T h e at e r d e r Au t o r e n Magazin 2014 / 2015
deutschestheater.de
Impressum Herausgeber: Deutsches Theater Berlin, Schumannstraße 13a, 10117 Berlin, Intendant: Ulrich Khuon, Geschäftsführender Direktor: Klaus Steppat, Redaktion: Dramaturgie Gestaltung: Julia Kuon, Sabine Meyer, Illustration: Stefanie Schöpke Druck: Prototyp*, Berlin, Auflage: 10 000
Theater der Autoren Nicht umsonst erscheint dieses Magazin zur Uraufführung von Dea Lohers Gaunerstück – ist es doch der Gegenwartsdramatik gewidmet. Bereits im aktuellen Spielzeitheft hatten zehn unserer AutorInnen Texte zum Spielplan des Deutschen Theaters verfasst und es wurde deutlich, wie unterschiedlich die Art zu schreiben und die thematischen Schwerpunkte sind. Wir haben nachgehakt und vertieft und so wurden zum Inhalt: das Schreiben an sich, die Umstände, unter denen Theatertexte entstehen, die Themen und die Art und Weise wie sie auf die Bühne gelangen. Es kommen Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen und natürlich die Autoren zu Wort – wobei der Fokus auf den aktuellen und geplanten Inszenierungen dieser Spielzeit liegt.
Lot Vekemans Ismene, Schwester von
Nis-Momme Stockmann Der Freund krank
Iwan Wyrypajew Unertr채glich lange Umarmung
Rebekka Kricheldorf Alltag & Ekstase
Dea Loher Gaunerst端ck
David Grossman Aus der Zeit fallen
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Und genau dieser Moment könnte der Einbruch der Schönheit sein Robin Detje über Gegenwartsdramatik — 23 —
Wärme ist kein Kriterium
Dea Loher über die Uraufführung Gaunerstück
— 28 —
Über politisches Theater von Dea Loher — 31 —
Man muss eine Bühne im Herzen tragen
Regisseurin Daniela Löffner über Philipp Löhle, Rebekka Kricheldorf und Wolfram Lotz — 36 —
Vom inneren lebendigen Impuls ausgehen
Ein Gespräch mit dem Autor Iwan Wyrypajew
— 40 —
Der Freund krank
Ein Stückbeginn von Nis-Momme Stockmann
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Liebe, Honig und Quantenphysik
Drei Fragen an den Regisseur Hüseyin Michael Cirpici
— 48 —
Kritik? Wahrheit? Sehnsucht?
Neun Schauspielerinnen und Schauspieler über ihre Lieblingsautorinnen und Autoren
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Gegenwartsdramatik in Bildern — 69 —
Gegenwartsautoren im Deutschen Theater — 70 —
Veranstaltungstermine
— 18 — Rubrik
S TA D T
— 19 — essay
Und genau dieser Moment könnte der Einbruch der Schönheit sein Robin Detje über Gegenwartsdramatik
Über Gegenwartsdramatik soll ich schreiben, und das ist ja schon mal sehr schwierig – Gegenwart. Ich sitze in einem Dorf in Umbrien, in einem dreißig Jahre alten Haus im Tal mit Blick auf den Turm der mittelalterlichen Kirche auf dem Hügel. Vergangenheit und Gegenwart, da tut sich sofort eine ziemliche Schere auf. Und ich bin jetzt auf Twitter. Ich sitze im umbrischen Tal und twittere die Veröffentlichung des CIA-Folterberichts live auf dem Smartphone mit. Wobei die Mitteilung „Ich bin jetzt auf Twitter“ zwei
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Reaktionen zeitigt, die mich beide aus mei- wird, wie er dessen Macht spiegelt und stärkt. ner unmittelbaren Gegenwart rauskanten wol- Diese Vergangenheit ist nicht lange her. Noch len. Die eine: Du hast Twitter entdeckt? Jetzt? vor dreißig, vierzig Jahren gab es bei uns eine Ende 2014? Das ist ja unfassbar opahaft, zum Generation, die sich unter anderem auch über Schießen, ich schmeiß mich weg. Die andere: gemeinsame, in solchen Hierarchien entstanTwitter? Was ist das? Muss das sein? Verblödung dene Theatererfahrungen definiert hat. der Jugend, Ende des Abendlandes, endgültiger Und heute? „Im Theater kann man zur Zeit Kulturverfall, etc. pp. Theaterstilen und Repräsentationsformen sozuDa tut sich sofort eine ziemliche Schere auf, sagen auf offener Bühne beim Vermodern zuseviel weiter gespannt als die zwischen dem Haus hen“, sagte kürzlich die Nachtkritikerin Esther vom Ende des vergangenen Jahrhunderts und Slevogt in einem sehr klugen Vortrag. Wobei mir der mittelalterlichen Kirche, die ja wenigstens „Vermodern“ noch zu romantisch klingt. Ich sehe beide aus Stein sind. Auf welche Gegenwart wol- sie eher sich selber in Aktenordner ablegen. len wir uns einigen? Oder anders gefragt: Wer ist Denn die Verordnung der Obrigkeit über den die Zielgruppe für unser Produkt, die Gegen- bürokratischen Akt des Theatervollzugs ist ja wartsdramatik? (Für ein Produkt, noch gültig. Obwohl uns so undas viele Zwecke verfolgt – neWenn nichts mehr gefähr alles abhanden gekomgeht, geht ben dem der Aufklärung und Ermen ist, was den Wasserkessel eigentlich alles. leuchtung des Publikums zum Theater einmal zum Pfeifen gebracht hat – der Blick nach Beispiel auch den, das Überleben der Institution Theater zu sichern. Das ist oben, die Selbstverständlichkeit des Zusammenganz schön viel Auftrag.) kommens als Gemeinde, die Bereitschaft, uns Vergangenheitsdramatik war so: Sprachlich Identität stiften zu lassen von kirchenartigen Inauf Erhabenheit gebürsteter Text wird eingefüllt stitutionen. Und nun macht mal, ihr Gegenwartsin eine kirchenartige Struktur und Menschen zur dramatiker! Holt das Stöckchen! Neulich: Autorentheatertage, Deutsches Darbringung auf einem Bühnenaltar eingebläut, vor dem sich zur kollektiven Erbauung ganz Theater Berlin. Es kam zum Vortrag eines Theaselbstverständlich eine Gemeinde versammelt. tertextes, der auf poetische Weise eine SehnDer Blick ist nach oben gerichtet, durch die Kör- sucht nach der geschlossenen Form artikulierte. per der Schauspieler auf deren Gott, den Regis- Eine studierte Gegenwartsdramaturgin beugte seur (immer männlich!), durch ihn hindurch auf sich zu mir: „Das macht man heute nicht mehr so. den Textgott, mit dem er ringt; halb über, halb Heute macht man Textflächen.“ Akademischer neben allen thront Gottvater, der Intendant, der Betrieb lehrt das autoritäre Durchsetzen von von seinem Fürstenmäzen in dem Maße belohnt Gegenwartsmoden? Fröstel! Vielleicht er-
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klärt der normative Furor mir mein Gähnen vor mancher Textfläche: Das macht man heute so. Kein geniekultmäßiges „Ich musste das schreiben!“ oder „Es hat sich aus mir herausgeschrieben!“, sondern: Das macht man heute so, gemäß postdramatischer Textflächendirektive vom 3. März 1998 nebst beiliegenden Durchführungsbestimmungen. Dabei hat die offene Form längst ihre eigene Geschlossenheit produziert. Die Postdramatik schnarcht nächteweise auch schon ganz schön laut und ein schlechtes „Projekt“ ist nicht besser als ein schlechtes Stück. (Wobei die Diskursprojekte der freien Szene, zu denen sich Künstler und Publikum egalitär versammeln, um ganz ohne Schwellenangst tagesaktuelle Themen durchzunehmen, auf rührende Weise an die staatliche Fürsorge erinnern, die uns im Neoliberalismus abhanden gekommen ist: Diskurs-Schluckimpfung auf dem Gesundheitsamt, Geruch nach Bohnerwachs. Wiedergänger. Aber das wissen sie nicht, die Projekte, sie sind sich selbst im Grunde fremd.) Wenn nichts mehr geht, geht eigentlich alles. Fallhöhe ist da, wo es misslingen muss, wo das „richtig Machen“ nicht funktioniert, weil die rettende Verunsicherung zu groß ist. Theatergenuss ist da, wo man sehen kann, wie es auf kunstschöne Weise nicht gut gehen kann. Auf dem Theater würde ich deshalb heute vielleicht gerne Gegenwartsschauspieler sehen, Textflächenbewohner, die geschlossene Form probieren, Shakespeare, Kleist, Noël Coward in tiefem Kirchgängerernst, und es auf schöne Weise nicht können. Oder Vergangenheitsschauspieler, die mit
ihrer gesammelten Geschlossenheitssehnsucht aus dem inneren Theatermuseum ins Offene kommen, auf die Textfläche, und zum ersten Mal twittern. Der Mittelweg bringt den Theatertod. Die Parole: Das muss jetzt einfach weiter durchgezogen werden, als gäb‘s kein Heute. Die Anbiederung in den mittelguten Texten: Guckt mal, ich kann sogar Jugendsprache! Guckt mal, ich kann auch Internet, bei mir gibt es die Themen von heute! Die Ästhetik der Schwäche. Die Angst vor dem Kürzungsmesser der Kulturpolitik, der Rechtfertigungsquotendruck. Generell das Geduckte, die hässliche Ratlosigkeit. Statt der schönen Ratlosigkeit, dem Stolz darauf, dem Genuss an der Verwirrung. Bis dieser Genuss spürbar wird, wäre „Die Dramatik sitzt schweigend auf der Bühne und wartet auf die Gegenwart“ vielleicht nicht das schlechteste Stück. Oder: „Das Theater geht auf Textflächen eislaufen.“ Wobei man auch einbrechen kann. Und genau dieser Moment könnte der Einbruch der Schönheit sein. Der Autor auf Twitter: @robindetje Robin Detje, Jahrgang 1964, war Feuilletonist und Kritiker unter anderem bei der ZEIT und der Süddeutschen Zeitung. Als Übersetzer erhielt er 2014 den Preis der Leipziger Buchmesse. Er ist Teil der Berliner Performancegruppe bösediva. http://www.boesediva.de
Fania Sorel, Hans Lรถw, Elias Arens, Judith Hofmann, Miquel de Jong, Fotos (2): Arno Declair
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Wärme ist kein Kriterium Ein Gespräch mit Dea Loher über die Uraufführung ihres Gaunerstücks
Die Wahrsagerin Madame Bonafide in Dea Lohers neuestem Text Gaunerstück gibt den Zwillingen Maria und Jesus Maria einige Rätsel auf. Wer oder was ist diese Frau, dieser Mann, dieses „Medium“ mit der afrikanischen Halskrause und den hochtoupierten blonden Haaren? Warum riecht es aus Bonafides Wohnung so eigenartig-widerwärtig nach toten Tieren? Und welche Zukunft erwartet die beiden Geschwister, die sich entschlossen haben, mit dem alten Versprechen aus Kindheitstagen ernst zu machen und in ein „superschönes Leben“ aufzubrechen, „aufregend und voller Momente, an die du dich in hundert Jahren noch erinnern wirst“. Denn ganz so sieht ihr Leben im Moment leider nicht aus, nein, so sieht es ganz und gar nicht aus.
