piz Magazin No. 52 - Wintersport [ sport d’ invern ]

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Winter | Inviern 2016 | 2017

ELEGANTE BOTSCHAFTERINNEN Der Grafiker Martin Peikert prägte die Tourismuswerbung.

HANDARBEIT FÜR SCHNELLE SCHLITTEN Der Olympia Bob Run ist heute weltweit der einzige Natureiskanal.

EIN GEBIRGSWALD AUF RÄDERN Wie der Schlosshügel von Tarasp zu seinen Bäumen kam.

[ sport d’ invern ]

Wintersport



INHALT / CUNTGNU Editorial. Wintersport | Sport d'inviern

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Die eleganten Botschafterinnen. Der Plakatgestalter Martin Peikert (1901–1975) prägte das Tourismusbild der Schweiz. Er schuf Bilder einer idealisierten Bergwelt.

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Der ruhende Pol im Rennfieber. Sandro Ferretti misst

10

an den Skiweltmeisterschaften die Zeiten der Profis. Die Hundertstelsekunden bringen ihn nicht aus der Ruhe.

Räusche und andere Dünkel. Die Vernebelung der Sinne, grosse Träume, edler Wettkampf und schnöder Mammon. Was die Literatur zum Wintersport hergibt.

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Mit Tempo durch den Eiskanal. Der St. Moritzer Olympia Bob Run ist weltweit die einzige Bobpiste aus Natureis. Ihr Bau ist jedes Jahr wieder ein Knochenjob.

18

Ein Fan des «Engadiners». Jules Roussette ist schon 45 Mal am Skimarathon mitgelaufen.

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Brett, Kajak und eine Schaufel. Auf und neben den Skipisten

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gibt es aussergewöhnlichere Wintersportarten.

Nicht nur Sonnenseiten. Ein Fotoessay von Daniel Martinek.

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Die Retter der Lagalb-Bahn. Seit über fünfzig Jahren

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schwärmen viele vom schönsten Skiberg des Oberengadins.

Blindes Vertrauen auf der Piste. Sehbehinderte und

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blinde Kinder lernen Skifahren. Am Ende ihres Winterlagers fahren sie jeweils sogar ein Rennen.

Ein Gebirgswald auf Rädern. Vor hundert Jahren liess

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der damalige Besitzer von Schloss Tarasp den kahlen Hügel aufforsten. Ein überraschender Fotofund zeigt, wie das ging.

Hochsaison für die Spitäler. Operieren statt gipsen. Die

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Chirurgen im Engadin haben im Winter besonders viel zu tun.

Pizzeria. Aktuelles und Kulturhinweise aus Südbünden.

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Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.

56

Vorschau. Impressum.

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Titelbild: Bau des Olympia Bob Runs in St. Moritz. Foto: Daniel Martinek Rechts: Einer Schneekanone in die Turbine geschaut. Foto: Werner Graf


HATECKE

alps d'engiadina


Wintersport Sport d'invern Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur

K

aum eine Region im Alpenraum vereint auf engem Raum eine so grosse Vielfalt an Wintersportmöglichkeiten wie das Engadin und die

Bündner Südtäler. Wintersport ist hier seit Jahr-

S

co be pacas regiuns illas Alps unischan l’Engiadina e las Vals dal Süd dal Grischun üna gronda quantità da pussibiltats da far sport

d’inviern, e quai sün ün territori limità. Daspö de-

zehnten der wichtigste wirtschaftliche Motor. Die

cennis es qua il sport d’inviern il motor economic, il

Pioniere von einst waren und sind bis heute Vorbil-

plü important. Ils pioniers da plü bod sun stats, e sun

der auch für andere Alpengebiete. Überall wurden

amo fin al di d’hoz, exaimpels eir per otras regiuns

die Angebote ausgebaut. Und doch blieb einiges

da las Alps. Dapertuot s’han augmantadas las spüer-

mehr als ein Jahrhundert lang fast unverändert.

tas. E tuottüna es restà bler, dürant plü d’ün tschien-

Noch immer gibt es Wettbewerbe in Skijöring und

tiner, sainza müdadas. I dà amo adüna concurrenzas

Skeleton und nach wie vor wird der Olympia Bob

da skijöring e da skeleton e la pista da bob vain fatta

EDITORIAL

Run weitgehend von Hand gebaut. Diese Bobpiste ist

amo adüna, per gronda part, a man. Quista pista da

Urezza Famos

heute weltweit die letzte Natureisbahn. Eine lange

bob es l’ultim glatsch natüral chi dà sül muond.

Tradition haben auch der Skimarathon oder die Ski-

Lunga tradiziun han eir il maraton da skis o la scoula

schule für Blinde in St. Moritz.

da skis per orbs a San Murezzan.

Wir zeigen Ihnen in dieser Ausgabe Plakate des Gra-

In quista ediziun muossaina purtrets dal grafiker

fikers Martin Peikert (1901–1975). Er hat das Touris-

Martin Peikert (1901–1975). El ha gnü gronda in-

musbild des Engadins schon ab den späten 1930er-

fluenza sül purtret dal turissem in Engiadina, fingià

Jahren geprägt. Besonders auffallend ist bei ihm die

a partir dals ons 1930. Quai chi dà specialmaing in

Rolle der Frau. – Wintersport birgt allerdings auch

ögl in seis purtrets es la rolla da la duonna. – Far sport

Risikofaktoren. Die Spitäler in Südbünden haben

d’inviern es però eir collià cun ris-chs. Ils ospidals i’l

sich darauf eingestellt – auch darüber berichten wir.

Grischun dal Süd sun parderts per quellas conse-

Piz kann Ihnen in dieser Ausgabe erneut eine Trou-

quenzas – eir davart quel aspet rapportaina.

vaille zeigen: Die Story über den «Gebirgswald auf

Piz po preschantar eir in quista ediziun darcheu üna

Rädern» rekonstruiert, wie das Schloss Tarasp zu sei-

truvaglia: la «story» davart «Il god da muntogna sün

nem Wald kam. Kürzlich sind Fotos aufgetaucht, die

roudas» reconstruischa co cha’l chastè da Tarasp es

zeigen, wie vor hundert Jahren ausgewachsene

gnü a seis god. D’incuort s’haja nempe chattà foto-

Bäume von Flawil im Kanton St. Gallen hinauf auf

grafias chi muossan co chi s’ha transportà bos-cha

den Schlosshügel von Tarasp transportiert wurden.

da Flawil (chantun San Galla) a Tarasp.

Schliesslich noch dies: Schnee schaufeln ist für

E per finir amo quist: spalar naiv es per blers il sport

Viele der simpelste Wintersport. Dafür steht das Ti-

d’inviern il plü simpel. Per quist fat vaina tschernü

telbild dieser Ausgabe. Es stammt vom St. Moritzer

la cuverta da quista ediziun. Ella es gnüda fatta dal

Fotografen Daniel Martinek.

fotograf da San Murezzan Daniel Martinek.

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piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

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Die eleganten Botschafterinnen Martin Peikert (1901‒1975) gehörte einer Generation von Werbe- und Plakatgestaltern an, die das Tourismusbild der Schweiz massgeblich geprägt haben. Seine eleganten und pfiffigen Tourismusplakate zeigen das Engadin als idealisierte Bergwelt,

Text: Barbara Ruf

D

er blaue Himmel auf dem Plakat ist wolkenlos,

durch Esprit und Heiterkeit auszeichnen. Die ele-

die Sonne strahlt. Schönheiten sonnen sich

ganten Botschafterinnen stehen für den Tourismus-

auf einem Hausdach am Pistenrand, blinzeln

boom seit den 1950er-Jahren, als für immer breitere

unter einem breiten Sonnenhut hervor oder schwin-

Bevölkerungskreise eine Reise in die Höhe er-

gen fröhlich und temperamentvoll die tiefver-

schwinglich wurde.

schneiten Hänge hinunter, sodass im aufgewirbel-

Der klare grafische Aufbau und die Verwendung sti-

ten Schneestaub der Name des Wintersportorts zu

lisierter Frauenfiguren sind wiederkehrende Merk-

lesen ist. Der 1901 in Zug geborene Gestalter, Grafi-

male in Peikerts Arbeit. Sie stehen für die dynami-

ker und Künstler Martin Peikert verstand es wie kein

sche Verdichtung seiner touristischen Botschaft.

Zweiter, die Werbebotschaft einer Region oder eines

Mit seinem unvergleichlichen Stil und seinen ge-

Ortes in immer neue Bilder zu übersetzen, die sich

stalterischen Innovationen prägte er auch das Tourismusbild im Engadin der 1930er- bis 1950er-Jahre massgeblich. Ein innovativer Bildaufbau, klare Linien und das Sujet der Frau tauchen immer wieder in den Bildkompositionen auf. So auch in einem Plakat von 1959 für Pontresina (Seite rechts). Es zeigt eine auf dem Rücken liegende Frau, die Beine einer lachenden Sonne entgegengestreckt. Die Dorfgemeinde, mit Häusern im Engadiner Stil, verteilt sich in der Bildmitte. Im Hintergrund erhebt sich majestätisch der dreigipflige Piz Palü.

Typische Elemente Peikert vereint in diesem Plakat verschiedene Elemente, die für seine Arbeiten typisch sind. Weitgehend in den Primärfarben Gelb, Rot und Blau gehalten, hebt sich das Weiss der Schneeberge von den kräftigen Grundfarben ab. Auf einem roten Kissen liegend, streckt die Sonnenbadende ihre in gelbe Hosen gekleideten Beine diagonal in den Himmel. Das Sonnengesicht in der linken oberen Ecke, die Schuhspitzen der Frau berührend, lacht zu ihr hinunter. Die Sonnenstrahlen führen in die gestreckPlakate von Martin Peikert für Pontresina, entstanden in den Jahren 1946, 1959 und 1939 (Reihenfolge der Abbildungen) Fotos: Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung © ZHdK, 2016 Pro Litteris.

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ten Beine – eine direkte Verbindung zwischen der Sonnenbotschafterin und der Sonne selbst. Obwohl die Tourismusreklame wiederkehrende Botschaften bewirbt – eine Sehenswürdigkeit, ein Bauwerk, ein neues Transportmittel oder eine Land-

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MARTIN PEIKERT wird 1901 als zweites von vier Kindern in Zug geboren. In Genf besucht er die Kunstschule. Es folgen Reisen nach Frankreich und Deutschland. In Berlin bleibt Martin Peikert ein Jahr. Zurück in der Schweiz ist er ab 1925 bei Orell Füssli angestellt, bevor er sich 1927 in seiner Heimatstadt Zug selbständig macht. Er gestaltet Objektwerbung und entwirft Logos, etwa für die Schokoladenmarke Villars. 1939 zieht Peikert mit seiner Familie in die Romandie, wo er seine zweite Frau kennenlernt. 1951 kehrt er nach Zug zurück, wo er 1975 stirbt.

schaft – findet Martin Peikert immer wieder überra-

lers, findet sich in vielen Sujets in seinem Werk.

schende und ungewöhnliche Bildlösungen. Inspi-

Über drei Jahrzehnte wurde er wiederholt ange-

rationsquelle ist ihm dabei die Bergwelt selbst.

fragt, Plakate fürs Engadin zu gestalten Es wurden

Realitätsgetreu erheben sich seine alpinen Land-

mehr als ein Dutzend, allein sieben für Pontresina.

schaften, einem Panorama gleich, am Horizont im

In einem frühen Beispiel für Pontresina nimmt er

Bildhintergrund, im Vordergrund jeweils stilisierte

bereits 1939 das Thema der sonnengleichen Werbe-

Frauenfiguren.

botschafterin vorweg. Auf einer Sonnenuhr liegend

Die Frau als Werbebotschafterin

förmig angeordneten Ziffern der Uhr nach (Seite

Die alpinen Höhen fängt Peikert mit einer atmo-

rechts). Eine strahlenbekränzte Sonne hebt sich auf

sphärischen Dichte ein, die der Sonne und dem

einem blauen Kreis ab, der Schatten der Anzeige

Licht eine symbolische Bedeutung zukommen las-

fällt auf die Rastende. Der weisse Bildhintergrund

sen. Und er setzt seine weiblichen Modelle sonnen-

wird durch das raffinierte Spiel von Licht und Schat-

gleich in Szene. Mondän gekleidet versprühen die

ten gegliedert.

Werbeträgerinnen Freude und Unbeschwertheit. In unzähligen Variationen inszeniert er blonde und

Tourismusbild mitgeprägt

brünette Schönheiten in Bildkompositionen und

Martin Peikert gehörte einer Generation von Werbe-

mit verblüffenden grafischen Kniffen. Obwohl er

und Plakatgestaltern an, die das Tourismusbild der

sich der Frauen als Botschafterinnen bedient, ste-

Schweiz wesentlich geprägt haben. Seine eleganten

hen meist technische oder bauliche Neuerungen –

und pfiffigen Plakate zeigen die Alpen als ideali-

eine neue Grossraumgondel, eine Zahnradbahn

sierte Bergwelt, als Ort ohne Gefahren und Risiken,

oder der Neubau eines Freizeitbads – im Zentrum.

voll überschäumender Lebensfreude, technischer

Mittels der Frauenfiguren kann Peikert ein komple-

Erneuerungen und sportlicher Aktivitäten.

xes Thema leicht und beschwingt darstellen.

Ursprünglich als feindliche und unwirtliche Land-

Der Blick auf die Bergwelt ist jedoch nicht nur ein

schaft angesehen, wandelte sich das Image der

sinnlich emotionaler, sondern vor allem auch ein

Berge mit dem Aufkommen des Alpinismus Mitte

aktiver und sportlicher. Die Frauenfiguren sind kei-

des 19. Jahrhunderts. Hundert Jahre später setzte

nesfalls nur schmückendes Beiwerk, sie nehmen

eine neue Welle der Erschliessung ein. Der ökono-

eine aktive Rolle ein. Sei es in der Wintersaison als

mische Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg

Skifahrerin und Rodlerin oder im Sommer beim

ermöglichte einer breiten Bevölkerungsschicht die

Golfen, Tennis oder Baden. Die Verknüpfung von

Reise in die Berge. Gleichzeitig wurden die Kurorte

Sport mit dem Reklameslogan erlaubt dem Künstler

mit moderner Technik ausgestattet.

gleich zweierlei: die Inszenierung einer dynami-

Diese Entwicklungen lassen sich auch in den Plaka-

schen Bildwelt und die Anpreisung der Vorzüge ei-

ten von Peikert ablesen, zum Beispiel anhand der

ner Destination.

technischen Innovationen, der Mode oder der

Die Bevorzugung von weiblichen Modellen als tou-

Sportausrüstung. Aber auch gestalterisch entwi-

ristische Werbeträgerinnen lässt sich auch bei Pei-

ckelt sich Peikerts Stil weiter. Die Bildkompositio-

kerts Berufskollegen der 1930er- bis 1960er-Jahre

nen werden noch präziser und dynamischer, die

feststellen. Aus heutiger Sicht erscheint der Blick

Setzung der Schrift akzentuiert die Bildstruktur.

auf die Frauenfiguren dieser Plakate voyeuristisch und von einer männlichen Perspektive geprägt. In-

Ansteckende Lebensfreude

teressanterweise greift mit Christoph Niemann ein

Mit der wiederholten Verwendung von sonnenglei-

zeitgenössischer Gestalter mit neuen Plakaten für

chen Frauenfiguren gelingt es Martin Peikert, die

das Engadin eine an Peikert erinnernde Bildsprache

ansteckende Lebensfreude seiner Botschafterinnen

wieder auf. Heute ist die Darstellung von Frauenfi-

auf das Publikum zu übertragen. Seine Plakate ent-

guren in der Werbung aktueller denn je.

Häufiger Gast im Engadin BUCHTIPP: Jean-Charles Giroud: «Martin Peikert – Die Plakate», Patrick Cramer Editeur, Genf, 2014

8

bildet die Körperhaltung der Schlafenden die kreis-

führen die Betrachterin und den Betrachter in eine wunderbare Bildwelt, fast meint man die wärmende Sonne zu spüren. Die Atmosphäre seiner al-

Neben Aufträgen für Gstaad, Wengen, Champéry

pinen Szenerien lädt zu unbeschwerten Momenten

oder Les Diablerets zog es Martin Peikert wiederholt

und fantastischen Ausblicken ein.

nach Graubünden und ins Engadin. Das Hochtal, unbestritten eine Lieblingsdestination des Künst-

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

Die nächste Reise ist nicht fern !


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Der ruhende Pol im Rennfieber Sandro Ferretti arbeitet seit über zwanzig Jahren als Zeitmesser an Skirennen. Auch an den Skiweltmeisterschaften im Februar in St. Moritz wird er die Zeiten der Profis messen. Die Hundertstelsekunden bringen ihn aber nicht aus der Ruhe.

Text: Niona Rudnicki Fotos: Daniel Martinek

D

as Gerät, das Sandro Ferretti aus einem Koffer

retti aber entlocken. Er ist ein ruhiger Typ und er be-

auspackt, sieht aus wie ein Zahlungsterminal

tont, dass für seine Aufgabe die Prominenz der Fah-

aus vergangenen Jahrzehnten. Es gibt über-

rerinnen und Fahrer zweitrangig sei. Man nimmt

grosse gelbe Tasten für die Zahlen 0 bis 9, eine grüne

ihm sofort ab, dass er sich auf Zahlen und Zeiten

Taste für die Bestätigung und einen roten Stopp-

konzentriert. Auch dann, wenn sich die Stimme des

knopf. Oberhalb des kleinen Bildschirms ist eine Pa-

Sportreporters überschlägt und die Fans am Pisten-

pierrolle eingespannt, mit welcher sich Belege aus-

rand in Jubel ausbrechen. Das Rennen geniessen

drucken lassen. Mit diesem Gerät misst Ferretti die

können diese nur, weil Ferretti und sein Team hinter

Rennzeiten von Skifahrerinnen und Skifahrern,

den Kulissen dafür sorgen, dass die Zeiten immer

vom Europacup über die Schweizer Meisterschaften

auf die Tausendstelsekunde genau stimmen.

bis zum Kinder- und Nachwuchsrennen. «Man

Sieht fast aus wie ein altes Kartenzahlungsterminal. Ist aber die Zeitmesseruhr, die sich auch mit Handschuhen bedienen lässt (oben, Mitte).

10

kann die Tastatur auch mit dicken Handschuhen

Ein Laptop voller Rennen

bedienen. Und auch wenn es nicht so aussieht, es ist

Auch im Februar 2017, wenn sich am St. Moritzer

das neuste Modell», erklärt Ferretti.

