Spielzeitbuch 2019/20

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SPIELZEIT 19/ 20



AUSSER SICH



Premieren체bersicht und Repertoire 6 Schauspielerinnen und Schauspieler 14 Vokabeln des AUSSER SICH Ein Gespr채ch 59 Die Premieren und Texte von Stefan Andriopoulos, Christoph Asendorf, Claus Caesar, Valentin Groebner, Bernd Isele, Charlotte Kurbjuhn, Verena Lueken, Fiston Mwanza Mujila und Anja Quickert August 71 September 75 Oktober 80 November 89 Dezember 96 Januar 102 Februar 107 M채rz 110 April 117 Mai 124 Junges DT 129 Autorentheatertage und Radar Ost 136 Mitarbeiter_innen 146 Service 154 Berliner Erkl채rung der VIELEN 164


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PREMIEREN


PREMIEREN 2019 / 20

LEAR

von William Shakespeare und: DIE POLITIKER von Wolfram Lotz (Uraufführung) Regie: Sebastian Hartmann Premiere/Uraufführung: 30. August 2019, Deutsches Theater

AUSWEITUNG DER KAMPFZONE

nach dem Roman von Michel Houellebecq Regie: Ivan Panteleev Premiere: 8. September 2019, Kammerspiele

DER HALS DER GIRAFFE

nach dem Roman von Judith Schalansky Regie: Philipp Arnold Premiere: 22. September 2019, Box

PHILOKTET

von Heiner Müller Regie: Amir Reza Koohestani Premiere: 5. Oktober 2019, Kammerspiele

DON QUIJOTE

von Jakob Nolte nach Miguel de Cervantes Regie: Jan Bosse Berlin-Premiere: 12. Oktober 2019, Deutsches Theater Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen Eine trinationale Stückentwicklung des Jungen DT

30.NACH.89

TALKING ABOUT YOUR GENERATION Regie: Uta Plate Premiere: 19. Oktober 2019, Box

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG

von Ödön von Horváth Regie: Jürgen Kruse Premiere: 27. Oktober 2019, Kammerspiele 7


PREMIEREN 2019 / 20

FRANZISKA LINKERHAND

nach dem Roman von Brigitte Reimann Regie: Daniela Löffner Premiere: 2. November 2019, Deutsches Theater

DER KLEINE KÖNIG DEZEMBER Familienstück von Axel Hacke Regie: Anne Bader Premiere: 3. November 2019, Saal

HEKABE – IM HERZEN DER FINSTERNIS

nach Homer und Euripides Regie: Stephan Kimmig Premiere: 22. November 2019, Deutsches Theater

WOLKEN.HEIM.

von Elfriede Jelinek Regie: Martin Laberenz Premiere: 29. November 2019, Kammerspiele

ZU DER ZEIT DER KÖNIGINMUTTER

von Fiston Mwanza Mujila Regie: Charlotte Sprenger Deutsche Erstaufführung: 8. Dezember 2019, Box

(LIFE ON EARTH CAN BE SWEET) DONNA

von René Pollesch Regie: René Pollesch Uraufführung: 15. Dezember 2019, Deutsches Theater

ODE

von Thomas Melle Regie: Lilja Rupprecht Uraufführung: 20. Dezember 2019, Kammerspiele

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PREMIEREN 2019 / 20

4.48 PSYCHOSE

von Sarah Kane Regie: Ulrich Rasche Premiere: 17. Januar 2020, Deutsches Theater

SOPHIE ROIS FÄHRT GEGEN DIE WAND IM DEUTSCHEN THEATER

nach dem Roman „Die Wand“ von Marlen Haushofer Regie: Clemens Maria Schönborn Premiere: 31. Januar 2020, Deutsches Theater

Eine Inszenierung des Jungen DT

DAS GEWÄCHSHAUS

von Jordan Tannahill Regie: Salome Dastmalchi Premiere: 9. Februar 2020, Box Eine Inszenierung des Jungen DT

DIE RÄUBER

Eine Überschreibung nach Friedrich Schiller Regie: Joanna Praml Premiere: 11. Februar 2020, Kammerspiele

JEDERMANN (STIRBT)

von Ferdinand Schmalz Regie: Data Tavadze Premiere: 1. März 2020, Kammerspiele

DECAMERONE

nach Giovanni Boccaccio Regie: Kirill Serebrennikov Premiere: 8. März 2020, Deutsches Theater

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PREMIEREN 2019 / 20

FRÄULEIN JULIE

von August Strindberg Regie: Timofey Kuljabin Premiere: 21. März 2020, Kammerspiele

LETZTEN SOMMER IN TSCHULIMSK von Alexander Wampilow Regie: Jette Steckel Premiere: 27. März 2020, Deutsches Theater Eine Inszenierung des Jungen DT

LIEBE JELENA SERGEJEWNA von Ljudmilla Rasumowskaja Regie: Jan Friedrich Premiere: 3. April 2020, Box

NUMBER FOUR (Arbeitstitel)

von René Pollesch Regie: René Pollesch Uraufführung: 24. April 2020, Deutsches Theater

DAS HERZ DER KRAKE

von Nis-Momme Stockmann Regie: Nora Schlocker Uraufführung: 28. April 2020, Kammerspiele

MICHAEL KOHLHAAS

von Heinrich von Kleist Regie: Andreas Kriegenburg Premiere: 29. Mai 2020, Deutsches Theater

AUTORENTHEATERTAGE + RADAR OST Juni 2020

Außerdem Inszenierungen von András Dömötör und Tom Kühnel / Jürgen Kuttner 10


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REPERTOIRE


DEUTSCHES THEATER CRY BABY von René Pollesch DAS SPIEL IST AUS von JeanPaul Sartre DEMOKRATIE von Michael Frayn DER HAUPTMANN VON KÖPENICK von Carl Zuckmayer DER MENSCHENFEIND von Molière DIE GLASMENAGERIE von Tennessee Williams DIE MÖWE von Anton Tschechow DIE ZOFEN von Jean Genet DIEBE von Dea Loher DREI SCHWESTERN nach Anton Tschechow GESPENSTER nach August Strindberg/Henrik Ibsen/ Heinrich Heine GIFT von Lot Vekemans HAVE A CUP OF TEA MIT SOPHIE ROIS Songs und Storys über Inzest, Unschuld und Klassenbewusstsein HUNGER. PEER GYNT nach Knut Hamsun/ Henrik Ibsen IN DER SACHE J. ROBERT OPPENHEIMER von Heinar Kipphardt LET THEM EAT MONEY. WELCHE ZUKUNFT?! von Andres Veiel in Zusammenarbeit mit Jutta Doberstein MACHT UND WIDERSTAND von Ilija Trojanow NATHAN DER WEISE von Gotthold Ephraim Lessing ONKEL WANJA von Anton Tschechow PHÄDRA von Jean Racine SCHILLER-BAL­L­A­ DEN Szenische Lesung TOD EINES HANDLUNGSREISENDEN von Arthur Miller ULYSSES nach James Joyce WARTEN AUF GODOT von Samuel Beckett WESTEND von Moritz Rinke ZEITEN DES AUFRUHRS nach dem Roman von Richard Yates

KAMMERSPIELE ALTE MEISTER nach Thomas Bernhard BIOGRAFIE: EIN SPIEL von Max Frisch BLACK MARIA von René Pollesch DAS FEST von Thomas Vinterberg und Mogens Rukov DAS MISSVERSTÄNDNIS von Albert Camus DER PLAN VON DER ABSCHAFFUNG DES DUNKELS nach dem Roman von Peter Høeg DER TEMPELHERR ein erbauungsstück von Ferdinand Schmalz DIE STILLEN TRABANTEN von Clemens Meyer DIE UMSIEDLERIN von Heiner Müller EISLER ON THE BEACH Eine kommunistische Familienaufstellung mit Musik ENDSPIEL von Samuel Beckett GERTRUD von Einar Schleef IN STANNIOLPAPIER von Björn SC Deigner in einer Fassung von Sebastian Hartmann ISMENE. SCHWESTER VON von Lot 12


Vekemans IT CAN’T HAPPEN HERE nach dem Roman von Sinclair Lewis JEDER IDIOT HAT EINE OMA, NUR ICH NICHT von Rosa von Praunheim KOMMT EIN PFERD IN DIE BAR von David Grossman MEDEA. STIMMEN von Christa Wolf MUTTERSPRACHE MAMELOSCHN von Sasha Marianna Salzmann PERSONA von Ingmar Bergman PUBLIKUMS­ BESCHIMPFUNG von Peter Handke TAGEBUCH EINES WAHNSINNIGEN von Nikolai Gogol TAPE von Stephen Belber TSCHICK nach dem Roman von Wolfgang Herrndorf UGLY DUCKLING von Bastian Kraft und Ensemble nach Hans Christian Andersen VÄTER UND SÖHNE von Brian Friel nach dem Roman von Iwan Turgenjew VOR SONNENAUFGANG von Ewald Palmetshofer nach Gerhart Hauptmann WUT von Elfriede Jelinek

BOX UND BAR AM BODEN von George Brant ANTWORT AUS DER STILLE nach der Erzählung von Max Frisch DAS HEXENLIED Ein Balladenabend DAS MÄDCHEN MIT DEM FINGERHUT von Michael Köhlmeier DRAUFGÄNGERINNEN von Tanja Šljivar FABIAN nach dem Roman von Erich Kästner GESCHICHTEN VON HIER: GLAUBE LIEBE HOFFNUNG Ein Projekt von Frank Abt HOOL nach dem Roman von Philipp Winkler HUNDEHERZ nach Michail Bulgakow JUTTA WACHOWIAK ERZÄHLT JURASSIC PARK Ein Theaterabend von Jutta Wachowiak, Eberhard Petschinka und Rafael Sanchez KÖNIG UBU von Alfred Jarry LENZ von Georg Büchner SOLARIS nach dem Roman von Stanisław Lem THE EVIL von Jan Guillou TIGERMILCH nach dem Roman von Stefanie de Velasco TRANSIT von Anna Seghers TROPFEN AUF HEISSE STEINE von Rainer Werner Fassbinder VATER von Dietrich Brüggemann VERIRRTEN SICH IM WALD nach „Hänsel und Gretel“ der Gebrüder Grimm WODKA-KÄFER von Anne Jelena Schulte nach „Berliner Mietshaus“ von Irina Liebmann ZU UNSEREN FÜSSEN, DAS GOLD, AUS DEM BODEN VERSCHWUNDEN von Svealena Kutschke 13


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SCHAUSPIELERINNEN UND SCHAUSPIELER


MAIKE KNIRSCH IN SOMMERGÄSTE XXXXXXXXXXXX

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KATHLEEN MORGENEYER IN SOMMERGÄSTE


ELIAS ARENS IN HUNGER. PEER GYNT


JUDITH HOFMANN IN CRY BABY



ALEXANDER KHUON IN SOMMERGÄSTE


KATRIN WICHMANN IN DER HAUPTMANN VON KÖPENICK


TIMO WEISSCHNUR IN DER MENSCHENFEIND


GABRIELE HEINZ IN GESPENSTER


MANUEL HARDER IN ANTIGONE


LINN REUSSE IN DER TEMPELHERR


ULRICH MATTHES IN DER MENSCHENFEIND


NATALI SEELIG IN DER TEMPELHERR


REGINE ZIMMERMANN IN UGLY DUCKLING


DER TEMPELHERR MARKWART MÜLLER-ELMAU IN BERLIN ALEXANDERPLATZ


BOŽIDAR KOCEVSKI IN AUERHAUS


ALMUT ZILCHER IN GESPENSTER


MAREN EGGERT IN MEDEA. STIMMEN


EDGAR ECKERT IN AMERIKA


FELIX GOESER IN IT CAN´´T HAPPEN HERE


LISA HRDINA IN DER MENSCHENFEIND


CANER SUNAR IN ZEITEN DES AUFRUHRS


LINDA PÖPPEL IN DAS MISSVERSTÄNDNIS


HELMUT MOOSHAMMER IN VÄTER UND SÖHNE


ANJA SCHNEIDER IN WESTEND


KATRIN KLEIN IN DIEBE


THORSTEN HIERSE IN MEDEA. STIMMEN


BIRGIT UNTERWEGER IN PUBLIKUMSBESCHIMPFUNG


MARCEL KOHLER IN VÄTER UND SÖHNE


BERND MOSS IN ULYSSES ZEITEN DES AUFRUHRS


PAUL GRILL IN WESTEND


PETER RENÉ LÜDICKE IN PUBLIKUMSBESCHIMPFUNG


JÖRG POSE IN DAS FEST


BERND STEMPEL IN PHÄDRA


HARALD BAUMGARTNER IN LENZ


NIKLAS WETZEL NEU IM ENSEMBLE


LORENA HANDSCHIN NEU IM ENSEMBLE


SOPHIE ROIS IN CRY BABY


JEREMY MOCKRIDGE IN BLACK MARIA


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ENSEMBLE


* Feste Gäste

Jeremy Mockridge Helmut Mooshammer Kathleen Morgeneyer Bernd Moss Markwart Müller-Elmau Linda Pöppel Jörg Pose Linn Reusse Sophie Rois Anja Schneider Barbara Schnitzler* Michael Schweighöfer* Natali Seelig Bernd Stempel Caner Sunar Birgit Unterweger Timo Weisschnur Niklas Wetzel Katrin Wichmann Simone von Zglinicki* Almut Zilcher Regine Zimmermann

Elias Arens Harald Baumgartner Margit Bendokat* Edgar Eckert Maren Eggert Samuel Finzi* Michael Gerber* Felix Goeser Christian Grashof* Paul Grill Lorena Handschin Manuel Harder Corinna Harfouch* Gabriele Heinz Thorsten Hierse Judith Hofmann Lisa Hrdina Jürgen Huth* Alexander Khuon Katrin Klein Maike Knirsch Božidar Kocevski Wolfram Koch* Marcel Kohler Peter René Lüdicke Franziska Machens Dagmar Manzel* Ulrich Matthes Katharina Matz*

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GÄSTE


Esther Maria Hilsemer Daniel Hoevels Nina Hoss Camill Jammal Nadim Jarrar Markus John Johanna Kolberg Peter Kurth Jürgen Kuttner Judy LaDivina Ole Lagerpusch Josephine Lange Benjamin Lillie Karin Lithman Hans Löw Charlotte Mednansky Wolfgang Menardi Astrid Meyerfeldt Wiebke Mollenhauer Julia Nachtmann Thomas Neumann Martin Otting Peter Pagel Milan Peschel Elke Petri Andreas Pietschmann Daniele Pintaudi Matze Pröllochs Thea Rasche Gudrun Ritter Katharina Schenk Mascha Schneider Christine Schorn Nathalie Seiß

Javeh Asefdjah Celia Bähr Claes Bang Jade Pearl Baker Constanze Becker Lea Beie Franz Beil Manolo Bertling Natalia Belitski Antonia Bill Heiner Bomhard Frank Büttner Gerôme Castell Rahul Chakraborty Ben Clark Andreas Döhler Meike Droste Alexandra Finder Sarah Franke Christoph Franken Sven Fricke Sascha Göpel Michael Goldberg Olivia Gräser Olivia Grigolli Andreas Grötzinger Christine Groß Moritz Grove Sebastian Grünewald Nina Gummich Luisa Hart Henning Hartmann Jens Harzer Barbara Heynen 57


Alexander Simon Holger Stockhaus Oliver Stokowski Jonas Vietzke Henning Vogt Anita Vulesica Jutta Wachowiak Sabine Waibel Cordelia Wege Charlotte Will Angela Winkler Susanne Wolff Susanne-Marie Wrage Martin Wuttke Yasmin El Yassini Kotti Yun Jirka Zett Przemek Zybowski sowie Studierende der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin, der Universität der Künste Berlin und Darsteller_innen des Jungen DT

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AUSSER SICH


VOKABELN DES AUSSER SICH Ein Gespräch Die wöchentlichen Sitzungen der Dramaturgie stehen unter dem Verdacht des Konspirativen. Dass das „Innen“ in diesem Fall nach „außen“ dringt, ist dem Thema geschuldet. Es geht um das Spielzeitmotto „Außer sich“. Am 17. Mai sind anwesend: Ulrich Khuon, Juliane Koepp, Birgit Lengers, Claus Caesar, David Heiligers und Bernd Isele. John von Düffel fehlt entschuldigt. Claus Caesar: So… läuft jetzt… David Heiligers: … hoffentlich. Caesar: Wir überarbeiten das dann. Ihr müsst nicht druckreif sprechen. Juliane Koepp: Ich kann gar nicht anders… Caesar: Was machst Du denn da mit Deinem Handy? Birgit Lengers: Sicherungskopie… Caesar: Na dann... Über „Außer sich“ wollen wir sprechen, das lässt ganz unterschiedliche… Ulrich Khuon: Deutungshorizonte zu… Caesar: Genau. Ein Thema, das einerseits auf emotionale Erregungszustände abzielt, also zum Beispiel auf ein „Außer sich sein“ vor Wut. Andererseits meint das einen Vorgang der Öffnung: ein „Sich öffnen“ gegenüber anderen, gegenüber 60


historischen Dimensionen, gegenüber Fremdheit… Khuon: Wenn wir für einen Moment vom Gegenteil ausgehen, finde ich interessant, dass sich mit dem Begriff „Beisich-sein“ erst einmal etwas Positives und Wertiges verbindet. „Außer sich sein“ ist dagegen zunächst suspekt. „Komm wieder zu Dir“, sagt man dann. Für mich ist das eine Grundfrage. All die Begriffe, die auf Identität abzielen und von denen wir umgeben sind – „Bei sich sein“, „in Ähnlichkeiten denken“, „die Nähe suchen“, „sich aus sich selbst heraus verstehen“ – werden als Qualität beschrieben. Aber „außer sich sein“, auf jemanden bezogen sein, ist eine große Befähigung. Sie eröffnet ein Erkenntnismoment, dessen Aspekte ein Spielplan Stück für Stück abschreiten kann, etwa ein „Außer sich sein“ in der rasenden Suche nach Gerechtigkeit bei „Michael Kohlhaas“ oder das Eintauchen in eine Literaturwelt bei „Don Quijote“. Kunst lässt uns „außer uns“ und in Kontakt mit anderem geraten. Der Literaturwissenschaftler Hans Robert Jauß hat einmal gesagt: Obwohl wir Individuen sind, können wir einander verstehen. Wenn man einen Schritt weitergeht, könnte man sagen, dass man sich über den Umweg des „außer mir“ vielleicht besser versteht, als wenn man immer nur bei sich selbst ist. Caesar: Wobei diese Überlegung heute unter Verdacht steht. Sich Fremdheit anzueignen heißt immer auch, sie zu etwas Eigenem zu machen, sie einzugemeinden. Khuon: Das habe ich aber nicht gemeint. Caesar: Wir dürfen uns widersprechen. Khuon: Echt? So hab ich mir das aber nicht vorgestellt. Ich dachte, Ihr alle versteht euch jetzt mal ein bisschen über mich (lacht). Aber im Ernst: Wenn man behauptet, man versteht sich im anderen, heißt das noch lange nicht, dass man den anderen versteht. Das entzieht sich der eigenen 61


