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Traumatischen Erfahrungen mit Schematherapie begegnen

Traumatischen Erfahrungen mit Schematherapie begegnen

Im Bereich der Pharmako-, Psycho- und Soziotherapie wurden in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erreicht. Eine Vorstellung und Bewertung einzelner Verfahren.

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Von Dr. rer. nat. Marie-Luise Armbruster

•Einführung in die Schematherapie Erfahrungen „prägen“ uns. Glücklicherweise sind die meisten von uns durch viele positive Erlebnisse geprägt: Eine Großmutter, die spannende Geschichten erzählen konnte, ein guter Freund in der Nachbarschaft, ein Lehrer, der es gut mit einem meinte, eine bestandene Führerscheinprüfung. Ebenso wie positive Erfahrungen können uns aber auch belastende Erfahrungen prägen, z.B. erlebte Ausgrenzungen durch Mitschüler, im Schatten des Geschwisterkindes stehen, emotionale Distanziertheit im Elternhaus etc. In Abhängigkeit der prägenden Erfahrungen entwickelt ein Mensch in seinem Leben sowohl positive als auch negative Schemata.

Schemata (siehe auch Abb. 1) Doch was genau versteht man unter einem Schema? Ein Schema ist ein breites, übergeordnetes (dysfunktionales) Thema oder Muster. Es entwickelt sich in der Kindheit und Jugend, wird im Laufe des Lebens immer wieder aktiviert, sodass es sich festigt und unflexibel werden kann. Es handelt sich um eine Art Eigenschaft („trait“) und beinhaltet Erinnerungen, körperliche Wahrnehmungen, Emotionen und Kognitionen. Ein Schema bezieht sich auf sich selbst und die Beziehung zu anderen. Gesunde Schemata entstehen, wenn Grundbedürfnisse von Kindern erfüllt werden. Hierdurch können Kinder ein positives Bild über sich selbst, über andere Personen, die Welt als Ganzes und über Gott entwickeln. Bleiben wesentliche Bedürfnisse unerfüllt (z.B. durch kritische Lebensereignisse), können ungünstige Schemata entstehen, wie Schemata der Unzulänglichkeit, der Unterordnung oder der Abhängigkeit.

Schemamodi Was haben diese meist früh geprägten Schemata mit unseren heutigen Reaktionen zu tun? In belastenden Alltagssituationen können negative Schemata erneut aktiviert werden. Die Aktivierung eines Schemas (also das Erleben von Gefühlen, Gedanken, Körperempfindungen oder Erinnerungen „von damals“) nennt man Schemamodus. Hierbei handelt es sich im Vergleich zum Schema (trait) um einen vorübergehenden (funktionellen) Zustand einer Person (state). Ist ein Schema aktiviert, handeln die Betroffenen ähnlich wie in der früheren Situation, in der sie sich z.B. ängstlich und hilflos fühlten. Weil die Gefühlserinnerungen so stark sind, können sie auf ihre erwachsenen Fähigkeiten nicht zugreifen und „kippen“ in alte, ungesunde Verhaltensmuster.

Im Folgenden werden die einzelnen Modi kurz dargestellt (siehe auch Abb. 1): Kindmodi: Im Kindmodus zeigen wir unsere Gefühle und Bedürfnisse echt und spontan (sozusagen wie Kinder es tun). Unterschieden wird das „verletzte Kind“ (fühlt sich einsam, traurig, ängstlich etc.), das „wütende oder impulsive Kind“ (fühlt sich verärgert, entrüstet, frustriert, reagiert sich glücklich, sicher und geborgen). Wesentliche Ziele in der Schematherapie sind, zu lernen, sein verletztes Kind zu trösten, zu umsorgen und zu ermutigen, sein wütendes Kind zu begrenzen und Wut angemessen zu äußern und dem glücklichen Kind Raum zu geben (z.B. bewusst angenehme Aktivitäten einplanen, genießen). Innere Elternmodi: Unter inneren Eltern-Modi versteht man zum Selbst gehörende innere Instanzen. Hierbei handelt sich um erlernte und verinnerlichte negative Bewertungen, Regeln und Normen enger früherer Bezugspersonen. Unterschieden wird zwischen dem inneren Bestrafer (auch „innerer Kritiker“ genannt) und dem inneren Antreiber. Ersterer aktiviert in uns negative uns selbst in Frage stellende Aussagen (z.B. „Du bist ein Versager, taugst nichts, hast