Hausberg Corviglia die weltbesten Athletinnen und

Mehr als zwanzig Tage pro Winter sitzt der 62-Jäh-

Athleten an den FIS Alpine World Ski Champi-

rige in der Kontrollkabine in den Zielräumen in Pon-

onships messen, wird Ferretti als Chef der Zeitmes-

tresina und St. Moritz. Von dort aus überblickt er die

sung vor Ort sein. Er ist für bis zu zehn Helferinnen

Rennstrecken. Die Zeiten vieler berühmter Fahre-

und Helfer verantwortlich, die entlang der Piste die

rinnen und Fahrer hat er schon gestoppt, darunter

Messung kontrollieren. Am Start und im Ziel steht

von Dominique Gisin oder von der Abfahrtslegende

jeweils eine Person mit einer Handstoppuhr, zur Si-

Didier Cuche. Wer Namen hören will, muss sie Fe-

cherheit und um einen Referenzwert zu erfassen,

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


falls die Technik aussteigt oder der Strom ausfällt. Je

die Routine, die man mit den Jahren bekomme. Das

eine Person im Start- und im Zielraum sind mitein-

komme einem auch zugute, wenn einmal etwas

ander per Funk verbunden. Stürzt beispielsweise ein

schiefgehe oder jemand reklamiere. Allerdings habe

Fahrer, dann wissen so sofort alle Bescheid. Auch bei

er noch nie erlebt, dass ein Profi seine Messungen

den Lichtschranken, die die Zwischenzeiten mes-

angezweifelt habe. Meist seien es ehrgeizige Eltern,

sen, stehen Ferrettis Leute.

die nicht glauben können, dass ihr Kind so langsam

Die Zeitmessung selbst übernimmt an der Ski-WM

gefahren sei. «Aber dann haben wir ja die Belege –

allerdings die Firma Longines mit weiteren acht bis

mit Tageszeiten dokumentiert.»

zwölf eigenen Mitarbeitenden. Longines kommt bei

Den Job als Zeitmesser hat Ferretti vor 25 Jahren

allen Wettkämpfen ins Spiel, die live am Fernsehen

übernommen – ein Ehrenamt, das er neben seinem

übertragen werden. «Das würde unsere technischen

Beruf als Geschäftsführer eines Bauunternehmens

Möglichkeiten übersteigen. Auch wenn das Prinzip

in Pontresina übernommen hat. Selber sei er aller-

der Zeitmessung immer dasselbe bleibt», sagt Fer-

dings kein eigentlicher Skirennen-Fan. In seiner Fa-

retti und schaltet seinen Laptop ein, auf dem hun-

milie wird schon seit Generationen Curling gespielt.

derte von Tabellen mit den Ergebnissen vergange-

Als Jugendlicher lernte er den Sport mit seinem Va-

ner Rennen abgespeichert sind. Am Beispiel eines

ter in Biel, wo er aufgewachsen ist. Auch seinen Kin-

Diagramms erklärt er, wie Laptop und Zeitmessgerät

dern brachte er das Curlingspiel bei. Als er vor

mit der Lichtschranke am Start, den Messstationen

35 Jahren wegen der Arbeit nach Pontresina zog, be-

unterwegs und mit dem Ziel verbunden sind.

schloss er, sich beim Skiclub als Zeitmesser zu enga-

Auf die Tausendstelsekunde genau

Sandro Ferretti

gieren. «Denn Zeitmesser gab es schon damals wenige. Und mittlerweile finden wir kaum noch

«Entlang der Pisten sind im Untergrund Tausende

Nachwuchs für diese Aufgabe.»

Meter von Kabeln gezogen, die von Mast zu Mast

Dabei werde man immer wieder überrascht und für

und von Schacht zu Schacht führen. Hier werden

seinen Einsatz belohnt. Und dann rückt er doch

die Kabel für die Zeitmessgeräte und Lichtschran-

noch mit einem persönlichen Erlebnis heraus: «Di-

ken eingebaut», schildert Ferretti. Sind alle Geräte

dier Cuche hat sich nach den Rennen immer per-

angeschlossen, funktioniert die Messung automa-

sönlich bei allen Helfenden bedankt. Darüber habe

tisch: Lösen ein Fahrer oder eine Fahrerin durch die

ich mich natürlich gefreut. Es ist ein schöner Ab-

Lichtschranke am Start die Messung aus, beginnt

schluss eines solchen Events, wenn man einen be-

die Uhr zu zählen – und zwar immer ab der jeweili-

kannten Skifahrer aus der Nähe erlebt.»

gen Tageszeit. Denn nur Tageszeiten sind eindeutig zurückverfolgbar. Die Lichtschranken am Pistenrand messen die Zwi-

Im Fokus der Welt

schenzeiten, im Ziel wird die Ankunftszeit festge-

Die Ski-WM ist die wichtigste Meisterschaft im alpi-

halten. Die Software rechnet dann die erfassten

nen Rennsport. Sie findet alle zwei Jahre statt. Je-

Uhrzeiten in Fahrzeiten um – immer bis auf eine

weils rund 600 Athletinnen und Athleten aus über

Tausendstelsekunde genau. «Allerdings ist bei Ski-

70 Nationen kämpfen in sechs Disziplinen um Titel.

rennen die Hundertstelsekunde ausschlaggebend»,

Die Welt blickt dann aber nicht nur auf die Sportler,

erläutert Ferretti. «Haben zwei Skifahrer auf den

sondern auch auf die Region, in der die Wettkämpfe

Hundertstel genau dieselbe Zeit, belegen sie densel-

stattfinden.

ben Platz.»

In St. Moritz wurden bereits viermal alpine Ski-WM

Allein auf die Technik verlassen können sich die

ausgetragen: 1934, 1948, 1974 und 2003. Mit Blick

Zeitmesser aber nicht. Denn manchmal passieren

auf die Veranstaltung von 2003 wurde rund eine

unvorhersehbare Dinge. Einmal sei ein Hund über

Milliarde Franken in den Pistenbau, die Infrastruk-

die Ziellinie gelaufen: «Ich musste dann in der Ta-

tur und die Nachhaltigkeit investiert. Danach hatte

belle die Zeit des Hundes löschen und durch dieje-

St. Moritz das weltweit beste Image als Ort für Win-

nige des Skifahrers ersetzen.»

ter- und Bergferien. Eine solche Chance bietet sich

Zeitmessen als Ehrenamt

der Logiernächte im Oberengadin in den vergange-

jetzt erneut. Das ist umso wichtiger, weil die Zahl

Ein ruhiger Charakter und die Fähigkeit, sich ganz

nen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Für die

auf die Aufgabe zu konzentrieren, das zeichne einen

WM 2017 wurden zwölf Millionen Franken in die

guten Zeitmesser aus, sagt Ferretti. Und natürlich

Erneuerung der Infrastruktur investiert.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

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FAMILIEN-SKIGEBIET LANGUARD Das Skigebiet im Dorfzentrum von Pontresina

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Räusche und andere Dünkel Es geht um Räusche, und um die Vernebelung der Sinne; es geht um grosse Träume; es geht um Gewinner und Verlierer, um edlen Wettkampf und schnöden Mammon, um raue Winde und Zentralheizungen – und es geht ganz am Rande auch um Wintersport. Text und Archivfotos: Ursula Bauer

E

in Gespräch mit Experten. Zeitpunkt: Irgendwann

«Ich will ein Loblied singen auf den Schnee und seine tau­

zwischen 1880 und 1929.

send Formen und Schönheiten. Ich will von der Sonne er­

Es nehmen teil: Henry Hoek, Skifahrer und Autor;

zählen, vom Sonnenschein und seinen Wirkungen auf

M. Caviezel, Autor von «Das Engadin in Wort und Bild»;

Körper und Geist. Wie die Sonne die Schlacken kleinli­

Ernst Lechner, Autor von «Das Oberengadin»; Herr

chen Denkens wegbrennt.» Entschuldigen Sie, Herr Hoek,

Schmitz und Mr. Fips, Gäste im Kulmhotel; Dr. Peter Ro­

gehts Ihnen gut? Ein kleines Sonnenräuschlein vielleicht,

bert Berry, Kurarzt; Sir Conan Doyle, Multitalent und Ski­

aber sonst in Topform? Na denn. «Ich will schliesslich

fahrer; Dr. Tucker Wise, zuständig für vergleichende Kli­

vom Ski erzählen, von den Seligkeiten des schwereent­

matabellen; und last but not least: Elizabeth Main, frühe

bundenen Gleitens, will erzählen, wie der schnell gewor­

Promotorin des Wintersports in St. Moritz.

dene Mensch aus eigener Kraft der rasenden Maschine entwächst.» Sonnenrausch? Luftrausch? Höhenrausch? Eher Ermattung: «Du hörst in dich hinein; du hörst die grosse Stille brausen.»

Höhenluft wirkt Herr Schmitz findet, «ab 1800 Meter seien die Leute nicht normal. Sonne und Höhenluft hätten eine grosse Einwir­ kung auf das Gehirn des Menschen und besonders auf die Nerven». Sie kennen Herrn Schmitz nicht? Der Herr Schmitz, der dem etwas dumben, aber reichen Amerika­ ner Mr. Fips die Welt erklärt, zumindest die grosse Welt eines Grandhotels im winterlichen St. Moritz, inklusive Champagnerluft. «Der kluge Schmitz war im Recht», musste Mr. Fips sich eingestehen, «in der Ebene hätte er niemals so viele Aperitifs vertragen.» Zu einem hunds­ kommunen Rausch reichte es aber alleweil. Herrn Caviezel kann man schwerlich humoristische Eska­ paden unterstellen. Rauschhaftes ist nicht vorgesehen. Er meint es ernst. «Das Engadin hat ein sehr trockenes, gemässigtes Klima. Die Wirkung des Klimas ist zunächst Elisabeth Main

eine allgemeine, indem es den Organismus erregt, kräftigt


Temperaturtabellen aus dem 19. Jahrhundert.

und zu grösseren Anstrengungen befähigt; sodann ist sie auch eine lokale, indem sie die Respirationsorgane zu leb­ hafterer Tätigkeit nötigt.» Bestes Kurklima jedenfalls. Als 1882 bekannt wurde, dass Tuberkulose ansteckend ist, blies man im Oberengadin zur Rückbesinnung auf die Ge­ sunden. Allen voran der Kurarzt Peter Robert Berry: «Für Sportsleute und das fashionable Reisepublikum sollen wir unseren Weltkurort im Sommer und Winter reservieren, das verlangt naturgemäss die Eigenart von St. Moritz.»

tiefen Denkers folgendermassen: Es gibt Rätsel in der Na­

Mit diesem prägnanten Votum nötigen Sie aber Herrn Ca­

tur, welche nicht durch Theorien, sondern durch Empi­

viezel zu einer Pirouette: «Noch sind selbst die ersten und

rik gelöst werden müssen.» Danke, Herr Caviezel, Sie dür­

besten Ärzte nicht einig, ob das milde Winterklima der

fen sich wieder setzen.

Niederungen wie namentlich der Riviera nicht viel güns­

An Empirik hats Badrutt nicht fehlen lassen. Sein Kulm­

tigere Wirkungen auf Lungenkranke ausübe als das kalte

hotel wurde zu einer Insel der Happy Few, der Sportbe­

Höhenklima. Im Engadin dürfte die Luft doch zu scharf,

geisterten mit anständigem Stammbaum und anständi­

zu rau sein.» Natürlich.

ger Gesundheit. Räusche dürfen die Gäste haben,

Zum berühmtesten Winterluftkurort erheben Auf sicherem Terrain ist er mit seiner Laudatio auf den Pi­

natürlich, das fördert die Wertschöpfung.

Sperre gegen ungeliebte Eindringlinge

onier des Wintertourismus. «Johannes Badrutt hatte

St. Moritz, das exklusive Paradies, gilt es zu schützen. Die

schon lange das Ideal in sich getragen, St. Moritz zum be­

hohen Berge und beschwerlichen Pässe rundum sind

rühmtesten Winterluftkurort zu erheben.» Caviezel

«eine natürliche und sichere Sperre gegen unbeliebte Ein­

gräbt noch tiefer: «Derselbe argumentierte in der Art des

dringlinge». Fürchteten Sie, Doktor Berry, als Mediziner

Männer mit Schlittschuhen ziehen Frauen mit Skiern über das Eis, 1912

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

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System der Warmluftheizung für ein Hotel

vielleicht eine Kontaminierung durch die vor dem Albu­

«Mekka für Schwindsüchtige» schadete offensichtlich

latunnel lauernden Massen mediokrer Mittelständler?

keinem. «Weil hinsichtlich der Reinlichkeit die exaktes­

1904 erreichte die Eisenbahn, die Berry so vehement zu

ten Vorsichtsmassregeln getroffen werden, kann von An­

verhindern suchte, St. Moritz.

steckungsgefahr keine Rede sein.» Ihre beruhigenden

Jetzt kommt Ihr Einsatz, Mrs. Elizabeth Main. Sie, seit

Worte, Herr Lechner, hatte Davos eigentlich gar nicht nö­

1884 umtriebiger Stammgast im Kulmhotel, wurden

tig. Die Eisenbahn brachte nicht «Horden», sondern

nach der Jahrhundertwende nur noch selten gesehen. Et­

«Kurgäste und Sportsleute».

was ironisch lassen Sie einen Ihrer Romanhelden über «the hordes that pour into the country at Christmas»

Kopf voran in den Schneehaufen

spötteln. Diesen Horden, die nun sommers wie winters

Drum wollen wir hier unseren sonnenräuschigen Hoek,

St. Moritz stürmen würden, konnten Sie wenig abgewin­

den Skifahrer (Sie erinnern sich) nochmals zu Wort kom­

nen. Der Wunsch der jungen Lizzi anno 1883, dass «der­

men lassen. Jetzt geht es ihm nicht mehr um die rausch­

einst die Franken im Januar und Februar fliessen mögen

haften Seligkeiten des schwereentbundenen Gleitens,

wie im Juli und August», wurde zum Geist aus der Flasche.

sondern um das Abgleiten in die Banalität. «Kaum war

Ebenfalls 1883 eröffnete der Arzt Alexander Spengler in

der Winter entdeckt, da hatte der Skiläufer restlose Be­

Davos das erste Sanatorium für Lungenkranke. Das Label

geisterung seine erlesenen Reize in mehr oder weniger be­

Kursaal Maloja

16

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


gabten Ergüssen gebundener und ungebundener Form

in der ganzen Schweiz wenige seinesgleichen findet.»

schon platt und breit gelobt.» Den erlesenen Reizen des

Herr Lechner, ein profunder Kenner des Oberengadins,

Skifahrens zu erliegen fiel zu Anfang keinem leicht: «Äus­

kennt die kalten Winter und weiss, um was es jenseits

serlich ist an einem Paar Ski nichts besonders Heimtücki­

vom Glamour geht: «Bewundernswert sind die Heizungs­

sches zu entdecken. Du ziehst sie an und wendest dich

und Ventilationsanlagen, welche überall die Luft reini­

mit einem Lächeln nach deinen Freunden um – und

gen und erwärmen.» Selbst bei ungünstigen Witterun­

dann bohrst du im nächsten Augenblick deinen Kopf wie

gen gestalte sich der Aufenthalt im Innern ganz behaglich.

verrückt in einen Schneehaufen hinein und strampelst

Die nötige Expertise zum Klima lieferte Dr. Tucker Wise.

wahnsinnig mit beiden Füssen, um, halb aufgestanden,

Mit vielen Tabellen verglich er Luftkurorte, von Wiesen

von neuem wieder im gleichen Schneewall unrettbar zu

über Davos und St. Moritz bis Maloja. Er findet daselbst

ertrinken.» Unrettbar? Aber nein doch.

ein wunderbares Kurklima, etwas rau, ein bisschen win­

Arthur Conan Doyle (damals noch nicht Sir), ein Multita­

dig vielleicht, aber sonnig, ausserdem nebelfrei. Schon

lent auch unter den britischen Sportsleuten in der Davo­

1886 aber, ein Jahr nach der Eröffnung, lief der bejubelte

ser Community, wurde ein exzellenter Skifahrer. (Mrs.

Luxusliner der Engadiner Hotellerie, «der Reunionsplatz

Main, bitte, keine Aufregung, wir wissen, dass Doyle im­

der hocharistokratischen konservativen Welt» (NZZ),

mer mal wieder gern gesehener Gast in «Ihrem» Kulmho­

erstmals auf Grund. Und der Investor, der belgische Graf

tel war. Und, ganz Schotte, an einem Ihrer berühmten

Renesse, soll sich vom Torre Belvedere ins Bergell hinun­

Maskenbälle als Wikinger auftrat.)

tergestürzt haben. Eine hübsche Vernebelung der Tatsa­

Behaglichkeit dank neusten Schikanen

chen; gewiss aber das Ende eines Höhenrausches – womit wir wieder bei den Räuschen wären.

So, die Herren (die Dame hat sich endgültig empfohlen), brennt Ihnen noch etwas auf der Zunge? Die Heizung? Nicht einfach eine Heizung, klar. Die Zentralheizung. Noch präziser: Luftbeheizung, Dampfheizung, Warm­

Abbildungen als Digital Enlargements aus: Reto Robbi: Die Wiege des Wintersports, Verlag Engadin Press, o.J.

wasserheizung.

M. Caviezel: Das Engadin in Wort und Bild, Verlag Simon Tanner, 1896

Mit den neusten Schikanen von Heizung und Ventilation

Paul Caminada: Wintersport, Verlag Desertina 1986

profilierte sich 1885 der Kursaal Maloja (Luftbeheizung). «Ein Riesenbau, ein architektonisches Meisterwerk, das

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Mit Tempo durch den Eiskanal Bobfahren ist eine Engadiner Spezialität. Der St. Moritzer Dorfschmied Christian Mathis baute um 1890 das erste Gefährt. Heute ist die Olympia-Bob-Piste weltweit die letzte Natureisbahn für diese Sportart. Ihr Bau ist ein Knochenjob.

A

m eindrücklichsten ist der Anblick der Bob-

Pontresina gab es eine kurze Bobbahn, und man

bahn, wenn sie am Entstehen ist. Wenn im

«bobbte» – wie es damals hiess – auch auf den

Dezember halbfertige Steilwandkurven wie

Passstrassen von Albula, Bernina und Maloja. Bob-

Eierschalen auf einem aperen oder nur knapp mit

fahren war total en vogue in der Belle Epoque.

