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Mosel

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Franken

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RÖMER, RIESLING, STEILE HÄNGE

Das Anbaugebiet an Mosel, Saar und Ruwer gilt als älteste Weinregion Deutschlands. Die Römer brachten den Weinbau in großem Stil an die Mosel, die Mönche und Nonnen der mittelalterlichen Klöster entwickelten den Steillagenweinbau weiter. Unzählige Funde, darunter mehrere Kelteranlagen aus römischer Zeit, zeugen von der großen Weinbautradition.

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Heute befindet sich die Hälfte der rebfläche in Steil- und terrassenlagen mit über 30 Grad Hangneigung. Nirgendwo auf der welt gibt es mehr Steillagenweinberge als in dem fünftgrößten weinbaugebiet Deutschlands. Zwischen Koblenz und Zell (Bereich Burg Cochem) ist das Moseltal besonders eng. Da der weinbau in diesem Gebiet fast ausschließlich in terrassierten weinbergen möglich ist, wird diese region als terrassenmosel bezeichnet. Dort befindet sich der steilste weinberg Europas, der Bremmer Calmont mit einer Neigung von fast 70 %. Die Mittelmosel zwischen Briedel und trier (Bereich Bernkastel) gilt als Herzstück des Anbaugebiets. Dort sind die meisten reben zu finden, weltberühmte Steillagen reihen sich aneinander. Südlich von trier beginnt die obermosel, im Dreiländereck mit Frankreich und Luxemburg. traditionsreiche weinorte und weltberühmte

weinlagen finden sich an den Unterläufen der Nebenflüsse Saar und ruwer, die in der Nähe von trier auf die Mosel treffen.

Zu recht verstehen sich die winzer an Mosel, Saar und ruwer als riesling-Spezialisten, wächst die rebsorte doch auf über 5.000 Hektar rebfäche. Seinen besonderen Charakter erhält der riesling durch die geologischen und klimatischen Bedingungen in den Flusstälern. Die spät reifende rebsorte findet in den Steillagen ideale Anbaubedingungen. Die Schieferhänge speichern am tag die Sonnenwärme und geben sie nachts wieder ab. Die wurzeln der reben dringen tief ins Gestein ein, um sich mit wasser und Mineralien zu versorgen. Die reifephase zwischen Blüte und Ernte ist in den Steillagen besonders lang, oft werden die trauben erst im November geerntet. Das bringt den weinen Mineralität und feine Fruchtaromen. weltberühmt sind die edelsüßen weine, die bei Auktionen rekordpreise erzielen, aber der riesling vom Schieferboden erbringt zudem hervorragende feinherbe und trockene Gewächse, die in besonderer weise das terroir widerspiegeln. Schiefer und riesling dominieren die weinbergslagen. weitere rebsortenweine komplettieren das Angebot: Der rivaner ist die zweitwichtigste rebsorte, die alte rebsorte Elbling ist eine Spezialität der obermosel. Aus ihr werden frische, trockene weine und winzersekte erzeugt. weißer und Grauer Burgunder sowie Auxerrois sind weitere beliebte weißweine. Die rotweintradition früherer Jahrhunderte haben die Mosel-winzer seit Ende der 1980er Jahre wiederbelebt.

MOSEL IM ÜBERBLICK

Geografische Lage: Im westen Deutschlands, entlang der Mosel von der französischen Grenze bis Koblenz sowie an den Nebenflüssen Saar und ruwer · Klima: eine der wärmsten regionen Deutschlands, mildes Klima mit ausreichend Niederschlägen, optimale Sonneneinstrahlung in den Steillagen · Böden: vorwiegend Sedimentgesteine (ehemals Meeresböden von Urozeanen); an der obermosel Muschelkalk und Keuper; an Saar und ruwer sowie an der Mittelmosel von trier bis Zell Devon-Schiefer; von Zell bis Koblenz quarzitischer (teils auch kalkhaltiger) Sandstein mit Schiefer; in den tallagen Schotter-, Kies- und Sandablagerungen; an der Mittelmosel bei Ürzig rhyolith (vulkanisches Gestein) aus dem rotliegend · Rebfläche: ca. 8.800 ha · Rebsorten: riesling, Müller-thurgau, Elbling, Kerner, weißer und Grauer Burgunder, Spätburgunder, Dornfelder

