Programmheftcenci

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Saarländisches Staatstheater Spielzeit 2016/2017

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zuzana zahradníková


bohner_celis Ballette von Gerhard Bohner und Stijn Celis

DIE FOLTERUNGEN DER BEATRICE CENCI Ein TANZFONDS-ERBE-Projekt

PULCINELLA Premiere: 6. Mai 2017

Gefördert von TANZFONDS ERBE – eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes

Großes Haus Saarländisches Staatstheater Spielzeit 2016/2017


marioenrico d’angelo, dean biosca, zuzana zahradníková, laurent guilbaud, federico longo, edoardo cino, miguel toro


die folterungen der beatrice cenci Choreografie Gerhard Bohner Musik Gerald Humel Bühne Ansgar Nierhoff Kostüme Markus Maas 5

Einstudierung Cherie Trevaskis

Uraufführung 16. April 1971, Akademie der Künste, Berlin, Gerhard Bohner & Tänzer der Deutschen Oper Berlin


biografie

Gerhard Bohner

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Der 1936 in Karlsruhe geborene Choreograf gehört zu den schillerndsten Persönlichkeiten des deutschen Tanzes im 20. Jahrhundert. Und er war ein Spätberufener, der erst mit 18 Jahren zum Tanz kam; Unterricht erhielt er in seiner Heimatstadt und kurzzeitig in Berlin bei Mary Wigman, der legendären Vertreterin des Ausdruckstanzes. Er tanzte am Nationaltheater Mannheim (1958–60), ehe ihn Tatjana Gsovsky an die Städtischen Bühnen von Frankfurt am Main verpflichtete und ein Jahr später ins Ballett der Deutschen Oper Berlin übernahm (Gsovsky leitete für einige Jahre die beiden Kompanien parallel). Ab 1964 war er Solist (bis 1971). Mit seinen beiden Stücken »Frustration – Aggression« und »Spannen – Abschlaffen« belegte er 1969 hinter Pina Bausch den zweiten Platz beim choreografischen Wettbewerb der Internationalen Sommerakademie des Tanzes in Köln. 1971 erregte er mit seinem Ballett »Die Folterungen der Beatrice Cenci« großes Aufsehen; dies hatte zur Folge, dass er nicht nur im Folgejahr den Preis des Verbands der deutschen Kritiker zugesprochen bekam, sondern außerdem zum Leiter der Tanzsparte am Staatstheater Darmstadt ernannt wurde. In Zusammenarbeit mit den Tänzern seiner Kompanie entstanden Stücke wie »Lilith« (1972) und »Variationen über ein Thema von heute« (1973). 1975 endete seine Direktorentätigkeit in Darmstadt, und er arbeitete freiberuflich: Er choreografierte »Unterwegs« beim Nederlands Dans Theater (1976), entdeckte Oskar Schlemmers Zwanziger-Jahre-Experiment »Das triadische Ballett«, das er 1977 in einer Neufassung herausbrachte, und 1978 war er einer von vier Choreografen, die am Wuppertaler Opernhaus einen Abend mit dem Titel »Café Müller« kreierten (heute kennt man unter diesem Titel nur noch Pina Bauschs Beitrag). Von 1978 bis 1981 leitete er mit Reinhild Hoffmann das Bremer Ballett, für das er unter anderem »Zwei Giraffen tanzen Tango« (1980) schuf. Bis zu seinem Tod 1992 in Berlin entwarf er strenge, analytische Soli wie »Schwarz weiß zeigen« (1983) und die Trilogie »Im (Goldenen) Schnitt« (1989).


zu gerhard bohners werk

Klaus Kieser: Ein Tanztheater der Grausamkeit

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Was für ein Titel! »Die Folterungen der Beatrice Cenci« nannte Gerhard Bohner ein neues Ballett, das er im Auftrag der West-Berliner Akademie der Künste geschaffen hatte und auf deren Bühne am Hanseatenweg 10 am 16. April 1971 zur Uraufführung brachte. Im Titel dieses Tanzstücks – wenngleich die beiden weiblichen Rollen auf Spitze getanzt werden, zögert man, es »Ballett« zu nennen, auch wenn Bohner es immer als ein solches bezeichnet hat – kündigt sich an, was zu sehen ist: Gewalt und Bösartigkeit. Zum Zeitpunkt der Uraufführung war Bohner 34 Jahre alt, Solist beim Ballett der Deutschen Oper Berlin und nicht zuletzt durch seine Körpergröße eine markante Erscheinung. Was ihn bewegte, waren Themen der Zeit wie Gleichberechtigung und Mitbestimmung. Die Gesellschaft befand sich in den Jahren nach 1968 im Umbruch, und das spiegelt sich auch in der Kunst wider. Im Bühnentanz diskutierte man insbesondere, wie gesellschaftliche Verhältnisse zum Inhalt gemacht und die hierarchischen Strukturen in den Ballettkompanien aufgebrochen werden könnten. Mit organisatorischen und ästhetischen Fragen beschäftigten sich nicht nur Tänzer in Berlin, sondern auch Choreografen an anderen Orten der Republik, beispielsweise Johann Kresnik in Bremen und (ab 1973) Pina Bausch in Wuppertal. Als Bohner zu choreografieren began – 1964 –, konnte er nicht darauf vertrauen, dass die Kompanie, der er angehörte, ihm dafür eine Plattform bietet würde. Dafür fand er an der Akademie der Künste ein offenes Ohr für seine Vorstellungen von Tanz und buchstäblich Raum für seine Arbeiten, denn diese präsentierte er oft dort (daneben auch an der Schaubühne am Halleschen Ufer), mit Tänzern, die wie er mit dem Formenkanon des Balletts, wie er an der Deutschen Oper gepflegt wurde, unzufrieden waren. Von Anfang an verwendete Bohner zeitgenössische Musik für seine Stücke. Für »Die Folterungen der Beatrice Cenci« arbeitete er erstmals mit Gerald Humel zusammen; der Komponist stammte aus Cleveland im US-Bundesstaat Ohio und lebte von 1961 bis zu seinem Tod 2005 in Berlin. Humel schrieb für Bohner eine Musik, die allein schon von der Besetzung her überraschte: Flöte, Violine, Trompete, Klavier und jede Menge Schlagwerk. Sie beeindruckte den bedeutenden Musikschriftsteller Hans Heinz Stuckenschmidt


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mit »stechenden, krachenden und heulenden Klängen«, dank derer »der mechanische und außersinnliche Eindruck« dominierte; er bewertete Humels Komposition als »Tanzmusik von großer, oft brutaler Eigenart«. Das passte haargenau zu Bohners Choreografie. Den historischen Stoff, das Martyrium der Beatrice Cenci – die 1598/99 angeklagt war, Gerald Humel zusammen mit ihren Brüdern und ihrer Stiefmutter ihren Vater ermordet zu haben, und im Zuge dessen gefoltert wurde –, benutzte er für ein Tanzwerk, das nicht linear erzählt. Statt dessen gliedert es sich in einen Prolog, der die zehn Darsteller mit kampfsportartigen Bewegungen einführt, und zwölf Abschnitte. Als einige Männer Beatrice ein Kleid anziehen, beginnt eine Szenenfolge, in deren Zentrum Beatrice steht: Sie ist zu sehen mit ihrem gewalttätigen, sie misshandelnden Vater, mit ihrer abweisenden Mutter, mit dem aufdringlichen Olimpio, mit dem vergleichsweise zärtlichen Guerra, als Augenzeugin ehelicher Gewalt. Dazwischengeschaltet sind Bilder der Folter und ihrer Verzweiflung im Gefängnis. Am Ende ersticht Beatrice ihren Vater. Für Bohner ist Beatrice eine Figur, die von allen benutzt und manipuliert wird. Zuneigung, speziell Elternliebe, existiert hier nur rudimentär. Exemplarisch demonstriert er an ihr, wie die Folter einen Menschen brechen kann: einen Menschen, der doppelt bestraft wird dadurch, dass ihn seine Familie und andere Nahestehende misshandelt haben. Beatrice wird als Opfer dargestellt, deren Tötungshandlung gerechtfertigt ist; die Legitimation des Mordes wird nicht hinterfragt. Wie Bohner auf den Stoff gestoßen ist, ist nicht bekannt. Jedoch diskutierte man im Zuge der Theaterreform der sechziger Jahre die Theorien von Antonin Artaud – der ein Theater der Grausamkeit propagiert hatte –, und Zeitzeugen bestätigen, dass Bohner von Artaud wusste und damit wohl auch von dessen Tragödie »Les Cenci«, die 1935 in Paris aufgeführt wurde. Vermutlich kannte Bohner darüber hinaus den Beatrice-Cenci-Film des für seine Gewaltszenen berüchtigten italienischen Regisseurs Lucio Fulci, der im Juni 1970 in die deutschen Kinos kam (wenngleich die deutsche Fassung den unglücklichen Titel »Die Nackte und der Kardinal« trug).