Wahrnehmung. In einer Erfahrung, die über andere verläuft, bleibt immer auch ein Maß an Fremdheit bestehen. Darin zeigt sich die Singularität der Einzelnen. Koepp: Allerdings stellt sich die Frage, wieviel man im Zustand des „Außer-sich-Seins“ überhaupt von dem Anderen versteht. Als emotionale Grenzerfahrung geht das „Außer sich sein“ ja mit einem Mangel an Affektregulierung einher. Das ist für das Verstehen nicht besonders produktiv. Lengers: Wir müssen unterscheiden zwischen „Ich raste aus“ auf der einen und „Ich suche außerhalb von mir selbst“ auf der anderen Seite. Letzteres kann man dann nicht nur auf Individuen, sondern auch auf die Institution Theater beziehen. „Bei sich“ zu bleiben ist für Theater ja eher ein Problem. Koepp: Obwohl auch die emotionale Variante von „außer sich“ eine theatrale Qualität ist. Ausnahmezustände sind ja ein Grundprinzip des Theaters. Was wir Menschen uns selbst versagen, gestatten wir der Kunst. Davon erzählt „Ode“ von Thomas Melle. Die Kunst – in seinem Fall ist es nicht das Theater, sondern die Bildende Kunst – soll frei sein. Die Vision des Künstlers besteht dann darin, „außer sich“ zu sein, damit er in seiner Kunst „bei sich“ bleiben kann. Das „Außer sich sein“, das Nicht-Reglementierte, ist für das „Bei sich“ der Kunst unabdingbar. Bernd Isele: Auch „Wolken.Heim.“ von Elfriede Jelinek formuliert diesen Doppeleffekt sehr schön. Der Text ist ein manischer Identitäts-Monolog in Wir-Form: „Wir sind bei uns“, „Wir sind zuhause“. Gleichzeitig liegt dieser mantrahaften Beschwörung des „Bei sich seins“ eine große Skepsis zugrunde. Das „Wir“ ist eben ein Wolken-Heim, nicht Wolke, nicht Heimat, sondern ein permanenter Zustand der Vereinzelung, der sich aber nicht in der Aussage „wir sind nicht gleich“ niederschlägt, sondern im genauen Gegenteil, 62


nämlich im „Wir sind wir“. Das beschreibt sehr schön die große Sehnsucht nach Identität, die gesteigerte Sehnsucht nach Gruppen und Zugehörigkeit, die wir permanent erleben und die vielleicht nur der Ausdruck einer großen Zerrissenheit ist. Heiligers: Andererseits erleben viele diese Zerrissenheit einer Gesellschaft, deren Strukturen und Paradigmen sich zunehmend auflösen und die dadurch diverser und komplexer wird, auch als etwas sehr Positives, Öffnendes und Befreiendes: „Wir sind nicht gleich und das ist gut so.“ Caesar: Ein „Bei sich“ produziert auf paradoxe Weise immer ein „Außer sich“. Je mehr du bei dir sein möchtest, desto schwerer wird es, das „Außer dir“ zu überdecken. Im Moment dreht sich unsere Welt sehr um das Streben nach Identität: um Selbstoptimierung, um ein Denken in Ähnlichkeiten. Auch das Phänomen der „Achtsamkeit“ ist etwas, das auf sich selbst und nicht auf die anderen bezogen ist. Es ist erstaunlich, dass ein grundsätzliches „Außer-sich-sein“ derart von Identitätsphänomenen verstellt ist. Khuon: Das Denken in Ähnlichkeiten und in Achtsamkeiten hat damit zu tun, dass alle Energien, die gemeinschaftlich, dialogisch oder auf den anderen bezogen sind, durch die Gesellschaftsform verdrängt werden, in der wir leben. Das „Bei uns sein“ bekommen wir gesellschaftlich mit auf den Weg: „Es kommt auf dich an“, „Du musst dich durchsetzen“ – und das immer gegen die anderen. Weil es keine Idee von Gemeinschaft mehr gibt, die etwas anderes hervorbringen würde, werden permanente Selbsterfindung und Selbst­ optimierung zum Thema. „Bei sich“ ist das Motto des Einzelkämpfers... Lengers: … oder eine Gegenbewegung aus einem Gefühl der Überforderung heraus. Globalisierung, Digitalisierung, das Gefühl, in einer Gesellschaft zu leben, die sich zunehmend 63


entgrenzt und kurz vor einem Kollaps zu stehen scheint, all das fördert die Sehnsucht nach dem Überschaubaren, Begreifbaren, Eigenen. Lautsprecher: Das ist ein Testruf an die Requisite. Lengers: Lässt sich das abstellen? Heiligers: Bei Sarah Kane spielen beide Pole eine Rolle. „Psychose 4.48“ beschreibt einen Zustand großer Entgrenzung. Das lyrische Ich ist in verschiedene emotionale Zustände hineingestellt: außer sich vor Wut, vor Trauer, aber auch vor Heiterkeit... Lautsprecher: Das ist ein Testruf an die Requisite. Heiligers: ... und gerade dieser entgrenzte Zustand wird als Augenblick des größten „Bei sich seins“ empfunden. Im größten Schmerz herrscht die größte Klarheit. Der Text beschreibt eine Suche nach dem eigenen Selbst – und dort, wo man am weitesten von sich entfernt ist, findet man es. So gelesen, ist der Text nicht nur Studie einer Depression. Der Vorgang des „Außer sich“ hat etwas sehr Kämpferisches, fast Archaisches, der Kampf des Ichs gegen die Welt. Die Momente des größten Schmerzes sind auch die Momente des größten Glücks. Khuon: Kann man da wirklich von Glück sprechen? Heiligers: Es ist eine Grenzüberschreitung, psychisch wie physisch. Darin liegt ein großes Ich-Erlebnis. Ohne Grenze gäbe es dieses „Außer sich sein“ nicht. Wenn das Gegenüber oder die Grenze fehlt, kann man nicht mehr davon sprechen „außer sich“ zu sein. Jakob Nolte hat in seiner Fassung für unseren „Don Quijote“ einen Monolog geschrieben, der die Freiheit des Denkens verhandelt. Don Quijote und Sancho Panza imaginieren sich ihre eigene Welt 64


großer Freiheit. Aber die Freiheit der eigenen Gedanken beschränkt die Freiheit der anderen. Bereits mit meinen Gedanken bin ich in der Lage, anderen Gewalt anzutun. Das ist eine der Grenzerfahrungen, die die beiden im Laufe ihrer Reise machen. Khuon: Man entkommt der Mitmenschlichkeit eben nicht. Auch ein Eremit setzt sich von der Erfahrung der anderen ab. Man entkommt dem nicht, man kann sich nicht nicht verhalten. Es geht dann darum, das „Bei mir sein“ und „Außer mir sein“ auszubalancieren. Im Theater versuchen wir andauernd, diese Balance nicht als Anstrengung, sondern als produktive Spannung zu empfinden, die man genießen kann. Isele: In Houellebecqs Roman „Ausweitung der Kampfzone“ lässt sich nachlesen, was passiert, wenn diese Spannung aussetzt und sich das „Außer sich“ und das „Bei sich“ nicht mehr gegenseitig befruchten. Bei dem Ich-Erzähler des Romans funktioniert das „Außer sich“ überhaupt nicht mehr. Es funktioniert nicht als Erregungszustand, weil der Protagonist mit großer Gleichgültigkeit auf die Welt schaut. Es funktioniert aber auch nicht mehr soziologisch, weil der Erzähler gar nicht mehr mit der Welt kommuniziert. Es gibt keine Drähte mehr, die nach außen glühen. Und in diesem Erlöschen des „Außer sich“ stirbt dann das „Bei sich“. Das Selbst kollabiert. Koepp: Ähnlich wie in Horváths „Glaube, Liebe, Hoffnung“. Elisabeth, die Protagonistin, empfängt Mitleid, erhält Hilfe, aber das stößt dann schnell an eine Grenze. Isele: Glaube, Liebe, Hoffnung sind eigentlich drei klassische Vokabeln des „Außer sich“. Khuon: Horváth zitiert sie aber nur noch. Die Nähe von „Glaube Liebe Hoffnung“ zu Houellebecq ist in der Tat ver65


blüffend. Bei Horváth sprechen alle nur noch in Formeln, in geborgten, angelernten Sätzen, Metaphern oder Bildern. Die Hilfe reicht keine fünf Zentimeter weit, dann bricht alles zusammen. Houellebecq beschreibt etwas Ähnliches, vielleicht noch desolater. Horváth ist der Kältere. Er seziert das Spannungsfeld zwischen den gesellschaftlichen Kältegraden und dem Zitat aus dem ersten Korintherbrief, das bei ihm wie eine kalte Metapher funktioniert. Der Titel formuliert eine Utopie und damit auch eine Überforderung, die in diesem biblischen Urwort des „Außer sich“ steckt. Aber die bürgerliche Gesellschaft, die Horváth zeichnet, betrachtet das gar nicht als ein Spannungsfeld, sondern verbindet ihre eigene Empathielosigkeit mühelos mit diesen biblischen Sätzen, ohne das als Widerspruch wahrzunehmen. Lengers: Schillers „Räuber“ oder die Theaterwelten des Sturm und Drang sind dann eigentlich ein Gegenmodell zu diesen kalten Alles-Egal-Gesellschaften. Der maßlose Furor der Jugend, die in diesem „Kastraten-Jahrhundert“ Banden bildet und sich als Gegenentwurf zur Gesellschaft begreift. Mich interessiert, wo Opposition und Widerstand umkippen, auch mit Blick auf heutige Protestbewegungen, die zerstörerische, antisoziale, terroristische Züge bekommen. Deshalb setzen wir uns im Jungen DT auch mit der Begriffsklammer RAGE – EGAL auseinander. Khuon: In der Maßlosigkeit dieser Texte kann man sich gut selbst erkennen. Deshalb ist „Michael Kohlhaas“ ein wirklicher Lieblingstext von mir. Ich bin ja noch nie richtig Amok gelaufen, auch wenn ich manchmal für Momente nah dran war. Man fühlt sich ungerecht behandelt, hat aber gelernt, sich zu disziplinieren, auch mit Hilfe der Literatur, die uns auf kunstvolle, geformte Weise aus uns selbst herausführt. Heiligers: Zum „Außer-Sich“ gehören neben diesen Extrem­ figuren auch alltäglichere, realere Erfahrungen und Narrative. 66


Die Protagonistin in Brigitte Reimanns „Franziska Linkerhand“ zum Beispiel ist eine junge Architektin, die nach der Universität vor Idealismus und Eifer sprüht, dann aber bald desillusioniert wird: von den Gegebenheiten im privaten und beruflichen Umfeld, letztlich auch vom politischen System, das dem Ich Grenzen setzt. Khuon: Der Vergleich ist interessant. Franziska Linkerhand begibt sich hinein in ein System, um es zu verändern. „Die Räuber“ dagegen verlassen ein System, um es von außen zu zerschlagen. Koepp: „Franziska Linkerhand“ wurde im Westen kaum gelesen. Im Osten gehört das Buch zum Kanon. Es bildet Erfahrungen ab, die es im Westen so nicht gab. Das Verhältnis von Individuum und System war ein vollkommen anderes. Khuon: Meine Generation war damals geradezu dazu aufgerufen, das System zu verändern. Ich bin in Diskursgewittern groß geworden. „Außer sich zu sein“ war ein anstrengender Dauerzustand, eine Einladung zum permanenten Streit. Man durfte alles sagen, alles war aber auch folgenlos. Das war im Osten umgekehrt. Lautsprecher: Das ist ein Testruf an die Requisite. Caesar: Ein anderer Aspekt des „Außer sich seins“ zielt auf die historische Dimension. Da wäre das „Außer sich“ verbunden mit der Hoffnung, in der Vergangenheit auf gesellschaftliche Konstellationen zu stoßen, die zwar verschwunden sind, in denen aber andere Entwürfe von Gesellschaft erkennbar werden. Isele: Für mich ist das eine Grundfrage ans Theater, fast eine Definition: Theater als Praxis, die auf Stoffe außerhalb des eigenen, zeitlichen oder räumlichen Horizonts zugreift. Theater stellt Stoffe aus dem 18. oder 19. Jahrhundert oder 67


aus Bulgarien ins Hier und Heute, und die Frage, die sich dann stellt, ist: Wie macht man das? Läuft der Grundimpuls darauf hinaus, dass alles mit uns zu tun hat? Auch wenn 350 Jahre zwischen dem Stoff und dem Heute liegen, sprechen die Autor_innen im Prinzip über uns? Oder ist die Behauptung: Das ist das ganz Fremde, das völlig Andere, das Unverständliche? Caesar: … oder das, was einen im wörtlichen Sinne herausfordert. Theater muss daran arbeiten, nicht bei sich anzukommen. „Bei uns“ sind wir immer relativ schnell. Aber wenn man auf der Differenz zwischen dem Stoff und dem Heute beharrt, kann man vielleicht etwas finden, was im Verlaufe der Geschichte verloren gegangen ist oder überdeckt wurde. Das „Außer sich sein“ heißt dann: sich öffnen für historische Varianten als Möglichkeit, anders über Gesellschaft nachzudenken. Khuon: Darin zeigt sich eine Grundfrage: Wie kann man aus etwas lernen, das andere erlebt haben? Lengers: Und wie lernt man, etwas auszuhalten, wenn eigene Modelle der Welterklärung nicht mehr greifen? „Das Herz der Krake“ von Nis-Momme Stockmann erzählt von einer jungen Neonazi-Frau, die am Ende, vielleicht, zu einem wahren Monster wird. Dafür liefert das Stück zwar Erklärungen, die aber immer wieder durchgestrichen werden.Das ist genau das, was Theater leisten kann: Ambiguitäts­toleranz trainieren. Heiligers: Das ist für mich ein Grund, warum es Theater immer noch gibt: weil wir lernbegierige Wesen sind. Der Philo­ soph Martin Buber hat gesagt, dass „der Mensch am Du zum Ich wird“. Es gibt in uns die Sehnsucht, dem Anderen zu begegnen – und das Theater bietet dem Einzelnen und der Gesellschaft dafür einen analogen Raum. 68


Caesar: Auch unser Spielplanschwerpunkt, den wir Radar Ost nennen, hat mit grundsätzlich anderen Erfahrungswelten zu tun. Timofey Kuljabin kommt aus Nowosibirsk, Data Tavadze aus Tiflis und Kirill Serebrennikov aus Moskau zu uns. Koepp: Das ist nur die halbe Wahrheit. Für viele hier in Berlin ist diese Erfahrungswelt relativ nah. Gestern hat mich meine Tante angerufen, die zu denjenigen gehört, die mit osteuro­ päischem Theater und der Literatur des Ostens aufgewachsen sind. Die wissen, dass es gemeinsame Wurzeln und Erinner­ ungen gibt, dass die Kunst und das Theater nicht mit Tschechow enden und es zum Beipiel auch Autoren wie Alexander Wampilow und seinen „Letzten Sommer in Tschulimsk“ gibt. Und die fühlen sich sehr gemeint, weil sie nicht im Westen sozialisiert sind, nicht mit dieser deutlichen Ausrichtung auf die USA, auf Großbritannien oder auf Frankreich. Khuon: Uns Westlern sitzt die Sozialisierung auch tief in den Knochen. Nach Moskau zu fliegen ist für viele, auch für mich, immer noch eine Art Kulturschock, weil man das Terrain dort weniger einschätzen kann. Isele: Besteht die Kunst im Theater dann nicht darin, diese Differenz zwischen Nowosibirsk und Berlin offen zu halten und produktiv zu machen? Wir laden die Regisseure ja nicht nur ein, weil sie gut hier reinpassen, sondern auch, weil sie hier nicht reinpassen. Lengers: Bei einem Festival wie Radar Ost ist das relativ einfach, weil wir Arbeiten zeigen, die vor Ort entstanden sind. Bei einem Gastregisseur wird das Kultivieren der Fremdheit schon schwieriger… Khuon: … zumal das Spannungsfeld dann komplexer wird, wenn es hier um die Begegnung mit dem Ensemble, mit Stoffen, mit Arbeitsweisen geht… 69


Caesar: … und mit dem Widerspruch, die Differenz einerseits zu behaupten, andererseits eine gute, unmarkierte, in sich kohärente Inszenierung zu machen. René Pollesch hat das in „Black Maria“ die „Arbeit an der Unsichtbarkeit“ genannt. Ich schau mal eben auf das Aufnahmegerät … schon 50 Minuten … spricht jemand ein Schlusswort? Khuon: Wir reden im Alltag viel über Diversitäten: Ost und West, Alt und Jung, Hier und Dort, Vergangenheit und Gegenwart, Migration, sexuelle Diversitäten. Ich glaube, dass ein Theater all diese Debatten führen muss, aber nicht alles in derselben Intensität bearbeiten kann. Insofern ist der Blick Richtung Osten, der sich im Spielplan abzeichnet, ein erkennbarer Schwerpunkt, der sich herleitet aus der Geschichte des Hauses, aus unserem Interesse und aus den Begegnungen und der Praxis der vergangenen Jahre... Lengers: … und ein Schwerpunkt, der immer wichtiger wird angesichts der politischen Entwicklungen in Russland, Polen, Ungarn… Heiligers: … oder in England. Khuon: An England interessiert uns vor allem die Premier League. Caesar: Wollen wir noch über „10 Jahre“ reden? Khuon: Lieber nicht, das erwähnen wir gar nicht. Wir machen weiter, als hätten wir gerade erst angefangen.

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AUGUST


AUGUST

LEAR

Premiere/Uraufführung: 30. August 2019, Deutsches Theater

von William Shakespeare und: DIE POLITIKER von Wolfram Lotz (Uraufführung) Regie: Sebastian Hartmann Ein König, ein Reich, drei Töchter: Was also läge näher, als auch das Erbe auf drei Schultern zu verteilen? Bekanntermaßen scheitert Lears Vorhaben, weil sich Cordelia, seine Jüngste, nicht so benimmt wie erwartet und ihrem Vater den gewünschten Liebesbeweis vor­enthält. Sie wird enterbt. Doch ist das für uns, die wir zeitliche Wesen sind, überhaupt möglich: nicht zu erben, nicht in Sprachen, Geschichten, Traditionen und Weltzustände hineingestellt zu sein? Inwieweit lässt sich ein Erbe ausschlagen, inwiefern wählen? Und um­gekehrt, was ist es, das wir weitergeben? Kann man geben, was man nicht hat? Woraus wird Morgen gemacht sein (Victor Hugo)? Zusammen mit dem Ensemble geht Sebastian Hartmann den Spuren des Erbes, der Gabe und des Künftigen in Shakespeares Königsdrama nach. Und sorgt im Zuge dieser Spurensuche für eine höchst überraschende Begegnung: „Lear“ trifft auf den jüngsten Theatertext von Wolfram Lotz, das leichtfüßige, raffinierte, hoch rhythmisierte Sprechstück „Die Politiker“, einen gedankenschnellen Wortstrom, dessen Kaskaden Kindheitssplitter, Kanister und „kläg­ liche Signale in der Finsternis“ um­spülen und das als Teil der Inszenierung im Deutschen Theater urauf­ geführt wird.

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AUSSER SICH — WORAUS WIRD MORGEN GEMACHT SEIN

Erben aus der Zukunft von Claus Caesar „Letztlich ist alles, was noch da ist, schlichtweg das, was übrig geblieben ist“, schreibt Judith Schalansky lakonisch in ihrem wunder­ baren „Verzeichnis einiger Verluste“. Und dass etwas übrig bleibt, heißt zugleich, dass etwas anderes verloren gegangen ist: ein Kon­ text, eine Besitzerin, eine Fülle, aus der das Relikt nun als Monolith herausragt. So dass dasjenige, was übrig bleibt, ein Erbe, deshalb zunächst quer zur Gegenwart steht. Was soll man jetzt damit anstellen? Wem wird es gehören? Und wie wäre es zu verstehen? Weil sein originärer Zusammenhang Vergangenheit ist, wird ein Erbe zur Herausforderung für diejenigen, die es empfangen und entgegennehmen. Mit ihren jeweiligen juristischen, ökonomischen und sozialen Praktiken des Erbens antwortet eine Gesellschaft auf diese Heraus­ forderung. Die Praktiken organisieren das Verhältnis der Gener­ ationen: vermitteln Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Weil ein empfangenes Erbe angeeignet und aktualisiert werden muss, ist es unausweichlich, dass sich dabei das Erbe selbst verändert, und immer besteht so auch die Möglichkeit, dass es verschwendet, vertan oder vergeben wird. Anhand seines Begriffs eines „intellektuellen Erbes“ hat der Literaturwissenschaftler Gerhard Richter darauf verwiesen, dass diese Aneignung eines Erbes prinzipiell nicht abzuschließen ist. Bei ihm heißt erben, sich das Erbe (d. h. Texte) mittels Auslegung anzueignen. Jede neue Interpretation ist dann gleichbedeutend mit einer Vervielfältigung dessen, was geerbt wurde. Das Erbe ist, so verstanden, nicht auflösbar in einer Gegenwart, sondern bleibt geöffnet in Richtung Zukunft. Vielleicht aber, das lässt sich bei dem Philosophen Armen Avanessian lernen, verbinden sich mit dem Begriff des Erbes 73


AUSSER SICH — WORAUS WIRD MORGEN GEMACHT SEIN

inzwischen auch ganz andere Zeitlichkeiten. Hinweise dafür liefert etwa Stephen Spielbergs Thriller „Minority Report“ aus dem Jahr 2002. Darin wurde bei der Polizei von Washington D.C. eine Abteilung namens „Precrime“ etabliert, mit drei seherisch begabten „Precogs“, die in der Lage sind, den Zeitpunkt zukünftiger Morde und deren Täter vorauszusagen. Die Mörder in spe werden festgenommen, ohne dass es zu einem strafbaren Verhalten kommt. Dass sich, wie in diesem Fall, Ursache und Wirkung auf irritierende Weise verkehren, ist aber nicht auf Hollywood beschränkt. Längst verraten uns Amazons Algorithmen, was wir kaufen werden, bevor wir es tatsächlich tun. Zukünftige Börsenkurse, in Derivaten abgebildet, beeinflussen die Kursbildung in der Gegenwart. Die Medien berichten von präventiver Kriegsführung: zuschlagen, bevor es, möglicherweise, die Gegenpartei tut. Avanessian hat in seiner Beschreibung und Beobachtung dieser Praktiken auf den Begriff der Präemtion zurückgegriffen und dessen besonderes Zeitmoment bestimmt. Von einer präemtiven Struktur spricht er dann, wenn nicht länger die Gegenwart die Zukunft beeinflusst, sondern es sich umgekehrt verhält: Die Zukunft wirkt auf die Gegenwart ein. Die Zeit, sagt Avanessian, wechselt gewissermaßen ihre Richtung. Denn diese Praktiken sagen die Zukunft nicht nur vorher, sondern bringen sie selbst hervor, nehmen sie vorweg. Erst durch die „Precogs“ wird der Mörder, der keiner ist, verhaftet; erst durch Amazons Algorithmen weiß ich von meinen Wünschen. Was sich in diesen Phänomenen zeigt, ist eine besondere, neuartige Weise der Zukunftsverstellung. Während ein Erbe, aus der Vergangenheit kommend, in der Gegenwart eine Perspektive auf eine andere Zukunft eröffnen mag, begegnen wir hier einer Zukunft, die, als Hochrechnung der Gegenwart, bereits geschehen ist. Wir erben gewissermaßen aus der Zukunft, aber das, was wir erben, erweist sich als Verlängerung und Bestätigung des Jetzt. 74


SEPTEMBER


SEPTEMBER

AUSWEITUNG DER KAMPFZONE

Premiere: 8. September 2019, Kammerspiele

nach dem Roman von Michel Houellebecq Regie: Ivan Panteleev Ein namenloser IT-Spezialist, Angestellter eines Pariser Softwareunternehmens, unternimmt eine Dienstreise in die Provinz. Präzise und bestechend rational beschreibt er die Stationen seiner Vereinsamung, „das fortschreitende Verlöschen aller menschlichen Beziehungen“, seinen Ekel, seinen Selbsthass – auch die Geilheit und Verzweiflung, mit der sein sexuell frustrierter Reisebegleiter und Arbeitskollege Tisserand auf die Welt und den weib­ lichen Körper blickt. Am Weihnachtsabend eskaliert die Situation. Nach dem Besuch einer Diskothek folgen die beiden einem jungen Liebespaar in die Dünen… „Der Wirtschaftsliberalismus ist die erweiterte Kampfzone, das heißt, er gilt für alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen. Ebenso bedeutet der sexuelle Liberalismus die Ausweitung der Kampfzone, ihre Ausdehnung auf alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen“, schreibt Houellebecq in seinem Romandebüt. „Ausweitung der Kampfzone“ wurde in Windeseile zum Kultbuch, rückhaltlos gelobt und wütend bekämpft, zunächst in Frankreich, seit 1999 auch in Deutschland. Heute gilt der Roman als Pioniertat. Sein Titel ist zum Sprichwort geworden, die Kampfzonen zum Synonym für die Seelenlandschaften unserer Gesellschaft.