Das Moselland ist eine attraktive reiseregion, die viele Erlebnisse in einer einzigartigen weinkulturlandschaft bietet: Klettern und wandern in Steillagenweinbergen, radfahren, wassersport, wellness in romantischen Hotels sowie Kulturfestivals vor antiker Kulisse. Viele winzer bieten Urlaub auf dem winzerhof an, die tore von weingütern, Vinotheken und Straußwirtschaften stehen zu weinprobe und Einkehr offen. Information: Moselwein e. V. Gartenfeldstraße 12a 54295 trier tel. 0651 710280 Fax 0651 45443 www.weinland-mosel.de info@weinland-mosel.de

Mosel: Höhepunkte der Weinkultur

DAS WEINGUT LUBENTIUSHOF IN NIEDERFELL

Auf den Schieferterrassen der Untermosel gedeihen die Reben des Niederfeller Weinguts Lubentiushof. Die extreme Steillage lässt den Einsatz von Maschinen in den Weinbergen nicht zu. Daher muss alles von Hand gemacht werden, und das braucht Zeit. Die nimmt sich Andreas Barth, gelernter Jurist und Quereinsteiger in die Welt des Weins, nur zu gerne. Und zwar so ausgiebig, dass er als Experte für langsamen Riesling gilt.

Langsamer Riesling Der Lubentiushof geht auf eine Kellerei der Fürsten von der Leyen aus dem Jahr 1711 zurück. Seit 1994 bewirtschaften Andreas Barth und seine Frau Susanne das weingut in Niederfell an der Mosel. Als es den beiden im ortskern des Moseldorfs zu eng wurde, entschieden sie sich, ihr Anwesen durch einen Neubau zu erweitern. So entstand auf einem winzigen Grundstück neben dem historischen winzerhaus ihre weinwerkstatt – ein Bau aus Stahl, Glas, Bruchstein und Beton, der sich harmonisch ins ortsbild einfügt. Senkrechte Holzstäbe vor der durchgehenden Glasfassade sorgen wie ein Vorhang für etwas Sichtschutz, und vom Dachgeschoss reicht der Blick über die Mosel bis zum Gondorfer Gänsberg. Dort, in der renommierten Steillage „Gondorfer Gäns“, liegt auch ein teil der gutseigenen weinberge. Auf den schroffen Schieferböden bringen bis zu 100 Jahre alte rieslingstöcke ursprüngliche weine hervor, denen Andreas Barth extrem viel Zeit zum Vergären lässt, und das ausschließlich mit natürlichen Hefen.

Weingut Lubentiushof Niederfell/Mosel, Kehrstraße 16 tel. 02607 8135 www.lubentiushof.de

DIE RÖMISCHEN KELTERN VON PIESPORT

Dass die Römer den Moselwein einst mit Füßen traten, beweisen die antiken Kelteranlagen, die sich an der Moselschleife bei Piesport erhalten haben. Wie es vor 1700 Jahren zuging, wenn Sklaven mit blanken Füßen die Trauben zerstampften, zeigen die Piesporter alljährlich Anfang Oktober beim Römischen Kelterfest. Dann schlüpfen Frauen, Männer und Kinder in Lendenschurz und Tunika, und die historische Kelter erwacht zu neuem Leben.

Salve, Piesport! Seit über den historischen Pressbecken eine Spindelkelter mit schwebendem Gewicht rekonstruiert wurde, ist die größte römische Kelter nördlich der Alpen wieder voll funktionsfähig. Die 44 Meter lange und 20 Meter breite Anlage wurde Mitte der 1980er-Jahre am Fuß der berühmten Steillage „Piesporter Goldtröpfchen“ entdeckt. Im 4. Jahrhundert haben hier schätzungsweise 130 Arbeiter an die 60.000 Liter Maische zu 30.000 bis 40.000 Liter wein im Jahr verarbeitet. Die zur Kelteranlage gehörende rebfläche könnte sich über 60 Hektar erstreckt haben. Die ungewöhnliche Größe lässt vermuten, dass die Piesporter Kelter ein staatlicher Betrieb war, der für die Präfektur in trier – vielleicht sogar für den kaiserlichen Hof – arbeitete. Für wen auch immer hier im großen Stil wein produziert

wurde – die römischen Keltern an der Mosel machen die region jedenfalls zu einem der ältesten weinbaugebiete Deutschlands.