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»Die Folterungen der Beatrice Cenci« rissen die deutschen Tanz- und Theaterkritiker zu geradezu hymnischen Besprechungen hin – sie sprachen einhellig von einem Geniestreich. Sie sahen Einflüsse Artauds, des polnischen Regisseurs und Theaterreformers Jerzy Grotowski und des Living Theatre, sprachen von der überzeugenden Adaption des Theaters der Grausamkeit durch den Tanz. »Sein Ballett reißt den Zuschauer in den Sog des choreographischen Mahlstroms, der nicht zusammenrieselt aus Schritten und Posen mehr oder minder moderner oder akademischer Prägung«, beschrieb es Klaus Geitel. Horst Koegler konstatierte »ein vollkommen durchorganisiertes Chaos der Gewalt und Lust«, das mit einem herkömmlichen Ballett nur wenig zu tun habe. Es herrschte Einigkeit darüber, dass »kein Tanzdrama der Nachkriegszeit […] eine derartig komprimierte, nie nachlassende, qualvolle Spannung« (Wilhelm Ringelband) habe. Die Bedeutung des Stücks zeigte sich darin, dass es vier Ensembles innerhalb von zwei Jahren einstudierten: 1972 das Ballett der Bayerischen Staatsoper und der Marseiller Opéra, 1973 das Ballett der Deutschen Oper am Rhein und das Tanztheater Darmstadt (das zwischen 1972 und 1975 unter Bohners Leitung stand). 1978 gehörte es zum Eröffnungsprogramm von Reinhild Hoffmann und Gerhard Bohner als Direktoren des Bremer Balletts. Eine zweite Münchner Einstudierung kam 1990 beim Bayerischen Staatsballett heraus (wie die Kompanie mittlerweile hieß); Konstanze Vernon, die es zwischen 1988 und 1998 leitete, hatte bei der Premiere der ersten Münchner Produktion die Titelrolle getanzt. Bohner selbst führte erneut die Probenarbeit durch; die zuständige Ballettmeisterin Cherie Trevaskis war zudem Choreologin (Notatorin) und hat eine choreografische Partitur des Stücks erstellt. Diese diente ihr als Grundlage ihrer Einstudierung am Saarländischen Staatstheater. Insofern erscheint es gerechtfertigt, die Saarbrücker Produktion als ganz im Sinne Bohners zu verstehen: als Bewahrung der letzten, endgültigen Fassung seiner »Folterungen der Beatrice Cenci«.


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der historische kontext

David Greiner: Beatrice Cenci, eine Volksheilige

Harriet Hosmer (1830 – 1908), »Beatrice Cenci«

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Am 11. September 1599, weniger als drei Monate vor Beginn des Heiligen Jahres 1600, wird die 22-jährige römische Adlige Beatrice Cenci gemeinsam mit ihrer Stiefmutter Lucrezia Petroni auf dem Vorplatz der Engelsburg in Rom öffentlich geköpft; ihr Bruder Giacomo wird zunächst mit glühenden Zangen gefoltert, dann durch Hammerschläge getötet und anschließend gevierteilt. Der noch minderjährige Bruder Bernardo wird zu lebenslanger Galeerenhaft verurteilt. Dass den Frauen eine vergleichsweise mildere Todesart zugestanden wurde, war seit der Antike in Rom Tradition: Damals wurden zum Tode verurteilte nichtrömische männliche Bürger gekreuzigt – berühmte Beispiele hierfür sind Spartakus, Christus und Petrus –, römische Staatsbürger wie Paulus wurden geköpft, während den Frauen lediglich die Halsschlagader durchtrennt wurde. Das ist insofern ikonographisch relevant, als spätere (unhistorische) Darstellungen der toten Beatrice regelrechte Zitate beispielsweise der Skulpturen sind, die frühchristliche Märtyrerinnen wie die heilige Cäcilie in der Position zeigen, in der sie angeblich bei Öffnung der Grabnischen zu sehen waren, bevor sie Sekunden später zu Staub zerfielen.


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der historische kontext

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Die Stilisierung der Beatrice zur Märtyrerin setzte schon während ihrer einjährigen Gefangenschaft ein, in der sie unter Folter zu einem Geständnis des Mordes an ihrem Vater gebracht worden war. Die Härte, mit der die Inquisition unter Papst Clemens VIII. gegen die vier Mörder des Francesco Cenci vorging, scheint erstaunlich; Charles Robert Leslie (1794 – 1859), in vielen vergleichbaren Fäl»Die Ermahnung Beatrice Cencis« len wurden lebenslange Haftstrafen verhängt, denen dann eine Begnadigung folgte, wenn die Tat etwas in Vergessenheit geraten war. Der Fall Cenci hat die Gemüter Roms ganz besonders bewegt: Francesco Cenci war ein stadtbekannter Geizhals, Schläger und Wüstling, der sich bei mehreren Prozessen wegen Gewaltverbrechen und Unzucht – er war bisexuell und pädophil – immer wieder freikaufen konnte. Auch dass er seine beiden Frauen – nach dem Tod von Beatrices Mutter heiratete er Lucrezia Petroni – und seine Kinder misshandelte und aller Wahrscheinlichkeit nach auch missbrauchte, war ein offenes Geheimnis. Francesco hatte sich mit der Familie auf seinen Landsitz in Petrella Salto zurückgezogen, wo er Beatrice faktisch inhaftierte, damit bei einer etwaigen Heirat keine Mitgift gezahlt werden müsse. Insofern waren die Sympathien der Römer auf der Seite der Täter. Der schlecht geplante und noch schlechter vertuschte Mord an Francesco Cenci wurde allgemein als Notwehr betrachtet. Nichtsdestoweniger beschloss der Vatikan, durchzugreifen und ein Exempel zu statuieren. Alle mutmaßlich Beteiligten wurden festgenommen und unter Folter zu Geständnissen gezwungen, wobei Beatrice im Gegensatz zu den anderen nicht versuchte, die Schuld von sich abzuwälzen. Ein Geständnis war zwingend notwendig, weil das damalige Recht keinen Indizienprozess vorsah. Um zu verstehen, warum die römischen apostolischen Behörden in diesem Fall zu so drastischen Maßnahmen griffen, muss man den politischen Kontext am Ende des 16. Jahrhunderts betrachten. Seit der Rückkehr der Päpste


der historische kontext

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aus dem »Exil« in Avignon 1377 hatte sich das Reich Petri in Mittelitalien wieder zu einer der führenden Mächte in Europa etabliert und weitgehende Unabhängigkeit von den französischen Königen und den deutschen Kaisern erlangt. Unter den großen Renaissancepäpsten wie Alexander VI., Julius II. und Leo X. sollte die Stadt Rom ein weiteres Mal zum glänzenden Mittelpunkt werden, mit Botschaftern aus der ganzen Welt und mit Künstlern wie Michelangelo, Raffael und dem Architekten Donato Bramante, die die ewige Stadt auch wieder zum künstlerischen Zentrum werden lassen sollten. Mit der Behauptung der Nachfolge Petri und der damit einhergehenden Stellvertreterfunktion Christi (und damit der Gottheit schlechthin) war es das Ziel, erneut an den Glanz und die Bedeutung des römischen Kaiserreichs der Antike anzuknüpfen und über Steuereinnahmen in der gesamten christlichen Welt zu einem Schwergewicht der Weltwirtschaft zu werden. Baulich manifestierte sich dieser Führungsanspruch in einer Prachtentfaltung, die ungekannte Ausmaße annahm, gipfelnd im Neubau des Petersdoms, der als bis dato größtes Gebäude der Welt geplant wurde. Genau dieses gigantische Bauprojekt, im wesentlichen konzipiert von Bramante und Michelangelo – und nicht zuletzt finanziert durch den Ablasshandel –, war der Stein des Anstoßes, der Martin Luther bei seinem Besuch in Rom im Jahr 1511 darin bestärkte, die Stadt als einen »Sündenpfuhl« zu sehen und die Päpste als das, was sie de facto waren: allzu weltliche Herrscher mit einem vorgeschobenen religiösen Führungsanspruch, der dazu benutzt wurde, politische Vorteile zu erlangen. Die Folgen für die Päpste waren immens: Die von Luther angestoßene Reformation spaltete Europa und schwächte die Position der Päpste; die Plünderung Roms durch die außer Kontrolle geratenen Landsknechte Kaiser Karls V. 1527 und die Loslösung der englischen Bischöfe unter Heinrich VIII., was zur Gründung der Anglikanische Kirche 1531 führte, taten ein übriges. So beschloss man in Rom, dass eine geistige Erneuerung notwendig sei, um den päpstlichen Führungsanspruch zu untermauern. Papst Paul III. berief für das Jahr 1545 das Konzil von Trient ein, das in mehreren Phasen verlief und bis 1563 dauerte. Der Vatikan beschloss eine neue Doktrin, die sich in der Gegenreformation manifestierte, und man war darauf bedacht, wieder mehr auf Sittenstrenge zu achten. In diesem Licht ist das Heilige Jahr 1600 zu sehen, dem insofern eine besondere Bedeutung zukam, als man der Welt zeigen wollte, dass man die Zügel wieder straff in der Hand hielt: Am 17. Februar wurde nach sieben


