de’ignis Magazin Nr. 58

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Sin nst i f t u ng in Z eiten de s Umbr uch s Welche Werte haben Bestand? Über sinnstiftende und wertebasierte Ansätze. – Nr. 58


Kompetenz. Und Gottvertrauen.

Hilfe in der Bodenseeregion. Das de’ignis-Wohnheim. Das sozialtherapeutische Zentrum, de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbständig zu leben. Bei der Begleitung zu mehr Selbständigkeit streben wir eine hohe fachliche und pädagogisch-therapeutische Qualität an. Dabei spielt der christliche Glaube als Quelle der Hoffnung, Werteorientierung und Geborgenheit eine entscheidende Rolle. Die Arbeit des de’ignis-Wohnheims ist überkonfessionell ausgerichtet und orientiert sich bewusst an den zwischen den Konfessionen und Denominationen vorhandenen Gemeinsamkeiten.

Für meine Zukunft nur das Beste.

Besuchen Sie uns auf www.deignis.de de’ignis-Wohnheim gGmbH • Fred-Hahn-Straße 30 - 32 • 72514 Engelswies • Telefon 07575 92507-0 • wohnheim@deignis.de


L ieb e L eserinnen und L eser

Warum leben wir? Für wen oder was leben wir? Wozu das alles? Grundsätzlich: Was ist der Sinn unseres Daseins? Diese Fragestellung, die wir uns immer mal wieder je nach Lebenssituation stellen, nimmt in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs eine exponierte Stellung ein. Welche Werte haben Bestand und welche wurden bereits über Bord geworfen? Unserer Ansicht nach birgt sich im Leben von Christen ein großes Potenzial und zwar in der Ausrichtung des Lebens auf der Grundlage der Bibel. Dort kann man großartige, tragfähige und nachhaltige Antworten unter anderem zur oben genannten Fragestellung finden. Als einen wichtigen Aspekt können hier die zehn Gebote (2. Mose 20,1–17) gesehen werden. Ein namhafter Politiker, der sich selbst als Atheist bezeichnete, gab in den Medien seine Meinung zum Besten, in dem er sagte, wenn unsere Gesellschaft die zehn Gebote als Lebensgrundlage anwenden würde, hätten wir Frieden und ein angenehmes Leben. Wir glauben, dass jeder, der darüber nachdenkt, durchaus zu dem gleichen Ergebnis kommen wird, ob er an Gott glaubt oder nicht. Doch eines gilt es festzuhalten: Der oben genannte Bibelabschnitt war ein Gespräch zwischen Gott und Mose. Eine sinnstiftende, persönliche Begegnung. Die grundlegende Anerkennung ist, dass wir uns als von Gott geschaffen und geliebt sehen sowie ihn erleben. Auf dieser Grundlage haben wir enorme Möglichkeiten, Sinnstiftendes in unsere Gesellschaft hineinzutragen. Doch oftmals hat man den Eindruck, dass wir eher um uns selbst kreisen, uns häufig mit theologisch dogmatischen Einzelmeinungen beschäftigen und dabei das Wesentliche in den Hintergrund rücken lassen. Eine der Grundfragen „Wo komme ich her, wo gehe ich hin?“ stellt sich der Mensch je nach Lebenssituation im Laufe seines Lebens mehrmals. Wenn man darauf eine entsprechende Antwort findet, kann das einen aufer-

bauenden, motivierenden Charakter für das Leben haben. Interessant ist doch, dass der Mensch in Notsituationen, besonderen Herausforderungen oder spätestens vor dem Tod die eine Frage stellt: „Was geschieht mit mir?“. Jeder wird diesen Zustand des Alleinseins kennenlernen. Man selbst muss, wie es in Matthäus 7,13 heißt, durch diese „enge Pforte“. Als ich vor vielen Jahren, während der Aufbauarbeit von de’ignis schwer erkrankte, war es genau diese Frage. Kein schlauer, noch so gut gemeinter geistlicher Ratschlag hilft einem da weiter, sondern die persönliche Begegnung mit dem Schöpfer. Dann kommt die Sinnfrage (wozu, weshalb, …), auf die jeder Mensch einmal eine Antwort sucht. Wir haben selbst oft erfahren dürfen, dass der christliche Glaube eine so wichtige und heilsame Ressource sein kann, welche wir keinem vorenthalten möchten, der danach sucht. Wenn wir uns dann noch den Grundsatz von Paulus in 1. Korinther 13 zu Gemüte führen, haben wir den Zenit der Sinnfrage fast erreicht. Wenn ich Glaube, Hoffnung und das größte, die Liebe, im Alltag umsetzen kann, hat dies Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen genauso wie auf den Umwelt- und Naturschutz. Dann ist die Unterschiedlichkeit von Menschen keine Frage mehr. Die Liebe, zu der Gott uns anhält, hat die zentrale Stellung in meinem Leben. Wenn wir unser Leben, unsere Arbeit, unser ganzes Wirken danach ausrichten, sind wir der Sinnfrage ein ganzes Stück näher gekommen. Mit Freude und einer gehörigen Portion Motivation können wir so uns selbst und anderen Menschen begegnen. Das ist eine der Grundlagen der de’ignis-Arbeit, auf der wir den Menschen, die uns aufsuchen, mit unserer fachlichen Kompetenz begegnen und sinnstiftende Therapieansätze anbieten. Zu diesem Thema finden Sie spannende Gedanken und Ansätze von interessanten Autorinnen und Autoren in dieser neuen Magazinausgabe. Beim Lesen wünschen wir Ihnen persönlich viele Freude und gute Impulse.

Ihre Heraus g eb er

Titelbild: Oleh_Slobodeniuk / iStock

S eb a stian Har tmann

Unternehmensentwicklung, de’ignis-Fachklinik und de’ignis-Institut

Claus J. Har tmann

Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik und de’ignis-Institut

Ed itoria l

Winfrie d Ha hn

Geschäftsführender Heimleiter, de’ignis-Wohnheim, Vorstandsvorsitzender de’ignis -Stiftung Polen


de’ig n is -ma g a z in Ökodruckfarben

Titelthema

30 Jahre de’ignis-Fachklinik

ACT – Werteorientierte Therapie

Cl aus J. Ha r tma nn

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Uwe He im ow s ki

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Folgen von Sinnmangel und sinnstiftende Therapieansätze

P D Dr. m e d . Her b er t S c h e i b l i c h

Papst Franziskus: Versklavung durch das eigene Ego

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Existenzielle Perspektiven für die Krisen unseres Lebens. Ein seelsorgerlich-spiritueller Impuls.

Imp u l s vo n R a i n er O b er b i l l i g

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Sinn- und gemeinschaftsfördernde Gemeinden in Zeiten der Individualisierung

Fr a n k Up h o f f

Ma ri k a R i m kus

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D i p l . -Ps y c h . Ma r g a re t e K ap p l er

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Sozialtherapeutisches Zentrum – de’ignis-Wohnheim Ganzheitlich, sinngebend, persönlichkeitsentfaltend. 16

Ko mm enti er t vo n W inf ri e d Ha hn

Wenn Arbeit Sinn macht

Sinnfindung in Zeiten des Umbruchs

Unserer Umwelt zuliebe drucken wir klimaneutral und mit Ökofarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Das Papier stammt aus ökologisch nachhaltiger Produktion und ist FSC® und PEFC™ zertifiziert. Für diese Druckproduktion wird ein Baum gepflanzt.

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Ha r a l d R e i s er

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Erfahrungsberichte Wie mir das de’ignis-Wohnheim geholfen hat

An o ny m

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Aktuell

Was hat sich entwickelt? Welche Angebote gibt es? Berichte, Termine und Aktuelles von de’ignis

Fa c h kl i n i k , Ins ti t ut un d Wo hn h e i m 46

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Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Sebastian Hartmann, Dipl.-Psych. Rainer Oberbillig, Maike Prolingheuer, PD Dr. med. Herbert Scheiblich Art Direktion: Yil & Mann GbR, mail@ynm.studio Redaktion:

Implementierung und Produktion:

AD Dipl.-Ing. Rainer Haas, haas@ad-stuttgart.de Druck: F &W Druck- und Mediencenter GmbH Papier: Arctic Volume Highwhite (Umschlag), Amber Graphic matt (Inhalt) Auflage: 17.500 Herausgeber: de’ignis -Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23, 72227 Egenhausen Telefon: +49 (0) 7453 9391- 0 Fax: +49 (0) 7453 9391-193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE50 6426 1853 0062 1680 02 BIC: GENODES1PGW

de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30, 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 - 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 - 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf -Meßkirch IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17, 72213 Altensteig Telefon: +49 (0) 7453 9494 - 0 Fax: +49 (0) 7453 9494 -396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE60 6426 1853 0066 6240 02 BIC: GENODES1PGW

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Fachklinik in Egenhausen, 1989

30 Jahre de’ignis-Fachklinik de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Foto: skeron / photocase.de

Claus J. Hartmann über die unternehmerische und gesellschaftliche Entwicklung einer Vision die mit Leidenschaft und Hingabe verfolgt wurde und bis heute sinnstiftend Menschen in Notsituationen begleitet.


Was für eine gesellschaftliche und unter• nehmerische Entwicklung. Vor 32 Jahren wurde die de’ignis-Fachklinik gGmbH von einem fünfköpfigen Team gegründet und 1989 fand die Eröffnung der Fachklinik in der schönen Schwarzwaldregion, der Gemeinde Egenhausen am Fuße des Naturschutzgebietes Kapf, statt. Eine Vision war geboren: „Wir wollen spezifische Behandlungskonzepte mit- und weiterentwickeln, die eine optimale Passung erlauben zwischen der heilenden Kraft des Glaubens auf biblischer Grundlage, den religiösen Bedürfnissen der Kranken und den Erkenntnissen moderner psychotherapeutischer Behandlungsverfahren.“. Mit folgenden Grundsätzen: „Wir sehen den Menschen als Ebenbild Gottes und achten die Einmaligkeit seiner Person.“ Unser ganzheitliches Behandlungsangebot ist grundsätzlich für Patienten jeder Weltanschauung offen. Es soll Menschen helfen, neue Zuversicht und Fähigkeiten zu entwickeln, ihre eigene Lebenssituation selbstverantwortlich positiv zu beeinflussen. Wir sind dabei den gängigen wissenschaftlichen Standards und der Qualitätssicherung verpflichtet. Dies gilt sowohl für die professionelle Qualifizierung des Behandlungsteams als auch für die Auswahl der Behandlungsmethoden. Das Behandlungsteam ist für den Umgang mit der Religiosität der Patienten spezialisiert. Begonnen haben wir 1988 mit einer Ambulanz in Altensteig, wo wir mit einem ausgebildeten Psychologen und evangelischen Theologen ambulante Psychotherapie angeboten haben. 1990 bekamen wir von den Krankenkassen die Zulassung als Fachklinik für medizinische

Rehabilitation, danach folgte die Zulassung durch die Deutsche Rentenversicherung. Heute nach 30 Jahren wird es noch deutlicher. Es war zum damaligen Zeitpunkt ein Paukenschlag in der Fachwelt als auch in der christlichen Szene. Psychotherapie auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes, christozentrische Spiritualität als ein Bestandteil integrativer Psychotherapie, was ist das denn? „Ein gläubiger Christ könne nicht psychisch erkranken“, so die damalige Meinung in christlichen Kreisen. „Glaube und Spiritualität haben in der Psychotherapie nichts zu suchen“, so die Angriffe aus der Fachwelt. Wir sahen uns oft heftigen Angriffen ausgesetzt. Nach unserer Gründung gab es noch eine weitere Organisation, die sich dem Thema Psyche und christlicher Glaube widmete. Heute wird Spiritualität in Medizin und Therapie weltweit verstärkt erforscht und es gibt bereits eine Vielzahl an Studienergebnissen, die der Spiritualität als persönlicher Ressource eine positive Wirkung auf die Gesundheit bescheinigen. Im de’ignis-Magazin Nr. 48 wurde ein empirisches Forschungsergebnis von unserem Beirat Prof. Dr. Jaworski vorgestellt.

Klinikgebäude in Egenhausen vor Baubeginn, 1987

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Wie damals so auch heute noch sind wir unserer Vision treu geblieben. Die Spiritualität des Menschen als eine wichtige Ressource zu sehen, verläuft wie ein roter Faden durch unsere 30-jährige Entwicklungsgeschichte. Die Grundvoraussetzung für den Beginn unserer Arbeit, qualifiziertes Fachpersonal das sich mit dem Thema „integrative Psychotherapie“ in der die christozentrische Spiritualität eine wichtige Ressource ist, auseinandersetzt, forscht und entwickelt, hat heute noch Gültigkeit. Da die Not vieler Menschen die einer Behandlung bedurften gleich am Anfang der Klinik doch auch offensichtlich wurde – sechs Wochen nach Eröffnung entstand bereits eine Warteliste – sahen wir die Herausforderung nach kurzer Zeit bereits eine Erweiterung der Fachklinik von 33 Betten auf 52 Betten vorzunehmen. Darauf folgten weitere Erweiterungen in Egenhausen, neuer Standort in Altensteig und nun auch in Stuttgart. Gründung unseres sozialtherapeutischen Wohnheims bei Sigmaringen und dann noch Gründung unseres Institutes zur Entwicklung unserer Grundlagenarbeit und Fortbildung unserer Mitarbeiter. Hinzu kam noch eine Stiftung in Polen.


Restaurantbereich Klinik Egenhausen, 1989

Therapeuten, Theologen und Wissenschaftlern bei de’ignis zu etablieren. Die de’ignis-Arbeit war und ist immer ein Dienst an Menschen zur seelischen Gesundheit. Auf der Grundlage unserer Therapieentwicklung in „christlich-integrativer Psychotherapie“, die geprägt ist durch die klinische Arbeit am Patienten und den Erfahrungen, entstand federführend durch unseren leitenden psychologischen Psychotherapeuten eine wichtige Fortbildung an unserem Institut. Damit wir unser fachlich sehr gut ausgebildetes Mitarbeiterteam in Medizin, Psychotherapie, Sozialpädagogen, Physio-, Ergo-, Musiktherapie und Pflege in unserer Spezialisierung schulen können, haben wir diese praxisorientierte Fort- und Weiterbildung in „Christlich-integrativer Beratung und Therapie“ etabliert. Sie sollte als erstes der Kompetenzerweiterung unseres medizinisch, therapeutischen Teams dienen. Wegen häufiger Nachfragen haben wir es auch für externe Interessenten geöffnet. Viele Erkenntnisse aus der medizinischtherapeutischen Arbeit werden zudem im de’ignis-Magazin herausgebracht.

Menschen kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, um bei uns eine Behandlung in Anspruch zu nehmen. So erlebten wir bereits in den 90er Jahren eine enorme Entwicklung, die uns oft vor große Herausforderungen stellte. Auf der einen Seite die ganz praktische fachliche Arbeit, auf der anderen Seite die große Herausforderung Grundlagenarbeit zu leisten und die Therapieentwicklung „christlich-integrative Psychotherapie“ voranzubringen. An dem kurzen Abriss ist unschwer zu erkennen, welch schöne Herausforderungen das in So hatten wir uns 1991 nach einem Spazier- den 30 Jahren wohl gewesen sind. So sehen gang entschlossen unser de’ignis-Magazin wir uns heute ähnlichen Herausforderungen herauszubringen, um unseren Leitgedan- gegenübergestellt, wo sich die Entwicklung ken „Kompetenz. Und Gottvertrauen.“ ins Gegenteil gewendet hat. Es gibt einen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. weiten Markt an Ausbildungen zum SeelWichtig dabei immer: Fachlich fundiert, sorger, Lebensberater oder „Trauma-Beraaus einer überkonfessionellen, jedoch klar ter“. Auch Kirchen und Gemeinden bieten an der Aussage der Bibel orientierten und Kurse an, da sie die Notwendigkeit aufgrund damit theologisch reflektierten Perspek- des steigenden Bedarfs und schwierigeren tive. Deshalb war es uns sehr wichtig, einen Fragestellungen bei der Persönlichkeitsentüberkonfessionellen Beirat aus Medizinern, wicklung erkannt haben. Da wird einem

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

hin und wieder die Frage gestellt: Warum eigentlich eine fachliche Psychotherapie, die von Medizinern und psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt wird, wenn es auch niederschwellige Angebote von nicht fachlich ausgebildeten Laien gibt? In einem gewissen überschaubaren Umfang kann dies im seelsorgerlichen seine Berechtigung haben und eine gute Ergänzung darstellen, unter der Voraussetzung, dass die Grenzen zwischen seelsorgerlicher Begleitung von Menschen und die Behandlung aufgrund einer Diagnose eindeutig klar sind. Wir können nur bestätigen, dass es gefährlich und fahrlässig ist, wenn Laien in der Seelsorge/Beratung diese Abgrenzung nicht berücksichtigen. Wir von de’ignis haben eine ganz klare Ausrichtung, die heißt: Nur fachlich anerkannt ausgebildetes hochqualifiziertes Personal, das aus der Praxis kommt, darf in unseren Fortbildungen sein fundiertes Wissen weitergeben. Parallel dazu findet eine intensive Begleitung durch fachliche Supervision statt. Sei es in unserer Fortbildung „Christlichintegrative Beratung und Therapie“ (CiBT), die als Ziel den Abschluss zum Heilpraktiker für Psychotherapie hat, den Gesundheitscoach oder die IRRT-Fortbildung für qualifizierte Trauma-Therapie. Die Teilnehmer bekommen im Kurs CiBT umfassende Tools aus dem Bereich der Medizin, Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik, Pädagogik und Theologie vermittelt. In unseren stationären, ambulanten, tagesklinischen und präventiven Behandlungsangeboten, beziehe ich mich gerne auf das so wichtige stationäre Angebot medizinischer Rehabilitation, einem sehr wichtigen Baustein der Gesundheitsversorgung. Im Durchschnitt befinden sich die Menschen 32 Tage in der stationären Behandlung. Das bedeutet eine Behandlungsdichte von ca. 192 Stunden, in einer Therapieumgebung mit einem spezialisierten, multiprofessionellen Team, das sich ständig weiterbildet und nach höchsten Qualitätsmaßstäben agiert. Dafür müsste man in der ambulanten Psychotherapie über dreieinhalb Jahre, jede Woche eine ambulante Psychotherapiesitzung besuchen, um rein stundentechnisch auf dieselbe Quantität zu kommen.


Erweiterung Klinik Egenhausen, 1994

Menschen kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, um bei uns eine Behandlung in Anspruch zu nehmen. So erlebten wir bereits in den 90er Jahren eine enorme Entwicklung die uns oft vor groĂ&#x;e Herausforderungen stellte. 09


Man kann sich bestimmt vorstellen, was die stationäre medizinische Rehabilitation für ein hilfreiches Setting für Patienten bedeutet und eine interessante Möglichkeit für Mediziner und Therapeuten darstellt, einen Menschen so intensiv begleiten zu dürfen. Ähnlich sieht es auch beim ambulanten, tagesklinischen Angebot aus. Zur Vorsorge- und Nachsorge, um den stationären Behandlungserfolg weiter zu festigen, bieten wir an mehreren Standorten Einzelund Gruppenpsychotherapie an.

Dabei ist uns der Dank an ein großartiges und herausragendes Team genauso wichtig, wie der Dank an die vielen Kostenträger und Geschäftspartner mit denen wir zusammenarbeiten dürfen. Doch in erster Linie gilt der Dank unserem himmlischen Gott und Jesus Christus.

Autor Im Ergebnis dürfen wir mit Begeisterung feststellen, wir haben immer noch die Leidenschaft mit „Kompetenz. Und Gottvertrauen.“ Menschen, die für ihre seelische Gesundheit professionelle Hilfe brauchen, diese ihnen anzubieten und für einen gewissen Zeitraum sie zu begleiten. Wir dürfen auch erfahren wie neue Kolleginnen und Kollegen von dieser Leidenschaft ergriffen werden und wir gemeinsam als Team mit Begeisterung diese gemeinsame Vision leben dürfen. Die vielen Rückmeldungen und Zeugnisse von ehemaligen Patienten, die Ergebnisse der Patientenbefragungen und Rückmeldungen der strukturierten Qualitätsmessungen durch die Kostenträger bezeugen, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

Claus J. Hartmann, Geschäftsführer der de’ignisFachklinik gGmbH und der de’ignis-Institut gGmbH

Tag der offenen Tür in Egenhausen, 1990

Wir dürfen auch erfahren wie neue Kolleginnen und Kollegen von dieser Leidenschaft ergriffen werden und wir gemeinsam als Team mit Begeisterung diese gemeinsame Vision leben.


Parkanlage, Parkanlage, Altensteig Altensteig

Wellnessbereich, Wellnessbereich, Altensteig Altensteig

Restaurantbereich, Altensteig

Kapelle, Egenhausen

Patientenzimmer, Egenhausen

Restaurantbereich, Egenhausen

Einzelzimmer, Einzelzimmer, Egenhausen Egenhausen

Fachklinik Fachklinik in Egenhausen, in Egenhausen, 2014 2014


Sinnfindung in Zeiten des Umbruchs de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Foto: AleksandarNakic / iStock

Eine gesellschaftspolitische Perspektive. Von Uwe Heimowski.


1997 zogen meine Frau und ich nach Leipzig. Wir lebten im Stadtteil Paunsdorf, einem Neubauviertel aus den späten 1980er Jahren. Genormter Plattenbau, DDR-Stil. Bezahlbar für einen Theologiestudenten mit frischgebackener Familie. Schnell bemerkten wir, dass unter den Jugendlichen im Viertel ein Modewort kursierte, das geradezu inflationär gebraucht wurde: „Sinnlos.“ Tonfall: lang gezogen frustriert; Körpersprache: Schulterzucken. Es hatte etwas tief Resigniertes. Das war damals durchaus nachvollziehbar: Die jungen Menschen waren noch in der DDR geboren, wuchsen nun aber unter völlig anderen Bedingungen auf als ihre Eltern. Die alten Werte waren über Nacht verschwunden – oder sie waren sinnentleert: So gab es zwar weiterhin die Jugendweihe, aber keinen Sozialismus mehr, dem die Jugendlichen ja hier eigentlich geweiht wurden. Die Jugendarbeitslosigkeit lag bei über 20 Prozent, gewaltbereite Banden zogen um die Häuser. Heute, zwanzig Jahre später, wir leben mittlerweile in Gera (Thüringen), gibt es die Vokabel „sinnlos“ in der Jugendsprache nicht mehr. Auch die Situation am Arbeitsmarkt hat sich in vielen Regionen im Osten Deutschlands entspannt. Das erdrückende Grau der Städte ist verschwunden. Aber das Gefühl von Sinnlosigkeit ist bei vielen Menschen geblieben. „Die da oben, die machen, was sie wollen. Wir interessieren die doch gar nicht.“ Es kommt nicht von ungefähr, dass die Pegida „Spaziergänger“ in Dresden Woche für Woche „Wir sind das Volk!“ skandieren; nicht ohne Grund ist die AfD dabei, in den neuen Bundesländern die stärkste politische Kraft zu werden. Rassismus oder rechtsextremes Gedankengut sind erschreckend weit verbreitet. Doch nur bei wenigen Menschen im Osten sind das die Gründe, warum sie die AfD wählen. Vielmehr hat es bei vielen mit Protest zu tun; sie wollen sich Luft zu machen, raus lassen, was sich angestaut hat. Und was hat sich angestaut? Etwas, das oft übersehen wird. Tiefe Sinnfragen, auf die die Menschen keine Antworten bekommen: „Wofür sind wir 1989 auf die Straße gegangen, wenn wir dann die D-Mark gegen den Euro tauschen mussten und auch diesem

schon lange nicht mehr trauen können? Warum haben wir Friedensgebete veranstaltet, wenn die Weltlage heute noch explosiver ist als zu Zeiten des Kalten Krieges? Warum haben wir für Meinungsfreiheit gekämpft, wenn sich heute die meisten Nachrichten bis auf ’s Haar gleichen und alles, was nicht „politisch korrekt“ ist, einfach weggebügelt wird? Warum leben immer mehr Fremde in unseren Städten, aber unsere Kinder und Enkel mussten wegen der Arbeit in den Westen gehen oder ins Ausland ziehen? Warum ist der Sozialismus der historische Verlierer, wenn der Kapitalismus jetzt weltweit die nachhaltigen Lebensgrundlagen der Menschheit zerstört?“

Zukunft noch vertrauen können – und sie wollen etwas tun, das sinnvoll ist, etwas, das Bedeutung hat, damit es tatsächlich ein Morgen für sie und ihre Kinder geben wird. Eine zweite Beobachtung zum Thema Sinnfindung: „Sinnlos“ als Modewort ist, wie gesagt, out. Stattdessen hat seit einigen Jahren eine andere Formulierung in unseren Sprachgebrauch Einzug gehalten, die besonders junge Menschen sehr häufig gebrauchen: „Das macht Sinn“, sagen sie. „Sinn machen“ ist die buchstäbliche Übersetzung des Amerikanischen „that makes sense“. Eigentlich bedeutet es: „Das ist sinnvoll“ oder „das ergibt Sinn.“ Nun mag ich in diesen Übersetzungsfehler etwas viel hineindeuten, aber er scheint mir, ob nun bewusst oder unbewusst, wie eine zutreffende Beschreibung des 21. Jahrhunderts: Wir verstehen Sinn nicht mehr als etwas, das etwa durch die Religion oder die Familientradition vorgegeben ist. Sinn kann man (selber) machen, ja man muss es immer wieder tun. Wer aus tausenden von Produkten wählen kann (und wählen muss), wer permanent zugängliche Social-Media Tools zur Selbstpräsentation und Selbstoptimierung zur Verfügung hat, wer sich in eine Vielzahl potentieller Geschlechter einordnen muss – der macht (sich seinen) Sinn (selber). Viele Soziologen sind sich daher einig: Der Multioptionsgesellschaft, wie sie es nennen, fehlt das verbindende, das sinnstiftende Element. Natürlich bringt jede Entwicklung in einer Gesellschaft auch einen Antagonismus, eine Gegenreaktion hervor. Entsprechend erleben wir neben der Vielfalt der Möglichkeiten auch das andere: Eine Konjunktur des Begriffs Heimat, die Sehnsucht nach einer Leitkultur, eine Abkehr vom Komplizierten hin zu einfachen Antworten. Die Tragik ist, dass beide Konzepte nicht geeignet sind, langfristig und nachhaltig einen Sinn im Leben zu vermitteln. Das immerwährende „Sinn machen“ erzeugt einen Dauerstress, die einfachen Antworten werden der Komplexität der Lebenserfahrung nicht gerecht.

