur Erhaltung der körperlichen Fitness gibt es zusätzlich jeden Tag Gymnastik und Walking. Nicht alle schaffen alle Programmpunkte, deshalb gibt es für jeden Bewohner eine individuelle Tagesstruktur.
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Z u r Dis k u ss io n • von Dr. phil. Veit-Uwe Hoy
Christlicher Glaube und Entwicklungspsychologie Christlicher Glaube setzt die Gesetze der Natur, einschließlich des psychischen Funktionierens, nicht außer Kraft. Eines der Gesetze ist das der psychosozialen Entwicklung mit entwicklungsstufenspezifischen Charakteristika.
Zur Diskussion: Hier werden Beiträge veröffentlicht, die nicht in allen Punkten der Meinung des Redaktionsteams entsprechen müssen. Dr. phil. Veit-Uwe Hoy verknüpft und konkretisiert in seiner Dissertationsarbeit auf beachtenswerte Weise theologische und psychotherapeutische Erkenntnisse. Seine Hauptthesen veröffentlichen wir hier an dieser Stelle in Fortsetzung.
ABSTRAKT
Glaube setzt die Gesetze •derChristlicher Natur, einschließlich des psychischen
Funktionierens, nicht außer Kraft. Eines der Gesetze ist das der psychosozialen Entwicklung mit entwicklungsstufenspezifischen Charakteristika; es gibt Parallelen zu der von Gott gedachten menschlichen Reifung. Die Verweigerung gegenüber anstehenden Entwicklungsschritten provoziert diverse Dysfunktionen mit einer darin enthaltenen hohen Wahrscheinlichkeit zur Symptombildung. Daraus resultierende lösungsorientierte Konsequenzen werden diskutiert.
PHILOSOPHISCHE GRUNDLAGEN
Konstruktivismus
Die vom Menschen über die Sinne aufgenommenen Stimuli ergeben kein unverändertes Abbild im Gehirn;
„Sie unterliegen einem Verarbeitungsprozess mit Paradigmenwechsel, Naturgesetze, einem daraus resultierenden subjektiv gefärbten Abbild der Realität – auch der interaktionellen. Entwicklung Mit Kapitulation vor Gott und geistlicher Das Erlebte ist eine individuelle KonstruktionsNeugeburt erfährt der Mensch einen Pa- leistung. Im Agieren und Reagieren konstruieren radigmenwechsel; fortan gelten andere Menschen gleichsam ihre Realität, beispielsweise Axiome als zuvor; anders ausgedrückt: Die ihre Lebens- und Beziehungsgestaltung; die Konbisherige Sicht über das Selbst und die Welt struktionsleistung ist abhängig vom jeweiligen wird auf den Kopf gestellt; die zentral sich Entwicklungsstand.“ (Hoy, 2014) THEOLOGISCHE GRUNDLAGEN
Foto: Albert Russ / shutterstock
ändernde Variable sollte die Entdeckung der Gnade Gottes und die Erlösung aus dem Gesetz sein. Der Akt der Wiedergeburt ist geistlich der entscheidende: Aus der entblößenden Erkenntnis über die Sündhaftigkeit wird durch die Bitte an Gott um Vergebung eine Kreatur geistlicher Unsterblichkeit geboren. Der damit begnadigte Mensch bleibt Kreatur auf dieser Erde mit den für die Ära zwischen Sündenfall und endgültiger Erlösung geltenden Naturgesetzten. Nicht nur die materielle Welt unterliegt den Naturgesetzen, auch der Mensch einschließlich seines psychischen Funktionierens. Ist das basale Ziel der Versöhnung zwischen Gott und Mensch erreicht, steht fortan das Ziel der Entwicklung vom Kind zum jungen Mann und weiter zum Vater (1. Johannes 2).
Watzlawik beschreibt das Phänomen des Konstruktivismus so: „Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?“; Wirklichkeit wird nicht einfach vorgefunden, sondern konstruiert; Wissen ist nicht einfach von den äußeren Gegebenheiten, dem Was, abhängig, sondern wird entscheidend von dem Vorgang des Erkennens, dem Wie, beeinflusst (Watzlawick, 1981). PSYCHOLOGISCHE GRUNDLAGEN
SORK-Modell
Die Variablen psychischen Funktionierens lassen sich mittels eines SORK-Modells kategorisieren und damit in ihrer wechselseitigen Beeinflussung besser verstehen. Jegliche Situationen oder Stimuli (S) provozieren eine durch die unter OrganismusVariable (O) gefassten individuellen Charakteristika eines Menschen spezifische Reaktion (R) mit daraus resultierenden Konsequenzen (K). siehe Abbildung 1 und 2 BEISPIEL
Entwicklungsniveaus des Selbst
Eine mit zentraler Bedeutung belegte Subvariable der Organismus-Variable ist das aus sechs möglichen Entwicklungsniveaus des Selbst dominierende Niveau. (vgl. Abb. 3). Jedes Entwicklungsniveau ist definiert durch spezifische Ressourcen und Defizite; heißt: auf jedem Entwicklungsniveau sind bestimmte Fähigkeiten verfügbar und andere (noch) nicht.