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AUSSER SICH — DYSTOPISCHE LANDSCHAFTEN

Zur Topologie der Kampfzone von Anja Quickert „Im Grunde handelt es sich um ein Drehbuch, das dem von ‚Taxi Driver recht nahe kommt“, antwortete Michel Houellebecq 1995 auf die Frage, ob er sich eine Verfilmung seines Romandebüts „Ausweitung der Kampfzone“ vorstellen könne. „Die Filmkulisse würde sich hauptsächlich aus Glas, Stahl, reflektierenden Oberflächen zusammensetzen“, führte er weiter aus, „Büros von Landschaftsarchitekten, Bildschirme, das Universum einer neuen Stadt, die ein in seiner Art einmaliger, erfolgreich geregelter Verkehr durchquert.“ Tatsächlich ist „Ausweitung der Kampfzone“ der erste lite­ r­arische Amoklauf eines männlichen Protagonisten, den Houellebecq durch ein Panorama symptomatischer Landschaften schickt, um einen neokonservativen Notausgang aus der (post-)modernen Depression zu suchen. Doch während Martin Scorseses soziopathischer Vietnam-Veteran 1976 die Straßen von New York im Taxi durchstreift und sie mit halbautomatischer Handfeuerwaffe vom „Abschaum“ reinigt, geht sich Houellebecqs 30-jähriger Informatiker, Ich-Erzähler und Prototyp des „vernetzten Menschen“ im zeitgenössischen Pariser Planquadrat identischer Straßenzüge selbst verloren. Diesen bemerkenswert unauffälligen Großstadt-Architekturen und ihrer digitalen Infrastruktur hat Houellebecqs literarisches Koordinatensystem die ideologische Unschuld geraubt. Sie stehen nun symptomatisch für eine dystopische Landschaft, deren Bewohner erfolgreich an ihrer Selbstzerstörung arbeiten (und zwar mit einer „Begeisterung“, die dem Autor nach eigenem Bekunden „ziemlich seltsam“ erscheint). 77


AUSSER SICH — DYSTOPISCHE LANDSCHAFTEN

Entsprechend kann man Houellebecqs 1997 veröffentlichten, architekturkritischen Essay „Ansätze für wirre Zeiten“ als kulturphilosophische Fundamentalkritik verstehen – und als poetische Topologie der „Kampfzone“. In einer Marktgesellschaft, in der erotische Attraktivität, Neuheit und das Preis-Leistungsverhältnis den Tauschwert des Menschen bestimmen, folgt Architektur einem schlichten Programm: „Sie errichtet die Regale des sozialen Supermarktes“. Indem sie „den Raum auf seine rein geometrische Dimension“ reduziert, schafft sie maximale Lesbarkeit für Botschaften und gewährleistet die möglichst reibungsverlustlose Mobilität der Bewohner. Dass der Abstieg des melancholischen Anti-Helden in die klinische Depression beim Verlust seiner räumlichen Orientierung beginnt, ist also keineswegs Zufall. Die Unfähigkeit, sich im (sozialen) Raum zu verorten, stellt für Houellebecq ein existenzielles, transzendentales Problem dar. Und weil das haltlose Individuum unter (post-)modernen Bedingungen zunehmend obsessiv mit Fragen des Selbst- und des Tauschwerts beschäftigt ist (sowie der damit verbundenen sozialen In- und Exklusion), stehen die Chancen schlecht, dass es sich auf bodenständige Werte besinnt und wieder verwurzelt. Am Ende des Romans stellt Houellebecq seinem arbeits­losen Informatiker die selbstverständlich trügerische Erlösungsfan­tasie der einsamen Berglandschaft Monts d’Ardèche in Aussicht: die Utopie einer von Effizienz und Ordnung unberührten Natur, in deren Schönheit Houellebecq eine „Art Revanche über den Verstand“ vermutet. Doch auch auf den Spuren buddhistischer Läuterung mag die „sublime Verschmelzung“ von Subjekt und Objekt in ein ungeteiltes Wirklichkeitsganzes nicht gelingen. Das Einzige, was dem (post-)modernen Menschen also bleibt, ist houelle­ becqscher Humor, die ebenso pointierte wie absurde Kollision des Pathetischen mit dem Klinischen: „Das Lebensziel ist verfehlt. Es ist zwei Uhr nachmittags.“ 78


SEPTEMBER

DER HALS DER GIRAFFE

Premiere: 22. September 2019, Box

nach dem Roman von Judith Schalansky Regie: Philipp Arnold Einen Systemwechsel hat sie überstanden, den Mann an die Straußenzucht verloren und die Tochter an ein Leben in den USA. Inge Lohmark, Sport- und Biologielehrerin seit 30 Jahren, weiß, dass man sich an veränderte Umstände anzupassen hat. Und nur die Stärksten überleben. Doch nun will die sterbende Kleinstadt in Vorpommern, in der sie unterrichtet, ihre Schule schließen, ihre Unterrichtsmethoden geraten in die Kritik – und sie, völlig unerwartet, verliebt sich in eine ihrer Schülerinnen. Lohmarks geordne­tes Weltbild, ihr Biologismus, bekommt ernsthafte Risse. Judith Schalansky erzählt von einer Zeit des Übergangs: das Alte gibt es nicht mehr, das Neue bleibt fremd. Sie schreibt über Menschen, die zu retten versuchen, was nicht zu retten ist, und über die Nachwendejahre zwischen Verknöcherung und Aufbruch.

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OKTOBER


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PHILOKTET von Heiner Müller Regie: Amir Reza Koohestani

Premiere: 5. Oktober 2019, Kammerspiele

„Nichts bin ich, seit ich mir entgangen bin Euch zu entgehen, auf meiner eignen Spur.“ Nach zehn Jahren im Exil wird der Feldherr Philoktet von seinen früheren Gefährten aufgesucht, die ihn wegen einer schwärenden Wunde am Bein auf einer verlassenen Insel ausgesetzt hatten. Sie wollen den Verbannten wieder aufnehmen in ihre Mitte, denn er wird im Krieg gebraucht. Philoktet soll für und mit den Griechen einen Sieg über Troja herbeiführen. Heiner Müller greift den antiken Mythos des Philoktet auf und lässt die Re-Integration des Verstoßenen gewaltsam eskalieren. Amir Reza Koohestani, einer der bekanntesten Theater­regisseure und Dramatiker in Iran, inszeniert zum ersten Mal in Berlin. Mit Müllers Stück widmet er sich der Frage nach Zugehörigkeit: Wer definiert das Wir, und entlang welcher Interessen ver­ laufen die Grenzen zum Anderen?

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OKTOBER

DON QUIJOTE

Berlin-Premiere: 12. Oktober 2019, Deutsches Theater

von Jakob Nolte nach Miguel de Cervantes in der Übersetzung von Susanne Lange Regie: Jan Bosse Nach der Lektüre unzähliger Ritterromane ernennt sich ein verarmter Junker selbst zu Don Quijote von La Mancha und überträgt sich die ehrenvolle Aufgabe, seine Mitmenschen gegen das Böse zu verteidigen. Er nennt seinen alten Gaul wohlklingend Rocinante, findet im nur scheinbar naiven Sancho Panza einen treuen Knappen und besteht Heldentaten, um Ruhm zu erlangen und ein einfaches Bauernmädchen alias Dulcinea von Toboso zu beeindrucken. Doch die Schlachten enden meist in brutalen Niederlagen, weshalb Don Quijote von Sancho Panza alsbald einen Beinamen erhält: Der Ritter von der traurigen Gestalt. Miguel de Cervantes sitzt nach einem bewegten Leben im Gefängnis, als er beginnt, den ersten Teil eines Romans zu schreiben, der 1605 den Anbruch der literarischen Moderne bedeutet. Es ist ein Anschreiben gegen die Fesseln der Realität, denn mit Don Quijote erfindet er einen maßlos kreativen Phan­ tasten, der aber erst durch seinen viel pragmatischeren Spiel­gefährten Sancho Panza wirklich Identität erlangt. In kürzester Zeit werden die beiden berühmt, was sie im zehn Jahre später erschienenen zweiten Teil gleich selbst thematisieren. Bis heute hat das wahnwitzige Paar Ikonenstatus und schultert in dieser Erstaufführung der Fassung von Jakob Nolte seine (imaginierten) Abenteuer ganz allein. Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen 82


AUSSER SICH — DIE ZUKUNFT EINATMEN

Ich schon wieder, auf Reisen von Valentin Groebner Wir kennen das von langen Zugfahrten, Partys, Abendesseneinladungen. Immer dann, wenn Leute von der Vergangenheit erzählen, wird es persönlich. Das Ich verschmilzt mit der Historie: „Auf Gomera, wissen Sie, konnte man damals…“. „Anfang der Achtzigerjahre war Kreuzberg für mich…“ Als Dienstleistungsbranche funktioniert das auch. Tourismus, heute die drittgrösste Dienstleistungsindustrie des Planeten, verspricht seit gut 150 Jahren seinen Kunden auf magische Weise stillgestellte, zurückgedrehte und wieder zugänglich gemachte Zeit. Das Ziel ist nicht einfach der Strand, der Berg oder die schöne Stadt. Sondern dass es dort noch so ist wie früher: die Vergangenheit. Reisen ist also geträumtes Zeitmanagement, das Versprechen, das eigene Ich wieder zu erfahren. Und sich gleichzeitig in vergangene Zeitzonen zu begeben, in denen man selbst jünger gewesen ist. Denn das Reiseziel muss sich in der Vergangenheit befinden; wer in die Zukunft aufbricht, wird ja dort buchstäblich von gestern sein. Wer sich dagegen ins Mittelalter, zu den Nazis oder in die 1950er begibt, kann sich dort aufgeklärt, tolerant und modern vorkommen. Und wer im Herbst an die Strände von Portugal oder Kreta fährt, findet dort – so das Versprechen – sein eigenes Ich. Plus viele deutsche, französische und schweizerische Rentner, die sich dort in ihre eigenen wilden Hippie-IchZeiten zurückbegeben, im klimatisierten Campingmobil. Berlin ist vielleicht deswegen deutsche Touristenhauptstadt geworden, weil man hier so bequem gleichzeitig in kollektive und individuelle Vergangenheiten reisen kann. Reichstag und Mauer, Brandt und Bowie, Udo und Blixa, und dazu Ich, immer 83


AUSSER SICH — DIE ZUKUNFT EINATMEN

Ich. Vor der authentischen Dönerbude, in der Schlange vor dem Club und beim Frühstücken auf der Kastanienallee verschmilzt das „Hier war ich vor 15 (oder 20, 30) Jahren dabeiˮ nahtlos mit „Hier wäre ich damals gerne gewesenˮ. Tourismus ist die Als-obIch-Maschine, mit der man in eine Vergangenheit eigener Wahl zurückreisen kann. Sie ist dann nicht mehr zwei oder fünf Jahrzehnte, sondern nur mehr ein Flugticket und ein Wochenend­ arrangement weit weg. Ein Medium ist dann erfolgreich, wenn es seine Benutzer so unzufrieden macht, dass sie mehr davon verlangen. So auch hier: Ich-Reisen sind mit ziemlichem Stress verbunden, wie wir wissen, und mit der Besorgnis, ob man nicht zu spät dran sei. Retroaktive Selbstveränderung verspricht ein Gegenmittel gegen die Angst vor dem eigenen Alt-Sein als Hässlichkeit. Die Scham kennen wir; das Schwindelgefühl beim Blick in den Spiegel: „Bin das ich, jetzt?“ Erst diese Scham erzeugt den Sog der Retrospektion und mit ihm das Angebot der Fremdenverkehrsindustrie, ihren Kunden etwas wiederzugeben, das sie zuvor möglicherweise nie besessen haben. Denise Riley hat in einem lesenswerten Essay über den Wunsch nach der Rückkehr ins eigene wahre Selbst den coolen Kaiser Marc Aurel zitiert: „Alles, das auf irgendeine Art schön ist, bezieht diese Schönheit aus sich selbst und verlangt nach nichts Anderem. Lob spielt dabei keine Rolle; denn nichts wird durch Lob besser oder schlechter.“ Das stimmt, aber – wie meistens bei den Philosophen – nur in der Theorie. In der Praxis kann man sich das Leben und das eigene Gegenüber problemlos hässlicher und mühsamer dadurch machen, dass man sich darüber beklagt. Ich als Tourist mache das häufig. Mir ist es nämlich schnell nicht echt, nicht alt und nicht intensiv genug. Das ist auch die Erklärung für die gewisse Verbissenheit (oder Verzweiflung), mit der Ferien gemacht werden: Es sind geschrumpelte Lebensprojekte, die man nur in miniaturisierter und infantilisierter Form nachspielen kann, aber deswegen so hartnäckig 84


AUSSER SICH — DIE ZUKUNFT EINATMEN

verteidigt. Wenn ich unsicher bin, ob ich in der Gegenwart über etwas noch verfüge, muss ich umso energischer darauf bestehen, dass es mir in der Vergangenheit tatsächlich vollständig zur Verfügung gestanden hat. Und dass ich es anderswo weiterhin besuchen kann, besichtigen, anfassen: in der aufregenden fremden Stadt zum Beispiel, in die mich diese Fluglinie bringt. Damit ich dort endlich wieder ganz Ich sein kann, im Echten von früher. Fragt sich nur, ob das wirklich so eine gute Idee ist. In Tim Burtons Verfilmung von Lewis Carrolls „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln” von 2016 sagt die weiße Königin düster: „Die Legende sagt, es sei möglich, über das Meer der Zeit zu reisen. Du darfst Dir nur nicht selber begegnen.” Alice (bang, aber gefasst): „Und wenn es doch geschieht?” „Dann” – der Ton der Königin wechselt auf unheilverkündend – „erstarrt die Welt für immer, und alles ist nur noch Geschichte.” Disney-Filme behalten meistens recht, wenn auch häufig auf leicht perverse Weise. Die Erstarrung, von der Tim Burtons weiße Königin spricht, kann man in Berlin gut besichtigen: Städte, die zum Touristenziel werden, verwandeln sich in Konserven ihrer selbst. Die pittoresk verschlampten Gründerzeitviertel, die in den 1970er, 80er, 90er Jahren das Versprechen auf das richtige, auf das ästhetische, auf das selbstbestimmte Leben waren, gibt es natürlich immer noch. Nur eben umgebaut zu touristischen Erlebnis- und Konsumzonen für all die Bedürftigen von Anderswo, die dort ihr sehnsüchtiges Ich hintransportieren. Ich glaube, es liegt im Rollkoffer, deswegen macht der immer ein bisschen Lärm. Will man in diesem seelischen Weltkulturerbe und in dieser Wiederholungsschleife der Selbstdarstellung auf Dauer bleiben? Die aufregende Performance des eigenen Ich habe schon länger den penetranten Geruch von unbezahlter Lohnarbeit angenommen, hat der Künstler Hans-Christian Dany unlängst geschrieben. Und Wegfahren beginnt sich allmählich wie eine soziale Pflicht anzufühlen. „Was, da wart Ihr noch nicht?ˮ Weite Bereiche des 85


AUSSER SICH — DIE ZUKUNFT EINATMEN

touristischen Angebots lassen sich als sorgfältig arrangierter IchWettbewerb beschreiben. Ich besuche die echteren Restaurants als du. Die interessanteren Museen, die wilderen Clubs, die steileren Berge, die unberührteren Inseln: Empfindungs- und Entspannungswettkampf, alles im Namen des Genießens; und des Ichs natürlich. „Breathe in the future“, singt Simon Gray alias Bonobo, „breathe out the past“. Wenn wir tatsächlich Vergangenheit ausatmen – Kohlendioxid und etwas Wasserdampf, im wesentlichen – sind wir sie dann auch los? Nein, sie umgibt uns, aber fein verteilt. Aber wenn wir sie und nichts sonst wieder einatmen wollen, dann ersticken wir. Wir einfühlsamen Primaten können alles Mögliche imaginieren. Wir können uns unbefleckte Empfängnis vorstellen, Reichsdeputationshauptschlüsse und Supernovae: aber nicht, dass unsere eigenen Empfindungen und Wünsche in der Zukunft völlig anders sein werden als jetzt. Und ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich als Reisender bin immer ein bisschen hysterisch. Ich habe nämlich Angst; nicht nur vor den verspäteten Flügen, verlorenen Koffern und bösen Männern mit bedrohlichen Bärten, von denen mir die emsigen Nachrichtenkanäle so viel erzählen. Sondern davor, etwas schon verpasst zu haben. Die Vergangenheit ist der Ort, den ich nie mehr erreichen werde. Aber aus dem, merkwürdigerweise, alle meine Ängste kommen. Am allermeisten bei mir bin ich, wenn ich mich fürchte. Aber das, wovor ich mich fürchte, ist die Veränderung. Wenn die Nachrichtenkanäle von mir verlangen, dass ich mich fürchten soll, wenn ich wegfahren soll, weil ich nur auf Reisen ich selber sein kann, wenn ich Angst haben soll, etwas zu verpassen: Was passiert mir dann eigentlich, wenn ich es nicht tue?

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OKTOBER

Eine trinationale Stückentwicklung des Jungen DT

30.NACH.89

TALKING ABOUT YOUR GENERATION

Premiere: 19. Oktober 2019, Box

Regie: Uta Plate Drei Familien sitzen an einem Tisch – eine russische, eine polnische und eine deutsche. Welche Geschichten werden erzählt? Was haben die Eltern erlebt, als sie so alt waren wie die Kinder jetzt? Welche politischen Ereignisse, welche gesellschaftlichen Umbrüche haben ihre Biografien geprägt? Vielleicht würden die Deutschen erzählen vom Mauerfall, die Polen von dem Beginn der „Dritten Polnischen Republik“, die Russen von den ersten freien Wahlen – all das passierte vor genau 30 Jahren. In Familiengeschichten wird Politik und Historie privat und konkret. Zusammen reisen je sechs polnische, russische und deutsche Jugendliche nach Warschau, Moskau und Berlin, um mit der Elterngeneration ins Gespräch zu kommen über die Zeit vor 30 Jahren. Gemeinsam mit der Regisseurin Uta Plate entsteht ein Theaterabend über das, was uns eine Generation danach prägt, trennt und verbindet. Und über das, was uns in den drei Ländern bewegt an­gesichts der heutigen Krisen. Ein Projekt mit dem Evangelischen Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf

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OKTOBER

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG

Premiere: 27. Oktober 2019, Kammerspiele

von Ödön von Horváth Regie: Jürgen Kruse Voller Hoffnung versucht die junge Elisabeth in Zeiten von Arbeitslosigkeit und Rezession ihr Glück zu machen. Um ans nötige Geld für den Gewerbeschein als Ver­ treterin zu kommen, plant sie, ihren Leichnam im Anatomischen Institut schon zu Lebzeiten zu verkaufen. Ein Präparator gibt ihr Kredit, zeigt Elisabeth jedoch später an, als er erfährt, dass die Leihgabe zur Bezahlung einer Vorstrafe draufging: wegen Handels ohne Gewerbeschein. Elisabeth kommt ins Gefängnis, ein Aufenthalt, der ihre Liebesbeziehung zu einem Polizisten scheitern lässt. Wieder allein, ohne Arbeit und Geld, geht sie ins Wasser. – Jürgen Kruse begibt sich mit seinem Ensemble hinein in den „gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft, dieses ewige Schlachten, bei dem es zu keinem Frieden kommen soll – höchstens, dass mal ein Individuum für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes genießt“ (Ödön von Horváth).