Wer diese Sinnfragen überhört, wird die Menschen im Osten nicht gewinnen. Ein Grundgefühl von Dankbarkeit und Zufriedenheit kann man auch 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution nicht verordnen – und wenn es noch so viel Grund dazu gibt. Auch die allzu schnelle und ziemlich pauschale Verurteilung von ganzen Regionen, wie etwa 2018 nach den vermeintlichen Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz, treibt die Menschen eher den Extremisten in die Arme als zurück in die Mitte der Gesellschaft. Politik sollte also genau hinhören. Und übrigens die beschriebene Gemütslage nicht vorschnell als Ostphänomen abtun. Denn auch im Westen steigt die Unzufriedenheit. Die Parteien verlieren Mitglieder. Gleichzeitig gehen immer mehr Menschen auf die Straße, um ihren Unmut auszudrücken. Die Gelbwesten in Frankreich sind für dieses Phänomen bereits sprichwörtlich geworden. Häufig ist es eher ein diffuses Gefühl als ein konkreter Anlass, das die Menschen auf die Demonstrationen treibt. Nehmen wir die Proteste gegen Stuttgart 21 – da ging es um weit mehr als (nur) um einen Bahnhof, es ging bei vielen Bürgern um das Gefühl, bislang einfach nicht gehört worden zu sein. Oder bei den „Fridays for Future“ geht es natürlich nicht nur darum, einen bestimmten CO2-Wert einzuhalten – vielmehr drücken sich hier existentielle Sorgen einer ganzen Generation aus. Die Schüler Halten wir fest: Die Unsicherheit und Unzufragen nicht weniger, als danach, ob sie der friedenheit bei vielen Menschen in Ost und

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Kann Politik zur Sinnfindung beitragen? Durchaus. Doch sie kann es nur bedingt. Wenn Politik versucht, die letzten Fragen zu beantworten, dann wird sie nur allzu schnell ideologisch – und wohin Ideologien, also gesellschaftliche Heilsversprechen (durch einen Führer oder eine Partei), uns bringen können, haben wir Deutschen im 20. Jahrhundert gleich zweimal schmerzlich erleben müssen: Sie führen unweigerlich in die Gleichschaltung und damit in die Diktatur. Ideologischer Eifer und persönliche Freiheit vertragen sich nicht. Eine andere Gefahr, wenn Politik meint, Sinn stiften zu wollen: Sie wird populistisch. Politische Akteure reagieren auf komplexe gesellschaftliche Fragen mit einfachen, bewusst verkürzten Antworten. Die (scheinbare) Schlüssigkeit ihrer Argumente macht sie für Wähler kurzfristig attraktiv – aber diese Politik muss langfristig immer hinter der Wirklichkeit zurückbleiben. So wie das Weltbild einer Sekte nur innerhalb des Systems funktioniert, lassen sich mit Simplifizierungen und nationalen Alleingängen in einer global vernetzten Welt keine tragfähigen politischen Konzepte entwickeln. Die Mauern, die uns schützen sollten, sind

in der Geschichte der Menschheit nicht selten zu Gefängniswänden mutiert. Politik sollte sich also vornehm zurückhalten, wenn es um Sinnfragen geht. Was Politik aber sehr wohl tun kann und tun muss, ist, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Orte und Institutionen, in denen Sinn erlebt wird, gestärkt werden. Das beginnt bei der Familie. Es gibt keine prägendere soziologische Gruppe als die Familie. Sie ist die Keimzelle der Gesellschaft. Hier entsteht Vertrauen, und Menschen erfahren Sinn. Verlässliche Bindungen führen zu starken Individuen, zu resilienten Menschen, die in der Lage sind einen verantwortungsvollen Umgang mit Freiheit zu leben. In der Familie werden Werte vermittelt, über Generationen hinweg werden Geschichten erzählt, und das „Wir“ wird groß geschrieben. In einer funktionierenden Familie gehört es dazu, einander zu helfen und zu begleiten. Insofern muss es ein vordringliches politisches Ziel sein, Familien zu stärken. In einer Zeit, in der die traditionelle Familie durch vielfältige Lebensentwürfe ersetzt wird, oder in der Ehen und Familien scheitern, muss der politische Fokus hier umso stärker liegen. Ein zweiter Lebensort, an dem Sinn erlebt werden kann, ist der Sektor Bildung. Angefangen bei den Kindergärten, über die Schulen bis hin zu den Hochschulen. Die Politik bestimmt deren Rahmenbedingungen und über die Curricula ihre Inhalte. Leider lässt sich beobachten, dass die Frage nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit immer mehr zum Leitprinzip der Bildung wird. Deshalb müssen sich alle, die Verantwortung im Bereich Bildung tragen, immer wieder fragen, was sie über bloße Wissensvermittlung hinaus zur Sinnstiftung beitragen können. Machen wir unsere Kinder einfach nur „fit für den Job“ oder entwickeln wir sie zu Persönlichkeiten, die neben Wissen auch kulturelle und soziale Kompetenzen erworben haben? Zu Menschen, die wissen, dass sie Teil eines Größeren sind. Menschen, die etwas können und die gebraucht werden. Zu Charakteren, die bei der Berufswahl nicht (nur) auf den Verdienst und die Höhe ihrer späteren Rente achten, sondern danach

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fragen, wie sinnvoll ihre Tätigkeit ist. Die Leitlinien für eine solche Bildung zu entwickeln, ist eine Kernaufgabe der Politik. Ein dritter Punkt: Sinn ist im letzten immer eine Frage des Glaubens. Nur der Glaube kann dem Leben eine ewige Perspektive geben. Die eigentlichen Experten auf diesem Gebiet sind die Religionsgemeinschaften. Die Politik ist es nicht, und soll es nicht sein. Allerdings hat sie sehr wohl etwas beizutragen, und dabei eine doppelte Funktion: Zunächst muss Politik Religionsfreiheit gewährleisten. Ein säkularer, demokratischer Rechtsstaat strebt niemals die Freiheit von Religion an, vielmehr sichert er die Freiheit zur Religion, die Möglichkeit, den jeweils eigenen Glauben zu leben. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Politik, das Bewusstsein für die Geschichte und die Werte eines Staates oder eines Staatenverbundes zu schärfen. Auf den Punkt gebracht hat das Bundeskanzlerin Angela Merkel 2006 in ihrer Rede beim 20. Bundesparteitag der CDU in Dresden: „Es ist wahr: Europa ist kein Christenklub. Aber wahr ist auch: Europa ist ein Grundwerteklub. Hier bei uns gelten Menschen- und Bürgerrechte. Diese Menschen- und Bürgerrechte beruhen bei uns ganz wesentlich auf dem Menschenbild des Christentums.“ Diese Zeiten des Umbruchs fordern auch uns Christen heraus. Wir müssen so von unserem Glauben sprechen, dass Menschen dessen sinnstiftende Kraft (neu oder wieder) entdecken. Für sich persönlich, für ihre konkrete Lebenswirklichkeit und darüber hinaus. Wer an Jesus Christus glaubt, hat Hoffnung – und damit eine Menge Potenzial, die Gesellschaft sinnvoll mitzugestalten.

Autor

Uwe Heimowski ist verheiratet, hat fünf Kinder und ist gelernter Erzieher und Diplom Theologe. Seit 2016 ist er Politikbeauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz. Foto: criene / photocase.de

West wächst. Wir befinden uns in einem bedeutenden gesellschaftlichen Wandel. Was brauchen Menschen in solchen Zeiten des Umbruchs? Sie brauchen ein neues Gefühl von Zugehörigkeit, sie wollen wissen, wo sie hingehören. Und sie wollen wissen, wofür sie tun, was sie tun (sollen). Menschen brauchen das Gefühl, gebraucht zu werden, sie wollen etwas leisten, was sich in ein größeres Ganzes fügt. Theologen sprechen in diesem Zusammenhang von Kontingenzbewältigung : Ein Mensch, der einen Sinn in seinem Leben gefunden hat, dem erscheint dieses Leben nicht mehr wie eine Aneinanderreihung von Zufälligkeiten, denen er machtlos ausgeliefert ist. Wer den roten Faden entdeckt, der kann die einzelnen Ereignisse wie Perlen zu einer Halskette aufreihen. Er hat, um es mit einem populären Begriff auszudrücken, das übergeordnete Narrativ gefunden, das aus einzelnen Momenten erst eine zusammenhängende Geschichte macht.


„Es gibt keine prägendere soziologische Gruppe als die Familie. Sie ist die Keimzelle der Gesellschaft. Hier entsteht Vertrauen, und Menschen erfahren Sinn.“ 15


Folgen von Sinnmangel und sinnstiftende Therapieansätze de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Foto: altanaka / photocase.de

PD Dr. med. Herbert Scheiblich zur Entstehung von existenziellen Problemen und daraus resultierenden Krisen und der Suche nach der richtigen Strategie.


Letzthin bemerkte mein Kardiologe, im • Alter komme es auf die inneren Werte an!

im Handeln der Menschen unabhängig von Zeit, Kultur und Raum. Ist dieser WerteanWelche Werte meint er denn: Leber, Niere, ker in Zeiten des Umbruchs wirksam oder Elektrolyte? Oder Erfahrungswerte, die man wird er auch ersetzt? nur mit dem Alter bekommt oder was noch Eine Phase von Umbruch der Lebensbedinfür den Rest meines Lebens wichtig ist? Werte sind in der derzeitigen gesellschaft- gungen ist immer eine Periode erhöhter emolichen und politischen Diskussion in aller tional-kognitiver Anfälligkeit und AnsteiMunde. Früher war es wichtig, multikultu- gen der psychopathologischen Reaktionen. rell mit unterschiedlichen Werten zu sein, Diese Kombination von Veränderung der während andere verbindliche Leitwerte Lebensbedingungen, Wertewechsel und forderten. Derzeit ist es aber sehr bedenk- psychischer Reaktion kennzeichnet ein exislich, dass alte Werte wie Nation, Heimat tenzielles Problem/Krise (EP/K) für das oder Rasse wieder diskutiert werden. Es ist Individuum, unabhängig vom Ausmaß der der Versuch mit den „richtigen“ Werten, sozialen Umbruchsituation. umfassende Angst vor Bedeutungsverlust Besonders ein Teil der Bewohner in den zu mindern und die Welt zu erklären. Es neuen Bundesländern fühlen sich in einer läuft in der Politik und Religion ein Kampf, Jahrzehnte langen Wechselsituation. wer die besseren Werte hat und damit einen Um mit einer EP/K adäquat umzugehen, besseren Grund für sein Handeln. Damit ist es notwendig, dass auch eine Anpassung werden die Funktionen von Werten deut- der Psychiatrie/Psychotherapie und ihrer lich: Sinnstiftung, Maßstab, Richtung, und Behandlungsmethoden an diese Entwicklung erfolgt. Motivation zum Handeln und Sein. Zwischenzeitlich hat sich der Schwerpunkt Auf diesem Hintergrund entstehen immer der Wertediskussion verschoben auf grund- mehr Sinn-und werteorientierte Behandlegendere Probleme und den Umgang damit: lungsansätze (vgl. auch weitere Artikel dieser Artensterben, Klimaerwärmung, die Zerstö- Ausgabe). Parallel entsteht dazu eine Rückrung der Lebensgrundlagen mit der Kon- besinnung bzw. Neuentdeckung früher entsequenz, dass von jedem Einzelnen eine wickelter Psychotherapieansätze. nachhaltige Veränderung seiner Lebensweise Im Rahmen der Umbruchsituation werden auch theologische Fragen und Antworten erforderlich wird. Die Menschheit steht vor existenziellen wieder virulent, wegen ihrer fundamentalen Fragen und die Suche nach der richtigen und universellen Gültigkeit. Die Wahl der Strategie ist eine Frage der Werte, wie es Werte ist in dieser Perspektive immer auch mit der menschlichen Existenz weitergeht. eine Wahl der zugrunde liegenden AnthMit dieser globalen gemeinschaftlichen ropologie. Die aktuell zurate gezogenen Suche nach Antworten ist die individuelle Anthropologien der Psychiatrie/PsychoSuche einer persönlichen Antwort auf die logie/Psychotherapie sind reduktionistisch, eigenen existenziellen Problemen eng ver- somatisch und empirisch/statistisch sehr woben, denn weitreichende soziale Werte wenig soziologisch orientiert und stoßen nun engen die Möglichkeiten des Umgangs mit an die Grenzen in der Erklärung der EP/K. persönlichen Werten ein. Das Zusammenhängen zwischen indivi- Kulturanthropologisch gesehen, geht es in duellen und universellen Werten, also alle der menschlichen Geschichte immer um Menschen betreffenden Probleme und Fragen des Zugangs von Wasser, Nahrung, Antworten zu reflektieren, ist die Aufgabe Energie und Glaube. In allen Perioden der von Religion/Theologie und Philosophie/ Menschheit sind diese Fragen durch kriegeKultur. Erst wenn dieses Zusammenspiel rische Auseinandersetzungen gelöst worden. offen und stabil ist, kann das Individuum Der heutige Zeitgenosse denkt vielleicht, eine Auswahl der eigenen Bedürfnisse und dass dieser Lösungsweg biologisch finaler Werte entwickeln. Die Werte einer Religion Art überwunden sei! beanspruchen einen fundamentalen Platz Die heutige Situation ist jedoch aufgrund

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der technischen Möglichkeiten (Möglichkeit zur Vernichtung der Menschheit) und dem Mangel an Ausweichmöglichkeiten (zum Beispiel Auswandern in neue Kontinente) einzigartig und zugespitzt. Es gibt keinen Plan B! Aber verlassen wir die universelle Perspektive und konzentrieren wir uns auf die individuelle fundamentale Existenz des Einzelnen. Definition von Wert, Sinn und Existenz – in welchem Verhältnis stehen sie zueinander?

Sinn Im Duden wird dem Sinn folgende Bedeutungsübersicht gegeben: • Fähigkeit der Wahrnehmung und Empfindung (Sinnesorgane). • Gefühl und Verständnis für etwas (Emotion). • Eine innere Beziehung zu etwas in der Art wie jemand denkt (Passung). • Gedanklicher Inhalt und Bedeutung zu etwas (Kognition). • Ziel und Zweck, Wert der einer Sache innewohnt (Wahrnehmen). • Gespür von etwas Höherem (Transzendenz). Auf den Punkt gebracht: Sinn bedeutet etwas richtig zu machen. Ansätze zur Beschreibung des Begriffes „Sinn“ zeigen nur, dass der Sinn ein grundlegender Begriff ist, der nichts mit Logik zu tun hat. Es gibt scheinbar etwas Fundamentales, was Sinn macht und Sinn gibt in der Kategorie von sinnlos und sinnvoll. Bei dieser Sichtweise gewinnt die Begründung eines Sinns, durch eine Art von Menschen objektiv unabhängigen Übersinn, eine universelle transzendente Tragweite. Die Theologie überschreitet die philosophische Grenze der Ontologie und weist Gott als Quelle des Sinns aus (ein entscheidender Unterschied: der Sinn ist ein persönlicher Hinweis). Wer t Hier steht nicht zur Debatte: Zahl, Funktionswert, Messwert, wirtschaftlicher Wert usw. sondern: Wertvorstellungen im Sinne der Ethik, soziale Normen als Richtlinie


für soziales Handeln und Religion hier im speziellen christliche Werte als ein System menschlicher Werte und Normen, das auf übermenschlicher Basis beruht. Das Verhältnis zwischen Sinn und Wert besteht darin, dass der Sinn einen Rahmen vorgibt, indem der Wert einen Schwerpunkt und Richtung setzt. Z. B: Ein (Ehe-)Paar hat die Möglichkeit durch Kinder eine Familie zu werden. Ob dies passiert, hängt von dem ab, ob dieser Wunsch für das Paar wertvoll für die Beziehung ist. Existenz Das Wort bedeutet philosophisch „das Vorhandensein eines Dings ohne nähere Bestimmung“. Diese einfache Definition wird in diesem Artikel nicht vertieft in Richtung Mathematik, Logik, Philosophie oder Soziologie, sondern eingeengt auf den Existenzialismus, wo Existenz als Synonym für menschliches Dasein verwendet wird. Das Verhältnis zwischen Existenz, Sinn und Wert besteht darin, dass dem Menschen vom Sinn existenzielle Fragen gestellt werden, auf die er eine Antwort im Sinne einer Wertewahl und -hierarchie geben muss. Der hier beschriebene Prozess ist ein fundamentaler existenzieller Vorgang, den jeder Mensch gemäß seiner Disposition (Biografie und Vulnerabilität) beantwortet (vgl. Grundkonflikt der Christlich-integrativen Beratung und Therapie). Dies ist der Rahmen einer EP/K. E P/K und Kran kheit Jeder Mensch hat also existenzielle Probleme, die durch die erkannte Begrenzung des eigenen Daseins entstehen. Sie werden zu einem Konflikt und einer damit verbundenen möglichen daraus resultierenden psychosozialen Störung, wenn der einzelne wegen seiner spezifischen Wertehierarchie, Kognitions-, Emotions- und Handlungsmuster unerwünschte negative kognitivemotionale Dissonanzen erfährt. Anfänglich reagiert er dabei mit unterschiedlichen emotionalen Reaktionen gemäß den Grundgefühlen: • Angst, wenn er von einer echten oder vermeintlichen Bedrohung der eigenen psychischen Existenz ausgesetzt ist: Tod, Leid,

Unfall, Behinderung oder Trauma, Schuld bei Versagen, Schmerz. • Trauer, wenn er seine Sicherheit verliert und sein Dasein als sinnlos erlebt und erliebt. • Wut, wenn er sich als ohnmächtig und ausgeliefert erlebt, also ohne Handlungsalternative wahrnimmt. • Scham, wenn seine innersten intimsten Gedanken offengelegt werden und er sich als bloßgestellt erlebt. Im Grunde ist seine Existenz grundsätzlich infrage gestellt. Aufgrund seiner Biografie und Lernerfahrungen reagiert der Mensch mit erlerntem internem versus externem Angriffs-, Flucht-, Todes-, oder Verleugnungsverhalten. Bei dieser unzureichenden im Grunde veralteten Antwort, entwickeln sich möglicherweise psychische Störungen wie Angst, Depression oder Sucht. Die Werte spielen dabei eine richtungsgebende Rolle. • Wenn analog dem Wertesystem oder Glaubenssystem der richtige, wahre Weg durchs Leben nicht erkannt oder gesichert werden kann … • Wenn der Mensch innerhalb seines Wertesystems Konflikte oder Widersprüche erlebt, die er nicht vermeiden oder lösen kann und eine Alles- oder nichts Reaktion entwickelt … • Wenn im Rahmen des Wertesystems ein Gerechtigkeitskonzept mit Schuld/Sühne enthalten ist, welches unausweichliche Konsequenzen androht … • Wenn er neue Erkenntnisse und Erfahrungen macht, welche den Rahmen seines Wertesystems sprengen und er damit seine vermeintliche Sicherheit verliert … • Wenn das Wertesystem Vorgaben enthält, die nicht erreichbar sind und zu einer Sinnlosigkeit des Daseins führen … … dann entwickelt sich wahrscheinlich eine psychosoziale Störung, bei der nicht nur eine Weiterentwicklung des psychischen Apparates mit seinen Emotionen und Kognitionen notwendig wird (Therapie), sondern auch eine Neuentscheidung (Volition) im Werte/Glaubenssystem (existenzielles Wachstum). (Abb. 1) Nach statistischen Überprüfungen (von Patienten in Psychotherapien genannt) findet man:

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

• Selbstwertprobleme mit 80 Prozent •F rustrations-/Stressintoleranz-Probleme mit 70 Prozent • EP/K mit 20 Prozent Kritisch anzumerken ist, dass die Messinstrumente eine Auswahl aufgrund der anthropologischen Expertise sind und damit eine verzerrte Listung der Häufigkeiten darstellen. Jede psychische Störung enthält und ist ein existenzielles Problem, das aber aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte des Wertesystems von selbst in den Hintergrund gedrängt wird oder wegen des Frustration-/ Stressintoleranz-Problems nicht wahrgenommen wird. (Abb. 2) Die anthropologische Sichtweise steuert ebenfalls die Wahl der Therapie. Die aktuelle gesellschaftliche, politische und soziale Situation führt mit wachsender Wahrscheinlichkeit zu einem Anstieg sichtbarer und wahrgenommener existenzieller Probleme. Die Diagnose eines existenziellen Problems ist bei folgenden Krankheitsbildern nach ICD 10 wahrscheinlich: F1xxx, F32xx, F33xx, F 40xx, F 41.0, F 41.1, F 42xx, F43xx, F45xx und suizidalen Reaktionen. Existentielle Psychotherapien

Im Rahmen der existenziellen Psychotherapien sind auch spezifische Krankheitsbilder beschrieben. Victor Frankl geht von einer Sinnentleerung des Menschen in der heutigen Situation aus und spricht von einer „noogenen“ (sinnentleerten) Depression. Alfred Adler beschreibt den Verlust des Sinns im Leben bei einem mangelhaften Gemeinschaftsgefühl, wenn der Patient unnütze Handlungen vornimmt, ohne den Blickwinkel „in spes aeternitate“, also so zu handeln „als sei es für die Ewigkeit“. Fanatismus und extreme Ideologien sind extreme Auslegungen von Wertehierarchien mit dem Anspruch göttlicher Gültigkeit und Wirksamkeit. Diese Formen sind soziologisch kategorisiert, kollektive psychopathologische Muster. Sie sind der rudimentäre Versuch, Gott zu ersetzen durch einen kollektiven Gott mit Ritualen und Symbolen. Wenn der transzendente Bezug des Menschen und seiner Werte verloren


Ent wicklung eines E P/K

Stellungsnahme des Menschen (unbewusst/bewusst)

Existenzielle Themen

Sinn / Wertesuche

Existenzielles Problem

Erneute Stellungsnahme

Weitermachen wie bisher

psychischer Apparat

Existenzielle Krise

Weiterleben wie bisher bis zur Störung

Leben

Existenzielle Krise

Modifikation

ohne Anpassung Sinn / Wertekrise

Existenzielles Problem

Erneutes Leben

Störung

Volition (neuer Sinn / Werte)

Neue Stellungsnahme

Leben nach dem eigenen Sinn

Abb. 1

Ent würfe der Intera ktion des ps ycho lo g ischen App arats und des Wer tes ystems „Glaub e“

Psyschisch (Apparat)

Psyschisch (Apparat)

Spirituell

Volition

abgeschwächt

Sinn

Spirituell

Sinn

Kognition

verändert

Kognition

nicht erkennen

Werte/Glauben

Emotion

blockiert

Selbst-

bewusst gemacht

Wert

Setz re i tf

Emotion

Psychotherapie

Volition

aktiviert

Frustrationsstress

Frustration / Stress

entspannt und beruhigt

unterdrückt

Selbst

Existenz Therapeut Patient

Verantwortungsübernahme Bio

Sozio

Bio

Abb. 2

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Sozio

Su ch e

Werte/Glauben


• Existenzielle Psychotherapie nach I. Yalom • Analytische Psychologie nach C. G. Jung. Die Daseinsanalyse ist eine Weiterentwicklung der Jasperschen Schule und versucht die Gegenwärtigkeiten des Patienten zu erfassen, mit dem Ziel, ihm die Sicht auf seine Möglichkeiten aufzuzeigen. V. Frankl ist ein Zeitgenosse von S. Freund und entwickelt das Sinnthema umfassend im Konzept des Geistigen des Menschen und Unbewussten Gottes. R. May und I. Yalom versuchen eine explizite differentielle psychische Ätiologie und daraus abgeleitete Therapiemethoden zu entwickeln.R. May hatte eine Vorreiterrolle und adaptierte existenzielle Denkansätze besonders von E. Fromm und Tilich in die amerikanische Psychotherapie. Er verband damit auch eine Kritik am positivistischen Mainstream der Psychologie und schaffte es, eine eigenständige Psychotherapieschule in Amerika zu etablieren. I. Yalom ist der bekannteste Verfechter der existenziellen Psychotherapie und er ist zugleich einer der weltweit bekanntesten Psychotherapeuten aufgrund seiner Bestseller über Psychotherapie. Er durchlief eine psychoanalytische Ausbildung und entwickelte konsequenterweise seine existenzielle Psychotherapie als psychodynamisches Verfahren, das sich auf die Existenz des Patienten als „tiefste Ebene seines Seins“ konzentrierte.