ENTWICKLUNG
Piagets Theorie der kognitiven und affektiven Entwicklung
Piaget formulierte eine Theorie der kognitiven und affektiven Entwicklung. Erkenntnisgewinn ist kein passiver Akt einer Akkumulation von Information; um erkennen zu können, muss das Subjekt ein Objekt durch Handlungen und Operationen begreifen, analysieren, in Beziehungen setzen. Die notwendige Konsequenz aus dieser Interaktion besteht in einer Konstruktion des Objektes im Subjekt. siehe Abbildung 3 Mittels Assimilation versucht ein Organismus, neue Informationen in vorhandene Strukturen zu integrieren (similis (lat.): ähnlich; as-similare (lat.): ähnlich machen); gelingt dies nicht oder unzureichend, muss die vorhandene Assimilationsstruktur modifiziert werden; das ist der Akt der Akkommodation (modus (lat.) Art und Weise; com-modus (lat.): angemessen, zweckmäßig, vorteilhaft; ac-com-modare (lat.): anpassen). Das gleichzeitige Zusammenwirken von Assimilation und Akkommodation führt entweder zur Stabilisierung alter Strukturen oder zum Aufbau neuer Strukturen; es wird als Selbststeuerungsprozess unter dem Begriff Äquilibration (aequalis (lat.): gleich) zusammengefasst. (Piaget, 2010)
der Bedeutungsbildung unabhängig wären. Erst durch den Prozess der Bedeutungsbildung wird etwas zu Gefühlen, Erfahrungen, Gedanken und Wahrnehmungen, weil wir nämlich dieser Prozess sind.“ Das Selbst ist bestrebt, ein bestehendes
Gleichgewicht zwischen Subjekt und Objekt und damit das gerade bestehende Selbst aufrechtzuerhalten; damit ist Konstruktion und Bedeutungsgebung als seinsbezogener Prozess zu verstehen. (Kegan, 2008) Leitgedanke der Entwicklung
Mit dem Leitgedanken der Entwicklung wird sich von einer klassifizierenden, zustandsorientierten Betrachtungsweise organischer Systeme abgewandt; sie dürfen nicht als unveränderlich begriffen werden, sondern als „in gesetzmäßig wechselnden, qualitativ unterschiedlichen Phasen der Stabilität und Veränderung“ und damit in Entwicklung
befindlich. Im Bestreben, ein möglichst vollständiges Persönlichkeitsmodell zu entwerfen, werden in der theoretischen Fundierung die Leitgedanken der Konstruktion und der Entwicklung vereint. Dieser theoretische Rahmen bildet die Grundlage für die Untersuchung der Aktivität der Bedeutungsbildung als Grundprozess der Persönlichkeit. (Kegan, 2008) Fortsetzung folgt.
„Die Organisationsformen des Selbst“ nach Kegan: Definitorische Aspekte
Kegans Theorie der Entwicklung des Selbst basiert auf zwei Leitgedanken, dem der Konstruktion und der Entwicklung. (Kegan, 2008) Leitgedanke der Konstruktion
dem metaphysischen ‚Raum zwischen‘ dem Papier und einem bedeutungsbildenden Organismus“.
Menschen organisieren Wahrgenommenes; Menschsein wird als Aktivität der Bedeutungsbildung begriffen. „Es gibt keine Gefühle, keine Erfahrungen, keine Gedanken und keine Wahrnehmungen, die von dem Prozess
Dr. phil. Veit-Uwe Hoy ist Diplom-Psychologe und arbeitet als psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie) mit eigener Praxis. Zudem ist er wissenschaftlicher Beirat im de’ignis-Institut.
Abbildungen Kreisförmig angeordnete SORK-Variablen (Hoy, 2013) 2 Selektierung und damit Fokussierung der Variable „Organismus“ mit Hierarchisierung nach Subvariable, Spezifizierung, Resource, Defizit (Hoy, 2013) 3 Stadien der kognitiven und affektiven Entwicklung nach Piaget 1
Foto: Albert Russ / shutterstock
Konstruktion meint, dass Realität nicht einfach vorgefunden, sondern vom Menschen selbst gestaltet wird. Eine Bleistiftzeichnung beispielsweise besteht aus Linien, aus hellen und dunklen Flächen; „das Bild entsteht in
Abb. 2:
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R O
S=Situation O=Organismus R=Reaktion K=Konsequenzen
Entwicklung Spezifizierung Ressourcen Defizite
Abb. 1:
S
K
K S
O
R
S=Situation O=Organismus R=Reaktion K=Konsequenzen Abb. 3:
Periode
Alter > 13 – 14 Jahre
Stadium
(synonym Stufe/Phase
VI formal-operativ
kognitiv
Charakterisika
formale Operationen
auf Ideale gerichtete Gefühle
einfache Operationen
nomative Gefühle
(voll entwickelt)
B
A
verbale Intelligenz (sozialisiert)
sensumotorisch (nicht sozialisiert)
11 – 12 Jahre
affektiv
formal operativ (Beginn)
ca. 6 – 10 Jahre
V
2 – 5 Jahre
IV präoperativ
Verinnerlichung von Handlungen; denken irreversibel
spontane Gefühle
0 – 5 Jahre
III sensomotorische Intelligenz
nicht sozialisiert
elementare Regulierungen
konkret-operativ
II
Erste Erwerbungen
erste Schemata; differenzierte Wahrnehmungen
wahrnehmungsgebundene Gefühle
I
ererbte Anlagen
Reflexe, Instinkte
Triebe, Emotionen
Aktuell
•
Fachklinik • Wohnheim • Institut • Stiftung
In der de’ignis-Fachklinik erhalten Menschen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burn-out, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf sie ausgerichtete Behandlung. Zusätzlich bietet sie Nachsorge- und Sonderprogramme mit einzelnen Sozialversicherungsträgern sowie verschiedene Präventionsangebote an. Das de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Es deckt die Bereiche des intensiven und teilstationären Heimbereichs, den Wohntrainingsbereich sowie den ambulanten Bereich ab. Dabei bietet es ein umfangreiches sozialtherapeutisches Programm an. Das de’ignis-Institut bietet seit über 20 Jahren erfolgreich Fortbildung, Schulung, Supervision und Beratung an, hierbei insbesondere die Fortbildung für Christlichintegrative Beratung und Therapie. Das Institut bildet eine Schnittstelle zwischen Medizin, Psychologie und Theologie. Die de’ignis -Stiftung in Polen bietet bereits seit einigen Jahren Seelsorgekurse an und unterstützt den Aufbau eines Seelsorge-Beratungsstellen-Netzwerkes. Des Weiteren erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen in der de’ignis-Beratungsstelle in Warschau ambulante Psychotherapie.