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FRANZISKA LINKERHAND

Premiere: 2. November 2019, Deutsches Theater

nach dem Roman von Brigitte Reimann Regie: Daniela Löffner Die kühne, couragierte und kantige Franziska Linkerhand ist eine talentierte und idealistische junge Architektin, als sie sich Anfang der 1960er-Jahre entschließt, ihre vorgezeichneten Lebenspläne über den Haufen zu werfen. Geschieden und unabhängig zieht sie ins provinzielle Neustadt (ein Synonym für Hoyerswerda und die Arbeiter­ siedlung des Kombinats Schwarze Pumpe), wo sie den Menschen Häuser bauen will, die Würde und Freiheit ausstrahlen. Und sie macht den schwierigen und gebundenen Ben, der ihrem Bruder Wilhelm so ähnelt, zu ihrem Geliebten. Doch sie trifft mit ihren visionären Bauvorhaben auf ein starres System und bei ihrer Liebesutopie Ben auf keinen Widerhall: ihre Wunschvorstellungen scheitern an einer desillusionierenden Realität. Trotzdem bleibt Franziska anarchisch und selbstbehauptend – und ihre Träume leben fort. Als Brigitte Reimanns letztes, unvollendetes Werk 1974 postum in der DDR erschien, brach es mit so vielen Tabus, dass seine Heldin dort zur Identifikationsfigur für eine ganze (Frauen-)Generation wurde. Anfangs als Entwicklungsroman eines Mädchens aus bürgerlichem Hause konzipiert, schrieb Reimann zehn Jahre eine kritische Auseinandersetzung mit der sozialistischen Gesellschaft, die sich eng verknüpft mit ihrer eigenen Lebensgeschichte. Vom Ministerium für Kultur als „produktive Provokation“ beäugt, ist die Erzählung zu einem Stück Osthistorie geworden: 30 Jahre nach der Maueröffnung höchste Zeit, diesen großen Entwurf (neu) zu entdecken. 90


NOVEMBER

DER KLEINE KÖNIG DEZEMBER

Premiere: 3. November 2019, Saal

Familienstück von Axel Hacke Regie: Anne Bader Ein mittelalter Melancholiker, von Beruf Insbürogeher, bekommt Besuch vom Kleinen König Dezember II. Klein ist der König, sehr klein, und im Reich des Monarchen gelten besondere Regeln: Je älter man wird, desto weniger weiß man, und je weniger man weiß, desto mehr hat man zu sagen. Gemeinsam erkunden die beiden das Zimmer des Königs voller Traumschachteln, beschreiten alltägliche Wege und schauen in die Sterne. Überall werden zuvor nie entdeckte Dinge sichtbar. Aber ist der kleine König wirklich da? Oder ist er nur ausgedacht? Ist nur wirklich, was man sehen kann? Und wer träumt hier eigentlich wen? Die wundersame Begegnung in der Geschichte von Axel Hacke stellt die Frage nach Phantasie und Wirk­lichkeit, Vorstellungskraft und eigenem Erleben. Für alle ab 6 Jahren

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NOVEMBER

HEKABE – IM HERZEN DER FINSTERNIS

Premiere: 22. November 2019, Deutsches Theater

nach Homer und Euripides Regie: Stephan Kimmig Sie ist die Übermutter der Antike, Inkarnation von Leid, Verlust und Klage: Hekabe, Königin von Troja, Mutter von fünfzig Söhnen und Töchtern, die, angefangen vom Helden Hektor bis hin zur unerhörten Seherin Kassandra, alle Opfer dieses Krieges werden, der am Ende nur einen Sieger kennt – Odysseus, den listenreichen Erfinder des Trojanischen Pferds, dem es gelingt, die zehn Jahre lang belagerte Felsenburg zu vernichten. In seiner „Ilias“ und „Odyssee“ singt Homer dem griechischen Strategen und Feldherrn ein Heldenlied. Hekabe ist seine Gegen­ figur. Nicht nur, dass Odysseus ihre Kinder und Kindes­ kinder weitgehend auf dem Gewissen hat. Die gestürzte Königin von Troja ist unter allen Beutefrauen diejenige, die Odysseus sich als Trophäe erwählt, um sie auf seiner Heimreise bis zur Entmenschung zu demütigen. Dieser Erniedrigung der Hekabe über jede Vernunft und Ratio­n­alität hinaus ist Euripides in seinen Tragödien „Die Troerinnen“ und „Hekabe“ nachgegangen. Als einer der wenigen Dichter seiner Zeit verschiebt er den Fokus auf die Opferfiguren und beschreibt die Deformationen der Täter. In einer Zusammenführung der verschiedenen Perspekt­iven entsteht ein neues und zugleich archai­sches Bild des Krieges der Kulturen, der Geschlechter, der Mütter und Söhne.

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NOVEMBER

WOLKEN.HEIM.

Premiere: 29. November 2019, Kammerspiele

von Elfriede Jelinek Regie: Martin Laberenz „Wir sind hier. Uns gehören wir. Wir sind hier bei uns.“ Das meiststrapazierte Wort in Elfriede Jelineks „Wolken. Heim.ˮ ist „wir“: „Wir aber wir aber wir aber wir…“. Der Text entstand im Jahr 1988, wenige Monate, bevor der Taumel der Wendejahre die Deutschen zum kol-­ lek­tiven Subjekt einer Wir-Erzählung werden ließ. In einem sich drehenden Wirbel aus Sprache entwirft das Stück eine Wir-Beschwörung als manische Suche nach Selbstverortung. Was ist das Deutsche, was die deutsche Nation, wer sind „wir“? Ein Ort zwischen Wolken und Heim, zwischen Luftschloss und Gruft. Land des Idealismus, Land des Faschismus: dazwischen Deutschland, im Nirgendwo, auf der nicht endenden Suche nach einer Identität, die nur im Ausschluss des jeweils Fremden zu sich findet. „Wir sind hier. Dort sind die andern. Aber wir nicht, wir nicht!“ Elfriede Jelineks hochartifizieller Prosatext ist ein Zitatengeflecht: Hölderlin, Hegel, Heidegger, Fichte, Kleist und die Briefe der RAF werden – teils sinnentstellt und sinn­verkehrt – zu Kronzeugen des deutschen Nationa­l­ismus. Die Worte der Dichter und Denker und die Reden der Täter und Mörder fließen in eins, in diesem Sprach­ archiv der deutschen Seele. Das Ensemble um den Regisseur Martin Laberenz, der am Deutschen Theater bereits Elfriede Jelineks „WUTˮ inszeniert hat, begibt sich 30 Jahre nach dem Mauerfall und nach der Entstehung dieses Textes auf die Suche nach den Phantasmen des deutschen „Wir“. 93


AUSSER SICH — FAKE NEWS

Gespenster von Stefan Andriopoulos „Die Tradition aller todten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.“ In „Der Achtzehnte Brumaire“ beschreibt Karl Marx die Macht der Vergangenheit als ein erdrückendes Nachtgespenst, das unser Denken und Handeln zu beherrschen droht. Diese Warnung wird von Elfriede Jelinek in ein poetologisches Programm transformiert. So kompiliert „Wolken.Heim.ˮ Textabschnitte von Hölderlin, Hegel, Heidegger, Fichte und Kleist mit Briefen der RAF. In diese gespenstische Ahnenreihe einer deutschen Literatur- und Politikgeschichte scheint auch Marx zu gehören. Das „Kommunistische Manifestˮ stellt aber der klaustropho­ bischen Eingrenzung einer nationalen Tradition eine kosmopolitische Weltliteratur gegenüber. Die entstehe in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Nebeneffekt einer globalen Zirku­lation von Waren. Nach Marx führt der „allseitige Verkehr“ eines aufkommenden Weltmarktes zu einem Ende von lokaler und nationaler Abgeschlossenheit: „Und wie in der materiellen, so auch in der geistigen Pro­duktion. [...] Die nationale Einseitigkeit und Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich, und aus den vielen nationalen und lokalen Literaturen bildet sich eine Weltliteratur.” Damit setzen Marx und Engels auf die aufklärerische und emanzipatorische Funktion der Medien ihrer Zeit. Sie konzipieren ihr Manifest, das 1848 in sechs Sprachen veröffentlicht wird, als Teil dieser neuen Weltliteratur. Doch auch hier finden sich Gespenster. Denn die „unendlich erleichterten Kommunikationen“ des 19. Jahrhunderts ermöglichen nicht nur das utopische Projekt einer globalen Aufklärung. Vielmehr erlaubt die beschleunigte Zirkulation von kommerziellen und populären Texten gleichermaßen das Herumgehen von Falschmeldungen, Fake News und Gerüchten. Flugschriften und Pamphlete, die sozialen Medien des 19. 94


AUSSER SICH — FAKE NEWS

Jahrhunderts, fungieren als Medium der Aufklärung, aber auch als Mittel von Fehlinformation und Propaganda. Bereits 50 Jahre zuvor verglich Johann Gottfried Herder den Buchdruck mit Fama, der geflügelten römischen Göttin des Gerüchts: „Nun trat die Buchdruckerei hinzu und gab beschriebenen Lumpen Flügel. In alle Welt fliegen sie; mit jedem Jahr, mit jeder Tagesstunde vom ersten erwachenden Morgenstrahl an wachsen dieser literarischen Fama die Schwingen, bis an den Rande der Erde.“ In gleicher Weise kritisierte Kant die gespenstische Zirkulation von „herumgehenden Geistergeschichten“; und er warnte vor Gerüchten, die allein aufgrund ihrer weiten Verbreitung und Wiederholung Glauben finden. Selbst im „Kommunistischen Manifestˮ taucht diese Kritik an minderwertigen Flugschriften und Broschüren neben der Ausrufung einer neuen Weltliteratur auf. So beklagt Marx: „Mit sehr wenigen Ausnahmen gehört alles, was in Deutschland von angeblich sozialistischen und kommunistischen Schriften zirkuliert, in den Bereich dieser schmutzigen und entnervenden Literatur.“ Wir finden damit zwei einander entgegengesetzte Modelle von Zirkulation bei Marx. Auf der einen Seite befördert der allseitige Verkehr der „unendlich erleichterten Kommunikationen“ die Entstehung einer kosmopolitischen Weltliteratur. Doch gleichzeitig beschreibt bereits der erste Satz des „Kommunistischen Manifestsˮ den Umlauf eines negativen Hashtags, das, von den Mächten des alten Europa propagiert, durch die Printmedien des 19. Jahrhunderts geistert: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“. Der Wirkungsmacht dieser „Märchen vom Gespenst des Kommunismus“ wollen Marx und Engels ein Manifest entgegenstellen, das die Lehre der Kommunistischen Partei „offen“ und „vor der ganzen Welt“ darlegen soll. Sie insistieren damit auf der Unterscheidung von wahren und falschen Informationen und setzen auf eine Aufklärung, die auch unseren sozialen Medien nottut. Doch gleichzeitig wissen sie, dass wir uns dem Herumgehen von Gespenstern nicht einfach entziehen können. 95


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DEZEMBER


DEZEMBER

ZU DER ZEIT DER KÖNIGINMUTTER

Deutsche Erstaufführung: 8. Dezember 2019, Box

von Fiston Mwanza Mujila Regie: Charlotte Sprenger Die besten Tage haben sie längst hinter sich, die Gäste der New-Jersey-Bar. An diesem Ort, der irgendwo auf der Welt ist, erzählen sie Geschichten aus der Zeit der Königinmutter. Damals floss das Bier in Strömen, die Nächte waren ewig, und die Frauen, die alles haben konnten, leuchteten vor Schönheit. Vom nie endenden Rausch, der Trunkenheit, dem Erbrochenen und dem Jasminduft der Königinnen berichten die gestrandeten Figuren des Abseits dem Neuen, der die Bar betritt. Auf ihn gewartet haben sie nicht, doch vielleicht werden mit ihm die verblassenden Erinnerungen wieder bunt. Denn, so heißt es im Stück, „Worte besitzen keinen Wert, wenn sie nicht in den Zustand der Existenz gebracht werden.“ „Zu der Zeit der Königinmutter“ ist das erste Theaterstück, das Fiston Mwanza Mujila in deutscher Sprache geschrieben hat. Diese Sprache klingt bei ihm wie Musik. Sinnlich, zügellos und mitreißend erzählt er von einem Ort am Rand von Raum und Zeit.

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DEZEMBER

(LIFE ON EARTH CAN BE SWEET) DONNA

Uraufführung: 15. Dezember 2019, Deutsches Theater

von René Pollesch Regie: René Pollesch Man kann die Menschen eigentlich einteilen in die Wegnehmer und in die Hinzufüger, sage ich mal. Wenn ich jetzt zum Beispiel einen einigermaßen strukturierten Beitrag, dass man die Bewohner dieses Planeten nicht unbedingt einteilen müsste in Menschen und Tiere..., oder überhaupt darüber rede, was Tiere eigentlich alles imstande sind zu tun, fügen natürlich allerhand Leute sofort auch ihre Erfahrungen mit Tieren hinzu. Und wenn man dann sagt, das wird jetzt aber zu viel an Geschwafel, zu viel an Anekdoten, dann sind die, die das sagen, die Wegnehmer. Ja und die andern, die lassen das eben gelten, oder schließen diesen Schwall einfach nicht aus. Das Problem bei Tieren ist, dass jeder schon Erfahrungen mit ihnen gemacht hat, und wenn man anfängt, einigermaßen strukturiert über sie zu reden, über ihre Gewohnheiten, was sie mit uns gemeinsam haben, inwieweit sie uns ähneln, sieht man sich sofort mit Anekdoten konfrontiert. Ja, und wo ist da das Problem? Jaja, das waren jetzt genug Anekdoten, sagen dann die Wegnehmer, und „lasst uns doch mal unter kontrollierten Bedingungen im Labor echte Daten sammeln“.

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DEZEMBER

ODE

Uraufführung: 20. Dezember 2019, Kammerspiele

von Thomas Melle Regie: Lilja Rupprecht Was darf die Kunst, welche Grenzen sind ihr gesetzt, mit welchen Tabus wird sie noch konfrontiert? Was soll und muss die Kunst? Wer spricht für wen? Wer versteht wen? Und was ist das überhaupt, ein Kunstwerk? Wie Flipperkugeln prallen in Thomas Melles Auftragswerk für das Deutsche Theater Berlin die unterschiedlichen Haltungen aufeinander. Verstörend, komisch, funkensprühend. Und inmitten der Akteure Fratzer, Orlando und Präzisa steht die Wehr: im Besitz von Eindeutigkeit und Wahrheit und willens, beides auch durchzusetzen. „Ode“ zeichnet das dystopische Bild einer hochnervösen, erregten Gesellschaft, die ihr Außer-Sich-Sein auf Dauer gestellt hat.

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AUSSER SICH — KUNST UND KOLLAPS

Mit Vögeln reden von Bernd Isele Die italienische Psychologin Graziella Magherini beschreibt in ihrem Buch „La Sindrome di Stendhalˮ den folgenden Fall: Kamil, ein junger Mann aus Prag, reist in den 80er-Jahren nach Italien. Die Busreise in den Westen ist für einen Bürger der Tschechoslowakei damals kein selbstverständlicher Vorgang. Aber Kamil ist ein junger, hoffungsvoller Maler, frischgebackener Absolvent der Kunstakademie. Als Teil einer Delegation erhält er die Möglichkeit, die Wiegen der Kunst zu besuchen. Besonders Florenz hat es ihm angetan. Gleich bei den ersten Museumsbesuchen wird Kamil von Schwächeanfällen heimgesucht: Er hat das Gefühl, seinen Zusammenhang zu verlieren, sich geistig zu verirren, sich körperlich zu verflüssigen. Trotzdem versucht er, sein Tagespensum an Kirchenund Kunstsammlungsbesuchen zu bewältigen. Schließlich steht er in der Chiesa Santa Maria del Carmine vor den Masaccio-Fresken, wo ihn die Angst, sich aufzulösen, endgültig überwältigt. Er beginnt zu fantasieren, spricht in fremden Idiomen, verliert schließlich seine Sprache und jedes Zeitgefühl und muss sich auf das Pflaster legen, um nicht aus sich selbst herauszutreten, wie er später berichtet. Dort, auf dem Boden der Brancacci-Kapelle, wird er gefunden. Er habe sich im Moment des drohenden Selbstverlustes darauf konzentriert, an das Bett in seinem Zimmer in Prag zu denken. Als Kamil in die Klinik eingeliefert wird, spricht er in wirren Phrasen. Erst nach einigen Tagen in Therapie kann er seine Geschichte erzählen. Graziella Magherini, Psychologin am Ospedale di Santa Maria Nuova in Florenz, hat hunderte solcher (meist weniger schwerwiegender) Fallstudien gesammelt. Ihre Klinik ist auf kollabierende Kunstbetrachter spezialisiert, in den Fluren liegen Broschüren aus, die 100


AUSSER SICH — KUNST UND KOLLAPS

auf einen möglichen Zusammenhang von Museumsbesuch und Geistesverwirrung hinweisen. Seit 1989 trägt die von ihr erforschte Störung auch einen Namen: das Stendhal-Syndrom, benannt nach dem französischen Schriftsteller, der die Schockstarre – ebenfalls in Florenz, aber vor Michelangelos „David“ stehend – am eigenen Leib erfuhr. Was das Stendhal-Syndrom genau ausmacht, ist unter Fachleuten umstritten: handelt es sich um durch die Kunst ausgelöste physische Affekte? Oder um das Ergebnis anderweitig erklärbarer Neurosen? Auch die Sprachverwirrung, in die Kamil Aug in Aug mit den Gemälden verfällt, ist im Detail nicht dokumentiert. Hatte er versucht, sich stammelnd und in unverständlichen Sprachen mit den Meistern der Frührenaissance zu unterhalten? Mit den Gestalten auf den Wänden? Mit den Fischern auf dem See Genezareth oder mit den Zöllnern von Kapernaum? Oder mit Masaccio selbst, der sich ins weltberühmte Fresko „Der Zinsgroschen“ mit hineingemalt hatte? „Ich hatte das Gefühl, dass mein Aufeinandertreffen mit den Fresken Masaccios in diesem Moment eine reale Begegnung war“, gab Kamil später an. Er war einem Kunstwerk begegnet. Er hatte versucht, mit diesem Kunstwerk zu sprechen, vielleicht ohne eine Antwort zu erhalten. Und er hatte diesen Kommunikationsversuch mit dem Verlust der Sprache und all seiner Sinne bezahlt. Wenige Wochen später wurde er als geheilt entlassen. Als Claude Lévi-Strauss, der größte Ethnologe des 20. Jahrhunderts und einer der meistgereisten Menschen seiner Zeit, im Alter von beinahe 90 Jahren nach seinen verbleibenden Wünschen gefragt wurde, antwortete er: „Es ist sehr schmerzhaft für mich zu wissen, dass ich mich nie mit einem Vogel werde unterhalten können. Diese Grenze zu überschreiten, wäre für mich das größte Glück. Wenn Sie mir eine Fee bringen würden, die mir einen Wunsch erfüllt, dann würde ich diesen nennen.“

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JANUAR


JANUAR

4.48 PSYCHOSE

Premiere: 17. Januar 2020, Deutsches Theater

von Sarah Kane Regie: Ulrich Rasche „Wem ich nie begegnete, das bin ich“, schreibt Sarah Kane in ihrem fünften und letzten Stück „4.48 Psychose“, das aus dem Jahr 1999 stammt und erst postum zur Uraufführung kam. Es ist nicht nur der komplex-pointierte Abschluss ihres dramatischen Schaffens, sondern vor allem auch ein finaler Blick auf das Leben als Ganzes. Kane entwirft ein gleichermaßen assoziatives wie dissoziatives Poem, eine fragmentarische Abfolge von Worten und Zahlen, Gedanken und Dialogen. Der Text verzichtet auf konkrete Figuren, ist eher ein Geflecht von Stimmen, die dem Tod ins Auge sehen und die Biografie eines/ vieler/des Menschen aufarbeiten. Ein (Un-)Bewusstseinsstrom unter dem Einfluss von Medikamenten im Zwiespalt zwischen Klarheit und Schmerz – der Titel verweist dabei auf just jene Uhrzeit, in der beides am größten ist. Man würde der Autorin und ihrem Text unrecht tun, „4.48 Psychose“ (immer noch) autobiographisch oder als Studie einer Depression zu lesen. 20 Jahre später offenbart sich Kanes Stück vielmehr als archaische Verdichtung der universellen Suche des Individuums nach dem eigenen Kern, im Kampf des Ichs gegen die Welt. In seiner ersten Arbeit für das Deutsche Theater Berlin begibt sich Regisseur Ulrich Rasche mit diesem monumental-feinfühligen Text in die Grenzregionen von Psyche und Physis und geht in ihrem Zusammenspiel dem Wunsch des Menschen nach, sein „echtes Selbst zu berühren“. 103


AUSSER SICH — SCHMERZ

Chaos von Verena Lueken Schmerz hatte vollkommen von ihr Besitz genommen, und die Laute, die aus ihrem Mund strömten, klangen so fremd, als k ­ ämen sie aus einem anderen Körper, einem, der mit ihr gar nichts zu tun hatte, der ihr unbekannt und unheimlich war. Dreimal einen Sommer lang hatte sie so dagelegen, ein vielfach zerstückeltes Etwas, zusammengehalten einzig vom Schmerz, der sie beben ließ, der sie hochnahm und wieder zu Boden schmetterte, der sie sprachlos machte. Dreimal hatte das wieder aufgehört, dreimal war der Schmerz verschwunden. Doch dann war er e ­ ines Nachts wieder da. Sie spürte ihn erst nicht, sondern hörte­ nur wieder diese Laute, und nach einem Augenblick des Er­ schreckens (in dem sie Einbrecher oder bissige Tiere vermutete, die aus dem Nichts neben ihrem Bett Platz genommen hatten) spürte sie schließlich, wie sie ohne ihr Zutun aus ihrem eigenen Mund flossen, zitternd, kehlig, rau. Ungewarnt und unerwartet lag sie noch einmal gänzlich besetzt in den Schmerzen einer ­alten Krankheit, die sich manchmal noch meldete, als wolle sie daran erinnern, dass es keine Heilung gab. Ihr ließen diese Laute die lange zurückliegende Zeit gegenwärtig werden, in denen sie genauso da gelegen hatte, mit einem hundert-Pillen-Röhrchen Percocet und noch einem hundert-Pillen-Röhrchen OxiCodin neben sich. Im Schwarzmarkt hätte sie sich diese Mengen kaum leisten können, aber so, wie es ihr ging, kam Nachschub, bevor es dringend wurde, von den Ärzten. Die Schmerzen waren trotzdem schneidend, bohrend, drückend, hämmernd, zischend, brüllend in ihr geblieben, und der einzige Ort, an dem sie überhaupt auszu­halten waren, war außer ihr gewesen. Chaos ist, wenn ein Mensch vorwärts geht und seine Seele trottet hinterher. Das hat Harlan Ellison einmal gesagt und d ­ amit 104