Tourist-Information Piesport, Heinrich-Schmitt-Platz 1 tel. 06507 2027 www.piesport.de

DAS WEINGUT DER VEREINIGTEN HOSPITIEN IN TRIER

Der älteste Weinkeller Deutschlands liegt in Trier, genauer gesagt unter einem prächtigen Barockbau im Park der Vereinigten Hospitien. In dem um 1740 entstandenen Gebäude befindet sich heute ein Altenwohn- und Pflegeheim. Der Keller im Untergeschoss stammt allerdings aus der Zeit um 330. Damals ließ Kaiser Konstantin hier zwei riesige Speicherhäuser bauen, in denen neben Getreide auch der Wein von den römischen Weingütern entlang der Mosel gelagert wurde.

Kaiser Konstantins Weinlager Die kaiserlichen Lagerhallen waren mit jeweils 70 Metern Länge und 20 Metern Breite die größten römischen Zweckbauten nördlich der Alpen. Von den acht Meter hohen Seitenwänden hat sich ein Mauerstück in voller Höhe erhalten. Seine obere Hälfte ist im römersaal zu sehen, einem Veranstaltungsraum im Erdgeschoss des Barockbaus. Die untere Hälfte liegt heute ein Geschoss tiefer als zur römerzeit und bildet den weinkeller der Vereinigten Hospitien. In der Merowingerzeit wurden die schweren Gewölbe eingezogen, die auf wuchtigen rundpfeilern ruhen.

Die Stiftung selbst geht auf einen weiteren Kaiser zurück: 1804 ordnete Napoleon die Errichtung eines Spitals mit 100 Betten für verwundete Soldaten und 50 weiteren Betten für bedürftige Kranke an. Hierzu wurden die bislang von Klöstern betriebenen Siechenhäuser der Stadt zusammengelegt und als Vereinigte Hospitien in der aufgelösten Benediktinerinnenabtei Sankt Irminen untergebracht. Zum Stiftungskapital trägt bis heute das weingut der Vereinigten Hospitien mit seinen erstklassigen rieslingen von Mosel und Saar bei.

Weingut der Vereinigten Hospitien trier, Krahnenufer 19 tel. 0651 9451210 www.weingut.vereinigtehospitien.de

DIE WEINBERGSSONNENUHREN UM BERNKASTEL-KUES

Die Steilhänge entlang der Mittelmosel bilden die Kulisse für eine Zeitreise der besonderen Art: Inmitten der Weinberge heben sich von den dunklen Schieferfelsen immer wieder riesige weiß gekalkte Felder mit schwarzen Ziffern ab. Wenn die Schatten der Zeiger wandern, sieht man, wie die Zeit vergeht – vorausgesetzt, die Sonne scheint. Gleichzeitig markieren die Sonnenuhren auch die Filetstücke der Weinlagen, auf denen sonnenverwöhnte Reben Spitzenrieslinge von internationalem Ruf hervorbringen.

Zeitreise durch die

Weinberge wenige Kilometer westlich von Bernkastel-Kues ragt eine Sonnenuhr aus den weinbergen des winzerorts Brauneberg, die von Sommerzeit auf winterzeit umgestellt werden kann. Mit ihrem weithin sichtbaren Zifferblatt hat sie der Spitzenlage „Juffer Sonnenuhr“ den Namen gegeben. Auf dem blaugrauen Devonschiefer mit dem ungewöhnlichen Mikroklima werden im Sommer schon mal 41 Grad Celsius gemessen – das ist rekordverdächtig für deutsche Verhältnisse.

