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Wolle – eine haarige Angelegenheit Wolle hat in der kalten Jahreszeit Hochsaison. Doch Wolle ist nicht gleich Wolle. Welche Wollarten gibt es, woher stammen sie, und was gilt es unter nachhaltigen Aspekten zu beachten? // Katrin Speer Wolle ist ein nachwachsendes Naturprodukt und eigentlich ein Sammelbegriff. Er bezeichnet Fasern, die aus dem Fell oder den Haaren von Tieren gewonnen werden. Im engeren Sinne ist es das geschorene Vlies, das Haarkleid des Hausschafes nach der Schur. Zur Wolle zählen aber auch Haare von anderen Tieren wie Alpaka, Lama, Kamel, Kaschmir- oder Mohairziege, Angora-Kaninchen und Possum – unabhängig davon, ob sie durch Scheren oder Zupfen gewonnen werden. Wegen ihrer einzigartigen Trageeigenschaften ist Wolle in der kalten Jahreszeit sehr beliebt. Sie ist leicht und wärmt angenehm. Zudem ist sie atmungsaktiv und temperaturausgleichend. Wolloberbekleidung schützt vor Wind und hält auch mal einen leichten Regen aus. Deshalb wird sie im Herbst und Winter – vom Strick bis zum Mantel – in verschiedensten Ausführungen angeboten.
Schafwolle – die älteste Spinnfaser der Welt Die Wolle vom Fell des Schafes ist die wichtigste tierische Faser und eine der ältesten Spinnfasern der Welt. Schafrassen werden gemäß dem Charakter ihrer Wolle klassifiziert. Die besonders feine Wolle der Merinoschafe wird gern für Unterwäsche und Sportkleidung eingesetzt. Die Wolle europäischer und deutscher Schafe hat eine gröbere Struktur und eignet sich eher für Outdoorbekleidung, Decken und Bettwaren. Laut der Tierschutzorganisation PETA gibt es rund eine Milliarde Schafe auf der Welt. Ein Großteil der Tiere lebt in Asien. Australien ist mit 73 Millionen geschorenen Schafen pro Jahr (Stand 2016) das größte Exportland für Wolle. Dort werden rund 25 Prozent des gesamten Wollaufkommens produziert. Große Wollexporteure sind außerdem China, Südamerika und Neuseeland.
Mulesing in Neuseeland verboten Die Herstellung von Wolle ist jedoch nicht unproblematisch. Krassestes Beispiel ist das Mulesing: Merinoschafen wird ohne jegliche Schmerzmittel die Haut rund um das Hinterteil entfernt. Das soll Fliegenmadenbefall verhindern. Der Initiative von Tierschutzorganisationen ist es zu verdanken, dass das Mulesing zumindest in Neuseeland seit dem 01. Oktober 2018 per Gesetz verboten ist.
Wolle vom Schaf hat sich schon seit Jahrhunderten bewährt. Foto: www.finkhof.de
Missstände wurden von PETA aber auch in anderen Bereichen der Wollindustrie aufgedeckt – wie beispielsweise im Bereich der Mohairziegen oder Alpakakaninchen. Beide Tierarten liefern besonders feine, luxuriöse Naturfasern, die im Vergleich zur Schafwolle aber nur in geringen Mengen produziert werden können. Auch die Weiterverarbeitung vom Rohstoff bis zum Textil entspricht oft nicht den Kriterien der Nachhaltigkeit. Um sie pflegeleicht und schädlingssicher zu machen, wird Schurwolle in der konventionellen Textilverarbeitung laut dem Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) oft mit Chemikalien ausgerüstet. Das führe zu Beeinträchtigungen beim Material wie beispielsweise in Hinblick auf das naturgegebene Selbstreinigungsvermögen und den Feuchtigkeitsspeicher des Rohproduktes.
Siegel für nachhaltige Wolle Das bekannte „Woolmark“-Wollsiegel sei zwar ein Garant für „echte Schurwolle“ (die vom lebendigen Schaf geschorene Wolle), eine Premium-Qualität, allerdings gemessen an den hauseigenen Standards. Wie so oft lohnt es also, beim Kauf genauer hinzuschauen. Ein Höchstmaß an Sicherheit in Sachen ökologischer, sozialer und tiergerechter Nachhaltigkeit bieten die Prüfsiegel der Naturmodebranche wie „aus kontrolliert biologischer Tierhaltung“ (kbT), „Naturtextil“ IVN Best, „Global Organic Standard“ (GOTS), „Responsible Wool Standard“ (RWS).
Neuseeländische Merinoschafe in ihrer natürlichen Umgebung – Tierschutz nach Neuseeländischem Vorbild auf ZQ-Merino -Farmen.
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Foto: Kaipara
der Spatz 4|2020