AUSSER SICH — SCHMERZ

genau beschrieben, was es heißt, außer sich zu sein. Jenseits von allem, was eine Person zur Person macht. Weiter außer sich als in diesem Satz ist kaum vorstellbar. Das Chaos. Kein Raum, der den umschließt, der in ihm ist. Keine Zeit, die einer Chronologie folgte, kein früher oder später, keine Zeit, die kommt, vergeht oder vergangen wäre. Pure Gegenwart. Der Terror. Vorwärts, wohin der Mensch geht, ist nirgendwo. Die Seele trottet hinterher. Wo ist das Ich? Wo der Verstand? Wer oder was ist hier verloren? Und warum? Schmerz macht das. Angst macht das. Trauer manchmal auch. Dass sich Körper, Seele und Bewusstsein voneinander ­trennen und hintereinander hertappen wie ein Zug streunender Katzen. Die Frage ist: Kommt ein Ich zurück, und ist das, was da zurückkommt, die Sache wert? Sich an Schmerzen zu erinnern, ist fast unmöglich. An Trauer auch. Man muss zurückgehen in diese Zustände des Außersichseins, sie erneut durchleben, um über sie sinnvoll sprechen zu können. Keine Erinnerung führt da hin. Vielleicht ist das so, weil sie keine Zustände im eigentlichen Sinn sind. Sie haben keine Abgrenzungen gegen andere Zustände, und keinen Horizont, sondern sie verleiben sich alles ein, was sonst noch war und ­vielleicht ist. Wenn eine Person dorthin verschwindet, dann ­blicken die anderen, die in ihrem gemeinsamen Raum und ihrer gemeinsamen Zeit geblieben sind, ratlos und sagen: Sie hat sich verloren. Es gibt keinen Ort, an dem sie zu finden wäre. Bis es irgendwann aufhört. Sich Tag und Nacht wieder ­unterscheiden. Die Seele aufholt, und der Körper erschöpft auf sie wartet. Jetzt ist es der Schmerz, der nicht mehr auffindbar ist, während der Mensch wieder eins wird, fragil zwar, aber zu einem Stück. Wenn es gutgeht. Das Ich aber, das zurückkommt, wird sich vom Außersichsein nicht mehr völlig erholen. Es wird sich nicht an den Schmerz erinnern. Aber an das Chaos, in dem die Seele herumtrottete, während der Mensch immer noch ­vorwärtsging. 105


JANUAR

SOPHIE ROIS FÄHRT GEGEN DIE WAND IM DEUTSCHEN THEATER nach dem Roman „Die Wandˮ von Marlen Haushofer

Premiere: 31. Januar 2020, Deutsches Theater

„Ich kann mir erlauben, die Wahrheit zu schreiben; alle, denen zuliebe ich mein Leben lang gelogen habe, sind tot.“ Die Katastrophe kommt, weil wir sie träumen. Und wir träumen sie, weil wir sie fürchten und uns nach ihr sehnen. Wenn die Katastrophe eintritt, hören die peinigenden Phantasien auf. „Dass man weder empfinden noch denken darf, sondern handeln muss, ist die beste Therapie, wenn der Mensch an den Produkten des eigenen Vorstellungsvermögens irre wird.“ (Wolfgang Pohrt)

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FEBRUAR


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Eine Inszenierung des Jungen DT

DAS GEWÄCHSHAUS von Jordan Tannahill Regie: Salome Dastmalchi

Premiere: 9. Februar 2020, Box

„Wo gehen eure Kinder nachts hin? Glaubt ihr, sie bleiben in ihren Betten? Die ganze Nacht lang?ˮ Außerhalb der Stadt steht ein verlassenes Gewächshaus – das Concord Floral. Hier treffen sich die Jugendlichen, geschützt vor den Blicken und Regeln ihrer Eltern. Das Gewächshaus beheimatet all ihre Geheimnisse: nächtliche Partys, ein altes Sofa, auf dem so manche Unschuld ver­loren wurde, dunkle Ecken, die nur die Glut eines Joints erhellt. Hier gelten eigene Gesetze. Doch als zwei Mädchen eine Leiche entdecken, ändert sich alles. Die Dunkelheit des Concord Floral beginnt sich über die ganze Stadt zu legen und die Jugendlichen begreifen, dass sie sich ihrer Schuld stellen müssen: „Du kannst spüren, wie der Schatten näherkommt. Und deine Freunde. Die spüren es auch. Er wird dunkler. Schwebt über dem Viertel. Wie eine Seuche. Die Last ihres Gewissens. Sie wissen Bescheid. Alle, die da waren.“ Der kanadische Autor Jordan Tannahill hat gemeinsam mit Jugendlichen einen packenden Mystery-Thriller über Ausgrenzung und Verdrängung geschrieben, inspiriert von Boccaccios „Decamerone“.

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FEBRUAR

Eine Inszenierung des Jungen DT

DIE RÄUBER

Eine Überschreibung nach Friedrich Schiller Regie: Joanna Praml

Premiere: 11. Februar 2020, Kammerspiele

„Pfui! Pfui über das schlappe Kastratenjahrhundert, zu nichts nütze, als die Taten der Vorzeit wiederzukäuen...ˮ Zwei ungleiche Geschwister. Das ältere Kind, attraktiv und vom Vater bevorzugt, genießt die Freiheiten und Ausschweifungen des Studentenlebens. Das andere Kind sitzt zu Hause, hässlich, ungeliebt und unbefriedigt. Es will das, was das andere hat und intrigiert gegen den Erstgeborenen. Die List gelingt und der Vater verstößt sein Lieblingskind. Wütend und verzweifelt kehrt dieser dem Establishment mit all seinen Konven­ tionen den Rücken und gründet eine Bande. Doch die Anarchisten radikalisieren sich, begehen Verbrechen. Ihr Anführer will aussteigen, aber eine Rückkehr in die Gesellschaft ist nicht mehr möglich... Joanna Praml erkundet das Erstlingswerk von Friedrich Schiller aus der Perspektive der jugendlichen Spieler_innen: Was tut man für Elternliebe und was für Freiheit und Selbstentfaltung? Welche Katastrophen kann Geschwisterrivalität auslösen? Was bedeutet es, in einer Parallel­gesellschaft zu leben? Was führt zur Radikali­sierung, und wann kippt Opposition in Terror?

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MÄRZ


MÄRZ

JEDERMANN (STIRBT)

Premiere: 1. März 2020, Kammerspiele

von Ferdinand Schmalz Regie: Data Tavadze Ein blühender Garten, Zeichen des bürgerlichen Reichtums, ein Ort für ausschweifende Partys und zugleich eine hermetisch umzäunte Festung, die keine Fremden und keine Armut hereinlassen soll. Auch der Tod war nicht zum Gartenfest geladen. Gekommen ist er trotzdem. „Ists wirklich schon so spät?“ Der vielfach preisgekrönte österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz hat Hugo von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ für das 21. Jahrhundert über- und neugeschrieben. Sein Jedermann ist kein „prächtiger Schwelger“ mehr, wie ihn der Teufel bei Hofmannsthal nennt. Er ist ein knallharter Geschäftsmann neoliberalen Zuschnitts. Dass außerhalb seines Gartenzauns das Chaos tobt und das Kriegsrecht ausgerufen ist, schert ihn wenig. Zumindest im Moment. Auch er wird den Weg allen Fleisches gehen, allerdings mit wenig Hoffnung auf das Himmelreich: „erlöst oder nicht ist wirklich unerheblich“. Data Tavadze, Leiter des Royal District Theaters in Tiflis und einer der herausragenden jungen Regisseure Georgiens, wird das Spiel rund um Geld, Macht und Tod in Szene setzen. Er arbeitet zum ersten Mal am Deutschen Theater.

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MÄRZ

DECAMERONE

Premiere: 8. März 2020, Deutsches Theater

nach Giovanni Boccaccio Regie: Kirill Serebrennikov Es gilt als die Bibel des Erzählens schlechthin und eines der großen Geschichtenarsenale der Weltliteratur: Giovanni Boccaccios „Decameroneˮ, abgefasst und zusammengetragen in den Jahren zwischen 1349 und 1353. Seine Rahmenhandlung setzt ein Jahr zuvor ein: mit der Pest in Florenz, vor der zehn junge Frauen und Männer auf einen Landsitz in den Hügeln vor der Stadt fliehen. Dort erzählen sie sich zehn Tage lang jeweils zehn Geschichten (Decamerone heißt übersetzt: „Zehn-TageWerk“). Es sind allesamt Überlebenserzählungen zu den unterschiedlichsten Themenkreisen, darunter beispielsweise die Kernfabel der Ring-Parabel aus Lessings „Nathan der Weise“ oder die berühmte Geschichte vom Falken, den ein unglücklich liebender Adeliger seiner Angebeteten opfert. Aus den insgesamt 100 Novellen wählt der russische Starregisseur Kirill Serebrennikov zehn Geschichten für zehn junge Spieler_innen aus und kon­ trastiert sie mit den Lebenserzählungen von zehn älteren Schauspieler_innen. Damit verschiebt er den Fokus von der antiklerikalen, subversiv erotischen Stoßrichtung hin zu einer Lebens- und Zeitbetrachtung zwischen Anfang und Ende. Kirill Serebrennikov, Theater- und Filmregisseur sowie Leiter des Moskauer Gogol Centers, mit dem das Deutsche Theater einen intensiven Austausch pflegt, ist in Deutschland bisher vor allem als Opernregisseur in Erscheinung getreten. „Decameroneˮ wird seine erste Schauspielinszenierung hierzulande sein. 112


MÄRZ

FRÄULEIN JULIE

Premiere: 21. März 2020, Kammerspiele

von August Strindberg Regie: Timofey Kuljabin Liebe und Macht, Selbstbehauptung und Unterwerfung, sozialer Status, Rollenerwartungen und deren Überschreitung: Mit kühler Präzision seziert August Strindberg in „Fräulein Julie“ (1889) die Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit der Geschlechterverhältnisse. Dass sich die Geschichte um die Titelheldin und ihre fatale Affäre mit dem Angestellten Jean bis zu einem gewissen Grad als protofeministischer Text lesen lässt, erstaunt bei einem Autor, der ansonsten aus seiner Verachtung der Frauen im „Kampf der Geschlechter“ keinen Hehl machte. Timofey Kuljabin, einer der derzeit aufregendsten Regisseure Russlands, der sich im Januar 2019 mit seinen Nowosibirsker „Drei Schwestern“ dem Berliner Publikum vorstellte, wird Strindbergs meistgespieltes Stück auf seine Gegenwartstauglichkeit hin abklopfen.

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AUSSER SICH — DISTANZ UND NÄHE

Abhandenkommen von Christoph Asendorf In der Epoche der Romantik werden technische Instrumente und Apparaturen diskutiert, die den Weltbezug so verändern, dass es vom Ergebnis her den künstlerischen Phantasien nahekommt, die – wie schon die „Carceri“ Piranesis – um räumliche Disso­ ziationen kreisen. Der menschliche Wahrnehmungsapparat ist also umfassend herausgefordert. Goethe diskutiert das Zer­reißen des durch die Sinne gegebenen Bezugssystems am Beispiel von Mikroskopen und Fernrohren; Heinrich Heine beschreibt, wie sich durch das beschleunigte Reisen in der Eisenbahn die ­gewohnten Begriffe von Raum und Zeit grundlegend ändern. In dieser Geschichte der Übergänge nimmt Jean Pauls Text über „Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch“ eine ganz besondere ­Position ein, weil hier minutiös der gleitende Übergang von der vertrauten Welt in eine fremde beschrieben ist. Mit dem Heißluftballon wird der Blickpunkt beweglich, der Betrachter löst sich von der Bindung an die Schwerkraft und sein Blick von der Ausrichtung auf die Horizontale. Giannozzo imaginiert schon den Anblick seines Ballons von der Erde aus als ­etwas, was das planetarische Gefüge verändert. In kühn zu­ gespitzter Formulierung schreibt er: „Ich oder der neue Trabant um die Erde mochte ihnen drunten etwan die scheinbare Größe des alten haben.“ Umstandslos wird ein ganzes religiöses und politisches Raumregime revolutioniert: Der Aufstieg selbst ­erscheint wie eine Inversion des pfingstlichen Brausens vom ­Himmel her – „Vorgestern, ... wo der Heilige Geist aus dem ­Himmel niederkam, verfügt‘ ich mich aus Leipzig in denselben und stieg“, wobei die Polizei darauf achtete, dass „ich nicht unmittelbar vor den langen Kirchenfenstern in die Höhe segelte und sie drinnen turbierte.“ 114


AUSSER SICH — DISTANZ UND NÄHE

Und so geht es weiter, die weltliche Grenzsicherung, das Stadttor, werden leicht überflogen. Niemand muß mehr ein Tor aufschließen, wenn man es unter sich liegen lassen kann. Im weiteren Flug verlieren auch die gewohnten Koordinaten der Weltorientier­ ung ihre Bedeutung. Während der Luftschiffer sich von den Winden hin und her treiben läßt, zeigt der Blick von oben eine Welt, in der sich Stadt und Land „so wild und eng durch e ­ inander herwarfen, dass ein vernünftiger Mann oben denken mußte, das seien nur umhergerollte Baumaterialien, die man erst zu einem schönen Park auseinanderziehe.“ Ein Fernrohr hebt Einzelheiten heraus, ermöglicht also eine virtuelle Wiederannäherung an die durch den Aufstieg verlassene Erde. Ansonsten bietet der Blick von oben weitreichende Überschau und z­ ugleich Einsicht in die Simultaneität von Geschehnissen an auf der Erde getrennten Orten. Das oft Befreiende und Öffnende der aerialen Perspektiven aber kippt auf der letzten Fahrt langsam in Alienation. „Ins hohe Blau“ hinaufgehoben, sieht Giannozzo die schimmernden Schweizer Berge vor sich, während hinter ihm Gewitterwolken aufwachsen. Nahe vor der „göttlichen Glanzwelt“ erfaßt ihn das Unwetter, und während er immer weiter protokolliert, steigt seine Gefährdung. Wo er sich bis dahin noch in einem Bezug zur Erde gesehen hatte, wenn auch aus schwebend-distanzierter Perspektive, da zerreißt diese labile, jederzeit veränderliche Bindung, und er sieht sich plötzlich wie im Leeren ausgesetzt. Ein Sennenhirt ist noch sichtbar, aber die Töne seines Alphorns reichen nicht mehr zum Ballon hinauf; die Sinne sind dissoziiert. „Wie lebt ihr still“, heißt es über die Menschen unten, „im Sturm des Seins“, w ­ ährend er selbst feststellt: „Ich bin geschieden von der Welt“. Jean Pauls Erzählung läuft also auf diese (und durch den schließlichen A ­ bsturz dramatisch markierte) Grenze zu, an der die durch das Instrument des Ballons mögliche erweiterte Weltsicht plötzlich u ­ mschlägt und das eben noch Vertraute unerreichbar wird. 115


MÄRZ

LETZTEN SOMMER IN TSCHULIMSK von Alexander Wampilow Regie: Jette Steckel

Premiere: 27. März 2020, Deutsches Theater

„Ich finde alles wieder: den Abend, die Straße, den Wald, das Gras, die Vögel, die Düfte – es kommt mir vor, als hätte ich sie seit meiner Kindheit nicht mehr gespürt.ˮ August, die Luft steht still, es ist heiß. Irgendwo in der sibirischen Taiga steht eine heruntergekommene Teestube, ein Treffpunkt für die Bewohner der kleinen verlotterten Kreisstadt Tschulimsk. Es sind suchende, enttäuschte Gespenster des eigenen Lebens, eines Lebens, das sie glauben zu verpassen in der Weite und Langsamkeit der Landschaft. Sie trampeln jeden Tag durch den Vor­garten der Teestube, der zugleich die Welt ist, weil sie zu faul sind, den Umweg über die Pforte zu nehmen. Den demolierten Zaun repariert die junge Valentina immer wieder, „so lange, bis sie gelernt haben, den Weg zu nehmenˮ. In dem letzten Stück vor seinem frühen Tod 1972 erzählt Alexander Wampilow von einem Tag, letzten Sommer in Tschulimsk, an dem so viele Hof­fn ­ ungen in der Luft lagen. Liebende hätten sich gefunden und ein Verbrechen hätte verhindert werden können, wenn nicht alles schiefgegangen wäre und so alltägliche Gespräche in eine stille und vielleicht doch nicht folgenlose Tragödie münden. Hell, klar und etwas seltsam schauen uns diese Menschen aus dem Stück an, wir kennen sie, sie sind dennoch weit weg. 116


APRIL


APRIL

Eine Inszenierung des Jungen DT

LIEBE JELENA SERGEJEWNA

Premiere: 3. April 2020, Box

von Ljudmilla Rasumowskaja Regie: Jan Friedrich Drei Schüler und eine Schülerin besuchen ihre Lehrerin, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Hinter der netten Geste steckt Kalkül: Die Vier wollen den Schlüssel zum Schulsafe erpressen, um die Ergebnisse ihrer Mathearbeit zu fälschen. Viel steht für sie auf dem Spiel. Die Geburtstagsfeier wird bald zum Machtkampf, in dem Jelena Sergejewna ihre Ideale zu verteidigen versucht gegen die zunehmende Skrupellosigkeit und Brutalität der Zehntklässler. Bald geht es nicht mehr nur um Noten und Zukunftschancen, sondern um moralische Integrität und schließlich um die nackte Existenz. Das thrillerartige Kammerspiel fiel in den 80er-Jahren kurz nach seiner Uraufführung der Zensur zum Opfer, lässt es sich doch als Parabel auf eine UdSSR zwischen Diktatur und zügellosem Egoismus lesen. Später feierte es große Erfolge inner- und außerhalb Russlands, wurde verfilmt und als Hörspiel aufgenommen. Der Regisseur Jan Friedrich ins­zeniert das klaustrophobische Drama mit vier Jugend­ lichen und einer Schauspielerin aus dem DT-Ensemble.

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APRIL

NUMBER FOUR (Arbeitstitel)

Uraufführung: 24. April 2020, Deutsches Theater

von René Pollesch Regie: René Pollesch Weißt du, warum ich denke, dass ich ein Leben habe? Weil es mir so vorkommt, als würde es nebenan stattfinden. Mir kommt es so vor, als wäre ich in etwas hineingeraten, was nebenan stattfindet. Das ist gar nicht meines, und deshalb bin ich so glücklich. Das, was nebenan gesprochen wird, das kann ich akzeptieren. Und das ist ja Theater. Die Leute gehen deshalb ins Theater, weil sie wissen, es passiert nebenan. Das Wichtigste passiert immer nebenan. Dabei müssen die nicht mal neben einem Theater wohnen. Das, was sie Bock hätten zu sagen, das, was wirklich mit ihnen zu tun hat, passiert mit einem ganz anderen Text und ist eben nicht auf direktem Weg zu haben. Direkt, was soll das auch sein? Nein, die wollen ihre Geschichten nicht hören, die wollen sie auch nicht erzählen. Die wissen auch, die sind eher der Text, der nichts mit einem zu tun hat. Wenn du von etwas reden willst, verschwindet es, es ist ganz einfach. Das ist das Grundprinzip der Repräsentation. Irgendeine Geschichte tritt langsam an die Stelle von dir, und vielleicht will ich nicht, dass die Erinnerung an die Stelle von dir tritt. Und ich will dich auch nicht zum Sprechen bringen, da verschwindet ja auch nur wieder alles. Menschen eine Stimme geben, heißt, sie auslöschen.

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APRIL

DAS HERZ DER KRAKE von Nis-Momme Stockmann Regie: Nora Schlocker

Uraufführung: 28. April 2020, Kammerspiele

„Ich weiß, dass es verlockend ist, in mir entweder ein Opfer oder einen Täter zu sehen. Selbst für mich ist das verlockend. Aber ich bin weder noch. Ich bin eine ganz normale Frau. Im Deutschland unserer Zeit.ˮ Drei Frauen mit bemerkenswert unterschiedlichen Biografien begegnen einander unfreiwillig in einem Altenheim: Margarethe Griebelbach, 1919 geborene Matycek aus Ratibor, Oberschlesien, eine eigensinnige Persönlichkeit mit unauslöschbarer Grandezza. Anneliese Schmidtke, Neonazi auf Bewährung aus Niederschöneweide. Und die unbedingt sympathische Pflegerin Zoe Ibori, die alles sein will, nur kein Opfer. Dass dieser Begegnung von Person of Color, neuer Rechten und einer letzten Zeugin des Holocausts dramatisches Potential innewohnt, ist offensichtlich. Überraschend und zutiefst beunruhigend aber ist, wie es dem Text gelingt, uns auf vertraute falsche Fährten zu locken und dabei Gewissheiten und Moralkonventionen radikal zu erschüttern. Nichts ist so naheliegend wie es scheint. Erklärungsmuster laufen ins Leere, und dann mutet Nis-Momme Stockmann uns in seinem Auftragswerk für das Deutsche Theater Berlin noch zwei alter­native Enden zu: das eine verdächtig versöhnlich und das andere schockierend katastrophal.

