— 23 — Inter view
Wärme ist kein Kriterium
Fania Sorel, Hans Löw, Elias Arens, Judith Hofmann, Miquel de Jong, Fotos (2): Arno Declair
Ein Gespräch mit Dea Loher über die Uraufführung ihres Gaunerstücks
Die Wahrsagerin Madame Bonafide in Dea Lohers neuestem Text Gaunerstück gibt den Zwillingen Maria und Jesus Maria einige Rätsel auf. Wer oder was ist diese Frau, dieser Mann, dieses „Medium“ mit der afrikanischen Halskrause und den hochtoupierten blonden Haaren? Warum riecht es aus Bonafides Wohnung so eigenartig-widerwärtig nach toten Tieren? Und welche Zukunft erwartet die beiden Geschwister, die sich entschlossen haben, mit dem alten Versprechen aus Kindheitstagen ernst zu machen und in ein „superschönes Leben“ aufzubrechen, „aufregend und voller Momente, an die du dich in hundert Jahren noch erinnern wirst“. Denn ganz so sieht ihr Leben im Moment leider nicht aus, nein, so sieht es ganz und gar nicht aus.
John von Düffel: Nach Deinem Text Am Schwarzen See, der von zwei Elternpaaren handelt, die ihre Kinder verloren haben, überraschst Du bei Gaunerstück mit der Geschichte eines Zwillingspaars, das mit Hilfe eines kriminellen Coups in ein neues Leben aufbricht. Eine für deine Verhältnisse ungewöhnliche zukunftsorientierte und optimistische Ausrichtung? Dea Loher: Das Gaunerstück hat sehr junge Protagonisten; allein aus diesem Grund ist es atmosphärisch leichter und offener als Am Schwarzen See. Aber man muss sowieso mit jedem Stück etwas Neues ver-
suchen, finde ich. Auch wenn genauso wahr ist, dass man im Grunde immer an dem gleichen Text schreibt oder sich an einer ähnlichen Materie abarbeitet. Das Ideal für Gaunerstück war eine schwebende Geschichte, die etwas Rätselhaftes behält, einen Kern, der sich nicht erklären oder rationalisieren lässt. Und eine Grundstimmung der Lebenslust, ja! Das zentrale Paar der Zwillingsgeschwister Maria und Jesus Maria weist viele für Deine Figuren charakteristische Merkmale auf. Ihre Herkunft ist prekär – die