John von Düffel: Nach Deinem Text Am Schwarzen See, der von zwei Elternpaaren handelt, die ihre Kinder verloren haben, überraschst Du bei Gaunerstück mit der Geschichte eines Zwillingspaars, das mit Hilfe eines kriminellen Coups in ein neues Leben aufbricht. Eine für deine Verhältnisse ungewöhnliche zukunftsorientierte und optimistische Ausrichtung? Dea Loher: Das Gaunerstück hat sehr junge Protagonisten; allein aus diesem Grund ist es atmosphärisch leichter und offener als Am Schwarzen See. Aber man muss sowieso mit jedem Stück etwas Neues ver-
suchen, finde ich. Auch wenn genauso wahr ist, dass man im Grunde immer an dem gleichen Text schreibt oder sich an einer ähnlichen Materie abarbeitet. Das Ideal für Gaunerstück war eine schwebende Geschichte, die etwas Rätselhaftes behält, einen Kern, der sich nicht erklären oder rationalisieren lässt. Und eine Grundstimmung der Lebenslust, ja! Das zentrale Paar der Zwillingsgeschwister Maria und Jesus Maria weist viele für Deine Figuren charakteristische Merkmale auf. Ihre Herkunft ist prekär – die
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Mutter arbeitet in einer Wäscherei und trinkt, der spaaußerhalb der Legalität. Anders gesagt, sie fassen nische Vater hat die Familie verlassen, und die beiden den Plan, einen Juwelier auszurauben, nicht aus exisGeschwister hangeln sich mit Aushilfsjobs durchs Letentieller Not, sondern vielmehr aus Lust am Spiel, ben. Gleichzeitig sind sie mit einem Selbstbewusstsein am Imaginären. Es ist ein Abenteuer. Und es ist eine Rebellion gegen die Vernunft. und Humor ausgestattet, der sie nicht nur zu Mitleid heischenden „soWie sieht meine zialen Randfiguren“ macht. Es gibt Deine Protagonisten sind erstaunviel Schräges in ihrer Geschichte. Ist lich aktiv und entschlossen, ihr Leben Zukunft aus, das die Balance, die Du anstrebst? zu verändern und aus ihrer Misere was darf ich hoffen, An einer Balance liegt mir überherauszukommen. Und gleichzeitig was soll ich tun? haupt nichts. Im Gegenteil intebremst sie immer wieder etwas und ressiert mich gerade das Unökosie brauchen Impulse von außen, nomische, und in gewisser Weise auch das mitunter sogar kleine „Wunder“, um zur Tat zu schreiNicht-Nutzbarzumachende. Wenn man sich die ten. Also doch keine aktiven Helden? Gesellschaft als eine ökonomische Verwertungskette Ich würde sagen, Wunder passieren in dem Stück denkt, dann sitzen sowohl die Zwillinge als auch deüberhaupt gar keine. Und bei allem, was auf den ersren Nachbarn Madame Bonafide und Videofilmer ten Blick vielleicht wie ein glücklicher Zufall wirkt, Porno-Otto an schwachen Stellen. Zwei ungelernte kann man bei genauerem Hinsehen bzw. im NachhiHilfsarbeiter, eine Zukunftsdeuterin und ein Pornonein nicht sicher sein, ob es sich nicht um eine bedarsteller bzw. -filmer; an erstere werden die unbewusst herbeigeführte und dann mit einer ganz beliebten Arbeiten delegiert, an letztere die Sehnstimmten Intention genutzte Situation handelte. Also süchte ausgelagert, die irgendwie auch bedient wenn Maria in dem Juwelierladen einen Ring mitgewerden müssen, über die aber keiner sprechen mag. hen lassen kann, ohne erwischt zu werden – hat ihr dann der Besitzer nicht erst die Möglichkeit verWie sieht meine Zukunft aus, was darf ich hoffen, was soll ich tun? Wie stille ich meine sexuellen Bedürfschafft, indem er sie einen Moment allein ließ? Und nisse? Die Zwillinge sind auf befreiende Weise ehrwarum lässt er sie laufen? Und wenn der Juwelier in lich: Ja, unsere Familiengeschichte und Herkunft ist das Restaurant kommt, in dem Maria bedient, dann weder schön noch ideal, aber wir haben ein Recht dageht sie nach hinten und steckt sich extra den Ring rauf, das Leben zu genießen. Jede Form des Reichan den Finger, um ihn vorzuführen. Da haben zwei tums, auch materieller Reichtum, ist interessant als Menschen große Lust am Spiel, an der wechselseitiMöglichkeit der Verschwendung. Das ist außerhalb gen Provokation und daran zu sehen, wie weit man einer Konvention. Sie sind nicht daran interessiert, damit kommt. „Zufällig“, sagt Herr Wunder, „passiert schnittige Konsumenten zu werden oder an der selten etwas.“ Aus seiner Sicht hat er recht, Herr Spaßgesellschaft teilzuhaben, als kalkulierbare IndiWunder konterkariert ja gerade seinen Namen durch viduen. Sie sind keine Arbeitsverweigerer oder Querseine Handlungen, zum Beispiel den Überfall, den er denker, aber eben auch nicht wild darauf, in ihrem Bilgenau plant. Dass er trotzdem nicht vor Überraschundungs- oder Lebensstandard aufzuholen. Wer setzt gen gefeit ist, steht wieder auf einem anderen Blatt. überhaupt den Standard? Das wäre ihre Frage. Und die Zwillinge haben da ihren eigenen Plan. Ihre Kraft Sind die beiden Rebellen eine deutsche Spielart von zur Imagination – das Gewünschte zu fantasieren und Bonnie und Clyde oder Opfer des Systems? Sind sie dann in die Tat umzusetzen – ist von vorneherein eine dafür geschaffen, Grenzen zu überschreiten?
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Sie haben mehr mit Godards Außenseiterbande zu tun als mit Bonnie und Clyde. Also Freunde, die eine Gelegenheit zum Raub nutzen, weil sie sich bietet. Sie verteilen ihre Beute nicht an Bedürftige und haben keine ausgleichende Gerechtigkeit im Sinne, außer für sich selbst. Es gibt die eine Episode, in der Jesus Maria der alten Obdachlosen die Wurst wieder wegnimmt, die er ihr zuvor geschenkt hatte. Sie handeln durchaus ambivalent, auch unberechenbar und egoistisch.
sind, im Text, auf der Bühne. Und Wärme ist kein Kriterium.
In deinem Stück Unschuld finden zwei illegale Immigranten eine Tüte mit Geld – „Gott in einer Tüte“ –, was wie ein kleines Wunder das gesamte Stück in Bewegung bringt, auch in Richtung von Glaubens- und Glücksfragen. In Gaunerstück tritt ein gewisser Herr Wunder auf, ein geheimnisvoller Juwelier, der die Zwillinge, aber insbesondere Maria zu verfolgen scheint und ihnen schließlich ein folgenschweres Angebot macht. Sind es die Glücks- und Glaubensfragen, die Gleichzeitig gibt es bei aller Zwillingshaftigkeit von Maria und ihrem Bruder Jesus Maria einige Dinge, die Frage von Schicksal und Zufall, die Dich in diesem Stück sie trennen. Er guckt manchmal stundenlang und immer in ganz neuer Form interessieren? wieder die brutalsten Mordszenen aus Michael Hanekes Die Zwillinge stellen die Glaubensfrage nicht mehr; Film Bennys Video, sie verharrt eine halbe Nacht restatt in die Kirche geht Maria zur Wahrsagerin. Sie hagungslos vor dem offenen Kühlschrank. Und hinter ben gelernt, dass sie sich im Ernstfall nur auf sich allem steht die Frage, wie gehen sie damit um, dass sie selbst verlassen können. Sie handeln relativ pragmaihre alkoholkranke Mutter nicht mehr ausgehalten und tisch, teilweise auch skrupellos, zum Beispiel wenn im Stich gelassen haben. Im Umgang damit sind die sie die Mutter verlassen. Und andererseits kann man Zwillinge sehr verschieden. Der Bruder wirkt oftmals auch sagen, dieser Schritt war einfach ein notwendiviel weicher und verletzlicher als Maria. Kann man sager und unumgänglicher für sie. Was sie beschäftigt, gen, sie sei seine große Schwester? ist also eher die pragmatische Frage danach, wie man den Bedürfnissen des eigenen Ha! Sie hat achteinhalb Minuten Lebens gerecht werden kann, ohne Vorsprung und ist eine Frau! NaGlücks- und amoralisch zu werden. Also im türlich hat sie ihm was voraus! Glaubensfragen Grunde auch die Frage, was heißt Freiheit? Die Zwillinge wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Pornofilmer mit dem sprechenden Namen „Porno-Otto“ und einer Wahrsagerin Maria und Jesus Maria erzählen ihre Geschichte und Madame Bonafide, die ein „düsterer Kerl“ ist. Wie viel vergewissern sich dabei gleichzeitig der Wunder und Milieu, wie viel Beobachtung steckt in diesen Figuren? Merkwürdigkeiten, die ihnen widerfahren sind. Diese Und wie viel Wärme? Form des Erzählstücks ist unter Deinen Texten bisher Das Stück erhebt keinen Anspruch auf kritische Reeinzigartig, oder? präsentanz von vermeintlich sozialen Randgruppen. Große narrative Strecken gab es in meinen Stücken Dieses Überprüfen von Figuren im Hinblick darauf, schon immer. Aber es geht nicht ums Erzählerische wie realistisch oder authentisch das dargestellte an sich, sondern es ist eben immer wieder der VerMilieu ist – das heisst letztlich wie „wahr“ – , finde ich such, der üblichen situativen Dramatik etwas anderes immer leicht irritierend. Natürlich sind das Kunstentgegenzusetzen, dieser alten Mühle Theater noch figuren. Natürlich gibt es irgendwo einen realen einmal etwas Neues abzuringen (oder einen RegisHintergrund. Und natürlich sind sie real, weil sie da seur zu etwas Neuem zu nötigen).
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Wenn man den Namen Dea Loher hört, denkt man in Deutschland als erstes an Andreas Kriegenburg als Regisseur. In den Niederlanden ist das anders. Dort hat Alize Zandwijk fast alle Deine Stücke erstaufgeführt und einige ihrer Schauspieler in dieser Koproduktion mit dem Ro Theater Rotterdam haben genauso viel Dea Loher-Erfahrung wie die Ensemblemitglieder des Deutschen Theaters. Fühlst Du Dich manchmal als „holländische Dramatikerin“? Und wie unterschiedlich erlebst Du die Rezeption? Es gibt sehr, sehr viele Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten zwischen den Arbeiten von Andreas und Alize. Sowohl in ihrem ästhetischen Ausdruck auf der Bühne als auch in ihrer Sicht auf die Welt. Als holländische Dramatikerin würde ich mich nicht fühlen, ich spreche ja nicht mal ein Wort außer „fiets“. Ich finde an den niederländischen Spielern ihre körperliche Präsenz so faszinierend, sie wirken auf mich oft wie den Gemälden von Jenny Saville oder Lucian Freud entsprungen, und so spielen sie auch, fleischliches Theater, kein Psychologentheater, das Drama kommt aus den Eingeweiden, aus den Knochen, und nicht aus dem Kopf. Und Alize arbeitet oft zusätzlich mit Tänzern und Musikern auf der Bühne, und entwickelt dadurch extrem aufgeladene Räume, in denen das, was diese merkwürdigen Körper zwischen- und miteinander herstellen, fremd und inhomogen wirkt. Ich mag das. Ich hatte deswegen große Lust, für sie ein Stück zu schreiben. Die Geschwister befinden sich im Moment des Erzählens in Antwerpen, in der Nähe des Juwelier-Viertels. Ein kleiner Tribut an die Koproduktion mit dem Ro Theater in Rotterdam? Ja, kann man so sehen. Und für mich auch eine Reminiszenz an den ersten Teil meines Romans Bugatti taucht auf, der von Rembrandt Bugatti handelt und zum Teil in Antwerpen spielt. Die Stadt hat’s mir angetan.
Alice Zandwijk, die künstlerische Leiterin des Ro Theaters Rotterdam, bringt die Uraufführung dieses neuesten Loher-Stückes als Koproduktion mit einem internationalen Ensemble und als Cross-Over aus Text, Tanz und Musik auf die Bühne der Kammerspiele des Deutschen Theaters. Das Gespräch führte John von Düffel.