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AUSSER SICH — ZUSCHREIBUNGEN

Ich war nicht schwarz Selbstgespräch eines gewöhnlichen Nachtarbeiters. Für E., Träumer, Utopist und Zeitungsausträger von Fiston Mwanza Mujila Äh, ich bin… Ich bin schwarz, äh, ich bin schwarz, ich war nicht schwarz, ich bin nicht schwarz, weil nicht ich es bin, der sagt, dass ich schwarz bin. Die Leute sagen, dass ich schwarz bin. Ich habe nicht gewusst, dass ich schwarz bin, bevor ich in die westliche Welt gekommen bin. Wo ich herkomme, hat mir nie jemand gesagt, dass ich schwarz bin. Wenn man über mich redet, sagt man nicht, dieser Typ ist schwarz, dieser Typ hat schwarze Haut, das ist ein Neger, ein waschechter Afrikaner. Meine Mutter sagt nicht, dass sie ein schwarzes Kind hat. Mein Vater sagt nicht, dass er ein schwarzes Kind hat. Meine Eltern sagen nicht, dass sie ein schwarzes Kind mit einem schwarzen Körper haben, sie sagen noch nicht einmal, dass sie ein afrikanisches oder ein afropolitanisches Kind haben. Je öfter ich höre, dass ich schwarz bin, desto mehr glaube ich, dass ich schwarz bin, dass ich einen schwarzen Körper habe, und das stört mich wirklich, verdirbt mir den Appetit, gestern erst habe ich keinen Bissen herunterbekommen, weil mich die Erkenntnis schwarz zu sein wahnsinnig macht. Ich bin nicht schwarz. Doch, anscheinend bin ich schwarz. Das sagen sie im Fernsehen und in den Büchern. Bin ich schwarz? Wirklich schwarz? Richtig schwarz schwarz? Habt ihr Beweise, dass ich schwarz bin? Schwarz zu sein ist eine Fiktion. Es ist eine der größten Verarschungen, die die Menschheit gesehen hat, wie die Kolonialisierung, die Versklavung und der Nationalsozialismus. Man sperrt die Leute in leere Begriffe, bevor man sie zusammenschlägt und lebendig auffrisst. 121


AUSSER SICH — ZUSCHREIBUNGEN

Wo war ich stehengeblieben? Ich bin mit falschen Papieren Zeitungsausträger geworden und übe meine Profession zwischen 24 und 5 Uhr morgens aus, alle Tage die Woche. Ich will nicht klagen oder in Selbstmitleid versinken. Sehe ich aus wie ein Geschäftemacher? Meine „Morphologie“ verweist auf viele Orte und ruft alte Gewohnheiten wach. Man nennt mich Afrikaner, politischer Exilant, Schwarzer, Afroeuropäer, Neger, Afroamerikaner, Migrant, Flüchtling, Asylant, Wirtschaftsflüchtling, einen Typ ohne Aufenthalt… Seit ich den alten Kontinent betreten habe, wurde mir jedes dieser Etiketten mindestens einmal verpasst, meist ohne ersichtlichen Grund. Sie umgeben mich mit der üblichen Finsternis, graben mir das Wasser ab. Sie katalogisieren mich, inhaftieren mich, sperren mich in eine Schublade, in eine Zelle, in einen Raum, in eine Zeit, ätzend und öde, und verweisen zu allem Überfluss auf eine Geschichte der Gewalt. Für so etwas habe ich keine Träne übrig, und das sage ich zum ersten und letzten Mal. In meiner Haut weiß ich und spüre ich, dass ich das zweite Kind meiner Mutter bin. Ich bin Teil einer Ahnenfolge, einer Genealogie, eines Volkes, eines Kontinents, und ich bin auch Teil von Europa, weil ich hier lebe. Mir ist egal, was Frau oder Herr ­Soundso von mir denken. Wichtig ist, was ich selbst denke. Es sei denn, meine Mutter verstößt mich. Wird sie mich verstoßen? Wenn meine Mutter mich verstößt, ist das das Ende der Welt, meine Gehenna. Solange ich in ihren Augen etwas wert bin, glaube ich daran, auf dieser Welt meinen Platz zu haben, auch wenn es denen nicht passt, die mich für den Pithekanthropus und ein afrikanisches Billigfabrikat halten. Und wenn irgend­ welche Leute mit Schuldkomplex oder Helfersyndrom unbedingt von mir hören wollen, dass ich nichts zu beißen habe, dass ich barfuß laufen muss, dass meine Heizung spinnt, dass ich in ­beengten Verhältnissen lebe oder dass die Kinder in meinem Land am Verhungern sind, nur Scheiße und Spucke essen, dass die Eingeborenen drüben in Afrika sich gegenseitig niedermetzeln 122


AUSSER SICH — ZUSCHREIBUNGEN

und in den Rücken fallen und auffressen, kurz, wenn manche Gemüter von mir solche vorgefertigten Geschichten erwarten, ziehe ich es vor zu schweigen. Denn selbst wenn ich betteln muss, ist mein Leben nicht öffentlich ausgeschrieben. Es gibt Dinge, die nur ich weiß, Freude und Schmerz, die nur in meinem Inneren zu hören sind. Ich will niemandem in die Suppe spucken. Es ist nicht meine Art, jemandem in die Suppe zu spucken, weil man in die Suppe nicht spuckt. Ich habe nichts gegen Wohlwollen, solange es ehrlich ist. Mehr als einmal habe ich sehr nette Leute getroffen, für die ich nicht mehr interessant war, wenn ich gelogen habe, wenn ich erzählt habe, dass ich keinen Mist esse, dass ich eine kleine Wohnung habe, dass ich klar komme. Sie haben erwartet, dass ich ihnen mein Herz ausschütte, dass ich von meinen finanziellen Nöten erzähle, dass ich behaupte, dass mein Land in Flammen steht, dass die Kinder Typhus haben, dass es nichts zu essen gibt und die Leute alles mit der Machete regeln. Das haben sie erwartet. Und das habe ich nicht zu bieten. Ja, ich lebe mit den Papieren eines Freundes; ja, ich habe keinen festen Wohnsitz, ja, ich lebe von der Hand in den Mund, aber was sagen diese widrigen Umstände über meine Menschlichkeit? Kann ich nur verstanden, ­akzeptiert und geliebt werden, wenn ich in der Peripherie bin? Aus dem Französischen von Lena Müller

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MAI 124


MAI

MICHAEL KOHLHAAS

Premiere: 29. Mai 2020, Deutsches Theater

von Heinrich von Kleist Regie: Andreas Kriegenburg

„Dieser außerordentliche Mann würde, bis in sein dreißigstes Jahr für das Muster eines guten Staatsbürgers haben gelten können. Das Rechtgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder.“ 125


AUSSER SICH ­— UM JEDEN PREIS

Alle gegen Einen, Einer gegen Alle von Charlotte Kurbjuhn Ein jeder Engel ist schrecklich (Rainer Maria Rilke). Erzengel Michael beispielsweise. Fährt hernieder mit göttlichem Zorn, hält im Anflug inne, stößt triumphierend seine Lanze in den Satansleib, der sich unter seinen Füßen am Boden windet. So hat Raffael 1518 den Höllensturz Luzifers gemalt, so hat Kleist ihn 1801 auf Raffaels Gemälde im Pariser Louvre gesehen. Diesen „Erzengel“, der „heranwettert, einen Teufel niederzuschmettern“, zählt er zu seinen „Lieblingsstücken“. Erzengel Michael: Namenspatron von Michael Kohlhaas, Rosshändler an den Ufern der Havel, „einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit“. Das historische Vorbild für den Protagonisten von Kleists Erzählung hieß mit Vornamen Hans, Kleist tauft ihn um, tauft ihn auf den Namen des heranwetternden Engels. Kleists Michael ist ein Berserker des Rechtsgefühls – doch nicht des Rechts. Aber Grund zum Heranwettern hat er: Ihm widerfährt – durch Willkür und fürstliche Vetternwirtschaft – schweres Unrecht. Als seine Klage abgewiesen wird, pflanzt er sein Schwert wie ein Kreuz auf das Grab seiner Frau und widmet sich gänzlich dem „Geschäft der Rache“. Kohlhaas, der wütende Staatsbürger, v ­ erzweifelt an der korrupten Gerichtsbarkeit und pocht auf sein W ­ iderstandsrecht: Der „Schutz der Gesetze“ sei ihm versagt, er sei aus der Gemeinschaft ausgestoßen und müsse zur Selbs­tjustiz Zuflucht nehmen, wie sie bei den „Wilden der Einöde“ herrsche – zur „wild justice“, wie Francis Bacon die archaische Rechtsform der Rache nannte. Und Rache ist fortan Kohlhaasʼ einziges Ziel, maßlos wie sein Rechtsgefühl ist auch sein Vergeltungsbedürfnis. 126


AUSSER SICH ­— UM JEDEN PREIS

Maßlos: Kleists Kohlhaas zieht vernichtend durchs Land. Dreimal setzt er Wittenberg in Brand. Seine Anhängerschaft wächst schnell, denn er ist ein geschickter Medienstratege u ­ nd beherrscht auch sonst die Regeln der Selbstinszenierung. Öffentlichkeitswirksam verteilt er posts, Flugblätter und Plakate, ernennt sich darin zum „Statthalter Michaels, des Erzengels“ und fordert das Volk auf, sich ihm zu Umsturz und besserer Neu­ordnung der Dinge unter seiner „provisorischen Weltregierung“ anzuschließen. Kohlhaas, der Revolutionär: ein „Reichs- und Weltfreie[r], Gott allein unterworfen“. Allenfalls eines Menschen Autorität erkennt Kohlhaas noch an: Martin Luthers. Der ist dem Medienvirtuosen Kohlhaas auf Augenhöhe begegnet, mit einem Plakat, auf dem er ihm den Spiegel vorgehalten hat. Kohlhaas sei „ein Rebell“, „kein Krieger des gerechten Gottes“, auf ihn warte die Verdammnis. Der Theologe wird zum Mediator, der Fall zieht weite Kreise, bis zum Kaiser nach Wien. Die Sachlage ist komplex: Befand sich Kohlhaas nach damaligem Recht in ­einer legitimen Fehde, die als subsidiäres Rechtsmittel angewandt werden durfte, oder beging er Landfriedensbruch? Kann es ein Widerstandsrecht geben? Kann Gewalt jenseits des staatlichen Gewaltmonopols legitim sein? „Der Extremfall der Macht ­ist g ­ egeben in der Konstellation: Alle gegen Einen, der Extremfall der Gewalt in der Konstellation: Einer gegen Alle. Und das letztere ist ohne […] Gewaltmittel niemals möglich.“ (Hannah ­Arendt). In Kohlhaasʼ Fall treffen beide Konstella­tionen fatal aufeinander. Und doch widerfährt ihm zuletzt Gerechtigkeit, in jederlei ­Hinsicht. Er wird für seine Taten zum Tode verurteilt, doch nimmt er dies gern in Kauf, da ihm auf dem Richtplatz vor aller Augen das, was wiedergutzumachen war, rechtmäßig zurückerstattet wird. Auch die Rache triumphiert. Vor den Augen seines entsetzten fürstlichen Peinigers schluckt Kohlhaas einen Zettel herunter, den dieser um jeden Preis an sich bringen wollte: eine Prophezeiung über das Ende seines Geschlechts, die Kohlhaas auf 127


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­rätselhafte Weise erhalten hatte. Er hätte damit sein Leben ­ rkaufen können, doch nur in diesem Akt der Autonomie übt er e Macht aus statt Gewalt: „Du kannst mich auf das Schafott ­bringen, ich aber kann dir weh tun, und ich wills!“ Kohlhaas inkorporiert das Papier nach seinem letzten Abendmahl wie in einer pervertierten Eucharistie der Rache. Rache hat in der Literatur immer dann Konjunktur, wenn soziale Ungleichheit zunimmt, wenn radikaler Wandel von Weltordnungen – politischen, religiösen, wissenschaftlichen – fundamentale Ängste weckt, ob der Einzelne noch zu seinem Recht kommen werde, ob das ‚System‘ seine Interessen wahrnehmen und schützen könne. Auf diese Ängste zielt die Rhetorik der ­Rache, zu jeder Zeit, auch heute, und beschwört imaginäre ­Solidargemeinschaften, die den Einzelnen wieder in sein Recht setzen sollen. Der Gegenwart stehen dafür massenwirksamere Medien zur Verfügung als Kohlhaas. Aber betätigt der sich nicht am Ende als Vernichter und Vertilger jener Worte, die weitere Eskalationen der Gewalt hätten provozieren können? Also doch keine Eucharistie der Rache, sondern ein Akt der Verweigerung gegenüber einer weiteren medialen Steuerung der Gewaltdynamik? Vielleicht auch das. Kleists Statthalter des E ­ rzengels Michael nimmt den Wortlaut der Prophezeiung mit ins Grab. Sein letzter Bissen: Keine Frucht, aber ein ganz eigenes Blatt vom Baum der Erkenntnis. Ob er damit wieder in den ­Zustand der Unschuld zurückfällt, bleibt mehr als fraglich. M ­ ichael Kohlhaas: Racheengel und Gefallener zugleich.

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RAGE EGAL RAGE EGAL „Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.“ Aristoteles Zwei entgegengesetzte emotionale Aggregatzustände scheinen unsere Zeit zu bestimmen: Aggression und Apathie, Rage und Resignation. Im Angriffs- und Verteidigungsmodus zeigen wir der Welt den Mittelfinger. Passiv-aggressiv. Treffend bringt der Begriff der „keilenden Dünnhäuter“ (Thea Dorn) die hitzige Angriffslust einerseits, mit der gnadenlos ausgeteilt wird, und die empfindliche Dauerkränkung andererseits, mit der alles als Angriff aufs Ego interpretiert wird, zusammen. „Wut, Angst, aggressive Gefühle!“, so Yoda, sind die „dunkle Seite der Macht“ und damit verführerisch-zwiespältige Emotionen, voll Energie und fatal verblendend. „Blind vor Wut“ heißt es, aber auch der Zorn sei der Stachel zu großen Taten. Hulk bekommt übermenschliche Kräfte, wenn ihm Unrecht widerfährt. Aber Hulk wird auch zum grotesken grünen Monster. Die Frage ist also, wohin mit der Wut, dem Ohnmachtsgefühl, angesichts all dessen, was schiefläuft und nur mit übermenschlicher Energie veränderbar erscheint? Was tun, wenn Gleichmut zur Gleichgültigkeit pervertiert? Was, wenn wir kein Ritalin mehr wollen und keine Gummibälle zum Kneten? Wenn wir sagen „No Future“ war vorgestern und stattdessen für „Fridays for Future“ auf die Straße gehen? Wir sind in Rage, weil uns die Zukunft eben nicht egal ist.

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JUNGE AKTEURE Seit 2019 werden die Jungen Akteure durch den Jugendbeirat repräsentiert. Dieses Gremium aus sieben jungen Menschen steht im Austausch mit den Mitarbeiter_innen des Theaters und berät das Junge DT in der Spielzeitgestaltung. Der Jugendbeirat bringt dabei seine Themen ein, engagiert sich politisch und versammelt Gleichaltrige und Gleichgesinnte bei Vorstellungsbesuchen, Workshops und Aktionen. Jeder und jede Spieler_in des Jungen DT kann sich aufstellen lassen, engagieren und Theater mitgestalten.

DIE INSZENIERUNGEN – Our House is on Fire In dieser Spielzeit geht es um die Wut auf Zustände, die eine Zumutung sind. Es geht um Freiheitssehnsüchte, um radikale Veränderungen. Auch um das Vakuum und die Anarchie, die auf die Zerstörung des Systems folgen. Bürgerproteste führten 1989 zu einer friedlichen Revolution. Wie es zu diesem historischen Umbruch kam und mit welchen konkreten Konsequenzen, danach fragen Jugendliche in Warschau, Moskau und Berlin 30.NACH.89 ihre Elterngeneration. Im Sturm und Drang-Drama DIE RÄUBER spielt die Rage die Hauptrolle: der Zorn des ungeliebten Bruders auf den geliebten, der Zorn des Vaters, der den ungehorsamen Sohn verstößt und die Wut des Verstoßenen, der zum Gesetzlosen wird. Vom postmortalen Zorn einer Untoten wird eine Gruppe Jugendlicher heimgesucht, die sich rächt für das, was man ihr angetan hat, an einem sehr amoralischen Ort, dem GEWÄCHSHAUS. Eine Heimsuchung im Stil von „Funny Games“ kommt auch auf die LIEBE JELENA SERGEJEWNA zu, und zwar in Gestalt von vier Schüler_innen, die der Ohnmacht des Schulsystems entkommen wollen, wenn nötig mit Gewalt. Gar nicht gewalttätig oder zornig ist DER KLEINE KÖNIG DEZEMBER, der 131


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eines Tages durch die Ritzen des Bücherregals einem Melancholiker einen Besuch abstattet. Er durchbricht mit kindlicher Anarchie dessen Alles-Egal-Haltung und stellt sein Leben auf den Kopf. In allen Inszenierungen aber ist es die Rage der Jugend, die die Verhältnisse verändert – mit gerechtem, zerstörerischem, heil­ samem Zorn.

DIE PROJEKTE – Camp und Club Theatercamp

Zwei Feriencamps bieten jungen Menschen die Möglichkeit, im Zeitraffer das Theater für sich zu entdecken. Gemeinsam mit Gleichaltrigen und professionellen Künstler_innen können sie ihre Ideen und Themen auf die Bühne bringen. Selbst Regie führen! In den Herbstferien findet erstmalig das PERFORMANCE CAMP im Deutschen Theater statt. Vier Tage lang können junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren eigene Arbeiten entwickeln. Am Ende des Camps gibt es die Möglichkeit, sich für den UNART-Jugendwettbewerb für multimediale Performances zu qualifizieren. In Zusammenarbeit mit der BHF Bank Stiftung und Theatern in Hamburg, Frankfurt am Main und Dresden werden sieben Gruppen ihre eigenen Theatervisionen auf die große Bühne bringen. Empört euch! Das FRÜHLINGSCAMP 2020 wird wütend. Aber was bringt uns zur Weißglut? Ist Wut wichtig oder nur zerstörerisch? Woher kommt die Energie, die in einem Tobsuchtsanfall steckt? Oder sollten wir nicht ganz ruhig „wie Erwachsene“ darüber sprechen? Nichts da! Wir rasten endlich aus. In den Osterferien gehen wir mit 90 Jugendlichen einem elementaren Gefühl nach. In sechs Camps brodelt es und unser Zorn wird mit Tanz, Theater, Performance und Musik zum Ausdruck gebracht.

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Junges DT Club

In den Clubs geht es weit zurück an den Anfang. In antiken Mythen und Sagen ist er legendär: der archaische Zorn der Gött_ innen und Held_innen. Im Club ZIRKUS OLYMP (12 +) kommen die Götter jedoch endlich runter, sie steigen vom Himmel auf die Erde, wo sie mit allen Mitteln gegen das Vergessenwerden kämpfen (Leitung: Bjørn de Wildt). Und im Club METAMORPHOS_IN (16 +) ist es egal, wer du bist, wenn dich die göttliche Kraft der Verwandlung trifft: (Leitung: Lasse Scheiba, Zoe Lohmann). Mit Ovids „Metamorphosen“ und der Travestiekunst verwandeln sich die Spieler_innen in Tiere, Sternbilder und Frauen mit wütenden Höllenhunden statt eines Unterleibs. Die Jugendclubs bieten die Möglichkeit sich eine Spielzeit lang wöchentlich mit anderen Spielwütigen zu treffen, Theater zu machen und eine eigene Inszenierung zu entwickeln. Offen für alle zwischen 12 und 22 Jahren. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Am Ende stehen drei Aufführungen in der Box des Deutschen Theaters. In Kooperation mit LesArt und unter der Leitung der Theaterpädagoginnen Sofe Hüsler und Kristina Stang wird während den Sommerferien schon zum sechsten Mal eine Szenische Lesung erarbeitet und am 4. September in der Box aufgeführt. Grundlage ist wieder ein Buch von der aktuellen Nominierungsliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis: In diesem Jahr der Roman „Kompass ohne Norden“ von Neal Shusterman, der meisterhaft mit den unterschiedlichsten Realitätsebenen spielt. Seit 2018 ist die Theatergruppe Teil der Jugendjury und entscheidet selbst, was sie auf die Bühne bringen will. Immer auf dem Laufenden über Projekte und Premieren, Angebote und Anmeldeinfos für und mit Jugendlichen hält der Newsletter Junge Akteure. Zu abonnieren unter jungesdt.de

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THEATER UND SCHULE – Einladung zur Komplizenschaft Allen jungen Menschen die Verführung zu Kunst und Kultur unabhängig vom Elternhaus zu ermöglichen, ist unser erklärtes Ziel und mit Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention ein verbrieftes Recht. Gelingen kann uns als Kulturinstitution dies nur in Komplizenschaft mit der Institution, in der sich die gesamte junge Stadtgesellschaft tummelt: der Schule. Daher bieten wir auch in der Spielzeit 2019/20 zahlreiche Formate an, die Lehrende und Schüler_innen aller Schulformen herzlich ins DT einladen – auch über den Inszenierungsbesuch hinaus. Neu in Sachen Komplizenschaft ist in der nächsten Spielzeit der Lehrer_innen-Beirat. Wir gründen diesen Club, um den Austausch zu vertiefen und gemeinsame Sache zu machen. Wir schaffen Anlässe, an denen wir Fragen stellen und zuhören, aber auch Impulse geben und sonst verschlossene (Proben-)Räume öffnen. Für unser neues Klassenzimmerstück RAGE spricht der ­Theaterautor und Regisseur Wilke Weermann mit Jugendlichen, die auf die Straße gehen und für ihre Zukunft kämpfen. Was macht so wütend, dass man seine Schulnoten aufs Spiel setzt? Wie fühlt es sich an, wenn einem niemand zuhört, nur weil man nicht volljährig ist? Was bedeutet Demokratie für jemanden, der nicht wählen darf? Und was, wenn „Fridays for Future“ erst der Anfang ist? Aus Recherchematerial und Interviews mit Berliner Schüler_innen entwickeln wir ein Klassenzimmerstück über das politische Lebensgefühl junger Menschen in Deutschland und besuchen diese in ihrer Schule. Die Inszenierung entsteht im Kontext von Young Europe 3 der European Theatre Convention (ETC) und in Zusammenarbeit mit neun Theatern in Europa. Das Junge DT kooperiert in der ­Recherche intensiv mit je einem Theater in Ungarn und den Niederlanden: Weöres Sándor Színház (Szombathely) und De Toneelmakerij (Amsterdam). 134