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der historische kontext

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Jahren Kerkerhaft und langwierigen Prozessen Giordano Bruno wegen Ketzerei öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Später, 1633, wurde Galileo Galilei bei einem Schauprozess in der römischen Kirche Santa Maria sopra Minerva zum Widerruf seiner – auch damals schon wissenschaftlich fundierten – Thesen gezwungen, weil diese der katholischen Lehre widersprachen. Die harte Behandlung der Beatrice Cenci ist sicherlich auch eine Folge der päpstlichen Bemühungen, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerArtemisia Gentileschi (1593 – 1653), halten und eine starke Hand zu »Judith enthauptet Holofernes« demonstrieren. Als angenehmer Nebeneffekt fielen die beträchtlichen Güter der Familie größtenteils an den Vatikan, wobei anzumerken ist, dass die Basis für das gewaltige Vermögen der Cenci von Beatrices Großvater Cristoforo (gestorben 1562) geschaffen worden war, der als Generalschatzmeister ungeheure Werte in seine Privatschatulle hatte fließen lassen. Beatrices Hinrichtung war ein gesellschaftliches Großereignis. Unter den Zuschauern befanden sich illustre Gäste, etwa die Maler Caravaggio und Orazio Gentileschi sowie dessen sechsjährige Tochter Artemisia, die vom Vater zur Malerin ausgebildet wurde und deren vielleicht bekannteste Gemälde die zwei Fassungen von »Judith enthauptet Holofernes« (um 1612 und um 1620) sind. Es liegt die Vermutung nahe, dass die kleine Artemisia einen bleibenden Eindruck von der Enthauptung Beatrices behalten und zumindest inhaltlich eine Verbindung von der jungen römischen Adligen zur biblischen Judith gezogen hat: Die Entschlossenheit, mit der die jungen Frauen listenreich den ihnen körperlich überlegenen Mann zur Strecke bringen und dadurch gleichermaßen zu Mörderinnen und Heldinnen werden, stellt eine innere Verbindung her. Das Guido Reni (1575–1642) zugeschriebene Bild einer jungen Frau, das lange Zeit als Porträt der Beatrice Cenci ausgegeben wurde – abgebildet auf Seite 10 dieses Programmhefts –, ist nachweislich kein solches, zumal Reni


der historische kontext

wohl erst ein Jahr nach der Hinrichtung nach Rom kam. Gleichwohl malte er eine Beatrice Cenci par excellence. Die verdrehte Körperhaltung, der scheue, traurige Blick der jungen Frau und die jungfräuliche weiße Kleidung im Stil einer Sybille oder einer Vestalin verleihen der mittlerweile zur Volksheldin gewordenen Beatrice einen ikonenhaften Zug. 1999 brachte die Stadt Rom am einstigen Gefängnis Corte Savella in der Via di Monserrato, in dem Beatrice eingekerkert gewesen war, eine Gedenktafel an, auf der sie als »exemplarisches Opfer einer ungerechten Justiz« bezeichnet wird.

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der stoff in der literatur

Thomas Betz: Die Verbrechen der Cenci in der Weltliteratur

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»Pah … Was ist schon ein Mord.« So spricht nicht der Täter, sondern ein Würdenträger, Kardinal Camillo. Denn in diesem korrupten System lässt sich die Kirche auf einen lukrativen Deal mit dem Mörder ein, und schon wäre die Sache vergessen und vergeben. Aber Francesco Cenci spielt da nicht mit, er ist bereit zum Krieg gegen die Mächtigen, auch den Papst. Und er will sich weiter Verbrechen ausdenken und als Meisterwerke verwirklichen. Zwei Söhne hat er schon erledigt, jetzt hat er die Tochter Beatrice im Visier. Antonin Artauds Drama »Les Cenci« macht gleich in der ersten Szene deutlich, dass der Übeltäter und Held ein »wahrhaftes Monstrum« ist, eine Naturgewalt: Er tut das Böse »aus Bestimmung und aus Prinzip«. Artaud selbst spielte 1935 in der Uraufführung den zerstörerischen Vater, denn in seiner Tragödie ging es ihm um die Feier der Amoralität und das Sprengen menschlicher Dimensionen, das Wiedereinholen der alten Mythen, die Erzeugung vibrierender Kräfte. »Theater der Grausamkeit« nannte er in der Theorie sein Experiment, und als erstes praktisches Exempel dieser neuen Theaterkunst in »archaischem Geist« sollte solch ein »barbarisches Thema« dienen. In einem Bühnenbild des magischen Realisten Balthus – mit Gestensprache und choreografischen Anordnungen, mit gemixter, per Lautsprecher übertragener Klangkulisse aus Glockenläuten und Industriegeräuschen, mit dem monophonen elektronischen Musikinstrument Ondes Martenot. Den Stoff aus dem Ende des 16. Jahrhunderts hatte Artaud von Stendhals gleichnamiger Erzählung (1837) und der fünfaktigen Tragödie von Percy Bysshe Shelley übernommen. Der hatte 1819 den Kriminalfall in die Weltliteratur eingeführt, nachdem die Familiengeschichte der Cenci in Rom stets lebendig geblieben war. »Von allen Balkonen und Fenstern blicken erschüttert Menschen nieder«, so Stefan Zweig 1926 in seinem Essay »Legende und Wahrheit der Beatrice Cenci«, »aber nicht so sehr in Mitleid für Giacomo Cenci, dem der Henker mit der glühenden Zange die Fetzen Fleisches aus dem gemarterten Leibe reißt, sondern einzig auf das junge Mädchen starren sie, die Zweiundzwanzigjährige, die alle Folterungen in den Türmen erduldet hat und nun, schön wie ein Engel, wunderbar jugendlich anzusehen, zum Schafott geführt