Elias Arens, Judith Hofmann, Miquel de Jong
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Über politisches Theater und Wirklichkeit in 5 ½ Minuten und 11 Sätzen von Dea Loher
Erstens. Frage. Die meistgestellte Frage lautet, ob ich mich als politische Autorin verstehe. Spontane Antwort: Ja, was sonst? Zweitens. Allgemeinverständnis. Der Begriff „politisches Theater“ impliziert einen Vorrang des Inhalts vor der Form, missverständlicherweise, und eine eindeutige Haltung seinem Gegenstand gegenüber, wie sie normalerweise der realen Politik entspricht. Im schlechtesten Fall ein Theater der gezielten Wirkungsabsicht. Im besten Fall, und mit der künstlerischen Form auf Höhe des Gegenstandes, ist es: amoralisch, gebrochen, unsicher, zwiespältig, zweifelnd, suchend, nicht-wissend. Drei. Subjektive Definition. (Fragment). In der Eigenschaft, vieldeutige Formen, zwecklose Zeichen, unübersichtliche Wege, manchmal auch traurige und verzweifelte Wirrnis zuzulassen, auf der Gleichzeitigkeit und Unverständlichkeit, Sinnlosigkeit und Schönheit der Dinge in der Welt zu beharren, darin liegt für mich die politische Dimension; und zwar deswegen, weil so überhaupt erst die Räume geschaffen werden, die Ausdruck von Freiheit und Fantasie sind; Kunst-Räume, die weit von
der unmittelbaren Realität entfernt sein können, und die trotzdem das wirkliche Zusammenleben und seine Bedingungen spiegeln. Das komplizierte Versagen im Jetzt, die unerfüllten Möglichkeiten der Gegenwart erzählen mehr als die Entwürfe von Utopien es je können. Vier. Negation. Und in diesem Sinn kann das Theater, von dem ich rede, nicht nicht politisch sein. Fünf. Einsicht. So viel Wirklichkeit wie möglich, nicht nur Ausschnitte davon. So viel Zusammenhang wie möglich herstellen; zueinander in Beziehung setzen, was scheinbar lose nebeneinander existiert; nicht den Gegenstand des Schreibens von seiner Umgebung isolieren. Auch kein Spezialtheater für Minderheiten oder Interessengruppen. Das Theater nicht zum Themenabend verkommen lassen. Sechs. Erleben. Wenn es um die Spannweite der rasend schnellen gesellschaftlichen Veränderungen geht, hoffe ich, dass die Literatur, die in der Zukunft wichtig sein wird, von Wanderern zwischen den Welten geschrieben werden wird;
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den Migranten nämlich, die in ihrer Biografie die Überlagerungen von extrem divergierenden Lebensräumen und kulturellen Kontexten mit sich tragen, und sie als Ausgangspunkt des Erzählens benutzen: von konkreten Erfahrungen, surrealen Träumen und allen Abenteuern dazwischen. Sieben. Simulation. Von uns ist jeder inzwischen auf so vielfältige Weise medial vernetzt, und bewegt sich parallel auf so vielen verschiedenen Realitätsebenen, zeitverschobenen, virtuellen, fiktiven, digitalen, ohne dass dies noch mit einer körperlichen Erfahrung oder einem Raum-ZeitEmpfinden verbunden wäre. Neben diesem simulierten Erleben aber drohen bisweilen Lust und Kraft zu schwinden, die eigene Lebenswirklichkeit mit all ihren Handlungsmöglichkeiten einzuschätzen, sie ins richtige Verhältnis zu anderen Leben zu setzen, sie zu vermessen und darüber zu verfügen. Acht. Polis. Das Theater kann genau der Ort sein, an dem wir uns dieser Fähigkeit wieder bewusst werden und sie uns zurückholen. Wahrscheinlich ist es einer der letzen wahrhaft anachronistischen
und vollkommen altmodischen Versammlungsorte der Kunst, in denen eine Gesellschaft sich selbst in Frage stellen kann. Meist ohne unmittelbare Gefahr für die Umwelt. Leider. Neun. Körper. Ungeachtet, wie viel Technik und Neue Medien man einsetzt, es wird immer irgendwo ein echter Körper auftauchen, der zu einem Schauspieler gehört, es wird diese Spielerkörper geben, die einfach da sind, zur selben Zeit wie wir, berührbar, und unverschämt, die uns mit ihrer Präsenz, ihrem Geruch, ihre Stimmen und ihrer Sinnlichkeit belästigen. Von den lästigen Körpern der Zuschauer ganz abgesehen. Zehn. Sprache. Und solange diese Körper noch miteinander reden, solange es einen Raum der Sprache gibt, ist die Aufgabe, ihn ungeduldig und peinigend und penetrant zu erschaffen, am Ende ebenso sehr eine poetische wie eine politische. Elf. Resümee. Was vielleicht ganz beruhigend ist. Aus der Preisrede Dea Lohers anlässlich der Verleihung des Berliner Literaturpreises.
BLUT
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Man muss eine Bühne im Herzen tragen Wie wird aus einem Text ein Stück? Aus Worten ein Erlebnis? Ein Gespräch mit der Regisseurin Daniela Löffner, die am Deutschen Theater Stücke der Autoren Philipp Löhle, Rebekka Kricheldorf und Wolfram Lotz inszeniert hat.
Mareike Nieberding: Sie haben während eines Auslandsaufenthalts in Spanien Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Was haben das Lehren und das Regieführen gemein? Daniela Löffner: Es geht in beiden Jobs ums Lustmachen. Zu entfachen, das ist das Schwerste, was es gibt. Niemand paukt gerne Grammatik, niemand lernt gerne Texte auswendig. Deshalb muss ich den Spielern vermitteln, warum es sich für sie lohnt, sich mit allem, was sie haben, in die Rolle zu stürzen. Auch mit allem Ungeschützten. Vielleicht habe ich das vom Lehren übernommen. Sie nennen die Schauspieler Spieler. Warum? Das Wort Schauspieler klingt für mich äußerlich. Genauso wie ‚darstellen‘, das mag ich auch nicht. Da steckt Distanz drin. Als müsste der Spieler zur Rolle, anstatt die Rolle zu ihm. Mir gefällt es, wenn sie spielen, nicht schauspielen. So wie Kinder. Wenn die Elfen spielen, erkundigen sie sich vorher auch nicht, wie eine Elfe genau zu sein hat, sondern sie haben eine Ahnung davon und die schwapsen sie sich über. Ganz einfach. Sie wollten auch Schauspielerin werden. Wieso? Meine Großmutter war, bis der Krieg ausbrach, Schauspielerin am Oberschlesischen Landestheater, mein Großvater war der Intendant des Theaters.
Dann hat Ihre Großmutter Sie inspiriert? Ich habe sie leider nicht kennengelernt. Aber mein Vater, ihr Sohn, ist viel mit mir ins Theater gegangen, in Freiburg, Basel, Zürich. Ich wollte, seit ich denken kann, Schauspielerin werden. Während der Bewerbungsphase an den Schauspielschulen machte ich dann eine Hospitanz am Theater in Freiburg und nach drei Tagen war klar: Ich will Regisseurin werden. In dieser Zeit habe ich verstanden, dass es eine Kommunikation zwischen Bühne und Zuschauerraum gibt und wie viel das mit dem Stück macht. Was für eine Art von Schauspielerin wollten Sie werden? Komikerin. Beim Inszenieren habe ich jedoch gemerkt, dass ich noch eine andere Seite habe. Dass ich es wichtig finde, dass Gefühle ernst genommen werden und auf keinen Fall einem Witz unterliegen. Am Theater bin ich mutiger als sonst. Das Theater als sicherer Ort. Ja, für mich ist es ein grandioser Ort zum Suchen. Was haben Sie in Wolfram Lotz’ Die lächerliche Finsternis gefunden? Mein erster Eindruck war: mutig. Dass jemand sich traut, zwei Männer in einem Krisengebiet zu beschreiben und gleichzeitig ehrlich sagt: das hier ist
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nur ein Versuch. Das wird gleich zu Beginn klar, wenn Oberfeldwebel Oliver Pellner erklärt, der Hindukusch sei kein Gebirge, sondern ein Fluss und in Afghanistan gebe es Regenwald. Da wird die Realität abgeschafft. Wussten Sie sofort, dass Sie es inszenieren wollen? Meistens gibt es einen Moment, eine Szene, bei der ich denke: Das will ich machen. Bei Die lächerliche Finsternis war das der Auftritt des Reverends, der vor vielen Jahren vielleicht mit guten Vorsätzen nach Afghanistan gekommen ist, mittlerweile aber alle Moslems zwangskonvertiert hat…
erst einschleichen. Ob es geht, einen Spannungsbogen aufzubauen, obwohl der Zuschauer weiß, dass der Mörder schon tot ist. Dürrenmatt in Zürich. Beeinflusst der Spielort Ihre Regiearbeit? Ja, in Zürich kann ich nicht über dieselben Bilder erzählen wie in Berlin oder Braunschweig. Was in Braunschweig ein Skandal war, wäre in Berlin auf keinen Fall einer gewesen. Da bin ich mir sicher.
Erzählen Sie. Als Hausregisseurin am Staatstheater Braunschweig habe ich in Kabale und Liebe aus dem Liebesbrief eine Vergewaltigung gemacht. In meiner Version Und eine Art Nudistencamp aus seiner Gemeinde gezwingt Wurm Luise mit Kalb zu schlafen und macht macht hat… Spielen sich solche Szenen dann bereits vor Ihrem inneren Auge ab? davon ein Foto, das er Ferdinand gibt. Ich wollte etEs läuft vor mir ab, aber die Inszewas über unzuverlässige Bilder erzähnierung sieht dann meistens ganz len und fand die Aussage wichtiger Da wird die Realität anders aus. Mein Vater sagt imals den Brief. Aber irgendwie war das abgeschafft. mer: Man muss eine Bühne im zu viel – das hat Braunschweig nicht Herzen tragen. Das heißt, ich so gut verkraftet. überprüfe während des Lesens, ob der Stoff Sinn macht, ob er auf der Bühne eine Kraft entwickeln Haben Sie das provoziert? kann oder eben doch verpufft, zu klein bleibt oder Nein, obwohl auch mir die Szene an die Nieren geaber zu massiv wird. Ich frage mich, was ich als Zugangen ist, aber mit diesen Reaktionen habe ich schauer gerne empfinden würde. Dann tauchen die nicht gerechnet. Aber da muss sich eine Stadt auch ersten Bilder auf. an mir reiben.
Wie geht es weiter? Mit der Frage: Was muss ich machen, um dieses Gefühl rüberzubringen? Wenn ich Lust habe, mich auf die Suche nach der Antwort auf diese Frage zu machen, weiß ich, dass ich das Stück inszenieren möchte. Wenn nicht, lasse ich es. Außer, es liegt mir zwei Tage in der Magengrube. Aber das ist selten. Welches Stück haben Sie so mit sich rumgeschleppt? Das Versprechen von Friedrich Dürrenmatt, das ich am Schauspielhaus in Zürich inszeniert habe. Beim ersten Lesen ist mir das Warten des Kommissars nicht so nahe gegangen. Das Interesse daran musste sich
Suchen sich Städte auch ihre Stücke? Vielleicht. In Berlin habe ich zum Beispiel das Gefühl, dass auch tagespolitisch etwas eingefordert wird. Dementsprechend sitzt der Lotz hier schon besser als in Zürich oder Braunschweig. Außerdem gibt es in jeder Stadt andere Sehgewohnheiten und Bezüge. Wie sehr reflektieren Sie die hauseigenen Zuschauer? Ich will nicht glauben, dass ans Deutsche Theater nur die und die Leute gehen. Andererseits stecken in einem Stück wie Die lächerliche Finsternis schon Botschaften, die sicherlich ganz gut ans DT passen. Sätze wie: Warum kann ich nicht mal ein bisschen
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freundlich sein? Warum immer dieser Zynismus? Solch einen Moment würde ich in Berlin größer inszenieren als vielleicht in Ingolstadt. Das können die Berliner schon mal vertragen. Wieso? Weil mich das Überreflektieren hier wahnsinnig macht. Ich finde das sehr anstrengend. Das war auch das Thema im Stück Alltag & Ekstase von Rebekka Kricheldorf. Das Stück war wie für den Prenzlauer Berg geschrieben. Einmal habe ich meine Mittagspause dort in einem Café verbracht und habe diese ganzen Sätze tatsächlich gehört. Vor Die lächerliche Finsternis hat Wolfram Lotz ein Vorwort gestellt, in dem er jeden Bühnenregisseur bittet, das Stück, das ja eigentlich ein Hörspiel ist, zu bearbeiten. Wie sind Sie mit dieser Forderung umgegangen? Ich habe es dialogischer gemacht, gestrichen – und zwar nicht zu knapp – und innerhalb des Stücks Stellen montiert und Kontext dazu erfunden. Wussten Sie gleich beim ersten Lesen, was rausfliegen muss? Nein, bei diesem Text nicht. Bei Rebekka Kricheldorf schon, ebenso bei Philipp Löhles Das Ding, wo ich gleich die erste Szene gestrichen habe. Wieso das? Die erste Szene war eine Art Prolog, der am Ende aber nicht durch einen Epilog aufgelöst wurde. Es kamen Figuren vor, die nie wieder auftauchten, es entstand eine Klammer, die sich nicht schließen ließ. Deshalb habe ich direkt mit der Hauptfigur, der Baumwollfluse, begonnen und sie ihre ersten Sätze sagen lassen. Auch Ihre nächste Arbeit am DT wird ein Stück von Löhle sein: Jede Stadt braucht ihren Helden. Wie ist es Ihnen mit diesem Text ergangen? Wie auch bei Das Ding hat dieser Text verschiedene Stränge, die am Ende zusammenfinden und an einer
Art Knotenpunkt zum Platzen kommen. An dieser Stelle ist mein Zutun gefragt. Welche Rolle spielt das Erfinden für Ihre Arbeit? Zeitgenössische Stücke haben oft wenig Kontext. Das ist eine Herausforderung. Dann merkt man erstmal, wie grandios sich die Situationen bei älteren Stücken ergeben. Da fragt man sich erst gar nicht, wie die Figur von A nach B kommt. Lotz kümmert sich um sowas nicht wirklich. Es gibt ein Kanu, das sorgt schon mal für die Fortbewegung. Aber eben nur physisch. Psychologisch musst du erstmal gucken, wie du diese Aneinanderreihung von Schlaglichtern als einen empfundenen Strang gespielt kriegst. Da erfindet man permanent. Birgt das Bearbeiten nicht auch ein Risiko? Wenn Sie in Kabale und Liebe einfach eine Szene modernisieren oder in einem Shakespeare streichen? Man könnte auch die Rückfrage stellen: Wieso geht jemand das Risiko ein zu glauben, dass das heute noch irgendjemand kapiert? Ich sehe es als meinen Job an, mich darum zu kümmern, dass der Theaterabend für jeden verständlich wird. Man muss nicht studiert haben, um Shakespeare zu verstehen. Der Regisseur muss Bescheid wissen, aber nicht der Zuschauer. Wenn wir uns darum nicht mehr kümmern, schaffen wir uns ab. Das heißt, man sollte beliebig mixen? Naja. Man muss sich fragen: Wozu ist eine Szene da? Was soll sie? Was ist ihre Übertragung? Da kommt man relativ bald auf eine Aktualität, die gar nicht unbedingt im Jetzt spielen muss, aber im Jahr 2014 funktionieren sollte. Sonst wüsste ich außer aus historischen Gründen nicht, warum man überhaupt noch Klassiker spielen soll. Dann müsste man es schon richtig historisch machen: Molière, und dann müssen die auch in ihre Schlösser kacken.
