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Hessische Bergstraße
FRÜHLINGSGARTEN UND WEININSEL
Wenn es im März oder April mancherorts noch fröstelt, setzt an der Hessischen Bergstraße schon die prachtvolle Mandelblüte ein. Denn am westlichen Fuß des Odenwalds beginnt der Frühling meist ein paar Tage früher. Forsythien, Kirschen, Aprikosen und Magnolien folgen den Mandelbäumen.
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Aber nicht nur an der herrlichen Natur kann man sich erfreuen. ob Zwingenberg, Heppenheim, Alsbach oder Bensheim – überall laden pittoreske Altstadtviertel die Gäste zum Verweilen ein. Die quirligen orte längs der alten römerstraße „strata montana“ und die stillen täler des odenwalds sorgen für willkommene Abwechslung.
Bei wild und Forelle aus dem odenwald und einem guten Bergsträßer wein fühlt man sich hier schnell zu Hause.
Der hessische teil der Bergstraße ist seit 1971 ein eigenständiges weinanbaugebiet, dessen rebfläche von etwa 450 Hektar sich auf zwei räumlich getrennte Bereiche verteilt: Die „region Starkenburg“ beginnt südlich von Darmstadt mit vereinzelten weinbergen, nach Süden hin werden ab Zwingenberg die rebflächen geschlossener. weinbauliche Schwerpunkte finden sich in Auerbach, Bensheim und Heppenheim. Südlich von Heppenheim endet dieser Bereich an der hessischen Landesgrenze. Der zweite, wesentlich kleinere Bereich – die „odenwälder weininsel“ – trägt den offiziellen
Namen „Bereich Umstadt“. Sein Mittelpunkt ist das Städtchen Groß-Umstadt. Die besten weinlagen findet man in den zum rheintal hin geneigten Hängen, oft sind es Steillagen, die von den winzern bewirtschaftet werden. Am Melibokus bei Zwingenberg, dem höchsten Berg der region, sind die oberen teile der Lagen terrassiert. Durch die Aufgliederung in viele kleine Parzellen wirken die weinberge auf Urgesteinsböden sehr malerisch. In dem kleinen weinbaugebiet werden vornehmlich trockene und halbtrockene weine erzeugt. Die rebsorte riesling ist typisch für das Gebiet und wird ergänzt durch rivaner, Grauburgunder, Silvaner, Kerner und weißburgunder. Zunehmend werden auch die roten Sorten Spätburgunder, Dornfelder und St. Laurent angebaut.
Der Bergsträßer weinlagenweg ist ein herrlicher wanderweg mitten durch das weinanbaugebiet. Die abwechslungsreiche, hügelige Landschaft bietet großartige Ausblicke zum odenwald und über die rheinebene. Alljährlich am 1. Mai laden die Jungwinzer in die weinberge zwischen Heppenheim und Zwingenberg zur Bergsträßer weinlagenwanderung ein. Im rahmen des Bergsträßer weinfrühlings findet
HESSISCHE BERGSTRASSE IM ÜBERBLICK
Geografische Lage: eingebettet zwischen Neckar, rhein und Main im Schutz des odenwalds; dazu die odenwälder weininsel um Groß-Umstadt · Klima: beste Sonneneinstrahlung und genügend Niederschläge, geschützt gegen kalten ostwind durch den odenwald · Böden: leichtere Böden mit unterschiedlich hohem Lössanteil · Rebfläche: ca. 440 ha · Rebsorten: riesling, Müller-thurgau, Grau- und Spätburgunder
auch der Bergsträßer weintreff in Bensheim statt. Auch die größeren weinfeste bieten die Möglichkeit, den außerhalb des Anbaugebiets selten zu findenden wein der Hessischen Bergstraße näher kennen zu lernen. So lädt Zwingenberg an Pfingsten auf den historischen Marktplatz zum weinfest ein, Bensheim und Groß-Umstadt feiern im September. Auch der Bergsträßer weinmarkt in der Altstadt von Heppenheim bietet Ende Juni traditionell eine repräsentative weinauswahl. wer nicht zur weinfestzeit anreist, findet die raren tropfen auf jeden Fall in einer der zahlreichen Bergsträßer weinstuben. Information: Weinbauverband Hessische Bergstraße e. V. Kettelerstraße 29 64646 Heppenheim tel. 06252 75654 Fax 06252 788256 www.bergstraesser-wein.de info@bergstraesser-wein.de
Hessische Bergstraße: Höhepunkte der Weinkultur
DER ERLEBNISPFAD „WEIN UND STEIN“ IN HEPPENHEIM
„Wein und Stein“ ist das Motto des Erlebnispfads, der durch die Weinberge von Heppenheim an der Hessischen Bergstraße führt. Die monumentale Weintraube aus Porphyr und Granit setzt das Thema wortwörtlich um. Geschaffen hat sie der Künstler Adolf Mayer aus Tramin, der die Steine für die einzelnen Beeren an Flüssen seiner Südtiroler Heimat fand. Seine Skulptur mit dem Titel „Die Genesis von König Riesling“ erinnert daran, dass der König der deutschen Rebsorten seinen Ursprung im Roten Riesling hatte.