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wird. Und kaum der Henker sein Amt getan hat und die Bahre am Fuß des Blutgerüstes steht, treten schon junge Mädchen heran, um das abgeschlagene Haupt mit Blumen zu bekränzen, Frauen drängen ihnen nach, und bald strömt das ganze Volk, Edelleute wie Pöbel, zu einer ungeheuren Prozession zusammen, und sie stellen Kerzen neben die Bahre, bringen Blumen und Kränze, als sei hier eine Heilige gestorben und nicht eine Vatermörderin.« Dem Volksglauben nach erscheint sie jedes Jahr in der Nacht vor ihrer Hinrichtung an der Engelsbrücke, den Kopf in Händen. Ein Hauptfaktor in diesem Mordfall freilich erwies sich als Legende: Die inzestuöse Vergewaltigung Beatrices durch den Vater hatte wohl nicht stattgefunden, wie der Biographie (1923) des Kunsthistorikers Corrado Ricci, gestützt auf Untersuchungen der Gerichtsakten und Quellen, zu entnehmen ist. Wobei »die sachliche Logik der Tatsachen«, die Dokumente, so Zweig in seiner Rezension von Riccis Werk, in ihrer Wahrhaftigkeit stärker ergreifen als die übernommene Gestalt der Legende, der Dichtung. Zu den Fakten zählt auch: Beatrice war nicht »unberührt«, sie hatte ein Verhältnis mit dem Kastellan Olimpio Calvetti (sogar eine Schwangerschaft aus dieser Beziehung wurde vermutet); diesen ließ der Cenci-Clan ermorden, um ihn als an der Tat beteiligten potentiellen Belastungszeugen auszuschalten. Shelleys Tragödie freilich stellt den Inzest ins Zentrum der Handlung und plausibilisiert so die Tat der Vatermörderin – mit brisanten Motiven: Mit einem inzestuös gezeugten Kind will Francesco Cenci sich als Bild verewigen, die Tochter zum faszinierten Genuss des Inzests verführen und damit mitschuldig machen: »Her name shall be the terror of the earth.« So will der frevelnde Wüstling seine Verbrechen »bis über alle Grenzen treiben«, wie es in der Nachdichtung (1924) des Expressionisten Alfred Wolfenstein heißt. Bei Shelley spürt die Tochter Blut und Geist dieses Vaters bereits in sich. Mit diesem Gedanken Beatrices endet das Drama Artauds: »Denn ich fürchte, daß der Tod mich bloß lehrt, daß ich ihm schließlich ähnlich bin.« Vatermord und Inzest – zwei moralisch inakzeptable Grenzüberschreitungen, die poetisch nachzuzeichnen Shelley 1819 in seinem Vorwort mit dem Hinweis auf William Shakespeares Familientragödie »King Lear« und der Inzesttragödie des Ödipus rechtfertigt. Ähnlich sieht Stendhal in seiner Nacherzählung einer »historischen Aufzeichnung« in Francesco Cenci einen – über Molière und Wolfgang Amadeus Mozart hinausreichenden – »zweiten Don Juan«, der in einer Welt voller Heuchelei und Korruption revoltiert, triumphiert und sündigt.


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Der Stoff dieser Auslöschung einer Familie – der Plural im Titel »The Cenci« verweist darauf –, so Shelley im Vorwort, sei ihm bei seiner Italienreise durch ein Manuskript zugetragen worden, die Kopie eines Dokuments aus dem Archiv der Familie Cenci. Diesen detaillierten »Bericht der Schrecken« teilt er im Anhang seinen Lesern mit – wohl auch, um sich nicht der Kritik auszusetzen, solch monströse Taten und Reden wären seiner Phantasie entsprungen. Das Festbankett allerdings, bei dem Francesco den Tod der zwei Söhne feiert und Beatrice die vielen Gäste vergeblich um Hilfe gegen ihren Vater anfleht, ist eine Erfindung Shelleys, der diesen Moment auch zur ersten, vorausweisenden Blickkonfrontation von Täter und Opfer ausgestaltet. Shelley machte Schule, auch wenn dessen Tragödie zensurbedingt erst 1922 öffentlich aufgeführt werden konnte. Seine Behandlung des Stoffs fand Nachfolger, wie Astolphe de Custines Tragödie »Beatrix Cenzi« (1833) und den Vierakter »Nemesis« (1903) von Alfred Nobel, der gedruckt wurde, als Nobel bereits im Sterben lag und nach seinem Tod wegen des als skandalös empfundenen Inhalts bis auf drei Exemplare sofort vernichtet wurde. In einer romantischen historischen Novelle (1854) des Italieners Francesco Domenico Guerrazzi, die wie viele Werke den Namen der Heldin als Titel führt, begeht Mario Guerra den Mord, um die Unschuld der Schlafenden vor dem drohenden Inzest zu retten. Im ebenfalls fünfaktigen Drama »Beatryks Cenci« (1840) von Juliusz Słowacki, in dem drei Furien den blutrünstigen Horror begleiten, führt Beatrice die Tat eigenhändig aus, und ein junger Maler verliebt sich in das Bild ihres abgeschlagenen Kopfs. Der Maler wiederum hat ebenfalls ein legendäres historisches Vorbild: Guido Reni, dessen angebliches Porträt von Beatrice Cenci – abgebildet auf Seite 10 dieses Programmhefts – weltweit, auch in Kopien und Reproduktionen, Bewunderung erntete. Shelley war bezaubert von diesem zarten, blassen Gesicht, der Sanftheit ihrer Züge, dem traurig-gemütvollen Blick über die Schulter: Reni habe es gemalt, während Beatrice im Gefängnis inhaftiert war, schreibt er im Vorwort. Ricci falsifizierte auch hier die traditionelle Zuschreibung des Gemäldes im Palazzo Barberini, denn der Bologneser Renaissancemaler Reni kam aller Wahrscheinlichkeit nach erst nach dem Tod Beatrices in die Ewige Stadt. Als Shelley seine Dichtung schuf, hatte er eine Kopie des Bildes bei sich. Und das legendäre Gemälde stimulierte weitere literarische Reaktionen: In Hermann Melvilles Roman »Pierre or The Ambiguities« (1852) führt die Liebe eines jungen Adligen zu einem unrühmlichen Ende, denn bei einem Museumsbesuch, beim Blick


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auf ein Männerporträt und eine Kopie des Beatrice-Bildnisses, kristallisiert sich das Inzestthema heraus. Auch Melvilles Freund Nathaniel Hawthorne widmete sich in »The Marble Faune or The Romance of Monte Beni« (1860) Beatrice und dem legendären Porträt. Alberto Moravia situiert sein Kammerspiel (1955) in einem Raum der Rocca della Petrella – in der familieneigenen Festung hielt Francesco Cenci seine Tochter gefangen –, nutzt den traditionsreichen Titel »Beatrice Cenci«, macht jedoch den Vater zur Hauptfigur. Dessen Midlife-Crisis nämlich ist existentiell – und lässt sich mit Moravias berühmtem Roman »La noia« (1960) verbinden. Es ist eine gewissermaßen faustische Langeweile, die Francesco zu exquisiten Lastern, schmerzhaft intensiven Augenblicken und tiefster Ungerechtigkeit treibt. Im Gegenzug wird die Tochter Beatrice bei Moravia »eine Hure« genannt, denn sie treibt es mit dem vulgären Kastellan und Familienvater Olimpio. Nach der Schändung durch den Vater gibt sie sich wieder dem ungeliebten Olimpio hin, um ihn gewogen zu machen, den Vater zu töten. Damit freilich löscht sie ihre Zukunft aus, eine Zukunft, die schon mit dem Verlust der seelischen Unschuld als Neunjährige vom Vater beschädigt worden war. Die mit des Vaters quälerischem Plan, sie solle nun glücklich heiraten und Kinder kriegen, oder mit Olimpios Wunsch nach einem neuen, gemeinsamen »normalen Leben« oder mit Beatrices Idee, im Kloster ihre Unschuld wiederzufinden, keine Chance hat. Das Urteil ihres Vaters lautet: »Du, kleine Beatrice, bist wie ich. Du willst nichts.« Eine Unfähigkeit zu leben – und zu lieben –, mit dem Mord als Folge: »Ich bin noch immer das Mädchen, das am Tage der Tat erschreckt seine Hände betrachtete, die mit Blut befleckt waren, und sich fragte: Warum immer die Vernunft zum Unrecht führen muß, die Reinheit zum Verderben und die Sehnsucht nach Glück zum äußersten Unglück.«


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marioenrico d’angelo


pulcinella Musik Igor Strawinsky Choreografie Stijn Celis Bühne Jann Messerli Kostüme Catherine Voeffray

Uraufführung 6. Mai 2017, Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken

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biografie

Stijn Celis

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Geboren 1964 im nordbelgischen Turnhout, verbrachte Stijn Celis einen Teil seiner Kindheit im Kongo, bevor seine Familie 1972 nach Belgien zurückkehrte. Seine Tanzausbildung schloss er am Stedelijk Instituut voor Ballet in Antwerpen ab und wurde 1983 Mitglied des Königlichen Balletts von Flandern. Dank eines Stipendiums besuchte er 1985 Martha Grahams Sommerschule in Florenz und lernte so die Grande Dame des Modern Dance auch persönlich kennen. 1986 wechselte er zum Zürcher Ballett unter der Direktion von Uwe Scholz. 1987/88 tanzte er im Ballett des Berner Stadttheaters, kehrte dann zum Zürcher Ballett zurück. Zwischen 1990 und 1992 war er Mitglied von Contemporary Dance Zurich. 1992 ging er zum Ballett des Grand Théâtre in Genf, das damals Gradimir Pankov leitete; für diese Kompanie erstellte er 1993 seine erste Choreografie. 1996/97 tanzte er beim schwedischen Cullberg-Ballett. Mit 33 Jahren beendete er seine Tänzerlaufbahn und studierte Bühnenbild an der Hogeschool voor Dramatische Kunst in Antwerpen. Er arbeitete dann als freiberuflicher Choreograf und Bühnenbildner. Mit Verweis auf sein Stück »Quartett« (2001) bewertete der renommierte Tanzkritiker Horst Koegler Stijn Celis als »aufregendste Choreo­grafenentdeckung der Saison«. Von 2004 bis 2007 war er Ballettdirektor am Berner Stadttheater. Danach arbeitete er wieder freiberuflich, bis er mit der Spielzeit 2014/15 die Leitung der Ballettkompanie am Saarländischen Staatstheater übernommen hat. Mit »Cinderella« wurde 2012 erstmals eine seiner Choreografien in Saarbrücken gezeigt. Dieses Handlungsballett entstand in zweiter Fassung 2003 für die Grands Ballets Canadiens in Montreal und ist Stijn Celis’ international erfolgreichstes Werk. Aufsehenerregend waren auch seine Stücke »Noces« (2002), »Schwanensee« und »Gefährliche Liebschaften« (beide 2006), »Le Sacre du printemps« und »Your Passion is Pure Joy to Me« (beide 2009), »Romeo und Julia« (2013 für das Semperoper Ballett, Dresden), »Peer Gynt« (2014) und »Der wunderbare Mandarin« (2016). 2016 hat er in Saarbrücken zwei Musiktheaterwerke inszeniert und choreografiert: Jean-Philippe Rameaus Ballettoper »Platée« und das Musical »West Side Story«.


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zur entstehung

Klaus Kieser: »Pulcinella«, das Commedia-dell’arte-Ballett

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Das Jahr 1920 nimmt in der Geschichte der Ballets Russes, des vom russischen Impresario Sergei Diaghilew zwischen 1909 und 1929 geleiteten TourneeEnsembles, insofern einen besonderen Platz ein, als nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die Gastspieltätigkeit in Kontinentaleuropa wiederaufgenommen wurde und Igor Strawinsky wieder zu den Komponisten gehörte, die mit Aufträgen für die Kompanie bedacht wurden. Denn nachdem Strawinsky vor dem Ersten Weltkrieg drei herausragende Partituren für die Ballets Russes geschrieben hatte – »Der Feuervogel« (1910), »Petruschka« (1911) und »Le Sacre du printemps« (1913) –, löste er in den Folgejahren seine bis dato enge Verbindung mit Diaghilew, um sich unabhängig von diesem zu entwickeln, was zu einer Entfremdung zwischen den beiden führte. »Er [Diaghilew] war unglaublich eifersüchtig auf seine Freunde und Mitarbeiter, und auf die besonders, von denen er am meisten hielt. Er wollte ihnen niemals das Recht zuerkennen, anders als für ihn und sein Unternehmen zu arbeiten«, beschrieb Strawinsky die Situation, als sie sich im September 1919 in Paris wiedersahen1. Dabei wollte Diaghilew zweierlei erreichen: dass Strawinsky die Erlaubnis gebe, seine symphonische Dichtung »Le Chant du rossignol«, die aus der 1914 uraufgeführten Oper »Le Rossignol« destilliert worden war, für ein neues Ballett zu benutzen und dass der Komponist sich zur Arbeit an einem neuen Werk für sein Ensemble bereit erkläre. Mit beidem war der umtriebige Manager erfolgreich. Das Ballett zur »Nachtigall«-Musik zeigten die Ballets Russes am 2. Februar 1920 in der Pariser Opéra in der Choreografie von Léonide Massine und mit einer Ausstattung von Henri Matisse. Das zweite Vorhaben, Strawinsky für eine neue Ballettmusik zu gewinnen, ist nicht allein im Zuge der Wiederannäherung Diaghilews zu sehen, sondern auch vor dem Hintergrund, dass dieser für eine schon länger geplante Choreografie einen namhaften Komponisten brauchte. Massine war in jenen Jahren der Hauptchoreograf der Ballets Russes, und er hatte seit 1917 die Idee im Kopf, ein Ballett über die neapolitanische Commedia-dell’arte-Figur Pulcinella zu kreieren – und möglicherweise wusste Strawinsky bereits davon, als er mit Massine und Pablo Picasso 1917 in Neapel gewesen war. Zu dieser Zeit dürfte Diaghilew an Picasso als möglichen Ausstatter gedacht


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haben, doch als Komponisten wollte er Manuel de Falla haben. Erst nach dessen Absage wandte er sich an Strawinsky. In musikalischer Hinsicht plante Diaghilew, mit diesem neapolitanischen Ballett an vorangehende Werke anzuknüpfen, in denen Musik des 18. Jahrhunderts in zeitgenössischem Gewand präsentiert Pablo Picasso (1881–1973), Bühnenbildentwurf wurde: »Le donne de buon »Pulcinella«, © Succession Picasso / VG Bild Kunst, Bonn 2017 umore« (1917; Musik: Domenico Scarlatti, arrangiert von Vincenzo Tommasini) und »La Boutique fantasque« (1919; Musik: Gioachino Rossini, arrangiert von Ottorino Respighi). Beide Ballette waren sehr erfolgreich, nicht allein wegen Massines Choreografie, sondern auch dank der Musik. Diaghilew erwartete nun von Strawinsky eine ähnliche Arbeit, wie sie Tommasini und Respighi abgeliefert hatten. Er wollte für Massines neues Ballett Musik von Gian Battista Pergolesi benutzen, bereits 1918 hatte er begonnen, in London im British Museum (der heutigen British Library) nach Manuskripten zu suchen und diese kopieren zu lassen. Weitere Vorlagen sammelte er in Bibliotheken Neapels. Das Konvolut, das Diaghilew zusammengetragen hatte, hielt man damals für Kompositionen Pergolesis. Heute wissen wir, dass vieles davon fälschlicherweise Pergolesi zugeschrieben wurde; tatsächlich stammen einige Manuskripte von Domenico Gallo, Carlo Ignazio Monza und Unico Wilhelm van Wassenaer. Anders als Tommasini und Respighi beschränkte sich Strawinsky nicht auf eine Orchestrierung, sondern er verfremdete das barocke Material, verlieh ihm, wenn man so will, einen modernen Anstrich: durch harmonische und rhythmische Bearbeitung. Es ging Strawinsky darum, »diesen zerstreuten Fragmenten neues Leben einzuflößen und die vielen unzusammenhängenden Stücke zu einem Ganzen zu vereinen«2. Als Anleitung bei der Arbeit an der »Pulcinella«-Musik diente ihm das Szenario Massines. Massine hatte die Commedia dell’arte 1914 entdeckt und war seitdem von dem komödiantischen Maskentheater fasziniert gewesen. Bei einem Aufenthalt in Neapel habe er, so schreibt er in seinen Erinnerungen,


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PULCINELLA Das Wort bedeutet soviel wie »kleines Küken«. In der Commedia dell’arte ist er der Possenreißer: tölpelhaft und derb, listig, verfressen. Die Figur hat bisweilen einen Buckel und eine lange Vogelnase, was ihr einen fuchsähnlichen Gesichtsausdruck verleiht. Pulcinella trägt üblicherweise ein weißes Kostüm, dazu eine schwarze Halbmaske und einen spitzen Hut.

Zeichnung von Maurice Sand (1823–1889)

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zahlreiche Commedia-dell’arte-Texte studiert und sich schließlich dafür entschieden, die Figur des Pulcinella ins Zentrum seines Balletts zu stellen. Das Ergebnis war ein munteres Verwechslungsspiel, in dem Eifersucht, Liebe und männliche Angeberei als handlungstreibende Motive fungierten. Wie es für die Ballets Russes typisch war, spielte die Ausstattung eine ebenso wichtige Rolle wie die Choreografie und die Musik. Diaghilew suchte stets nach dem Besonderen, dem Neuen, und so verpflichtete er nicht nur wichtige moderne Komponisten, sondern immer auch aufstrebende progressive Maler. Zwischen 1917 und 1920 stattete Picasso mehrere Werke aus; das dritte davon war »Pulcinella«. Picasso legte Diaghilew diverse Entwürfe vor; er konzentrierte sich auf die Idee, »Pulcinella« als Theater auf dem Theater, in diesem Fall ein Theater des 19. Jahrhunderts, darzustellen. Diaghilew wollte etwas anderes, etwas Modernes. So zierte das Ballett schließlich ein Hintergrundprospekt mit einer Häuseransicht – kubistisch verfremdet –, die unspezifisch südländisch anmutet; alles ist hell, transparent, klar mit einem dominierenden Blauton. Bei den Kostümen hingegen lehnte sich Picasso sehr an traditionelle Commedia-dell’arte-Gewänder an.