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Inszenieren Sie lieber klassische oder zeitgenössische Stücke? Ich gucke immer, dass es sich in der Spielzeit die Waage hält. Klassiker brauchen allerdings einen größeren Vorlauf. Inwiefern? Recherche, Sekundärliteratur, Textarbeit. Wenn du Shakespeare streichst, brauchst du länger, weil du im Versmaß bleiben musst. Man muss Fassungen vergleichen und Übersetzungen. Das ist ja echte Germanistenarbeit. Ja, es macht aber auch Spaß. Wenn einem dann eine Formulierung altbacken vorkommt und man muss eben auch noch den fünfhebigen Jambus beachten. Das ist was anderes als Lotz zu streichen. Eben sprachen Sie von der tagespolitischen Aktualität, die in Berlin gefordert sei. Was stellt Die lächerliche Finsternis der Stadt zur Diskussion? Ich finde das Thema Zynismus wichtig. Gerade vor dem Hintergrund der Debatten um Kriegseinsätze. In Die lächerliche Finsternis ziehen ein Oberfeldwebel und ein Unteroffizier los, um in Afghanistan einen geheimen Auftrag zu erfüllen. Obwohl sie aus demselben Land stammen und ein gemeinsames Ziel haben, schaffen es diese zwei Soldaten nicht zueinander zu kommen. Wie soll man dann in ein Krisengebiet gehen und da mit den Menschen klar kommen? Wenn es nicht mal in der eigenen Kompanie geht. Auch der Blick der Deutschen auf die Fremde hat mich interessiert. Das klingt jetzt sehr ernst, dabei ist das Stück sehr humorvoll. Ja, das stimmt. Vieles ist zum Lachen. Wenn es um die Bundeswehr geht, muss man auch ein wenig mit den Augen zwinkern. Wir wollten uns nicht der Akkuratheit verpflichten. Sie haben mal gesagt, sie und ihre Bühnenbildnerin Claudia Kalinski würden die Wirklichkeit gleich sehen.
Streben Sie das auch mit Ihren Schauspielern an? Im Fall von Claudia und mir ist das etwas sehr Besonderes. Jeder Mensch hat seinen Filter, aber wir haben zufällig die gleiche Farbe. Mit den Schauspielern versucht man sich die Farben zu beschreiben und sagt dann: Wir packen was von deinem Grün in mein Blau und dann ist es Türkis und wir sehen etwas Wahres. Aber letztlich ist es doch immer meine Brille, weil ich von außen gucke. Sehen Sie die Schauspieler als Ihr Werkzeug? Nein, die Spieler sind meine Chance. Jeder Text, egal wie gut er ist, und jede meiner szenischen Ideen, egal wie gut sie sind, wird erst in dem Moment überprüft, in dem sie jemand mit seiner ganzen körperlichen und psychologischen Erfahrung spricht. Alles andere ist Zwang. Das merkt der Zuschauer sofort. Wie sehen Sie die Rolle des Regisseurs in unserer Gesellschaft? Haben die Theatermacher noch eine Stimme? Die Enfants terribles, die sich früher laut zu Wort gemeldet haben, finden sich nicht mehr so häufig. Auch, weil die Regisseure nicht mehr nur an einem Haus inszenieren, sondern wie Wanderarbeiter unterwegs sind. Es herrscht überall Ambivalenz. Und um seine Stimme zu erheben, braucht man gute Stoffe. Wie Arthur Millers Hexenjagd, das ich am Schauspielhaus Bochum als nächstes mache. Damit würde ich gerne viel weitergehen. Damit könnte man fragen, wie man sich heute als Muslim in Deutschland fühlt, mit so einem kleinen Generalverdacht. Aber dafür muss man im Stück etwas ändern und das darf ich vom Verlag aus nicht. Schade. Ja, wir versuchen es trotzdem. Aber in Deutschland geht etwas verloren. Diese Funktion, die Kabarett mal hatte, sich mit der Kunst seine eigenen Kritiker an den Hals zu wünschen, das ist eigentlich nicht mehr erwünscht. Das Gespräch führte Mareike Nieberding.
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T H E A T E R H immel
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Vom inneren lebendigen Impuls ausgehen Ein Gespräch mit dem Autor Iwan Wyrypajew, dessen Auftragsstück Unerträglich lange Umarmung in den Kammerspielen von der Regisseurin Andrea Moses uraufgeführt wird.
Nikolai Berman: Wer ist Iwan Wyrypajew? Iwan Wyrypajew: Ich bin einer, der sich mit vielen Dingen beschäftigt: Ich bin künstlerischer Leiter des Moskauer Theaters Praktika und Regisseur und Schauspieler und Produzent. Na, und ganz grundsätzlich, wenn Sie mich fragen, wer ich bin, in Wirklichkeit, richtig und ganz ernsthaft, mache ich nur eins – Stücke schreiben. Ich fühle mich allerdings als ein Dramatiker, der gezwungen ist, viele andere, unterschiedliche Dinge zu machen, nur um überleben zu können. Hätte ich die finanziellen Möglichkeiten, nur Stücke schreiben zu können und mich mit Studenten zu beschäftigen, dann würde ich weiter nichts anderes machen. Wenn ich Stücke schreibe, bin ich vollkommen bei mir, da bin ich am rechten Ort. Was muss ein einfacher sibirischer Kerl machen, damit seine Stücke am Deutschen Theater Berlin inszeniert werden? Es liegt ein langer Weg hinter mir. Aber Karriere habe ich nie gemacht, ich habe mich auch nie damit beschäftigt – mit dem, was allgemein mit diesem Wort in Verbindung gebracht wird, sprich: Ich habe einfach keine gemacht. Was am meisten zählt ist wahrscheinlich das, was du ehrlich machst. Man kann eh keinem was vormachen. Wenn du anfängst jemandem etwas vorzumachen, riskierst du im Nirgendwo zu landen. Besser oder talentierter wirst du davon auch nicht. Du wirst einfach nur versuchen irgendeiner Richtung oder Strömung entsprechen zu wollen, und dabei
wirst du haufenweise Zeit verschwenden. Ständig wirst du raten müssen, in welche Richtung es weiter geht, und merken wirst du, dass das alles nicht stimmt. Ich leite nur ein kleines Kellertheater, ich bin kein Hollywoodstar. Aber ich habe Arbeit. Heutzutage, besonders in Russland, ist das schon mal ganz ordentlich. Sie schreiben schon zum vierten Mal ein Auftragswerk für ein Theater in Deutschland. Was macht diese Art von Arbeit so besonders? In den letzten Jahren arbeite ich wirklich viel für deutsche Theater. Die Stücke Illusionen und Sommerwespen im November sind für das Schauspielhaus in Chemnitz entstanden, Betrunkene habe ich für das Düsseldorfer Schauspielhaus geschrieben. Vier Stücke in vier Jahren, das ist eine ganze Menge, und eigentlich schreibe ich nicht so oft ein Stück. Bisher sind eine Menge meiner Texte in Deutschland, aber auch in Polen aufgeführt worden. Auftragswerke sind für mich sehr praktisch. Kein Theater hat mir je ein Thema vorgegeben, man hat mir jeweils einfach nur ein Angebot zu schreiben gemacht. Und weil ich eh Stücke schreibe, egal ob ein Angebot kommt oder nicht, ist das natürlich eine großartige Art von Arbeit: Für das, was du eh machen willst, bekommst du noch extra Geld... Das treibt einen natürlich an und diszipliniert. Früher habe ich manchmal ewig geschrieben, oder habe etwas nicht fertig gemacht. Auftragswerke geben einen Zeitplan vor. Ich arbeite gern „auf
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Stücke echtes Autorentheater sind oder gibt es doch eine Art von Interpretation? Ich will, dass ein Stück seinen Klang entfaltet. Es ist aber sehr schwer, einen Regisseur zu finden, der das Wie ist Ihnen die Idee zu Unerträglich lange Umarversteht, und der diesen Klang erfassen kann. Da mung gekommen? geht es nicht ums Talent. Talentierte Regisseure gibt Immer wenn ein Stück fertig ist denkt man: „Und jetzt es viele. Ich inszeniere wie ein Dramatiker, der ein paar Regiekniffe anwendet. Und so lange ich mich würde ich gern...“. Du arbeitest also mit dieser oder jener Stückstruktur und wechselst zu einer nächsten, auch schon mit Theater beschäftige, und wie oft ich willst noch weiter – das machen, wozu es gerade schon ausgezeichnet wurde: für Regie habe ich noch nicht gereicht hat. Jedes meiner Stücke, das ich für keinen Preis bekommen. Keiner würde auf die Idee deutsche Theater geschrieben habe, ist nach einem kommen, mich als Regisseur zu bezeichnen. Regie ist anderen Prinzip aufgebaut, um die szenische Präsenz Arbeit mit und an der Form. Wer zu mir ins Theater der Figuren zu transportieren. In Betrunkene sind alle kommt sieht Leute, die dasitzen und reden. Da gibt einfach betrunken, für Sommerwespen muss man ein es keine Regie. Grelle und interessante Zugriffe gibt wenig wie in einer Fernsehserie es bei mir nicht zu sehen. Kein Licht, spielen, damit das Stück funktiokeine Arrangements. Ich liebe es, Ich will, dass ein wenn die Zuschauer das Stück erleniert, in einem dritten Stück muss Stück seinen Klang man sich direkt an die Zuschauer ben können und die Regie dabei entfaltet. wenden. Umarmung ist eine Synnicht bemerken. these aus diesen drei Methoden. Sie haben in Russland gearbeitet, sehr viel in Polen, Gleich am Anfang geht es um „Impuls“. Was bedeuIhre Stücke laufen in ganz Europa. Gibt es einen Untet das? terschied, ob Sie ein Stück für ein deutsches, ein polDas ist der Ausgangspunkt des Stückes. Ich habe nisches oder ein russisches Theater schreiben? mich entschlossen, diesen direkt in den Text einzuDen Unterschied macht, für welches Theater ich schreiben, das „Warum“ klar zu machen, weshalb schreibe. Wenn ich ein Auftragswerk annehme, fahre sich alles in Bewegung setzt. ich unbedingt hin und besuche das Theater, ehe ich zu schreiben anfange. Ich schaue mir eine Vorstellung Könnten Sie formulieren, wovon für Sie das Stück Unan und versuche zu verstehen, was und wie dort in erträglich lange Umarmung handelt? diesem Theater verhandelt wird. Ich arbeite dann naDas will ich gar nicht. Ich denke, der Autor hat dazu türlich mit meinem Stück ein bisschen „dagegen“. am wenigsten zu sagen. Wenn ein Autor ein Stück Ich biete dem Theater das, was es selbst nicht hat. Ist schreibt, kann es ihm so vorkommen, dass er über es konservativer, mache ich ein radikaleres Angebot. eine spezielle Sache geschrieben hat – im Grunde Als ich einen Auftrag von Grzegorz Jarzyna, dem Digenommen kann er aber auch über etwas ganz anderektor des Warschauer TR Theaters bekommen habe, res geschrieben haben. Der Mensch schreibt intuitiv. wusste ich schon, dass dieses ein radikales Haus ist, Ich schreibe nicht rational – über dieses oder jenes. und habe ihm eine Love-Story im Hollywoodstil geIch schreibe einfach wie ich fühle. schrieben. Mein Schicksal ist etwas eigenwillig. Ja, ich bin ein russischer Dramatiker und schreibe rusIn Deutschland sind Sie vor allem als Dramatiker besisch. Ich lebe aber davon, dass man meine kannt, in Russland und Polen führen Sie Regie. Könnte Stücke in Europa inszeniert. In Russland wird nur ein man sagen, dass die Inszenierungen Ihrer eigenen einziges Stück von mir inszeniert, überall, an allen Bestellung“. Man muss sein Gehirn einschalten, die Energieversorgung hochfahren – und den ganzen Apparat in Arbeit bringen.