Schnee bedeckten Boden kleben, erleuchtet von den

Es war, wie der 1897 gegründete St. Moritz Bobsleigh

Scheinwerfern, die nötig sind, um die Bahn in der

Club damals festhielt, ein «gesellschaftlicher Sport

Winterdunkelheit innert drei bis vier Wochen aus

für Besucher beiderlei Geschlechts und jeden Al-

dem Nichts zu bauen. Dann sieht man eine Eisskulp-

ters». Darum verzichtete der Club zunächst auch da-

tur, ein riesiges Kunsthandwerk.

rauf, eine vereiste Rennbahn zu bauen. Stattdessen

Winter für Winter wird der Olympia Bob Run, wie

fuhr man in den Anfangsjahren auf der Strasse von

der Eiskanal von St. Moritz hinunter nach Celerina

St. Moritz nach Celerina hinunter. Vor den Kurven

offiziell heisst, neu aufgebaut. Ungefähr so, wie er

wurde gebremst. Und Frauen waren mehr als will-

im Winter 1903 / 04 erstmals errichtet worden war.

kommen: Mindestens eine Frau musste auf den da-

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war er die

mals üblichen Fünfer- und Sechserschlitten regle-

modernste und schwierigste Bobbahn – aber nur ei-

mentsgemäss mitfahren. Manche Lady übernahm

ner von mehreren Runs im Oberengadin. In St. Mo-

auch das Steuer.

ritz fuhr man per Bob auch vom Dorf hinunter Rich-

Aus reichem Hause kamen sie alle, andere Leute

tung Bad, über den sogenannten Westend Run, in

konnten sich eh keine Winterferien leisten. Leute

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

Text: Michael Lütscher

Seite links: Der Bau der Bobbahn verlangt ein genaues Augenmass. Foto: Daniel Martineck Unten: Bobsport auf historischen Ansichtskarten. Digital Enlargement aus: Paul Caminada: «Wintersport», Desertina Verlag 1986

19


1

aus dem britischen Weltreich waren, wie in jeder an-

reux am Genfersee erhielten Eiskanäle. Andernorts

deren Sportart, zu Beginn tonangebend. Im Winter

befuhr man einfach winterliche Strassen. Das Bob-

1907 / 08 aber setzte sich auch der deutsche Kron-

fieber erfasste auch die Nachbarländer Österreich

prinz, der wie sein Vater Wilhelm hiess, in St. Moritz

und Deutschland. Weitab der Alpen, im Harz, wurde

in einen Bob. Und besuchte anschliessend die Jah-

ebenfalls «gebobbt».

resversammlung des britisch geprägten Bobclubs –

Die Schlitten sahen im Wesentlichen so aus wie der

wo ihn die Versammlung per Akklamation zum Eh-

Prototyp des St. Moritzer Dorfschmieds Mathis. Ein

renpräsidenten wählte.

Brett, das auf ein Eisengestänge geschraubt war, da-

Die Erfindung des Dorfschmieds

lich. Besonders Wagemutige legten sich bäuchlings

Bobfahren war modisch und neu. Entwickelt hatten

auf den Schlitten. Mit einem Steuerrad konnte man

das Gefährt um 1890 der St. Moritzer Dorfschmied

so ebenfalls lenken. «Ventre à terre» nannte man

runter die Kufen, das vorderste Kufenpaar beweg-

Christian Mathis und der Engländer William Bul-

diese Haltung. Und bald gab es erste Bobs, die vorne

pett, die zusammen bereits den stählernen Skele-

mit einer Haube versehen waren.

ton-Schlitten kreiert hatten. Sie verbanden zwei

Gebaut wurden die Schlitten von Handwerkern wie

Skeletons mit einem Brett, wobei dieses fix am hin-

Mathis. Von August Hartkopf in Davos etwa, den

teren Schlitten befestigt und mittels eines Bolzens

Gebrüdern Bachmann im neuenburgischen Val de

mit dem vorderen Schlitten verbunden wurde. Seile

Travers, die ihre Bobs über ihre Täler hinaus bis ins

machten das Gefährt lenkbar. Mathis und Bulpett

Ausland verkauften. Erfolgreichster Schweizer Bob-

waren von einem Amerikaner namens Stephen

bauer wurde der Engelberger Sanitärinstallateur

Whitney inspiriert worden. Dieser hatte in Davos

und Schlosser Karl Feierabend.

bei den Schlittenrennen Aufsehen erregt, als er zwei flache amerikanische Holzschlitten zusammenge-

Skifahren als Konkurrenz

hängt und sich bäuchlings daraufgelegt hatte und

Der Erste Weltkrieg stoppte das Bobfahren weitge-

allen andern davongefahren war.

hend. Der Bob Run von St. Moritz nach Celerina

Der Skeleton-Schlitten war also die Basis des Bobs.

wurde in einzelnen Kriegsjahren nur verkürzt ange-

Und auch das allererste Bobrennen der Geschichte

legt, doch ab 1919 wieder in der ganzen Länge ge-

fand auf der Strecke der Skeleton-Fahrer statt, dem

baut. In den 1920er-Jahren erlebte der Bobsport ein

1884 / 85 erbauten Cresta Run.

Comeback. Er wurde olympische Disziplin, 1928

Einst viele Natureisbahnen Bobfahren verbreitete sich rasch. Zunächst in den

20

2

war der St. Moritzer Bob Run Schauplatz der Rennen um Olympia-Gold und 1930 fanden in Caux oberhalb von Montreux die ersten Viererbob-Weltmeis-

anderen Bündner Winterkurorten; in Arosa über-

terschaften statt.

höhte man die Kurven der Strasse hinunter Rich-

Mitte der 1920er-Jahre verfügten 34 Orte in der

tung Litzirüti schon 1898 im Winter mit Schnee

Schweiz über eine Bobbahn. 1942 aber nur noch 14.

und Eis. In Davos baute man ab 1907 eine Bobbahn

Das hatte mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

von der Schatzalp ins Dorf. Engelberg, Mürren,

zu tun. Aber auch mit dem Aufkommen des alpinen

Grindelwald und Les Avants oberhalb von Mont-

Skifahrens, das allen Eissportarten, die vor dem Ers-

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


3

ten Weltkrieg so gross in Mode gewesen waren, den

4

grund von Fixpunkten im Gelände. Nur wenige Pas-

Rang ablief. Die «gesellschaftliche Bedeutung des

sagen sind fest installiert – die beiden 180-Grad-

Sports» habe sich in dieser Zeit verändert – bis 1928

Kurven «Sunny Corner» und «Horse Shoe» sind

hätten praktisch alle Bobfahrer in St. Moritz im no-

gemauert. Aber die ebenfalls um 180 Grad drehen-

blen «Palace» gewohnt, hielt der Engländer Hubert

den Zielkurve wird nur von einem kleinen Erdwall

Martineau fest, der den St. Moritz Bobsleigh Club

gestützt. Alle anderen Kurven werden allein aus

von 1922 bis 1969 präsidierte. Bobfahren wurde spä-

Schnee und Wasser gebaut, das dank einer Leitung

ter zur sportlichen Disziplin – zu mehr als einem

und Hydranten überall fliesst.

Hobby reicher Feriengäste.

«Die Kunst besteht darin, dass die Bahngeometrie

So ging es nach 1945 weiter. Doch bald war der

stimmt. Ein Bob muss sich trotz der Wirkung der

Olympia Bob Run von St. Moritz der einzige in der

Schwerkraft durch die Kurven steuern lassen», er-

Schweiz. Und zu Beginn der 1960er-Jahre gab es gar

klärt Brantschen. Und so hat sich die Bahn im Laufe

weltweit nur noch vier Bobbahnen. Die Möglichkeit,

der Jahre vielerorts leicht verändert. Manche Kur-

Eiskanäle künstlich zu kühlen, verhalf dem Sport zu

ven sind heute weniger hoch als beispielsweise vor

überleben. Doch bloss der Olympia Bob Run im eisi-

dreissig Jahren. Aber alle sind dicker – manche bis zu

gen Engadin ist heute noch eine Natureisbahn. Da-

zwei Meter – damit sie wirklich stabil sind. Und

hinter steckt ein pragmatischer Entscheid: Eine

auch, um die Kälte zu speichern, auf dass sie an mil-

technisch gekühlte Bobbahn wäre teurer.

Ein Knochenjob

5

1, 4 Nur zwei der Kurven des Olympia Bob Runs St. Moritz sind gemauert. Im Sommer ist die Bahn ein Weg mit Hydranten. Fotos: Werner Graf 2, 3 Bahnbau ist Knochenarbeit, auch wenn der Pneubagger mithilft. Fotos: Daniel Martinek 5 Und wenn alles präpariert ist, flitzen die Schlitten der Steilwand entlang. Foto: Engadin St. Moritz / Filip Zuan

den Tagen die Bahn kühl hält. Die Bahn zu bauen, ist nur eine der Aufgaben. Den rund zwei Kilometer langen Kanal zu unterhalten,

«Technisch» am heutigen Olympia Bob Run ist ein-

ist ein täglicher Job: Löcher mit Schneematsch fül-

zig der Schnee. «Selbst gemachter Schnee lässt sich

len, Unebenheiten abhobeln, frisches Wasser auf-

besser verarbeiten als natürlicher», sagt Christian

spritzen, um das Eis zu regenerieren, und wenn es

Brantschen, Bauführer, Celeriner Gemeindepräsi-

schneit den Schnee wegräumen.

dent und seit 1989 verantwortlich für den Bahnbau.

Sich selbst und der Natur überlassen wird der Eiska-

Wichtigstes Werkzeug seiner 15 Arbeiter ist – wie

nal erst im März. Den Abbruch überlässt man ganz

einst – die Schaufel.

der Frühlingssonne.

Auch wenn ein Pneulader hilft, grosse Schneemengen zu transportieren, die Bahn zu bauen ist harte Arbeit. «Ein Knochenjob par excellence», wie Brant-

Schnee, Sonne und Stars

schen sagt. Zehn Stunden sind die Männer durch-

Der Autor dieses Textes ist auch Verfasser des Bu-

schnittlich pro Tag am Werk. Leute, die sich harte

ches «Schnee, Sonne und Stars». In diesem Band

körperliche Arbeit gewohnt sind – Bauern, Älpler

wird die grosse Geschichte des Wintersports erst-

und Waldarbeiter aus Südtirol. Das ist seit Jahrzehn-

mals zusammenhängend – und reich illustriert –

ten so. «Bahnbau ist Teamarbeit, das ist enorm wich-

erzählt. Mit Beiträgen von Ursula Bauer, Peter Je-

tig», sagt Brantschen.

gen, Adi Kälin, Max Keller, Christof Kübler, Roland

Die Arbeiter müssen sich verstehen. Weil die Bahn

Küng, Sepp Renggli. Das Buch ist auch in einer eng-

vor Ort konstruiert wird, nach Augenmass, aber auf-

lischen Fassung erhältlich.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

BUCHTIPP: Michael Lütscher: «Schnee, Sonne und Stars – Wie der Wintertourismus von St. Moritz aus die Alpen erobert hat». Verlag NZZ Libro, 2014, Fr. 91.–

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Ein Fan des «Engadiners» Jules Roussette ist schon 45 Mal am Engadin Skimarathon mitgelaufen. Im Laufe der Jahre wurde er dank besseren Pisten und neuem Material immer schneller. Seine Begeisterung für das weltweit grösste Langlaufrennen gibt er auch in der Familie weiter.

Text: Muriel Gnehm

S

chon fast vorbei ist das Interview, als Jules

In den ersten Jahren starteten alle Läufer gleichzei-

Roussette abrupt aufsteht. Fast wäre es unter-

tig. «Einige», erzählt der Senior auf dem Sofa in der

gegangen, dass er uns seine ersten Langlaufski

gemütlichen Arvenstube, während seine Frau eine

zeigen möchte. Die Ski, die ihn ab 1949 durchs En-

Packung Schokoladenkekse aus der Küche holt,

gadin getragen haben. Er öffnet die Türe zu einem

«sind schon im Morgengrauen aufgestanden und

Reduit in seinem Haus in Borgonovo im Bergell.

haben ihre Ski in den ersten Reihen deponiert, da-

Knapp unter der Decke hängen sie. Roussette steht

mit sie einen guten Startplatz hatten.» Damals

auf ein Kinderstühlchen. Es reicht nicht. Also stellt

führte die Loipe in Zuoz noch durch einen Tunnel

er einen Harass darauf und klettert mit seinen 86

unter der Rhätischen Bahn durch. Der war so nied-

Jahren hinauf. Hilfe will er nicht annehmen, lieber

rig, dass man sich bücken musste. Aus den Lautspre-

hält er beim Hinausgehen galant die Türe auf.

chern dröhnte keine Musik wie heute, Speaker gab

Die roten, hölzernen Langlaufski haben keine Kan-

es aber schon bei diesen ersten Rennen. Damals sen-

ten und auch keinen Belag. Der Wachs kam direkt

dete das Schweizer Fernsehen erst am Montag nach

aufs Holz. Sie sind breiter als heutige Exemplare und

dem Rennen einen Fünf-Minuten-Beitrag, da die

viel schwerer. Roussette ist damals mit dem Zug

Filmaufnahmen nach Zürich gefahren, entwickelt

nach Zürich gereist, um ein Paar Occasionsski zu er-

und verarbeitet werden mussten.

gattern; in den Bergen gab es keine bezahlbaren Exemplare. Mit einem ähnlichen Modell ist er 1970

Immer bessere Zeiten

den ersten seiner bis heute 45 Engadiner Skimara-

Jules Roussette wurde mit dem Alter stetig schneller.

thons gelaufen. Die Startnummern tapezieren in-

Seinen ersten Marathon schaffte er in vier Stunden

zwischen das gesamte Treppenhaus. Nur ein Mal

und neun Minuten. 1985 brauchte er noch drei

musste er wegen Krankheit passen. Erzählt er von

Stunden und viereinhalb Minuten und 1997 lief er

diesem legendären Rennen zwischen Maloja und

mit zwei Stunden, 26 Minuten und 41 Sekunden

S-chanf – inzwischen eine der grössten Langlauf-

seine Bestzeit. Das lag nicht nur an seiner guten

veranstaltungen der Welt –, leuchten seine Augen

Kondition, sondern auch an den Pisten, die immer

wie jene eines kleinen Jungen an Weihnachten.

besser präpariert waren, und an den Skis, die schnel-

Von zwei- auf dreizehntausend 2124 Läufer hatten sich 1970 für die zweite Ausgabe

Rechte Seite: Am Start des «Engadiners» 1974 (oben) und 2016 (unten) Foto oben: Dokumentationsbibliothek St. Moritz / Hans Steinbichler, Foto unten: Engandin St.Moritz / Filip Zuan.

22

ler und schneller wurden. Seinen letzten ganzen Marathon lief Roussette 2015 zusammen mit seinem Sohn Bruno, seinem Enkel

des «Engadiners» angemeldet. «Damals waren die

Sebastian und rund 13’000 anderen Läufern. Auch

Zuschauer noch in der Mehrzahl», schildert

2016 war er dabei. «Aber ich war so dumm und habe

Roussette. Mit Einspur-Maschinen waren klassische

die falschen Ski gemietet», sagt er, während er sich

Langlaufspuren auf der 42 Kilometer langen Strecke

mit dem Finger lachend an die Stirne tippt. Der

gezogen worden, doch bald waren sie wieder vom

Schuppenski passte nicht zu den Schneeverhältnis-

Wind verweht. Es ging rauf und runter, runter und

sen, sodass für ihn das Rennen zum Skimarschieren

rauf. Nie waren alle Spuren gleich breit und oft lagen

wurde und er nach der Hälfte der Strecke aufgeben

sie so nah zusammen, dass sie sich die Läufer gegen-

musste. Obwohl er keiner ist, der schnell aufgibt.

seitig mit den Stöcken zerstörten.

Das ist auch an seiner Biografie abzulesen. Roussette

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017



ist in Santa Maria im Val Müstair aufgewachsen.

berto Giacometti. Aber kein Lebensmittelladen,

Trotz seines französisch klingenden Namens hat er

keine Bäckerei, keine Tankstelle und kein Restaurant

heimische Wurzeln. Seine Vorfahren waren in die

mehr im Dorf.

Bretagne ausgewandert, und da die Bretonen mit

Roussettes Heim steht am Dorfrand. Die Fläche des

dem Namen Ruset nichts anfangen konnten, wan-

Gemüsegartens ist doppelt so gross wie der Grund-

delten sie ihn kurzerhand in Roussette um.

riss des Hauses, in dem er mit seiner Frau drei Söhne

Der sportliche Ex-Zöllner

ganzen Tag über aufs Dach, am 21. November ver-

Jules Roussette wäre gerne Bauer geworden. Deshalb

schwindet sie hinter den Bergen und taucht erst am

besuchte er nach der Matura die Landwirtschafts-

21. Januar wieder auf. «Daran gewöhnt man sich»,

schule, obwohl die Aussichten auf einen Hof – der el-

sagt Roussette nur. Falls es ihm doch einmal zu düs-

terliche Hof wurde dem Ältesten anvertraut – klein

ter wird, fährt er hinauf ins Maiensäss der Familie,

waren. So liess er sich zum Zollbeamten weiterbil-

nach Isola am Silsersee. Hier ist auch der Ort, wo er

den. Erst «dienstete» er in Zürich, wo es ihm aber

für den Engadiner trainiert.

überhaupt nicht gefiel. Im schaffhausischen Bargen konnte er wieder durchatmen. In der Freizeit half er

Es geht nicht um Bestzeiten

auf den Äckern aus, erntete Äpfel, trieb Kühe zusam-

Ihm sei es nie um neue Bestzeiten gegangen. «Ich

men und er führte Regie im Dorftheater. Eines

habe kein einziges Mal auf die Uhr geschaut», sagt er.

Abends sass in den Zuschauerreihen eine Bündne-

Ihm ging es um die Vorbereitung. Denn die tue ihm

rin, die in einer Schaffhauser Zuckerbäckerei ein

gut. Und ein bisschen auch ums Dabeisein. Er trifft

Haushaltsjahr machte. Sie gefielen sich. 1973 wurde

immer viele Kollegen am Start, die mit ihm die Lei-

eine Stelle an der Grenze in Castasegna frei. Seither

denschaft dieses Rennens teilen. Alle, die mindes-

leben die Roussettes im Bergell.

tens vierzig Mal beim «Engadiner» dabei waren,

Vor nun bald drei Stunden wartete Roussette in sei-

zählen zu den «Giubilers». Sie essen am Freitag-

ner blauen Sportjacke an der Postautohaltestelle auf

abend vor dem Rennen jeweils zusammen.

die Reporterin. Er wollte mir die Tasche abnehmen

Diesen Sommer hatte Roussette Probleme mit dem

und das Dorf zeigen. Borgonovo, das sind: einige

Herzen. Ob er wieder trainieren könne, war im Zeit-

Dutzend Häuser mit Steindächern auf 1027 Metern

punkt des Gesprächs noch nicht klar. «Vielleicht

über Meer, drei Künstler, von denen einer im Schnei-

lebe ich dann gar nicht mehr», sagt er ohne eine

dersitz vor seinem Haus in der Sonne malt, eine Kir-

Spur von Kummer in der Stimme. Er klingt dabei ge-

che, eine Postautohaltestelle und das Grab von Al-

nauso fröhlich, wie wenn er über sein Leben spricht.

Jules Roussette startete 2015 zusammen mit Sohn Bruno und Enkel Sebastian. Foto: Fit for Life

24

grossgezogen hat. Im Sommer knallt die Sonne den

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


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Brett, Kajak und eine Schaufel Immer nur auf zwei Brettern den Hang hinabrutschen? Ist doch langweilig. Auf und neben den Skipisten gibt es auch aussergewöhnlichere Wintersportarten. Einige halten sich seit Jahrzehnten, andere sind eine kurze Modeerscheinung geblieben.

Text: Sina Bühler Illustration: Gregor Gilg

D

ie spektakulärste und vor allem nachhal-

aus. Wer heute einen dieser breiten Ski mit parallel

tigste Erneuerung im Wintersport fand wohl

montierten Bindungen sichtet, fühlt sich wie ein

in den späten 1980er- und frühen 1990er-

Ornithologe bei der Beobachtung eines Steinadlers.

Jahren statt, als immer mehr Snowboards aufkamen.