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Er sieht die existenzielle Psychotherapie als eine Anleitung zur Lebenskunst. Es sei erforderlich eine radikale und ehrliche Untersuchung seiner eigenen Werte und seines Glaubenssystems vorzunehmen mit dem Ziel der Entwicklung eines Eigenen im Gegensatz zu einem „Second hand-life“. In Großbritannien entwickelt sich im Gegensatz zu Europa eine britische Schule der Existenzanalyse. C. G. Jung ist ebenfalls ein Schüler von Sigmund Freud und entwickelte folgende zentrale Konzepte: • kollektives Unbewusstes und Archetypen • Selbstkonzept mit Individuation • Typologie mit Bipolarität des Menschen • Finalität Die Polaritäten in der analytischen Psychologie sind: • Freiheit – Unfreiheit • Tod – Leben • Isolation – Beziehung • Sinn – Sinnlosigkeit Es ist wunderbar, dass dies die großen Themen des christlichen Glaubens sind. Jedoch die Beziehung des Menschen zu Christus fehlt dabei. Christliche Anthropologie und Existenzanthropologie sind sich im Überblick in folgenden Punkten einig: • Es geht nicht ohne Krise. • Der therapeutische Entwicklungsprozess verläuft zyklisch.

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geht, wird die entstehende Lücke durch diese kollektiven psychopathologischen Muster ersetzt. Die Modelle der Existenzphilosophie und ihre Ausläufer entwickelten sich in der antiken Zeit bei Pythagoras, Platon und Epikur. Sie wurden weitergeführt in der christlichen Philosophie bei den mittelalterlichen Kirchenvätern und in der Neuzeit bei Kierkegaard, Tillich und Rahner. In der Neuzeit sind als philosophische Väter zu erwähnen: Nietzsche, Heidegger, Sartre, Camus und besonders Karl Jaspers der von sechs Grenzsituationen des Menschen ausging, die dadurch gekennzeichnet seien, dass sie zum Leben gehörten, durch den Menschen nicht veränderbar seien und seine bisherigen Problemlösungsstrategien zum Scheitern verurteilten. Er spricht von einer negativen Reaktion auf diese Grenzsituationen (siehe oben) oder einer positiven Grundeinstellung dazu in Form von Gelassenheit und Aufgeben der Selbsttäuschung. Er entwickelte aus diesem Verstehen heraus das Konzept der Psychopathologie in ihrer derzeitig gültigen Form. Diese Form der existenziellen Grundeinstellung ist der Grundhaltung des Buddhismus zum menschlichen Dasein äußerlich analog. Aus dieser Religion sind die buddhistischen Achtsamkeitspraktiken und ihre Grundhaltung nach meinem Dafürhalten unreflektiert von der Psychotherapie übernommen worden. Sie sind ohne Berücksichtigung der spezifisch buddhistischen Anthropologie nur begrenzt einsetzbar bei existenziellen Problemen. Der derzeitige inflationäre Einsatz dieser Techniken ist kritisch zu sehen. Spezielle christliche Techniken wie Meditation, Kontemplation und Ekstase werden im Vergleich dazu von der derzeitigen Psychotherapieforschung nicht berücksichtigt. Es ist ein Anliegen der CiBT diese Tools reflektiert im therapeutischen Alltag zu erforschen und zu implementieren. Folgende Therapieschulen entwickelten sich aus dem Existenzialismus: • Daseinsanalyse nach L. Binswanger • Existenzanalyse und Logotherapie nach V. Frankl • Existenzielle Psychotherapie nach R. May


• Existenzielle Themen können nicht gelöst werden. Sie müssen „überwacht“ werden, der psychisch Kranke hat zu lernen sie nicht loszuwerden, sondern zu tragen. • Die Zukunft des Menschen und seine Vision davon ist die eigenständige Entscheidung des einzelnen Menschen. • Es wird im Hier und Heute therapiert, nicht in der Vergangenheit, die Zukunft ist die einzige zeitliche Komponente, welche gestaltet werden kann. • Psychische Störung und Gesundheit sind nur quantitativ nie qualitativ unterscheidbar. Es ist von einer Universalität menschlichen Leidens auszugehen. • Das menschliche Schicksal ist nicht determiniert, sondern von der Verantwortungsübernahme persönlicher Natur geleitet. • Die Entwicklung geschieht intersubjektiv und im Kontext. • Das Ziel der Therapie ist nicht der heteronome sondern der autonome Mensch. • Die Therapie ist individuell und von einem Wachstumsprozess gekennzeichnet. Christliche Anthropologie und Existenzphilosophie unterscheiden sich in folgenden Punkten: • Der Mensch ist nicht dem Schicksal oder sich selbst verantwortlich, sondern Gott. • Er ist nicht alleine auf sich gestellt, sondern ist in Gemeinschaft mit Gott und anderen. • Der Mensch hat die Fragen Gottes an ihn zu beantworten. • Diese Fragen sind nicht nur Fragen nach der Freiheit, dem Sinn, der letztendlichen Einsamkeit und dem Tod. • Es sind auch Fragen nach der Entfremdung, Schuld und Scham, dem Woher und Wohin, von Gut und Böse, von Schmerz und Alter. • Das Ziel der Therapie ist aufbauend auf die Autonomie des Menschen, der theonome Mensch. • Psychische Krankheit und Gesundheit sind nicht das primäre Ziel der Therapie sondern Wohlbefinden und Zufriedenheit im hier und heute unter dem Blickwinkel „in spes aeternitate“. Die auf dieser gemeinsamen Schnittmenge zwischen christlicher und existenzieller

Sichtweise beruhenden Werte sind: Glaube, Liebe, Hoffnung und Ehre. Ihre praktische Umsetzung im Alltag des Einzelnen findet sich im Dekalog. Wie läuft eine Existenzielle Psychotherapie ab?

Ihre therapeutische Grundhaltung ist davon gekennzeichnet, das Bedeutsame aus dem Banalen zu filtern. Sie ist empathisch, solidarisch und engagiert. Sie pathologisiert die zentralen Themen des Patienten. Der Therapeut versteht sich als Wegbegleiter auf einem wichtigen persönlichen Erkenntnisund Entwicklungsprozess, damit der Betroffene das Wesentliche an sich und sich selbst erkennt. Er wird zur Freiheit erzwungen. Jedes Symptom des Patienten enthält existenzielle Themen. Symptome entstehen aus der Abwehr der Beantwortung des Existentiellen. (Vgl. „Jona-Syndrom“ in der Bibel). Die Krise ist ein notwendiger Punkt im Entwicklungsprozess. Jedes Symptom hat somit einen Sinn und Finalität. Es gibt keine Kausalität. Die Diagnose in der existenziellen Psychotherapie erfolgt durch eine Lebensziel- und Planungsuntersuchung sowie Analyse des Wertesystems. Sie bedient sich im therapeutischen Prozess der Methoden der Narration, des sokratischen Dialogs und Anwendung von Mythen, Bildern und Symbolen. Der Mensch hat in der existenziellen Anthropologie eine transzendente geistige Dimension, in der seine Spiritualität abläuft. Das Spirituelle wird als ein objektiv Vorhandenes, unbewusstes Ziel aufgefasst, das im Therapeutischen vor allem durch einen introspektiven Prozess zu entdecken ist. Dieser Prozess ist ein Bewusstwerden des Unbewussten, objektiv Vorhandenen. In christlich-theologische Sprache übersetzt: „Gott in sich zu entdecken“. Das Ziel der Entwicklung ist nach C. G. Jung die Selbstwerdung und wie es Kierkegaard formulierte: „denn das Große ist nicht, das eine oder das andere zu sein, sondern man selbst zu sein und das vermag jeder Mensch, der es nur will.“ In christlich-theologischer Sprache ausgedrückt: „Die Absichten Gottes über mich zu erkennen und sie Wirklichkeit werden zu lassen.“ Damit ist die persönliche

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Verantwortungsübernahme verbunden und die daraus abgeleitete Verpflichtung, sich zu engagieren. In christlich-theologischer Sprache ausgedrückt: „Verantwortung zu übernehmen und den Dekalog zu leben.“ Zwischen der existenziellen Psychotherapie und CiBT gibt es viele Überschneidungen im Bereich: • der Anthropologie mit der geistigen Dimension des Menschen: Transzendenz • der Begrenztheit, Verletzlichkeit und Bedürftigkeit des Einzelnen • der Individualität und Personalität jedes einzelnen therapeutischen Prozesses • dem Umgang mit Werten Der Unterschied besteht in: • der Auffassung der Transzendenz • dem Störungsbegriff: existenzielle Krise versus Entfremdung • der Unterschiedlichkeit in der Definition der Spiritualität Fazit

Die Werte und damit verbunden das Glaubenssystem des Patienten sind ein wichtiger Bestandteil des therapeutischen Prozesses sowohl als pathogenetisches Moment wie auch als Ressource. Es ist daher immer eine Anamnese der Spiritualität des Patienten notwendig, unter der Voraussetzung der Religionsoffenheit, der Transparenz und Kontrolle der Gegenübertragungssituation. Es gibt bestimmte spirituelle Techniken, die nach Zustimmung des Patienten den therapeutischen Prozess vertiefen beziehungsweise erleichtern können. Die CiBT versucht diesen Aufgaben in wissenschaftlich reflektierter Haltung zu entsprechen.

Autor

PD Dr. med. Herbert Scheiblich ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychotherapie. Er ist in eigener Praxis tätig, zudem ist er Mitglied der de’ignis-Institutsleitung.


Versklavung durch das eigene Ego de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Foto: Manakin / iStock

Papst Franziskus über Egoismus und Selbstbezogenheit. Zusammengefasst und kommentiert von Winfried Hahn.


Am 11. September 2018 machte Papst Franziskus in seiner wöchentlich stattfindenden Audienz äußerst bemerkenswerte Aussagen über das Verhalten und die innere Einstellung von Menschen. Ausgehend von dem Buch Deuteronomium (5. Mose 5,12– 15) führte er aus, dass es äußere und innere Unfreiheit gäbe. Da Israel, wie diese Bibelstelle zum Ausdruck bringt, selbst in Ägypten versklavt war, sollte es auch den Sklaven im Lande die Sabbatruhe gewähren. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Papstes über die innere Sklaverei des Menschen. Es gäbe eben nicht nur die äußere Sklaverei, sondern auch die inneren Gefängnisse. Diese bestünden in psychischen Blockaden, Komplexen und charakterlichen Begrenzungen. Er stellt die Frage: Kann ein Mensch frei sein, auch wenn er durch innere Schwierigkeiten aufgewühlt ist? Durch die Erfahrung von Gottes Barmherzigkeit könne der Mensch nicht nur die Freiheit der Seele bei äußerlicher Gefangenschaft erleben, sondern durch die göttliche Barmherzigkeit auch Ruhe, selbst dann, wenn die Seele an innerer Zerbrechlichkeit leide. Die Barmherzigkeit Gottes befreie den Menschen davon, Sklave seiner Selbst zu sein. Dies führe zu großer innerer Freiheit. Er stellt dann die Frage: Was ist wahre innere Freiheit?

Freiheit sei mehr als nur äußere Wahlmöglichkeiten zu haben, so wichtig das auch sei! Es gehe um die Befreiung aus der Sklaverei des eigenen Ego. Das Ego könne ein richtiger Sklaventreiber sein, der den Menschen quält und der tiefsten Unterdrückung unterwirft. Diese tiefste Unterdrückung des Menschen sei die Sünde. Die Sünde sei nicht nur eine banale Gesetzesübertretung, sie führe zum Scheitern der menschlichen Existenz und zu einem Leben unter sklavischen Bedingungen. Der in seinem Ego gefangene Mensch folge seinen eigenen Interessen und Bedürfnissen, egal, ob dabei ein Gebot übertreten werde oder nicht. Für ihn zähle auch nicht die Liebe. Aus dieser Einstellung entwickelten sich die sogenannten Hauptlaster: Stolz, Habsucht, Neid, Zorn Wollust, Unmäßigkeit, Überdruss. Der von seinem

Ego beherrschte Mensch werde von seinen Lastern tyrannisiert, sei ständig unruhig und getrieben. Wie einer der Sklave seines Magens sei. Für den Gierigen gäbe es keine Waffenruhe, er sei ständig getrieben von der Angst um seinen Besitz. Diese Angst um den eigenen Vorteil, zerstöre die Beziehungen und führe zu Zorn und Neid, aber auch zu Trägheit, ja letztlich zur Unfähigkeit zu leben. Neidische Menschen hätten nicht die Frische einer gesunden Seele. Es sei wie bei einem Kranken, der Gelbsucht habe. Bei dem werde die Haut gelb und analog dazu habe der Neidische eine gelbe Seele. Egozentrik und Stolz führe zu Gräben zwischen sich und anderen.

Planeten antun. Dieser in allen Bereichen zunehmende Narzissmus, der weder Ethik noch Moral kennt, führt zu Seelenverschmutzung und Umweltverschmutzung. Die Zerstörung unserer Umwelt ist eine Folge zunehmender Seelenverschmutzung und ethischer Verwahrlosung. Wir brauchen jedoch gar nicht so weit in Geschichte und Gesellschaft hinausschauen, ein ehrlicher Blick auf uns selbst öffnet uns die Augen unserer persönlichen Realität. Wir sind Sklaven unseres Egos, unserer Bedürfnisse, Neigungen, Prägungen, Getriebene unseres Mangels und daraus resultierender Verhaltensmuster – eben erlösungsbedürftig. Nur wer diese wenig schmeichelhafte Erkenntnis über sich zulässt, Er stellt sodann die Frage: bekommt geöffnete Augen für die BarmWer ist der Sklave, der keine herzigkeit und Gnade unseres Gottes, HeiRuhe kennt? landes und Erlösers, der zu uns spricht: Ich Es sei der, der nicht fähig sei zu lieben. Seien kenne deine dunklen Seiten, aber ich liebe wir Sklaven unserer selbst, könnten wir dich trotzdem. Fürchte dich nicht, ich halte nicht lieben. Die Liebe Gottes zerschlage dich aus. die innere Sklaverei und verwandle den Ego- Diese Liebe verändert in der Tat und gibt uns zentrismus in Hingabe. Dies sei die Freiheit, den Mut, ehrlich zu uns zu sein und auch zu die wir von unserem Erlöser bekämen, auf unseren dunklen Seiten zu stehen. Es ist das diese Weise eröffne sich ein Weg durch das Ende jeder selbstgerechten Illusion, gleichMeer der Ängste. zeitig aber der Beginn tiefgreifender innerer Veränderung. Schmerzhaft und beglückend Kommentar zugleich, weil es das Ende der Versklavung Auf seine deutliche und manchmal auch durch das eigene Ego bewirkt. Es ist die göttprovozierende Art, beschreibt Papst Fran- liche Therapie, die jeder Mensch benötigt. ziskus das Dilemma des Menschen. Auch wenn der Einzelne weiß, was gut und richtig ist, so ist er dennoch nicht in der Lage, das richtige zu tun. Er ist versklavt von seinem eigenen Ego und braucht Befreiung von sich selbst. Nicht die humanistische Einstellung Autor Winfried Hahn ist Pastor „edel sei der Mensch, hilfreich und gut…“ und Pädagoge. Der Vater von hilft hier weiter, sondern die Kapitulation zwei erwachsenen Kindern vor Gott und das ehrliche Eingeständnis, studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden erlösungsbedürftig zu sein. Wer nach den und machte eine Ausbildung zum christGräueltaten von Auschwitz und anderer lichen Therapeuten. Heute leitet er das Orte des Grauens noch an das Gute im de’ignis -Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen BetreuMenschen glaubt, leidet unter Realitätsung und ist Vorsitzender der de’ignisverlust und ist ein Träumer oder Illusionist. Stiftung Polen. Er ist verantwortlich für Diese Verblendung des Menschen, die ihm den Fachbereich Theologie am de’ignisInstitut. Als Pastor im übergemeindseine wahre Natur nicht erkennen lässt, lichen Dienst und Buchautor hält er macht ihn blind für seine SelbstbezogenPredigten, Vorträge und Seminare im heit. Selbstbezogenheit und Egoismus sind In- und Ausland. die Wurzeln, aus denen alles resultiert, was die Menschen sich gegenseitig und diesem

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de’ig n is-ma g a z in – Impuls

Foto: kemai / photocase.de

Existenzielle Perspektiven für die Krisen unseres Lebens. Ein seelsorgerlichspiritueller Impuls.


Krisen: Unglück, Stolperstein oder Wachstumschance?

Das Sprichwort aus dem Volksmund „Ein Unglück kommt selten allein“ lässt offen, ob der jeweilige Betroffene es damit akzeptierend für gegeben hält, dass es im Lebensverlauf eine Reihe unglücklicher Ereignisse geben wird. Oder ob dahinter nicht eine fatalistische Einstellung zu sehen ist: Man kann nichts dagegen machen, es trifft einen halt immer wieder. Oder ob etwa eine Abwehrhaltung in diesem Ausspruch zu vermuten ist: Man findet es einfach empörend und ungerecht, dass es einen selbst getroffen hat. Wie anders klingt es doch in Davids Hirtenlied (Psalm 23,4): „Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, Herr, bist bei mir! Dein Stock und dein Hirtenstab geben mir Trost.“ Viele Menschen halten Lebenskrisen, erst recht existenzielle, die an ihre Substanz gehen für Unglück. Doch verkennen sie die Chance, die in einer Krise, in Lebensbelastungen verborgen liegt. Vom griechischen Wortstamm her können wir von einer Entscheidungssituation sprechen. Von der „Wiege bis zur Bahre“ gibt es solche existenziellen Entscheidungssituationen: Das ungeborene Kind entscheidet sich quasi, wann es bereit ist, den Mutterleib zu verlassen. Möglicherweise bringt es damit sich selbst und seine Mutter in eine Krise. Eine existenziell bedeutsame Entscheidung muss rund um die Geburt getroffen werden, prägend für das spätere Wohl von Mutter und Kind. Ungezählte kleinere und größere Krisen werden in der Entwicklung auf der Lebensreise folgen. Jede Krisenbelastung verunsichert auf der einen Seite und bietet auf der anderen Seite Wachstum in der Selbstverantwortung und stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Untiefen der Existenz. Mit jeder bewältigten Krise wird meine Selbstwirksamkeitsüberzeugung vertieft, unabhängig davon, ob ich Beratung oder Hilfe gesucht habe oder nicht. Es obliegt auf jeden Fall meiner Verantwortung, ob ich konkrete Führung von Gott, dem „Hirten“, in Anspruch nehme – sofern ich eine

spirituelle Beziehung zu Jesus/dem Vater im Himmel habe – oder mich nur einfach mit der Gewissheit begnüge „Gott ist da für mich, ist bei mir in der Situation“. Das kann Gelassenheit schenken, selbst bei einer zunächst ungünstigen Wahl meines Auswegs aus der Krise. Wer oder was leitet mich in der Bewältigung von Krisensituationen?