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Provinztheatern. Es ist mein zweites: Valentinstag. Auch eine Auftragsarbeit, für einen bekannten russischen Regisseur, der es dann gar nicht inszeniert hat. Geschrieben habe ich es in einer Woche. Paradox ist, dass meine Stücke wohl eher europäischem Bewusstsein folgen. Ich untersuche Probleme, die in den europäischen Gesellschaften eher verständlich sind. Hier sind sie auch verständlich, aber nur einem sehr kleinen Kreis an Menschen.
Bühne. Gerade jetzt, als die Krise in Russland begonnen hat, habe ich die größte Errungenschaft dieses Theaters begriffen: ein in sich gefestigtes Team. Wir sind eines der wenigen Theater, die auf die Krise vorbereitet sind. Ja, wir bekommen Zuschüsse, wir haben es aber auch geschafft, von der „Finanzspritze“ loszukommen. Was uns bedrohen könnte wäre, wenn man unser Theater schließt.
Muss der Staat Theater überhaupt unterstützen? Sie leiten das Theater Praktika schon seit zwei Jahren. In Amerika gibt es so etwas nicht, ungeachtet dessen Was ist das für ein Theater, und was haben Sie dort in gibt es Theater. In Deutschland ist die Unterstützung dieser Zeit erreicht? beispiellos. Selbst jetzt, da einigen Ich erlaube mir zu sagen, dass es Theatern die Mittel gekürzt wurden, Kunst wird sich dabei um ein für Russland bekommen sie unglaublich viel – im wichtiges Theater handelt, auch Vergleich zu Russland, wo der Staat mehrheitlich ernst wenn das unbescheiden klingt. Es die Theater auch unterstützt. Allein in genommen. gibt in Russland wenige solcher Moskau gibt es nicht weniger als 200 Man rechnet mit ihr. Theater – eigentlich Zentren – Häuser, die alle mehr oder weniger wo man versucht, anspruchsvon Staatsgeld leben. So ist die Travolle, zeitgenössische Kunst zu machen, die die Prodition bei uns, wir sind ein Theaterland. Theater hat bleme der Gesellschaft analysiert, sich mit der hier eine riesige Bedeutung – Theater werden auch Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt, mit Bilgeschlossen, man streitet mit ihnen. Das heißt: Kunst dung. Dieses Theater gründet sich nicht nur auf die wird mehrheitlich ernst genommen, man rechnet mit Kunst, sondern auf die Heranführung an verschieihr. Selbst mit dem kleinen Theater.doc, das sich in eidene Themen, die Selbstanalyse und die Entwicklung nem winzigen Keller befindet. Die haben dort so eider Gesellschaft. Das, womit sich unser Land im Gannen Aufruhr gemacht, dass Leute „von oben“ sich zen nicht beschäftigt. Das größte Problem in Russnicht zu dumm waren, Krieg gegen sie anzufangen. land ist vielleicht das Fehlen von Analyse und EigeEs gehen allerdings Dinge vor sich, die ich nicht vernentwicklung. Wir wollen unsere Probleme nicht stehe. Unsere Regierenden sagen: „Wenn wir etwas sehen und uns selbst nicht kennenlernen. Wir wollen geben, dann müssen wir das auch kontrollieren“. alles schließen, verbieten, uns abgrenzen. In anderen Eine ganz einfache Sache lernen wir nie: Man kann etStädten versucht man ab und an solche Theater aufwas geben ohne Eingrenzung und ohne irgendwelzubauen, aber nur ganz zaghaft. Vertreter der örtliche Bedingungen. Bei uns glaubt man, dass Russland chen Macht stehen dem nicht so offen gegenüber. Es keinem Geld in die Hand geben darf – wenn er nur gibt nur Einzelfälle, wo das gelingt. Wir gehen mit unden Gedanken streift, dass es in Russland irgendetserem Theater ganz behutsam um, schätzen die Powas Schlechtes geben könnte. Das ist Irrsinn. Weder pularität, die es genießt. Unsere Karten verkaufen in Deutschland noch in Polen gibt es so etwas – mit sich gut. In gewissem Sinne ist unser Theater „bürGeld vom Staat wird genau dieser Staat kritisiert. gerlich“ – nicht in dem, wie man diesen Begriff in Deutschland benutzt. Es ist aber auch kein FreWürden Sie ein Theater in Deutschland leiten? Das könnte ich nicht. Man muss das Umfeld kennen. ak-Theater. Zu uns kommen Reiche und junge Leute. Eine solide Einrichtung, aber mit einer kleinen Und überhaupt, im Prinzip würde ich außer dem
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Praktika kein anderes Theater leiten wollen. Mir bleiWährend die Arbeit am Stück läuft, ist die Weltlage ben hier noch anderthalb Jahre. Ich versuche mit schwierig. Was, glauben Sie, könnte man machen, um ganzer Kraft einen Nachfolger zu finden. Künstleridiese zu verändern, um dem ganzen Wahnsinn Einhalt scher Leiter im Praktika zu sein ist zu gebieten, der um uns herum sehr interessant. Das ist nicht so stattfindet? Theater ist für mich eine riesige Maschinerie. Kein Eine sehr wichtige Frage, vielen großes eigenes Gebäude, kein Dank. Wir sprechen miteinander imkeine kulturelle aufgeblähter Apparat, kein festes mer im Rahmen bekannter KonzeptiEinrichtung, Ensemble. Eher eine häusliche onen und Richtlinien, von Ideen ich gehe da zum Atmosphäre. und Weltanschauungen, versuchen, Spielen hin. fremde Ansichten zu ändern. Wir sprechen nicht wie lebendige MenDie deutschen Zuschauer würden gern etwas über Sie als Mensch erfahren. Erzählen Sie schen. Wir finden keinen echten, wirklichen Kontakt doch ein bisschen über sich, was gibt es für Sie außer zueinander – so wie lebendige Menschen. Und wir Theater? dürfen uns auf keinen Fall dieser gigantischen InforTheater ist für mich nicht Selbstzweck. Das Theater mationsattacke ergeben, die auf die Menschen einist mein Lehrer. Es hat mich in einer schweren Zeit in stürzt. Überall, in Deutschland, Russland, Polen, den meinem Leben gerettet. Vor Drogen, Kriminalität, AlUSA. Die Informationen werden uns heftigst ins Gekohol und anderem Irrsinn. Selbst wenn ich betrunhirn geblasen. Realität können wir so nicht fassen. Wir ken war, konnte ich beschließen wieder nüchtern zu müssen lernen zu uns selbst zu finden, in uns. Sprewerden und ins Theater zu gehen – nur das hat mich chen lernen, vom inneren, lebendigen Impuls ausgegerettet. Vor sieben oder acht Jahren habe ich eine hend. Man darf sich nicht isolieren, auch gegenseitig innere Ordnung gefunden. Ich trinke nicht, rauche nicht. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, wenn die Kulturschaffenden anfangen sich gegenseitig zu nicht, mache Yoga. Na klar habe ich auch ein Leben bekämpfen. Wenn die Kulturschaffenden wegen Puohne Theater. Ich liebe meine Familie sehr, meine Kinder, Freunde. Ich bin ein häuslicher Mensch, tin nicht mehr nach Russland kommen, wird es ihm gut gehen, uns allen aber immer schlechter. Was hänge nicht auf Partys rum. Ich lade gerne Gäste ein. Abends trinke ich Tee. Ich arbeite sehr viel. Das Wichauch immer passiert: Wir müssen uns auf menschlitigste in meinem Leben ist so oder so mit dem Theachem Wege verständigen, unsere Beziehungen so ter verbunden, obwohl es da noch meine Begeistebauen – nicht ökonomisch oder politisch. Sich wirkrung für integrale Philosophie gibt, die Methode von lich der Kultur zuwenden, verstehen, was das ist, die Ken Wilber. Ich begeistere mich für Natur, die Welt Kultur der wechselseitigen Beziehungen, die des geder Pflanzen. Das wichtigste Kriterium ist das Theater genseitigen Verhältnisses: Das ist die einzige Mög– dort trete ich in Erscheinung. Das ist der Raum, in lichkeit, die Situation in der Welt zu ändern. Man kann keine Bedingungen diktieren. Man darf die dem ich mich vervollkommne und in dem ich lebe. Das ist so wie einen Schamanen zu fragen „Und was Menschen nicht in die Enge treiben, damit sie diese machen Sie, wenn Sie nicht Schamane sind“? Ein annehmen. Folgerichtig kann man Bedingungen Schamane ist immer Schamane. Er ist es, wenn er isst nicht wirklich annehmen, man kann nur seinen Frieoder schläft. So ist es mit mir auch. Theater ist für den damit machen. Man muss zu einem wahren, wirkmich keine kulturelle Einrichtung, ich gehe da zum lichen, echten Dialog finden. Spielen hin. Training, Literatur, ein ganzer Raum, in dem ich lebe. Theater ist meine Erscheinungsform in Das Gespräch führte Nikolai Berman. Aus dem Russischen von Stefan Schmidtke dieser Welt.
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Dort, wo die vorbeidonnernde B1 dem Löwenzahn eine zweite Haut aus polnischen Auspuffemissionen schenkt. Dort, wo im Edeka die Konservendosen mit der verblichenen Seite von den aushelfenden Kaufmannstöchtern (die nur weg, nur weg wollen) nach hinten gedreht werden. Dort, wo morgens zwischen den Gardinen herausblickende Augen in einem über die Jahre immer bedrohlicher werdenden infrastrukturellen Nichts müde – nicht zornig – werden. Dort, wo eine gigantische Aromafabrik jeden Morgen ein olfaktorisches Pianosolo auf den Gehirnen der Menschen spielt. Dort, wo die einzige Polizeistreife den türkischen Imbisswagen ganzjährig nachts bewacht. Dort, wo das Plastik in den Gräben stumm weinend nach deiner Laune verlangt und wo jeder herbstliche Blätterflug ein Fluchtgedanke ist. Dort ist er zu Haus. Ich steige wie damals Berggasse aus und geh das letzte Stück. Es fühlt sich an, als wär ich fremd in einer mir superbekannt vorkommenden Welt – Eingeklemmt zwischen allerlei Buxbaumheckenwerk und Holzlaktat schält sich vor mir der unglamouröse
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Ort heraus, dem ich in kubistisch verschwurbelter Version und an den unpassendsten Stellen sexuell angereichert alle drei bis vier Tage in meinen Träumen begegne. Der Ort, den niemand versteht; es ist geradezu wie sich selbst nicht zu verstehen, weil er doch ganz selbstverständlich überall auf diese Art zustandekommt. Er sieht aus, als wäre er von einem ungeduldigen, wenig feinsinnigen Riesenkind zusammengesteckt. Aber nein: WIR planen ihn, bauen ihn, optimieren, bewohnen und beleihen ihn – ein ganzes Leben lang – Um uns am Ende in ihm fremd zu fühlen ... Stumm und mit einem kalten Selbstbewusstsein, die Augen weit geöffnet, hockt die Stadt da wie eine Kröte aus Asphalt, straßenbauamtlich angelegten Bepflanzungen und Metall: Stadt: „Aha – zurück“. In ihrer Stimme ist kein Spott. Kein Stolz. Keine Freude am Ende doch Recht zu haben. Kein Glück darüber langsam, aber sicher zu gewinnen. Eine ganz und gar klare Stimme. Ein Ton aus verwehenden Laubhaufen. Aus brachliegenden Feldern. Aus Trittschall auf Pflastersteinen. Aus Plastik und Porenbeton. Aus Ytong und
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Pflanzendünger. Aus Traktorreifen und nicht funktionierenden Telefonzellen – stur immer noch gelb. Aus Gesichtern und Straßen und Formen und Farben und Dingen, die klare Konturen haben, und klare Uhrzeiten, und klare Wege. Und klare Antworten. Auf klare Fragen. Ein einfacher, klarer, nicht koketter, nicht trauriger, nicht freudiger, nicht bösartiger Ton: Stadt: „Aha – zurück“. - Ja – nur kurz. Stadt: Gut. - Nein, wirklich: Nur zu Besuch. Stadt: Gut. - Ich schwöre: Nur zu Besuch. Stadt: Gut – - Leck mich. Genau in dem Augenblick, als ich ankomme, geht der Sommer zu Ende. In meiner Coladose sterben drei Wespen einen unproblematischen Tod. „Einverstanden“. Nebel legt sich sekundenschnell über alles. Ich seh mir die unbeschilderten Straßen an. Die Zäune, die Privatwege mit den „Privatweg (Ausrufezeichen)“Schildern. „Wir müssen draußen bleiben“, darunter ein schlecht
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in Photoshop ausgeschnittener Mopsrüde, der über einen Wald aus Lollies springt. „Wachsamer Nachbar“. Und ein bisschen wie ein unfreiwillig lustiger Kommentar: „Hier ist der Weg zu Ende“ „Was für ein kleinbürgerliches Rumgeheuchel“, hab ich früher immer gerne gedacht und mich damit aufgehoben extern gefühlt. Ich stelle sie mir vor, wie die älter gewordenen Klassenkameraden von damals immer öfter die Ähnlichkeiten zu ihren Vätern im Spiegel bemerken (so, wie ich meine bemerke) und hin und wieder, wie sie feststellen, dasselbe Hemd, denselben Haarkranz, dieselben Ideologien und Sprüche, Jobs, dieselben Träume und Biographien – ja sogar dieselben Tische und Stühle wie diese zu haben, wie sie morgens im Bad versuchen einen neuen Blick zu lernen, eine neue Frisur zu kämmen (so, wie ich das hin und wieder versuche) um anschließend dann und wann, ganz selten, wirklich ganz selten – höchstens alle 3 Jahre mal – zu weinen (so, wie ich das ganz selten, wirklich ganz selten – höchstens alle 3 Jahre mal tue). Was ist, wenn ich jetzt einen von ihnen auf der Straße treffe, der mich erkennt? Ich gehe etwas näher am Zaun.
