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#MeToo bewegt den Balkan Als eine serbische Schauspielerin ihren Schauspiellehrer der wiederholten Vergewaltigung beschuldigte, gab es einen Aufschrei von Frauen über die Landesgrenzen hinweg. Die #MeToo-Bewegung auf dem Balkan hat gerade erst begonnen. Text Aida Salihbegović
16 Weltzeit 1 | 2021
Das Jahr begann in Serbien mit einem Skandal. Mehrere Frauen beschuldigten den bekannten Schauspiellehrer und Regisseur Miroslav Mika Aleksić der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs. Alle waren Schülerinnen an seiner Schauspielschule, und mindestens eine von ihnen war minderjährig, als der mutmaßliche Missbrauch geschah. Milena Radulović, eine erfolgreiche 26-jährige serbische Schauspielerin, war die erste, die im Januar ihre Geschichte der Öffentlichkeit erzählte. In einem Interview sagte sie, Aleksić habe sie vergewaltigt, als sie 17 war: „Ich war sechs Jahre lang auf der Schule von Mika Aleksić, als er mich vergewaltigt hat. Es geschah nicht nur einmal.“ Das Interview löste auf dem gesamten Westbalkan eine Lawine von Reaktionen aus. Andere Frauen und Opfer sexueller Belästigung, nicht nur in Serbien, sondern auch in Kroatien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina, erhoben ihre Stimme gegen die Gewalt. Viele von ihnen äußerten sich wie Radulović.
Eine Revolution starten Das Thema sexuelle Belästigung sei immer noch das größte Tabu in der Region, Frauen empfinden Scham und haben Angst, darüber zu sprechen, erklärt Sanja Pavlović, Aktivistin des Autonomen Frauenzentrums Belgrad, gegenüber der DW. „Wir haben uns als Gesellschaft am wenigsten mit diesem Problem auseinandergesetzt. Wir haben die schwächsten Gesetze und die geringste Anzeigequote, wenn es um Vergewaltigung und sexuelle Belästigung geht. Dieses Interview hat eine Revolution ausgelöst“, so Pavlović.