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Rheingau

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Pfalz

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WEIN UND GENUSS AM FLUSS

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Einer Laune der Natur ist es zu verdanken, dass der sonst in Richtung Norden fließende Rhein bei Wiesbaden fast im rechten Winkel nach Westen abbiegt, um schon 30 km später, bei Rüdesheim am Rhein, wieder in Richtung Norden zu fließen. Das Rheingaugebirge hält den Fluss auf und zwingt ihn zur Richtungsänderung. So entstand am 50. Grad nördlicher Breite das Rheinknie und auf dem schmalen Streifen rechts des Rheins, zwischen Wiesbaden und Lorch am Rhein, das Weinbaugebiet Rheingau, das sich im Osten bis Flörsheim-Wicker erstreckt.

Der schöne Flecken Erde ist mit ca. 3.200 Hektar reben bepflanzt. Hier ist vor allem die Heimat des rheingauer rieslings, der auf rund 2.500 Hektar rebland wächst, und die des Spätburgunders, für den vor allem Assmannshausen bekannt ist. In den trockenen, steinigen Südhängen gedeiht der riesling besonders gut. Er übersteht auch kalte wintertage und nutzt die lange reifeperiode zur Ausbildung feiner Fruchtsäuren und Aromen. Bereits im Jahr 1775 entdeckte das Kloster Johannisberg den Vorteil einer späten weinlese, und auch heute zählen die rheingauer riesling Spätlesen zu den Vorzeigeweinen der region. Seit einigen Jahren dokumentieren die weine mit der Auszeichnung „Erstes Gewächs“ den Anspruch der winzer, sich immer wieder neue, ehrgeizige Ziele zu setzen und Außergewöhnliches in die Flasche zu füllen. Diese weine stammen aus klassifizierten „Ersten Lagen“ und werden nach sehr anspruchsvollen und strengen Kriterien erzeugt und vinifiziert.

Der rheingau ist eine touristisch sehr beliebte reiseregion, in der alte Klöster und Schlösser stimmungsvoll

in die weinlandschaft eingebettet sind. Auf 120 Kilometern führt die rheingauer riesling route durch die malerischen weinorte. Unterwegs laden Gutsschänken und Straußwirtschaften zur Einkehr beim rheingauer wein ein und kulturhistorische Sehenswürdigkeiten warten am wegrand. wer die markanten Aussichtspunkte des rheingaus besucht, wie das Niederwalddenkmal, Schloss Johannisberg, die Hallgartener Zange über oestrich-winkel oder die Bubenhäuser Höhe, sieht vor sich die historischen Zentren des weinbaus liegen. Da ist zuerst einmal die ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Eberbach, eine der besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen Deutschlands. Der Johannisberg ist nicht nur bekannt für das gleichnamige Schloss, das aus den ruinen einer Klosteranlage entstanden ist, sondern weinhistorisch auch als der ort, an dem die Spätlese ihren Ursprung hat. Nicht zu vergessen die Forschungsanstalt für wein-, obst- und Gartenbau in Geisenheim, die durch ihre umfangreichen Forschungen immer neue Anregungen für qualitative Verbesserungen liefert. rheingauer weingüter und Gastronomen bieten das ganze Jahr über weinkulinarische Erlebnisse auf hohem Niveau. Mit dem Gourmet- und weinfestival im März, mit den Schlemmerwochen Ende April, mit dem rheingau Musik Festival über die Sommermonate und mit den Glorreichen rheingautagen im November. Ein einmaliges Erlebnis bieten auch die traditionellen weinversteigerungen auf Kloster Eberbach.

Information: Rheingauer Weinbauverband e.V. Probeck´scher Hof rheinweg 30 65375 oestrich-winkel tel. 06723 60272-21 Fax 06723 60272-25 wein@kulturland-rheingau.de www.kulturland-rheingau.de

RHEINGAU IM ÜBERBLICK

Geografische Lage: beginnend am Untermain südlich von wiesbaden, rechtsrheinisch bis Lorchhausen, nördlich von rüdesheim am rhein · Klima: vom taunus geschützt, milde winter und warme Sommer, temperaturmittel 10,6° C · Böden: schwere tertiäre Mergelböden; Schiefer, Quarzit, Kiesel und Sandstein; Lehm; tiefgründige, meist kalkhaltige Böden aus Sandlöss oder Löss; mittel- und tiefgründige Phyllitschiefer · Rebfläche: ca. 3.200 ha · Rebsorten: riesling, Spätburgunder

Rheingau: Höhepunkte der Weinkultur

KLOSTER EBERBACH

„Die Tür steht offen, mehr noch das Herz!“ So begrüßten die Zisterzienser von Kloster Eberbach einst ihre Besucher. Heute öffnen sich die Tore für die Besucher des Weinguts, das aus dem Kloster in der Nähe von Eltville am Rhein hervorgegangen ist. Hier reifen Spitzenweine, die als „flüssige Botschafter“ für diesen besonderen Ort und die Weinbautradition des Rheingaus werben.