Monoski kamen in den 1960er-Jahren auf, und ob-

Heute ist es unvorstellbar, wie schief die jungen

wohl das Sportgerät im Tiefschnee und auf Buckel-

Leute damals noch angeschaut wurden. Vielerorts

pisten spektakulär aussieht, hat sich die Disziplin

durften sie die Skilifte nicht nutzen, weil sie mit den

nie etabliert. Auch eine neuere Monoskiform, mit

breiten Brettern die dannzumal üblichen zwei Spur-

der Kurven wie auf einem Alpin-Snowboard gecarvt

rinnen zerstörten. Und Skifahrerinnen und -fahrer,

werden können, schaffte es nie: Der taillierte Skwal

die so eng und elegant wie möglich die Hänge hin-

wird ohne Stöcke gefahren und hat hintereinander

unterwedelten, fühlten sich durch die Kurverei ge-

montierte Bindungen. Er gleicht damit einem Sla-

stört. Boarder (oder «Snöber», wie sie sich damals

lom-Wasserski. Erfunden wurde er 1989 in Frank-

selber nannten), welche die Piste gar nicht nutzten,

reich, einige Schweizer Hersteller gibt es heute noch.

sondern lieber im Tiefschnee Schanzen bauten, gal-

26

ten ohnehin als gefährliche Idioten. Dennoch

Telemark kommt wieder

wurde Snowboarden zum Massensport, und wer

Viel erfolgreicher ist Telemark, eine der alten Ski-

jung war, liess sich nicht mehr auf Skiern blicken.

fahrtechniken. Speziell ist die Bindung: Nur die vor-

Rund 25 Jahre lang, hielt der Snowboardboom an.

dere Kante des Schuhs ist am Ski befestigt, die Ferse

Heute wird wieder mehr Ski gefahren. Allerdings

ist frei. Um Kurven zu ziehen und gleichzeitig die

nicht alle Sorten Ski. Der Monoski beispielsweise,

Balance zu halten, beugen die Fahrerinnen und Fah-

schaffte es nie über einen kleinen Insiderkreis hin-

rer bei jeder Drehung bergseitig das Knie. Der inter-

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


nationale Skisport-Verband FIS führt einen Tele-

eine Runde weiterkamen. Doch wie bei so vielen

mark-Weltcup in den vier Disziplinen Riesenslalom,

Funsportarten wurde auch diese Idee durch eine

Classic, Sprint und Parallelsprint durch. In den letz-

noch wildere ersetzt. Die exotischen Wintersportar-

ten Jahren sind diese Disziplinen mit zahlreichen

ten haben deshalb meist nur ein kurzes Leben.

Zusatzaufgaben erweitert worden. So messen sich die Fahrerinnen und Fahrer auf der grossen Schanze,

Alter Sport – neue olympische Disziplin

dem Big Air, in der Halfpipe oder zu viert auf einem

Skeleton-Fahrerinnen und -Fahrer benutzten eigens

Telecross-Parcours mit Steilwandkurven, Boden-

präparierte Bahnen. Seit 2002 gehört diese Schlit-

wellen und mehreren Sprüngen.

tenfahrt fix in den olympischen Kalender. Entstan-

Mit dem Tempo 100 km/h unterwegs

tisch

Sprünge vollführen auch die Kiter, die im Sommer

Skeleton-Anfänger an. Heute ist die Bahn in St. Mo-

längst zur Szenerie auf dem Silvaplanersee gehören.

ritz nur Männern zugänglich. Obwohl sie anfangs

Ein Brett mit Schlaufen an den Füssen, hängen sie

noch zugelassen waren, ist es Frauen seit 1929 verbo-

den ist sie aber schon im 19. Jahrhundert. Etwas exomuten

die

aktuellen

Vorschriften

für

sich in ihre Lenkdrachen und lassen sich mit

ten, auf dem Bauch herunterzuschlitteln, angeblich

Höchstgeschwindigkeiten von 100 Stundenkilome-

wegen des Brustkrebsrisikos. Eine Änderung dieses

tern über das Wasser ziehen. Dabei vollziehen sie

Reglements ist weiterhin nicht geplant.

spektakuläre Sprünge. Bei der winterlichen Vari-

Auch Skijöring ist olympische Demonstrations-

ante, dem Snowkite, stecken die Füsse in Boots am

sportart – und war es schon 1928, an den ersten Spie-

Snowboard. Dank der Kraft des Windes lassen sich

len, die in St.Moritz stattfanden. Beim White Turf

so grosse Distanzen bewältigen und im besten Fall

auf dem St. Moritzersee wird nicht nur auf Schnee

kann man sogar leicht bergaufwärts fahren. Vor al-

geritten. Skifahrer lassen sich, zwei Zügel haltend,

lem die schneebedeckten Seen auf dem Berninapass

von unberittenen Pferden ziehen. Bei der langsame-

gelten als Zentrum der Schweizer Snowkite-Szene.

ren Variante lassen sich die Fahrer von einem Hund

Aber auch in Silvaplana, Bever und bei der Talstation

ziehen, bei den noch schnelleren Rennen wird ein

Furtschellas gibt es geeignete Flächen.

Motorrad vorgespannt.

Im Gegensatz zu den Kitern nutzen Snow-Kajaker

Das simpelste Schneesportgerät aber ist die gute alte

keine Wasserflächen. Sie rasen die Skipisten runter,

Schneeschaufel. Der Legende nach hockten sich

idealerweise auf einem präparierten Parcours mit

Skilift-Bügel-Männer nach dem Dienst darauf, um

Steilwänden, der einer Bobbahn nachempfunden ist.

talwärts zu sausen. 1997 war das Schaufelschlitteln

Ursprünglich wurde die Sportart als Winter-Training

eine Wettkampfdisziplin an den X-Games, der Sam-

entwickelt und es wurden die normalen Kajaks dazu

melveranstaltung der halsbrecherischsten Funsport-

genutzt. Es gab immer wieder Wettkämpfe, bei de-

arten. Allerdings nur ein einziges Mal. Danach

nen mehrere Kajakerinnen oder Kajaker gleichzeitig

wurde diese Disziplin selbst von den X-Games als zu

im Cross-Modus starteten und die zwei schnellsten

gefährlich eingestuft.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

27


dal 1912

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F O T O E S S AY

Nicht nur Sonnenseiten

D

Schneesturm

er Fotograf Daniel Marti-

stattfand.

Diese

windig-frostige Stimmung hat er

nek ist vor über zwanzig

in zeitlosen und ausdrucksstar-

Jahren aufgrund seiner

ken Bildern eingefangen.

Faszination für die Region ins Engadin gezogen. Er widmet sich

DANIEL MARTINEK

der Fotografie in diversen Feldern: für verschiedene Auftraggeber insze-

Fotograf

niert er Immobilien und Inneneinrichtungen, er porträtiert Menschen für Zeitungen und

Nach ersten Experimenten mit einer bewegten Kamera 2003 war Daniel Martinek 2013 während eines

Jahres regelmässig für Rolf Sachs’ Projekt «Camera in Motion» mit dem Zug auf der Strecke

Zeitschriften, und er dokumentiert anlässlich

Chur–St. Moritz–Tirano unterwegs. Die Bilder

seiner Reisen das Leben rund um den Globus.

wurden im Winter 2014 / 2015 in der Galerie An-

Die Grenzen zwischen Dokumentation, Wer-

drea Caratsch in St. Moritz ausgestellt. Der in-

bung und Kunst sind dabei oft fliessend.

zwischen erschienene Bildband «Rolf Sachs Ca-

Ein Teil der hier gezeigten Bilder stammt aus der

mera in Motion» (Kehrer Verlag) zeigt eine grosse

Edition «Polo Snow Storm». Entstanden sind

Auswahl der Fotos, auf denen die Grenzen zwi-

diese vor einigen Jahren, als sich für einmal

schen abstrakter Kunst und Landschaftsfotogra-

St. Moritz nicht von der Sonnenseite zeigte und

fie verschwimmen. Inzwischen arbeitet Daniel

das

Martinek bereits an einem nächsten Projekt.

Snowpolo-Turnier

30

in

einem

garstigen

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017



32

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

33


piz : Publireportage

«Die Bündner Art der Geldanlage» Neue digitale Anlageberatung der Graubündner Kantonalbank Die Graubündner Kantonalbank (GKB) hat ihre Anlageberatung komplett neu gestaltet. Seit Juli profitieren Kundinnen und Kunden von noch individuelleren Lösungen, einer digitalen, softwareunterstützten Beratung sowie einem Monitoring, das die Entwicklungen ihres Depots laufend überwacht.

Kundengespräch. Die Entwicklung von Vermögenswerten und wählbare Anlagestrategien werden in Echtzeit dargestellt und simuliert. Anhand der historischen Performance wird ersichtlich, wie sich das Portfolio mit der entsprechenden Strategie in der Vergangenheit entwickelt hätte. Für künftige Investitionen simulieren Kunde und Berater auf dem Tablet gemeinsam die Erfolgsaussichten verschiedener

Anlagestrategien,

damit

das

Portfolio bewusst und weitsichtig festgelegt werden kann. Die Visualisierung hilft, das Anlageoptimum anhand der persönlichen Renditeziele und Risikobereitschaft zu bestimmen und das aktuelle Depot daran anzugleichen. Beim neuen GKB Beratungs-Mandat

können

Anleger

ihre

Präferenzen

auswählen und beispielsweise bestimmte Branchen, Titel oder Währungen individuell Wichtiger Bestandteil im Kundengespräch: die tabletgestützte Anlageberatung mit moderner Visualisierung.

A

nlageerfolg hängt zu einem grossen

im Kundengespräch anschaulich und ver-

Teil von der richtigen Anlagestrategie

ständlich erlebbar, so dass Anlegerinnen und

ab. Entsprechend wichtig ist eine

Anleger auf die Herausforderungen moderner

massgeschneiderte Lösung, die optimal auf

Finanzmärkte vorbereitet sind. Technik ist

die Erreichung der jeweiligen Anlageziele

wichtig, Schlüsselkompetenz bleibt die per-

ausgerichtet ist. Die neue digitale Anlagebe-

sönliche Beratungsleistung», bestätigt Chris-

ratung der Graubündner Kantonalbank be-

toph Raschle, Leiter GKB Region St. Moritz.

gegnet der wachsenden Komplexität im Anlagegeschäft mit einer innovativen, softwareunterstützten Beratung, unterlegt mit dem

Neues Beratungserlebnis dank modernster Software

gesamten Wissen ihres Investment Centers.

Die tabletgestützte Beratung mit moderner

«Damit macht die GKB ihre Anlagekompetenz

Visualisierung ist ein wichtiger Bestandteil im

festlegen.

Christoph Raschle, Leiter Region St. Moritz


Passendes Angebot für jedes Bedürfnis – individuell wählbar

Die neuen Produkte in der Anlagepalette der GKB unterscheiden sich in der Intensität der Betreuung, im Umfang der enthaltenen Dienstleistungen sowie im Preismodell. Die Palette beginnt beim kompakten GKB Anlage-Depot, einer Lösung für Anlegerinnen und Anleger, die ihre Entscheidungen eigenständig treffen und wenig Beratung wünschen. Das GKB Beratungs-Mandat kombiniert die Anlageexpertise mit der Entscheidungsfreiheit des Kunden. Es eignet sich für Anleger, die aktiv mit ihrem Depot arbeiten, ihre Anlageentscheide selber fällen, gleichzeitig aber von einer qualifizierten Beratung und Anlageempfehlungen profitieren möchten. Abgerundet wird das Angebot mit dem GKB VerwaltungsMandat, der klassischen Vermögensverwaltung. Hier überlässt der Kunde den erfahrenen Anlagespezialisten die Entscheide im Rahmen

Die GKB setzt auf Kontinuität und Individualität in der Beratung.

der gewählten Strategie. Die Bank reagiert umgehend und selbständig auf Veränderungen, um das vereinbarte Anlageoptimum

und die Anlagen bleiben jederzeit unter Kon-

Kantonalbank auf Kontinuität und Individuali-

möglichst zielkonform zu erreichen.

trolle. Beim Beratungs- und Verwaltungs-Man-

tät. Mit der neuen digitalen Anlageberatung

dat profitieren Kunden zudem von individuellen

bietet sie optimale Voraussetzungen dafür, in-

Empfehlungen zur Portfolio-Optimierung.

dem sie innovative Technologie als Beratungs-,

Laufende Portfolio-Überwachung – immer gut informiert

Das GKB Investment Center überprüft die Depots mittels modernster Software laufend.

Langfristiger Erfolg dank Individualität und Kontinuität

Anlageempfehlungs- und Monitoring-Unterstützung einsetzt. Ein zentraler Vorteil für Kundinnen und Kunden ist, dass sich die An-

Während Technik und Systemunterstützung

lagen einfach visualisieren und in Echtzeit

die Bank Anlegerinnen und Anleger über rele-

das Anlegen in vielerlei Hinsicht verständlicher,

darstellen lassen.

vante Entwicklungen, insbesondere bei Ab-

einfacher und – mit Blick auf regulatorische

weichungen von der definierten Anlagestrate-

Anforderungen – auch sicherer machen, bleibt

Detaillierte Informationen zu den Anlagepro-

gie. Auf diese Weise kann eine schnelle

die Schlüsselkompetenz die Beratungsleis-

dukten der Graubündner Kantonalbank sind

Reaktion auf aktuelle Entwicklungen erfolgen

tung selbst. Dabei setzt die Graubündner

verfügbar unter gkb.ch/anlegen.

Je nach gewählter Dienstleistung informiert

Graubündner Kantonalbank – führend in Graubünden Die Graubündner Kantonalbank bietet alles, was eine moderne Universalbank ausmacht – für Privatpersonen, die Wirtschaft und die öffentliche Hand. Die Bank beschäftigt 1’018 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 30.06.2016). Das Unternehmen ist im grossen, weit verzweigten und mehrsprachigen Kanton mit 60 Standorten vertreten, Hauptsitz ist Chur. Die Graubündner Kantonalbank ist an der Privatbank Bellerive AG in Zürich und an der Albin Kistler AG in Zürich beteiligt. Im Halbjahresergebnis weist sie mit einer Bilanzsumme von CHF 23’654 Milliarden einen Konzerngewinn von CHF 90.4 Millionen aus. Der Partizipationsschein GKB ist seit dem 10. September 1985 börsenkotiert.

Christoph Raschle Leiter Region St. Moritz Tel. +41 81 837 02 01 E-Mail: christoph.raschle@gkb.ch Graubündner Kantonalbank Via Maistra 1, 7500 St. Moritz gkb.ch/privatebanking


Die Retter der Lagalb-Bahn Der Piz Lagalb ist für viele der schönste Skiberg des Oberengadins. Obwohl die wechselnden Eigentümer nie auf einen grünen Zweig gekommen sind, ist es doch immer wieder gelungen, die Bahn und damit das Skivergnügen zu retten – auch dieses Jahr wieder.

Text: Marina U. Fuchs Fotos: Archiv Foto Flury, Pontresina

N

och vor wenigen Monaten sah es ganz da-

fahrt vom Berg, baute die Bahngesellschaft im Val

des Piz Lagalb als «König der Skiberge» Mitte

Bügliet an der Berninastrasse den Skilift Motta Bi-

April 2016 mit einem Abschlussessen in der Bergsta-

anca, später auch die Sesselbahn Valin. Doch beide

tion definitiv zu Ende gegangen. Aber inzwischen

Anlagen brachten nicht die erhofften Erfolge. Des-

ist – zur Freude nicht nur der Lagalb-Fans – alles

halb unternahm man ab den 1970er-Jahren einiges,

überraschend und ganz anders gekommen und

um das Sommergeschäft zu beleben, und eröffnete

dank einer Gesamtlösung ist die Lagalb-Zukunft

bei der Bergstation das Alpinarium. Doch dort wa-

gesichert. Die Lösung sieht so aus: Die Piz Nair AG,

ren die Baukosten aus dem Ruder gelaufen, sie waren

deren Mehrheitsaktionärin die Familie Niarchos ist,

dreimal so hoch wie budgetiert und das Projekt

erwirbt per Juni 2017 die Diavolezza- und die

wurde trotz Steinbock «Archimedes» nicht zur er-

Lagalb-Bahn von der Engadin St. Moritz Moun-

hofften Attraktion.

tains AG. Im Gegenzug erwirbt die St. Moritz Moun-

Der zusätzliche Ein- und Ausstieg bei der damaligen

tains AG die heutigen Anlagen der Piz Nair AG. Da-

mittleren Stütze sowie der Skilift Li Cüni und ein

mit beginnt ein neues Kapitel in der wechselvollen

nie verwirklichtes Sportzentrum in der Ebene von

Geschichte der Lagalb.