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Kennzeichnend für Massines choreografischen Stil war es, den verschiedenen Figuren eine individuelle Bewegungssprache zu geben. Für die Rolle Pulcinellas, die er selbst tanzte, kreierte er eine virtuose Kombination verschiedener Techniken: der klassische Tanz als Fundament, verbunden mit folkloristischen und pantomimischen Bewegungen. Da Massine mit einer Halbmaske tanzte und keine Mimik einsetzen konnte, musste er mit seinem ganzen Körper ausdrucksvoll sein – Augenzeugen berichten von einer ungemein beeindruckenden Aufführung. Wie wohl überhaupt die Choreografie das dominierende Element des Gesamtkunstwerks »Pulcinella« war. Der Kritiker des Londoner »Observer« formulierte es so: »Aber eigentlich stört das Hinübergleiten von der Reinheit italienischer Melodik zu unverfälschtem Strawinsky gar nicht, da Massines wunderbare Choreografie diese Wechsel mit einer solchen Selbstverständlichkeit mitmacht, dass es scheint, die Tänzer würden die Führung übernehmen und das Orchester müsse nur ihren spontanen Bewegungen folgen.«3 Die Premiere löste eine Debatte unter den Musikkritikern über Strawinskys Beitrag aus. Vermutlich hatten sich viele einfach etwas anderes vom Komponisten des »Sacre« erwartet. Er selbst meinte dazu: »Da ich von vornherein auf eine feindliche Aufnahme von seiten jener Leute gefaßt war, die sich selbst zu Hütern der Schultradition eingesetzt haben, so überraschte mich ihr Tadel nicht im geringsten. Ich war längst daran gewöhnt, auf diese musikalische Demimonde zweifelhafter Kompetenz nicht mehr zu achten. Um so wertvoller war mir die Haltung jener, die in meiner Partitur etwas anderes entdeckten als eine mehr oder minder gut gelungene Kopie im Stile des 18. Jahrhunderts.«4

1 Igor

Strawinsky, »Erinnerungen«, Zürich 1937, S. 104. S. 106. 3 Zit. nach »Diaghilev Observed by Critics in England and the United States 1911–1929«, hg. v. Nesta MacDonald, New York / London 1975, S. 248. 4 Strawinsky, S. 111f. 2 Strawinsky,


ensemble

dean biosca, hope dougherty, yuki kobayashi, marioenrico d’angelo, miguel toro, alexandra christian


interview

Heiter und beschwingt Ballettdirektor Stijn Celis im Gespräch mit Klaus Kieser über seine Arbeit an »Pulcinella«

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Was hat dich bewogen, Igor Strawinskys »Pulcinella«-Musik für diesen Ballettabend auszuwählen? Ich habe bisher Ballette zu drei Kompositionen Strawinskys kreiert – »Petruschka«, «Le Sacre du printemps« und »Les Noces« –, allesamt kraftvolle »russische« Musikstücke, und nun wollte ich mich der Aufgabe stellen, eine formalere Arbeit dieses großen Komponisten für eine Choreografie zu benutzen. »Pulcinella« ist ja eine neoklassizistische Partitur, voll von wunderbaren Melodien. Mir gefällt besonders, wie Strawinsky mit Barockmusik umgegangen ist, sie verfremdet, umgeformt, in ein neues Licht getaucht hat. Darüber hinaus fand ich es reizvoll, mich einer Musik, die ich in Genf als Tänzer kennengelernt habe – in einem Ballett von Oscar Araiz –, nun als Choreograf zu stellen. Du wolltest aber nicht die Geschichte erzählen, die Léonide Massine 1920 auf die Bühne brachte? So ist es. Die neapolitanische Verwechslungskomödie, die Massine damals seinem Ballett zugrunde legte, hat mich nicht recht interessiert. Ich wollte mich vielmehr mit Strukturen und choreografischer Komposition an sich auseinandersetzen und die kunstvolle Schönheit des klassischen Tanzes zeigen. Gleichwohl finden sich thematische Motive aus Massines Libretto in meiner »Pulcinella«: Jeder kann Pulcinella sein, es gibt Flirt, Tändelei, Verwechslung. Gibt es in deiner »Pulcinella« Verweise auf Neapel, bekanntlich die Heimat der Titelfigur? Es gibt Masken, das ist etwas, was zur Commedia dell’arte gehört. Neben diesem offensichtlichen Anknüpfungspunkt ging es mir um die Evozierung eines mediterranen Flairs. Mein neues Ballett soll fröhlich, leicht sein, und so etwas zu kreieren ist viel schwerer, als ein tiefsinniges und emotional aufgeladenes Stück zu machen. Natürlich ging es mir auch darum, einen heiteren Gegenpol zum dramatischen ersten Teil des Abends, Gerhard Bohners »Folterungen der Beatrice Cenci«, zu schaffen.


interview

Das Leichte, Beschwingte unterstützen ja die Kostüme. Richtig. Die Kostüme – Petticoats bei den Frauen, Hosen und T-Shirts bei den Männern – erinnern ans Italien der Nachkriegszeit, als das Land kulturell und industriell aufblühte. Das Bühnenbild stellt ein Portal dar, das sich nach hinten, quasi ins Unendliche, immer weiter auffaltet und verkleinert. Dadurch agieren die Tänzer zwischen zwei Portalen, zwischen zwei Welten, wenn man so will.

dean biosca

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liliana barros, francesco vecchione


biografien

Christopher Ward (musikalische Leitung) studierte an der Oxford University und der Londoner Guildhall School of Music and Drama. 2003 wurde er Stipendiat an der Scottish Opera und der Royal Scottish Academy of Music and Drama in Glasgow; ein Jahr später ging er ans Internationale Opernstudio des Opernhauses Zürich, bevor er 2005 als Kapellmeister und Solorepetitor ans Staatstheater Kassel wechselte. 2006 assistierte er Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern in Aixen-Provence, Berlin und Salzburg. 2009 wurde er Kapellmeister und Assistent von Kent Nagano an der Bayerischen Staatsoper. Gastdirigate führten ihn unter anderem an die Komische Oper Berlin, das Salzburger Landestheater, das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, das Staatstheater Mainz, das Staatstheater Darmstadt und die Deutsche Oper am Rhein. Seit der Spielzeit 2014/15 ist er Erster Kapellmeister am SST. Markus Maas (Kostüme »Die Folterungen der Beatrice Cenci«) ist gelernter Herrenschneider; 1997 wurde er mit dem Meisterpreis der bayerischen Staatsregierung ausgezeichnet. 1999 begann er am SST als Gewandmeister und Kostümbildner zu arbeiten. Seit 2011 ist er Kostümdirektor des SST. Er hat Kostüme unter anderem für Ballette von Marguerite Donlon und Inszenierungen von Dagmar Schlingmann entworfen.