„flapsig“) und das „glückliche Kind“ (fühlt nichts Gutes verdient“). Letzterer aktiviert äußerst hohe Maßstäbe (Perfektionismus, z.B. „Du musst Bestleistung erbringen, um von anderen anerkannt zu sein.“). Sind die inneren Eltern stark aktiviert, führt dieses gleichzeitig zu einer inneren Anspannung, da die kindlichen Bedürfnisse (z.B. nach Annahme und bedingungsloser Liebe) bedroht erscheinen.

Ungünstige Bewältigungsmodi: Diese Modi sind früh angeeignete Strategien, die dazu dienen, die Spannung zwischen den Bedürfnissen der Kind-Modi und den Erwartungen der Eltern-Modi zu reduzieren. Denn sie haben die Funktion Unangenehmes zu verhindern (z.B. Ablehnung) und/oder Positives herzustellen (z.B.

Geschichte der Schematherapie

Die Schematherapie wurde in den 1990er Jahren von Jeffrey Young entwickelt, insbesondere für Patienten, die von der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie nicht profitierten sowie für Patienten mit Persönlichkeitsstörungen. Die Schematherapie verbindet Elemente aus kognitiver Verhaltenstherapie, Bindungstheorie, Tiefenpsychologie und erlebnisorientierten Techniken. Der Schwerpunkt liegt auf der therapeutischen Beziehung, der emotionalen Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse sowie auf der Arbeit an überdauernden Verhaltensmustern und dahinter liegenden Schemata, Emotionen und Bedürfnissen. Inzwischen wird die Schematherapie aufgrund ihrer guten Wirksamkeit und der hohen Patientenzufriedenheit auch bei verschiedenen anderen seelischen Erkrankungen (z.B. Essstörungen, Zwangsstörungen, Posttraumatischer Belastungsstörung) eingesetzt. Darüber hinaus wird die Arbeit mit Schemata auch in Beratung, Coaching und Pädagogik angewendet.

Abb. 1

Anerkennung/Liebe). Sie werden angewendet, wenn Gefahr wahrgenommen wird, dass die wesentlichen Bedürfnisse nicht gesättigt werden könnten. Wie in den klassischen Gefahrensituationen unterscheidet man zwischen den Strategien Flucht, Kampf und Erstarren: Im Gefühlsvermeidenden Modus (Flucht) versuchen die Betroffenen ihren eigenen Gefühlen auszuweichen (z.B. Fassade zeigen, keine Gefühle zulassen, intellektualisieren) oder ihre Gefühle zu

Gesunder Erwachsenenmodus (GE) Achtsame und selbstreflexive Grundhaltung Fähigkeit, verschiedene Handlungsmöglichkeiten abzuwägen bei gleichzeitig hoher Reaktionsflexibilität Einsatz hilfreicher Selbstinstruktionen hinsetzen.“) Angemessene Versorgung der Kind-Modi betäuben (z.B. durch Alkohol, essen, sich in die Arbeit stürzen, PC spielen etc.). Im Überkompensierenden Modus (Kampf) finden sich Verhaltensweisen wie etwas zwanghaft kontrollieren, sich oder die eigene Leistung besonders hervorheben (Selbsterhöhung) und sich hierdurch über andere stellen, aber auch Entwertungstendenzen mit Angriffen und sich Vorteile verschaffen ohne offene Konflikte (lügen, manipulieren). Im Unterordnenden Modus zeigen die Betroffenen ein angepasstes Verhalten, indem sie sich meist unbewusst dem anderen unterordnen und fügen. Sind ungünstige Bewältigungsmodi über einen längeren Zeitraum stark ausgeprägt, können hieraus zunehmend psychische Beschwerden (wie z. B. Depressivität) und damit einhergehender Leidensdruck entstehen.