La Rösa sollten mehr Gäste anlocken. Weitere Ski-

Schwieriger Start Der Start der Lagalb war fulminant: Anfang der 1960er-Jahre ersuchten drei Initianten aus Pontre-

36

Um den Skifahrern mehr zu bieten als nur die Ab-

nach aus, als sei die 53-jährige Geschichte

lifte wurden auf der Südseite gebaut. Sogar von einer – nie realisierten – Bahn von La Rösa auf den Gipfel war die Rede.

sina um eine Konzession für eine zweite Luftseil-

Lange Schlangen – hohe Schulden

bahn am Berninapass. Dies, nachdem die Diavo-

Trotz aller Bemühungen: Zehn Jahre nach dem Start

lezza-Bahn 1956 ihren Betrieb aufgenommen hatte.

schrieb die Lagalb-Bahn wieder rote Zahlen – dies,

Die Finanzierung für das neue Projekt war umge-

obwohl sich um Ostern die Skifahrer in langen

hend zusammen: die erste Tranche des Aktienkapi-

Schlangen teils mehr als zwei Stunden geduldeten,

tals war nach eineinhalb Tagen bereits überzeichnet

um auf den Berg zu kommen. 1975 fehlten fast

und zusätzliche zwei Millionen Franken kamen in-

400’000 Franken an Einnahmen, weil ein wochen-

nerhalb von weiteren zweieinhalb Tagen zusam-

langer Schneesturm den Betrieb lahmgelegt hatte.

men. Im März 1963 fuhr die erste Gondel hoch zur

Sanierungsversuche scheiterten und es fanden sich

Lagalb. Die letzten Arbeiten waren bei Temperatu-

auch keine Käufer. 1977 schien der Konkurs nicht

ren von bis zu minus 41 Grad ausgeführt worden.

mehr abwendbar, die Gesellschaft war mit rund

Doch kaum eröffnet, musste die neue Bahn einen

fünf Millionen überschuldet. Retter war die Gruppe

herben Schlag verarbeiten: Schon im zweiten Be-

Testa-Cathieni – Renato Testa und Pietro Cathieni.

triebsjahr fehlte eine Viertelmillion Franken in der

Sie gründeten eine neue Aktiengesellschaft und

Kasse. Der Buchhalter hatte das Geld veruntreut.

konzentrierten sich auf den Betrieb der Luftseil-

Zweimal wurde in den 1960er-Jahren die Talstation

bahn, das Bergrestaurant und den Skilift Motta Bi-

von Lawinen getroffen. Dagegen wurde für 400’000

anca. Alle anderen Anlagen wurden abgebrochen,

Franken ein Ablenkdamm gebaut.

teils verkauft, auch die Lifte auf der Südseite.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


Weitere rund zehn Jahre später, 1989, erwarb die

die St. Moritzer Bergbahnen, die Celeriner Bergbah-

Diavolezza-Bahn die benachbarte Lagalb-Bahn samt

nen samt Muottas Muragl schlossen sich zur Aktien-

dem Skilift Motta Bianca. Begleitet wurde diese Fu-

gesellschaft Engadin St. Moritz Mountains zusam-

sion mit erheblichen Investitionen: Für 10,5 Millio-

men. Weil aber der Lagalb-Betrieb weiter Verluste

nen wurde die schweizweit erste, unbegleitete Pen-

schrieb, wurde im Zuge der «Strategie 2030» be-

delbahn für 80 Personen modernisiert. In den

schlossen, nach der Wintersaison 2015 / 2016 den

folgenden Jahren entstand die Beschneiungsanlage

Betrieb einzustellen und die Bahn abzubrechen.

auf der Lagalb. Das Angebot wurde mit Sonnenaufgangsfahrten ergänzt und für den Sommerbetrieb

… führt zu einem kollektiven Aufschrei

wurde eine Downhillstrecke für Mountainbiker ein-

Als dieser Entscheid bekannt wurde, kochten die

gerichtet, die später bis Poschiavo führte. Auf die

Emotionen hoch. Leserbriefschreiber empörten

Dauer war der Sommerbetrieb aber zu teuer. 2002

sich – doch vorerst geschah nichts. Bis der junge

wurde er wieder eingestellt. Doch am Winterbetrieb

Münchner Architekt Florian Wurfbaum die Initia-

wurde festgehalten, denn man war davon überzeugt,

tive ergriff und die Internet-Petition Pro Lagalb lan-

dass ohne Lagalb auch die Diavolezza-Bahn Gäste

cierte. Wurfbaum ist regelmässiger Feriengast im

verlieren würde. Deshalb wurde ein Zusammen-

Engadin: «Für mich ist die Lagalb nichts weniger als

schluss der beiden Skigebiete überlegt, doch diese

der beste Berg der Welt, die Hauptattraktion in mei-

«Vision 2025» liess sich nicht verwirklichen.

nem Skiurlaub.» Er schätze den Variantenreichtum

Angekündigte Schliessung …

Lagalb hätte er seine Ferienplanung überprüft, sagt

Die rundum schwierigere wirtschaftliche Situation

der Architekt. Und er mahnte: «Wer die Lagalb-

führte schliesslich 2007 zur grossen Fusion der

Bahn schliesst, nimmt auch eine Schliessung der

Bergbahnen im Oberengadin. Diavolezza / Lagalb,

Diavolezza in Kauf.» Pontresina werde so seinen ei-

Majestätisch erhebt sich die Lagalb aus dem Berninatal (links). Schon vor dem Bahnbau war der Berg ein beliebtes Ziel (oben rechts). Zwei Generationen LagalbBahn, einst gelb, heute blau.

der Abfahrten und die hohe Schneesicherheit. Ohne

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

37


Lagalb-Erinnerungen: Sesselbahn und Urkunde des Club 8847 der Autorin. Spuren im Tiefschnee wird man weiterhin an den Lagalb-Hängen ziehen können (rechts).

genständigen Charakter als Wintersportort verlie-

zwei schon pensionierten «alten Hasen» Beni van

kurzer Zeit kamen mehr als 4000 Unterschriften für

Engelen und Ruedi Wetzel.

die Petition zusammen.

Nachdem die Petition lanciert war, zeigte sich im

Generationen haben an diesem Berg die Freude am

Dezember 2015 ein Hoffnungsschimmer. Den In-

Skifahren ihren Kindern oder Enkeln weitergege-

vestoren Rainer Good und Georges Walliser gelang

ben. Die Lagalb, die sich mit b schreibt, weil ihr

es, Finanzzusagen für über 1,3 Millionen Franken

Name von «alba» (= weiss) abgeleitet ist, haben viele

für eine neu zu gründende Gesellschaft zusammen-

als ihr Stück Heimat bezeichnet. Unzählige Erinne-

zutrommeln. Die «Initiative Pro Lagalb» löste ein

rungen verbinden sich mit dem Berg, mit den stei-

breites Echo aus – und im Juni 2016 kam schliesslich

len – heute nicht mehr existierenden – Buckelpisten,

die gute Nachricht der einleitend vorgestellten Ge-

den Variantenabfahrten im Pulverschnee oder der

samtlösung.

Sulzschneeabfahrt nach La Motta, La Rösa und in schneereichen Wintern gar bis Sfazu.

Elf Abfahrten und ein Gipfelsprint In der Bergstation – so erinnern sich einige – gab es

DER DANK DER AUTORIN geht an Robert Bachmann, 1974–2003 Betriebsleiter der Diavolezza- und 1989–2003 zusätzlich auch der Lagalb-Bahn.

38

heimtipp, liebevoll gestaltet und geführt von den

ren und zum Anhängsel von St. Moritz. – Innerhalb

Ein Gewinn für alle Seiten Die «Initiative Pro Lagalb» wird in die Zukunftsplanungen mit einbezogen und die Unterstützer sind eingeladen, sich an der neuen Gesellschaft als Akti-

einige Saisons lang die angeblich weltweit höchst-

onäre zu beteiligen. «Wir wollen einen Weiterbe-

gelegene Spaghettiproduktion. Die Gäste sassen am

trieb der Lagalb ermöglichen, sehen aber nur eine

späten Nachmittag gerne so lange auf der Sonnen-

Möglichkeit dazu, wenn diese mit Diavolezza zu-

terrasse, bis sie der Pistendienst mit Nachdruck zur

sammen betrieben werden kann», erklärte Franco

letzten Abfahrt aufforderte.

Tramèr, Verwaltungsratspräsident der Piz Nair AG

Die Lagalb-Freunde hatten auch ihren eigenen

im Juni. «Dank unserer Erfahrung am hochalpinen

«Club 8847». Wer Mitglied werden wollte, musste

Corvatsch haben wir das Know-how, auch die Dia-

am gleichen Tag elfmal die Abfahrt bezwungen ha-

volezza- und die Lagalb-Bahn nachhaltig zu betrei-

ben und zusätzlich einmal bis zum Clubbriefkasten

ben», erklärt er. Natürlich falle es der Niarchos-Fa-

und zum Gipfel gelaufen sein. Zusammengerechnet

milie nicht leicht, sich von Piz Nair zu trennen, aber

hatte man dann die Höhe des Mount Everest, 8847

insgesamt sei eine Win-win-Situation für alle ent-

Meter, geschafft. Auch viel Prominenz gehörte zum

standen. Und auch Luis A. Wieser, Präsident des Ver-

Club, darunter Kaiserin Farah Diba, die mehr als

waltungsrates der Engadin St. Moritz Mountains AG,

einmal ihren Leibwächtern elegant und rasant da-

sieht Vorteile: «Die Übernahme der Piz-Nair-Bahn

vonfuhr. Dem «Club 8847» folgten 2004 die «Amici

erlaubt uns, den Betrieb im gesamten Gebiet Cor-

Lagalb». Sie würdigten bei einem Essen und einer

viglia / Piz Nair zu verbessern.»

Mondscheinabfahrt die bravourösen Leistungen

In dieser Wintersaison wird aber alles nochmals

der Pistenpräparierer mit einem Pokal.

beim Alten bleiben. Die Engadin St. Moritz Moun-

Eine wechselvolle Geschichte hat auch das Bergres-

tains AG betreibt sowohl die Lagalb- und die Diavo-

taurant hinter sich. Nach einem zeitweise desolaten

lezza-Bahn und Beni van Engelen und Ruedi Wetzel

Zustand wurde es in den letzten Jahren zum Ge-

werden wieder auf der Lagalb wirten.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


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Blindes Vertrauen auf der Piste In St. Moritz gehören sehbehinderte und blinde Kinder der Schule Sonnenberg in Baar zu den regelmässigen Schülerinnen und Schülern der Skischule. Am Ende des Skilagers fahren sie jeweils sogar ein Rennen. Text: Nina Rudnicki, Fotos: zVg

W

enn Claudia Blaser mit ihren Skischülerin-

Die Jugendlichen der Heilpädagogischen Schule Son-

nen und Skischülern auf den Pisten in

nenberg in Baar verbringen seit dreissig Jahren die

St. Moritz unterwegs ist, dann weicht sie

Wintersportwochen für Sehbehinderte und Blinde

ihnen nicht von der Seite. Mit «rechts» oder «links»

in St. Moritz. «Für die Kinder ist das Lager im Januar

weist sie die jungen Menschen über Funk an, wenn

der Höhepunkt des Schuljahres», schildert Turnleh-

sie eine Kurve fahren sollen. «Stopp» sagt sie, wenn

rerin Claudia Friedli. Bereits im Dezember steige die

die Schüler sofort anhalten müssen, etwa bei einem

Vorfreude. Einige Kinder würden auch richtig vom

Nothalt. Gehts um normales Abbremsen und An-

Ehrgeiz gepackt. Denn am Ende des Skilagers gibt es

halten, hören die jungen Leute ein «halt» im Kopf-

immer ein Skirennen. Dabei treten die Schülerinnen

hörer. Und wenn sie «drei, zwei, eins» vernehmen,

und Schüler allerdings nicht gegeneinander an, son-

dann wissen sie, dass am Skilift gleich ein Bügel oder

dern gegen sich selbst. Es gewinnt, wer zweimal die

Sessel kommt. Bei «drei, zwei, eins und weg» bügeln

gleiche Abfahrt in der möglichst gleichen Zeit fährt.

sie – oben angekommen – wieder ab oder steigen von

«Gewinnen kann damit auch ein Kind, das in dieser

der Sesselbahn. Insgesamt gibt es über ein Dutzend

Woche zum ersten Mal Ski gefahren ist», erklärt Clau-

solcher Kommandos, dank denen Blinde und Seh-

dia Friedli den Wettbewerbsmodus. Pro Lager reisen

behinderte Ski fahren können. Die Skischule St. Mo-

im Schnitt dreissig Kinder mit. Auf der Piste wird je-

ritz bietet diesen spezielle Kurse unter der Leitung

des Kind oder jeder Jugendliche von einer Skilehre-

von Claudia Blaser an.

rin oder einem Skilehrer begleitet.


Diese 1:1-Betreuung für Blinde und Sehbehinderte

Verantwortung zu gross. Man dürfe kein einziges

ist im Unterricht der Skischule St. Moritz Standard.

Mal unkonzentriert sein, erklärt Claudia Blaser. «Je-

Auch wenn sehbehinderte Erwachsene und gute

der Mensch hat wohl schon einmal rechts und links

Skifahrer unterwegs sind.

verwechselt. Wenn man Kommandos auf der Piste

Die Kurse sind vom Prinzip her gleich aufgebaut wie

gibt, darf das aber nicht passieren», sagt sie.

jeder Skikurs für Sehende. Es wird mit Ringen und Stangen gearbeitet, an denen sich die Kinder und

Viel Gespür nötig

Lehrpersonen festhalten und dann zusammen fla-

Schwierig sei auch einzuschätzen, wie viel jemand

che Pisten hinunterfahren. «Der Hauptunterschied

mit einer Sehbehinderung wirklich erkenne. Vor al-

ist, dass wir mit Blinden und Sehbehinderten viel

lem bei Kindern komme es immer wieder vor, dass

stärker über Berührungen arbeiten statt über Erklä-

sie angeben, mehr zu sehen. «Die können viel über-

rungen», sagt Claudia Blaser. Und weil diese Schüler

spielen», hat Claudia Blaser festgestellt. Als Lehrerin

ja nicht sehen, ob sich ihre Skis vorne überkreuzen,

müsse man vieles «erspüren», etwa die Grenze zwi-

sind sie mit Spitzenhalter ausgerüstet. So bekom-

schen Selbstbestimmung und Anweisungen. «Es

men die Blinden ein Gefühl für die Beinstellung.

kann für die Schüler verletzend sein, wenn man sie

Dank solcher Hilfsmittel, aber auch dank der Erfah-

zu sehr führt», hat sie die Erfahrung gemacht. Und

rung der Skilehrer lernen blinde oder sehbehinderte

sie habe auch schon Bemerkungen gehört wie: «ich

Jugendliche laut Claudia Blaser im Schnitt gleich

sehe es schon.»

schnell Ski fahren wie Sehende.

Ist die Blindenskischule unterwegs, erkennt man

Schüler müssen Lehrern vertrauen

mit einem Piktogramm einer Person mit Stock. Seit

die Paare von Lehrerin und Schüler an den Westen

Dort, wo Sehende mit einem mulmigen Gefühl im

über dreissig Jahren gibt es diese speziellen Skikurse.

Bauch oben an einem Steilhang stehen und sich

Eingeführt wurden sie auf Initiative eines Skilehrers,

kaum wagen loszufahren, hat die Skilehrerin mit

der nach einem Autounfall erblindet war. Claudia

Blinden weniger Schwierigkeiten, denn diese Schü-

Blaser hat die Organisation der Kurse vor sieben Jah-

ler vertrauen ganz ihren Anweisungen. «Das Zwi-

ren übernommen. Am liebsten ist sie aber selber

schenmenschliche ist dabei extrem wichtig und die

draussen auf den Pisten unterwegs, statt im Büro zu

grösste Herausforderung», so die Erfahrung von

sitzen. Aufgewachsen ist sie in Arth-Goldau und

Claudia Blaser, die sich vor jedem Kurs überlegen

von dort aus seien sie als Kinder in praktisch jeder

muss, welcher Lehrer oder welche Lehrerin am bes-

freien Stunde auf die Rigi hochgefahren. «Ich bin

ten zum Schüler oder zur Schülerin passt. «Denn

praktisch auf der Skipiste aufgewachsen.» Nach ih-

wenn sich die beiden nicht sympathisch sind, dann

rer ersten Saison als Skilehrerin in St. Moritz ist sie

wird es schwierig, Vertrauen aufzubauen.» Über die

bis heute im Engadin geblieben, denn «es macht

Jahre habe sie aber ein gutes Gefühl entwickelt, wer

mich glücklich, wenn ich die Leidenschaft fürs Ski-

sich mit wem gut verstehen könnte.

fahren auch bei anderen wecken kann».

Ihren ersten Kurs für Blinde und Sehbehinderte hat Claudia Blaser Anfang der 1990er-Jahre gegeben. «Es war ein schwieriger Moment, denn ich war ziemlich aufgeregt», erinnert sich die 45-Jährige. Auch weil sie wusste, wie es sich anfühlt, blind Ski zu fahren, und wie sehr man sich auf andere verlassen können muss: Während der Ausbildungstrainings fuhr sie selber mit einer Brille, die unter anderem einen Röhrenblick simuliert. «Das war richtig unheimlich. Die Perspektiven und Umrisse sind ganz anders.» Ganz blind zu fahren, sei fast noch einfacher: «Vom Gefühl her war das so, als ob man in ganz dichtem Nebel fährt.» So habe sie sich besser auf die Kommandos konzentrieren können. Es gebe Skilehrerinnen und Skilehrer, die zwar einen Kurs als Blindeninstruktor absolvieren, dann

350 Mitarbeitende – 65’000 Unterrichtsstunden Die Schweizer Skischule St. Moritz-Celerina / Samedan ist die älteste und grösste Skischule der Schweiz, Gegründet wurde sie 1929 vom Ski-Instruktor und späteren Skischulleiter Giovanni Testa im Auftrag des Kurdirektors von St. Moritz, Walter Amstutz, und des Skiclubs Alpina. Mittlerweile gehört sie zu den grössten Arbeitgebern in der Region. In der Hochsaison beschäftigt die Skischule rund 350 Mitarbeitende und vermittelt 65’000 Unterrichtsstunden. Lernen kann man hier Skifahren und Snowboarden im Klassen- oder Privatunterricht auf allen Stufen, vom Anfänger bis zum Freestyle-Profi. Auch Freeriding und Variantenskifahren sowie die hier vorgestellten Skikurse für blinde und sehbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene gehören zum Programm. Auf Salastrains führt die Skischule ausserdem eine Bar und ein Restaurant. Dort gibt es auch einen Skiverleih und einen Skikindergarten.

doch keine Kurse übernehmen wollen. Ihnen sei die

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

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Ein Gebirgswald auf Rädern Der Hügel, auf dem Schloss Tarasp steht, ist heute dicht bewaldet, doch vor hundert Jahren war er kahl. Der damalige Schlossbesitzer, der Odol-König, liess ihn aufforsten. Jetzt sind Fotos aufgetaucht, die zeigen, wie Bäume von Flawil nach Tarasp transportiert wurden.

Text: Walter A. Büchi Fotos: Album Stahel, Ortsmuseum Flawil und Archiv Cultural Engiadina Bassa

W

ir geben Ihnen heute inliegende Bestel-

der Grundstücke verliefen harzig und nicht ohne

lung und möchten Sie nun ganz besonders

Misstöne. Die Gemeinde löste dann die «Atzungs-

bitten, die Bäume, Sträucher und Pflanzen

rechte» zu Gunsten von Lingner für einen Rappen

besonders sorgfältig auszusuchen. Excellenz inter-

pro Quadratmeter ab. Der neue Besitzer durfte da-

essiert sich selbst lebhaft für die Bepflanzung und

nach sein Land «zur Abhaltung des Weideviehes»

freut sich über jeden einzelnen Baum und Strauch.»

einzäunen. Sein Versuch, für das «Aufforstungspro-

Mit «Excellenz» ist Karl August Lingner (1861–1916)

jekt Schlosshügel Tarasp» Subventionen zu bekom-

gemeint, der Odol-König, der als Kurgast das verfal-

men, scheiterte allerdings an den Bundesbehörden:

lene Schloss Tarasp entdeckte, kaufte und mit gros-

Das Areal sei zu klein, lautete die abschlägige Ant-

sem Aufwand ab 1907 wieder aufbauen liess. Ein Ort

wort aus Bern. Und um einen Schutzwald handle es

der Kultur und der Gastfreundschaft sollte es wer-

sich hier «entschieden» nicht.

den, ein «klingendes Schloss», wofür seit genau

Oben: Schloss Tarasp, gemalt von Königin Carola von Sachsen (1833-1907). Sie verbrachte jeweils ihre Ferien im Hotel Tarasp.

42

hundert Jahren die mächtige Salonorgel steht.