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„Redet zueinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.“ Neu gestaltete Informationsbroschüre Es ist soweit – die Informationsbroschüre der de’ignis-Fachklinik erscheint in einem neuen Licht.
Bereits seit Mitte April gibt es in Altensteig für die Musiktherapie einen modern eingerichteten Raum, welcher allen Patienten zum Musizieren und Proben zur Verfügung steht.
Auch für gruppentherapeutische Angebote, wie sie unsere •Musiktherapeutin Manuela Bühler auf Seite 18 beschreibt, ist der Raum ausgelegt und bietet unseren Gästen alles Notwendige, um ihren inneren Gefühlen musikalisch Ausdruck zu verleihen.
Grundlegend überarbeitet zeigt sich die Broschüre in einem •modernen Design, das bereits durch das filigrane, zurückhaltende und in seiner Reinform belassene Titelblatt dem Leser vermittelt; hier geht es um das Wesentliche. Gleich zu Beginn erhält der Leser einen wertvollen Überblick über das breite Behandlungsspektrum der Fachklinik mit den Krankheitsbildern die behandelt werden und speziellen Behandlungsfeldern die es zusätzlich gibt. Der christlich-integrative Behandlungsansatz von de’ignis sowie Therapieabläufe und Therapieverfahren die zur Verfügung stehen, werden übersichtlich dargestellt. Neben unterschiedlichen Spezialprogrammen, die ferner angeboten werden, finden sich weitere interessante ambulante und präventive Angebote in der Broschüre wieder. In einem gesonderten Teil werden darüber hinaus die Fachklinik und ihre verschiedenen Einrichtungen vorgestellt. Ebenso gibt es einen kleinen Einblick zu dortigen Freizeitangeboten und den qualitätssichernden Maßnahmen der Klinik. Serviceinformationen zu Ablauf einer Rehabeantragung, Kostenübernahme und vielem mehr runden die nützlichen Informationen ab. Eine gelungene und sehr informative Darstellung der Klinik, wie wir finden. Schauen Sie sich die neue Informationsbroschüre auf www. deignis.de an oder fordern Sie ein Exemplar direkt bei uns an: Per E-Mail an info@deignis.de oder Telefon: 07453 9391-0
Sie finden unsere neue Informationsbroschüre zum Download auch auf unserer Website www.deignis.de
54 Neuer Chefarzt Tagesklinik. Angebot für Flüchtlinge. Seit nunmehr rund einem Jahr verstärkt ein neuer Chefarzt unser Team in der Tagesklinik der de’ignis-Fachklinik, deren ärztliche Leitung er im Laufe diesen Jahres übernommen hat.
neuer Chefarzt Dr. med. Jan Gerges wuchs in Ägyp•tenUnser auf und führte dort auch sein Medizinstudium durch.