Gesunder Erwachsenenmodus: Jeder von uns hat bereits einen gesunden Erwachsenenmodus. Dieser ist im Alltag aktiviert, wenn unsere positiven Schemata aktiviert sind. Wir können somit auf hilfreiche, positive und wertschätzende Aussagen über uns selbst zugreifen und entsprechend gesund handeln. In herausfordernden oder belastenden Situationen können wir jedoch nicht immer auf unsere positiven Schemata zugreifen, vielmehr können dann negative Schemata und damit einhergehend auch ungünstige Modi aktiviert werden. Ziel der Schematherapie ist es, den gesunden Erwachsenenmodus als sogenannten Lösungsmodus zu fördern. Doch wodurch genau kennzeichnet sich der gesunde Erwachsenenmodus aus? Dieses

Fähigkeiten im Gesunden erwachsenen Modus (GE)

Erläuterung

Der GE nimmt seine eigenen Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse, aber auch Situationen in seinem Umfeld achtsam wahr, als Grundvoraussetzung dafür, gesund reagieren zu können. Ebenso reflektiert er sich und die Situationen, in denen er sich befindet. Dieses ermöglicht es ihm, aus den zuvor automatischen Verhaltensweisen bewusst auszusteigen.

Der GE wägt Handlungsalternativen nach seinen Zielen und Werten ab anstatt starr nach bestimmten Regeln zu handeln. Er kann flexibel reagieren, indem er prüft, was in der jeweiligen Situation angemessen und zugleich funktional ist. Hierbei berücksichtigt er seinen eigenen Akku-Stand, also wie viele Ressourcen ihm zur Verfügung stehen.

Der GE setzt bewusst hilfreiche Selbstinstruktionen ein, also Anweisungen an sich selbst, um sich dabei zu unterstützen, neue Verhaltensweisen in den Alltag zu integrieren. Hierdurch werden gleichzeitig die Aussagen der inneren Eltern relativiert. (z. B. „Ich darf Pausen im Alltag einbauen“, anstatt zuvor: „Erst wenn alles erledigt ist, darfst du dich

wird in Abb. 2 zusammengefasst.

Der GE kann sich seinem verletzten Kind zuwenden, es trösten und ermutigen. Er kann seinem wütenden Kind angemessen Grenzen setzen und seine Gefühle als GE gegenüber anderen vertreten. Außerdem kann er das glückliche Kind unterstützen, indem er ihm genug Raum im Alltag gibt.

Behandlungsansätze der Schematherapie bei traumatischen Erfahrungen Wenn es nun um die Begegnung mit traumatischen Erfahrungen in der Schematherapie geht, ist es das übergeordnete Ziel, mehr Stabilität im Alltag des*der Patient*in zu erlangen. In der Sprache der Schematherapie gesprochen geht es darum, den gesunden Erwachsenenmodus zu fördern. Hierzu müssen gleichzeitig andere Modi wie ungünstige Bewältigungsmodi sowie strafende und fordernde Anteile reduziert, aber auch die Kindmodi „nachversorgt“ werden. Zu Therapiebeginn wird nach der Anamneseerhebung gemeinsam mit dem*der Klient*in sein individuelles Moduskonzept (siehe Abb. 3) erarbeitet. Es dient als „innere Landkarte“ und hilft dem*der Klient*in, sich selbst besser zu verstehen, seine automatischen Verhaltensmuster schneller zu erkennen und zum Teil bereits daraus auszusteigen, weil er nun „merkt, was passiert“. Die Schematherapie bedient sich im Allgemeinen drei verschiedenen Elementen: erlebnisbasierte, verhaltensverändernde sowie kognitive Interventionen. Anhand eines kurzen Fallbeispiels sollen die unterschiedlichen Interventionsmöglichkeiten nun dargestellt werden:

Fallbeispiel Eine Klientin, Elke S., schildert in der Therapiesitzung, dass sie kürzlich bei einem Konflikt mit dem Vorgesetzten „mal wieder“ ein starkes und körperlich erlebbares Angstgefühl gehabt habe, so dass sie in eine völlige Passivität und Anpassung „gefallen“ sei. Ihr hätten die Worte gefehlt, um mitzuteilen, dass sie sich benachteiligt sehe. Stattdessen habe sie auf den Boden geschaut und dem Vorgesetzten Recht gegeben. Ihr Ziel sei es, in solchen Situationen zukünftig ihr Anliegen selbstsicher vertreten zu können. Zunächst ordnen wir während unserer Sitzung die Situation in das Fallkonzept der Klientin ein. Elke S. befand sich in der Situation in ihrem kindlichen Angstmodus bzw. nutzte die ungünstige Bewältigungsstrategie der Anpassung (Erstarren) als Schutz, um sich kurzfristig nicht noch ängstlicher und hilfloser zu fühlen. Hierdurch werden

Einfaches Modusmodell (Roediger, 2009; ergänzt nach Hersberger, 2016)

tröstet

tröstet

Kind-Modi Gott

stärkt

Gesunder Erwachsener

Spannung begrenzt

begrenzt

Innere-Eltern-Modi

Bewältigungs-Modi

Klinische Symptome

Abb. 3

allerdings langfristig ihr Selbstwert sowie ihre sozialen Kompetenzen geschwächt, weshalb sie sich nachvollziehbarerweise eine Verhaltensveränderung wünscht.

Erlebnisbasierte Interventionen: In der Therapiesitzung wird im Rahmen einer sogenannten Imaginationsübung das Gefühl aus der Alltagssituation (in unserem Beispiel das Gefühl in der Konfliktsituation mit dem Vorgesetzten) zunächst vertieft, indem die Klientin erneut spürt, wie sich dieses Gefühl anfühlt. Im nächsten Schritt wird sie angeleitet zu prüfen, ob sie dieses Gefühl „von früher“ kennt. Mit Hilfe dieser „Affektbrücke“ wird sie zu einer möglichen Situation geleitet, in der das Gefühl begründet in seiner Biografie vorhanden war. Zumeist können Patienten durch diese Imaginationsübung sehr gut eine oder mehrere Situationen nennen, in denen sie sich ähnlich fühlten. Unsere Klientin beschrieb eine Szene, in der sie den harschen Worten ihres Vaters hilflos ausgeliefert war. Ihr angepasstes Verhalten im Sinne von Schweigen und klein beigeben in der dortigen Situation habe eine noch schärfere Reaktion des Vaters verhindert. Im Folgenden wurden die Bedürfnisse der Klientin (nach Schutz, ebenso nach Gesehen werden ihrer eigenen Wünsche) herausgearbeitet. In der Imaginationsübung tritt nun Elke S. als Gesunde Erwachsene zusätzlich (zu ihrem damaligen Kind und ihrem Vater) in die Szene hinein und tritt für die Bedürfnisse des Kindes ein, indem sie z.B. stellvertretend für das Kind ihren Vater begrenzt und das Kind beschützt. Bei Klienten, bei denen der Gesunde Erwachsene-Modus noch nicht ausreichend ausgeprägt ist, kann der*die Therapeut*in zunächst als Modell stellvertretend in die Szene hineintreten und für die Bedürfnisse des*der Klient*in einstehen mit dem Ziel, dass diese Aufgabe im Therapieverlauf schließlich der Gesunde Erwachsene selbst übernimmt. Nachdem die Ursprungsszene „umgeschrieben“ wurde (Rescripting), wird das neu erlebte Gefühl (in unserem Beispiel Gefühl von Sicherheit und Stärke) vertieft und bei der Klientin verankert, bevor es in die Alltagszene mit „hinübergenommen“ wird. Sie wird dazu angeleitet, das Gefühl der Sicherheit und Stärke in der Alltagszene bewusst zu spüren, bevor sie aus diesem Gefühl heraus in der Imaginationsübung ihrem Vorgesetzten selbstbewusst ihre Meinung sagt. Hierbei