K. Baumann und M. Linden1 haben in ihrer psychotherapeutisch-psychosomatischen Praxis Möglichkeiten der Vermittlung von Weisheitskompetenzen erforscht, eine „Weisheitstherapie“ im Rahmen kognitiver Verhaltenstherapie entwickelt. Sie schreiben dazu: „Führende Entwicklungspsychologen wie Erikson (in: Identität und Lebenszyklus, 1976) sehen es als eine zentrale Entwicklungsaufgabe im Erwachsenenalter an, das eigene Lebensschicksal zu meistern. Gelingt dies nicht, kommt es zu Verzweiflung. Ein wichtiges Element hierbei ist, sein Schicksal zu akzeptieren, was offenbar eine gewisse „Reife“ des Menschen erfordert [...] Reifes Denken [...] wird in seiner höchsten Form als „Weisheit“ definiert [...] Während Intelligenz logisches Denken und abstrakte Problemlösungen ermöglicht, ist ‚Weisheit‘ die Fähigkeit, die Widersprüche einer konkreten Situation zu bewältigen.“ Unter „Weisheit“ wird hier also eine aus der Erfahrung der Widersprüchlichkeit des Lebens gewonnene „Fähigkeit zur Adaptation an komplexe Anforderungen“ verstanden. Gerade Lebenskrisen von mehr existenzieller Bedeutung bedürfen Weisheit zu ihrer Auflösung (z. B. Trennung von wichtigen Bezugspersonen oder gewohnter Lebenswelten, Übergangssituationen mit verwirrender Vielfalt von Weg-Alternativen). Anstatt den mühsamen Weg des „Versuchs und Irrtum“ immer wieder eigenmächtig zu gehen, bis Weisheit erworben ist, rät uns die Bibel, Gott selbst um Weisheit zu bitten: „Wenn es jemandem von euch an Weisheit mangelt zu entscheiden, was in einer bestimmten Angelegenheit zu tun ist, soll er Gott darum bitten, und Gott wird sie ihm geben. Ihr wisst doch, dass er niemandem

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sein Unvermögen vorwirft und dass er jeden reich beschenkt.“ ( Jakobus 1,5) Die Bibel unterstützt auch die Suche nach Ratgebern. Dazu bietet das Buch der Sprüche die gesammelte spirituelle Weisheit des Königs Salomo, erworben in dessen Umgang mit Gott (Sprüche 1,2: „Wenn du seine Worte beachtest, wirst du Weisheit erlangen und zu einem verständigen Menschen heranreifen. Die Sprüche helfen dir, dein Leben sinnvoll zu gestalten, und machen dich fähig, gute Ratschläge zu erkennen und anzunehmen.“ ). Ob wir Rat und Hilfe im Wort Gottes suchen, finden und annehmen, hängt andererseits von unserem Gottesbild ab. Das Buch der Sprüche formuliert es so: „Alle Erkenntnis beginnt damit, dass man Ehrfurcht vor dem Herrn hat. Nur ein Dummkopf lehnt Weisheit ab und will sich nicht erziehen lassen.“ (Sprüche 1,7) Wege aus Ohnmacht und Resignation in den Lebensbelastungen

Wenn die Wallfahrer aus dem fruchtbaren und trocken-heißen Jordantal nach Jerusalem ziehen wollten, hatten sie einen Höhenunterschied von 1.200 Meter zu überwinden. Der Weg zum Tempel Gottes führte durch unwegsames Gelände mit wüstenartiger, karger Vegetation und Felsstruktur. Zudem war die Pilgerreise gefährlich; neben klimatischen Beschwerden, körperlicher Ausgezehrtheit waren wohl auch Räuberbanden aktiv auf diesem „Trail“, wie Jesus’ „Gleichnis vom barmherzigen Samariter“ darauf Bezug nimmt. In Psalm 121 können wir eine Lösung erkennen für Belastungssituationen, wo wir allegorisch nur noch „Berge vor uns sehen“, entmutigt diese Herausforderung überwinden zu können oder diese Krise bald hinter uns lassen zu dürfen: „Ich richte meinen Blick empor zu den Bergen – woher wird Hilfe für mich kommen? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat.“ (Psalm 121,1.2) Zunächst wird hier der Blick weg von den Belastungen, den Bergen an Problemen, zur Wirklichkeit Gottes gelenkt. Seine Schöpferkraft wird am Universum sichtbar, unmittelbar vor unseren Augen an der Natur um uns herum. Gott sieht die spezielle Situation und schickt Hilfe. Sie soll derart konkret


Der allegorische Vergleich des Verhaltens von Menschen mit Schafen zeigt uns die zwei wichtigsten Lösungswege aus Krisen: Wir dürfen uns zum einen nicht rigide auf die althergebrachten, ausgetretenen kognitiven Lösungspfade verlassen; vielmehr brauchen wir die kreative Leitung oder Führung durch Gott in unserem Leben, den angemessenen, neuen und hilfreichen Weg aus Krisen zu erkennen. Dabei dürfen wir zum anderen nicht erschrecken, dass wir nicht stehen bleiben können in unserer Entwicklung, nicht verweilen sollten im Gewohnten. Gott selbst hält uns wohlweislich (als kompetenter Schafhirte) in Bewegung, fordert uns heraus. Dazu verhelfen auch Krisen;

hierbei werden wir flexibel, kreativ, spirituell und emotional intelligent, lernen Gott in seiner Weisheit kennen und wachsen im Vertrauen auf seine Güte. Auf diesem Weg wird allmählich zu einer glaubbaren Zusage auch in leidvollen Zeiten: „Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, was geschieht, zum Guten. Dies gilt für alle, die Gott nach seinem Plan und Willen zum neuen Leben erwählt hat.“ (Römer 8,28). Durch Schluchten und Täler negativer Emotionen in Krisen auf die Passhöhe der Ermutigung

Wir haben unsere Überlegungen begonnen mit der glaubensvollen Feststellung von David „Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, Herr, bist bei mir!“ Aus seiner Erfahrung als Schafhirte gibt Phillip Keller zu bedenken, dass ein guter Schafhirte die Schluchten und Täler auf dem Weg zu einer guten Sommerweide im Hochland nicht vermeiden kann. Die Schafe finden gerade dort Wasser und frische Weide; andererseits kann es dort düster sein, wenig Licht und viel Schatten. Auch Gefahren können auf dem Weg zu den hochgelegenen Weiden (Almen) auftreten durch wilde Tiere, plötzlichen Wetterumschwung mit kalten Windböen oder Sturzfluten. Leider kann man nur durch Täler hindurchgehend, gleichsam wandernd auf Berge gelangen – ein Naturgesetz. Übertragen auf unsere emotionalen Herausforderungen in Lebenskrisen kann die Übersetzung lauten: „Die unerfüllten Hoffnungen, Enttäuschungen, Entmutigungen, Ausweglosigkeiten, die dunklen Tage können wohl finstere Täler sein, müssen aber nicht unbedingt eine Katastrophe bedeuten. Sie können der Weg zu einem höher gelegenen Land sein [...] Für jemanden, der zu Gott gehört, bedeutet es eine große Beruhigung und Ermutigung, wenn er die Erfahrung machen darf, dass selbst im dunkelsten Tal eine Quelle der Kraft und des Trostes zu finden ist [...] Solche Erfahrungen stärken meinen Glauben und mein Vertrauen auf Jesus. Wann immer ich geistlichen Stürmen des Lebens ausgesetzt bin, wächst meine Widerstandskraft.“ 3 Angst oder Furcht vor dem Ausgang der

de’ig n is-ma g a z in – Impuls

Krisensituation scheinen für die Psalmisten dazu zu gehören. Auch Bedrückung, vorübergehendes zorniges Aufbegehren gegen die Zumutung der Situation oder verzagt sein in schwindender Hoffnung und Lebenskraft sind den Menschen der Bibel nicht unbekannt. „Die Frage ist nicht, ob wir viele oder wenige Täler zu durchwandern haben. Es kommt auch nicht darauf an, ob diese Täler dunkel sind oder nur im Schatten liegen. Die Frage ist: Wie werde ich damit fertig? Wie durchwandere ich sie? Wie bewältige ich die Schwierigkeiten, die mir begegnen?“ 4 – mahnt uns Keller. Offensichtlich heißt die zentrale Lösung in Krisen: „Der Herr ist mein Licht, er rettet mich. Vor wem sollte ich mich noch fürchten? Bei ihm bin ich geborgen wie in einer Burg. Vor wem sollte ich noch zittern und zagen?“ (Psalm 27,1) Gerade die Psalmen zeigen uns, dass beim Durchwandern von Krisen der Generalschlüssel zur Bewältigung in der vertrauensvollen Zuversicht liegt, dass Gott selbst zu Hilfe kommt, bei mir ist. Schwindet meine Zuversicht darf ich wie ein Kind schreien, ohne mich zu schämen; Krisen verführen uns nämlich immer wieder zum maladaptiven (nicht geglücktem oder schlecht angepasstem) Schema von Verlassenheit oder dem Gefühl von Ausgeliefertsein. Dagegen setzt die Bibel in Psalm 57 die spirituelle Weisheit: „Erbarme dich über mich, o Gott, erbarme dich! Bei dir suche ich Zuflucht und Schutz. Wie ein Vogel sich unter die Flügel seiner Mutter flüchtet, will ich mich bei dir bergen, bis die Gefahr vorüber ist. Zu Gott dem Höchsten schreie ich, zu ihm, der alles für mich zu einem guten Ende führt.“ (Psalm 57,2.3). Entscheidend ist hier die Erkenntnis, es bedarf oft eines Stärkeren als mich, der mich ermutigen kann oder vorübergehend Schutz und Sicherheit bietet, solange bis, der erste Sturm von Verzagtheit oder Zweifel am guten Ausgang der Krise, vorübergezogen ist. Persönlich hat mich in letzter Zeit oft angesprochen: „Der Name des Herrn ist ein starker Turm; der Gerechte (Mensch Gottes – Anm. des Autors) flieht dorthin und ist in Sicherheit.“ (Sprüche 18,10)

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werden, dass: „Er wird nicht zulassen, dass du stolperst und fällst (bei deinen Lösungsschritten – hinzugefügt vom Autor); der dich behütet schläft nicht.“ (Psalm 121,3). Wie können wir uns denn den Eingriff Gottes in unsere kritischen Phasen von Lebensbelastung, Herausforderung mit Zweifeln und Entscheidungs-Wirrwar vorstellen? Dazu lesen wir im Hirtenpsalm, dass wir Führung durch Gott, spirituelle Intelligenz und Kompetenz, persönlich lernen müssen in Demut vor seiner Weisheit: „Er stärkt und erfrischt meine Seele. Er führt mich auf rechten Wegen und verbürgt sich dafür mit seinem Namen.“ (Psalm 23,3). W. Phillip Keller 2 nimmt Bezug dazu anhand seiner Erfahrungen als Schafhirte mit dem Verhalten von Schafen: „Schafe sind Gewohnheitstiere. Wenn sie sich selbst überlassen bleiben, folgen sie immer den gleichen Pfaden, bis diese zu ausgetretenen Gräben werden. Sie grasen immer die gleichen Hügel ab, so lange, bis eine Wüste daraus geworden ist [...] Sie verschmutzen ihr eigenes Gehege, bis es von Krankheitserregern und Ungeziefer verseucht ist [...] Das beste Mittel gegen dieses Übel besteht darin, dass der Hirte seine Herde ständig in Bewegung hält, d. h. dass er sie nicht zu lange auf der gleichen Weide lässt. Die Herde muss regelmäßig von Weide zu Weide geführt werden. Dadurch wird ein übermäßiges Abgrasen verhindert, ebenso das Austreten von Pfaden. Auch der Verseuchung der Schafe durch Parasiten wird dadurch vorgebeugt.“


Fußnoten 1

K. Baumann, M. Linden: Weisheitskompetenzen und Weisheitstherapie. Die Bewältigung von Lebensbelastungen und Anpassungsstörungen. Lengerich: Pabst Science Publishers, 2008. S. 32 – 33 2 W. P. Keller: Psalm 23. Aus der Sicht eines Schafhirten. Aßlar: Gerth Medien, 2009. S. 73 – 75 3 Ebd. S. 89; 93 – 94 4 Ebd., S. 95

Autor

Rainer Oberbillig ist Dipl.Psychologe, approbierter Psychotherapeut, ehemals langjähriger Mitarbeiter in der de’ignis-Fachklinik und Mitgründer, jetzt i. R.; auf Honorarbasis in freier Praxistätigkeit und am de’ignisInstitut engagiert.

Literatur • K. Baumann, M. Linden: Weisheitskompetenzen und Weisheitstherapie. Die Bewältigung von Lebensbelastungen und Anpassungsstörungen. Lengerich: Pabst Science Publishers, 2008 • W. P. Keller: Psalm 23. Aus der Sicht eines Schafhirten. Aßlar: Gerth Medien, 2009 • S. Nelson: Denn du bist bei mir. Psalm 23 – eine Einladung zu vertrauen. Aßlar: Gerth Medien, 2016

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Sind die Lokalgemeinden überhaupt noch zeitgemäß? Frank Uphoff über die Herausforderungen von Gemeinden im 21. Jahrhundert sinnstiftend und gemeinschaftsfördernd unterwegs zu sein.

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

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Sinn- und gemeinschaftsfördernde Gemeinden in Zeiten der Individualisierung


Mit fast 2.000 „Freunden“ bei Face• book bin ich recht breit vernetzt, mein Instagram-Account ist von anderen Christen gut frequentiert. Ich liebe es, in dieser Form Aspekte meines Lebens mit vielen Menschen zu teilen, die ich irgendwo mal getroffen habe oder mit denen ich durchaus auch tiefere Beziehungen habe. Es ist eine Art der „Gemeinschaft“, die ich pflege. Ja, auf die „angesagten“ Prediger und ihre YouTubeVideos werde ich regelmäßig aufmerksam gemacht, Lobpreis spielt bei mir via AppleMusic oder Spotify auf allerneuestem Level. Ich könnte mir die wesentlichen Elemente meines christlichen Lebens sehr individuell zusammenbauen, wie ich es möchte. Ganz auf meine Bedürfnisse zugeschnitten. „Ich, meiner, mich und mir – Herr Jesus, segne bitte diese vier!“ Gemeinde 2.0 via Instagram und YouTube? Taufen und Segnungen werden mir auch schon via Facebook angeboten, ein Pastor für Amtshandlungen lässt sich per Mausklick mieten, per PayPal kann ich spenden. Ein Pastor aus den USA berichtet mir, dass ein nicht geringer Teil seiner „Schäfchen“ eigentlich nur noch eine Online-Gemeinde ist. Er zählt sie aus seinem inneren Selbstverständnis voll zu seiner Gemeinde, auch wenn er sie selten bis nie persönlich sieht. Dieses Modell wird sicher auch bei uns Schule machen. Wozu also noch in eine Lokalgemeinde gehen? Ich erspare mir, wenn ich nicht gehe, manchmal auch Verletzungen und Enttäuschungen, die mir in der Gemeinschaft mit anderen Menschen zwangsläufig begegnen. Also: Lokalgemeinde, adé? Fan von Lokalgemeinde

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich bin ein Fan von Lokalgemeinde. Ja, ich liebe die Segnungen der Fortschritte unserer Medien – und nutze sie intensiv. Aber mein Herz schlägt für die Lokalgemeinde, wo ich Menschen begegnen kann, Gemeinschaft mit ihnen haben kann, sie wahrnehmen kann, das Leben mit ihnen teilen kann – und mit ihnen gemeinsam dienen kann. Aber ich nehme auch wahr, dass die Schar derer, die einmal in der Gemeinde waren, jetzt aber ihr Christsein individuell

verstehen, offensichtlich zugenommen hat. Ihr Gottesdienst besteht schwerpunktmäßig aus den oben beschriebenen Elementen – ob regelmäßig oder eher unregelmäßig ist eine andere Sache. Die Ursachen für dieses Verhalten liegen manchmal in unaufgearbeiteten Erlebnissen oder sind Bequemlichkeit und manchmal auch schlicht Erschöpfung vom Alltagsstress. Unser Leben ist anstrengender geworden! Natürlich rede ich hier nicht von den Menschen, die nicht mehr können oder anders verhindert sind. Sinn- und Gemeinschaftssuche

Ich schreibe diesen Artikel in der Bahn, während unweit von mir eine größere Gruppe Männer sitzt, die laut palavernd unterwegs zum Oktoberfest nach München ist. Ihr recht oberflächliches Gespräch bricht aber immer wieder in Begeisterung aus, wenn es um ihr Ziel geht: München! Nun kenne ich diese Festivität aus eigener Anschauung und weiß, dass der „Mehrwert“ durchaus begrenzt ist, wenn es beispielsweise darum geht, sich auf diesem Fest zu unterhalten. Während der Fahrt, so bekomme ich am Rande mit, springt ein weiterer geplanter Mitreisender ab – und (man staune) es wird telefonisch spontan jemand gewonnen, der zwei Stunden später an einem Bahnhof als Ersatzreisender mit an Bord genommen wird. Krass! Sinn setzt Energien frei

Aber das „Ziel“, der „Sinn“ ihres Unterfangens und das „gemeinsam“ hat diese Männer, allesamt wohl aus einer Firma, zusammengebracht. Diese Reise wird mit einem nicht unerheblichen Aufwand durchgeführt, das setzt enorme Energien frei. Der Wunsch, mit einem Ziel und auch nicht allein unterwegs zu sein, ist für mich in der Gesellschaft überall spürbar. Das subtile Verlangen, mit dem, was man tut, eine einzigartige Bedeutung zu haben, etwas zu bewegen und zu verändern, ist irgendwie allgegenwärtig. Es gehört ebenso zu den elementarsten Bedürfnissen eines Menschen, Gemeinschaft zu haben und geliebt zu sein, wie ein klares, definiertes Ziel zu haben. Die Frage nach dem „warum?“ muss geklärt sein. Warum tue ich genau das, was ich (jetzt) tue?

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Sinnfrage ehrlich stellen dürfen

Früher reichte es oft schon aus, diese Frage mit einem „das haben wir immer schon so gemacht“ abzutun. In Zeiten von hunderten von Alternativen, die sich mir anbieten, reicht diese Argumentation offensichtlich nicht mehr aus. Konsequenterweise werden lästige „Pflichten“, die sich aus einer Aktivität ergeben, möglichst vermieden. Gemeinden merken das beispielsweise an der sinkenden Bereitschaft, sich am ehrenamtlichen Reinigungsdienst zu beteiligen. Ja, jeder will sich wohlfühlen, auch Gästen ein nettes Ambiente geben, aber wenn es um die Frage geht, sich selbst an etwas (Unangenehmem) zu beteiligen, was nicht maximale Bedeutung hat, sinkt die Bereitschaft zunehmend. Man ist sogar oft eher bereit dafür zu zahlen, dass sich jemand anders engagiert. Überfluss von Möglichkeiten

Unser Problem ist, dass wir viele, „zu viele“ Möglichkeiten haben. Nie hatten wir mehr Angebote von Individualisierung und Selbstverwirklichung als heute. Während noch vor wenigen Jahrzehnten unser Aktionsradius sehr begrenzt war, hat heute fast jeder aus unserem Kulturkreis die Möglichkeit, sich rund um den Globus zu bewegen und alles auszukosten, was das Leben bietet – solange die Finanzen da sind. Das ist zunächst auch gar nicht verwerflich, setzt aber bei tieferem Hinsehen doch unter einen gewissen Druck, denn man will keineswegs etwas verpassen. Förderlich dafür ist auch ein Vergleichen, wenn man auf den sozialen Medien die neuesten Bilder der Freunde am Strand in der Karibik sieht – und man selbst gerade in der Kirche das Klo putzen muss … Ja, ich muss die Sinnfrage ehrlich stellen dürfen, es muss erlaubt sein, das eigene Handeln hinterfragen zu dürfen. Aber das Boot droht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Die Vision vor Augen

Eines unserer Kinder hat kürzlich den ersten Nachwuchs bekommen. Schon Wochen vor der Ankunft unseres vierten Enkels war in ihrer Wohnung alles bestens und liebevoll vorbereitet. Als Ehepaar hatten sie eine „Vision“, einen Auftrag, eine Aufgabe


Auftragsorientierte Gemeinde

Gemeinden, deren Gottesdienste einen Eventcharakter mit nahezu perfektem Ambiente haben, boomen. Angefangen vom freundlichen Welcome-Team bis hin zu einem durchgetakteten Gottesdienst, der auf die Minute pünktlich endet („ich habe ja danach noch etwas vor“), macht alles Sinn. Das spricht den Consumer an, aber nicht nur das. Da man in einer „sinnmachenden“ Sache mitarbeitet, sind nicht wenige zu einem hohen Einsatz bereit, teilweise mehr als in Gemeinden, die nur „so vor sich hinplätschern“. Du bist Teil einer Vision, eines Auftrages. Das setzt enorme Energie frei und stimuliert zu großartigen Leistungen. Leiter, denen es gelingt, Menschen diesen Sinn zu vermitteln, freuen sich über regen Zuspruch. Und das ist gut so. Gleichzeitig geraten Gemeinden, die das nicht bieten können, in eine Depression, weil ihnen die Leute wegbleiben. Aber sie könnten vom Prinzip lernen. Je klarer der Auftrag formuliert ist, desto mehr Motivation wird freigesetzt. Menschen sind bereit, auf Schlaf und andere Annehmlichkeiten zu verzichten, wenn sie sehen: Mein Engagement macht einen Unterschied. Das, kombiniert mit einer starken Offenheit für die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und ein zentriertes Gebetsleben, kann auch die schlaffste Gemeinde auf Trab bringen. Das Warndreieck nicht übersehen …

Gemeinden müssen sinnstiftend unterwegs sein. Und das muss für den Menschen greifbar, umsetzbar und konkret sein. Man gibt sich heute nicht mit weniger zufrieden. Immer weniger wichtig sind theologische Fragen und erkannte Wahrheiten, sie geraten aus dem Blick. Und darin liegt eine Gefahr: Man fängt an sich auf einer anderen Ebene zu

Gemeinschaft auch wollen. Manche gehen direkt nach dem Gottesdienst nach Hause und verpassen einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Lebens. Obwohl sie sich eigentlich danach sehnen, entziehen sie sich doch. Das muss man respektieren, allenfalls liebevoll dafür werben. Menschen zu helfen, gemeinschaftsfähig zu Beziehungsorientierte Gemeinde Als zweite Komponente ist die Beziehungs- sein und entsprechende Angebote zu schafebene zu beachten. Wer in der Gemeinde fen, gehört zu einer ganz wichtigen Aufgabe nicht die nötigen Gemeinschaftsaspekte der Gemeinde des 21. Jahrhunderts. findet, bleibt frustriert und neigt nicht selten dazu, sich umzuorientieren. Hier fühlen Gebet in Kleingruppen sich diejenigen leicht benachteiligt, die nicht Eine wichtige Form der Gemeinschaft ist für automatisch und von sich aus im Mittel- mich das Gebet. Hier geht es weniger um das punkt des Geschehens stehen. öffentliche, als vielmehr um das persönliche Kaffee ist in fast jeder Kultur hier ein proba- Gebet. Wenn ich als Pastor auffordere, im tes Hilfsmittel, um Beziehungen zu stärken. Gottesdienst in kleinen Gruppen zu beten, Unsere Gesellschaft ist ein Spiegelbild davon. hat das auch mit der Frage der Gemeinschaft Wie viele Bonus-Karten für Coffee-Shops zu tun. Ich erlebe immer wieder in der älteren habe ich in meiner Geldbörse? Ich müsste Generation, dass es ihnen leichtfällt, in der nachzählen. Überall in unseren Städten Öffentlichkeit laut zu beten, nicht aber in schießen sie wie Pilze aus dem Boden. Hier einer kleinen Gruppe. Das wird als zu pertrifft man sich, um auszutauschen und Bezie- sönlich und zu nah erlebt. Gerade das finde hungen zu bauen. Viele Gemeinden haben ich erstaunlich. Bei der jungen Generation diesen Trend erkannt. Ich liebe es, wenn auch ist das oft genau umgekehrt. Gemeinschaft noch zwei Stunden nach dem Gottesdienst setzt die Bereitschaft voraus, sich zu öffnen, Menschen beisammensitzen, um zu reden auch im Gebet. und sich an einer Kaffeetasse festzuhalten, Gebetspartnerschaften zu zweit oder zu dritt weil es ihnen sonst vielleicht nicht leicht- können hier helfen. Über die Jahre habe ich fällt, Beziehungen zu bauen. Wie gut, wenn sehr positive Erfahrungen damit gemacht, dieser Weg konsequent beschritten wird. Zu in kleinster Gemeinschaft regelmäßig mitbedenken ist aber, dass „Filterkaffee“ mehr einander zu beten. Ich halte diese Form für und mehr „out“ ist, es müssen unbedingt eine der effektivsten Gebetsformen, wenn die Kaffee-Spezialitäten sein. Auch das ist ein Beziehung denn tragfähig genug dafür ist. gesellschaftlicher Trend. Es geht aber nicht nur um den Kaffee, es Hauskreise / Kleingruppen geht um die Gemeinschaft, die Halt gibt, Mit dem Siegeszug der Individualisierung die auch dann durchträgt, wenn es persön- leiden auch Kleingruppen. Namenskosmetik lich schwer wird. Dazu muss man in guten scheint nur kurzfristig hilfreich, den Mangel Zeiten tragfähige und „anfassbare“ Bezie- an Teilnahme in Kleingruppen zu überwinhungen bauen, andere spüren, selbst Nähe den. Manchmal hilft nur Auflösung oder erleben und auch vermitteln. Neustart einer Gruppe wieder „auf Kurs“ Andere Gemeinden und Kulturen bieten zu kommen. Ein probates Mittel erscheint jeden Sonntag Essen an. Meine indone- mir auch die zeitliche Begrenzung von solsischen Freunde, bei denen ich jahrelang chen Gruppen, sodass von vorneherein klar regelmäßig gepredigt habe, durfte ich nicht ist, dass man eine Verpflichtung nicht auf verlassen, ohne ihr scharfes(!) Essen genossen „ewig“ eingeht. zu haben. Tiefer ins Gespräch zu kommen war nicht wichtig, manchmal auch nicht Mitarbeit erwünscht, aber zusammensitzen und essen. Eine der besten Kombinationen der SinnAllerdings muss man diese (Kaffee-) stiftung und des gemeinschaftsfördernden

bewegen, ethische Fragen und andere Maßstäbe werden beliebig gar bedeutungslos, was wiederum die Individualisierung fördert. An dieser Stelle möchte ich ein „Warndreieck“ wie auf der Autobahn aufstellen: Achtung, Unfallgefahr vor dir!