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Ich rieche die Luft, scanne die wenigen Neubauten und Neuanstriche und weiß: Das bin ich. Also: Das bin ich mal gewesen. Blind kann ich es imaginieren: Jeden Weg, jeden Tritt, jeden Stein, jede Mauer, jeden Menschen – die auch solche Steine, solche Mauern, solche Tritte, Fixpunkte einer Demographie des Sortierten und Verständlichen sind. Wie alles dasteht. Wie immer. Nur älter. Nur runtergekommener. Ach Ach Ach – denke ich: Ich hab euch und das alles betrogen. Was kann ich schon, außer heimkehren und mir die Oberflächlichkeit hier als Trost aufsagen. Und zurückfahren und mich bestätigt fühlen in einer anderen Oberflächlichkeit? Vielleicht ehrlich mit mir sein – Und ich bin mit mir so ehrlich wie noch nie. Weil: Mein bester Freund ist verrückt geworden und das ist wohl so nah, wie ich an meine eigene Sterblichkeit herankomme. * Trullmann: Woll, woll, woll, ja, jo, jo
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sagt der Trullmann an der Ecke. Es ist unfassbar. Er kann in solche Schleifen geraten: Trullmann: Ja, ja, woll Woll, ja, woll, jawoll ... Woll, jo, woll, ja, jo, woll, woll Jo, ja, woll, woll, ja, woll, woll. Woll, woll, woll, jooooo ... ja woll ... - Guten Tag, Herr Trullmann (ich will das mit hartem G aussprechen statt „Tach“, wie ich das normalerweise sage um mir ein bisschen was insidermäßig Junggebliebenes zu geben – während ich das spreche, weiß ich plöztlich nicht mehr, für welche der beiden Varianten ich mich entscheiden soll: Ehrfurcht oder Kollegialität. Vielleicht ist das harte G zu spießig und überheblich für jemanden, der in seine alte Heimat zurückkehrt? Vielleicht ist das „Tach“ zu anbändelnd/holprig und unangebracht kumpanenhaft? Wohin? Zum G, zum „Tach“? Beide wirken künstlich – aus beiden fall ich raus – am Ende ist das ein verworrener Sprechbrei, der kürzeste Satz, bei dem man ins Stottern geraten kann. Ich fühle mich, als hätte ich ein schweres Paket abgeliefert. Bin rot und stehe da, als hätte man mir in den Magen geschlagen). Trullmann: Woll, ja – woll...
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TEUFEL LIEBE
— 47 — Drei fragen
Liebe, Honig und Quantenphysik Drei Fragen an Hüseyin Michael Cirpici, der mit Constellations seine erste Inszenierung am Deutschen Theater Berlin zeigt. Neben seinen Theaterarbeiten inszeniert und produziert er Reportagen für den Deutschlandfunk.
Wie und wo ist dir Nick Paynes Constellations begegnet? Ich las den Text im Bett, angelehnt an ein großes braunes Sofakissen. Theo, mein vierjähriger Sohn, kam rein und wollte mit mir spielen. Naja, wie es so ist, mit Kind. Und normalerweise mag ich ihm den Wunsch nicht so einfach ausschlagen. Aber dieses Mal musste ich ihm sagen, dass ich hier gerade etwas sehr Interessantes lese und ich jetzt leider nicht mit ihm spielen kann: „Und, könntest du bitte auch die Tür zumachen?“ Er schloss die Tür und verstand sofort, jetzt geht’s nicht, Papa liest was Spannendes. Was hat dich am Stück so gefesselt? Constellations spielt mit Biografien, mit Möglichkeitsformen von Lebensläufen. Marianne und Roland, die Protagonisten des Stückes, existieren zur gleichen Zeit parallel in vielen unterschiedlichen Universen; in diesen Multiversen nehmen ihre Biografien ganz unterschiedliche Verläufe. Mal nimmt Marianne Roland mit nach Hause und es kommt zu einer Beziehung, ein anderes Mal kommt es nicht einmal zum ersten Kuss. Dahinter steht eine reale wissenschaftliche Frage: Existieren wir nur hier, nur auf unserem Planeten Erde? Wer sind Marianne und Roland? Marianne ist Quantenphysikern und forscht an der Stringtheorie. Diese will den zentralen Konflikt der
Physik, den zwischen Quantenmechanik und Relativitätstheorie in einer Theorie auflösen, den Konflikt zwischen den Gesetzen der Welt im ganz Kleinen, in Molekülen und Quarks und im unendlich Großen, indem, was Galaxien und Sterne zusammenhält. Ihre Forschung stellt Marianne vor existenzielle Fragen, beispielsweise ob wir als Unikate leben oder vielleicht mehrmals in verschiedenen Universen existieren? Ihr gegenüber steht Roland, der Imker, der sein Geld mit Bienen und Honig verdient, sich also mit bodenständigen, fassbaren Dingen beschäftigt, die gleichzeitig hochkomplexe Organisationsstrukturen haben. Und Roland, der Naturmensch, bringt den Kern des Stücks auf den Punkt, wenn er sagt: „Wenn wir nur begreifen könnten, warum wir hier sind und was wir in unserem Leben tun sollen.“ Das kann keine noch so genaue Wissenschaft beantworten. Die Fragen stellte Hannes Oppermann.
Nick Payne ist ein britischer Dramatiker. Sein Stück If There Is I Haven’t Found It Yet, 2009 am Bush Theatre in London uraufgeführt, wurde mit dem George-DevineAward 2009 ausgezeichnet. Für Constellations, uraufgeführt am Londoner West End, erhielt er den Evening Standard Best Play Award und eine Nominierung für den Olivier Award in der Kategorie Best New Play.
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Kritik? Wahrheit? Sehnsucht? Vielleicht von allem ein bisschen Neun Schauspielerinnen und Schauspieler über ihre Lieblingsautorinnen und -autoren
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Fotos (9): Andy Kania
Schauspieler über autoren
Alexander Khuon
Barbara Schnitzler
1.) Dea Loher, Roland Schimmelpfennig, Wolfram Lotz
1.) Lars Norén, Jon Fosse, Dea Loher
Dea Lohers Texte begleiten mich schon, seit ich ein Jugendlicher bin. Sie ist für mich eine der ganz großen Autorinnen überhaupt. Wolfram Lotz, weil ich gerade sein neues Stück Die lächerliche Finsternis probiere. Und Schimmelpfennig, weil Idomeneus in der Inszenierung von Jürgen Gosch für mich eine unglaublich intensive Begegnungen war und ist. 2.) Idomeneus von Roland Schimmelpfennig. 3.) Idomeneus ist für mich ein ganz wichtiger Abend. Weil hier der Autor mit seinem Text über sich selbst und über die bloße Gegenwart hinausweist. Es geht um das große Ganze. Um Liebe und Tod, um Geschichte und wie sie immer neu, in immer wechselnden Variationen erzählt und interpretiert wird. Auf dem Theater und im Leben. Und weil es ein Ensemblestück ist.
Meine Begegnungen mit ihnen und ihren Stücken sind nachhaltig. 2.) Tristano von Lars Norén (Regie: Lars Norén), Schlaf von Jon Fosse (Regie: Michael Thalheimer), Unschuld von Dea Loher (Regie: Michael Thalheimer) 3.) Bei allen drei Stücken kam es darauf an, das Geheimnis der Figuren zu finden, nichts lag offen, nichts „bot sich an“. Es gab keine bis wenig biographische Aussagen, die Geschichten hinter den Texten mussten entdeckt werden. Sprache als obere Spitze des Eisberges. Bei allen drei Arbeiten habe ich die Knappheit und Musikalität der Sprache genossen. 4.) „Authentisches“ an Gegenwartsdramatik interessiert mich wenig; mich interessiert und begeistert die künstlerische Mitteilung.
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Bernd Moss 1.) René Pollesch, Oliver Bukowski, Ronald M. Schernikau An Pollesch denke ich eh die ganze Zeit. Da er mein Verständnis von Theater völlig verändert hat. René ist der klügste Mensch, den ich kenne. Der allerbeste! Das Arbeiten mit ihm und seinen Texten hat meine Sicht auf die Anforderungen eines Textes geschärft. Leider müssen sich dann auch alle anderen Texte, ob zeitgenössisch oder klassisch, daran messen. Das ist oft schwierig, denn „the first cut is the deepest.“ Bukowski kenne ich nicht wirklich. Ich habe nur mit einer Studentin der UdK ein Szenenstudium der Mechthild aus Nichts Schöneres gemacht. Der Text ist so toll. Wie ein Mann einfühlsam aus der Sicht einer Frau schreibt und das nicht klischeehaft, sondern nur richtig. Und Schernikau, der ja im eigentlichen Sinne kein Theaterautor ist, finde ich beeindruckend, weil er sehr hellsichtig war, was unsere Gesellschaft angeht. Gerade fällt mir auf, dass ich Dea Loher nicht genannt habe. Seltsam... Sie hätte mir eigentlich sofort einfallen müssen. Ihre Texte sind besonders. Fast schon klassisch... Ihr Kosmos ist für mich eher zeitlos. Da denke ich nicht darüber nach, dass sie die Gegenwart beschreibt, sondern eher etwas zutiefst Menschliches, das nicht gebunden ist an eine Zeit oder
eine Mode. Ihre Texte haben überhaupt keine Halbwertszeit, die werden mit den Jahren sicher immer gleich wichtig bleiben. 2.) Von Dea Loher Diebe und Am schwarzen See und von Schernikau Die Schönheit von Ost-Berlin 3.) Mich hat Schernikau am meisten beeindruckt. Auch weil die Arbeit noch sehr frisch ist. Unsere Inszenierung von Bastian Kraft macht einfach Spaß zu spielen. Ich weiß nicht, ob der ganze Abend gut ist. Aber ich weiß, dass an diesem Abend Sätze gesagt werden, von denen ich denke, sie sind richtig und es ist auch wichtig, dass sie gesagt werden. Nun haben er und ich ja ungefähr zur gleichen Zeit Subkultur in Berlin erlebt und da ist es klar, dass mich das anspringt, aber er war doch viel intelligenter und auch politischer als ich. Schlechte Gegenwartsdramatik genügt sich in Beschreibungen eines Gefühls, mit einer Oberfläche oder auch mit Ironie. Mit einer Distanz zu der Welt oder dem Leben oder meinem Alltag. Da riecht man beim Lesen: das ist nächstes Jahr kalter Kaffee. Gute Gegenwartsdramatik erzählt von meinem Alltag, schafft es neue Zusammenhänge herzustellen und mir etwas über mein Leben zu erzählen, was ich noch nicht wusste. 4.) Zu viel, zu viele und insgesamt zu wenig.