erlebte sie, dass sie in der Lage ist, sich mitzuteilen und somit gar nicht schweigen muss. Eine weitere Möglichkeit belastenden Erfahrungen mit Schematherapie zu begegnen ist die Arbeit an den inneren Elternmodi. Unsere Klientin entwickelte im Kontakt mit ihrem harschen Vater bereits früh innere Aussagen wie „deine Meinung ist nicht wichtig“, „mit dir stimmt etwas nicht“ und „du musst tun, was andere dir sagen“. Diese Aussagen prägten sich bei ihr ein und bestimmten oftmals ihr untergeordnetes Verhalten. Um gesunde, selbstsichere Verhaltensweisen weiter zu fördern, galt es somit, ihre inneren Elternmodi zu reduzieren. Hierzu kann eine weitere erlebnisbasierte Intervention eingesetzt werden, ein sogenannter Dialog auf Stühlen. Dazu wird der innere Elternteil (Kritiker oder Antreiber) in der inneren Vorstellung auf einen leeren Stuhl gesetzt. Gemeinsam mit dem*der Therapeut*in wird nun der innere Kritiker bzw. Antreiber mit Worten begrenzt und entmachtet. Klienten erleben es hierbei als äußerst entlastend, wenn der*der Therapeut*in stellvertretend ihren inneren Kritiker begrenzt (in unserem Beispiel zum inneren Kritiker gewandt: „Es ist eine Lüge, dass mit Elke etwas nicht stimmt. Sie ist wertvoll, so wie sie ist“). Patienten spüren eine innere Stärke, wenn sie im Verlauf der Sitzung selbst Worte der Entmachtung finden und sich gegenüber ihrem inneren Kritiker behaupten können (z.B. „Ich möchte nicht, dass du noch ein einziges Mal behauptest, ich sei nicht wichtig.“).

Verhaltensverändernde Interventionen: Um nun die ungünstige Bewältigungsstrategie der Unterordnung weiter aufzubrechen, gilt es die neuen Verhaltensweisen im Alltag zu etablieren. Eine Möglichkeit hierzu bietet das Soziale Kompetenztraining. In Rollenspielen können Alltagssituationen in der Therapie „nachgespielt“ und gesunde, selbstsichere Verhaltensweisen eingeübt werden. Hierdurch macht unsere Klientin die Erfahrung, dass sie mit zunehmender Übung Worte findet, um sich in der beruflichen Situation mitzuteilen. Kognitive Interventionen: Eine mögliche Intervention auf kognitiver Ebene besteht darin, die Vor- und Nachteile des ungünstigen Bewältigungsmodus (z.B. der Unterordnung) in einer Tabelle zu notieren. Hierdurch sollen sowohl die Funktionalität des Verhaltens (Wozu dient mein Verhalten?), als auch dessen Schwierigkeiten (z.B. „Die eigene Meinung nicht mitzuteilen als Form der Unterordnung führt dazu, dass mein Gegenüber nicht einmal weiß, was ich möchte und somit auch nicht darauf eingehen kann.“) bewusstwerden. Diese Übung zielt darauf ab, sich durch das Bewusstmachen der Nachteile des Verhaltens für ein Ausbrechen aus dem alten, ungünstigen Verhalten und für einen Wechsel in den Gesunden Erwachsenenmodus zu entscheiden.