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mit großer Vorfreude vor Augen. In unseren Telefonaten und Chats mit ihnen, in ihren Media-Posts drehte sich fast alles um das eine Thema: „Wir werden Eltern.“ Ihr Leben hatte über Nacht eine neue Ausrichtung bekommen. Ein wesentlicher Auftrag bestimmt nun ihren Alltag: Wir versorgen den Kleinen. Trotz mancher schlaflosen Nacht überwiegt die Begeisterung.


Miteinanders ist die Mitarbeit in einem Team. Hier werden in der Regel schnell Beziehungen gewonnen, man dreht sich nicht nur um sich selbst, sondern hat eine Aufgabe. Wenn diese dann auch noch einen Riesenspaß macht und man sich aufeinander freut, ist die Kombination gelungen. Allerdings muss hier darauf geachtet werden, dass die Balance nicht verloren wird. Einseitige Betonungen lassen Menschen ausbrennen und frustriert auf der Strecke bleiben. Und es darf nicht nur „um uns selbst“ gehen, sondern der Blick muss von der Gemeinschaft innerhalb der Gemeinde auf den Auftrag nach außen gerichtet werden. Gemeinde ist keineswegs nur Schafstall, sie ist Fischerboot, um in biblischen Bildern zu sprechen. Gemeinde des 21. Jahrhunderts kann sich dieser Herausforderung stellen, sinnstiftend und gemeinschaftsfördernd unterwegs zu sein, wenn man die Vision dafür hat: Es kostet einen Preis, aber es lohnt sich.

Autor

Pastor Frank Uphoff ist verheiratet und hat vier Kinder. Er ist seit 2017 leitender Pastor der Christus Gemeinde Velbert. Von 2004 bis 2012 war er Regionalleiter der BFP-Region Bayern-Süd, seit 2012 gehört er dem BFP-Vorstand als stellvertretender Präses an. Die Schwerpunkte seines Predigt- und Lehrdienstes sind die Themen Heiliger Geist, Gemeinde und Leiterschaft.

Menschen zu helfen, gemeinschaftsfähig zu sein und entsprechende Angebote zu schaffen, gehört zu einer ganz wichtigen Aufgabe der Gemeinde des 21. Jahrhunderts.

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ACT – Werteorientierte Therapie de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

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Erfülltes Leben bei gleichzeitiger Anwesenheit von Leid? Geht das? Eine Erläuterung von Marika Rimkus zur „Akzeptanz- und Commitment Therapie“, deren Entwicklung und Hintergründe.


„Es gibt erfülltes Leben trotz vieler uner• füllter Wünsche.“ (Dietrich Bonhoeffer) Bonhoeffer, sei vorausgeschickt, ist mir als Autorin dieses Artikels ein ganz großes Vorbild was Werte, Ernsthaftigkeit und Tiefe angeht. Ist das überhaupt noch erstrebenswert? Unerfüllte Wünsche? Leben wir nicht in einer so ruhigen und versorgten Zeit, die ordentlich Raum lässt für Luxussorgen und Wunschtraumerfüllung? Ja, so ist es wohl. Dennoch beschreiben die Statistiken der Krankenkassen und Rentenversicherungen steigende Zahlen im Bereich psychisch erkrankter Menschen. Könnte es sein, dass Wunscherfüllung nicht erfüllt? Und dass unerfüllte Wünsche Leiden verursachen? Wenn es erfüllte Wünsche nicht sind und nicht schaffen – was dann? Bonhoeffer spricht hier doch in gewisser Weise von einer Art „Gleichzeitigkeit“, die sich geradezu per se ausschließen könnte. Viele unerfüllte Wünsche, gleichzeitig: erfülltes Leben. Die ACT macht sich das zur Aufgabe: erfülltes Leben bei gleichzeitiger Anwesenheit von Leid. Akzeptanz, menschliche Anpassungsfähigkeit gegenüber lebensbiografischen Ereignissen fördern, psychische Flexibilität entwickeln, um Leiden am Leid zu reduzieren. Ein Fallbeispiel mit einer klassischen ACT-Metapher zu Werten – der Lebensbus.

Werte definieren sich in der ACT als Handlungen, nicht als von vornherein Gegebenes oder Gefühltes, sondern sind etwas, das wir tun können. Aus dieser Perspektive wird Einfluss möglich, denn während wir nur geringe oder keine Kontrolle über unser Denken und Fühlen haben, können wir unser Handeln selbst bestimmen. Frau X. (Depression, suizidale Absichten, Erschöpfung) war aus dem Leben ausgestiegen und besuchte einen achtteiligen Kurs auf ACT-Basis bei mir. Um die Kursteilnehmer mit Werten (Handlungen) als Lebensorientierung für ein erfülltes Leben, mit dem sie wieder fühlend in Verbindung stehen können, in Kontakt zu bringen, arbeitete Frau X. als Hausaufgabe mit der Metapher „Ein idealer Tag“ (wenn Zeit, Geld, Distanzen, etc. keine Rolle spielen). Frau X. spürte

darüber eine Sehnsucht, ihre erwachsene Tochter zu einem besonders leckeren und großen Eis in einer kleinen Nachbarstadt einzuladen und mit ihr im geschenkten BMW des Ehemannes dort hinzufahren (Wertebereich Familie). Allerdings hatte sie im letzten Jahr während der Krankheitsphase mehrere Symptome wie absoluten Rückzug, Antriebslosigkeit und vor allem eine massive Autofahrangst entwickelt, für die sie sich auch ihrem Ehemann gegenüber schämte, da der geschenkte BMW unbenutzt in der Garage stand. Sie stellte sich willig in der Gruppe für die Übung „Lebensbus“ zur Verfügung und nahm die Rolle einer Busfahrerin ein, die einen Bus mit zehn Sitzplätzen fährt. Auf den dementsprechend aufgestellten Stühlen nahmen sowohl sie als auch die zehn Fahrgäste ihren Platz ein. Jeder Fahrgast stellte jeweils einen Angstgedanken dar. Frau X. nahm ihren Platz vorne im Bus ein und trat auf emotionaler Ebene (Focusing) noch einmal mit dem Wunsch und der Wertehandlung „Eisessen, Tochter, BMW, Ehemann“ als wichtigen Beziehungsaspekt in Kontakt. Motiviert begann sie den Bus zu starten und loszufahren. Nach einem Zeichen der Therapeutin begannen die einzelnen Angstgedanken sich lautstark an die Fahrerin zu wenden: „Was ist, wenn es regnet, wenn du tanken musst, ein Reifen platzt? Du bist zu unkonzentriert und eine Gefahr für den Verkehr! … usw.“. Deutlich sichtbar entwickelte Frau X. Unruhe und sie antizipierte Panik auch im Rollenspiel. Sie begann mit verschiedenen Strategien, die unliebsamen Passagiere in den Griff zu bekommen. Erfolglos! Keine Chance, dass irgendjemand der schwierigen Gedanken/ Passagiere den Bus verließ oder aufhörte, ihr die schwierigen Gedanken entgegenzuschleudern. Passagiere/Sätze invalidieren; zurückschreien, um diese zu stoppen; den Bus anhalten; Passagiere rauswerfen; Autoradio laut stellen; Ohren zuhalten – es passierte nur eines: Der Bus verlor die Richtung, kam sogar zum Stehen, ohne die Angstgedanken unter Kontrolle zu bringen. Nachdem Kraft und Zeit scheinbar völlig uneffektiv investiert worden waren, war sie bereit, eine eher unlogische Strategie zu versuchen. Statt sich mit „Angst unter

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Kontrolle bringen“ weiter zu verausgaben, während der Bus vom Weg abkam, sie Straßenschilder und Wegweiser übersah, der Bus zum Stoppen kam etc., akzeptierte sie in einem weiteren Versuch die Gäste kampflos und verband sich umso stärker mit dem Wunsch nach dem gemeinsamen Eis in der benachbarten Stadt. Sie nahm die Gedanken ohne inhaltliche Auseinandersetzung einfach mit. Es gelang ihr anfangs nicht sehr souverän, aber doch immer besser, dem Ziel, die Autofahrt zu schaffen, näher zu kommen. Nach dieser erlebnisorientierten Metapher/ Übung begann sie kleinere Autofahrten im Alltag zu wagen, bei gleichzeitiger Anwesenheit von Angstgedanken, emotional verbunden mit ihren Werten und den zugehörigen Handlungen. Am Ende des Kurses fuhr mich die Patientin zu einem Termin mit einer Strecke von zweimal 40 km. Ein Jahr später berichtete sie nach wie vor von schwierigen Gedanken vor dem Autofahren, erlebte sich diesbezüglich aber nicht mehr eingeschränkt. Die Metapher „Lebensbus“ ist auch im Einzelsetting profitabel nutzbar: Wenn wir uns unser Leben als Lebensbus vorstellen, haben wir zwar Einfluss, wie wir den Lebensbus fahren (schnell oder mit angezogener Handbremse etc.), weniger jedoch darauf, welche Fahrgäste einsteigen. Wenn wir dann keine Orientierung mehr haben – im Sinne von Werten als Handlungsrichtungen, vielleicht auch unsere Berufung – die eigentliche Bestimmung für unser Leben nicht mehr sehen, weil der Sturm des Lebens alle Leuchttürme verdeckt, entsteht Leiden, evtl. psychische Erkrankung verschiedenster Couleur. Ein bisschen Background zur Entwicklung der ACT

Die Frage, was psychisches Leiden zum Leiden macht, gehört ganz zentral in die Geburtsstunde der Entwicklung der ACT als wissenschaftlich untermauerte psychotherapeutische Richtung, die Teil der sogenannten „dritten Welle“ in der Entwicklung der Verhaltenstherapie und kognitiven Therapie ist und speziell den Einfluss von Sprache auf Verhalten untersucht. Grundlagenbezug der ACT ist die sogenannte RFT (relational frame theory; Hayes, Barnes-Holmes und


von dysfunktionalem Verhalten, das an die ursprüngliche Lerngeschichte angebunden ist. So entstand als induktives Kernstück der ACT für das Modell psychischer Flexibilität, das sogenannte Hexaflex: Sechs Kernprozesse, die bewusst gleichermaßen als Modell für Psychopathologie, psychische Gesundheit und psychologische Intervention angelegt sind.

Psychische Flexibilität

Psychische Inflexibilität

Flexible Achtsamkeit für den gegenwärtigen Augenblick

Mangelnde Achtsamkeit

Werte

Mangel an Klarheit der Werte; Vorherrschen von sozial erwünschten, fusionierten oder ängstlichvermeidenden „Werten“

Akzeptanz

Erlebensvermeidung

Defusion

Kognitive Fusion

Selbst als Kontext

Festhalten an starren Selbstkonzepten

Engagiertes Handeln

Untätigkeit, Impulsivität oder Beharrlichkeit im Vermeiden

Flexible Achtsamkeit für den gegenwärtigen Augenblick

Akzeptanz

Werte Psychische Flexibilität

Kognitive Defusion

Commitment; engagiertes Handeln

Selbst als Kontext

Werte definieren sich in der ACT als Handlungen, nicht als von vornherein Gegebenes oder Gefühltes. de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

Achtsamkeit als Fähigkeit, im heute, hier und jetzt zu sein und wahrzunehmen, als einziger Augenblick, der nutzbar ist. Keine unnützen Verstrickungen in Vergangenem oder zukünftigen Kopfkinos. Heute, hier und jetzt als der sichere Punkt für sinnvolle Rückblicke oder sinnvolle Vorsorge der Zukunft. Werte als selbst gewählte Lebensrichtungen im Sinne von Handlungen, wie ein Kompass oder Leuchtturm, die Orientierung geben: Wofür lohnt es sich, Dinge zu lassen oder zu tun? Wer oder was gibt meinem Leben Sinn? Wie möchte ich Partner, Mutter/ Vater, Christ sein? Es geht um eine qualitative Dimension. Akzeptanz biografischer Ereignisse wird als Alternative zur Erlebensvermeidung gefördert. Keine Kraft und Zeit mehr in sinnlose Vermeidungsprozesse. Das Leben annehmen, wie es ist. Adaptive Integration, verbesserte Anpassungsfähigkeit und psychische Flexibilität. Mehr Energie in ein bedeutungsvolles Leben (Werteorientierung). Im Sinne der Salutogenese dient die Förderung von Akzeptanz der Verstärkung auf Werten basierenden Handelns. Defusion als Fähigkeit, Gedanken und andere kognitive Vorkommnisse zu beobachten, ohne sie zu verändern, zu beseitigen, oder gar mit ihnen zu verschmelzen. Dem bewertenden Verstand nicht mehr automatisch blindlings folgen. Die Wirkung von schwierigen Gedanken und Gefühlen verändern über das Schaffen neuer Kontexte, nicht über deren Inhalt. Handlungskompetenz fördern, durch adäquate Distanz zu Gedanken (Beobachterposition). Selbst als Kontext. Ich bin nicht Psychologin (Selbstkonzept), die immer zuhört, alles analysiert und bestenfalls auch noch versteht. Ich als beständiges sicheres Selbst, von dem aus Ereignisse erlebt werden, das sich jedoch von diesen Ereignissen unterscheidet (Sport treiben, therapieren, Tante sein, kein Verständnis haben). Metapher: Ich bin nicht Wetter, ich bin der Himmel, an dem Wetter (Sonne, Regen, Schnee, Wolken) stattfindet. Commitment ist die Bereitschaft zu beherztem Tun durch emotionale Wertebindung, anstelle automatisierten Handelns aufgrund

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Roche, 2001). RFT möchte eine umfassende psychologische Darstellung der Sprache und der höheren Kognition liefern, einen Teil des evolutionären Erfolgs unserer Spezies erklären und die kognitiven Wurzeln der menschlichen Erfolge, ebenso des menschlichen Leidens, verstehen. Es handelt sich um Grundlagenforschung im Bereich Sprache und deren Einfluss auf menschliches Verhalten. Das Interesse der ACT-Vertreter entspringt dabei speziell an der grundlegenden Analyse verbalen Verhaltens und direkt aus einem damit verbundenen Interesse sowohl an psychischem Wohlergehen als auch an anwendungsorientierter Arbeit. Psychische Flexibilität als übergreifendes Modell gesunder Handlungsfähigkeit des Menschen ist das Ziel eines ACT-therapeutischen Prozesses. Nachdem weder Wohlergehen noch Leiden im Leben absolut kontrollierbar ist, stellt sich somit die Frage der Anpassungsfähigkeit des Menschen bzw. umgekehrt gesagt für das menschliche Leiden. Ein übergreifendes Modell sollte demnach aus einer Reihe von kohärenten Prozessen bestehen, die mit Präzision, Reichweite und Tiefe auf ein breites Spektrum von klinisch relevanten Problemen sowie in Bezug auf die gesunde Handlungs- und Anpassungsfähigkeit des Menschen anwendbar sind. Dabei fokussiert die ACT auf die Prozesse, die für menschliches Leiden an sich verantwortlich sind. Hierbei zusätzlich entscheidend und zentral ist in der ACT als wissenschaftliche Basis die Verortung in der CBS (contextual behavior science): Verhalten wird im relationalen (Lernkontext) und dem funktionalen (aktuellen) Kontext reguliert (Entsprechung zur RFT). So arbeitet der Therapeut über eine Rekontextualisierung


Die therapeutische Haltung in der ACT 1 Der Therapeut sieht sich dem Klienten

gegenüber gleichgestellt, vermittelt, dass er selbst verletzlich ist, mitfühlend, authentisch und zum Teilen bereit. Er ist bereit, sich über persönliche Probleme zu äußern, wenn dies den Interessen des Klienten dienlich ist. 2 Der Therapeut vermeidet den Gebrauch vorgefertigter ACT-Interventionen und bemüht sich stattdessen, seine Interventionen den spezifischen Bedürfnissen des einzelnen Klienten anzupassen. Er entwickelt maßgeschneiderte Interventionen und neue Metaphern, erlebnisorientierte Übungen und Verhaltensaufgaben, die der Erlebensund Sprachpraxis des Klienten, sowie seinem sozialen, ethnischen und kulturellen Kontext entspricht. So wurde z. B. neulich für eine Patientin ein Seifenblasenschwert zum „Schwert des Geistes“, mit dem sie unnütze Gedanken im Sinne ihrer Werte wie Seifenblasen, die platzen werden, von sicherer Position aus beobachten konnte. 3 Der Therapeut demonstriert beispielhaft das Akzeptieren eines problematisch empfundenen Inhalts und zeigt gleichzeitig die Bereitschaft, widersprüchliche, schwierige Ideen, Gefühle und Erinnerungen des Klienten zunächst anzunehmen, ohne diese auflösen zu wollen. 4 Der Therapeut stellt dem Klienten erlebnisbasierte Übungen, Paradoxon und/oder Metaphern als adäquate Vehikel zu einem besseren Verständnis seiner Situation vor und stellt dadurch das Bemühen, diese im Wortsinn zu verstehen, als unwichtiger dar. Sehr bewegt hat mich in der Zusammenstellung des Artikels wie anfangs erwähnt Dietrich Bonhoeffer, den ich mit den Kernprozessen in seinem Text „von guten Mächten“, dem vorletzten Brief an seine Verlobte aus der Gefangenschaft kurz vor Weihnachten, mehrfach wiedererkennen kann. Vielleicht entdecken Sie es auch …

tanz- und Commitmenttherapie (ACT), Weinheim/ Basel: Beltz Verlag, 2014 • Hayes, S. C., In Abstand zur inneren Wortmaschine. Ein Selbsthilfe- und Therapiebegleitbuch auf der Grundlage der Akzeptanz- und CommitmentTherapie (ACT). 2. Aufl., Tübingen: DGVT Verlag, 2009 • Hayes, S. C., Strosahl, K. D. & Wilson, K. G., Akzeptanz- und Commitmenttherapie. Achtsamkeitsbasierte Veränderungen in Theorie und Praxis, 2. Aufl., Paderborn: Junfermann Verlag, 2014 • Lotz, N., Metaphern in der Akzeptanz- und Commitmenttherapie, Weinheim/Basel: Beltz Verlag, 2016 • Luoma , J., Hayes, S. C., Walser, R. D., ACTTraining. Acceptance & Commitment Therapie: ein Handbuch, Paderborn: Junfermann Verlag, 2009 • Törneke, N., Bezugsrahmentheorie. Eine Einführung, Paderborn: Junfermann Verlag, 2012 • Wengenroth, M., Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT). Therapie-Tools, Weinheim/ Basel: Beltz Verlag, 2012 • Wengenroth, M., Das Leben annehmen. So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), 2. Aufl., Bern: Verlag Hans Huber, 2013

Keine Kraft und Zeit mehr in sinnlose Vermeidungsprozesse. Das Leben annehmen, wie es ist.

fusionierter anwesender schwieriger Gedan- Literatur ken/Gefühle. Verhaltensmusterdurchbre- • Eifert, G. H., Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), Göttingen: Hogrefe Verlag, 2011 chung durch Klarheit der eigenen Werte • Forsyth, J. P., Eifert, G. H., Mit Ängsten und bei gleichzeitiger Anwesenheit schwieriger Sorgen erfolgreich umgehen. Ein Ratgeber für den Gedanken oder anderer kognitiven, emoti- achtsamen Weg in ein erfülltes Leben mit Hilfe von ACT., 2. Aufl., Göttingen: Hogrefe Verlag, 2018 onalen Vorkommnisse. • Harris, R., Schwierige Situationen in der Akzep-

Anmerkung der Redaktion

Im Rahmen der Theoriebildung zu einer Christlichintegrativen Psychotherapie und Beratung sehen wir in dem hier vorgestellten Therapiekonzept der ACT ein mit christlichen Grundsätzen in weiten Bereichen kompatibles Therapiemodell. Die in der Sekundärliteratur immer wieder erwähnte Nähe zu buddhistischen Vorstellungen und Meditationsformen bezieht sich auf den auch im Artikel ausgeführten Bereich der Achtsamkeit. Diese Methode ließe sich jedoch auch mit den Aussagen eines an der Bibel orientierten Menschenbildes sowohl hinsichtlich ihrer Chancen Autor als auch ihrer Grenzen begründen und rekonstruieMarika Rimkus ist ren. Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang Psychologin, Systemische die Frage, wie das Selbstkonzept der ACT (im Artikel Therapeutin i. A., Syste„Selbst als Kontext“ genannt) aus dem Blickwinkel mische Supervisorin i. A., neutestamentlicher Anthropologie und ihrer spirituACT-Trainer und Vorstandsmitglied ellen Dimension einzuordnen und zu bewerten ist. der DGKV und als Therapeutin in Immerhin beschreiben führende Vertreter der ACT der de’ignis-Fachklinik tätig. sie in folgender Weise: „ACT lässt sich nicht einfach als Verhaltenstherapie, kognitive Verhaltenstherapie, erlebnisorientierte Therapie, humanistische Therapie, existenzielle Therapie oder irgendeine andere derartige Therapie abgrenzen. Wir denken, dass sie nicht nur all diesen Traditionen etwas zu bieten hat, sondern auch eine grundlegende Theorie und Philosophie für das Wesen des Menschen liefert.“ (Hayes, Strosahl und Wilson 2007, S. 20) Dieser hohe Anspruch der zitierten Autoren zeigt, dass hier ein Modell vom Menschen entworfen wird, das nicht nur therapeutische, sondern auch weltanschauliche und spirituelle Züge tragen kann. Die Beschreibung der verschiedenen Ich-Komponenten, wie sie die ACT vornimmt, enthalten durchaus interessante Ähnlichkeiten zur neutestamentlichen Anthropologie. Das Herausarbeiten von Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Christlich-integrativen Psychotherapie im Rahmen eines Dialoges könnte für beide Seiten ein anregender und fruchtbarer Prozess sein.

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Wenn Arbeit Sinn macht de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

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Dipl.-Psych. Margarete Kappler gibt einen Einblick in die medizinischberuflich orientierte Rehabilitation der de’ignis-Fachklinik.


Frau M., 54 Jahre alt, fühlte sich seit • einigen Monaten nicht mehr fit. Es begann damit, dass sie schlecht schlief, morgens kaum aus dem Bett kam und dann eigentlich den ganzen Tag als Qual empfand. Schon mittags war sie so erschöpft, dass sie sich kaum noch konzentrieren konnte. So schleppte sie sich durch die Arbeitstage, konnte sich an den Wochenenden nicht mehr richtig erholen. Starke Kopfschmerzen kamen hinzu. Auch machte sie sich immer mehr Sorgen, wohin das wohl führen sollte. So kannte sie sich gar nicht! Seit 15 Jahren arbeitete sie in der gleichen Firma, seit fünf Jahren als Assistenz der Leitung. Dies war mal ihr Traumjob gewesen. Früher hatten ihr auch Überstunden nichts ausgemacht; wenn es darum ging, ein Projekt fertigzustellen, war es selbstverständlich gewesen, bis in die späten Abendstunden hinein zu arbeiten. Hier konnte sie ihre Fähigkeiten voll einsetzen. Aber in letzter Zeit ging das einfach nicht mehr. Vielleicht war sie langsam zu alt für diese Stellung? Auch ihre jüngeren Kolleginnen ließen sie das immer mal wieder spüren, denn diese mussten manche ihrer Aufgaben mit übernehmen. Als auch ihr Chef vor einem halben Jahr in einem ernsten Gespräch mehr Leistung einforderte, konnte sie einfach nicht mehr, sie brach regelrecht zusammen und war seitdem krankgeschrieben. Nun erhielt sie von ihrer Rentenversicherung die Zusage für eine psychosomatische Reha. So kam sie in die de’ignis-Fachklinik nach Egenhausen.