Kontakte nach Flawil

Ein Blick in die teilweise erhaltene Korrespondenz

Doch auch ohne Subventionen setzte Lingner seine

zeigt, dass sich Lingner gleich am Anfang des Wie-

Pläne um. Am 17. August 1908 teilte er dem Gemein-

deraufbaus auch darüber Gedanken machte, wie die

devorstand mit, «dass ich nunmehr die Absicht

rund 3,8 Hektaren Abhänge rund um den damals

habe, der Aufforstung des Schlosshügels näher zu

kahlen Hügel zu gestalten wären. Dass er dabei auf

treten». Freilich war dieses Tempo angesichts der

Schwierigkeiten stossen würde, muss ihm klar gewe-

Fülle von Bauproblemen im Schloss zu optimistisch.

sen sein: Die Hänge waren nicht Teil des Kaufvertra-

Die Akte zu den Anpflanzungen wurde erst 1913 an-

ges und wurden von zahlreichen Landwirten als

gelegt – das Dossier wird heute im Kulturarchiv Un-

Weide- und Ackerland genutzt. Erwerb und Tausch

terengadin aufbewahrt. Und hier zeigt sich: Lingner

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


DER FOTO-FUND: Redaktion und Autor verdanken den Fund der Fotos von den Baumtransporten dem Ortsmuseum Flawil (SG), das im Sommer 2016 eine Ausstellung über die ehemalige Baumschule der Gebrüder Stahel gezeigt hatte. Das Archiv Cultural Engiadina Bassa und die Schlossverwaltung Tarasp haben den Zugang zu den schriftlichen Quellen ermöglicht.

liess gleich einen ganzen Wald anpflanzen. Von ei-

ner Elbschloss, Karl Frauendorfer, in Tarasp ein, um

ner Sache überzeugt, mochte er nicht zuwarten,

Situation und Erfordernisse zu sondieren, unter-

suchte erstrangige Fachleute und machte sich in der

stützt vom Schlossarchitekten Walter Türcke. Letz-

Materie auch selber kundig.

terer stand mit Schlossbesitzer Lingner in Dresden

Kannte man sich vom Militär?

persönlich. Um den Gartenbau-Fachleuten in Fla-

in ständiger Verbindung – brieflich, telegrafisch,

Lingners einheimische Berater – wahrscheinlich der

wil einen Eindruck von Lingners Vorstellungen zu

Armeeoffizier und Hotelier Kaspar Pinösch – mach-

vermitteln, überschritt Frauendorfer gar seine Kom-

ten ihn auf eine Baumschule im sanktgallischen Fla-

petenzen. Er besorgte sich, an Lingner vorbei, Auf-

wil aufmerksam, welche den ungewöhnlichen Di-

nahmen von dessen Dresdner Besitzung und bat

mensionen des Unterfangens gewachsen schien

Baumschulbesitzer Stahel, «in Tarasp nichts von

und damals als schweizweit grösste und höchstge-

dieser Sendung zu erwähnen». Er sei «nicht offiziell

legene Baumschule Werbung machte: Gebrüder Sta-

ermächtigt», die Fotos an Dritte weiterzugeben.

hel, Flawil, Gartenbau-Geschäft, gegründet 1860.

Streng waren bei Lingner die Bräuche, wenn es um

Einer der Stahels, Heinrich, hiess im Dorf nur «Herr

Vertrauen ging. Auskunft über die Gestaltung der

Oberst». Da ist anzunehmen, dass Pinösch einen

Umgebung geben die Bilder übrigens nur wenig, sie

empfahl, den er vom Militär kannte.

zeigen vorwiegend die Innenräume.

Mit Schreiben vom 26. Juli 1913 setzte das Baubüro Schloss Tarasp die Bepflanzung mit Bäumen und

Von Arven bis zu Vogelbeeren

Sträuchern aus der Baumschule Stahel in Gang. Es

Welche Bäume und Sträucher gedeihen auf Tarasper

folgten mehrere Briefe und Besuche. Beispielsweise

Höhe am besten? Wie viele kommen wohin? Wo

quartierte sich der Obergärtner von Lingners Dresd-

wird der Hügel zum Wald, wo zum Park? Und welpiz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

Offerte der Baumschule Stahel für Pflanzenlieferungen nach Tarasp (oben links). In Flawil wurden Bäume teils auf Lastwagen, teils auf «Tieflader» zum Bahnhof transportiert (rechts). Blick ins Stahel’sche Fotoalbum.

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Oben: In Flawil wurden ausgewachsene Bäume mitsamt ihrer grossen Wurzelballen ausgegraben. Vom Bahnof Scuol gings mit Sechsspännern, begleitet von neun Fuhrleuten, hinauf zum Schloss Tarasp.

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ches sind die geeigneten Pflanzzeiten? Sind ausge-

der «eine sehr schöne Linde von ca. 6 Meter Höhe so-

wachsene Bäume von drei bis vier und mehr Metern

fort franco nach Station Schuls-Tarasp» hätte liefern

transportierbar? Wie funktioniert das Bewässern?

sollen: Trotz allem Bemühen fand er keine.

Auch das Ersetzen der «nicht gedeihten» Pflanzen sowie die Düngung mussten geregelt werden.

Logistische Meisterleistung

Dank des grosszügigen Budgets des Schlossbesitzers,

Obergärtner Frauendorfer erhielt gehörig Verant-

zahlloser Stunden harter Arbeit und der damals mo-

wortung: Er wählte in Flawil die Pflanzen aus, über-

dernsten Technik zog im Herbst 1913 ein Stück Ge-

wachte den Verlad und reiste nach Tarasp, wo er um-

birgswald auf Rädern durch die halbe Schweiz – es

gehend mit dem Abstecken der Plätze für die

muss ein spektakulärer Transport von Nadelhöl-

grösseren Pflanzen und der Wege, auch des befahr-

zern, Laubbäumen und Sträuchern gewesen sein:

baren Serpentinenwegs, beginnen musste. Dass die

Arven, Ahorn und Akazien, Fichten und Föhren, Bir-

Rhätische Bahn just im Sommer 1913 bis Scuol fer-

ken und Pappel, Blautannen und Kastanien finden

tiggestellt wurde, war ein Glücksfall. Den Umlad in

sich auf den Listen. Unter den Sträuchern fallen 200

Chur auf die «Kleinbahn» (!) hatte ein Gärtner der

Berberitzen auf und hundert Vogel- und ebenso

Baumschule Stahel zu überwachen. Stets war auch

viele Himbeeren. Auch Weissdorn, Wildreben und

Werkzeug und Material zu befördern, und Baum-

«Epheu in Töpfen» wurden transportiert. Dazu sech-

stangen – über fünfhundert an der Zahl.

zig Holunder und – zum Wohlgeruch – Rosen, Flie-

Welche logistische Leistung dies vor gut hundert

der und Linden.

Jahren war, zeigt ein im Sommer 2016 im Orts-

Einiges gab man auch bei anderen Lieferanten in

museum Flawil ausgestelltes Stahel’sches Fotoal-

Auftrag, vor allem einen Teil der vielen Nadelhölzer.

bum. In der Baumschule gab es schon die ersten

Pech hatte jener Kunst- und Handelsgärtner in Chur,

Lastwagen. Auf dem letzten Wegstück vom Bahnhof

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


Schuls-Tarasp über die Spitzkehren hinauf zum Schloss waren «Tieflader» mit sechs vorgespannten Pferden im Einsatz. Neun Männer begleiteten den

Baumschule bis Flawil Bahnhof

Transport – auch sie hielt Stahel im Bild fest. Eigenes Personal sollte der in Flawil für viele Initiativen bekannte Gartenbauunternehmer allerdings nicht ins Engadin mitbringen, wurde ihm in einem Brief beschieden. Es gebe «genügend Einheimische und Italiener». Zur Bewässerung wurde eine Ringleitung gelegt, zehn bis fünfzehn Zentimeter unter Boden. Berichtet wird von einem Heer von Giesskannen und einer Pumpe im Wildsee.

Flawil via St.  Gallen, St. Margrethen, Sargans bis Chur

LOGISTISCHE MEISTERLEISTUNG: Das Gartenbauunternehmen Stahel in Flawil (SG) war das grösste der Schweiz. Ausgewachsene Bäume bis auf den Tarasper Schlosshügel zu transportieren war vor über hundert Jahren eine Meisterleistung.

Architekt Walter Türcke, der als wortkarger Preusse galt, rang sich ein Lob ab: «Im Allgemeinen habe ich die neuen Pflanzungen recht gut vorgefunden und hoffe, dass dies auch den Beifall von Excellenz Lingner finden wird», schreibt er nach Flawil. Lingner dürfte die Anlage zuletzt beim Aufrichtfest im Sommer 1914 und noch einmal im Jahr darauf besichtigt haben. Die Gebrüder Stahel bewarben sich auch um Folge-

Umlad auf die «Kleinbahn» in Chur via Albula bis Bever

Bever bis Scuol

aufträge, um den Bau eines Tennisplatzes und um ein Gartenlabyrinth. Aber dazu kam es nicht mehr. Der Schlossbesitzer starb überraschend am 5. Juni

Bahnhof Scoul bis Schloss Tarasp

1916 in einer Berliner Klinik. Heinrich Stahel wurde drei Jahre später, 1918, Opfer der Grippeepidemie.

Jetzt wird der Wald gelichtet Rund um das Schloss sind die damals gepflanzten Bäume im Laufe der Jahrzehnte zu einem gesunden Mischwald gewachsen. Die natürliche Verjüngung funktioniert offensichtlich gut. Noch ist zu erkennen, wo einst das Birkenwäldchen angepflanzt wurde – auch wenn es inzwischen von Föhren und Arven durchwachsen ist. Auch einzelne von Stahel fotografierte Solitäre wie die mächtige Hängebuche, eine Zuchtform der Rotbuche, stehen noch. Eine reiche Vielfalt an Sträuchern säumt den Waldrand, Nachkommen der damals hierher gebrachten Pflanzen. Der schmale Weg, der sich im Südhang in die Höhe windet, ist bis heute talseits von rund fünfzig Fichten gesäumt, die einst in regelmässigen Abständen von drei bis vier Metern nebeneinander gesetzt wurden. Auf der Nordseite präsentiert sich der Schlosshügel dagegen als Park. Die Fahrstrasse, die dort hinaufführt, ist mit Originalmauern aus der Bauzeit und steinernen Strassenpfählen gesichert. In diese historische Umgebung hat der neue Schlossbesitzer, der Künstler Not Vital, bereits erste Akzente gesetzt und Kunstwerke aufstellen lassen. Der Schlosspark soll auch ein Skulpturenpark werden, dies hatte Vital schon beim Kauf angekündigt. Dazu muss der eine oder andere Baum weichen, was der an vielen Stellen inzwischen dichte Fichtenwald allerdings gut verträgt.

Ab 1907 liess Odol-König Karl-August Lingner die Ruine von Schloss Tarasp wieder aufbauen. Sie stand auf einem kahlen Hügel (oben). Wenige Jahre nach der Aufforstung dokumentierte die Baumschule Stahel ihr Werk in Fotos (unten).


Hochsaison für die Spitäler «Knochenschlosserei» – so werden in den Wintermonaten die Spitäler und Unfallstationen in den Skigebieten bezeichnet. Auch die Chirurgen im Engadin haben zwischen Dezember und April besonders viel zu tun.

Text: Franco Brunner

P

erfekt präparierte Pisten und unberührte Neu-

mehr erdulden müssen. Als Alternative werde mehr

schneehänge verleiten dazu, schwung- und

operiert. Auch die Spezialdisziplinen forcierten die

stilvolle Spuren zu ziehen. Doch passt man –

operative Versorgung.

wenn es dann so weit ist – nur für einen kurzen Moment nicht auf, kann aus der Freude schnell Schmerz

Schnellere Pisten, schwerere Verletzungen

und Leid werden. Dann nämlich, wenn man in der

Michel Conti, Chefarzt des Spitals Oberengadin,

Statistik zu den rund 80’000 Wintersportler innen

stellt fest, dass sich das Verletzungsbild in den letz-

oder -sportlern wird, die jedes Jahr auf Schweizer

ten Jahren verändert hat. In der Fachsprache ist die

Pisten verunfallen. Die Art der Verletzungen bei Pis-

Rede von mehr «Hochenergie-Traumen». «Das Ma-

tenunfällen haben sich mit der wechselnden Sport-

terial ist einfacher zu fahren, die Möglichkeiten wer-

ausrüstung in den letzten Jahren immer wieder ver-

den vielfältiger und die höheren Geschwindigkei-

ändert, aber auch die Behandlungsmethoden und

ten und Kräfte, die auf den Körper einwirken, führen

-möglichkeiten haben stets Fortschritte gemacht.

zu immer komplexeren Verletzungen», so Conti. Es

Operieren statt Gips

Oben: Gebrochenes Schlüsselbein Röntgenbild: zVg

46

gebe häufiger Mehrfachfrakturen und geschädigte Gelenke. Die Ärzte registrieren eine Zunahme von

Im Münstertal stellt der Chefarzt des Center da

schwerwiegenden Kniegelenksverletzungen.

sandà Val Müstair in Sta. Maria, Theodor von Fellen-

Frank Kuhlhoff, Chefarzt im Gesundheitszentrum

berg, zuerst einen veränderten Anspruch der Patien-

Unterengadin in Scuol, behandelt oft Bänderverlet-

tinnen und Patienten fest. Es würden immer weni-

zungen bis hin zu schwersten Verletzungen des

ger Brüche gegipst. Die Patienten wollten wenn

Kniegelenkes und des Unterschenkels. Auch schwere

möglich keine sechs- bis achtwöchige Gipsfixation

Schulterverletzungen sind häufiger geworden. Der

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


Arzt führt dies auf den Kunstschnee zurück. Dieser

sonellen Ressourcen schwerpunktmässig auf den

«technische Schnee» führt öfter zu härteren, oft eisi-

Winter. Trotz mehr Beschäftigten müssen viele

gen Pistenverhältnissen. Schwere Schulterverlet-

Überstunden geleistet werden. Auf Ferien muss das

zungen kommen deshalb auch bei vorsichtigen Ski-

Personal während der Wintersaison weitgehend

fahrern und bei tiefen Geschwindigkeiten vor.

verzichten. Das macht es schwierig, vor allem jüngere Mitarbeitende zu rekrutieren, weil solche Dau-

Tausend Unfälle pro Saison

ereinsätze nicht mit ihrer persönlichen «Work-Life-

Dass Wintersportunfälle nicht selten sind, zeigt ein Blick in die Spitalstatistiken. «Im Gesundheitszent-

Balance» übereinstimmen.

rum Unterengadin behandeln wir während der

Spezialisierung nicht möglich

Wintersaison von Dezember bis Mitte April rund

Die Engadiner Spitäler sind für den Winter gerüstet.

1000 Unfälle ambulant und ungefähr 300 Notfälle

Sich dabei auf eine medizinische oder chirurgische

stationär», schildert Frank Kuhlhoff. Im Spital Ober-

Richtung zu spezialisieren, ist allerdings nicht mög-

engadin werden in den Wintermonaten im Durch-

lich. «Die Verletzungen sind zu vielfältig», erklärt

schnitt pro Tag nicht weniger als fünf Frakturen ope-

Michel Conti vom Spital Oberengadin. Hier bestehe

riert. Auch in St. Maria kommen pro Saison rund

die Spezialisierung darin, mit einer guten techni-

hundert verunfallte Wintersportler ins Spital.

schen Ausrüstung und mit Erfahrung sowie dank

Und was hat die hohe Helmtragquote unter den Ski-

stetiger Aus- und Weiterbildung komplexe Verlet-

fahrerinnen und Skifahrern gebracht? Frank Kuhl-

zungen behandeln zu können.

hoff stellt zwar keine zahlenmässige Reduktion fest,

Eine eigentliche Spezialisierung gibt es auch in den

aber die Schwere der Verletzungen habe abgenom-

anderen Südbündner Spitälern nicht. In Scuol sind

men. «Trotzdem sind wir immer noch mit Kopfver-

die Ärzte allerdings in der Lage, Kniegelenksverlet-

letzungen konfrontiert», stellt er fest. Allerdings lie-

zungen sofort und wirkungsvoll zu behandeln, von

ssen sich diese glücklicherweise meist gut therapieren.

der Bänderzerrung bis zum Bruch. Bei allem medizinischen Fortschritt ist es allerdings

Personelle Herausforderung

am besten, gar nicht erst auf dem Operationstisch

Auf das veränderte Verletzungsbild hat auch die Me-

zu landen. Dazu kann jede und jeder viel selber bei-

dizintechnik reagiert. Michel Conti stellt fest, dass

tragen: Fitness, eine korrekt funktionierende Aus-

man Frakturen heute viel besser versorgen kann.

rüstung, der Verzicht auf Alkohol oder Rauschmittel

Eine aktuelle Problematik zeigt sich jedoch beim

und eine überlegte Fahrtechnik senken das Unfall-

Personal. Im Spital Scuol konzentriert man die per-

risiko deutlich.

hals: 1,6 % 1,3 % | 1,8 % ellbogen / unterarm: 1,8 % 1,9 % | 1,6 %

kopf: 6,6 % 6,1 % | 6,9 %

Verletzte Körperregionen alpiner Skifahrer

schulter: 18,7 % 9,5 % | 24,7 % oberrarm: 4,2 % 4,5 % | 4,0 %

gesamt % frauen % männer %

hand / handgelenk: 3,0 % 2,7 % | 3,3 % daumen: 1,8 % 1,6 % | 2,0 % knie: 34,7 % 44,4 % | 28,2 % unterschenkel: 7,0 % 6,4 % | 7,5 %

hüfte / oberschenkel: 6,7 % 7,7 % | 5,8 %

sprunggelenk / fuss: 3,6 % 5,3 % | 2,4 % Verunfallte über 15 Jahre, Saison 2013/14. Quelle: www.ski-online.de / Auswertungsstelle für Skiunfälle.

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SNOW AND DESERT 28 & 29 JANUARY 2017 ZUOZ

The 2017 international art year starts with the art and architecture symposium E.A.T. / ENGADIN ART TALKS, which takes place for the sixth time on the weekend of 28 AND 29 JANUARY 2017. The E.A.T. / Engadin Art Talks were founded by CRISTINA BECHTLER and are led by DANIEL BAUMANN (Director of the Kunsthalle Zürich), BICE CURIGER (Director of the Fondation Van Gogh Arles), HANS ULRICH OBRIST (Artistic Director Serpentine Galleries in London) and PHILIP URSPRUNG (Professor gta / ETH Zürich). The E.A.T. / Engadin Art Talks provide a unique opportunity for the exchange of knowledge and experience between the invited artists, architects, creatives, curators, and art and culture enthusiasts in an informal and intimate setting. The intention is to perpetuate the tradition of the Engadin region as a place of creativity while simultaneously debating current trends in art and culture. The theme of this winter’s E.A.T. / ENGADIN ART TALKS is «SNOW & DESERT». Researchers, architects and creatives from all over the world will present their projects and ideas on this subject. THE 2017 PARTICIPANTS INCLUDE SUBHANKAR BANERJEE | SIMONE FATTAL | MANUEL HERZ | FRANCIS KÉRÉ | HEINZ MACK | EILEEN MYLES | PIPILOTTI RIST | EMILY SCOTT | HITO STEYERL | OSCAR TUAZON | RÜDIGER WEHNER | and others PROGRAMME Sat 10 am–1 pm and 3–6 pm, Sun 10.30 am–12 pm Location: Hall at Plazzet in Zuoz Preview of Muzeum Susch 12.30–3 pm For further infomation on programme, hotels and tickets please check our website www.engadin-art-talks.ch


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»Wer mit diesen drei beherzten Männern durch Graubünden wandert, der sieht, wie schön es ist. Und wie hässlich. Privathäuser von betörender Schlichtheit, Schulen wie ›pädagogische Steinhaufen‹ und Weltklasse-Bauten in Nebentälern: Die Fotos und faktenreichen Texte dokumentieren die spannende Balance zwischen Erhalten und Gestalten. Lob und Tadel werden deutlich verteilt und ebenso klar begründet. Hier wird der Mensch wesentlich.« Christine Richard, Basler Zeitung Köbi Gantenbein, Marco Guetg, Ralph Feiner (Hrsg.)

