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Kakao und Schokolade
Weiter Weg zum Weihnachtsmann Vor Jahrhunderten war man als Kakaoerzeuger wohlhabend. Die braunen Schoten, die rund ums Jahr an den Bäumen wachsen, galten als wertvolles Zahlungsmittel. Heute lässt sich mit ihnen so wenig verdienen, dass viele Kleinbauern kaum davon leben können. Denn Schokolade ist zum billigen Massenprodukt geworden – auf Kosten von Mensch und Natur. Dabei können schon ein paar Cent einen gewaltigen Unterschied machen. Kakao ist eine tropische Dauerkultur, die nur entlang des Äquators gedeiht. Neben Wärme brauchen die immergrünen Bäume hohe Luftfeuchtigkeit, um gute Ernten hervorzubringen. Optimale Bedingungen finden sie in Westafrika, wo rund drei Viertel des Rohstoffs für den Weltmark geerntet und an den internationalen Börsen hoch gehandelt werden: Eine Tonne kostet derzeit mehr als 1.800 Euro. Nur ein verschwindend kleiner Teil davon landet jedoch bei den Erzeugern. Bauernfamilien an der Elfenbeinküste kommen nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ oft gerade mal auf ein Tageseinkommen von 50 Cent pro Familienmitglied. Dort und im Nachbarland Ghana arbeiten daher – trotz Versprechungen von Regierungen und Unternehmen – nach wie vor 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche als billige Arbeitskräfte auf den Plantagen. Dies hat eine Studie des US-Arbeitsministeriums kürzlich bestätigt. Nicht zuletzt deshalb fordern das entwicklungspolitische INKOTA-Netzwerk und das Forum Fairer Handel derzeit von der Bundesregierung ein umfassendes Lieferkettengesetz: Mit ihm wäre es möglich, Schokoladenhersteller künftig haftbar zu machen, wenn sie mit ihrem Handeln ausbeuterische Kinderarbeit unterstützen. Das allerdings würde vermutlich ein Aus für viele Weihnachtsmänner bedeuten, die schon seit Wochen als billige Massenartikel über die Produktionsbänder laufen.
Süßes mit bitterem Beigeschmack Armut ist eine der Hauptursachen für Kinderarbeit, heißt es beim Forum Fairer Handel. Deshalb appelliert der Dachverband für existenzsichernde Preise. Laut BMZ kommen bei einer Tafel Milchschokolade für 89 Cent nur etwa 6 Cent bei den Kakaobauern an. 71 Cent teilen sich Händler und Hersteller, die am großen Schokoladenhunger bestens verdienen. Statistisch gesehen verzehrt nämlich jeder Deutsche 10 Kilogramm pro Jahr. Tragisch ist die Situation nicht nur für die Erzeuger, sondern auch für die Natur: Um größere Ernten und Erlöse zu erzielen, roden die Kakaobauern immer mehr Regenwaldflächen. Das wiederum hat erhebliche Folgen für das Klima und die Artenvielfalt. Das BMZ hat daher vor ein paar Jahren mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL das Forum Nachhaltiger Kakao ins Leben gerufen. In diesem Verein haben sich rund 70 Akteure aus der Kakao- und Schokoladenindustrie, dem Lebensmittelhandel und der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen. Zum einen haben sie das Ziel, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kakaobauernfamilien zu verbessern. Zum anderen wollen sie die natürlichen Ressourcen bewahren und den Anteil an nachhaltigem Kakao auf dem Weltmarkt erhöhen.
Schokolade aus dem Ursprungsland Viele Schokoladen tragen das Siegel von UTZ, Rainforest Alliance oder das Fairtrade Zeichen des deutschen TransFair e.V. Damit erfüllen sie einen Mindeststandard, der Fair Pionieren wie GEPA nicht weit genug ist. Dort werden die Schokoladen im Interesse größtmöglicher Nachhaltigkeit fast nur noch aus Bio-Zutaten hergestellt und erreichen meist einen Fair Handelsanteil von 100 Prozent. So bleiben – kalkuliert am Beispiel der neuen GEPA Klimaschokolade #Choco4Change – rund 25 Prozent des Erlöses für die Kleinbauern und weitere 7 Prozent für Klimaschutzmaßnahmen vor Ort. Fairafric will noch mehr erreichen: Das ambitionierte Münchner Startup lässt nicht nur seinen Kakao in Ghana anbauen, sondern hat auch die Schokoladenverarbeitung und die Verpackung der Fairafric Tafeln dorthin verlegt. Auf diese Weise verlagert sich die gesamte Wertschöpfung ins Ursprungsland, es entstehen viele qualifizierte Arbeitsplätze und bessere Verdienstchancen. Mit dem Aufbau der ersten Chocolaterie-Schule Ghanas hat Fairafric gerade erst einen neuen Meilenstein erreicht. In Amanase haben junge Chocolatiers und Chocolatières ihre Ausbildung begonnen und lernen, aus lokal angebauten Zutaten feinste Schokoladenspezialitäten zu kreieren. Wie die Fairafric Tafeln sollen auch sie über den Onlineshop, Welt- und Naturkostläden sowie Cafés zu anspruchsvollen Genießern Bio-Schoko-Nikolaus finden. www.gepa-shop.de
Zurück zum besonderen Genuss Weg von der Masse, hin zur Klasse: Nach diesem Motto entstehen immer mehr Gourmet-Schokoladen aus ökologischer Erzeugung und Fairem Handel. Dabei ist nicht nur in der Chocolaterie, sondern bereits bei Anbau und Ernte Fingerspitzengefühl gefragt. Da die Bäume das ganze Jahr über tragen, müssen die reifen Früchte von Hand von den Ästen geschnitten werden, um die Blüten nicht zu beschädigen. Neben dem typischen Konsumkakao Forastero wird der erlesenere Criollo oder die aus beiden entstandene Kreuzung Trinitario gerne zu Kakao- und Schokoladenprodukten verarbeitet. Daneben kennt man bei Original Beans besondere Raritäten wie den peruanischen Chuncho, den bolivianischen Beniano, den ecuadoriani-
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der Spatz 5|2020