Cherie Trevaskis (Einstudierung »Die Folterungen der Beatrice Cenci«) erhielt ihre Tanzausbildung an der Australian Ballet School in Melbourne und bei Maria Fay in London; zudem erlernte sie in London die Benesh Movement Notation. Nach Abschlüssen als Bühnentänzerin und Choreologin (Tanznotatorin) engagierte John Cranko sie 1969 ans Ballett der Bayerischen Staatsoper. Anfang der siebziger Jahre ging sie zurück in ihre australische Heimat; sie war Tänzerin und Choreologin beim Australian Ballet und lehrte an der Australian Ballet School. 1979 kehrte sie als Tänzerin und Choreologin nach München zurück. Von 1989 bis 2014 war sie Ballettmeisterin und Choreologin des Bayerischen Staatsballetts und arbeitete mit Choreografen wie Peter Wright, Mats Ek, William Forsythe, Hans van Manen, John Neumeier, Jiří Kylián und Ohad Naharin. Werke Kyliáns hat sie bei verschiedenen großen Kompanien einstudiert. Jann Messerli (Bühnenbild »Pulcinella«) studierte Architektur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Nachdem er 1993 Restaurationsarbeiten in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa geleitet hatte, war er als freischaffender Architekt in Basel tätig. 1995 besuchte er die Theaterschule von Philippe Gaulier in London. Von 1995 bis 1998 tourte er als Schauspieler mit dem Theater Madame Bissegger durch die Schweiz und Deutschland. Seit vielen Jahren arbeitet er als

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biografien

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freiberuflicher Bühnenbildner, insbesondere für das Berner Stadttheater. Er hat wiederholt Bühnenbilder für Ballette von Stijn Celis kreiert, etwa für »Schwanensee« (2006), »Undine« (2010) und »Peer Gynt« (2014). Catherine Voeffray (Kostüme »Pulcinella«) schloss ihre Ausbildung in Modedesign 1989 in Zürich ab. Von 1993 bis 2001 arbeitete sie als Kostümbildnerin am Berner Stadttheater (ab 1997 zudem als stellvertretende Leiterin der Kostümabteilung); in dieser Zeit hat sie Kostüme für Oper, Schauspiel und Ballett kreiert. Seit 2001 ist sie freiberuflich tätig. Sie hat die Kostüme für zahlreiche Ballette von Martin Schläpfer entworfen und ebenso für viele Choreografien von Stijn Celis, unter anderem »Cinderella« (2002), »Schwanensee« (2006), »Le Sacre du printemps« (2009), »Undine« (2010), »Josephs Legende« und »Peer Gynt« (beide 2014) sowie »Der wunderbare Mandarin« (2016). Claudio Schellino (Ballettmeister) tanzte nach seiner Ausbildung am Teatro Nuovo in seiner Heimatstadt Turin sowohl dort (1984–88) als auch bei Danza Prospettiva (Rom). 1994 folgte eine Ballettmeisterausbildung an der Mailänder Scala. An der Universität von Bologna studierte er Organisation und Wirtschaft am Opernhaus. Als Ballettmeister arbeitete er am Staatstheater Braunschweig und am Badischen Staatstheater Karlsruhe; seit der Spielzeit 2004/05 ist er am SST engagiert. Bei Kompanien in Europa und den USA hat

er Kurt Jooss’ Ballett »Der grüne Tisch« einstudiert. Eri Iwasaki (Ballettmeisterin) aus Tokio wurde beim dortigen Ballet de Chambre de Hirofumi Inoue sowie am Instituto Superior de Arte des Teatro Colón in Buenos Aires zur Tänzerin ausgebildet. Ihr erstes Engagement erhielt sie am Teatro Argentino de La Plata. 1982 kam sie ans Hessische Staatstheater Wiesbaden. Weitere Engagements führten sie ans Staatstheater Braunschweig und ans Badische Staatstheater Karlsruhe. Seit 2006 ist sie Ballettmeisterin am SST. Zuzana Zahradníková, geboren im mährischen Olmütz (Olomouc), absolvierte ihre Tanzausbildung am Prager Konservatorium. Nach Erfolgen bei verschiedenen Ballettwettbewerben und Auftritten bei Galaabenden kam sie 1999 als Volontärin zum Bayerischen Staatsballett. In der darauffolgenden Spielzeit wurde sie ins Ensemble übernommen; 2004 stieg sie zur Halbsolistin, 2007 zur Solistin auf. 2016 verließ sie das Bayerische Staatsballett, um als freiberufliche Solistin zu tanzen. Laurent Guilbaud stammt aus Clermont-Ferrand im Zentrum Frankreichs. Seine Tanzausbildung erhielt er an der Ballettschule der Pariser Opéra und dem Conservatoire du Grand Avignon. 1997 trat er sein erstes Engagement beim Ballet National de Nancy et de Lorraine an. Von 2000 bis 2003 war er Halbsolist im Ballett der


biografien

Deutschen Staatsoper in Berlin; von 2004 bis 2010 tanzte er als Halbsolist beim Stuttgarter Ballett. Anschließend gehörte er bis 2016 dem Dresdner Semperoper Ballett als Solist an. Seitdem ist er freiberuflich als Solist und Tanzpädagoge tätig. Louiza Avraam stammt aus Limassol in Zypern, wo sie ihren ersten Ballettunterricht erhielt. Zwischen 2011 und 2013 studierte sie an der Ballettschule des Hamburg Balletts, dann bis 2015 an der Rotterdamse Dansacademie; im letzten Jahr ihrer Ausbildung, die sie mit dem Bachelor abschloss, war sie zudem Mitglied des Scapino Ballet Rotterdam. Sie tanzt seit der Spielzeit 2015/16 beim Ballett des SST. Liliana Barros studierte an der Balleteatro Professional School in ihrer Heimatstadt Porto und an der Rotterdamse Dansacademie, die sie mit einem Bachelor abschloss. Ihr erstes Engagement führte sie zur Compagnia Zappalà Danza (Catania). Weitere Stationen ihrer Laufbahn waren die Companhia Rui Lopes Graça (Lissabon) und Amanda Millers Ensemble pretty ugly tanz köln. Von 2006 bis 2008 tanzte sie beim Ballett des SST, zu dem sie 2010 zurückkehrte. Dazwischen hatte sie ein Engagement bei der Compagnie Marie Chouinard (Montreal). Dean Biosca aus dem US-Bundesstaat New York absolvierte seine Tanzausbildung unter anderem an der University of North Carolina School of the Arts und der

New Yorker Juilliard School, die er 2016 mit einem Bachelor of Fine Arts abschloss. Ab 2014 tanzte er zudem bei der Lar Lubovitch Dance Company. Seit dieser Spielzeit gehört er zum Ballett des SST. Alexandra Christian stammt aus Columbia im US-Bundesstaat South Carolina. Ihre Ausbildung absolvierte sie unter anderem an der North Carolina School of the Arts und der English National Ballet School (London). Sie tanzte beim Houston Ballet (2005–07), dem Nevada Ballet Theatre (2007–10), dem Tulsa Ballet (2010–12) und dann drei Jahre beim Königlichen Ballett von Flandern (Antwerpen). Seit März 2016 ist sie Mitglied im Ballett des SST. Edoardo Cino studierte an der Schule Arte in Movimento in seiner Heimatstadt Avellino im Süden Italiens und am Teatro Nuovo in Turin. 2013 wurde er Mitglied der Turiner Ensembles Eko Dance International Project und The Very Secret Dance Society. In der Spielzeit 2015/16 war er Eleve beim Ballett des SST; seit dieser Spielzeit gehört er dem Ensemble als reguläres Mitglied an. Marioenrico D’Angelo aus Avezzano in den Abruzzen studierte klassischen und zeitgenössischen Tanz. Mit 16 Jahren gewann er den ersten Preis beim »Concorso DanzaSì« und erhielt ein Stipendium, das ihm die Fortsetzung seiner Ausbildung in Rom ermöglichte. Anschließend tanzte er

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marioenrico d’angelo, francesco vecchione, saúl vega-mendoza, edoardo cino edoardo cino, alexandra christian, saúl vega-mendoza


biografien

beim Spellbound Contemporary Ballet (Rom). Seit der Spielzeit 2013/14 gehört er zum Ballett des SST. Yaiza Davilla-Gómez studierte am Real Conservatorio de Danza ihrer Heimatstadt Madrid, bevor sie zwischen 2009 und 2014 beim Ballet de Teatres de la Generalitat von Valencia tanzte. Danach ging sie zum Ballett des Staatstheaters Nürnberg. Seit dieser Spielzeit ist sie Mitglied im Ballett des SST. Hope Dougherty kommt aus dem US-Bundesstaat Colorado, wo sie ihren ersten Tanzunterricht erhielt. Zwischen 2012 und 2016 studierte sie an der New Yorker Juilliard School. Seit dieser Spielzeit tanzt sie beim Ballett des SST. Yuki Kobayashi stammt aus Nagano in Japan. Sie schloss ihre Tanzausbildung an der Königlichen Ballettschule in Antwerpen ab und tanzte zuerst bei der Cinevox Junior Company (Schaffhausen), anschließend, von 2012 bis 2016, beim Ballett des Staatstheaters Gießen. Seit dieser Spielzeit ist sie Mitglied im Ballett des SST. Clay Koonar aus Kanada studierte an der Richmond Academy of Dance in Vancouver und an der Dresdner Palucca Hochschule für Tanz. Er ist in dieser Spielzeit Eleve beim Ballett des SST.