Damit es unseren G während ihres Aufe an nichts fehlt, entw sich die de’ignis-Fac auch in der Ausstatt der einzelnen Häus beständig weiter un dabei modernes Des hohem Komfort und ruhigen Ambiente z Wohlfühlen und Dur
Im Rahmen seiner medizinischen Ausbildung erhielt er ein Stipendium und kam nach Deutschland. Dort absolvierte er seine Facharztausbildung in psychosomatischer Medizin und Psychotherapie sowie Rehabilitationswesen. Mehrere Jahre war er als Oberarzt einer renommierten psychosomatischen Fachklinik tätig. Neben seiner neuen Stelle als Chefarzt der Tagesklinik ist er auch Supervisor für Verhaltenstherapie. Als gebürtiger Ägypter spricht er Arabisch als Muttersprache. Dies kommt dem aktuell an uns herangetragenen Behandlungsbedarf psychisch erkrankter Migranten sehr entgegen. Diesen Menschen können wir jetzt ein diagnostisches Klärungsgespräch und ggf. auch ambulante Einzel- oder Gruppentherapie anbieten. Unser Angebot richtet sich in erster Linie an Flüchtlinge aus dem arabischen Sprachraum. Das betrifft insbesondere Syrien, aber auch alle nordafrikanischen Länder (z. B. Libyen) sowie den Irak. Bei Migranten aus einem anderen Sprachraum muss ein Dolmetscher mitgebracht werden, wenn sie der deutschen oder englischen Sprache nicht mächtig sind. Die Kosten können in bestimmten Fällen vom Landratsamt Eine Bildergalerie finden Sie auf unserer Website www.deignis.de Calw übernommen werden. Dies muss im Vorfeld vom Anfragenden geklärt werden. Gerne möchten wir auch Personen ein Gespräch anbieten, bei denen die Kosten nicht übernommen Spenden werden. Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf unser Konto bei der Außerdem bieten wir Kindern, Volksbank Nordschwarzwald: Jugendlichen und Familien im IBAN: DE85 6426 1853 0066 6240 37 Rahmen unserer ambulanten BeBIC: GENODES1PGW ratungsstelle Begleitung, Beratung und sozialpädagogische Hilfe Vielen Dank für Ihre Hilfe! durch eine Mitarbeiterin an, die die Schwierigkeiten bei der Identitätsfindung in einem fremden Land und der Anpassung an die deutsche Kultur aus eigenem Von rechts oben nach links: Erleben kennt. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns bei diesen de’ignis-Fachklinik in Egenhausen mit 64 Betten • „Refugium“ in Egenhausen für Seminare, Fortbildungen und Vorträge • neue Einzelbettzimmer in Aufgaben finanziell unterstützen. Jeder Beitrag hilft!
Egenhausen • Gartenanlage in Altensteig • Whirlpool im Wellnessbereich in Altensteig • Wellnessbereich mit Erlebnisdusche, Infrarotkabine, Fußbäder, Dampfbad und Sauna in Altensteig • Sanitäre Einrichtung der Zimmer in Egenhausen
ästen nthalts ickelt hklinik ung er d vereint ign mit einem um chatmen.
Fa c h k lin i k • Aktuelles, Impressionen
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„ Für mich ist die Fortbildung sehr vielseitig und interessant.
Teilnehmer berichten aus der Fortbildung Teilnehmer der Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung und Therapie berichten über Ihre Erfahrungen und Ihrem ganz persönlichen Nutzen aus der Fortbildung des de’ignis-Instituts
Über die vergangenen Jahre haben viele Teilnehmer die •Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung und Therapie (CiBT) erfolgreich absolviert. Sie konnten die neu gewonnenen Erkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, direkt, sowohl in ihrem beruflichen als auch privaten Leben, gewinnbringend und kompetent zur Hilfe für andere Menschen einsetzen. Doch wie sehen die Teilnehmer die Fortbildung? Wie sind die Inhalte und Qualität? Welchen Nutzen erkennen sie darin für sich persönlich? Wie ist das Fortbildungsumfeld?
Jan H. (Arzt) Teilnehmer der CiBT-Fortbildung, Phase I Basic und Phase II
I n stit u t • Termine, Aktuelles
„CiBT– hier wird der Mensch in seiner Ganzheit betrachtet und in Beziehung zu seinem Schöpfer verstehbar. Eine Ausbildung, die vermittelt, wer und was die Therapie wirklich tragfähig macht und den Therapeuten hält.“
Mit hoher Fachkompetenz vermitteln die Dozenten uns theoretisches und praktisches Wissen und geben Hinweise für Literatur zum Selbststudium. Wir erhalten sehr gutes Unterrichtsmaterial, das übersichtlich und themenorientiert ist, auch werden wir weitergebildet in verschiedenen Therapierichtungen. Der Christlich-integrative Ansatz ist eine totale Bereicherung, der uns während der Fortbildung auf vielfältige Weise begleitet. Ich profitiere auch persönlich davon und kann dieses Wissen auch an andere weitergeben. Bei seelsorgerlichen Gesprächen kann ich durch diese Fortbildung besser differenzieren – und im therapeutischen Bereich kann ich gezielter weitervermitteln oder das erlernte Wissen einsetzen.
“
Ute G. Teilnehmerin der CiBT-Fortbildung, Phase I Basic und Phase II
„Das Konzept einer christlich-integrativen Beratung und Therapie beeindruckt mich sehr. Ich erhalte und erwarte eine gute Zurüstung für meinen Dienst in Seelsorge und Beratung.“ Norbert M. (Pastor) Teilnehmer der CiBT-Fortbildung, Phase I Basic und Phase II
Jetzt anmelden zum nächsten Campustag! Informieren Sie sich direkt vor Ort zur Fortbildung CiBT. Sie erhalten einen hilfreichen Einblick in die Fortbildung und deren Nutzen.