Schematherapie und christlicher Glaube Inwieweit nun sind Schematherapie und christlicher Glaube miteinander vereinbar? Luca Hersberger (2016) zeigt auf kreative und kompetente Weise, wie sich Schematherapie und christlicher Glaube ergänzen und bereichern. Das Ergebnis ist sichtbar in unseren Beziehungen: Je weniger wir Bewältigungsstrategien anwenden, die uns selbst oder anderen schaden (z.B. sich selbst oder andere abwerten, Fassade zeigen, um Gefühle vor uns selbst und anderen zu verbergen) und je mehr wir unsere Gefühle und Bedürfnisse im gesunden erwachsenen Modus authentisch zeigen, um so heilsamer und bereichernder erleben wir die Beziehungen mit anderen Menschen. Im christlich integrativen Modusmodell nach Hersberger (siehe Abb.3, Seite 33) wird deutlich, wie der christliche Glaube in die Therapie integriert wird. Gott, als der biblische Gott (nicht unser evtl. verzerrtes Gottesbild) ist derjenige, der den gesunden Erwachsenen stärkt, erquickt und befähigt, gesunde Beziehungen zu leben. Durch ihn lassen wir uns ausstatten, den inneren Kritiker zu begrenzen und die Kindmodi (selbst) zu trösten. Das Modell veranschaulicht gleichzeitig, dass Gott auch direkt die inneren Eltern begrenzen oder die Kindmodi versorgen kann. Unserer Klientin, die einen starken inneren Kritiker hatte, der ihre Meinung als nicht wichtig ansah, mögen Verse aus Psalm 139 helfen: „Ich danke dir, dass du mich so herrlich und wunderbar gemacht hast!“ (Vers 14a) sowie „Wie kostbar sind deine Gedanken über mich, Gott. Es sind unendlich viele“ (Vers 17). Wenn es um die Versorgung der Kindmodi geht, so erleben Klienten es als heilsam, in einer Imaginationsübung Gott an einem „inneren Ort“ zu begegnen, an dem sie sich sicher und geborgen fühlen. Hier entsteht zumeist eine sehr berührende Form des Gebets – eine Gottesbegegnung – in der die Klienten Gott als den erleben, der er wirklich ist: zugewandt, verständnisvoll, liebend, gnädig, ermutigend und manchmal auch humorvoll.

Zusammenfassung Die Schematherapie ist ein vielseitiges Verfahren, das erlebnisbasierte, verhaltensverändernde und kognitive Interventionen miteinander vereint mit dem Ziel, gesunde erwachsene, beziehungsorientierte Verhaltensweisen zu fördern und ungünstige Bewältigungsstrategien, die sich während belastenden Erfahrungen als Schutzmechanismus entwickelten, zu reduzieren. Hierfür gilt es, innere kritische Anteile zu reduzieren und verletzte kindliche Anteile rückwirkend zu versorgen. Das Verfahren ist mit dem christlichen Glauben sehr gut vereinbar und bietet eine Reihe von Ansätzen, wie der Glaube durch Schematherapie gestärkt und gleichzeitig gesunde Verhaltens- und Erlebensmuster durch den Glauben erweitert werden können. Klienten können ihr Verhalten und Erleben durch die Schemaarbeit besser wahrnehmen und verstehen, indem sie Alltagssituationen mithilfe ihres individuellen Moduskonzepts einordnen. Wenn es Klienten zunehmend gelingt, zuvor automatisch ablaufendes ungünstiges Verhalten und Denken abzulegen und langfristig hilfreiche Strategien anzuwenden, fördert das ihre Selbststeuerung, ihr Selbstwerterleben und ihre Beziehungsfähigkeit.

Literatur • Handrock et al., 2016. Schemaberatung, Schemacoaching, Schemakurzzeittherapie. Beltz. • Roediger, 2009. Was ist Schematherapie? Junfermann. • Reiss, Farrell, Shaw, 2015. Schematherapie erfolgreich anwenden. Junfermann. • Hersberger. Heilsame Beziehungen. Wenn christlicher Glaube und Schematherapie sich ergänzen. arteMedia, 2016. (evtl.: Weiterführende Literatur für alle an Schematherapie Interessierten: • Jacob et al. Andere Wege gehen: Lebensmuster verstehen und verändern - ein schematherapeutisches Selbsthilfebuch. Beltz, 2011. • Young & Klosko. Sein leben neu erfinden. Junfermann, 2006. • Roediger. Raus aus der Lebensfalle: Das Schematherapie-Patientenbuch. 2012.)

Autorin Dr. rer. nat. Marie-Luise Armbruster ist DiplomPsychologin, psychologische Psychotherapeutin und leitende Psychologin im de’ignisGesundheitszentrum Egenhausen.

„Ich danke dir, dass du mich so herrlich und wunderbar gemacht hast!“

Psalm 139, 14a

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