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Rund um den Theaterbesuch Wir laden ein zu einem „Kulturwandertag“: Er beginnt mit einer Führung durch das Theater, umfasst einen inszenierungsbe­glei­­t­ enden Workshop oder eine praktische Einführung in Theater­ berufe und schließt auf Wunsch mit einem Planspiel ­„Dramaturgie“ ab. Außerdem bieten wir eine Weiterbildung zum Lehrplanthema „Gendermainstreaming“ an. Ausgehend von unserer Inszenierung UGLY DUCKLING beleuchten wir für Lehrende die Thematik ­„sexuelle Identität“ mit ihren biologischen wie sozialen Facetten. Spielerisch werden mit Schulklassen die Sinne für den ­Theaterbesuch in kostenfreien vorbereitenden Workshops geschärft. Hier findet ein Austausch über ästhetische Ansätze, ­Regiehandschriften und gesellschaftliche Themen statt. In Nachgesprächen wird das Gesehene reflektiert und Verbindungen zur eigenen Lebenswelt entdeckt. Um noch einfacher über unsere Inszenierungen für das junge Publikum zu informieren, gibt es ab der Spielzeit 2019/20 eine Filterfunktion im Online-Spielplan und ein Portfolio-Heft als Download mit Informationen zu den Themen der Inszenierung, Altersempfehlungen und zusätzlichen theaterpädagogischen Angeboten. Auch auf institutioneller Ebene tun wir uns zusammen: ­Unsere TUSCH-Partnerschaft mit dem Oberstufenzentrum für Bekleidung und Mode geht nun schon ins dritte Jahr. Wir intensivieren unsere Zusammenarbeit mit den Willkommensklassen und geben im künstlerischen Kernprojekt einer Designklasse die Möglichkeit, ihre Kenntnisse in das Kostümbild einfließen zu ­lassen. Wir freuen uns zudem, die Neugründung einer Schule mit Theaterprofil im Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf mit unserer Expertise zu begleiten und zu beraten. Weitere Projekte, aktuelle Angebote und Anmeldung zum Newsletter speziell für Lehrende unter jungesdt.de und im Spielzeitheft des Jungen DT. 135



Autorentheatertage 2020 Das enge Zusammenspiel zwischen Autor_innen und Theatern ist genuiner Bestandteil zeitgenössischer Theaterarbeit. Gleichzeitig ist dieses Verhältnis einem steten Wandel unterworfen. Theater finden sich inmitten gesellschaftspolitischer Diskussionen wieder und reagieren in ihren Spielplänen, in ihrer Stoffwahl und ihren Formsprachen nicht nur auf Texte, sondern auf öffentliche Diskurse insgesamt. Auch Regisseur_innen stehen in diesem Spannungsfeld und definieren sich immer weniger als bloße Diener_innen eines Theatertextes. Darüber hinaus verändern sich die Parameter von Autor_innenschaft selbst. Schreibende Regisseur_innen und inszenierende Dramatiker_innen, Ensembles und Gruppen entwickeln – oft aus dem Zentrum der Theater heraus – zeitgenössische Theaterliteratur. So ist das für die Autorentheatertage namensgebende Begriffspaar aus „Autor_in“ und „Theater“ beständig in Bewegung. Das Festival bietet diesen Bewegungen alljährlich eine Plattform und gestaltet sie aktiv mit: mit dem Stückewettbewerb und dem Uraufführungsmarathon in der Langen Nacht der Autor_innen, mit bis zu zehn Gastspielen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und mit dem internationalen Eröffnungswochenende Radar Ost. In Autor_innensalons, in Leseparcours, Einführungen, Nach- oder Tischgesprächen kommen die Autor_innen zu Wort und mit dem Publikum und den beteiligten Theatermacher_innen ins Gespräch. Fast zwei Wochen lang herrscht Ausnahmezustand in allen Spielstätten des Hauses.

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Wettbewerb und Uraufführungen Die beste und nachhaltigste Förderung von Theaterautor_innen besteht darin, ihre Texte auf- und uraufzuführen. Aus diesem Grund sucht das Deutsche Theater auch für die Autorentheatertage 2020 nach neuen, noch nicht uraufgeführten Stücken deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. Aus allen eingesandten Texten wählt eine unabhängige Fachjury drei Gewinnertexte aus, die das Deutsche Theater – gemeinsam mit seinen Festivalpartnern – in der Langen Nacht der Autor_innen zur Uraufführung bringt. Einsenden kann jeder: alt, jung, Schweiz, Österreich, Verlagsoder Privatautor_in. Die prämierten Autor_innen erhalten eine Uraufführungspauschale von jeweils 10.000 Euro. Die Ausschreibung erfolgt im Juni 2019, Einsendeschluss ist der 14. September.

Zeitgenössische Dramatik Die Autorentheatertage führen in etwa zehn Gastspielen die wichtigsten Tendenzen des zeitgenössischen Autor_innentheaters zu einem Festival zusammen. Gezeigt werden Stücke deutschsprachiger Autor_innen und Gruppen, die zwischen März 2019 und Februar 2020 in der Schweiz, in Österreich oder in Deutschland zur Uraufführung kommen. Alle Produktionen sind erstmals in Berlin zu sehen. Dass die Gastspiele meist im Beisein der Autor_ innen stattfinden, macht das Festival zu einer Ideenbörse für ein lebendiges Theater der Gegenwart.

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Radar Ost Auch in der Spielzeit 2019/20 haben die Autorentheatertage einen internationalen Auftakt. Zum dritten Mal in Folge präsentieren wir bemerkenswerte, zeitgenössische Stücke und Regiehandschriften aus Osteuropa und Russland. Viele Gastspieltheater der vergangenen Jahre sind inzwischen zu Partnern geworden. Einige Gastspielregisseure inszenieren in der laufenden Spielzeit hier am Haus. Es sind Kolleginnen und Kollegen, die einen eigenen und anderen Blick mitbringen auf das Feld der zeitgenössischen Dramatik, auf Stoffe, Themen und auf uns. Radar Ost und die Autorentheatertage beginnen Anfang Juni 2020. Das Festival endet am 20. Juni 2020 mit der Langen Nacht der Autor_innen.

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Internationale Vernetzung European Theatre Convention

Die European Theatre Convention (ETC) wurde 1988 als gemeinnützige und transnationale Theatervereinigung gegründet. Als größtes europäisches Theaternetzwerk fördert die ETC das europäische Theater als unverzichtbaren sozialen Schauplatz für Dialog, Demokratie und Interaktion. Ein Ort, der die kulturelle Vielfalt in sich verändernden Gesellschaften widerspiegelt und zum Thema macht. Mehr als 40 Theater aus über 20 Ländern gehören zur ETC, seit 2009 ist das Deutsche Theater Mitglied und seit 2011 hat die ETC auch ihr Büro im DT. Die ETC initiiert internationale Theaterprojekte, bietet künstlerischen Austausch, berufliche Weiterbildung und eine Plattform zur internationalen Vernetzung. Mit dem vierjährigen Theaterprogramm „ENGAGE – Empowering today’s audiences through challenging theatreˮ, an dem auch das DT mitwirkt, wurde die ETC von der EU als wichtiger Partner im Theaterbereich ausgewählt. Derzeit beteiligt sich das DT an folgenden Programmen und Projekten: Im Rahmen von YOUNG EUROPE III entwickelt das Junge DT in Kooperation mit Weöres Sándor Színház in Szombathely, Ungarn und De Toneelmakerij in Amsterdam, Holland, ein recherchebasiertes Jugendtheaterstück zum Thema „Rage“. Weitere sechs ETC-Theater sind an dem Projekt beteiligt. Das ARTIST RESIDENCY PROGRAMME vergibt Arbeitsstipendien für angehende europä­ ische Regisseur_innen. Einmonatige Arbeitsaufenthalte von Theaterschaffenden an einem anderen ETC-Mitgliedstheater werden vom STAFF EXCHANGE PROGRAMME gefördert. Mit dem EUROPA-ABO haben alle Inhaber_innen einer DT Card freien Eintritt in alle ETC-Theater und erhalten ermäßigte Karten bei den deutschen Mitgliedstheatern.

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mitos21 Mitos ist das altgriechische Wort für Faden und bezieht sich vor allem auf den mythischen Faden der Ariadne, der Theseus half, den Weg aus dem Labyrinth zu finden. Das internationale Theaternetzwerk mitos21 wurde 2008 ins Leben gerufen mit dem Ziel, über Länder- und Sprachgrenzen hinweg Gelegenheiten für professionellen Austausch und Weiterbildung, Nachwuchsförderung und künstlerische Zusammenarbeit zu schaffen und außergewöhnliche multinationale Projekte zu entwickeln. 14 führende europäische Theater und zwei Schauspiel­ akademien sind mit mitos21 verbunden: AKADEMIE FÜR DARSTELLENDE KUNST BADEN-WÜRTTEMBERG, Ludwigsburg; BERLINER ENSEMBLE, Berlin; DEUTSCHES THEATER, Berlin; DRAMATEN – KUNGLIGA DRAMATISKA TEATERN, Stockholm; DÜSSELDORFER SCHAUSPIELHAUS, Düsseldorf; KATONA JÓZSEF SZÍNHÁZ, Budapest; DET KONGELIGE TEATER, Kopenhagen; NATIONAL THEATRE, London; ODÉON-THÉÂTRE DE L’EUROPE, Paris; ØSTERBRO TEATER, Kopenhagen; SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, Zürich; TONEELHUIS, Antwerpen; THEATRE OF NATIONS, Moskau; TEATRO STABILE DI TORINO – TEATRO NAZIONALE, Torino; TONEELGROEP AMSTERDAM, Amsterdam; UNIVERSITÄT MOZARTEUM, Salzburg mitos21.com

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DT-Reihen und Salons Das Deutsche Theater Berlin als Ort gemeinsamen Nachdenkens: Die Vortrags- und Gesprächsreihe „Außer Sich“ diskutiert Aspekte des Spielzeitthemas: Welche Ängste, welche Hoffnungen sind mit dem „Außer-Sich-Sein“ verknüpft? Und was meint die Rede davon in gegenwärtigen politischen und philosophischen Diskursen? Nicht nur in dieser Hinsicht hilfreich ist es, bei Heiner Müller nachzuschlagen: Von seinen Texten, seinen Thesen, seiner Rezeption handelt der „Müllersalonˮ, den die Internationale Heiner-Müller-Gesellschaft in Kooperation mit dem Deutschen Theater in regelmäßigen Abständen veranstaltet. Im „Popsalonˮ sehen Tobi Müller und Jens Balzer zusammen mit ihren Gästen Musikvideos und sprechen darüber: erhellend, gedankenschnell, unterhaltsam. „Gregor Gysi trifft Zeitgenossenˮ an Sonntagvormittagen zum Gespräch, und im „Fußballsalonˮ debattiert Christoph Biermann (11Freunde) mit seinen Gästen über Gegenwart und Zukunft der schönsten Nebensache der Welt.

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Von Mainz bis an die Memel Videoschnipselvorträge von Kuttner Diese Show läuft seit 1996 in immer derselben Besetzung. Ein Mann, ein Mikrophon, eine Leinwand – mehr nicht. Und doch ist sie jedes Mal neu. Kein Abend gleicht dem anderen, jeder steht für sich allein. Doch was verbirgt sich hinter der bescheiden „Video­schnipselvortrag“ betitelten Bühnendarbietung? An dieser Stelle könnte man die FAZ zitieren, die launisch bemerkt: „Kuttner beweist mit jedem Auftritt, dass man berlinernd zehnmal schneller denken und sprechen kann als nicht berlinernd“. Es ginge natürlich auch die Berliner Zeitung, die von Abenden berichtet, „an denen mit großer Verlässlichkeit verwirrende und erhellende Assoziationsketten ausgelöst werden“. Oder den Tagesspiegel, der Jürgen Kuttner einen der „letzten Radikalaufklärer der Gegenwart“ nennt. Man kann es aber auch lassen und ganz nüchtern anmerken, dass der promovierte Kulturwissenschaftler Jürgen Kuttner in seinen Videoschnipselvorträgen unter Zuhilfenahme einiger gut abgehangener Fernsehausschnitte brandaktuelle gesellschaftliche Zustandsbeschreibungen abliefert. Was jetzt wieder­um etwas betulich klingt und unterschlägt, dass diese Abende bei den meisten Zuschauer_innen nicht nur die politisch-moralischen Grundfesten, sondern auch das Zwerchfell schwerstens erschüttern. Mit: Jürgen Kuttner und André Meier, Deutsches Theater

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DIE AUTOR_INNEN Stefan Andriopoulos ist Professor für Literaturwissenschaften an der Columbia Universität New York und Autor von „Gespenster. Kant, der Schauerroman und optische Medien“ (Konstanz UP 2018). Christoph Asendorf, geb. 1955, ist seit 1996 Professor für Kunst und Kunsttheorie an der Kulturwissenschaft­lichen Fakultät der Europa-Univer­ sität Viadrina in Frankfurt (Oder). Forschungen zur Kunst in der modernen Zivilisation, insbesondere zum Verhältnis von Kunst, Wissenschaft und Technik. Zuletzt Arbeiten zu den Auswirkungen veränderter Raumer­fahrungen in der frühen Neuzeit und zum Kulturtransfer Europa-Asien. Claus Caesar ist Chefdramaturg am Deutschen Theater Berlin.

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Valentin Groebner, geboren 1962 in Wien, lehrt Geschichte an der Universität Luzern. Zuletzt erschien von ihm: „Retroland. Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen“, S. Fischer 2018.

und „Anderswo“ geht es auch um Erfahrungen des Außersichseins.

Fiston Mwanza Mujila, geb. 1981 in Lubumbashi/Dem. Rep. Kongo, lebt in Graz, wo er bereits 2009/2010 Stadtschreiber war. Er schreibt Lyrik, Prosa und Theaterstücke. Bernd Isele ist Dramaturg am Deutschen Theater Berlin. „Tram 83“ (Zsolnay, 2016) ist sein erster Roman, für den er zahlreiche Preise Charlotte Kurbjuhn ist erhielt, u.a. den Internation­ Literaturwissenschaftlerin alen Literaturpreis – Haus und lehrt seit 2012 Neuere der Kulturen der Welt 2017. deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Anja Quickert schreibt als Berlin. Derzeit arbeitet sie freie Autorin für Theater an einer Habilitationsschrift heute, ist Geschäftsführerin zur Literatur der Rache. der Internationalen Heiner Verena Lueken ist Journalistin Müller Gesellschaft und arbeitet als Dramaturgin für freie und Schriftstellerin und lebt Theaterprojekte. Seit 2018 ist in Frankfurt und Berlin. Sie sie Teil der DFG-Forschungsschreibt vor allem über Film, gruppe „Krisengefüge der Literatur und Amerika, wo Künste“ und wissenschaftliche sie viele Jahre als Kulturkor­ respondentin der Frankfurter Mitarbeiterin an der Universität Trier. Allgemeinen Zeitung lebte. In ihren Romanen „Alles zählt“ 145


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MITARBEITER_INNEN


Künstlerische Leitung Intendant: Ulrich Khuon; Chefdramaturg und stellv. Intendant: Claus Caesar; Künstlerischer Betriebsdirektor: Michael de Vivie; Leiterin Junges DT: Birgit Lengers; Atelierleiterin: Janja Valjarević; Leiterin Kommunikation: Lena Domeyer Intendanz Intendant: Ulrich Khuon; Persönliche Referentin, Sponsoring: Anna Gerhards; Persönliche Mitarbeiterin und DT Freunde: Anouk Wallerath Geschäftsführende Direktion Geschäftsführender Direktor und stellv. Intendant: Klaus Steppat; Persönliche Referentin des Geschäftsführenden Direktors: Selma Ilhan; Assistent: Karl Sand Dramaturgie und Junges DT Chefdramaturg: Claus Caesar; Dramaturg_innen: John von Düffel, David Heiligers, Bernd Isele, Juliane Koepp; Dramaturgieassistentinnen: Sima Djabar Zadegan, Franziska Trinkaus; Autorentheatertage: Bernd Isele, Franziska Trinkaus; DT International: Birgit Lengers; Gäste: Anna Heesen, Meike Schmitz, Anika Steinhoff, Eva-Maria Voigtländer; Leitung Junges DT: Birgit Lengers; Mitarbeiter Junges DT: Lasse Scheiba, Peter Kolb; Theater und Schule: Maura Meyer; Koordination TUSCH: Sofie Hüsler; FSJ Kultur: Lucia Kann-Sperling Künstlerisches Betriebsbüro Künstlerischer Betriebsdirektor: Michael de Vivie; Mitarbeiter­in, Gastspiele und Sonderveranstaltungen: Christine Drawer; Mitarbeiterin, Leiterin der Statisterie: Maria Dinkel; Mitarbeiterin: Simone Pasemann Technische Direktion Technischer Direktor: Olaf Grambow; Stellv. Technischer Direktor: Marco Fanke; Assistentin: Susann Rakowski 147


Kommunikation Leiterin Kommunikation, Pressesprecherin: Lena Domeyer; Presse und Onlineredaktion: Vanessa Desmarattes; Marketing: Caroline Elsen; Social Media: Luisa Männel; Mitarbeiterin: Angela Modest; Grafik: Julia Kuon, Sabine Meyer; Fotograf: Arno Declair; Trailer: Alexander Dluzak Besucherservice Vertriebsleiter: Jörg Freckmann; Mitarbeiter: Philip Mario Jakobs; Abenddienstleitung: Thomas Koch, Miriam Lüdtke; Mitarbeiter, Kassenleitung: Olaf Grolmes; Mitarbeiter_innen: Jana Gleichauf, Charlott R. Rühmling, Barbara Schmidt, Luciano Siliprandi, Trung Tran Duc, Sarah Wierzbinski Archiv und Bibliothek Karl Sand Regie Frank Abt, Philipp Arnold, Anne Bader, Brit Bartkowiak, Anna Bergmann, Anna Berndt, Jan Bosse, Dietrich Brüggemann, Salome Dastmalchi, András Dömötör, Jakob Fedler, Adrian Figueroa, Jan Friedrich, Jürgen Gosch, Dimiter Gotscheff, Sebastian Hartmann, Karin Henkel, Stephan Kimmig, Wojtek Klemm, Tilmann Köhler, Amir Reza Koohestani, Bastian Kraft, Andreas Kriegenburg, Jürgen Kruse, Tom Kühnel, Timofey Kuljabin, Jürgen Kuttner, Martin Laberenz, Robert Lehniger, Anne Lenk, Daniela Löffner, Thom Luz, Ivan Panteleev, Dušan David Pařízek, Armin Petras, Uta Plate, René Pollesch, Joanna Praml, Stefan Pucher, Rosa von Praunheim, Ulrich Rasche, Alexander Riemenschneider, Hanna Rudolph, Christopher Rüping, Lilja Rupprecht, Kristo Šagor, Rafael Sanchez, Nora Schlocker, Clemens Maria Schönborn, Christian Schwochow, Kirill Serebrennikov, Charlotte Sprenger, Jette Steckel, Data Tavadze, Andres Veiel, Wilke Weermann Bühne und Kostüm Atelierleiterin: Janja Valjarević; Olaf Altmann, Geraldine 148


Arnold, Michaela Barth, Ben Baur, Peter Baur, Victoria Behr, Ulrich Belaschk, Adriana Braga Peretzki, Tabea Braun, Annika Budde, Sigi Colpe, Julia Dietrich, Barbara Drosihn, Anne Ehrlich, Nikolaus Frinke, Michael Graessner, Juliane Grebin, Sebastian Hartmann, Katja Haß, Volker Hintermeier, Pauline Hüners, Henrike Huppertsberg, Julia Kaschlinski, Wojtek Klemm, Katharina Kownatzki, Halina Kratochwil, Mareile Krettek, Andreas Kriegenburg, Aino Laberenz, Stéphane Laimé, Mark Lammert, Johanna Leitner, Sophie Leypold, Florian Lösche, Regina Lorenz-Schweer, Thom Luz, Julian Marbach, Nina von Mechow, Wolfgang Menardi, Jonathan Mertz, Jelena Miletić, Johanna Pfau, Mira Phumdorkmai, Kathrin Plath, Kamila Políková, Bettina Pommer, Anja Rabes, Ulrich Rasche,Viktor Reim, Karoly Risz, Jessica Rockstroh, Caroline Rössle Harper, Karin Rosemann, Carla Satoca Berges, Lane Schäfer, Irina Schicketanz, Carolin Schogs, Andrea Schraad, Jo Schramm, Johannes Schütz, Lene Schwind, Daniela Selig, Linda Spörl, Rimma Starodubzeva, Barbara Steiner, Katja Strohschneider, Patricia Talacko, Dorien Thomsen, Harald Thor, Inga Timm, Susanne Uhl, Sibylle Wallum, Paula Wellmann Musik Mark Badur, Arvild Baud, Lothar Baumgarte, Friederike Bernhardt, Marcel Blatti, Bolschewistische Kurkapelle SchwarzRot, Marcel Braun, Olaf Casimir, Björn SC Deigner, Matthias Erhard, Romain Frequency, Christian von der Goltz, Hannes Gwisdek, Christoph Hart, Ben Hartmann, David Hirst, Markus Hübner, Camill Jammal, Arne Jansen, Fabian Kalker, Arno Kraehahn, Tamás Matkó, Lisa Morgenstern, Thies Mynther, Miles Perkin, Martin Person, Bill Petry, Eberhard Petschinka, Simon James Phillips, Matze Pröllochs, Felix Rösch, Leo Schmidthals, Ingo Schröder, Jacob Suske, The Notwist, Philipp Thimm, Miguel Toro, Christopher Uhe, Miguel Murrieta Vásquez, Michael Verhovec, Tobias Vethake, Jörg-Martin Wagner, Mathias Weibel, Volker Wendisch, Hajo Wiesemann, Bert Wrede, Albrecht Ziepert 149