Timo Weisschnur 1.) Wenn es um Gegenwartsdramatiker geht immer sofort zwei: Wolfram Lotz und Nis-Momme Stockmann. Der dritte wäre mein ganz persönlicher Liebling: Edward Bond Ich denke an Edward Bond, weil Männergesellschaft eines meiner absoluten Lieblingsstücke ist und bei den anderen beiden habe ich schon in Inszenierungen mitgespielt. 2.) Von Wolfram Lotz in Der große Marsch am Centraltheater Leipzig in der Regie von Sebastian Hartmann und in der Inszenierung von Stockmanns Die kosmische Oktave in den Sophiensaelen Berlin in der Regie von Ulrich Rasche. Zwei sehr intensive Inszenierungen, die mir beide auf ihre ganz eigene Weise immer noch wahnsinnig präsent sind und definitiv ihre Spuren hinterlassen haben. Da sind noch einige Texte parat und das wird wohl auch so bleiben. Kostprobe Lotz: WAS IST DENN JETZT MIT DEM NUDELSALAT?! oder ICH MUSS MIR HIER DEN GANZEN ABEND IRGENDWELCHEN QUATSCH ANHÖREN!!! ; Kostprobe Stockmann: DIESER GANZE INDIVIUALTERRORISMUS; DER IN EINEN UNIFORMISMUS VON SPEZIALMERKMALEN MÜNDET; UND EIGENTLICH EIN RADIKALER RASSISMUS
— 51 — Schauspieler über autoren
IST: GEGENÜBER ALLEM, DAS SICH GLEICHT!!! 3.) Wenn ich einen mir noch unbekannten Text von Wolfram Lotz lese, muss ich zuallererst viel lachen. Beim zweiten Lesen muss ich schmunzeln und spätestens beim dritten Lesen findet meine Fantasie eine wohl traurige Wahrheit in diesem ganzen Wirrwarr. Wo gibt’s das schon? Das ist ja für mich als Spieler ein Geschenk: Diese Texte sind ein Spielplatz für meine eigene Fantasie! Nis-Momme Stockmann erzählt mir eine Geschichte. Die natürlich immer irgendwie mit seiner eigenen zu tun hat. Das ahnt man schon; dann fragt man ihn, meist nickt er dann. Und er guckt von oben auf diese Geschichte drauf, meint, es gibt Passagen, die wesentlich allgemeiner gehalten werden. Ist das Kritik? Ist das Wahrheit? Ist das Sehnsucht? Vielleicht von allem ein bisschen. 4.) Ist zwar von Schiller geklaut, aber passt hier wie die Faust aufs Auge: „Schwimme wer schwimmen kann und wer zu plump ist; gehe unter“.
Markwart Müller-Elmau 1.) Spontan fallen mir Dea Loher – Dea Loher – und Dea Loher ein; aber dann Philipp Löhle und Nis-Momme Stockmann. Bei Dea Loher ist das kein Wunder, da ich ihre Arbeiten schon lange verfolge und liebe. Stockmann bin ich bei der Arbeit an Kein Schiff wird kommen begegnet, ich mochte bei ihm gleich die „despektierliche-anmaßende“ Weise mit seinem Thema umzugehen. Philipp Löhle fällt mir ein, da ich Das Ding beim gemeinsamen Lesen im Ensemble witzig fand und sein Herangehen an das Thema der Globalisierung einfallsreich und schön absurd. Und dann, weil mir die Inszenierung gefallen hat. 2.) Bei Diebe und Das letzte Feuer von Loher. Und bei Kein Schiff wird kommen von Stockmann. 3.) Für mich ist es wichtig, dass Texte, und die Figuren in mir etwas anregen. Nur so kann ich Beziehung zu ihnen aufnehmen. Da stellt sich schnell heraus, ob nachhaltige Substanz vorhanden ist. Bei Stockmann wurde der Text in der Probenarbeit stark umgestaltet, aber er hielt dem stand. Bei Loher liebe ich den empathischen Blick auf die Figuren, die Skurrilität und die Genauigkeit der Sprache. Und ihre teilweise so aberwitzigen
Situationen. Es war mir immer eine Freude, mich den verschiedenen Figuren und Geschichten Dea Lohers annehmen zu dürfen. 4.) Meine Kenntnis der Gegenwartsdramatik ist bescheiden. Aber es scheint mir, dass es doch meist zu sehr von der Umsetzung abhängt, ob ein Text einen Abend trägt.
— 52 — KRITIK? WA HRHEIT? SEHNSUCHT?
Christoph Franken
Lisa Hrdina
1.) Wolfgang Herrndorf, Wajdi Mouawad, Nis-Momme Stockmann und Philipp Löhle
1.) Elfriede Jelinek, René Pollesch, Rosamunde Pilcher
Herrndorf finde ich toll, Arbeit und Struktur ist einer meiner Lieblingstexte. Mit den anderen dreien habe ich Spielerfahrung am DT und da die Fragen aus unserer Dramaturgie kommen, hat mir mein Hirn wahrscheinlich diese drei vorgeschlagen. 2.) Das Ding von Philipp Löhle, Die Ängstlichen und die Brutalen von NisMomme Stockmann, Verbrennungen von Wajdi Mouawad. 3.) Die Stücke sind sehr unterschiedlich, inhaltlich, sprachlich und stilistisch. Ich mochte es sehr, dass ich bei allen drei Arbeiten die Möglichkeit hatte auf die Autoren selbst zu treffen. Das hat man ja bei Klassikern seltener! Man hatte einen direkten Austausch über die Arbeit, das finde ich befruchtend. 4.) Ein guter Satz fällt mir nicht ein. Vielleicht kann den ein Gegenwartsdramatiker für mich formulieren, ich lerne ihn dann auswendig und sage ihn ungekürzt und sehr gut verständlich!
2.) Ein Chor irrt sich gewaltig (Volksbühne, René Pollesch, 2009) 3.) Ich hatte vom Feeling her ein gutes Gefühl. 4.) Der Eindruck drückt sich ein gegen den Wart, den Torwart, der gar kein Tor mehr schießen kann – Cheeseburger und bricht einfach mitten im Satz--- in einem satz...einsatz in 4 wenden...................jetzt mach aber mal einen .....DramaTICKKommunikationsproblem---ah--teXTfläcHe---facebookapplebeziehungskritik... dieser verbindung nicht vertrauen dekonstruktion und so, verstehste selbstrefentialität existiert und außerdem: des richters falke ist immer auch – crazy regieanweisungen woallesichdenkopfdrüberzerbrechendiewoaberkeinerumsetzen kann figuren..... waaaaaaaaaaaaaassssssss??????? dxhinuomhydudfueifhfhfdlhyylmyydjqwdjxmxjwfhfewhfihuefde--dijejuwufehufehjfejkddjnwiouqw88495895748384ufeoiffjöxdlwdkws.wqsydwy.dll.öfxlö.fxlö. äflöäöde #Hashtag
— 53 — Schauspieler über autoren
Gabriele Heinz 1.) Dea Loher, Marianna Salzmann und Nino Haratischwili Weil sie alle eine sehr eigene Schreibweise haben. Weil sie Figuren schreiben, die widersprüchlich und glaubhaft sind – und auch exemplarisch für unsere Zeit, für die Gesellschaft, für soziale Verhältnisse. Weil es neben der jeweils persönlichen Problematik auch um eine im weitesten Sinn politische geht. 2.) Damit nicht der Eindruck entsteht, ich fände nur Stücke von Frauen gut, seien hier auch zwei von Männern genannt, die aber nicht mehr auf dem Spielplan sind. Schlaf von Jon Fosse (Regie: Michael Thalheimer), Sorgen und die Macht von Peter Hacks (Regie: Tom Kühnel, Jürgen Kuttner) und Unschuld von Dea Loher (Regie: Michael Thalheimer), Muttersprache Mameloschn von Marianna Salzmann und Land der ersten Dinge / Bludičky von Nino Haratischwili (Regie bei beiden: Brit Bartkowiak) 3.) Interessant und anregend, weil es während der Probenarbeit Momente oder Motive der Figuren zu entdecken gab, die nicht von vornherein offensichtlich waren, dass sie also „Geheimnisse“ hatten. Und ich konnte Passagen entdek ken, bei denen ich die Möglichkeit hatte, auch meine ganz persönliche Meinung,
meine Wut oder meinen Schmerz einzubringen. Und im besten Falle war das auch noch gekoppelt mit einer verdichteten Sprache, die über einen platten Alltagsrealismus hinausging. 4.) Kann ich nicht beantworten, weil ich keinen Überblick über die Gegenwartsdramatik habe und ich wichtige Dinge auch nicht in einem Satz beschreiben kann.
Wiebke Mollenhauer 1.) Dea Loher, Tankred Dorst, Wolfgang Herrndorf Dea Loher haben wir in der Schauspielschule besprochen. Tankred Dorsts Merlin oder das wüste Land fand ich beeindruckend. Wolfgang Herrndorf fällt mir ein, weil ich bei der Lesung Arbeit und Struktur mitgewirkt habe. 2.) Bisher nur bei der Lesung von Arbeit und Struktur anlässlich seines Todestages hier im Rohbau. Ich bin ja noch nicht so lang am Deutschen Theater. 3.) Die Auseinandersetzung mit Arbeit und Struktur hat mich sehr bewegt. Dabei ging es nicht um Interpretation oder Gestaltung, sondern um die Gedanken selbst. Fast ungefiltert teilt Herrndorf die existentiellsten Gedanken mit. Das ist so ehrlich, so direkt, dass es ins Herz geht... 4.) Ich empfinde die Gegenwartsliteratur als sehr vielseitig. Jedes Werk ist eine Welt in sich, so dass es der Beschreibung des Weltalls gleichkommt. Ich kenne nur einen winzigen Bruchteil, weiß, dass ich davon nur einen Bruchteil verstehe, das, was ich begreife, nehme ich durch mich wahr.
Diebe
von Dea Loher
Susanne Wolf, Olivia Gr채ser Fotos (8): Arno Declair
Moritz Grove, Alexander Khuon
Die l채cherliche Finsternis von Wolfram Lotz
Gift
von Lot Vekemans
Dagmar Manzel, Ulrich Mat thes
Aus der Zeit fallen von David Grossman
Katrin Klein, Jörg Pose, Natalie Seelig, Bernd Moss, Janina Sachau, Mark war t Müller-Elmau, Mat thias Neukirch, Barbara Heynen,Daniel Hoewels, Jürgen Huth
Alltag & Ekstase
von Rebekka Kricheldorf
Harald Baumgar tner, Franziska Machens, Jannek Petri, Thomas Schumacher, Judith Hofmann
Daniel Hoevels, Moritz Grove
Der Freund krank
von Nis-Momme Stockmann
Monster
von David Greig
Linn Reusse
Idomeneus
von Roland Schimmelpfennig
Kathrin Wehlisch, Katharina Schmalenberg, Bernd Stempel, Christian Grashof, Peter Pagel, Niklas Kohr t, Alexander Khuon, Valer y Tscheplanowa, Barbara Schnitzler, Margit Bendokat, Meike Droste
Foto: Iko Freese, DR AMA
Emília Vášár yová , Gabriele Heinz
Land der ersten Dinge / Bludičky von Nino Haratischwili
LIEBE
— 69 — AUTOREN im magazin
Philipp Löhle wurde 1978 in Ravensburg geboren. Für Genannt Gospodin wurde er 2007 mit dem Förderpreis des BDI ausgezeichnet. Ebenfalls 2007 gewann er den Werkauftrag des Theatertreffen-Stückemarktes. Lilly Link wurde 2008 mit den Jurypreis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet. Philipp Löhle war mehrfach für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert. Daniela Löffner hat 2011 bei seinem Stück Das Ding Regie geführt und wird im Mai 2015 die Uraufführung von Jede Stadt braucht ihre Helden, geschrieben für das Deutsche Theater, inszenieren.
Wolfram Lotz, geboren 1981 in Hamburg, wuchs im Schwarzwald auf. Er schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Lyrik und Prosa. Für seine Arbeiten erhielt er etliche Preise, unter anderem den Kleist-Förderpreis und den Dramatikerpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI. In der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute wurde Wolfram Lotz 2011 als Nachwuchsdramatiker des Jahres ausgezeichnet. Im Dezember 2014 inszenierte Daniela Löffner seinen Text Die lächerliche Finsternis in den Kammerspielen des Deutschen Theaters.
Roland Schimmelpfennig wurde 1967 in Göttingen geboren. Zwischen 2001 und 2009 inszenierte Jürgen Gosch zehn seiner Stücke, darunter Idomeneus (noch im Spielplan) und Das Reich der Tiere am Deutschen Theater. Schimmelpfennig ist einer der meistgespielten Gegenwartsdramatiker und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen. 2011 hat er das Auftragswerk Die vier Himmelsrichtungen am DT selbst inszeniert. Der Goldene Drache gewann den Mülheimer Dramatikerpreis, wurde zum Theatertreffen 2010 eingeladen und von Theater Heute zum Stück des Jahres gewählt. Im Oktober 2015 wird sein Stück Wintersonnenwende am Deutschen Theater Premiere haben.