Die Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & •Therapie ist eine berufsbegleitende Intensivausbildung, die die Integration von Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik sowie Pädagogik in einem ganzheitlichen Konzept umfasst. Um Ihnen einen Einblick zu ermöglichen, laden wir Sie herzlich zu unserem Campustag ein. An diesem Tag erhalten Sie allgemeine Informationen zur Fortbildung, einen Input zum theologischen Anliegen und zum Konzept einer christlichintegrativen Beratung und Therapie. Außerdem können Sie die Kursleitung und -räumlichkeiten kennenlernen sowie in ein Seminar des laufenden Kurses schnuppern. Der nächste Kurs der Fortbildung startet im März 2017. Der nächste Campustag findet am Samstag, 10. Dezember 2016 von 9.00 bis 12.30 Uhr in der de’ignis-Fachklinik in Egenhausen statt. Um Anmeldung unter institut@deignis.de bis 2. Dezember 2016 wird gebeten. Bei Fragen rund um die Fortbildung wenden Sie sich an Frau Prolingheuer (Telefon: 07453 9494 -385). Die ausführliche Broschüre der Fortbildung finden Sie unter www.deignis.de/ angebote/fortbildung
58 Vorbereitungsseminar für die Prüfung: Heilpraktiker für Psychotherapie
Angebote des de’ignis-Instituts
Dreitägiges Intensivseminar
Neben der Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie und der Schulung für Seelsorge (vgl. Seite 63) bietet das de’ignisInstitut auch individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Seminare oder Vorträge an.
Nach fortgeschrittener oder abgeschlossener Ausbildung haben •Teilnehmer der Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung
Gerne kommen unsere Experten auch zu Ihnen, um einen •Vortrag zu halten oder ein Seminar in Ihren Räumen durchzufüh-
und Therapie (de’ignis-Institut) wichtige Voraussetzungen, um die Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz (HPG) zu bestehen. Diese berechtigt zur Ausübung der psychotherapeutischen Heilkunde. Die Prüfungen werden von den zuständigen Gesundheitsämtern in schriftlicher und mündlicher Form abgenommen und erfordern eine intensive Vorbereitung. Das de’ignis-Institut bietet hierzu ein dreitägiges Intensivseminar an. Das Seminar ist in die Fortbildung in Christlichintegrativer Beratung & Therapie integriert. Es ist möglich dieses Seminar, unabhängig von der Teilnahme an der Fortbildung, zu besuchen.
ren. Für Gemeinden, Organisationen, Einrichtungen und Firmen gestalten wir gerne mit Ihnen zusammen ein individuelles, auf Ihre Bedürfnisse, Themen und Fragen zugeschnittenes Seminar. Im Rahmen unserer psychotherapeutischen Privatpraxis und Ambulanten Beratungsstelle für Erwachsene können interessierte Einzelpersonen Beratung, Therapie, Coaching oder Supervision in Anspruch nehmen. Speziell für Kinder, Jugendliche und Familien bieten wir ambulante Beratung und Unterstützung in unserer Sozialpädagogischen Beratungsstelle (siehe Anzeige rechts).
Intensivseminar 22. bis 24. Juni 2017 Das Seminar findet in der de’ignis-Fachklinik, 72227 Egenhausen statt.
Darüber hinaus laden wir mehrmals im Jahr zu einem Supervisionstag ein. Dieser ist insbesondere auf Psychotherapie und Lebensberatung mit Patienten/Klienten mit religiöser Werteorientierung ausgerichtet. Die Teilnahme ist auch möglich, wenn kein eigener Fall eingebracht wird.
Leitung
Nächster Termin ist am Freitag 18. November 2016
Datum und Ort
Leitung des Seminars hat Dr. med. Matthias Samlow (Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie) mit Team.
Für weitere Informationen schreiben Sie uns an: institut@deignis.de
Teilnahmevoraussetzungen
Vorausgesetzt wird eine qualifizierte Ausbildung im Bereich Seelsorge, Beratung und Therapie. Außerdem fundierte Kenntnisse der Prüfungsinhalte in Psychopathologie, Psychotherapie auf der Basis von Fachliteratur. Anmeldung und Information auch zu weiteren Seminaren unter www.deignis.de/Angebote/Fortbildung
In sti tu t • Termine, Aktuelles
Für weitere Informationen oder Fragen schreiben Sie uns an institut@deignis.de
Anmeldung und weitere Informationen unter www.deignis.de/ Angebote/Fortbildung
Einzigartige Aussichten. Einzigartige Menschen. Tage seelsorgerlicher Wir begleiten Sie und Ihr Kind. In eine positive Zukunft. In jeder Familie gibt es Krisenzeiten, besonders während der Pubertät der Kinder. Bei anhaltenden oder gravierenden Krisen kann es für die Überwindung sehr hilfreich sein, fachliche Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen, z. B. unsere Sozialpädagogische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien. Aktuell bieten wir:
•
Ambulante Beratung, insbesondere Erziehungsberatung
•
Unterstützung von Jugendlichen in ihrem Identitätsfindungsprozess und bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung
•
Sozialpädagogisches Handeln in akuten Krisensituationen (z. B. Hausbesuch, Einsatz vor Ort)
•
Training sozialer Kompetenzen mit Kindern und Jugendlichen
•
Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitstraining
•
Begabungsdiagnostik, Unterstützung bei der Lebensund Berufsplanung
•
AD(H)S -Konzept für Versicherte der DAK Gesundheit und einiger BKKen (in Kooperation mit Dr. med. Herbert Scheiblich)
•
Therapie und Elterntraining
Begleitung.