Melanie Lambrou aus Zypern erhielt ihre Tanzausbildung an der Schule des Moskauer Bolschoi-Balletts und der Académie de Danse Classique Princesse Grace in Monaco. Sie tanzte in der Spielzeit 2015/16 beim Ballett der Staatsoper Hannover. Seit dieser Spielzeit ist sie Mitglied im Ballett des SST. Federico Longo begann seine Ausbildung in seiner Heimatstadt Rom. Von 2013 bis 2016 studierte er an der Dresdner Palucca Hochschule für Tanz. Seit dieser Spielzeit gehört er zum Ballett des SST. Isabella Taufkirch aus dem sächsischen Radeberg absolvierte ihre Tanzausbildung an der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden. Sie ist in dieser Spielzeit Elevin beim Ballett des SST. Miguel Toro aus Spanien studierte am Konservatorium in Málaga und am Real Conservatorio Profesional de Danza »Mariemma« in Madrid. Von 2012 bis 2016 war er Mitglied im Ballett des Staatstheaters Nürnberg. Seit dieser Spielzeit tanzt er beim Ballett des SST. Efthimis Tsimageorgis stammt aus Kavala in Griechenland. Er hatte Tanzunterricht in seiner Heimatstadt; von 2012 bis 2016 absovierte er an der Rotterdamse Dansacademie den Bachelor-Studiengang; im letzten Jahr seiner Ausbildung war er Mitglied des Scapino Ballet Rotterdam.

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PARKEN FÜR 5,50 EURO* PAUSCHAL ZU JEDER VERANSTALTUNG


biografien

Seit dieser Spielzeit ist er Mitglied im Ballett des SST. Francesco Vecchione begann seine Ausbildung bei Rosella Rossi in seiner Heimatstadt Neapel und brachte sie an der Académie de Danse Classique Princesse Grace in Monaco zum Abschluss. Er tanzte beim Ballett Basel, dem Nederlands Dans Theater 2 (Den Haag) und der Compañía Nacional de Danza (Madrid). Seit der Spielzeit 2012/13 gehört er zum Ballett des SST. Saúl Vega-Mendoza aus Gran Canaria hatte ab einem frühen Alter Tanzunterricht. Mit 16 erhielt er ein Stipendium für das Instituto Superior de Danza Alicia Alonso der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid. Während seines Studiums (2001–06) tanzte er im Joven Ballet de Cámara (Madrid). Anschließend ging er zum Ballet d’Europe (Marseille), 2008 wechselte er zum Ballett des Staatstheaters Nürnberg. 2010 wurde ihm der Bayerische Kunstförderpreis zugesprochen. Seit der Spielzeit 2015/16 ist er Mitglied im Ballett des SST. Randolph Ward wurde in Miami geboren und erhielt seine Ausbildung unter anderem an den Schulen des Miami City Ballet und des San Francisco Ballet. Er hatte Engagements bei BalletMet Columbus, beim North Carolina Dance Theatre (Charlotte) und beim Dominic Walsh Dance Theater (Houston). Zur

Spielzeit 2011/12 wechselte er zum Ballett des SST. Jin Young Won aus der südkoreanischen Hauptstadt Seoul erhielt ihre Tanzausbildung an der dortigen Sunhwa Arts School. 2005 gewann sie beim renommierten »Prix de Lausanne« den Preis im Fach »Zeitgenössischer Tanz«. Im Anschluss daran ging sie zum Nederlands Dans Theater 2 (Den Haag); 2009 wechselte sie zum Ballett Basel, 2012 zum Cedar Lake Contemporary Ballet (New York). Seit der Spielzeit 2015/16 tanzt sie beim Ballett des SST. Elizabeth Wiles (Sopran) studierte an der University of Houston sowie dem CollegeConservatory of Music der University of Cincinnati. Es folgte ein Engagement an der San Francisco Opera. Am SST ist sie seit der Spielzeit 2003/04 engagiert. Stefan Röttig (Bass) lernte bei Anneliese Schlosshauer, GeorgeEmil Crasnaru und Brigitta Seidler-Winkler. Er sang unter anderem an der Wiener Kammeroper, der Staatsoper Stuttgart, der Oper Köln und der Hamburgischen Staatsoper. Am SST ist er seit der Spielzeit 2003/04 engagiert. Taeksung Kwon (Tenor) schloss sein Gesangsstudium in seiner Heimat Südkorea 2013 mit dem Bachelor ab. Seit dem Wintersemester 2015/16 studiert er an der Hochschule für Musik Saar bei Ruth Ziesak.

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biografien

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MIT DEM EVENTTICKET DER SAARBAHN ... ... fahren Sie am Aktionstag mit bis zu 5 Personen zum Preis von nur einer Person. Weitere Infos: saarbahn.de/eventticket


personal

Ballettdirektor Stijn Celis / Management und Dramaturgie Dr. Klaus Kieser / Ballettmeister Claudio Schellino / Ballettmeisterin Eri Iwasaki / Pianistin Anna Mamontova / Physiotherapeutin Eva Meier Generalmusikdirektor Nicholas Milton / Orchestermanager Stefan Eschelbach / Orchesterinspektorin Anne Braun

Technischer Direktor Ralf Heid / Leiter Beleuchtungsabteilung Frank Sobotta / Leiter Tonabteilung Walter Maurer / Kostümdirektor Markus Maas / Leiterin Maske Birgit Blume / Leiter Requisite Peter Michael Bartosch Bühneninspektoren Christoph Frank, Philipp Sonnemann / Technische Einrichtung und Theatermeister Christian Fischer / Beleuchtungseinrichtung und Beleuchtungsmeister Patrick Hein / Ton Birgit Kessler / Maske Angela Finze, Dorit Schneemann / Requisite Gabriela Stein / Gewandmeisterei Elisabeth Bitdinger, Christiane Hepp, Bettina Kummrow, Peter Plaschek / Ankleiderei Nicole Buchheit, Ursula Claus-Sandmeyer, Michael Paulus, Kaya Vanden Berg, Rainer Zimmermann Werkstättenleitung Elmar Freude / Produktionsleiter Christian Held / Dekorationsabteilung Christoph Foss / Malsaal Ella Zistler / Schlosserei (kommissarisch) Marc Trunzler / Schreinerei Armin Jost / Leitung der Statisterie Andreas Tangermann

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nachweise / impressum

textnachweise Alle Texte sind Originalbeiträge für dieses Heft. bildnachweise Porträt Gerhard Bohner (S. 4): Klaus Rabien. Porträt Stijn Celis (S. 28): Gregory Batardon. Porträts Cherie Trevaskis und Zuzana Zahradníková (S. 39 bzw. 40): Sascha Kletzsch. Die Porträts der Ensemblemitglieder stammen von André Mailänder. Die Fotos der Hauptprobe am 2. Mai 2017 machte Bettina Stöß, stage picture GmbH. Alle anderen Fotos sind private Aufnahmen. musik- und aufführungsrechte Gerhard Bohner © Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz Igor Strawinsky © Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin Ansgar Nierhoff © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

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impressum spielzeit 2016/2017 – programm nr. 196 herausgeber Saarländisches Staatstheater GmbH – Dagmar Schlingmann, Generalintendantin / Prof. Dr. Matthias Almstedt, Kaufmännischer Direktor redaktion Dr. Klaus Kieser gestaltung milchhof:atelier, Berlin satz Leis & Kuckert druck Krüger Druck, Merzig


Spielzeit 2017/2018 DORNRÖSCHEN Ballett von Stijn Celis Premiere am 30. September 2017 Saarländisches Staatstheater

VERLANGEN Choreografien von Stijn Celis, Jiří Kylián und Andonis Foniadakis Premiere am 10. Februar 2018 Saarländisches Staatstheater

INTENSITÄT Choreografien von Stijn Celis und Shahar Biniamini Premiere am 3. Mai 2018 Alte Feuerwache

SUBSTANZ 18 Choreografien von Mitgliedern des Ensembles Premiere am 15. Juni 2018 Alte Feuerwache Wieder auf dem Spielplan

GOLDBERG

BOHNER_CELIS Ballette von Gerhard Bohner und Stijn Celis Wiederaufnahme am 24. März 2018 Saarländisches Staatstheater

Foto: Bettina Stöß

Tanzstück von Stijn Celis Wiederaufnahme am 16. November 2017 Alte Feuerwache


Saarländisches Staatstheater Schillerplatz 1, 66111 Saarbrßcken vorverkaufskasse: (0681) 3092 486 internet: www.staatstheater.saarland


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