Himmelsleiter und Felsentherme, Architekturwandern in Graubünden

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Engadiner Dorfgeschichte

z er w ei s S c h u r pr ei t a r L i t e 2 0 16

Die bekannte Lyrikerin Leta Semadeni legt ihren ersten Roman vor: »Tamangur« erzählt von dem stillen Kind und seiner lebenstüchtigen Großmutter in einem Engadiner Bergdorf, das »nur ein Fliegendreck auf der Landkarte« ist. Der dritte Stuhl am Tisch ist leer, der Großvater ist jetzt in Tamangur. Leta Semadeni Tamangur. Roman 144 Seiten, gebunden, 10. Auflage 2016 978-3-85869-641-0, Fr. 22.–

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Architekturwandern

Rotpunktverlag.

©©Birdhead Birdhead


PIZZERIA Hotel Laudinella, St. Moritz-Bad, Winterprogramm 2016/2017 Weitere Veranstaltungen: www.laudinella.ch

15.12. Vergiiget – verjuchzed – verzapft.

11.1. Das Engadin leben. Gast: Philipp Walther; Moderation: Cordula Seger

Bühnenpotpourri mit Slam Poetry, Geige und Gesang, 20.30 h.

21.1. Jazz @ Reine Victoria mit Julie Fahrer und Band, 20.30 h.

15.–21.12. Jazz mit dem Anna Hirsch Quintett und Jazz-Konzerte mit

Chesa Pirani schliesst TV-Restauranttester Daniel Bumann (57) verliert wahrscheinlich seine Beiz «Chesa Pirani» in La Punt. Bumann wurde auf Ende April 2017 gekündigt. Der Besitzer will das Haus verkaufen. Ob das Restaurant unter einem neuen Eigentümer hier

27.2. «Goldrausch» von Charlie Chaplin, 1925, live begleitet von der Kammer-

der Band Hila Puntur, 20.30 h.

philharmonie Graubünden, 20.30 h.

26.12. Weihnachtskonzert mit Familie Saitkoulov Oppert, 20 h.

7.3.

Rainer Moritz liest aus seinem neuen

29.12. Kasperli-Theater «Hans im Glück», 17 h.

Roman «Die Überlebensbibliothek.

5.1.

Bücher für alle Lebenslagen», 20.30 h.

Annette Postel: «Champus Violett: Benjamin, ich hab nichts anzuziehn» 1920er-JahreRevue. Am Flügel Sebastian Matz.

6.–8.1. Zirkus Nock mit Essen. 6. und 7.1. um 18.30 h, 8.1. um 16 h.

15.3. Das Engadin leben. Gast: Reto Mathis; Moderation: Marina U. Fuchs, 20.30 h. 25.3. Jazz @ Reine Victoria mit Inez «For my Friends», 20.30 h.

bleiben kann, ist ungewiss.

Kunst im Hotel Sinestra Das ehemalige Kurhaus Sinestra oberhalb von Sent im Unterengadin

06.11.16 – 13.11.16 24.12.16 – 19.03.17

Kunst im Val Sinestra

ist ein vor der Welt verborgener Ort. Um ihn ranken sich Sagen und Geistergeschichten. Seit dem Herbst 2016 findet im Hotel eine Serie ausstellung. Die eingeladenen Künstler erschaffen ihr Werk mit Bezug zum Ort. Sie greifen behutsam ins Hotelleben ein, sie erzählen alte Geschichten weiter. Das Direktorenpaar Adrienne und Peter Kruit plant ein sich über die nächsten Jahre entfaltendes, Programm von jährlich zwei neuen Ausstellungen. Es werden auch kombinierte Kunst-, Naturund Genuss-Reisen angeboten. Ausstellung bis 19.3.2017, Führungen jeden Sonntag um 14 h. Anmeldung obligatorisch: 081 866 31 05.

Au a Fo t a r

www.sinestra.ch

sinestra-auaforta.com

von Kunstausstellungen statt – gekrönt wird sie von einer Gruppen-

Blick in die Fotogeschichte Das Fotogeschäft Flury in Pontresina gehört zu den ältesten der Schweiz. 1863 eröffnete der Bergführer Alexander Flury (1825–1901) sein erstes Studio mit eigenem Labor. Seine Bergführer-Kollegen und wohlhabende Engländer waren seine ersten Kunden. Im damaligen Studio wurden Apparate mit einem Negativformat von bis zu 40 x 50 cm verwendet. Einige der kostbaren Geräte befinden sich weiterhin in der Sammlung der Familie Lochau, die das Geschäft seit 1901 führt. Über all die Jahrzehnte haben sich Kameras und Geräte angesammelt, die teils noch

Fotomuseum Flury

aus der Gründerzeit stammen und heute in einem

Geführte Touren jeweils donnerstags, 17 h.

kleinen Museum versammelt sind. Foto Flury ver-

Voranmeldung bis 12 h

fügt auch über ein wertvolles Archiv mit mehr als

im Geschäft oder

2500 historischen Aufnahmen, von denen viele Negative in Form von Glasplatten noch erhalten sind.

Tel. +41 (0)81 842 62 16.

50

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


CHRISTOF RÖSCH KUNST + ARCHITEKTUR SCHIGLIANA 183 CH-7554 SENT/GR 0041 (79)320 20 08 ch.roesch@schigliana.com

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PIZZERIA Erinnerung an Ueli Handschin Der Bündner Journalist Ueli Handschin (1953–2016) starb

Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Winterprogramm 2016/2017 Details und Ergänzungen: www.waldhaus-sils.ch

31.12. «H2O»: Die Waldhaus-Bademeister lassen

nen und -Lesern bekannt,

zum Silvesterball Wasser in die Halle ein! 2.1.

Reportagen für unser Magaüber die wirtschaftliche Situation in Südbünden.

Tagblatt» arbeitete er in seiner

13.2. Schauspielerin Angela Winkler singt Lieder von Edith Piaf bis Sophie Hunger.

Stunde. Chronik des Zusammenhangs». Flurin Caviezel: «S’isch doch asò».

9.1.

Arien aus bekannten Opern und heitere

17.2. Paolo Alderighi und Stephanie Trick: «Double Trio» spielen Classic-Jazz vierhändig. 20.2. Filmabend: «The Grand Budapest Hotel»

Lieder mit Bariton Ruben Drole und

(2014) mit Erläuterungen des Regisseurs.

Simone Keller (Piano).

27.2. Musikalisch-literarischer Abend rund

13.1. Dokumentarfilm von Birgitta Ashoff:

um Gioachino Rossini und Erik

«Andrea Palladio – Gebaute Schönheit

Textwerkstatt Feldis zuletzt

Satie. Mit Alain Claude Sulzer.

im Veneto» (2008).

für die Depeschenagentur, für die «Südostschweiz» und

über die Schauspielerin Angela Winkler: «Einfach und stolz» (2004).

Alexander Kluge liest aus «Kongs grosse

6.1.

Nach Jahren als Korrektor und Redaktor des «Bündner

12.2. Dokumentarfilm von Christoph Rüter

Magie des Lichts» (2016).

Er war auch den piz-Leserin-

zin – zuletzt eine Recherche

«Eskapaden».

Dokumentation «Giovanni Segantini –

einer schweren Krankheit.

schrieb er doch mehrere

10.2. Martin Walker liest aus seinem Krimi

27.12. Filmabend: Christian Labhart zeigt seine

im November an den Folgen

3.3.

17.–21.1. Das Stradivari-Quartett auf einer Kultur-

weitere Medien.

von Anne Cuneo (1934–2015).

23.1. Anita Siegfried liest aus «Steigende Pegel» 6.3.

(2016) über den Visionär Pietro Caminada.

Welt – Dichter im Hotel» (2016).

Werke, kommentiert von Iso Camartin.

10.3. Jazzkonzert mit dem Dani Felber Quartett.

30.1. Chasper Pult im Gespräch mit Bibi Vaplan

13.3. Graziella Rossi und Helmut Vogel lesen

über ihr erstes Buch «E las culurs dals pleds».

aus Meret Oppenheims privaten Briefen.

Das «Churorchester» und Madame

17.3. Chasper Pult im Gespräch mit Miek

Hug spielen und singen Schlager der 6.2.

Rainer Moritz präsentiert sein Buch «Der schönste Aufenthalt der

27.1. Eleonore Willi spielt zeitgenössische

3.2.

Chasper Pult über «Eine Welt der Wörter – die Memoiren von Master John Florio»

reise ins Waldhaus.

1930er- bis 1960er-Jahre – neu verpackt.

Zwamborn über ihr Werk «Wir sehen

Wie Rolf Kienberger (1917–1994) das

uns am Ende der Welt» (2015).

Waldhaus geprägt hat. Von Urs Kienberger.

Nachfolgende Veranstaltungen: www.waldhaus-sils.ch

Werbung

Kino geschlossen Jetzt sind beide Kinos im Oberengadin zu. Nach Pontresina musste im Sommer 2016 auch das «Scala» in St. Moritz schliessen. Das Haus weicht einem Neubau. Lange hatte Betreiber Gianni Bibbia mit Unterstützung des Kinounternehmers Edy Stöckli nach einem neuen Ort gesucht – ohne Erfolg. Inzwischen wurde aber der Verein Cinefilm St. Moritz gegründet, der kurz vor Redaktionsschluss ankündigte, dass man bald Neues erfahren werde. Cinefilm St.Moritz ist

Gepflegte

<Websites> Nur ein aktueller OnlineAuftritt ist ein gutes Aushängeschild für Ihr Angebot!

Im ehemaligen Schulhaus von Tschlin soll im kommenden Frühling das «Center da Bainesser» den Betrieb aufnehmen. Initianten sind Corsin Biert – er hat mehrere Monate in einem Shaolin-Kloster in China verbracht – und der Arzt Andri Kasper. Das

Meine Leistungen: Webdesign und Programmierung, Update bestehender Websites, E-Mail Newsletter & Online Marketing

Zentrum will dem komplementärmedizinische,

piguetweb.ch

welche von drei Shaolin-Mönchen vermittelt wer-

Webpublishing aus dem Engadin Jon A. Piguet, Via Sura, CH 7554 Sent Telefon +41 81 860 31 81

«gesundheitsfördernde und krankheitsvorbeugende Methoden» anbieten. Zum Kernangebot werden Tai Chi, Qigong und Shaolin gehören, den. Auch Akupunktur, Tuina und traditionelle chinesische Medizin sollen später dazukommen. An Seminaren, Referaten und Workshops soll es um Gesundheitsthemen gehen.

auf Facebook zu finden.

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Komplementärmedizin in Tschlin

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


PIZZERIA Visualisierung: raumgleiter.gmbh

Theaterturm auf dem Julierpass

Neues Spa im Waldhaus

Giovanni Netzer und sein Theaterunternehmen Origen planen einen archaisch

Das Hotel Waldhaus, Sils, hat als Ergänzung

anmutenden Turm auf dem Julierpass. Netzer knüpft damit bewusst an den

zum bestehenden Hallenbad und dessen Anbau

Babylon-Mythos an, denn der Julierpass ist nicht nur eine Wasserscheide, son-

auf die Wintersaison hin ein neues Spa eröffnet:

dern auch eine Sprachgrenze. Das Theaterhaus will das griechische Landschafts-

eine Kathedrale der Entschleunigung. Durch

theater, das römische Amphitheater, den karolingischen Zentralbau, den hohen

imposante Schächte fällt Licht in die grosszügen

mittelalterlichen Sakralraum, das Shakespeare-Theater und das Opernhaus mit

Räume. Die Anlage bietet neben Sauna und

Logen kombinieren. Gebaut werden soll der Turm aus Holz. Energie und Wasser-

Dampfbädern ein Arven- und ein Lärchenbad.

versorgung sollen autark realisiert werden, alle Besucher werden mit öffentlichen

Neu ist auch der Whirlpool unter freiem Him-

Verkehrsmitteln auf den Julier gebracht. Der Turm soll im Spätsommer 2017 fertig

mel. Das bisherige Hallenbad steht nun ganz

sein und dann drei Jahre lang stehen. Um das Projekt zu verwirklichen, hat Ori-

den Schwimmern zur Ver fügung. Entworfen

gen beim Kanton um einen Beitrag von 800’000 Franken ersucht. Der Turm soll

wurde der Neubau von den Basler Architekten

insgesamt 2,5 Millionen Franken kosten.

Miller & Maranta.

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NAIRS Zentrum für Gegenwartskunst Die 2005 gegründete Fundaziun NAIRS ist eine einzigartige Synthese von Kunsthalle, Kulturzentrum und Künstlerhaus. Sie vernetzt das Engadin mit der schweizerischen und der internationalen Gegenwartskunst. Im frisch sanierten Badehaus am Inn, das 1913 erbaut wurde, findet neben dem Artists in Residence Programm ein reges Kulturprogramm statt: Ausstellungen, Führungen, Workshops, Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen, Kolloquien, Architekturveranstaltungen.

www.nairs.ch

Ausstellung «SPOT ON 1», bis 15.01.2017 DO–SO 15–18 Uhr (8.12.–25.12.16 geschlossen) Ausstellung «SPOT ON 2», ab März bis Juni 2017 DO–SO 15–18 Uhr Lichtinstallation «Fremd – Arbeit – Gast – Zimmer» von Yeb Wiersma, täglich ca. ab 18–23 Uhr Neu in NAIRS: Der multifunktionale Veranstaltungsraum kann für Anlässe gemietet werden. Weitere Infos: www.nairs.ch Fundaziun NAIRS, Zentrum für Gegenwartskunst 7550 Scuol/Nairs info@nairs.ch 081 864 98 02

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

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PIZZERIA LA TABLA Seit dem Sommer 2016 funktioniert die Rätoromanische Internetplattform «La Tabla». Die «Tafel» bringt Beiträge von Autorinnen und Autoren in allen Idiomen. «La Tabla» ist eine Initiative von Corina Gustin, die in Tschlin aufgewachsen ist. Zu den

Suvretta House, St.Moritz, Winterprogramm 2016/2017 Weitere Veranstaltungen: www.suvrettahouse.ch

5.1.

Vortrag zu Andy Warhol. Anlässlich der

17.3. Vaslav Nijinsky. Am 19. Januar 1919

Ausstellung «From Paris to New York» vom

tanzte Vaslav Nijinsky im Ballraum des

23.12.2016 – 5.3.2017 im Suvretta House.

Suvretta Houses zum letzten Mal öffentlich.

Von Wenzel Jacob, ehemaliger Direktor

Während dieser Aufführung erlitt er

der Bundeskunsthalle Bonn, 19 h

einen schweren Nervenzusammenbruch.

17.2. Präsentation der Britischen Flugstaffel «Red Arrows», ab 19 h

Christian Lvowski berichtet über den aussergewöhnlichen Tänzer, 19 h

Autorinnen und Autoren gehören Bettina Vital, Annatina Nay, Dominique Dosch,

Neue Seilbahnstation im Bergell

Vigne, Rest Giacun Dermont

Als die Albigna-Staumauer gebaut wurde, errichtete

und Anna Mengiardi. www.latabla.ch

Foto: Giorgio della Marianna

Fadrina Hofmann, Benedetto

man 1955 dafür zuerst eine Seilbahn. Architekt Bruno Giacometti, der für das EWZ zahlreiche Bergeller Bauten entworfen hat, plante auch die Seilbahnstationen. Jetzt haben die jungen Architekten Alder Clavuot Nunzi aus Soglio nach einem gewonnenen Wettbewerb die Neubauten erstellt, in gefalteten Formen aus Beton und Wellblech. Unter dem fein perforierten Wellblechmantel liegt das Treppenhaus. Hier begegnen sich die ein- und aussteigenden Passa-

endet, vier Meter über Boden, an einer Rampe, denn

giere. Die Bergstation wirkt zwar neben der riesigen

so hoch kann hier oben der Schnee liegen. Mit der

Staumauer winzig, sie ist aber grösser als die Talsta-

Bahn fahren jede Saison rund 14 000 Passagiere zur

tion und wie die Staumauer allein durch ihr Eigen-

Staumauer und zur Albignahütte hoch. Sie ist aber

gewicht verankert. Fenster geben hier den Blick auf

in erster Linie eine Betriebsbahn für die Angestellten

die Bahntechnik frei. Der Ausgang der Bergstation

der Kraftwerke.

Morteratschgletscher beschneien

Frühsommer zu beschneien. Wichtig sei es, das Eis an

Mit einer Fläche von 16,4 Quadratkilometern und

der sogenannten Gleichgewichtslinie zu beschneien.

einer Länge von sieben Kilometern ist der Morte-

Über dieser Linie wachsen die Gletscher (= Akkumu-

ratschgletscher der grösste des Kantons Graubünden

lationsgebiet), darunter schmelzen sie weg (= Ablati-

und er ist der wichtigste Wasserspeicher des Engadins.

onsgebiet). Mit den modernen Beschneiungslanzen

Doch er schmilzt weg. Allein 2015 hat er sich erneut

statt der früheren Schneekanonen könne man fast

um über 160 Meter zurückgezogen. Inzwischen hat

nur mit dem Druck des Wassers eine solche Anlage

der Glaziologe Felix Keller aus Samedan vorgeschla-

betreiben. Keller geht davon aus, dass der Gletscher

gen, einen Quadratkilometer der Gletscherfläche im

so in ein paar Jahren wieder wachsen werde. Um die Methode zu testen, soll am Diavolezzagletscher ab dem kommenden Sommer ein Versuch gestartet werden – dort existiert bereits eine Beschneiungsanlage. 2016 war wegen des anfänglich schlechten und kalten Sommers allerdings ein «gutes Jahr» für das ewige Eis. Und nicht allen Gletschern geht es gleich schlecht. Während am Morteratsch das Eis schmilzt, ist der Roseggletscher um ein paar wenige Meter gewachsen. – Fachleute weisen aber darauf hin, dass nur eine massive Reduktion unseres KohlendioxidAusstosses und damit ein Stopp der Klimaerwärmung den Gletscherschwund langfristig verhindern kann.