Einstudierung Chor: Bernd Freytag, Christine Groß, Toni Jessen; Einstudierung Musik: Katharina Debus, Rolf Fischer, Ingo Schröder, Pascal von Wroblewsky Bühnenmusiker_innen Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot, Olaf Casimir, Nicolas Fehr, Christian von der Goltz, Ben Hartmann, Arne Jansen, Johann Jürgens, Fabian Kalker, Michael Metzler, Bill Petry, Daniele Pintaudi, Matze Pröllochs, Daniel Regenberg, Leo Schmidthals, Philipp Thimm, Tobias Vethake Video Voxi Bärenklau, Tilo Baumgärtel, Peter Baur, Stefan Bischoff, Marlene Blumert, Alexander Bunge, Rainer Casper, Adrian Figueroa, Philipp Figueroa, Hannes Francke, Paul Fuhrmann, Moritz Grewenig, Daniel Hengst, Stephan Komitsch, Robert Lehniger, Antonia Lind, André Meier, Sebastian Peise, Sebastian Pircher, Ute Schall, Dorian Sorg, Jo Schramm, Jan Speckenbach, Kristina Trömer Virtual Reality CyberRäuber (Marcel Kanapke und Björn Lengers) Regieassistenz Anna Berndt, Sarah Kurze, Marike Moiteaux, Nazanin Noori, Johann Otten, Martin Zimmermann; Gäste: Julius Böhm, Friederike Drews, Bettina Ihde, Antonia Lind, Anna-Katharina Schröder, Leonie Tarris Ausstattungsassistenz Henrike Huppertsberg, Juliane Kalkowski, Ayfer Ezgi Karataş, Mira Phumdorkmai, Lana Ramsay, Carla Satoca Berges, Linda Spörl Choreographie Denis „Kooné“ Kuhnert, Yan Revazov, Niloufar Shahisavandi, Efrat Stempler

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Inspizienz Kathrin Bergel, Anna Carolina Freiheit, Andreas Grimmert, Marike Moiteaux, Frank Ulbig Soufflage Martina Jonigk, Marion Rommel, Simona Wanko; Gäste: Dorothea Bartelmann, Bärbel Kleemann, Sterica Rein, Suheer Saleh Maske Chefmaskenbildner: Andreas Müller; Stellvertreterin: Susanne Rothert; Maskenbildner_innen: Franziska Becker, Julia Berten, Bernd Dietrich, Meike Hildebrand, Grischa Hörmann, Mike Schmiedel, Juliane Schulz, Karen Schulze, Monika Stahl, Franziska Stiller, Günter Trümpelmann; Auszubildende: Josephine Müller, Antonia Peix Produktionsleitung Produktionsleiter: Herbert Lines-Weber; Konstrukteure: Nico Hoppe, Stefan Luckhardt Betriebs- und Gebäudemanagement Abteilungsleiterin: Katrin Dywicki; Leiter Hausinspektion: Arnd-Ullrich Schumann; Torsten Petri; Betriebstechnik: Siegbert Braatz, Burkhard Jastram, Karsten Matthes, Frank Schmidt Bühnentechnik Leiter: Jörg Luxath; Theaterobermeister: Thomas Lachmann, Dirk Salchow; Bühnenmeister_innen: Pamela Behr, Rubin Gerull, Enrico Knorr, Steffen Labahn; Bühnentechniker: Thomas Ahrend, Tim Andersen, Mark Aust, Andreas Dietrich, Karsten Franz, Rick Freiberg, Uwe Haack, Ralf Haase, Marcus Hauser, Jean Hofer, Jan Hoffmann, Patrick Janicke, Heiko Keller, Hans-Joachim Klemme, Daniel Koch, Hans-Martin Kolasinski, Jochen Kolasinski, Michael Kroker, Martin Kulke, Philipp Kurth, Frank Lehmann, Lars Lehmann, Rainer Marx, Oliver Mende, Martin Merker, Michael Mett, Maria Murillo Garcia, Alexander 151


Näther, Roland Perl, Carsten Raatzsch, Karsten Rahnenführer, Enrico Sachse, Jonathan Scharnberg, Stefan Schlegel, Frank Schulz, Michael Schulz, Thomas Schulze, Christian Sterl, Jörg Tiepelmann, Alessandro Vincenzi, Martin Vorwald, Olaf Wachlin; Fuhrpark: André Däweritz, Horst Fischbeck, Frank Mohaupt Beleuchtung Leiter: Robert Grauel; Beleuchtungsobermeister_in: Cornelia Gloth, Marco Scherle; Beleuchtungsmeister_innen: Kristina Jedelsky, Thomas Langguth, Matthias Vogel; Erste Beleuchter: Frank Kuhnert, Ralf Reckmann; Beleuchter_innen im Stellwerk: Peter Grahn, Peter Heymann, Bella Kühne, Andreas Ripperger, Heiko Thomas, Lothar Urban, Yannic Wollenhaupt, Linus Zahn; Beleuchter_innen: Helmuth Esch, Kevin Görtz, Mike Herrford, Dirk Hilgenhof, Margit Jacob, Bernd Krakowski, Charley-Beth Kriehn, Daniel Kuhn, David Kusche, Udo Merker, Thorsten Nickstat, Peter Radtke, Jaline Richter, Holger Sand, Mike Schmitz, Peter Schniegeler, Maria Schreiber, Olaf Winter Ton und Video Leiter: Marek Sawitza; Stellv. Leiter: Matthias Lunow; Ton­ meister: Marcel Braun, Eric Markert, Björn Mauder, Richard Nürnberg, Martin Person, Wolfgang Ritter, Bernd Schindler; Videotechniker: Robert Hanisch, Peter Stoltz; Ton- und Videotechniker: Jens Kuffel Auszubildende der Veranstaltungstechnik Justin Hennig, Paulus Hildebrand, Jonas Klipp, Katharina Langer, Jula Liebhold, Stella Pollei, Yannick Schäfer, Gabriel von Seidlein Ankleidedienst Leitung Kostümwesen, Leitung Ankleiderinnen: Sabine Reinfeldt; Stellvertreterin: Bärbel Krepp; Maria Buske, Kordula Horn, Sandra Luber, Doris Müller-Gehrcke, Francesca Pesce, Jessika Reichel, Ines Scheminowski, Katja Tausch, Gitte Thoma, Gabriele Wax 152


Requisite Leiter: Jens Thomas Günther; Stellv. Leiterin: Ines Duckert; Sven Arnold, Sabine Balkow, Andreas Heider, Regina Heinrich, Karsten Klein, Luise Krolik, Siegmar Kuske, Dietmar Lebus, Frank Papist, Jan Quaiser, Friederike Sailer, Nora Stifter, Marco Weihrauch Recht und Organisation Leiter: Markus Ritter; Fortbildung und Gesundheitsmanagement: Christine Hoffmann; Bewerbungsmanagement: Semra Ilhan Behördlicher Datenschutzbeauftragter Markus Ritter IT-Management Leiter: Andreas Rutenberg; Christian Birzle, Hardy Dittmar, Christoph Küchler Finanzen und Personal Leiterin: Beate Katzenbach; Gruppenleitung Finanzbuchhaltung: Anke Flemme; Corina Golditzsch, Kristiane Lindner, Natalia Poniakowska, Ulrike Schallau; Gruppenleitung Personalwesen: Julia Waleczek; Manuela Bernt, Anne Braun, Stephanie Metzger, Martina Stark, Daniela Wendler; Gruppenleitung Einkauf und Materialwirtschaft: Cornelia Schulze; Zentrallager: Peter Grunhold Personalrat Peter Grahn, Philip Mario Jakobs, Stefan Koch, Philipp Kurth, Carsten Raatzsch Schwerbehindertenvertretung Stefan Koch Frauenvertretung Ines Duckert, Anna Carolina Freiheit 153


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SERVICE


Besucherservice Montag bis Freitag 11.00 – 18.30 Uhr Telefon: 030.28 441-221 Fax: 030.28 441-404 Adresse: DT Besucherservice Postfach 04 02 09, 10061 Berlin service@deutschestheater.de Serviceleistungen · Kartenbuchungen für DT  Freu­n­de · Reservierung für Schülergruppen · Verkauf der DT Cards · Reservierung von Eintritts­karten · Informationen über den Spielplan und die Aktivitäten des Theaters · Unterstützung bei der Gestaltung Ihres Theater­ besuchs vor und nach der Vorstellung · Sonderarrangements für Gruppen · Vermittlung von Gesprächen mit Schauspieler_innen, Regisseur_innen und Dramaturg_innen · Vermittlung von Führungen durch das Deutsche Theater · Verkauf von Programm­heften und anderen Publikationen 155

Kasse Tageskasse im Foyer des DT Montag bis Samstag: 11.00 – 18.30 Uhr Sonn- und Feiertage: 15.00 – 18.30 Uhr Telefon: 030.28 441-225 Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse nur ein­geschränkter Vorverkauf. Vorverkauf Der Vorverkauf beginnt am 10. des Monats für den Folgemonat. DT Freunde können bereits ab 7. des Vor­monats ihre Karten buchen, Gruppen und DT CardBesitzer_innen ab dem 8. des Vormonats. Telefonischer und Online-Kartenvorverkauf (deutschestheater.de) mit Kreditkarte (Visa, Master­ card, American Express) und per giropay. Online gebuchte Karten können Sie zu Hause auch selbst ausdrucken. Kartenbestellungen Bestellungen sind ab Veröffent­lichung des Spielplans im Internet möglich und werden mit Beginn des Vorverkaufs in der Reihenfolge des


auch im Vorverkauf (nach Eingangs bearbeitet. Verfügbarkeit) gewährt. Schriftliche Bestellungen Sie gelten nicht für Premie- richten Sie bitte an den ren und Sonderveranstalt­Be­sucherservice. ung­en. Bitte bringen Sie Ihre Reservierungen über unsere Ermäßigungsberechtigung Website sind ab auch zum Besuch der Vor­­ver­kaufsbeginn möglich. Telefonische Kartenbestellung Vorstellung mit. über die Kasse und Gruppen- · Das DT unterstützt die Ver- eine „Kulturleben Berlin“ bestellungen über den und „himate!“, die Theater Besucherservice. karten an Menschen mit ge- ringem Einkommen und un- Buchung Klassenzimmer­ terschiedlichen kulturellen stück und Theaterpädagogik Hintergründen vermitteln. Junges DT: 030.28 441-220 klassenzimmer@jungesdt.de Geschenk-Gutscheine jungesdt.de Verschenken Sie DT-Gutscheine, die für einen Eintrittspreise Vorstellungs­besuch Ihrer Wahl und Ermäßigungen innerhalb von drei Jahren ein· Die für die jeweilige gelöst werden können. Gut Vorstellung geltenden scheine können auch auf deut Eintrittspreise entnehmen schestheater.de gekauft Sie bitte dem Monats­(aber nicht eingelöst!) werden. spielplan. · Karten zum Preis von 9 € DT Card für Schüler_innen, Mit der DT Card erhalten Student_innen, Azubis Sie 40 % Ermäßigung in den und Empfänger_innen Preisgruppen I bis IV. Sie von Arbeitslosengeld I ist personengebunden und · Karten zum Preis von 3 € gilt 12 Monate. Sie gilt nicht bei Vorlage des berlinpass für Premieren, einige Sonder· Sonderkonditionen für veranstaltungen und den Gruppen und Schulklassen · Einmal im Monat ist „Blauer monatlichen „Blauen Tag”. Sie haben die Wahl: Tag”: 12 € auf allen Plätzen · Die DT Card für 55 €: eine · Ermäßigungen werden 156


· · ·

ermäßigte Karte pro Vorstellung Die DT Partner-Card für 90 €: zwei ermäßigte Karten pro Vorstellung Die DT Familien-Card für 100 €: zwei ermäßigte Karten für zwei Erwachsene und bis zu drei Karten für jeweils 3 € für Kinder und Jugend­liche bis 18 Jahre Für DT Card-Besitzer_innen beginnt der Vorverkauf immer am 8. des Monats für den folgenden Monat.

Weitere Vorteile mit der DT Card Gegen Vorlage Ihrer DT Card erhalten Sie in der Deutschen Oper 10 % Ermäßigung für zwei Eintrittskarten. Das Restaurant im Deutschen Theater gewährt Ihnen ebenfalls einen Rabatt von 10 % auf Ihre Rechnung. ETC-Europa-Abo: Mit der DT Card können Sie die Vorstel­l­ungen aller Mitgliedstheater der European Theatre Con­vention im Ausland kostenlos besuchen, die deutschen Mitgliedstheater gewähren Ermäßigungen. Mehr Infos: europeantheatre.eu 157

Hinweise für Vorstellungen mit Übertiteln Wir bitten Sie, Über­titel als Service zu betrachten, von dem nicht auf allen Plätzen profitiert werden kann. Wir empfehlen Ihnen, im DT im 1. Rang oder im hinteren Parkett zu buchen, in den Kammerspielen ab Reihe 8. Garderobe Ihre Garderobe können Sie kostenlos an den Garderoben in den Foyers abgeben. Buchstand Am Buchstand im Foyer des DT finden Sie eine gut sortierte Auswahl von Büchern zu unser­em Programm sowie weitere Theater- und Musik­ literatur. Unser Kooperationspartner ist die Buchhandlung LangerBlomqvist. Restaurant & Bar Vor den Vorstellungen sowie in der Pause erhalten Sie Getränke im Spiegel­foyer, im Saal (Rangfoyer) und in der Bar. Das ­Restaurant im Deutschen Theater ist täglich zwei Stunden vor Vorstellungs­ beginn geöffnet. Reservierungen unter Tel: 030.490 82-412 oder: kantine-dt.de


Preise Bühne Parkett

Links

2. Rang

2. Rang

1. Rang

1. Rang

Rechts

Links

Mitte

Deutsches Theater A B C

 Preisgruppe I 48  € 42  € 35  €  Preisgruppe II 39  € 34  € 28  €

 Preisgruppe III 30  € 26  € 21  €  Preisgruppe IV 21 € 18 € 14 €  Preisgruppe V 12  € 10  € 8  €  Preisgruppe VI 5 € 5 € 5 €

Kammerspiele A

Rechts

B C

Preisgruppe I 30 € 25 € 19 € Preisgruppe II 23 € 19 € 14 €

Box/Bar/Saal A

B C D

Preisgruppe 18  € 14  € 8  € 6  € Ermäßigt 8 € 6 € 6 € 4 €

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Angebote für Student_innen Ermäßigte Karten Karten für Student_innen kosten 9 € bzw. 6 € in der Box, auch im Vorverkauf (ausgenommen Premieren und Sonderver­anstaltungen). DT Campus Zweimal im Jahr kommen Student_innen noch günstiger ins DT. Bei DT Campus an den Berliner Hochschulen kosten alle Tickets für Studierende 6 €. Theaterscouts Die Theaterscouts sind eine Gruppe von Student_innen aus Berlin und Potsdam, die sich regelmäßig trifft. Neben gemeinsamen Theaterbesuchen planen und organisieren sie auch Gespräche und Probenbesuche. Einfach melden und mitmachen: theater­scouts@ deutschestheater.de

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Junges DT Improvisieren, experimentieren und Theater spielen! Das Programm des Jungen DT bietet zahlreiche Möglich­ keiten selbst aktiv zu werden: jungesdt.de Junge DT Freunde Noch näher dran: Die Jungen DT Freunde begleiten in Workshops, Gesprächen und Probenbesuchen die Arbeitsprozesse am DT. Für alle unter 35 beträgt die Mitgliedschaft bei den DT Freunden nur 1 € pro Lebensjahr. Weitere Infos auf dtfreunde.de


Barrierefreiheit Das Deutsche Theater und die Kammerspiele verfügen über Rollstuhlfahrer_innenplätze. Rollstuhlfahrer_innen bitten wir, ihren Besuch bis einen Tag vor der Vorstellung anzumelden. Zugang zu den Spielstätten über die Rampe und den Hublift am Eingang zum Deutschen Theater. Die behinderten­gerechten Sanitäranlagen befinden sich im ­Foyer des DT. Schwerbehinderte, die auf eine Begleitperson angewiesen sind, erhalten zwei Karten zum halben Preis. Nutzen Sie die Möglichkeit des schrift­l­ichen Vorverkaufs. Ihre Karten­wünsche werden vorrangig bearbeitet.

Datenschutz Die Speicherung der personen­bezogenen Daten erfolgt zur direkten Kundenbetreuung. Die Daten werden nicht an Dritte weitergeben. Alle Daten werden ausschließlich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen verarbeitet.

Schwerhörigenanlage Das Deutsche Theater verfügt im gesamten Parkett über eine Schwerhörigenanlage, die Kammerspiele bis Reihe 7. Geschäftsbedingungen Die AGBs können an der Theaterkasse und unter deutschestheater.de eingesehen werden.

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DT FREUNDE Freunde und Förderer des Deutschen Theaters und der Kammerspiele „Noch näher dran” sind Sie als DT Freund_in oder bis einschließlich 35 Jahre als Junge(r) DT Freund_in: Gemeinsam mit Mit­gliedern des Hauses werfen Sie Blicke hinter die Kulissen, besuchen Proben oder exklusive Sonderveranstal­t­ungen, treffen Regisseur_innen, Dramaturg_innen und Schauspieler_innen, be­gleiten das Theater auf Gastspielreisen, können bevorzugte Reservierungen von Premierenkarten in Anspruch nehmen und über den Besucherservice bereits vier Tage vor dem offiziellen Vorverkauf Karten bestellen. Darüber hinaus gibt es speziell für die Jungen DT Freund_innen Treffpunkte, gemeinsame Premieren­besuche und Möglichkeiten des Austauschs mit dem künstler­ischen Team. Künstlerische Spielräume ermöglichen und sichern, Ihre Verbundenheit zum DT ausdrücken – das können Sie als DT Freund_in durch Ihre ideelle und finanzielle Unterstützung im Rahmen des Vereins. Weitere Informationen rund um die DT Freunde und die Jungen DT Freunde finden Sie unter: dtfreunde.de

Ihr DT Freunde-Kontakt im Deutschen Theater: Anouk Wallerath Schumannstr. 13a 10117 Berlin E-Mail: dt-freunde@deutschestheater.de Telefon 030.28 441-229 Fax 030.28 441-410   161


Den Spielplan, Eintrittskarten, Hintergrundinformationen, Biografien des Ensembles und der Regisseur_innen, Videotrailer, Podcasts, Programmhefte und vieles mehr unter deutschestheater.de facebook.com / deutschestheater instagram.com / deutschestheaterberlin twitter.com / DT_Berlin youtube.com / DTPresse soundcloud.com / deutschestheaterberlin

Abonnieren Sie unseren wรถchentlichen Newsletter unter deutschestheater.de/service/newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Medienpartner Berlin in English since 2002

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Verkehrsanbindungen Ch

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Schumannstr.

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Wilhelmstraße

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Friedrichstraße

Luisenstraße

Tram M6 U Albre

Reinhardtstraße

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Karlplatz

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Tram M1

Tram M1

Unter den Linden

Schumannstraße 13a, 10117 Berlin S-/U-Bahn: Bahnhof Friedrichstraße U-Bahn: Oranienburger Tor Bus: Linie 147: Haltestelle Deutsches Theater TXL: Haltestelle Charité – Campus Mitte Straßenbahn: M1, M5, 12, Haltestelle Oranienburger Tor

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Berliner Erklärung der VIELEN Kunst schafft einen Raum zur Veränderung der Welt Als Aktive der Kulturlandschaft in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus die größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. In diesem Land wurde schon einmal Kunst als entartet diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil, unter ihnen auch viele Künstler_innen. Heute begreifen wir die Kunst und ihre Einrichtungen, die Museen, Theater, Ateliers, Clubs und urbanen Orte als offene Räume, die Vielen gehören. Unsere Gesellschaft ist eine plurale Versammlung. Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. Demokratie muss täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede_n Einzelne_n als Wesen der vielen Möglichkeiten! Der rechte Populismus, der die Kultureinrichtungen als Akteure dieser gesellschaftlichen Vision angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechte Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Künstler_innen, mit allen Andersdenkenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden.

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Wir als Unterzeichnende der Berliner Theater, Kunst- und Kultur­ einrichtungen und ihrer Interessensverbände begegnen diesen Versuchen mit einer klaren Haltung: Die unterzeichnenden Kunst- und Kulturinstitutionen führen den offenen, aufklärenden, kritischen Dialog über rechte Strategien. Sie gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass die beteiligten Häuser den Auftrag haben, unsere Gesellschaft als eine demokratische fortzuentwickeln. Alle Unterzeichnenden bieten kein Podium für völkischnationalistische Propaganda. Wir wehren die illegitimen Versuche der Rechtsnationalen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Wir verbinden uns solidarisch mit Menschen, die durch eine rechtsextreme Politik immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

Solidarität statt Privilegien. Es geht um Alle. Die Kunst bleibt frei! dievielen.de

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Impressum Herausgeber: Deutsches Theater Berlin Intendant: Ulrich Khuon Geschäfts­führender Direktor: Klaus Steppat Redaktion: Claus Caesar, Bernd Isele Gestaltung: Julia Kuon, Sabine Meyer Fotos: Arno Declair, Julian Marbach (S. 46), Katja Strempel (S. 50, 51) Druck und Herstellung: ELBE-DRUCKEREI WITTENBERG GmbH Redaktionsschluss: 27. Mai 2019 137. Spielzeit 2019 / 20


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