Kunst zwischen Reben Die Urform des weißen rieslings war im Mittelalter verbreitet, geriet dann aber in Vergessenheit – bis die Forschungsanstalt Geisenheim sich an die wiederbelebung der historischen rebsorte machte. 1996 wurden die ersten „Pilotreben“ in Heppenheim angepflanzt, wo sich inzwischen die weltweit größte Anbaufläche von rotem riesling befindet. Heppenheim gilt nicht nur als älteste, sondern auch als größte weinbaugemeinde der Hessischen Bergstraße. Kein wunder, dass hier auch der größte weinproduzent des Anbaugebiets seinen Sitz hat, die 1904 gegründete winzergenossenschaft „Bergsträßer winzer“, der rund 500 winzerfamilien angehören. Seit 2007 informiert der Erlebnispfad „wein und Stein“ über die Kulturgeschichte des weins. Auf dem sieben Kilometer langen rundweg dreht sich an rund 70 Stationen alles um den weinbau und die künstlerische Auseinandersetzung mit ihm.
Bergsträßer Winzer e. G. Heppenheim, Darmstädter Straße 56 tel. 06252 79940 www.weinundstein.net
WELTKULTURERBE KLOSTER LORSCH
Die prächtige Torhalle ist alles, was vom karolingischen Kloster Lorsch erhalten blieb. Und das auch nur mit viel Glück, denn 1797 war sie so baufällig, dass sie abgerissen werden sollte. Die Rettung des architektonischen Juwels ist allein dem damals regierenden Landgrafen und späteren Großherzog Ludwig I. von Hessen-Darmstadt zu verdanken. Er erwarb den um 850 errichteten Bau mit dem einzigartigen Fassadenschmuck und bewahrte damit eines der wenigen erhaltenen Monumente karolingischer Baukunst vor der Zerstörung.
Große Kunst für Karl den Großen Seit 1991 gehört Kloster Lorsch zum weltkulturerbe der UNESCo. Dem 764 gegründeten Kloster hatte der Papst höchstpersönlich die Gebeine des heiligen Nazarius übereignet. Die kostbaren reliquien lockten scharenweise Pilger nach Lorsch und brachten der region enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Dank umfangreicher Schenkungen wurde das Kloster bald zum Großgrundbesitzer. Von der Nordsee bis zu den Alpen reichten seine Ländereien. Sie umfassten neben Acker- und weideland auch weinberge und wälder, Bäche und teiche, Straßen und Brücken, ja sogar ganze Dörfer samt ihren Bewohnern. „wenn wir einen teil unseres Vermögens den Stätten der Heiligen schenken, wird uns das ohne Zweifel in der Ewigkeit nutzen“, erklärte Pfalzgraf Ansfrid in seiner Stiftungsurkunde aus dem Jahr 866.
Da Besitz rasch Begehrlichkeiten weckt, wurde Kloster Lorsch acht Jahre nach seiner Gründung unter den Schutz Karls des Großen gestellt. Der Frankenherrscher war zwar nur ein einziges Mal in Lorsch, machte dem Kloster aber bedeutende Schenkungen. Zu seinen Stiftungen gehörte Heppenheim, die bedeutendste weinbaugemeinde der Hessischen Bergstraße, und zwar „mit allem, was zu diesem Dorf von Gesetzes wegen gehört“, wie in der Stiftungsurkunde zu lesen ist – inklusive Grenzzäune und Marksteine. Die Abschriften von über 3.800 Stiftungsurkunden sind im Lorscher Codex erhalten, einer prachtvoll gestalteten Dokumentensammlung, die heute im Staatsarchiv würzburg aufbewahrt wird. Dass dort in über 1.000 Urkunden von weinbergen und weingärten die rede ist, zeigt, welch bedeutende rolle dem weinbau im Mittelalter zukam.
Museumszentrum mit UNESCO-Welterbe Lorsch, Nibelungenstraße 35 tel. 06251 103820 www.kloster-lorsch.de