Frau M. steht für viele Patientinnen und Patienten, die zu uns in die Reha kommen mit ähnlichen Problemlagen und den Fragen: „Werde ich wieder in meinem Beruf arbeiten können?“ „Sollte ich an eine weniger herausfordernde Arbeitsstelle wechseln?“ „Sollte ich die Arbeitszeit reduzieren?“ „Brauche ich Rente?“ Psychische und körperliche Gesundheit stehen in engem Zusammenhang zur beruflichen Leistungsfähigkeit. Schon Sigmund Freud definierte seelische Gesundheit als die Fähigkeit zu arbeiten und zu lieben. Arbeit hat in unserer Gesellschaft einen hohen Wert, auch über die protestantische Ethik hinaus und auch nicht nur im Südwesten Deutschlands, wo „Schaffe, schaffe, Häusle baue …“ das Lebenskonzept ganzer Generationen war und ist. Die meisten unserer Patientinnen und Patienten sind in dem Wertesystem erzogen worden, etwas leisten zu müssen, bevor man es sich gut gehen lässt. Oft wirkt dies bis in den Glauben hinein und macht es Menschen schwer, Gottes Liebe und Vergebung ohne eigene Vorleistung annehmen zu können oder sie im Nachhinein durch hohes Engagement quasi abarbeiten zu müssen. Bei oft den gleichen Menschen ist aber auch die Ansicht weit vertreten, Arbeit sei Pflicht und Last, das eigentliche Leben beginne erst mit dem Renteneintritt. Diese Ambivalenz der Wertesysteme kann zu Problemen beim Einzelnen führen. Tatsächlich gibt es einige wissenschaftliche Belege dazu, dass bei Eintritt ins reguläre Rentenalter die Zufriedenheit steigt, v. a. wenn der Übergang gut gestaltet wird. Depressive Symptome können sogar zurückgehen.1 Weniger eindeutig sieht es bei vorzeitigem Renteneintritt aus: Die Zufriedenheit steigt nicht, psychische Beschwerden bessern sich nicht im erhofften Maße.2 Wenn ein Mensch sich am richtigen (Arbeits-) Platz fühlt und seine Fähigkeiten einbringen kann, erhält er dafür meist erheblich mehr als nur die monatliche monetäre Vergütung: Arbeit, nicht nur im sozialen Bereich, kann sinnstiftend sein. Sie kann Ansehen und Selbstwert einer Person steigern, das Selbstbild einer Person ist oft fundamental von den Erfahrungen

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am Arbeitsplatz beeinflusst. Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte, Kundinnen und Kunden bieten soziale Kontakte, bilden einen Teil des sozialen Netzes einer Person. Im günstigen Falle bietet Arbeit das Empfinden, etwas geschafft zu haben, zu etwas fähig zu sein, richtig zu sein. All dies kann als positiver Verstärker fungieren, ebenso wie die finanzielle Entlohnung. In der Verhaltenstherapie geht man davon aus, dass Depressionen durch fehlende positive Verstärker (Belohnung) aufrechterhalten werden, ebenso durch fehlende Sozialkontakte. Arbeit kann also geradezu gesundheitserhaltend sein. Leider ist sie dies nicht immer, sondern es kann auch schädigende Effekte geben. Diese Einflüsse können einerseits in den Arbeitsbedingungen eines konkreten Arbeitsplatzes liegen, z. B. in strukturellen Problemen wie zu hohem Arbeitsanfall, personeller Unterbesetzung, unklaren Aufträgen, mangelnder Unterstützung oder im zwischenmenschlichen Bereich, wenn es zu häufigen Konflikten oder sogar zu Mobbing kommt. Andererseits kann das Problem aber auch in der Person selber begründet sein, indem sie sich beispielsweise selber ständig mehr Höchstleistungen abverlangt, sich keine Fehler verzeiht. Ein Problem kann Arbeit werden, wenn sie einziger Sinnstifter im Leben wird, sie alleine glücklich machen soll. Dies kann kein Arbeitsplatz leisten, Enttäuschungen sind hier vorprogrammiert. Während eine zeitlich begrenzte Krankschreibung in vielen Fällen zweifellos der Gesundung dienen kann, kann eine Krankschreibung auf Dauer oder auch eine vorzeitige Berentung psychische Beschwerden sogar verstärken und erst chronifizieren. Aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Rente zu gehen im Sinne einer Erwerbsminderungsrente wirkt sich also anders aus als ein langer Urlaub oder ein Sabbatical. Gleichzeitig sind psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für Erwerbsminderungsrente. In den letzten 22 Jahren stieg der Anteil von Personen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gingen, von 18,6 auf 43 Prozent. 3 Eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eines Menschen ist nicht nur


Was heißt das für die Arbeit einer psychosomatischen Rehaklinik?

Wir sind vonseiten der Rentenversicherungen in der Pflicht, medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) anzubieten. Dazu werden zunächst die Patienten identifiziert, die mit besonderer beruflicher Problemlage zu uns kommen, die zum Beispiel schon länger oder häufiger krankgeschrieben sind, ihren Arbeitsplatz verloren haben und/oder sich in ihrer Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt sehen. Bei etwa der Hälfte unserer Patienten besteht ein diesbezüglicher Bedarf. Sie erhalten neben dem multimodalen Therapieangebot einer psychosomatischen Klinik zusätzlich arbeitsbezogene Therapiebausteine. Bei Frau M., unserer Beispielpatientin, zeigte sich diese besondere berufliche Problemlage sehr deutlich. Sie nahm am Trainingsprogramm „Stressbewältigung und Selbstbehauptung am Arbeitsplatz“ teil. Hier erhielt sie psychoedukative Informationen zu den Zusammenhängen zwischen beruflichen Belastungsfaktoren und psychosomatischen Beschwerden, zudem wurden

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

konkrete Problemlösestrategien erarbeitet. Herr P., ein anderer Patient, der von häufigen Konflikten am Arbeitsplatz, teilweise sogar Mobbing, berichtete, nahm am Gruppentraining sozialer Kompetenzen am Arbeitsplatz teil. Er hatte Schwierigkeiten, sich angemessenen durchzusetzen, wurde dann immer auch mal laut und verlor dadurch seinen Arbeitsplatz. Im Gruppentraining nutzte er die Möglichkeit, selbstsicheres Auftreten in berufsbezogenen Situationen zu üben. Dies geschah z. B. durch Rollenspiele und therapeutisches Sandsackboxen. Frau M. bearbeitete in der Einzeltherapie die Zusammenhänge zwischen ihrer Lebensgeschichte und inneren gedanklichen Antreibern, die dazu führten, dass sie sich selbst dauerhaft überforderte. Sie stellte fest, dass der Satz: „Ich muss immer perfekte Arbeit abliefern“ fest in ihr verankert war. Diese Einstellung hatten ihr schon die Eltern vorgelebt. Frau M. kam immer mehr dazu, sich auch Fehler zu erlauben: „Ich bin immer noch eine gute Mitarbeiterin, wenn ich mal Fehler mache, und darf auch Feierabend machen, wenn noch nicht alles erledigt ist.“ Sie erlernte Entspannungsverfahren, z. B. die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, um sich in Pausen effektiv entspannen zu können und insgesamt ihr Anspannungsniveau, das dauerhaft sehr hoch war, zu senken. Die Übungen waren für sie anfangs etwas mühsam, jedoch konnte sie tatsächlich nach ein paar Wochen feststellen, dass sich immer schneller ein Entspannungseffekt einstellte. Außerdem nahm sie aufgrund der Konzentrationsschwierigkeiten, die sie bei sich bemerkt hatte, an einem computergestützten Konzentrationstraining (RehaCom) teil. Dabei stellte sich heraus, dass die Schwierigkeiten objektiv gar nicht so ausgeprägt waren, wie sie befürchtet hatte, und sie konnte ihre Konzentrationsfähigkeit im Laufe der Wochen sogar noch verbessern.

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volkswirtschaftlich erwünscht, sondern auch für den einzelnen Menschen sinnvoll im wahrsten Sinne, denn es verbirgt sich eine Linderung seiner Beschwerden dahinter oder zumindest eine Veränderung seines Arbeitsumfeldes im Sinne eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Um arbeiten zu können, muss ein Mensch in der Lage sein, den allgemeinen Anforderungen an Arbeit gerecht zu werden, also den Weg zur Arbeit bewältigen, dort die erforderliche Zeit hindurch konzentriert durchhalten, mit Kollegen und Kolleginnen und Vorgesetzten zusammenarbeiten können und vieles mehr. Hinzu kommen spezifische Fähigkeiten, die von Beruf zu Beruf, von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz sehr unterschiedlich sein können: Während ein Lehrer in der Lage sein muss, im Fokus einer ganzen Klasse zu stehen, braucht ein Maurer andere Fertigkeiten. Aus diesem Grund ist die Frage, ob jemand arbeits- bzw. leistungsfähig ist, sehr komplex.


Wichtig wurde Frau M. auch die Unterstützung durch andere Patientinnen und Patienten, die ihr klar vermittelten, wie wichtig sie für die Gemeinschaft war, wie sehr sie ihre besonderen Gaben schätzten. Diese Gaben waren ihr gar nicht mehr bewusst gewesen: Dass sie einen Blick für die Gestaltung von Tischen hat und dass sie andere mit ihrem Gesang mitreißen kann. Eine neue Erfahrung war für sie auch, dass ihr von Woche zu Woche Bewegungsangebote leichter fielen, dass ihr Körper leistungsfähiger wurde – und dass ihr dies sogar Freude bereiten konnte. Lange hatte sie ihren Körper nur noch als erschöpft und schmerzend wahrgenommen. In intensiven Gesprächen mit ihrer Therapeutin beleuchtete sie ihre Situation am Arbeitsplatz, und es wurde eine gemeinsame Lösung für die berufliche Zukunft gesucht. Es war recht schnell klar, dass Rente für sie noch keine passende Lösung war. Es entlastete sie tatsächlich, noch nicht „zum alten Eisen“ zu gehören. Viel mehr nahm sie sich vor, mehr auf ihre eigenen Belastungsgrenzen zu achten. Ein Gespräch mit dem Chef bereitete sie in einer Gruppensitzung im Rollenspiel schon einmal vor. Herr P., der seinen Arbeitsplatz verloren hatte, nahm an einem beruflichen Coaching teil. Eine darauf spezialisierte Mitarbeiterin des BFW Bad Wildbad, mit dem de’ignis kooperiert, erstellte schon während der Reha mit ihm eine Potenzialanalyse, gab ihm konkrete Hinweise zur Jobsuche und half ihm bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Auch nach Ende der Rehamaßnahme fanden weitere Kontakte statt. Mit Frau M. wurde eine stufenweise Wiedereingliederung in den bisherigen Arbeitsplatz geplant: Sie startete mit täglich zwei Stunden Arbeit und steigerte dies jede Woche um weitere zwei Stunden. Dies traute sie sich zu. Bei Entlassung hatten sich die Kopfschmerzen gebessert, der Schlaf war meist wieder normal, auch hatte sie wieder mehr Energie. Auch wenn sie wieder hoffnungsvoller in die Zukunft sehen konnte, war sie noch etwas unsicher, ob sie all das im Alltag würde umsetzen können, was sie sich an Veränderungen vorgenommen hatte. Um sie dabei zu unterstützen, wurde eine ambulante Rehanachsorge (Psy-RENA) organisiert:

Da sie in der Nähe von Stuttgart wohnte, nahm sie in den Monaten nach der Reha einmal wöchentlich an therapeutischen Gruppenangeboten im de’ignis-Zentrum in Stuttgart teil. Ähnliche Rehaverläufe sind in unserer Klinik erfreulich häufig. Obwohl bei ca. 50 Prozent unserer Patientinnen und Patienten eine besondere berufliche Problemlage vorliegt, mündet sie nur in etwa 10 Prozent der Fälle in der Einschätzung, dass eine Erwerbsminderungsrente sinnvoll sein könnte. Frau M. hat es mittlerweile geschafft: Sie arbeitet wieder am alten Arbeitsplatz und bewältigt dies, auch wenn es manchmal immer noch sehr anstrengend ist, gut. Freitags geht sie immer besonders pünktlich heim, denn da geht sie neuerdings in einen Chor. Dort hat sie bereits richtig gute Kontakte geknüpft. Als sie kürzlich gefragt wurde, ob sie die Organisation des diesjährigen Chorausflugs übernehmen könnte, hat sie kurz überlegt, denn die Anfrage schmeichelte ihr schon. Dann aber lehnte sie dies doch freundlich ab. Kürzlich fand dieser Ausflug statt: Drei Tage Donauschifffahrt. Sie fuhr mit – und hatte richtig Spaß daran.

Autor

Dipl.-Psych. Margarete Kappler ist psychologische Psychotherapeutin und arbeitet als leitende Psychologin in der de’ignis-Fachklinik in Egenhausen.

Fußnoten 1

Schmidt, K.: Rentner sind glücklicher – Studie zur Altersforschung. Auf: www.wiwo.de/erfolg/ trends/studie-zur-altersforschung-rentner-sind-gluecklicher/12361392.html (Stand: 01.10.2019), 2015 2 Coe, N. B. und Zamarro, G.: Retirement Efects on Health In Europe, RAND Working Paper WR-588, 2008 3 Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2018

Literatur • Gall-Peters, A. und Zarbock, G.: Praxisleitfaden Verhaltenstherapie: Störungsspezifische Strategien, Therapieindividualisierung, Patienteninformationen. Pabst Science Publishers, 2012 • Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2018

„Ich bin immer noch eine gute Mitarbeiterin, wenn ich mal Fehler mache und darf auch Feierabend machen, wenn noch nicht alles erledigt ist.“ 39


Sozialtherapeutisches Zentrum – de’ignis-Wohnheim Ganzheitlich, sinngebend, persönlichkeitsentfaltend. Das de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbständig zu leben. Erhalten Sie einen Einblick in die wertvolle Arbeit und Ziele des Wohnheims.

de’ig n is-ma g a z in – Titelthema


• Jeden Morgen beginnt ein neuer Tag und Unser Alltag

manche Menschen stehen damit jeden Morgen vor einem neuen Problem: Wie soll ich den Tag bewältigen, wie kann ich es schaffen, ihn sinnvoll zu nutzen und zu gestalten? Für berufstätige Menschen gibt der Arbeitsalltag schon viel an Tagesstruktur vor. Aber psychisch kranke Menschen, die nicht am Arbeitsleben teilnehmen können, stehen hier oft vor einer großen Herausforderung. Durch die psychische Erkrankung ist die Handlungsfähigkeit und oft auch die soziale Kompetenz stark eingeschränkt. Es ist eine unserer grundlegenden Bemühungen im de’ignis-Wohnheim, den Bewohnern zu helfen, sich eine sinnvolle Tagesstruktur zu erarbeiten und anzugewöhnen, um dadurch die Fähigkeiten zum sozialen Interagieren und die Handlungskompetenz des Einzelnen zu erweitern. Für manche bedeutet das als ersten Schritt zunächst einmal pünktlich zu allen Mahlzeiten zu erscheinen. In enger Absprache mit dem Betroffenen werden dann die Programmpunkte langsam gesteigert. Unter der Woche bieten wir jeden Morgen Walking, Gymnastik und in unserer Großgruppe Lobpreis verbunden mit einem theologisch-pädagogischen Vortrag, als Motivation, den christlichen Glauben als Ressource zur Lebensbewältigung fruchtbar werden zu lassen. Anschließend beginnen die verschiedenen Arbeitstrainingsbereiche. Hier bieten wir Raumpflege, Wäsche, Holzwerkstatt, IT-Training und kreatives Werken an. Dazu kommt die Konflikttrainingsgruppe, die Gruppe „Leben leben“, die Garten-AG, das pädagogische Angebot mit den Pferden, den Bewohner-Chor, die Schach-AG, Segeln auf dem Bodensee, Ausflüge und andere freizeitpädagogische Angebote.

vormittags am Arbeitstrainingsprogramm des IT-Trainings im Wohnheim teil. Einige Jahre zuvor wäre das nicht denkbar gewesen, da ich eine stark ausgeprägte Zwangsstörung hatte. Inzwischen ist es möglich, dass ich mit Computern und anderen elektronischen Geräten wieder freier umgehen kann. Darüber bin ich sehr froh, denn die Arbeit am Rechner fasziniert mich. Es macht mir große Freude, mit Bild- oder Textbearbeitungsprogrammen zu arbeiten, selbst Excel und Power Point begeistern mich mittlerweile. Es ist für mich immer ein Erfolgserlebnis, zu sehen, dass etwas funktioniert, wenn man die entsprechende Eingabe tätigt. Außerdem habe ich im IT-Training die tolle Möglichkeit, meinem Hobby zu frönen, das Erlernen der italienischen Sprache. Ich höre mir oft, wenn ich meine anderen Tätigkeiten beendet habe, italienische Musik, hauptsächlich Lobpreis, an. Das entspannt mich und durch die Musik kann ich mir die Vokabeln besser einprägen. Aufgrund meiner Italienischkenntnisse bekam ich die Möglichkeit zusammen mit anderen Wohnheimbewohnern und Betreuern für eine Woche an den Lago Maggiore zu fahren. Dort konnte ich mein Italienisch gebrauchen und mich nützlich machen. Ich freue mich jeden Tag auf die Computerarbeit im IT-Training und hoffe, dass ich auch weiterhin viel Neues dazulernen kann, ob es jetzt Excel oder Italienisch ist. Das Ganze hat auch mein Selbstbewusstsein gestärkt, sodass ich jetzt sogar außerhalb des Wohnheims in Sigmaringen einen Italienischkurs besuchen kann.“

Einer unserer Bewohner kam aus einem psychiatrischen Pflegeheim zu uns. Zu Beginn lag er nur in seinem Bett und stand nicht einmal zu den Mahlzeiten alleine auf. Sein Bewohner-Pate und die Mitarbeiter hatten alle Mühe mit ihm diesen ersten, elementaren Schritt in eine geregelte Tagesstruktur zu gehen. Aber der lange Atem und unser gemeinsames Bemühen brachten langsame kleine Erfolge. Jetzt steht er selbstständig auf, kommt pünktlich zu den Mahlzeiten und anderen Eine Bewohnerin berichtet aus dem IT- Terminen, nimmt an vielen TagesstrukturTraining : „Seit einiger Zeit nehme ich angeboten teil und hat ein enormes Maß

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an Selbstständigkeit zurückerlangt. In den letzten Monaten hat er sich für Arbeitsstellen beworben und ist selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Bewerbungsgesprächen gefahren. Eine andere Bewohnerin berichtet: „Kurz nach meinem Einzug in das de’ignis-Wohnheim im Mai 2018 wurde das IT-Training Teil meiner Tagesstruktur. Ich durfte dort meine Kenntnisse der gängigen Office-Software auffrischen und meine Fähigkeiten mit Bildbearbeitungsprogrammen erweitern. Seit April ist mein Aufgabenbereich an der Rezeption. Dort nehme ich Telefonate entgegen und leite sie weiter, ich erstelle und bearbeite Listen für die tägliche Organisation und koordiniere die Bewohnerströme für die tägliche medizinische Sprechstunde. Bis vor Kurzem hätte ich mir das nicht zugetraut, doch meine pädagogische Begleiterin hat mich ermutigt, es einfach mal auszuprobieren. Die Arbeit an der Rezeption macht mir viel Freude und fordert mich heraus. Am meisten freue ich mich darüber, dass ich den Kontakt zu anderen Menschen und meine Arbeit am Computer miteinander verbinden kann.“ Diese Beispiele zeigen, dass unsere Leitbegriffe „Ganzheitlich, Sinngebend und Persönlichkeitsentfaltend“ im de’ignis-Wohnheim gelebt und entfaltet werden. Unsere Ziele

Ganz heitl ich Ganzheitlich steht für die Vermittlung eines sinnvoll ausgewogenen Lebensstils, zu dem sowohl Arbeit als auch kreative Freizeitbeschäftigung gehört. Der Bewohner kann bei uns mitentscheiden, in welchem der nachfolgend genannten Bereiche er sich einbringen möchte. Es gibt die Bereiche ITTraining, Küche, Raumpflege, Wäsche und Tierhaltung. Der ganzheitliche Aspekt zeigt sich besonders darin, dass wir versuchen, über den Umgang mit Tieren wohltuende und heilende Aspekte aus der Schöpfung zu vermitteln. So arbeiten wir mit Pferden, Katzen, Aquarien, Hunden etc., um das Verantwortungsbewusstsein und die Sensibilität gegenüber den Bedürfnissen für Lebewesen zu stärken, aber auch um


Sinng eb end Der Begriff „sinngebend“ soll zum Ausdruck bringen, dass der Mensch ein Wesen ist, das in sinngebenden Zusammenhängen lebt, was sich deutlich in der Ausprägung von Kultur im Sinne von Kunst (Literatur, Malerei und Musik) zeigt. Der Mensch kann sich nicht nur darauf beschränken, im Sinne von bloßem Funktionieren sein Dasein zu fristen. Für das psychische Wohlergehen spielen Fragen nach dem „Woher“, „Wohin“ und „Wozu“ des Lebens eine entscheidende Rolle. Auf diese Fragen gibt der christliche Glaube zutreffende und orientierungsgebende Antworten. Die adäquate Klärung der Sinnfrage ist für die psychische Gesundheit bzw. innere Heilung eines Menschen von großer Bedeutung. Auch die Erfahrung von Geborgenheit, Liebe und Annahme in der Begegnung mit Gott kann für einen Menschen, dessen Vertrauensfähigkeit zerbrochen ist und der unter innerer Heimatlosigkeit leidet, hilfreich sein. Häufig sind

wir auch damit beschäftigt, religiöse Ängste gegenüber Gott, unangebrachte Schuldgefühle oder Selbstanklagen durch die Veränderung des Gottesbildes aufzuarbeiten. Auch die Bildung eines gesunden Verantwortungsbewusstseins gegenüber Gott und seinen Mitmenschen ist hier bedeutsam. Persön l ich keitsentf a ltend Persönlichkeitsentfaltend bedeutet, dass dies alles in einer Atmosphäre der Freiheit und des Respektes vor der Persönlichkeit und der Verantwortung Hilfesuchender für sich selbst geschehen soll. Deshalb arbeiten wir an einer konstruktiven, familiären Atmosphäre im Haus, bei der sowohl Konfliktfähigkeit als auch Konfliktlösungsstrategien eingeübt werden und die Persönlichkeit im Sinne der christlichen Nächstenliebe sowohl bezüglich einer angemessenen Integrationsfähigkeit, als auch in Bezug auf die nötige Abgrenzungsfähigkeit unterstützt wird. Diese Zielsetzung erfordert bei der sozialtherapeutischen Arbeit Freiräume und oftmals sehr viel Zeit, da es sich um Prozesse der Persönlichkeitsentwicklung handelt.

Autor

Harald Reiser ist Sozialpädagoge und Pastor und arbeitet im de’ignis-Wohnheim in Engelswies am Bodensee.