Etwas flussabwärts, im weindorf wehlen, wurde 1842 in der Steillage „Lammerterlay“ eine riesige Sonnenuhr angelegt; die war bald so populär, dass die weinlage kurzerhand in „wehlener Sonnenuhr“ umbenannt wurde. In unmittelbarer Nachbarschaft hebt sich in Zeltingen die größte weinbergsonnenuhr Deutschlands vom Steilhang ab. Die nächste bemerkenswerte Sonnenuhr folgt gleich darauf: Zum weinort Ürzig gehört die älteste Sonnenuhr an der Mosel. Sie schmückt die reste eines mittelalterlichen wehrturms, der von einer der drei Ürziger ritterburgen stammt.

Mosel-Gäste-Zentrum Bernkastel-Kues, Gestade 6 tel. 06531 500190 www.bernkastel.de

100 Jahre nach diesem denkwürdigen Besuch wurde eine Brücke zwischen trarbach und traben errichtet – auf ihr führte die erste Straße zwischen Bernkastel und Koblenz über die Mosel. Kurz darauf vereinigten sich die beiden Gemeinden, und das Doppelstädtchen traben-trarbach wurde 1904 zum zweitgrößten Dass neben dem Handel auch der Anbau und die Produktion des weins von Bedeutung sind, erklärt Stadtweinkönigin Anna I. von traben-trarbach. Die weinberge hoch über der Moselschleife sind zum teil so steil, dass sie nur von Hand oder mit der Monorackbahn bearbeitet werden können. Auf den tonschieferböden gedeihen vor allem rieslingreben, die weine von spritzig-leichtem Charakter und geschmacklicher Eleganz hervor-

TRABEN-TRARBACH

Stockfinster war’s, und die Wellen der Mosel peitschten gegen das Schiff, auf dem Goethe im November 1792 in einer stürmischen Nacht nach Trarbach kam. Entspannen konnte sich der Herr Geheimrat erst, als man ihm ein Glas „des köstlichsten Moselweins“ auftischte. Vielleicht waren’s auch zwei. Und womöglich hatte er am nächsten Morgen dann Augen für die malerische Ruine der Grevenburg, von der man noch heute einen fantastischen Blick über das Moseltal hat.

Hoch über der Moselschleife bringen.

weinumschlagplatz Europas nach Bordeaux. Tourist-Information traben-trarbach, Am Bahnhof 5 tel. 06541 83980 www.traben-trarbach.de

AM BREMMER CALMONT

Wer im Herbst an den Bremmer Calmont kommt, ist berauscht, noch bevor er den ersten Schluck Wein trinkt. Die leuchtenden Farben der Reben, die von sattem Grün über sonniges Gelb und warmes Orange bis zum feurigen Rot reichen, sind ein Fest für die Sinne. Dazu kommt die atemberaubende Landschaft der Moselschleife, die Halbinsel mit den Ruinen von Kloster Stuben, und die steilen Prallhänge des Höhenzugs Calmont. Jetzt noch ein Glas Riesling – und einfach nur genießen …

Farbenrausch am warmen Berg Für die winzer bedeutet die Bewirtschaftung der weinberge allerdings Schwerstarbeit – trotz der Monorackbahn, die in den 1990er-Jahren ein wenig technischen Fortschritt in die schroffen Felshänge gebracht hat. Die rebhänge am Bremmer Calmont zählen zu den steilsten Einzellagen in ganz Europa. Die Sonnenstrahlen fallen hier fast senkrecht auf den Boden, wo Schiefergestein die wärme speichert und an die reben weiter-

gibt. Das erklärt vielleicht auch den Namen der Lage: Calmont ist wohl aus dem römischen „calidus mons“ entstanden und bedeutet „warmer Berg“.

Die bis in die Spätantike zurückreichende weinbautradition ist sogar literarisch überliefert. Im Jahr 588 beschreibt der römische Dichter Venantius Fortunatus die weinberge am Calmont: „Allseits siehst du die Höhen umkleidet mit grünenden reben, […] dicht in Zeilen gepflanzt in das Schiefergestein ist der rebstock. […] wo weinberge belaubt aufstreben zu kahlen Berghöhen, und reichschattendes Grün das trockene Geröll bedeckt: Hier sammelt der winzer die Ernte der gefärbten trauben, am Felshang hänget er, lesend die Frucht.“

Tourist-Information Bremm an der Mosel tel. 0175 3249114 www.bremmer-calmont.de

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