54

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017


#52

#51

mer

Som

| Stà

2016

Winter

| Inviern

017

2016 | 2

TE ELEGAN AFTERINNEN CH tin Peikert BOTSfike r MarR erbung. Der Gra G ZU rismusw WteEdie Tou GEprägNG N A IT FÜR n L U rkND N licheARBE DER RKENhaNndHA we HLITTE E val der Sicht.HNELLE SC ist heute ANRe SC Run in T vi Bob skanal. ist pia IS Ein ten Der OlymIALeinzige Naturei gkei R der T Fähi TEweit Awelt CHen Kalk SWALD M A S M E nt RG E gebrGE ALL BST GEI to. N an BI den Sgraffi DERN sp m SELStein überbiAU s zu F RÄ hügel von Tara Schloss Vom n Putz kam. Wie der LGIA de men und n SEen Bäu zuAsein ist ei O Br Fotografndwerker. ID GU gadine rter Ha ie En ialis Der spez hoch

i]

nad

tisa [ Ar

rk dorwt de’ invern r] t [ sp n a H erspo Wint

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BUCHER Cla Biert hören

Globi en il Parc Naziunal

Mademoiselle Rose

Ein Tal schreibt Geschichten

Cla Biert: «Beim Krämer. Der Galaball /

Aita Dermont-Stupan (Versiun rumant-

Thomas Gamma und Anna Luif:

Cordula Seger, Bettina Plattner-Gerber:

Pro'l butier. Il bal da gala.» 4 CDs, zwei-

scha): «Globi en il Parc Naziunal». Chasa

«Giacometti und der Fuchs». The Name

«Engadin St. Moritz – Ein Tal schreibt Ge­

sprachig, Limmatverlag 2016, Fr. 34.–

Editura Rumantscha, 2016, Fr. 22.–

Books, 2016, Fr. 36.–

schichten». AS Verlag, 2016, Fr. 58.–

«La müdada»

Tgi n’enconuscha

Als Alberto Giaco-

Die beiden Autorin-

da Cla Biert es

betg Globi, il legher

metti während

nen Cordula Seger

il prüm grond

utschè blau sin duas

des Zweiten Welt-

und Bettina Platt-

roman ruman-

chommas cun ses

kriegs nach einer

ner-Gerber haben

tsch, ingio chi

chapè e sias chaut-

Reise in die Schweiz

Stimmen zum Ober-

vain quintada

schas cotschen-nai-

nicht nach Paris

engadin recher-

– intretschada illa descripziun da la

ras? Ed uss datti el era per rumant-

zurückkehren kann, hütet sein

chiert, ausgewählt und gesammelt

regiun paurila i’l temp da seis

sch. Aita Dermont-Stupan ha fatg la

Bruder Diego allein das gemeinsame

und lassen sie für sich sprechen. Die

müdamaints radicals – l’istorgia

versiun rumantscha da quest

Atelier. Von einem Nachbarn be-

Leser durchstreifen eine vielstim-

d’amur da Tumasch e Karin, la giu-

cudesch en rima, mantegnend ils de-

kommt der Tierfreund Diego eine

mige Landschaft – manchmal heiter,

vna danaisa in vacanzas i’l nöbel

tagls e messadis dal text oriund.

zahme Füchsin geschenkt. Es

manchmal melancholisch, da wit-

hotel sper il cumün. Ils duos chapi-

Eigentlich hätte das erste Globi-

ist Liebe auf den ersten Blick. Diego

zig, dort besinnlich und immer ganz

tels centrals da quist’ouvra impor-

Buch auf Rumantsch schon 2014

tauft die Füchsin auf den Namen

nah am Leben. Die historisch beleg-

tanta da la litteratura rumantscha

zum 100-Jahr-Jubiläum des Natio-

Mademoiselle Rose. Als Alberto spä-

ten Geschichten werden durch Ge-

sun uossa preschaints eir sco

nalparks erscheinen sollen, doch die

ter zurückkehrt, verschwindet

spräche mit Menschen von heute

cudesch auditiv biling rumantsch e

Übersetzung brauchte ihre Zeit.

Rose. Niemand weiss, ob Alberto die

aus Kunst und Kultur, Sport und Po-

tudaisch. L’ouvra da Cla Biert es üna

«Globi en il Parc Naziunal» hat von

Türe absichtlich offen gelassen

litik, Handwerk und Wissenschaft,

bellischma éducation sentimentale,

allen Globi-Titeln die engste Verbin-

hat. Thomas Gamma und Anna Luif

Tourismus und Medizin ergänzt und

ün chapitel socioistoric ed üna

dung zum Kanton Graubünden. Die

haben zusammen mit der kolum-

bilden so einen lebendigen Beitrag

spüerta per minchün chi tschercha

rätoromanischen Verse hat Aita Der-

bianischen Illustratorin Mónica

zur «oral history» des Engadins. Ein

l’experienza da la richezza da la litte-

mont-Stupan mit viel Feingefühl für

Naranjo Uribe aus dieser Geschichte

sorgfältig recherchiertes Storytelling

ratura rumantscha.

den Rhythmus verfasst.

ein Kinderbuch gemacht.

und ein Stück lokale Identität.

Bergeller Gärten

Freilichtmuseum

Utopische Pläne

Zernez im Bild

Diego Giovanoli: «Historische Gärten

Ruth Michel Richter und Konrad Rich-

Anita Siegfried: «Steigende Pegel»,

Lucia Flachs Nóbrega, Rudolf Grass:

von Maloja bis Chiavenna», Somedia

ter: «Wandern wie gemalt, Graubünden»,

Bilgerverlag 2016, Fr. 31.90

«Rudolf Grass Zernez, 1906–1982, Dorf­

Buchverlag, 2016, Fr. 15.–

Rotpunktverlag, 2015, Fr. 43.–

Das Taschenbuch

Die unverwechselba-

Ein Schiffskanal

Im Schatten der

über die historischen

ren Farben des Enga-

über die Alpen! Der

grossen Fotografen,

Gärten von Maloja

dins oder die den Sü-

Mann muss grössen-

die die Wahrneh-

bis Chiavenna ist ein

den verheissenden

wahnsinnig sein!

mung des Engadins

Exkursionsführer

Gipfel des Bergells –

Anita Siegfrieds Ro-

bis heute prägen, ar-

zu allen öffentlich zu-

die Landschaft Grau-

man «Steigende Pe-

beiteten Dorffoto-

gänglichen Gartendenkmälern im

bündens ist so vielfältig wie die

gel» erzählt das Leben dieses Visio-

grafen wie Rudolf Grass. Abseits der

Bergell. Es enthält gartengeschicht-

Kunst, die von ihr inspiriert ist. Die

närs anhand von Akten, aber in

Touristenzentren porträtierten sie

liche und botanische Angaben. Die

14 Wanderungen – auch Winter-

Romanform. Pietro Caminada

Menschen, Bräuche, Dörfer und

Bildfülle erlaubt eine rasche Orien-

wanderungen – in diesem Buch füh-

(1862–1923), italienischer Ingenieur

Landschaften. Sie überliefern damit

tierung. Der Text enthält ausführli-

ren zu 22 Standorten bekannter und

mit Schweizer Wurzeln, hatte seine

ein authentisches Bild. Rudolf Grass

che Hinweise zur Entstehung, zur

weniger bekannter Gemälde, Skiz-

Ideen hartnäckig verfolgt. Wir folgen

etablierte sich neben den grossen

Identität und zur Bedeutung der ein-

zen, Stiche und Tourismusplakate.

ihm nach Rio de Janeiro, wo er eine

Konkurrenten mit einer breiten Pa-

zelnen Gartendenkmäler. Das Werk

Die Autoren laden ein zu intensiven

Strassenbahn baut, die Hafenanlage

lette fotografischer Dienstleistun-

entstand mit Unterstützung des

Begegnungen mit Giovanni Segan-

neu gestaltet und Pläne für die neue

gen. Neben Porträts und Passfotos

Bündner Heimatschutzes und ist

tini, den drei Giacomettis, Ernst

Hauptstadt Brasilia zeichnet. Doch

im Studio entstanden Bilder im

auch in einer italienischen Fassung

Ludwig Kirchner, Alois Carigiet –

nach ein paar Jahren kommt er mit

Freien, anlässlich von Hochzeiten,

erhältlich. Es wird im Tal selber über

aber auch zu Entdeckungen: ein

seiner brasilianischen Frau und drei

Festen und Vereinsanlässen, aber

das Tourismusbüro Bregaglia ver-

Landschaftsbild des deutschen Ma-

Töchtern zurück nach Rom. Hier

auch auf der Jagd, bei Unglücksfäl-

trieben, sowie in den Buchhandlun-

lers Otto Dix oder Ansichten des Un-

widmet er sich seinem Grossprojekt:

len und Naturkatastrophen. Das

gen Wega St. Moritz und in Il Palan-

terengadins des in Vergessenheit ge-

dem Schifffahrtskanal über den Splü-

Buch zeigt eine repräsentative Aus-

tin in Chur.

ratenen Malers Edgar Vital aus Ftan.

genpass von Genua nach Basel.

wahl aus seinem Werk.

56

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

fotograf», Limmatverlag 2016, Fr. 58.–


BUCHER Gebrauchsanweisung fürs Engadin

Bauzeugen der Moderne

Bündner Volkslieder 2

Andri Peer – zweisprachig

Angelika Overath: «Gebrauchsanweisung

Christof Kübler: «Die vergessene Moderne

«La Grischa 2» mit 2 CDs von Corin Cur-

Andri Peer: «Prosa 1945–1985» zwei-

für das Engadin» Piper Verlag, 2016,

im Oberengadin» Eigenverlag, 2016, Be-

schellas, Romanisch und Deutsch, Chasa

sprachige Ausgabe, Chasa Editura Ru-

Fr. 20.95

stellen: info@ latuor.ch, Fr. 10.–

Editura Rumantscha, 2016, Fr. 45.–

mantscha, 2016, Fr. 42.–

Vor fast zehn Jahren

In der Architektur

I cuntinuescha –

Ils texts da questa

fand Angelika Overath

spricht man von der

suenter il grond suc-

nova ediziun bilinga

eine neue Heimat. Ein

«Moderne» in der

cess da La Grischa

èn cumparids tranter

Umstand, der sie im-

Zeit der 1930er-

(2013) cumparan

1945 e 1985 en gaset-

mer noch mit einem

Jahre. Beeinflusst

ussa 49 chanzuns

tas, magazins, anto-

»Glückserschrecken«

von der deutschen

rumantschas veglias

logias exaustas;

erfüllt. Voller Zuneigung entwirft

Bauhausbewegung sind auch in den

e nunditg bellas: Jeu e ti ed jeu ed el,

intginas da questas paginas vegnan

sie das Panorama einer Region. Sie

Bündner Ferienorten entsprechende

O Strassburg, Cordöli, Il gran es fat

publitgadas per l’emprima giada. La

verbindet Alltagserfahrungen, Re-

Bauten entstanden, darunter das

aint e.a.v. Per scuvrir e rescuvrir.Tut-

prosa vegn commentada dad Andri

cherchen und Beobachtungen aus

ehemalige Olympia-Eisstadion und

tas chanzuns èn translatadas e ve-

Peer sez, dad Annetta Ganzoni, da

zufälligen Gesprächen oder Inter-

das Zeitmesserhaus der Skeleton-

gnan explicadas da Laura Decurtins.

Clà Riatsch e da Rico Valär.

views, Sie taucht ein in die Sprache,

bahn in St. Moritz, die Palü-Garage

Cun dus discs da Corin Curschellas

Eine Auswahl von Erzählungen und

die Geschichte und die Gemein-

oder das Hotel Donatz in Samedan.

ed ensembles. «La Grischa 2 n’è in-

Kurzprosa, herausgegeben von An-

schaft der Engadiner. So lernen wir

Auch die Innbrücke in Zuoz gehört

summa betg orientà mo al passà, ma

netta Ganzoni mit Kommentaren

nicht nur Rätoromanisch (quater jà

dazu. Andere Bauten sind inzwi-

cuntegna er in potenzial creativ per

von Clà Riatsch e Rico Valär. Die

quarter = Autos mit 4x4-Antrieb),

schen stark verändert oder abgebro-

l’avegnir.» Karoline Oehme-Jüng-

Texte sind zwischen 1945 und 1985

sondern auch, wie man Capuns oder

chen. La Tuor in Samedan widmete

ling, Directura da l’Archiv svizzer da

in Zeitungen, Magazinen, Antholo-

eine Nusstorte zubereitet. Sie erzählt

der Moderne eine Ausstellung und

chanzuns popularas.

gien und in verschiedenen heute

von der mythischen Welt der Sgraf-

publizierte dazu eine weiterhin er-

vergriffenen Ausgaben erschienen;

fiti ebenso wie vom Jet Set des White

hältliche Broschüre, die auch die un-

einige waren noch nie publiziert.

Turf und der Poesie der Engadiner

terschiedliche Entwicklung von Da-

Schwalben.

vos, Arosa und St. Moritz beleuchtet.

Der Sentner Pfarrer erinnert sich

Zu den Sagen wandern

Wilderer und Jagdfrevlern

Essen gehn! Engadin

Martin W. Pernet: «Das Lächeln der Ver­

Silvio Hosang: «Sagenhaftes Grischun.

Henrich Haller: «Wilderei im rätischen

Michael Lütscher: «Essen gehn! Enga-

gangenheit». Desertina Verlag, 2016,

Vergessene Sagen und Legenden» 2 Bände

Dreieck». Verlag Haupt, 2016, Fr. 39.90

din». www.essengehn.ch, Fr. 70.–

Fr. 24.–

und CD. Islandbooks, Fr. 38.–

Dieses Buch enthält Er-

Burgherren, Hexen,

Im Dreiländereck

Der Restaurantführer

innerungen an Begeg-

Drachen, Märtyrer

Schweiz–Italien–

fürs Engadin stellt 16

nungen mit Menschen,

und Bischöfe … Um

Österreich hat die

ausgezeichnete und

die in ihrer Art aus dem

sie dreht sich so man-

Wilderei Tradition.

sympathische Res-

Rahmen herausfallen.

che Sage. Darunter

Ausgehend vom

taurants im Ober-

Sie haben beim Sentner

gibt es Erzählungen,

Schweizerischen Na-

und im Unterengadin

Pfarrer Martin Pernet tiefe Eindrü-

die nur noch einer Handvoll Perso-

tionalpark im Engadin wird die ille-

vor. Darunter finden sich gemütli-

cke hinterlassen. Diese Menschen

nen in Erinnerung geblieben sind.

gale Jagd grenzübergreifend doku-

che Ausflugsbeizen wie das Risto-

standen nicht im Rampenlicht, son-

Zu diesen zählt Silvio Hosang. Er hat

mentiert und interpretiert.

rante Lagrev in Isola, aber auch vor-

dern verbrachten ihre Erdentage in

über fünf Dutzend vergessene Ge-

Nachforschungen im Zusammen-

nehme Restaurants in Grandhotels

abgelegenen Bergtälern, wo sie ihrer

schichten zusammengetragen und

hang mit illegalem Handel von

wie die Arvenstube im Waldhaus

harten und oft wenig ertragreichen

führt die Leser mit Wandertipps zu

Shahtoosh-Schals in St. Moritz führ-

Sils. «Essen gehn!» ist zugleich ein

Arbeit nachgingen. Gerade die Abge-

den Schauplätzen. Dazu ist auch ein

ten bis nach Tibet. Die Studie fokus-

Gutscheinbuch für diese Lokale und

schiedenheit der (keineswegs heilen)

Hörbuch, glesen von Gian Rupf, er-

siert auf die vergangenen hundert

damit ein ideales Geschenk. Wer

Bergwelt, in der der Alltag ganz an-

schienen. Oft geht es um die zähe

Jahre, wobei zeitgenössische Aktivi-

mindestens zu zweit in einem der

deren Regeln unterliegt als das Le-

unterdrückte Bergbevölkerung, die

täten ihre Auswirkungen auf Wild-

Lokale isst und das Buch mitbringt,

ben in der Stadt, prägt ihre Bewoh-

es verstand, sich mit Mut, List und

tiere und Massnahmen gegen die

bekommt einen Hauptgang ge-

ner auf ganz eigene Weise. Der Leser

Tücke gegen den ausbeuterischen

frevlerischen Übergriffe besondere

schenkt. Entscheidend bei der Aus-

wird sich oft in längst vergangene

Adel zur Wehr zu setzen. Ein über-

Berücksichtigung finden. Wilderer

wahl war der persönliche Ge-

Zeit versetzt wähnen, tatsächlich

aus unterhaltsames Buch mit über

gehören nicht nur ins Reich der Hei-

schmack der Herausgeber. Es sind

liegen diese Begegnungen aber erst

60 Sagen und Legenden zusammen-

matliteratur, sondern sind ein Risi-

Orte, wo die Küche und das ganze

wenige Jahrzehnte zurück.

gestellt in zehn Wanderrouten.

kofaktor für den Naturschutz.

Ambiente stimmen.

piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

57


VORSCHAU / PREVISTA

IMPRESSUM Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Schigliana 183, 7554 Sent Tel. +41 (0)79 610 48 04, info@editionpiz.ch, www.pizmagazin.ch

Energie | Energia Hatte der Begriff «Energie» bis vor zweihundert Jahren noch eine rein philosophische Bedeutung, ist daraus heute eines der wichtigsten Themen für die Gesellschaft geworden. Energie ist lebensnotwendig und die Voraussetzung für jede Veränderung . Deshalb wird Energie inzwischen in ganz unterschiedlichen Bereichen gemessen und bewertet. In der kommenden Ausgabe wird piz den verschiedensten Energiebegriffen nachgehen. Wir möchten zeigen, welche Bedeutung einer alpinen Region wie Südbünden bei der Energiewinnung zukommt – und dabei geht es um weit mehr als nur nur Elektrizität.

Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Strada Principale 27b, 7516 Maloja, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol

Foto: piz

Druck | stampa AVD, Goldach (SG) Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Ursula Bauer, *1947, Buchautorin und Journalistin, Zürich. Franco Brunner, *1977, freier Journalist und Texter in Chur, www.francobrunner.ch

Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd

www.pizmagazin.ch Nr. 52, Winter | Inviern 2016/2017. Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 20’000 Ex. Distribution: Piz liegt in der Region Südbünden in Hotels und Ferienwohnungen, in Restaurants, Tourismusbüros, Banken, Bahnhöfen, Arztpraxen, vielen Geschäften und weiteren öffentlich zugänglichen Orten auf. Bei Bedarf können jederzeit Hefte nachbestellt werden. Abonnemente: Edition piz, Schigliana 183, CH-7554 Sent. Zweijahresabonnement: Fr. 55.– (exkl. Versandkosten und Mehrwertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich automatisch um zwei Jahre. info@editionpiz.ch

Walter A. Büchi, *1945, Historiker, Publizist und Erwachsenenbildner. Lebt in St. Gallen. Sina Bühler, *1976, Freie Journalistin im Pressebüro St. Gallen, www.pressebuero-sg.ch Marina U. Fuchs, *1953, Kulturjournalistin und Publizistin, Celerina. Muriel Gnehm, *1982, Freie Journalistin in Zürich. Michael Lütscher, *1962, freiberuflicher Autor in Zürich, www.michaelluetscher.ch Daniel Martinek, *1968, Fotograf, St. Moritz und Zürich, www.danielmartinek.ch Nina Rudnicki, *1985, freie Journalistin in St. Gallen, www.ninanicki.com Barbara Ruf, *1981, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHdK und Kuratorin der Peikert-Ausstellung 2016 im Kunsthaus Zug.

Und so könntand Sie a Werbig macha: * *

Nächste Ausgabe: Juni 2017 Für unverlangt eingesandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.

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piz 52 : Winter | Inviern 2016/2017

Deutsch: Und so können Sie bei uns Werbung schalten:

PIZ-ANZEIGENVERK AUF | INSERATS: E. DECK MARKETING SOLUTIONS, STRADA PRINCIPALE 27B, CH-7516 MALOJA , E.DECK@SUNRISE.CH


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