Wir sind eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Und wir glauben. Daran, dass Menschen dann am besten helfen können, es ihnen Welcheswenn Ziel streben wirselbst an? gut geht. Dafür tun Teilnehmer–und Teilnehmerin ein Stücküberrascht weit auf wirJeden so einiges Siejede werden angenehm seinem/ihrem Weg der seelischen Verarbeitung zu begleiten. sein. Und wenn Sie glauben, dass Beruf Berufung sein sollte, dann möchten wir Sie kennenlernen. Was sind die „Tage seelsorgerlicher Begleitung“?
Diese Tage sind eine Einladung an alle als Abstand vom Alltag und geben Raum für die eigene Seele. Wie geschieht dies?
Ein Team von Seelsorgern wird die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in diesen Tagen bei Lobpreis, Gebet, Plenum, Kleingruppe, Stillezeiten und in Einzel-Seelsorge begleiten.
Alle Stellenangebote auf www.deignis.de machen wir das?Psychotherapeut/in z. Warum B. psychologische/r
Seelsorge, Gemeinschaft und Abstand vom Alltag sollen (inDurch Ausbildung) die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gestärkt und ermutigt (Vollzeit) z. werden, B. Assistenzärztin/Assistenzarzt um in ihrem Alltag weiterhin (oder wieder) bestehen z. zu B.können. Physiotherapeutin/Physiotherapeut (Vollzeit oder Teilzeit)
z. B. Sportlehrerin/Sportlehrer (Vollzeit oder Teilzeit)
Vom 09.z. B. Auszubildende Kauffrau/Kaufmann 11. Dezember im Gesundheitswesen 2016 in z. B. Auszubildende Kauffrau/Kaufmann Winterlingen für Büromanagement z. B. Halb- oder Ganzjahres-Praktikanten Seminarleitung:
Dagmar Göhring mit Team Veranstaltungsort:
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen Tel. 07434 7234176 · info@tabor-schulungszentrum.de
Wer‘s glaubt, wird glücklich. Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Psychotherapie, Psychosomatik · Walddorfer Straße 23 · 72227 Sigmaringer Straße 64, 72474 Winterlingen Egenhausen · Telefon 07453 9391-0 Telefon +49 (0) 74 34/72 34 17 6· info@deignis.de · www.deignis.de info@tabor-schulungszentrum.de de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie,
60
Erfolgreicher Vertragsabschluss
Erweiterung Förder- und Schulungsbereich
Nach fast 25 Jahren ist es so weit. Das de’ignisWohnheim – Haus Tabor hat einen ganz regulären Vertrag mit den Kostenträgern zur Übernahme der Heimkosten.
Zu einem großen Anliegen wurde uns in der letzten Zeit, unsere Bewohner noch individueller entsprechend ihrer Begabungen, Ziele und Ressourcen fördern zu können.
Was vor Kurzem vertraglich geregelt wurde, war schon jah•relang gängige Praxis. Alle Kostenträger der Eingliederungshilfe
Manche Abteilungen unserer beruflichen Förder- und Schu•lungsbereiche finden in etwas beengten Räumlichkeiten statt. Jetzt
übernehmen die Heimkosten für unsere Bewohner. Das ist für uns ein Grund zur Dankbarkeit und bietet etwas mehr Sicherheit für die Planung und Durchführung anstehender Projekte.
haben wir die Möglichkeit, ein Büro- und Verwaltungsgebäude direkt gegenüber von unserem Wohnheimgebäude zu erwerben. Platz darin finden notwendig gebrauchte zusätzliche Büros, unser IT-Training, die Ergotherapie, die täglich stattfindende Gymnastik und die Holzwerkstatt. All dies sind notwendige Schritte, um die Qualität unserer Arbeit so weiter zu entwickeln, dass unsere Bewohner, die aus ganz Deutschland zu uns kommen, ein Angebot vorfinden, für das es sich lohnt, fern der Heimat eine Zeit mit individueller Förderung, pädagogisch-therapeutischer aber auch geistlicher Begleitung (dies ist nach wie vor unser primärer Auftrag und damit Schwerpunkt unserer Arbeit) zu verbringen.
Neue Herausforderungen Wie schon berichtet, stehen wir vor der Herausforderung, unsere Räumlichkeiten den Anforderungen der neuen Landesheimbauverordnung anzupassen.
Das bedeutet, dass die Errichtung eines Neubaus mit 18 zu•sätzlichen Zimmern notwendig wird. Dadurch wird die Anzahl der Wohnheimplätze im de’ignis-Wohnheim nicht erhöht, wir passen jedoch die bestehenden 41 Plätze den ab 2019 gültigen Vorschriften an. Dies bedeutet für uns eine Investition von ca. zwei Millionen Euro. Dadurch entstehen die räumlichen Voraussetzungen, unser Wohntraining weiter zu entwickeln. Spenden
Um all dies bewältigen zu können, sind wir nach wie vor auf die Hilfe unseres Freundeskreises angewiesen!
Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf unser Konto bei der Sparkasse Pfullendorf-Messkirch: IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
de’ignis-Seelsorgeschulung Die Seelsorgeschulung von de‘ignis findet seit eineinhalb Jahren in den neuen Räumlichkeiten des Tabor-Schulungszentrums statt.
Der großzügige Saal, die gute Bewirtung in den hellen •Räumen des Bistros sowie die reibungslose Organisation des Mitarbeiterteams tragen ihren Teil zum Gelingen des Kurses und dem Wohlbefinden der Teilnehmer bei. Die Inhalte, präsentiert durch kompetente Referenten, sind gut nachvollziehbar, leicht verständlich und sehr praxisnah. Der zukünftige Seelsorger gewinnt Einsichten in die Reaktionsweise der menschlichen Psyche, um Menschen in Not und Lebenskrisen verstehen und begleiten zu können. Wie und warum reagieren Menschen in verschiedenen Situationen und bestimmten Umständen auf die eine oder andere Weise? Wie können Seelsorger wirksam helfen, ohne die Grenzen ihrer Kompetenz zu überschreiten? Vor allem, was sagt die Bibel zur Bewältigung von Not und Leid? Themen wie Erlösung, Befreiung, Leidbewältigung und Trost bilden nicht nur einen thematischen Schwerpunkt, sondern ziehen sich wie ein roter Faden durch sämtliche Lehreinheiten. Dabei geht es nicht nur um Wissensvermittlung und das Erlernen seelsorgerlicher Gesprächsführung, sondern auch um die persönliche Beziehung zu Gott. Der zukünftige Seelsorger wird ermutigt, auch seine geistlichen Gaben zu entdecken und zu entfalten. Wer die Geborgenheit bei Gott erfahren durfte, hat etwas empfangen, das er gerne weitergeben will. Darüber hinaus vermittelt der Kurs auch Einsichten in Denk- und Reaktionsweisen psychisch kranker Menschen, um diese verstehen und begleiten zu können. Nur wer sich in die innere Lebenswelt psychisch kranker Menschen hineinversetzen kann, kann sie verstehend begleiten und hilfreicher Weggefährte werden. Gerade in Zeiten, in denen Erkrankungen der Psyche wie z. B. Ängste und Depression epidemieartig um sich greifen, brauchen Kirchen und Gemeinden Menschen, die kompetente Hilfe anbieten können. Aber auch Menschen, die selbst auf der Suche nach ihrem Weg, ihrem seelischen Gleichgewicht oder Orientierung in Lebenskrisen sind, finden wertvolle Impulse zur eigenen Lebensbewältigung. Diese Bewältigung motiviert, dann anderen Menschen zu helfen. Der Kurs ist also auch eine Hilfe, wenn es darum geht, einen Kurs für das eigene Leben zu finden oder eine Kurskorrektur vorzunehmen. Wohnheim • Berichte, Aktuelles
Teilnehmer berichten aus der Seelsorgeschulung Die Seelsorgeschulung von de‘ignis findet seit eineinhalb Jahren in den neuen Räumlichkeiten des Tabor-Schulungszentrums statt.
Eine gute Mischung aus biblischer Lehre und psychologischen Erkenntnissen
de’ignis-Seelsorgekurs durfte ich bereits zum sechsten •MalDen besuchen. Was mir sehr gefällt, ist die gute Mischung aus biblischer Lehre und psychologischen Erkenntnissen der Lehrer. Seine eigenen Grenzen kennenzulernen und auch die geistlichen Möglichkeiten zu entdecken, ist sehr spannend. Die Schulungen sind sehr gut organisiert, es gibt sehr viele Helfer und die Versorgung ist optimal. Lediglich das Mischungsverhältnis der Teilnehmer könnte zugunsten der Männer ein wenig besser ausfallen.
Willkommen und wertgeschätzt
ersten Seminar im Tabor Schulungszentrum •wurdeBeiichmeinem überaus freundlich empfangen und begegnete sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Eine gute Mischung aus Erfahrungsberichten und Input einerseits sowie Lobpreis und Anbetung andererseits verleiht dem Seminar eine besondere Atmosphäre, in der man sich willkommen und wertgeschätzt fühlt. Wenn diese Wertschätzung von Gott spürbar wird, kann man sie auch anderen Menschen leichter weitergeben und sich selbst mit allen Ecken und Kanten gnädig sein. Ich bin auf die weiteren Seminare gespannt und bin mir in diesem Sinne sicher, dass ich dabei auch selbst eine Menge fürs Leben lerne!