Für das psychische Wohlergehen spielen Fragen nach dem „Woher“, „Wohin“ und „Wozu“ des Lebens eine entscheidende Rolle. Auf diese Fragen gibt der christliche Glaube zutreffende und orientierungsgebende Antworten. de’ig n is-ma g a z in – Titelthema

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Durchsetzungsvermögen und die Kommunikationsfähigkeit zu trainieren, auch durch den speziellen Umgang mit Pferden. Genauso spielt dabei der freizeitpädagogische Bereich, zu dem im Sommer das regelmäßige Segeln auf dem Bodensee gehört, sowie die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben eine wichtige Rolle. Durch Motivation und Förderung zur Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen (Konzerte, Kunstausstellungen etc.) soll der Horizont des Einzelnen erweitert werden, um über den Tellerrand der persönlichen Belange und Nöte blicken zu können.


Der Prozess der Heilung besteht im Gehalten werden. Wie mir das de’ignis-Wohnheim geholfen hat. Zwei ehemalige Bewohner des de’ignis-Wohnheims berichten über Ihre Erfahrungen. Die Autoren sind der Redaktion bekannt.

„Ich habe lange im de’ignis-Wohnheim • gelebt, bevor ich im vorletzten Jahr nach Hessen gezogen bin, wo ich inzwischen ambulant betreut wohne. Mir hat die Zeit im de’ignis-Wohnheim gutgetan. Und davon möchte ich jetzt erzählen: Ich bin in Mainz geboren und bin dort zur Schule gegangen. Nach meinem Abitur habe ich Mathematik studiert, und das Studium mit dem Diplom abgeschlossen. Ich habe in meinem Beruf eine Zeit gearbeitet, aber meine psychischen Schwierigkeiten, die schon lange währten, wurden immer schlimmer. Letztlich bin ich arbeitslos geworden und habe mein Leben nicht mehr auf die

Reihe bekommen. So kam es, dass ich mich zu einem Aufenthalt in Engelswies entschlossen habe. Es fiel mir nicht leicht, mit meinem Scheitern zurechtzukommen. Ich hatte keinen großen Lebenswillen mehr. Es war einiges schief gelaufen in meinem Leben. Und ich empfand die We g f ü hr ung en, d ie Gott zugelassen hatte, absurd. Ein Wort habe ich mal gehört: „Glauben heißt manchmal nur, die Unverständlichkeit Gottes auszuhalten“. Aber mein zerbrochenes Leben auszuhalten war mir nicht mehr möglich. Dennoch sagte Frau Hahn (Anm. d. Red.: Therapeutin des de’ignis-Wohnheims) zu mir: „Bleib drunter.“ Im Sinne von: „Finde ein ‚ Ja‘ zu Gottes Wegen. Begehre nicht dauerhaft auf.“ Und das war meine Aufgabe für die nächsten Jahre: von einer großen Lebensverweigerung hin zu einem zaghaften ‚Ja‘ zum Leben. Geholfen hat mir vieles. Stets wurde ich mit Würde behandelt. Man hat gespürt, dass die Mitarbeiter um einen guten Weg für den Einzelnen ringen. Meine Ecken und Kanten, meine Fehler und Schwächen wurden barmherzig angeschaut. Das hat unendlich gutgetan. Ein anglikanischer Priester sagte mal: „Healing means being hold“. Zu Deutsch etwa: „Der Prozess der Heilung besteht im Gehalten werden“. Ja, ich habe mich geborgen gefühlt und konnte

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so kleine Schritte machen. Natürlich gab es auch die eine oder andere Konfrontation, die nicht angenehm war. Aber auch das war wichtig und gehört dazu. Ich habe auch mit Gott gerungen. Auf meinen Spaziergängen rund ums Dorf habe ich Gott meine Enttäuschung und meine Wut mitgeteilt. Es war oft nicht leicht. Auch wenn ich es nicht immer so erlebt habe, habe ich mich irgendwann entschlossen, mich einem barmherzigen Gottesbild anzunähern. Und mit diesem Ansinnen fahre ich bis heute gut. Das de’ignis-Wohnheim ist sehr unkonventionell. Wenn es auf den alten Wegen nicht mehr weitergeht, werden neue gesucht. Und das geschieht ganz individuell. Man kann sich in vielem einbringen, darf aber auch immer wieder mitteilen, wenn es einem zu viel ist. Dann wird darauf reagiert. Ich habe eine Freude darin gefunden, mich für meine Mitbewohner und deren Belange und Wünsche im sogenannten „Heimbeirat“ zu engagieren. Außerdem wurde mir erlaubt, einen Motorroller zu fahren, obwohl ich die Heimkosten nicht bezahlen konnte. Mit dem habe ich die Umgebung erkundet. Und ich habe meine Mitbewohner, wenn sie in der zehn Kilometer entfernten Klinik zur Behandlung waren, besucht. Das hat mir auch gut gefallen: zuzuhören, mitzufühlen, Verständnis zu zeigen, aufzumuntern und zu ermutigen. Das hat nicht nur meinen Mitbewohnern gutgetan, sondern es war auch eine erfüllende Aufgabe, die ich mir selbst gesteckt hatte. Ich kann meine Schritte im Wohnheim nicht so benennen, es ist einfach viel Gutes gewachsen. Meine Kraft ist leider immer noch sehr begrenzt. Es ist nicht so, dass jetzt alles gut ist. Aber ich gehe weiter. Und sage von Herzen danke. Danke an Gott, an die Mitarbeiter, an die Förderer, an meine Mitbewohner, an den Kostenträger.“


gewachsen, wusste aber, wie sehr ich auf diese Hilfe angewiesen bin. Schon oft genug habe ich die Enttäuschung erlebt, wieder weiterziehen zu müssen und im tiefsten Inneren hatte ich nicht damit gerechnet, dass es im de’ignis-Wohnheim anders sein würde. Ich fragte mich nur, wie lange es dauern würde, bis ich auch dort wieder gehen muss. Anfangs war ich nur schwer dazu in der Lage, die Struktur des Wohnheims zu befolgen. Oftmals gelang es mir nicht einmal aufzustehen. Auch nicht ein paar Minuten früher. Es war ein ständiger Balanceakt herauszufinden, wie viel Tagesstruktur ich schaffen konnte und was zu viel war. Ich selbst hatte immer das Gefühl, viel Potenzial in mir zu haben, es allerdings nicht ausschöpfen zu können, weil die Erkrankung mich in vielerlei Hinsicht lähmte. Stück für Stück konnte ich mehr meine Erkrankung verstehen und lernen mit ihr umzugehen. Viele Gespräche mit Mitarbeitern, die sich voll investieren – so, wie jeder Bewohner es individuell braucht – rüsteten mich mit gutem Werkzeug aus. Fast unmerklich besserte sich mein Zustand und mein Seelenleben. Es gab Phasen, in denen ich mal mehr und mal weniger an Jesus dran war. Und dennoch

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„Ich bin eine 29-jährige Frau, die bis im Sommer 2017 etwa fünfeinhalb Jahre im de’ignis-Wohnheim gelebt hat. Ich freue mich sehr, etwas über meinen Weg im de’ignis-Wohnheim berichten zu dürfen und hoffe, dass jeder Leser ermutigt wird und Hoffnung schöpft. Meiner Zeit im Wohnheim gingen viele Psychiatrie- und Klinikaufenthalte voraus und die verschiedenen Menschen, bei denen ich im Laufe der Zeit gelebt habe, waren mit meiner Erkrankung nach einer Weile alle überfordert. Da ich schon als Kind in einer Freikirche aufwuchs und mit sieben Jahren mein Leben Jesus anvertraut habe, war mir der christliche Glaube immer wichtig. Er gab mir Halt. Und auch wenn dieser Halt allein nicht ausreichte, um innere Defizite zu bewältigen, war Jesus doch das Fundament meines Lebens. Ich wusste, dass er es gut mit mir meint und mich liebt, wie ich bin, auch wenn ich das nicht sehen konnte. Und so entschied ich mich für das de’ignisWohnheim mit christlichem Hintergrund als „nächste Station“. Meine größte Sorge während der ersten Zeit im Wohnheim war, wie ich es überhaupt dort aushalten sollte. Ich fühlte mich dem nicht

richtete er mich innerlich wieder auf und führte mich in eine Freiheit hinein, für die ich unbeschreiblich dankbar bin. Leicht war dieser Weg nicht, aber effektiv und umfassend! Von Zeit zu Zeit schaute ich zurück und konnte sehen, wie ich mich weiterentwickelt hatte. Ich entwickelte mich so gut, dass ich letztlich eine Ausbildung als Industriekauffrau auf dem ersten Arbeitsmarkt erfolgreich abschließen konnte. Währenddessen bekam ich sogar die Möglichkeit für ein einmonatiges Auslandspraktikum in England. Wie oft bin ich auf diesem Weg an meine Grenzen gekommen! Aber auch hier stand die gesamte Mitarbeiterschaft hinter mir und unterstützte mich, wo sie nur konnte. Gott sei Dank habe ich einen Beruf entdeckt, der mir Spaß macht und den ich erstaunlich gut meistern kann. So konnte ich mich in die Arbeitswelt, also in die Firma und in die Berufsschule integrieren. Als ich nach der Ausbildung einige Absagen auf Bewerbungen oder Vorstellungsgespräche bekommen habe, wurde ich nochmals auf die Probe gestellt, war aber erstaunlich gefestigt, sodass ich mein Leben auch außerhalb des de’ignis-Wohnheims meistern konnte. Nach mehreren Zeitarbeitsjobs habe ich nun eine Festanstellung mit großer Verantwortung bei einem attraktiven Arbeitgeber gefunden. Im Großraum meiner ursprünglichen Heimat lebe ich jetzt in einer eigenen Wohnung und habe ein eigenes Auto. Dabei bin ich wirklich stolz darauf, dass ich das erste Mal in meinem Leben in der Lage bin, selbstständig zu leben. Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, was ich alles im de’ignis-Wohnheim gelernt habe und wie gut ich auf das „richtige“ Leben vorbereitet wurde – und ja, das Putzen gehört eben auch zum Leben. Mag es einem als de’ignis-Bewohner vielleicht viel zu viel „Putzerei“ sein, so entspricht es doch sehr der Realität, wenn neben einem Vollzeitjob


Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, was ich alles im de’ignis-Wohnheim gelernt habe und wie gut ich auf das „richtige“ Leben vorbereitet wurde

das Putzen, Waschen, Bügeln und Kochen alleine zu erledigen ist. In diesem Sinne wünsche ich jedem de’ignisBewohner, dass er die Hilfsangebote schätzen lernt und nutzt. Und allen anderen, deren Herz für das de’ignis-Wohnheim schlägt, und die einen Teil dazu beitragen, dass diese Arbeit möglich ist, möchte ich danken – ihr habt mein Leben verändert!“

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Aktuell

Fachklinik • Wohnheim • Institut • Stiftung

In der de’ignis-Fachklinik erhalten Menschen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burn-out, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf sie ausgerichtete Behandlung. Zusätzlich bietet sie Nachsorge- und Sonderprogramme mit einzelnen Sozialversicherungsträgern sowie verschiedene Präventionsangebote an. ↗ Ab Seite 47 Das de’ignis -Wohnheim nimmt Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Es deckt die Bereiche des intensiven und teilstationären Heimbereichs, den Wohntrainingsbereich sowie den ambulanten Bereich ab. Dabei bietet es ein umfangreiches sozialtherapeutisches Programm an. ↗ Ab Seite 56 Das de’ignis -Institut bietet seit über 20 Jahren erfolgreich Fortbildung, Schulung, Supervision und Beratung für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche an, hierbei insbesondere die Fortbildung für Christlich-integrative Beratung und Therapie. Das Institut bildet eine Schnittstelle zwischen Medizin, Psychologie und Theologie. ↗ Ab Seite 50 Die de’ignis - Stiftung in Polen bietet bereits seit einigen Jahren Seelsorgekurse an und unterstützt den Aufbau eines Seelsorge-Beratungsstellen-Netzwerkes. Des Weiteren erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen in der de’ignis-Beratungsstelle in Warschau ambulante Psychotherapie. ↗ Ab Seite 61

de’ig n is-ma g a z in – Aktuell


Mehr Informationen auf www.deignis.de/Aktuelles

Gesundheitsvortrag „Herausfordernde Beziehungen“ Mit dem Messestand auf dem 37. Deutschen Kirchentag in Dortmund

Am Mittwoch, den 18. September 2019 hatte die de’ignis•Fachklinik in Kooperation mit der Volkshochschule Oberes Nagoldtal zu einem Gesundheitsvortrag „Herausfordernde Beziehungen: Wenn seelische Beschwerden Beziehungen belasten“ in das de’ignis-Gesundheitszentrum eingeladen. Dieser Vortrag war Teil der Themenreihe „Beziehungen – Ort heilsamer Begegnungen“. Der Referent Dr. med. Gerges ging in seinem Vortrag auf den Einfluss seelischer Beschwerden auf die Beziehungsgestaltung ein. Dabei wurden die gängigen unbewussten Funktionalitätsmöglichkeiten psychischer Störungen thematisiert sowie die Wichtigkeit derer psychotherapeutischen Aufdeckung für eine nachhaltige und stabile Rückbildung des psychischen Krankheitsbildes. Dann gab er noch einige Tipps für Angehörige im Umgang mit Betroffenen weiter z. B. der Partner oder die Familie sei nicht der Therapeut und solle dies auch nicht sein, Aussagen wie „Reiß dich zusammen“ oder „Stell dich nicht so an“ sollten vermieden werden, da die Betroffenen dies nicht könnten und solche Aussagen verletzten und dass Angehörige eher motivieren sollten Hilfe zu holen, Hoffnung auf Genesung machen und einen Schutzraum für Gesundung bieten, ohne den Betroffenen in Watte zu packen und ihm alles abzunehmen usw.. Am Ende des Vortrags gab es noch die Möglichkeit für Rückfragen, wovon rege Gebrauch gemacht wurde. Die de’ignis-Fachklinik bietet an den Standorten im Nordschwarzwald und Stuttgart regelmäßig Gesundheitsvorträge für die interessierte Bevölkerung an.

2019 – Was für ein Vertrauen. Unter diesem Motto •fandKirchentag vom 19. bis 23. Juni 2019 der 37. Deutsche Kirchentag in Dortmund statt. Insgesamt 121.000 Besucher nahmen an den fünf Tagen im Juni am Kirchentag teil. 41.000 Tagesgäste und rund 8.000 Dauerteilnehmer darunter de’ignis mit zwei Ständen. Begonnen hat es mit dem Eröffnungsgottesdienst bei strahlendem Sonnenschein am Mittwochabend. Beeindruckend war dabei, wie viele unterschiedliche Menschen in Einheit zusammenstanden und die gleichen Lieder sangen. Unser Messestand mit unserem Claim „Kompetenz. Und Gottvertrauen.“ passte sehr gut zum Motto des Kirchentages. Es gab viele Interessierte die unseren Stand besuchten, auch solche, die die Fachklinik noch nicht kannten. So konnten wir Hilfsbedürftigen oder deren Angehörigen Informationen zu unserem Angebot geben oder Beschäftigten aus dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie Pfarrern, Diakonen, Seelsorgern usw. de’ignis vorstellen. Auch ehemalige Patienten haben sich gemeldet und sich nochmals für die sehr wertvolle Zeit bei de’ignis bedankt. Wir haben uns sehr über die tolle Resonanz gefreut und auch darüber, den Kirchentag miterlebt zu haben.

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Ergotherapie und Bewegungstherapie für Kinder und Jugendliche in Stuttgart Gerade Kinder und Jugendliche benötigen in ihrer Entwicklung Fürsorge, Begleitung, Unterstützung und Schutz, um unter anderem in einer leistungsorientierten Gesellschaft ihre Persönlichkeit optimal entfalten zu können und emotional sowie mental gesund heranzuwachsen. Wir unterstützen sie dabei. Kostenfrei.

Zentrum Stuttgart ganz neu ambulante Einzel- und Gruppenangebote in Ergotherapie und Bewegungstherapie für Kinder und Jugendliche kostenfrei an. Das Angebot soll Kindern und Jugendlichen unter anderem dabei helfen psychische Grundleistungsfunktionen wie Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer, Flexibilität und Selbständigkeit in der Tagesstrukturierung zu fördern. Koordination, Körperwahrnehmung, Interaktionsfähigkeit und die sozioemotionale Kompetenz zu verbessern sowie die Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Die de’ignis-Fachklinik möchte diese Leistungen in Ergotherapie und Bewegungstherapie für Kinder und Jugendliche gerne kostenfrei auf Spendenbasis anbieten, um so die Jüngsten unserer

Gesellschaft zu unterstützen und vielen Kindern und Jugendlichen, die davon profitieren würden, den Zugang zu diesem ambulanten Programm zu ermöglichen. Wenn Sie das Projekt gerne unterstützen möchten, können Sie Ihre Spende an folgendes Konto richten: Verwendungszweck: Spende KiJu-Arbeit de’ignis-Fachklinik gGmbH Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE85 6426 1853 0066 6240 37

Interessierte Eltern, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Kinderärzte, Schulen, Kirchen und Gemeinden können sich gerne per Mail an info@deignis.de melden, um mehr über das Angebot zu erfahren.

de’ig n is-ma g a z in – Aktuell – Fachklinik

Foto: Kikovic / istock

Kinder und Jugendliche zu unterstützen ist schon lange ein •Anliegen der de’ignis-Fachklinik. So bieten wir nun im de’ignis-


Umbaumaßnahmen am Klinikcampus in Altensteig Wir erweitern den Klinikcampus in Altensteig um unsere Patienten auch weiterhin bestmöglich auf Ihrem Weg zur Gesundheit unterstützen zu können. Freuen Sie sich auf neue Funktionsräume und einen vergrößerten Wellnessbereich.

In der Abteilung Altensteig der de’ignis-Fachklinik wird der •Klinikcampus umgebaut und erweitert. Im Präventionsbereich

Raum für Gruppenangebote, Impulsvorträge und Andachten sowie ein moderner Gymnastikraum und daran angeschlossen ein Fitnessbereich befinden wird.

kommen neue, schön eingerichtete Präventionszimmer hinzu. Darüber hinaus wird der Wellnessbereich ausgebaut und erhält eine weitere Sauna, Erlebnisdusche und Ruhebereich. Zudem kommt ein neues Gebäude zur Entwicklung der Therapieräume hinzu, in dem sich zukünftig ein großzügiger, multifunktionaler

Aktuell dauern die Baumaßnahmen noch an, werden jedoch Ende 2019/Anfang 2020 abgeschlossen sein und unseren Patienten zur Verfügung stehen.

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Was macht das Fortbildungsangebot von de’ignis so einzigartig?

Was macht die Fortbildungsangebote von de’ignis so besonders? Welche Vorteile habe ich, wenn ich diese Angebote in Teilen oder ganz besuche? Ist eine Verbindung von Wissen und Glauben möglich?

verbinden wir klinische und sozialtherapeutische Kompetenz mit einer kontinuierlichen Theorieentwicklung. Aufgrund unserer christozentrischen spirituellen Erfahrung • und theologischen Kompetenz gelingt uns ein bewusstes Crossover der Grenze zwischen Theologie und Psychologie. Aufgrund unserer klaren biblischen Positionierung und • gleichzeitiger Interkonfessionalität und Interkulturalität basiert unser theologischer Standpunkt auf den Prinzipien der SolaAussagen Luthers und ergänzend dazu an der gemeinsamen Erklärung des Lutherischen Weltbundes und des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen über Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre. Unsere Hermeneutik ist an der Kanonischen Exegese orientiert. Unser wissenschaftlicher Beirat besteht aus Mitgliedern anerkannter Konfessionen. Aufgrund der hohen Fachkompetenz unserer Mitarbeiter • und Referenten gelingt uns eine Gesamtschau medizinischer,

Aspekte und deren Vermittlung auf hohem Niveau durch Selbsterfahrung und praktische Übungen. Aufgrund unseres engagierten und persönlich gelebten • Glaubens bieten wir einen wissenschaftlich fundierten Theorierahmen, in dem Glaube und Wissenschaft, Theologie und Psychotherapie nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern sich in dem von uns entwickelten Konzept der Christlich-integrativen Beratung und Therapie (CiBT) zu einer Theorie der menschlichen Existenz verbinden; hin zu einer Anthropologie, die besonders im bio-psycho-sozial-spirituellen Modell des Menschen, neben anderen Modellen und der Praxis der CiBT ihren Ausdruck findet. Zusammengefasst

Das Ineinandergreifen von hoher Fachkompetenz, einer christozentrischen überkonfessionellen Theologie mit persönlichen Glaubenserfahrungen (Gottvertrauen) sind das unverwechselbar Besondere und Einzigartige unserer Fortbildungs- und Schulungsangebote. Folgende Aspekte kennzeichnen die einzelnen Fortbildungsangebote:

psychiatrischer, psychotherapeutischer und sozialtherapeutischer

de’ig n is-ma g a z in – Aktuell – Institut

Foto: Tom Merton / Caiaimage

Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im ambulanten • und stationären Bereich der Behandlung psychischer Störungen


Kurs in begleitender Seelsorge

Fortbildung in christlich-integrativer Beratung und Therapie (CiBT)

Wochenendseminare, die innerhalb von zwei Jahren angeboten werden, werden Sie in begleitender Seelsorge ausgebildet. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt dabei auf der Begleitung von Menschen mit psychischen Schwierigkeiten im Gemeindekontext. In diesem Kurs ist Raum und Zeit für die persönliche Seelsorge und geistlichen Zuspruch durch ein großes Mitarbeiterteam. (Eine Übersicht zu bevorstehenden Terminen finden Sie auf ↗Seite 59)

CiBT basic Innerhalb von sieben dreitägigen Intensiv-Seminaren werden in einer kleinen Gruppe grundlegendes Wissen und Tools für die Lebensberatung vermittelt und Grundlagen für therapeutisches Handeln gelegt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Vermittlung von Krankheitsbildern (Psychoedukation, insbesondere bei Angststörungen und Depressionen), Lebensberatung unter Einbezug des Glaubens als Ressource, Stressbewältigung und Training von Kommunikation sowie theologischer Kompetenz. Dabei wird das persönliche Glaubensleben der Teilnehmer gestärkt und die Persönlichkeitsentwicklung gefördert.

Gesundheitscoaching Mit der eigenständigen Fortbildung in Gesundheitscoaching im betrieblichen und privaten Kontext erwerben Sie innerhalb von fünf zweitägigen Seminaren in überschaubarer Gruppe die Befähigung zu Aufbau und Durchführung von Gesundheitscoaching z. B. innerhalb eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) oder einer Gemeinde und lernen andere zur Entwicklung eines gesunden Lebensstils sowie zu Spiritualität als Kompetenz und Haltung anzuleiten.

CiBT advanced Aufbauend auf CiBT basic vermittelt CiBT advanced vertieftes Wissen, praktische Fähigkeiten und Werkzeuge für Berater/ innen und Therapeuten/Therapeutinnen mit Schwerpunkt auf Kompetenz für Spiritualität. Mit den Seminaren von CiBT advanced und den begleitenden Praxiserfahrungen werden Sie optimal auf das Aufgabenfeld eines Heilpraktikers/einer Heilpraktikerin für Psychotherapie vorbereitet. Sie werden befähigt:

• eigenständig Behandlungen nach Diagnosestellung anhand der Schemata AMDP1-, OPD2- und SPIR3 durchzuführen. • interpersonelle Psychotherapie (IPT), systemische Tools und gezielte Interventionen der kognitiven Verhaltenstherapie, der Akzeptanz- und Commitment-Therapie, der Arbeit mit dem Schema-Modusmodell und verschiedenste kreative Elemente in Beratung und Psychotherapie einzusetzen. • die Übertragung-Gegenübertragungs-Situation optimal zu steuern, durch ständige Selbsterfahrung und Supervision während des Kurses • die Spiritualität des Klienten in die Beratung und Therapie mit einzubeziehen

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Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie (AMDP) 2 Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) 3 SPIR – Halbstrukturiertes klinisches Interview zur Erhebung einer „spirituellen Anamnese“

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are Alle Semin ln auch einze buchbar!