Lot Vekemans, geboren 1965 in Oss in den Niederlanden, schreibt Theaterstücke für Jugendliche und Erwachsene sowie Prosa. 2004 gründete sie die Theatergruppe M.A.M. (Mehrere Antworten Möglich). Für ihre Stücke wurde sie vielfach ausgezeichnet; unter anderem erhielt sie für Gift den „Taalunie Toneelschrijfprijs“. Es sind von ihr am Deutschen Theater Gift in der Regie von Christian Schwochow, Ismene, Schwester von in der Regie von Stephan Kimmig und als regelmäßige Gastvorstellung Judas in der Regie von Johann Simons zu sehen. Derzeit arbeitet sie an einem Auftragsstück für das Deutsche Theater.
Dea Loher wurde 1964 in Traunstein geboren. Seit 1995 inszeniert der Regisseur Andreas Kriegenburg nahezug jedes ihrer Stücke. Dea Loher erhielt zahlreiche Preise: 1998 den Mülheimer Dramatikerpreis für Adam Geist, 2005 den Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis, 2006 den Bertolt Brecht-Literaturpreis, 2008 den Mülheimer Dramatikerpreis für Das letzte Feuer, 2009 den Berliner Literaturpreis und den Marie luise-Fleißer-Preis. Ihre Stücke wurden in mehr als 15 Sprachen übersetzt und werden weltweit gespielt. Gaunerstück wird im Januar 2015 in der Regie von Alize Zandwjik in den Kammerspielen uraufgeführt. Außerdem ist ihr Stück Diebe, eingeladen zum Theatertreffen 2009, im Deutschen Theater zu sehen.
Rebekka Kricheldorf wurde 1974 in Freiburg geboren. 2004 war sie Hausautorin am Nationaltheater Mannheim und von 2009 bis 2011 Dramaturgin, Hausautorin und Mitglied der Künstlerischen Leitung am Theaterhaus Jena. Ihre Stücke, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde, werden regelmäßig am Staatstheater Kassel, Stadttheater Bern, Schauspielhaus Hamburg und Theater Osnabrück uraufgeführt. Im Rahmen der Autorentheatertage waren 2010 Villa Dolorosa und 2013 Testosteron am Deutschen Theater zu sehen. Seit Januar 2014 läuft in der Inszenierung von Daniela Löffner Alltag & Ektase in den Kammerspielen.
Nis-Momme Stockmann wurde 1981 auf Föhr geboren. Stockmann schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Lyrik und Prosa. Mit seinem Stück Der Mann, der die Welt aß gewann er 2009 den Hauptund Publikumspreis beim Heidelberger Stückemarkt. 2010 wurde er von Theater heute zum Nachwachsdramatiker des Jahres gewählt. Er war mehrfach eingeladen zu den Mülheimer Theatertagen. 2010 erhielt Stockmann den Förderpreis des Friedrich-Schiller-Gedächtnispreises, 2011 den Friedrich-Hebbel-Preis. Nach Inszenierungen von Kein Schiff wird kommen und Die Ängstlichen und die Brutalen ist zurzeit sein Stück Der Freund krank, inszeniert von Milan Peschel, in den Kammerspielen des Deutschen Theaters zu sehen.
Iwan Wyrypajew wurde 1974 in Sibirien geboren. Er ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen russischen Dramatiker und verhandelt in seinen Stücken elementare Themen wie Tod, Leben und Mitgefühl sowie die Frage nach individuellen und gesellschaftlichen Werten und deren Wandel. Zuletzt wurde Betrunkene am Schauspielhaus Düsseldorf von Viktor Ryschakow inszeniert. Iwan Wyrypajew, der auch als Filmregisseur und Prosaautor erfolgreich ist, lebt in Moskau. Unerträglich lange Umarmung, ein Auftragswerk für das Deutsche Theater, wird im März 2015 in den Kammerspielen von Andrea Moses uraufgeführt.
Fotos: Fernando Perez Re, privat, Arno Declair, privat, Alexander Paul Engler t, Arno Declair, Piero Chiussi, privat
Theater der Autoren
Veranstaltungen zum Autorenschwerpunkt Januar – März 2015
JANUAR Samstag, 10.01. 19.00 Uhr Spotlight: Wolfram
Lotz
20.00 Uhr Die lächerliche
Finsternis
von Wolfram Lotz Samstag, 10.01. 20.30 Uhr er nicht als er von Elfriede Jelinek Sonntag, 11.01. 11.30 Uhr Früh-Stücke Extra zur Uraufführung Gaunerstück, mit Dea Loher u. John von Düffel 20.00 Uhr Constellations von Nick Payne Montag, 12.01. 20.00 Uhr Monster von David Greig Mittwoch, 14.01. 20.00 Uhr Dieses Kind von Joël Pommerat Donnerstag, 15.01. 20.00 Uhr Uraufführung Gaunerstück von Dea Loher Freitag, 16.01. 19.30 Uhr Monster 20.00 Uhr Gaunerstück Samstag, 17.01. 19.00 Uhr Land der ersten
Dinge / Bludičky
von Nino Haratischwili anschließend Autorengespräch mit Nino Haratischwili 19.00 Uhr Spotlight:
Dea Loher
20.00 Uhr Gaunerstück Sonntag, 18.01. 19.00 Uhr Land der ersten Dinge / Bludičky
Mittwoch, 21.01. 19.30 Uhr Constellations Donnerstag, 22.01. 18.30 Uhr Spotlight:
Nis-Momme Stockmann 19.30 Uhr Der Freund krank von Nis-Momme Stockmann Freitag, 23.01. 19.00 Uhr Die lächerliche
Finsternis
20.00 Uhr Constellations Samstag, 24.01. 20.00 Uhr Ismene,
Schwester von
von Lot Vekemans Montag, 26.01. zum letzten Mal 19.30 Uhr Yellow Line von Charlotte Roos, Juli Zeh Dienstag, 27.01. 18.30 Uhr Gespräch mit Friedrich Dieckmann und Maik Hamburger 19.30 Uhr In Zeiten des
FEBRUAR Montag, 09.02. 19.30 Uhr Land der ersten
Dinge / Bludičky
Dienstag, 10.02. 19.30 Uhr Der Freund krank anschließend Autorengespräch mit Nis-Momme Stockmann 20.00 Uhr Land der ersten Dinge / Bludičky Mittwoch, 11.02. 20.00 Uhr Muttersprache Mameloschn von Marianna Salzmann Donnerstag, 12.02. 19.30 Uhr Brandung von Maria Milisavljevic Samstag, 14.02. 19.00 Uhr Gaunerstück 19.30 Uhr Monster Sonntag, 15.02. 18.00 Uhr Spotlight:
Donnerstag, 26.02. 19.30 Uhr Ich denke an Yu von Carole Fréchette 20.00 Uhr Wastwater von Simon Stephens Freitag, 27.02. 20.00 Uhr Ihre Version des Spiels 20.00 Uhr Constellations Samstag, 28.02. 19.00 Uhr Land der ersten
Dinge / Bludičky
20.00 Uhr Die lächerliche Finsternis 22.00 Uhr Autorengespräch mit Wolfram Lotz
MÄRZ Sonntag, 01.03. 19.30 Uhr Land der ersten Dinge / Bludičky
Montag, 02.03. 19.30 Uhr Constellations Nick Payne 19.00 Uhr Constellations abnehmenden Lichts Dienstag, 03.03. von Eugen Ruge 19.30 Uhr Die lächerliche 19.30 Uhr Dieses Kind Finsternis 20.00 Uhr Ismene, Mittwoch, 28.01. Schwester von 20.00 Uhr Alltag & Ekstase Dienstag, 17.02. 21.15 Uhr Autorengespräch von Rebekka Kricheldorf 19.30 Uhr Aus der Zeit fallen mit Lot Vekemans und Nino von David Grossman anschließend Autorengespräch Haratischwili 19.30 Uhr er nicht als er mit Rebekka Kricheldorf 20.00 Uhr Ismene, Donnerstag, 05.03. Schwester von Donnerstag, 29.01. Uraufführung 19.30 Uhr Einführung 20.00 Uhr Unerträglich Freitag, 20.02. lange Umarmung 20.00 Uhr Tag der weißen Blume von Iwan Wyrypajew 20.00 Uhr Gift von Farid Nagim von Lot Vekemans Freitag, 06.03. 20.00 Uhr Unerträglich Samstag, 31.01. Samstag, 21.02. lange Umarmung 19.30 Uhr Ihre Version des 18.00 Uhr Gaunerstück anschließend Autorengespräch Spiels 21.00 Uhr NachtStücke von Yasmina Reza mit Iwan Wyrypajew Sonntag, 22.02. Sonntag, 08.03. 19.00 Uhr Gaunerstück 19.30 Uhr Monster Mittwoch, 25.02. 19.30 Uhr Monster
Kartentelefon: 030.28441 225 deutschestheater.de
autoren theatertage berlin 13. – 27. Juni 2015 Uraufführungen vom Burgtheater Wien, Schauspielhaus Zürich, Deutschen Theater Berlin. Gastspiele der maßgeblichen Inszenierungen deutschsprachiger Gegenwartsdramatik. Autorenporträts, Publikumsdiskussionen, Symposium und die Lange Nacht der Uraufführungen. Jury: Peter Michalzik, Jorinde Dröse, Nino Haratischwili, Ulrich Matthes
autorentheatertage.de
Öl von Lukas Bärfuss, Verminte Zone von Pamela Dürr, rose oder liebe ist nicht genug von Fritz Kater, JFK von René Pollesch, Diebe von Dea Loher, Taking Care of Baby von Dennis Kelly, Beaten von Ailís Ní Ríain, DNA von Dennis Kelly, Das letzte Feuer von Dea Loher, Für alle reicht es nicht von Dirk Laucke, Schwarzes Tier Traurigkeit von Anja Hilling, Hikikomori von Holger Schober, Bakunin auf dem Rücksitz von Dirk Laucke, Kein Schiff wird kommen von Nis-Momme Stockmann, Warteraum Zukunft von Oliver Kluck, Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes von Roland Schimmelpfennig, Nur Nachts von Sibylle Berg, hamlet ist tot. keine schwerkraft von Ewald Palmetshofer, Der Heiler von Oliver Bukowski, Türkisch Gold von Tina Müller, Die Ängstlichen und die Brutalen von Nis-Momme Stockmann, Über Leben von Judith Herzberg, Tape von Stephen Belber, Die vier Himmelsrichtungen von Roland Schimmelpfennig, Winterreise von Elfriede Jelinek, Blinde Punkte Sterne von Matilda Onur, Unschuld von Dea Loher, Du bist dabei! von Holger Schober, Das Ding von Philipp Löhle, Jochen Schanotta von Georg Seidel, Die Kommune von Thomas Vinterberg und Mogens Rukov, Der Goldene Drache von Roland Schimmelpfennig, er nicht als er von Elfriede Jelinek, Verbrennungen von Wajdi Mouawad, Muttersprache Mameloschn von Marianna Salzmann, Demokratie von Michael Frayn, Ihre Version des Spiels von Yasmina Reza, Am Schwarzen See von Dea Loher, Tilla von Christoph Hein, Habe ich dir eigentlich schon erzählt... von Sibylle Berg, Carmen Kittel von Georg Seidel, Das Himbeerreich von Andres Veiel, Ich denke an Yu von Carole Fréchette, Burn Baby Burn von Carine Lacroix, In Zeiten des abnehmenden Lichts von Eugen Ruge, Wastwater von Simon Stephens, Hieron. Vollkommene Welt von Mario Salazar, Yellow Line von Charlotte Roos und Juli Zeh, Brandung von Maria Milisavljevic, Leerlauf von Rik van den Bos, Gift von Lot Vekemans, In der Republik des Glücks von Martin Crimp, Aus der Zeit fallen von David Grossman, Alltag & Ekstase von Rebekka Kricheldorf, Schutt von Dennis Kelly, Dieses Kind von Joël Pommerat, Der Freund krank von Nis-Momme Stockmann, Ismene, Schwester von von Lot Vekemans, Tag der weißen Blume von Farid Nagim, Und auch so bitterkalt von Lara Schützsack, Monster von David Greig, Land der ersten Dinge / Bludičky von Nino Haratischwili, Die lächerliche Finsternis von Wolfram Lotz, Constellations von Nick Payne, Gaunerstück von Dea Loher, Unerträglich lange Umarmung von Iwan Wyrypajew, Immer noch Sturm von Peter Handke, Jede Stadt braucht ihren Helden von Philipp Löhle, In Salz von Sascha Hargesheimer, münchhausen von Armin Petras, Wintersonnenwende von Roland Schimmelpfennig
Neue Dramatik im Deutschen Theater seit 2009