Mit Burgunder fing alles an Als die Zisterzienser vor 900 Jahren im Kloster Eberbach einzogen, hatten sie rebstöcke aus ihrer burgundischen Heimat im Gepäck. Im milden Klima des rheingaus gediehen die reben prächtig und brachten Burgunderweine hervor, die sich zum Exportschlager entwickelten. 1803 wurde das Kloster aufgelöst, und das klostereigene weingut ging in Staatseigentum über. Inzwischen ist es als Domäne Steinberg teil der Hessischen Staatsweingüter.

Vor den toren des Klosters liegt der Steinberg – ein historischer weinberg, der im 18. Jahrhundert rundum mit einer Natursteinmauer versehen wurde. Mit einer Gesamtfläche von 34 Hektar bildet er die größte Lage im rheingau und ist derzeit ausschließlich mit riesling bestockt. Unmittelbar daneben öffnete 2008 der Steinbergkeller, eine der modernsten weinproduktionsstätten Europas, die tore. Insgesamt bewirtschaften die Hessischen Staatsweingüter 220 Hektar rebfläche, von denen 161 Hektar auf riesling, 32 Hektar auf Spätburgunder, 7 Hektar auf weißburgunder und 3 Hektar auf Grauburgunder entfallen.

Hessische Staatsweingüter, Kloster Eberbach Eltville im rheingau tel. 06723 60460 www.klostereberbach.de

SCHLOSS JOHANNISBERG UND DIE ERFINDUNG DER SPÄTLESE

„Das Licht der Welt erblickte ich an den Ufern jenes schönen Stromes, wo auf grünen Bergen die Torheit wächst und im Herbste gepflückt, gekeltert, in Fässer gegossen und ins Ausland geschickt wird“, schrieb Heinrich Heine in seinen Reisebildern. „Mon dieu! Wenn ich doch so viel Glauben in mir hätte, dass ich Berge versetzen könnte – der Johannisberg wäre just derjenige Berg, den ich mir überall nachkommen ließe.“

Besser spät als nie Heines Begeisterung ist wohl damit zu erklären, dass auf dem Johannisberg die Spätlese erfunden wurde – wenn auch eher unfreiwillig. Mitte des 18. Jahrhunderts war der Johannisberg mitsamt seinen weinbergen im Besitz des Bischofs von Fulda, und ohne dessen schriftliche Erlaubnis konnte die weinlese nicht beginnen. So warteten die winzer im Herbst 1775 ungeduldig auf das offizielle Go, denn die trauben auf dem Johannisberg waren reif. Doch der bischöfliche Bote traf zwei wochen zu spät ein. Die Beeren an den rebstöcken waren inzwischen geschrumpft und teilweise sogar verfault. In der Not ließ der Verwalter des bischöflichen weinguts die trauben dennoch keltern – und der Kellermeister stellte bald erstaunt fest, dass aus der vermeintlich verdorbenen Ernte ein wein allerhöchster Qualität entstanden war. Seither wird auf dem Johannisberg die Lese so weit wie möglich hinausgezögert, und die Spätlese aus edelfaulen Beeren hat vom rheingau aus winzer und weintrinker in aller welt überzeugt.

Fürst von Metternich Winneburg’sche Domäne, Schloss Johannisberg Geisenheim tel. 06722 70090 www.schloss-johannisberg.de

OESTRICH-WINKEL

Im gesamten Rheingau gab es nur vier Städte, die das Privileg hatten, einen Verladekran zu betreiben. Eine davon war Oestrich. Der historische Kran am Rheinufer ist nicht nur das Wahrzeichen des Orts – er zeigt auch, welche Bedeutung der Rheingauer Wein für den Handelsplatz hatte. Mit dem Oestricher Kran wurden nämlich hauptsächlich Weinfässer auf Rheinschiffe verladen. Im Jahr 1780 waren es über 500.000 Liter Wein in 420 Fässern à 1.200 Liter.

Voll verladen Der Kran wurde 1745 auf einer Kaimauer am rheinufer errichtet und lag bis zum Bau der Bundesstraße 42 mit zwei Seiten direkt am wasser. Als Landkran galt er

als sicherer und wartungsfreundlicher als die sonst üblichen Schwimmkräne, die dem ständigen wellengang des Flusses ausgesetzt waren. Über einem Sandsteinsockel mit über 1,5 Meter tiefen Fundamenten erhebt sich der kubische turmtretkran, aus dessen schiefergedecktem Dach der 9 Meter lange Kranausleger herausragt. Im Inneren des Kranhauses befanden sich zwei monumentale Holzräder, in der sich die Kranknechte ins Zeug legen mussten, um die Kranwinde in Betrieb zu setzen. In der regel waren es zwei Kranknechte pro Laufrad, bei besonders schweren Lasten auch mehr. Insgesamt konnten bis zu 2,5 tonnen mit dem oestricher Kran verladen werden. 1926 stellte er als letzter deutscher Verladekran den Betrieb ein, wäre aber noch immer voll funktionsfähig. Heute ist er der einzig verbliebene Verladekran am rechten rheinufer.

Tourist-Information oestrich-winkel, Hermannstraße 6 tel. 06723 6012806 www.oestrich-winkel.de

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