„Ich bin auf die weiteren Seminare gespannt und bin mir in diesem Sinne sicher, dass ich dabei auch selbst eine Menge fürs Leben lerne!“ Ein Miteinander von Wissenschaft und Glaube
„Ich empfinde Heilung, Frieden, Neugier und Freude auf das was noch in meinem Leben kommt.“ Balsam auf meine Wunden
mir vor Jahren jemand gesagt, dass ich an einer Schulung •fürHätte Seelsorge teilnehmen würde, hätte ich herzlich gelacht. Ich habe mich selbst überrascht. Nach einem langen eigenen Aufarbeitungsprozess habe ich Heilung tief greifender Verwundungen erfahren. Das Aufarbeiten meiner Anklagen gegen mich selbst, andere und Gott, hat meine Schutzmauern unnötig werden lassen, die Tür meiner Seele geöffnet und meine Herzenshaltung verändert. Um mehr über innere Aussöhnungsprozesse aus psychologischer und biblischer Sicht für mich und andere zu erfahren, habe ich von 2014 bis 2016 den Kurs bei de’ignis gewählt. Dieser war wie Balsam für meine vernarbten Wunden und ein Fundament auf meinem Weg, wie Gott mich sieht. Herzlichen Dank an alle Beteiligten!
Heilung, Frieden, Neugier und Freude auf das, was noch kommt
die psychische Erkrankungen im Leben des Betrof•fenenDieundNot,seiner Angehörigen auch mitten in der Gemeinde Jesu
Ich möchte alle ermutigen, die sich überlegen, ob sie die •Seelsorgeschulung machen sollen oder nicht. Seid mutig und
mit sich bringt, ist groß und vielfältig. Immer mehr Menschen sind betroffen und suchen Hilfe, auch in unserem privaten und beruflichen Umfeld. Im Tabor Schulungszentrum wird beides gelehrt: die Erkenntnisse der Psychologie und Psychoanalyse, aber vor allem die christozentrische Hilfe, die wir dem Ratsuchenden anbieten können. Dieses Miteinander von Wissenschaft und Glaube fanden wir großartig und gewinnbringend. In der angenehmen Atmosphäre gelebter Gemeinschaft und verständnisvollen Umgangs miteinander erhielten wir viele kostbare Impulse aus Gottes Wort, unterstrichen durch wunderbare Lieder und Lobpreis und aus den sehr guten fachlichen Vorträgen.
packt es an. Es ist so eine Bereicherung für das eigene Leben. Bereits beim zweiten Seminar an dem ich teilgenommen habe, hat Gott bei einem bestimmten Punkt meines Lebens den Schalter umgelegt. Durch das Gespräch und Gebet der Seelsorgerin in der Kleingruppe kam so ein tiefer Friede in mein Herz. Nach Jahren voll Trauer, Schmerz und Verlust von zwei Geschwistern, Eltern, Elternhaus und Heimat, stehe ich jetzt an diesem Wendepunkt. Ich empfinde Heilung, Frieden, Neugier und Freude auf das, was noch in meinem Leben kommt. In diesem Sinne: Seid mutig!
Schulung für Seelsorge Zur Begleitung von Menschen mit Lebenskrisen, psychischen Problemen und Krankheiten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, fundiert mit solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung ist das Fundament aller Seminarinhalte. Diese Seelsorgeschulung umfasst insgesamt 10 Seminare. Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Die Schulung soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen mit seelischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennenzulernen. Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden. Weitere Infos über Termine 2016 und 2017, sowie den Kursneustart erhalten Sie unter der Telefonnummer 07434 72341-76 Veranstaltungsort:
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen www.tabor-schulungszentrum.de Seminarleitung: Winfried Hahn
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen, psychiatrischen Betreuung Telefon +49 (0) 7575 92 507- 0 seelsorge @ deignis-wohnheim.de · www.deignis.de
Seminar 10
11. und 12. November 2016
Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Burn-out und andere Belastungsstörungen
Seminar 1
3. und 4. März 2017
Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln, Definition psychischer Erkrankungen, Kommunikationstraining
Seminar 2
5. und 6. Mai 2017
Methodische, inhaltliche und juristische Rahmenbedingungen seelsorgerlicher Gesprächsführung
Seminar 3
14. und 15. Juli 2017
Psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen
Seminar 4
15. und 16. September 2017
Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihre Behandlungsverfahren
Seminar 5
8. und 9. Dezember 2017
Jugendseelsorge – Freundschaft, Liebe, Sexualität
Seminar 6
16. und 17. Februar 2018
Biblisches Menschenbild, Therapie des Herzens, Hören auf Gott
Seminar 7
20. und 21. April 2018
Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu sich selbst) in Vergangenheit und Gegenwart
Seminar 8
13. und 14. Juli 2018
Identitätsentwicklung und -störungen, Auswirkung auf die Persönlichkeit
Seminar 9
14. und 15. September 2018
Die Persönlichkeit des Seelsorgers, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbstkritik und Introspektion
Seminar 10
9. und 10. November 2018
Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Burn-out und andere Belastungsstörungen
de’ignis-Institut gGmbH · Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
de’ignis-Fachklinik Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante und teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen • Sanatoriumsbehandlung • Nachsorge IRENA und ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention und Vorsorge • Assessment-Center
de’ignis-Wohnheim Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik • individuelle Betreuung
de’ignis-Institut Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben • Interkonfessionelle Seelsorgeschulung • Vernetzung von Fachleuten • Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie • ambulante Supervision • ambulante Beratungsstellen • Sozialpädagogische Kinderund Jugendambulanz • Weitere Angebote zur Prävention
de’ignis-Polen Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten • Ambulante Therapieangebote, stationäre in Planung • Schulungen • Freizeitpädagogik
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