Die Termine zu den einzelnen Fortbildungsangeboten in der Übersicht Veranstaltungsort: de’ignis-Fachklinik, Walddorfer Straße 23, 72227 Egenhausen

Seminare CiBT basic Psychische Krankheitsbilder I 12. bis 14. Dezember 2019

Tiefenpsychologisch orientierte Therapie -Tools 14. bis 16. Mai 2020

Einführung in allgemeine Psychotherapie und Überblick über alle psychischen Krankheitsbilder anhand der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10). Dabei Vertiefung von einem der häufigsten Krankheitsbilder: affektive Störungen.

Einführung in tiefenpsychologische Ansätze und die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) – ein hilfreiches Werkzeug für die Einschätzung eines Patienten. Zudem Training für die therapeutische Arbeit mit „inneren Anteilen“.

Gesprächsführung und systemische Beratung 6. bis 8. Februar 2020 Vermittlung von Grundlagen einer effektiven Gesprächsführung mit dem Schwerpunkt des systemischen Ansatzes. Zudem Erlernen von handwerklichen Fähigkeiten wie im Krisenfall umgegangen werden muss.

Theologische Grundlagen 23. bis 24. April 2020 Vertiefung systematischer Theologie und Einführung in Anthropologie und Ethik nach einem überkonfessionellen Ansatz sowie Einbezug von Gebet in die Beratung.

Fortbildung in Gesundheitscoaching Term ine auf Anfra g e Einführung BGM und Grundlagen Coaching Darstellung möglicher Arbeitsfelder für das Gesundheitscoaching und Vermittlung der theoretischen Grundlagen sowie des rechtlichen Rahmens. Erlernen von Methoden zur Bedarfsanalyse und der Gesprächsführung.

Stressmanagement und Resilienz Vermittlung von umfassendem Wissen und Werkzeugen zum Thema Stressmanagement, Entspannung und Life-Balance. Außerdem Erlernen eines auf Stärken fokussierten Persönlichkeitsmodells (Big Five).

Psychische Krankheitsbilder II 18. bis 20. Juni 2020 Vertiefung des Wissens über das Krankheitsbild der Angststörungen. Heranführung an die Psychoedukation bei psychischen Störungen im Allgemeinen und speziell bei Angststörungen sowie affektiven Störungen.

Seminare CiBT advanced

Prävention mit und durch Bewegung Vermittlung, wie Motivationsprozesse zu einem andauernden Bewegungsverhalten des Klienten entwickelt werden können mit Transfer in den beruflichen und sonstigen Alltag.

Gesunde Ernährung Vermittlung von Grundlagen der Ernährungsphysiologie und -psychologie und Spiritualität mit Transfer in Alltag und Beruf des Klienten.

Psychische Krankheitsbilder IV 14. bis 16. November 2019 Vermittlung von Wissen zu Persönlichkeitsstörungen, Posttraumatischer Belastungsstörung, Ess-Störungen und weiteren spezifischen Störungen wie Schlafstörungen und chronische Schmerzen, sowie Ansätze für die Therapie.

Prüfungsvorbereitung : Heilpraktiker für Psychotherapie 16. bis 18. Januar 2020

Tools und Methodik Vermittlung von Tools für die eigenständige Durchführung von CoachingTätigkeiten im beruflichen Rahmen und psychosozialen Umfeld.

Vertiefungstag – Supervision und Selbstfürsorge Reflexion der eigenen Coachingpraxis.

Informationen zu den Fragen: Wie funktioniert die schriftliche und mündliche Prüfung? Wie bereite ich mich vor? Wie gründe ich eine Praxis? und Training der mündlichen Prüfung.

Glaube und Psyche 19. bis 21. März 2020 Vertiefung von Inhalten der praktischen Theologie: Religionspsychologie, Theorie und Praxis des gelebten Glaubens (Spiritualität) und charismatische Wirkfaktoren.

de’ig n is-ma g a z in – Aktuell – Institut


Kompetenz. Und Gottvertrauen.

30 Jahre

Michael (IT-Organisator), Teilnehmer der CiBT Fortbildung:

ustag findet am Der nächste Camp tt. Weitere 25. April 2020 sta online auf Sie n de Termine fin ildung deignis.de/fortb

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de’ignis-Institut gGmbH · Markgrafenweg 17 72213 Altensteig · Telefon +49 (0) 7453 94 94 - 0 institut@deignis.de · www.deignis.de

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Alle weiteren Informationen finden Sie auf www.deignis.de

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Einstieg jederzeit möglich!

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Das de’ignis-Institut bietet Ihnen berufsbegleitende Fortbildungen in Christlich-integrativer Beratung und Therapie sowie Gesundheitscoaching. Dabei werden Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik sowie Pädagogik in einem ganzheitlichen Konzept integriert. Erhalten Sie praxisnah Einblick in die christlich-integrativen Therapie- und Beratungskonzepte von de’ignis und lernen Sie diese in Ihre eigene Arbeit zu integrieren.

Überzeugen Sie sich selbst beim stag. nächsten Campu Jetzt anmelden!

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Ich kann sagen, dass diese Ausbildung insgesamt auf allerhöchstem inhaltlichen sowie organisatorischen Niveau liegt.


Die Fortbildungsangebote des de’ignis-Instituts in der Übersicht Unsere Angebote in Fortbildung und Coaching sind breit aufgestellt und eignen sich sowohl für Einsteiger als auch Fortgeschrittene. Wenn Sie Fragen zu einzelnen Fortbildungsangeboten haben, kontaktieren Sie uns gerne!

Christlich-integrative Beratung und Therapie advanced

Spezifische Seminarangebote:

Vertieftes Wissen, praktische Fähigkeiten und Tools für Berater und Therapeuten

Christlich-integrative Beratung und Therapie basic Grundlegendes Wissen und Tools für die Lebensberatung

Gesundheitscoaching

Interpersonelle Psychotherapie Vermittlung des diagnosenspezifischen Psychotherapieverfahrens

„Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy“ Vermittlung des Traumatherapieverfahrens

Aufbau und Durchführung von Gesundheitscoaching (Prävention)

Psychoedukation Kurs in begleitender Seelsorge

Systematische und strukturierte Vermittlung von psychischen Krankheitsbildern

Ausbildung in der Begleitung von Menschen mit psychischen Schwierigkeiten Empfohlen für Fortgeschrittene

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Empfohlen für Einsteiger

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de’ignis wird 30 – und deshalb bekommen Sie zum Jubiläum ab sofort 30 Prozent Jubiläumsrabatt bei Buchung der Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung und Therapie basic.*

*Die Fortbildung CiBT basic umfasst die sieben Seminare A – G. Bezahlung des Gesamtbetrags vor dem ersten Seminar. Nähere Informationen unter 07453 9494 -0 oder per E-Mail an institut@deignis.de. Das Angebot ist bis zum 31.12.2019 gültig.

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Teilnehmerstimmen der Fortbildung in Christlich -integrativer Beratung und Therapie

„An dem Konzept von CiBT hat mich von Anfang an begeistert, dass es psychologischtherapeutisches Fachwissen mit der Sicht von Persönlichkeit, Gesundheit und Krankheit aus biblischer Perspektive verbindet.“

„Meine Fortbildung in CiBT endete im Februar 2018 und liegt damit nun schon ein gutes Jahr zurück. Diese rund dreijährige Fortbildung prägt mein persönliches, wie auch mein berufliches Leben nachhaltig. Im Sommer 2017, nach bestandener HPPPrüfung, eröffnete ich meine Praxis für Beratung und Psychotherapie. In jeder einzelnen Sitzung atmet immer etwas CiBT. Insbesondere aus den Bereichen Psychoedukation, interpersonelle Psychotherapie, Entspannungsverfahren und „Life-Balance“. Auch profitiere ich stark von guten Hilfen zur Gesprächsführung, Aufbau einer Therapeuten/Klientenbeziehung und Befunderhebung. Die Verknüpfung mit christlichen Werten und Menschenbild auf der einen Seite und fachlich fundierten Kenntnissen aus der Psychopathologie und Therapieverfahren auf der anderen Seite, ist in meinen Augen etwas Einzigartiges. Mein Gottesbild wurde durch den Gedanken, dass Jesus Christus der wahre Therapeut ist, bereichert. Das Konzept der Fortbildung hat wirklich die Bezeichnung „christlich-integrative Beratung und Therapie“ verdient.“ Norb er t, Pa stor

Gabriele, L ehrerin

„Die Verknüpfung mit christlichen Werten und Menschenbild auf der einen Seite und fachlich fundierten Kenntnissen aus der Psychopathologie und Therapieverfahren auf der anderen Seite, ist in meinen Augen etwas Einzigartiges.“

„Das Bedürfnis, seelsorgerliche Kompetenzen zu vertiefen, zu erweitern und in gewisser Weise zu professionalisieren, war der Beweggrund, mich zu CiBT basic anzumelden und anschließend im CiBT advanced fortzufahren. Bisher hat jedes Seminar, durchgeführt von Fachleuten mit entsprechender Erfahrung aus verschiedenen Bereichen wie Psychiatrie, Psychotherapie, seelsorgerlich-therapeutischer Arbeit u. v. m., mir einen großen Zuwachs an Wissen, Erkenntnis und Praxisorientierung gebracht. Ich erlebe die Zeit bei de’ignis jedes Mal als eine Herausforderung, mich dem in Theorie und Praxis vermittelten Ansatz zu stellen, ihn soweit wie möglich an mich heranzulassen – und der Effekt ist, dass es mir vorkommt, um in einem Bild zu sprechen, als ob ich in meinem Inneren mit klarem Wasser durchspült werde, erhellend, reinigend, befreiend und – in der Summe – sehr erfreuend.“

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de’ig n is-ma g a z in – Aktuell – Wohnheim


de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor Grosse Fortschritte beim Neubau

Bis auf die Außenanlagen ist der neue große Anbau des de’ignis•Wohnheims fertiggestellt. Notwendig geworden war diese

zellen, die Zimmer, die Küchen, die Flure etc. müssen selbstständig gereinigt und in Ordnung gehalten werden, schließlich soll der Aufenthalt im de’ignis-Wohnheim, speziell in den Räumlichkeiten des Neubaus, der zunehmenden Verselbstständigung dienen, so dass es zur Vorbereitung für das zukünftige Leben in einer eigenen Wohnung wird. Diesem Ziel dienen auch die Umbauarbeiten in den Bestandsgebäuden. Hier werden die bestehenden Stockwerke in Wohnungen umgebaut. So sind wir nach wie vor von vielen baulichen Aktivitäten umgeben, Außenanlagen, Umbau etc. Langweilig wird es uns im de’ignis-Wohnheim also nicht.

Baumaßnahme durch das Inkrafttreten der Landesheimbauverordnung von Baden-Württemberg. Im Neubau haben alle Bewohner Einzelzimmer mit Nasszelle und Zugang zu einer großen Küche für jeweils 6 Personen. Über diesen Zuwachs an Privatsphäre äußern sich unsere Bewohner sehr erfreut und auch von der Möglichkeit über die zusätzlichen Küchen sich ganz oder teilweise selbst verpflegen, wird reichlich Gebrauch gemacht. Allerdings ist der Einzug in den Neubau auch mit einem Zuwachs an Eigenverantwortung verbunden. Die Nass-

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Seelsorge, wie wir sie sehen. Teilnehmer des Kurses berichten. •

Seelsorge ist die Begleitung von Menschen durch Seelsorger mit geistlicher und fachlicher Kompetenz. Sie ist heilend und befreiend, weil sie bei jedem Menschen seine schöpfungsgemäße Natur und individuelle Berufung freisetzt. Damit ist Seelsorge ein wichtiges Therapeutikum für eine gesunde und befreite Lebensqualität. Der de’ignis Seelsorgekurs vermittelt, wie fundierte psychologische, theologische Fachkenntnisse, sowie spirituelle Kompetenz Hilfe in Lebenskrisen und seelischen Nöten für sich selbst empfangen, aber auch weitergegeben werden kann.

Herzenssache! • „Warum ich den de’ignis-Kurs in begleitender Seelsorge

empfehle? Gott liegt es am Herzen, seine geliebten Kinder zu sich zu ziehen, zu verändern und für den Bau seines Reiches zu stärken. Ich erlebe in den Seminaren: • Gottes Herz: Wie er uns im Lobpreis begegnet und zu uns spricht. • Seine Liebe: Wie er uns ganz persönlich mit seiner Zuwendung berührt. • Seine Freisetzung: Wie er uns Hoffnung schenkt, befähigt und beruft. Außerdem genieße ich die liebevolle Gemeinschaft mit Menschen, die mit Jesus unterwegs sind. Ein Seminar voller Wärme! Herzenssache – für Teilnehmer wie für Mitarbeiter.“ Mein Herz schlägt für verwundete Menschen • und Mitarbeiter in Kirchengemeinden

„Ich habe den Kurs in begleitender Seelsorge gemacht, da mein Herz für in der Seele verwundete und verletzte Menschen schlägt. Ganz speziell für all die Menschen und Mitarbeiter die sich in den Kirchengemeinden und alle die sich im Reich Gottes investieren. Ich beobachte seit längerem, dass für all sie

oft wenig Raum und Möglichkeiten vor Ort vorhanden sind, um ihre Verletzungen mit seelsorgerlicher und Gottes Hilfe aufzuarbeiten und heilen zu lassen.“ Heilung von sehr tiefliegenden Wunden • „Im Kurs in begleitender Seelsorge habe ich sehr viel für mich

mitgenommen an Informationen, wertvollen Begegnungen und in erster und wichtigster Linie: Heilung von sehr tiefliegenden Wunden, die teilweise bis in meine früheste Kindheit gereicht haben. Diese Heilung ist sehr tief und dauerhaft. Ich merke der Schmerz ist weg und ich habe eine neue innere Freiheit empfangen. Ebenso gefällt mir die Vielzahl der Gemeindearten aus denen die Teilnehmer und Mitarbeiter kommen. Es spielt keine Rolle, aus welchem konfessionellen Hintergrund man kommt. Einzig das Miteinander, Zurüsten, Heilwerden und gestärkt Weitergehen zählt. Genau dafür schlägt auch mein Herz und deshalb arbeite ich zwischenzeitlich auch sehr gerne bei den Seminaren mit, damit noch mehr Menschen in ihrem Leben davon profitieren und frei werden, um ihre Berufung zu erkennen und leben zu können.“

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Kurs in begleitender Seelsorge Zur Begleitung von Menschen in Lebenskrisen, Glaubensfragen und psychischen Nöten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, fundiert mit solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung ist das Fundament aller Seminarinhalte. Dieser Seelsorgekurs umfasst insgesamt 10 Seminare. Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Der Kurs in begleitender Seelsorge soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen in Lebenskrisen, Glaubensfragen und psychischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennen zu lernen.

Seminar 6 14. bis 15. Februar 2020 Biblisches Menschenbild (Anthropologie), Therapie des Herzens, hören auf Gott, umfassende Konzeption biblischer Seelsorge

Seminar 7 27. bis 28. März 2020 Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zu Mitmenschen und zu sich selbst in Vergangenheit und Gegenwart

Seminar 8 17. bis 18. Juli 2020 Identitätsentwicklung und -störungen, Auswirkungen auf die Persönlichkeit

Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden. Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.deignis.de/Fortbildungen oder unter der Telefonnummer 07434 7234 -176

Veransta ltung s or t : Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen www.tabor-schulungszentrum.de

S em inarleitung : Winfried Hahn

Seminar 9 18. bis 19. September 2020 Die Persönlichkeit des Seelsorgers, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbstkritik und Introspektion

Seminar 10 27. bis 28. November 2020 Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Burnout und andere Belastungsstörungen Weitere Termine und Informationen finden Sie auf unsere Website unter www.deignis.de/fortbildung/seelsorge-schulung

www.deignis.de/fortbildung de’ignis -Institut gGmbH • Markgrafenweg 17 • 72213 Altensteig Telefon 07453 9494-0 • institut@deignis.de • www.deignis.de


Kompetenz. Und Gottvertrauen.

Fit für den Alltag. Unsere Gesundheitskurse.

Meine Seele fühlt sich gut .

Jetzt online anmelden!

Unsere Präventionsangebote bieten Ihnen die Möglichkeit, gesundheitlich für den Alltag vorzusorgen. Erlernen Sie in unseren Gesundheitskursen zum Beispiel die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Eine einfache und schnelle Art, im Alltag körperlich und seelisch zu entspannen. Unser Rückenschulkurs trägt zur Stabilisierung Ihres Rückens bei und gibt Ihnen vielfältige Tipps für einen gesunden Rücken. Weitere Informationen finden Sie online auf www.deignis.de/gesundheitskurse de’ignis-Fachklinik gGmbH • Schwabstraße 55 • 70197 Stuttgart Telefon 0711 6205 9076 • Fax 0711 6205 7501 • info@deignis.de

Einfühlsame Spitze. Im Team und bei Dir selbst. 2. Platz in der Kategorie „Kliniken“

Wir sind eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Und wir glauben. Daran, dass Menschen dann am besten helfen können, wenn es ihnen selbst gut geht. Dafür tun wir so einiges – Sie werden angenehm überrascht sein. Und wenn Sie glauben, dass Beruf Berufung sein sollte, dann möchten wir Sie kennenlernen.

Alle Stellenangebote auf www.deignis.de z. B. Oberarzt*Oberärztin z. B. Psychologische*r Psychotherapeut*in (Stuttgart) z. B. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in (Stuttgart)

de’ignis-Fachklinik gGmbH • Walddorfer Str. 23 • 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0 • Fax 07453 9391-193 • info@deignis.de

Wer‘s glaubt, wird glücklich.


Neues von der de’ignis-Stiftung in Polen Großes Interesse für de’ignis-Schulungen

Referent PD Dr. Scheiblich mit unserer Übersetzerin Ivonna Cich

An unserer 10-teiligen Seelsorgeschulung in Wroclaw nehmen •regelmäßig ca. 50 Personen teil. Auch freuen wir uns über

großer Anteil der Teilnehmer zum ersten Mal die Summerschool besuchten und am Ende der Woche voller Freude meinten, sie freuen sich auf 2020. Es sind viele neue Kontakte geschlossen worden und es eröffnen sich weitere Möglichkeiten zur Intensivierung der Arbeit der Christlichen Stiftung de’ignis Polen. Die Referenten Winfried Hahn und Herbert Scheiblich sind dankbar für die Möglichkeit der Summerschool und freuen sich ebenfalls auf das nächste Jahr. Eine rund um gelungene und gesegnete Woche.

zunehmendes Interesse bei unseren Fortbildungsveranstaltungen in Warschau, die dem Aufbau unseres Seelsorge- und Beratungsstellennetzwerkes im ganzen Land dienen. Vom 19. bis zum 25. August 2019 fand zum zweiten Mal die Summerschool mit dem Thema „Interpersonelle Psychotherapie und Angst“ statt. Es waren über 50 Teilnehmer. In einer guten Atmosphäre geprägt von geistlichen Impulsen und hoher Konzentration vertieften die Teilnehmer ihre beraterische und therapeutische Kompetenz. Erfreulich war auch, dass ein

Auf der folgenden Seite die Rückmeldung einer Teilnehmerin des Kurses.

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Folgend die Rückmeldung einer Teilnehmerin in authentisch „polnisch-deutschem Original“:

„Zwischen dem 19. und 24. August 2019 fand ein zweites Sommer Therapiecamp statt in Pomysk Wielki. Camp ist organisiert bei de’ignis Poland … Für mich als Ärztin, lehrend Interpersonal Therapie, während meine Spezialisierung in Kinder- und Jugend Psychiatrie das war unvergesslich und fruchtbar Zeit. Das Sommer Camp ist in einem wunderschön gelegenen Haus an einem sauberen und großen See. Die Lage des Hauses ermöglicht es, die Natur zu genießen. Reiten, Joggen, Spazierengehen, Schwimmen, Radfahren – solche Unterhaltung gibt es dort. Sport und Belustigung sind jedoch nicht alles was dieses Camp zu bieten hat. Tägliche die Teilnehmer beteiligt sich in sechsstündigen Vorträgen und Übungen. Das war sehr intensiv Zeit, man konnte viele neue Informationen lernen. Die Vorträge befassten sich mit der professionellen Herangehensweise an Angststörungen und der Fortführung der IPT-Psychotherapie. Die Übungen wurden in Gruppen abgehalten, in denen Sie Ihre persönliche Geschichte teilen und das neu erworbene Wissen üben konnten. Außerdem ist die Zeit in Pomysk Wielki eine großartige Gelegenheit, neue Leute aus ganz Polen kennenzulernen. Sie sind Menschen, die in der Seelsorge und Beratung engagiert sind und an der Verbesserung ihrer Kompetenzen interessiert sind. Neue Kontakte und Bekanntschaften sind ein untrennbarer und sehr wichtiger Bestandteil des Campus. Beziehungen stärken den täglichen Gottesdienst und das Gebet. Ich empfehle die Sommer Schule im nächsten Jahr von ganzem Herzen!“ Die Verf a sserin ist der R e da ktion b ekannt

Rahmenbedingungen und Ziele unserer Arbeit in Polen

Unser Seminar und Tagungshaus in Pomysk bei Bytow ist durch das große Engagement unserer Hauseltern Anja und Joussek sehr gut besucht. Beim Aufbau einer stationären Einrichtung sind wir bis jetzt noch nicht weitergekommen, aber der Plan und die Vision sind nach wie vor in unserem Herzen. Ohne das hohe Engagement von Agnieska, unserer unermüdlichen Übersetzerin und Büroleiterin in Warschau wäre diese ganze Arbeit nicht möglich. Auch sie steht auf unserer monatlichen Gehaltsliste. So sind wir bestrebt, einen kleinen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten, auch wenn die politische Atmosphäre zwischen Polen und Deutschland immer wieder gewissen Schwankungen unterworfen ist. An der Offenheit gegenüber unserer Arbeit im Land und der Herzlichkeit, die uns überall, wo wir tätig sind, begegnet, hat das nichts geändert. Von Deutschland ist im letzten Jahrhundert sehr viel Not über die Völker Europas gebracht worden. Wenn wir ein bisschen dazu beitragen können, dass von unserem Land Segen ausgeht, sind wir dafür sehr dankbar. Deshalb, liebe Freunde, bleibt uns bitte treu mit Euren Geben und Eurer Unterstützung.

Winfrie d Ha hn Vorstandsvorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis Polen Spendenkonto:

Christliche Stiftung de’ignis Polen • Sparkasse Pforzheim IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 • BIC: PZHSDE66XXX

de’ig n is-ma g a z in – Aktuell – Stiftung


Kompetenz. Und Gottvertrauen.

Gipfelstürmer. Durch Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik auf christlicher Basis. In der de’ignis-Fachklinik erhalten Sie bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burnout, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf Sie ausgerichtete Behandlung. Nutzen Sie auch unsere Präventionsangebote, um bereits heute Ihrer seelischen Gesundheit nachhaltig etwas Gutes zu tun.

Meine Seele verdient die beste Behandlung.

Besuchen Sie uns auf www.deignis.de de’ignis-Fachklinik gGmbH • Walddorfer Straße 23 • 72227 Egenhausen • Telefon 07453 9391-0 • info@deignis.de


de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 • 72227 Egenhausen • Telefon 07453 9391-0 • info@deignis.de

de’ignis-Fachklinik Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen • Sanatoriumsbehandlung • Nachsorge IRENA und Psy-RENA • Angebote zur gesundheitlichen Prävention und Vorsorge • Assessment-Center

de’ignis-Wohnheim Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik • individuelle Betreuung

de’ignis-Institut Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben • Seelsorgekurs • Vernetzung von Fachleuten • Fortbildung in Christlichintegrativer Beratung und Therapie • Gesundheitscoaching • Supervision • ambulante Beratungsstellen • Sozialpädagogische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien • Weitere Angebote zur Prävention

de’ignis-Stiftung Polen Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten • Ambulante Therapieangebote, stationäre in Planung • Schulungen • Freizeitpädagogik

Besuchen Sie uns auf www.deignis.de


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