DW FREEDOM
Phoebe Kong ist DW-Korrespondentin in Hongkong. In den vergangenen Jahren berichtete sie oft aus China und Taiwan.
Zum Schweigen gebracht
24 Weltzeit 1 | 2021
©©DW/P. Kong
einen abschreckenden Effekt mit sich bringen. Insbesondere Aktivistinnen könnten eine entscheidende Rolle spielen. Agnes Chow, die die inzwischen aufgelöste politische Partei Demosisto gründete, wurde zusammen mit Joshua Wong im vergangenen Dezember zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die 23-Jährige ist nicht nur eine Ikone der pro-demokratischen Bewegung in Hongkong, sondern auch im benachbarten Japan, wo sie seit Jahren für Unterstützung wirbt. Ihre Inhaftierung sorgte in Japan für Schlagzeilen. Der Hashtag #FreeAgnes trendete in Japan auf Twitter. Das Jahr 2020 markierte einen Wendepunkt in der G eschichte Das Engagement von Frauen bei den Protesten ist generatioHongkongs. Für die Weltzeit b eschreibt die dortige Korrespondentin nenübergreifend. Vor Wochen der DW die gravierenden Auswirkungen des neuen Sicherheits traf ich die jüngste Asylbewerberin Hongkongs. Ein 15-jähgesetzes auf die Pressefreiheit in der Stadt. riges Mädchen, das aus Angst Text Phoebe Kong vor politischer Verfolgung allein ins britische Exil gegangen war. Eine 64-jährige Frau, die wäh Das Tränengas, das durch die Straßen in Hongkong wehte, ist für rend der Bewegung ständig protestierte und von ihren Mitstreitenviele vor Ort noch nachhaltig in Erinnerung. Ein Jahr danach sind es den liebevoll „Oma Wong“ genannt wird, wurde Berichten zufolge 14 nicht mehr der Rauch und Flammen, die Hongkong einhüllen, son- Monate lang in Festlandchina festgehalten. Es ist eine der bislang herausforderndsten Zeiten für die journadern eine allgegenwärtige Angst und Kälte. Einst die freieste Stadt in listische Arbeit in Hongkong – auch weil die schlimmste politische ganz Asien, steht Hongkong am Scheideweg. Die 2019 ausgebrochenen Anti-Regierungsproteste kamen Umwälzung auf eine öffentliche Gesundheitskrise trifft. Reportedurch Inhaftierungen inmitten der Corona-Pandemie zum Erliegen. rinnen und Reporter sind online und offline mit zunehmenden AnJüngste offizielle Zahlen enthüllen, dass bis Ende 2020 mindestens feindungen konfrontiert. Belästigende Einträge in den Sozialen Me10.200 Personen wegen ihrer Beteiligung an den Protesten festge- dien, diffamierende Kritik oder sogar Vergewaltigungsdrohungen sind Folgen, denen wir durch unsere Berichterstattung ausgesetzt nommen wurden, darunter 40 Prozent Studierende. Als Antwort auf die größten politischen Unruhen in China seit sein können. In den Redaktionen ist eine wachsende Selbstzensur Jahrzehnten verhängte Peking im vergangenen Juni ein Gesetz zur spürbar. Amtlicherseits wird versucht, kritische Berichterstattung nationalen Sicherheit über Hongkong. Es verbietet Subversion, Erb- einzuschränken: Die Maßnahmen reichen von der Verhängung von folge und Kollaboration mit ausländischen Kräften. Für „terroristi- Bußgeldern gegen Bürgerjournalistinnen und -journalisten wegen sche Aktivitäten“ können Verurteilte lebenslang hinter Gitter kom- Verstoßes gegen die Anti-Corona-Regeln bis zur strafrechtlichen men. Trotz seiner weitreichenden Wirkung wurde das Gesetz nicht Verfolgung einer preisgekrönten Journalistin, weil sie in einer Reporvon Hongkongs eigener Legislative geprüft, sondern lediglich vom tage über die Proteste berichten wollte. In diesem Jahr ist in Hongkong mit einem tiefgreifenden Wandel Parlament in Peking abgesegnet. Fast hundert Personen wurden unter dem weitreichenden Sicherheitsgesetz festgenommen, darunter in allen gesellschaftspolitischen Bereichen zu rechnen, insbeson55 Oppositionelle, die an einer Vorwahl teilgenommen hatten, sowie dere innerhalb der Zivilgesellschaft, in der Justiz, aber auch im Bilder Medienmogul Jimmy Lai und führende Aktivistinnen und Akti- dungswesen. Auch mit weiteren Urteilen gegen Aktivistinnen und visten. Das neue Gesetz könnte für das internationale Finanzzentrum Aktivisten muss gerechnet werden.