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Sommer | Stà 2016
DER LANGE WEG ZUR ANERKENNUNG Ein Revival der handwerklichen Fähigkeiten ist in Sicht.
ALLES MATERIAL IST SELBST GEMACHT Vom Stein über den gebrannten Kalk und den Putz bis zum Sgraffito.
GUIDO BASELGIA
Der Engadiner Fotograf ist ein hochspezialisierter Handwerker.
[ Artisanadi ]
Handwerk
INHALT / CUNTGNU Editorial. Handwerk | Artisanadi
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Der lange Weg zur Anerkennung. Im Laufe der Zeit kamen handwerkliche Fähigkeiten in Verruf. Jetzt ist ein Revival in Sicht.
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Die Präzision von Guido Baselgia. Er ist einer der
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bekanntesten Fotografen – ein hochspezialisierter Handwerker.
Alles Material ist selbst gemacht. Vom Stein zum
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gebrannten Kalk, danach über die verschiedenen Putzschichten bis zum Sgraffito. Joannes Wetzel macht alles selbst.
Zwischen Passion und Perfektion. Rafael Jorsits ist
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Chef-Pâtissier. Pro Saison produziert er mit seinem Team 20'000 Pralinen als kleine, feine, süsse Präziosen.
Neue Kultur in alten Mauern. Das renovierte Zentrum für Gegenwartskunst Nairs und das vom Künstler Not Vital gekaufte Schloss Tarasp geben dem Unterengadin neue Impulse.
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Staunen über das Können von einst. Im Hotel
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«Reine Victoria» in St. Moritz-Bad hat sich die Handwerkskunst der Belle Epoque erhalten.
Kunstvoll von Hand gewoben. Die Tessanda in
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Müstair und die Tessitura in Poschiavo setzen auf den Trend zum Handgewebten.
Manufaktur gegen Schmiede. Eine Designkritik und ein
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Praxistest an zwei Kochmessern.
Die Handchirurgin hilft in Nepal. Katrin Hagen operiert in St. Moritz und in abgelegenen Gegenden im Himalajastaat Nepal.
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Werte checken, Filter spülen. Seit zwei Jahren ist das Ovaverva Hallenbad, Spa & Sportzentrum in St. Moritz-Bad in Betrieb. Ein Blick hinter die Kulissen.
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Oase dank Machern mit Herz. Sur En, das kleine
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Dorf am Inn im Unterengadin, ist ein kulturell und touristisches Vorzeigebeispiel.
Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.
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Pizzeria. Aktuelles und Kulturhinweise aus Südbünden.
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Vorschau. Impressum.
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Titelbild: Stalltüre in Ramosch, Foto: Christof Rösch Rechts: Tessanda Müstair, Foto: Maria Gapp
C R Y S TA L D' e n g i A D i n A
HATECKE
Handwerk Artisanadi Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur
W
as kommt ihnen bei der Betrachtung des Titelfotos in den Sinn? Wahrscheinlich auch der Satz, den Friedrich Schiller sei-
nem Wilhelm Tell in den Mund gelegt hat: «Die Axt
C
he as vain adimmaint cun verer la fotografia sülla cuverta? Probabelmaing eir la frasa cha Friedrich Schiller ha miss in bocca a seis
Guglielm Tell: «Die Axt im Haus erspart den Zimmer-
im Haus erspart den Zimmermann.» Wer immer
mann.» Quel chi ha fat quist ornamaint illa porta da
dieses Ornament in die Stalltüre in Ramosch gezim-
stalla a Ramosch ha forsa eir pensà a la frasa chi’d
mert hat, dachte möglicherweise auch an den zum
es dvantada ün proverbi. Ma ils maranguns, schi
Sprichwort gewordenen Satz. Aber die Zimmerleute,
bod tuot ils mansterans, nu vaivan ün bun nom
ja fast alle Handwerker, hatten in den bäuerlichen
illas cumünanzas paurilas. Cha l’aversiun cunter
Gesellschaften keinen guten Ruf. Die Abneigung
l’artisanadi as possa declerar culla temma da gnir
gegen Handwerke erkläre sich aus der Furcht, ausge-
ris oura o da nun esser capabel da nudrir la famiglia,
EDITORIAL
lacht zu werden oder die Familie nicht ernähren zu
uschè ha descrit il ravarenda Mattli Conrad da la
Urezza Famos
können, beschrieb 1808 Pfarrer Mattli Conrad aus
Val Schons dal 1808 la situaziun.
dem Schamsertal die Situation.
Hozindi es l’artisanadi – la lavur manuala – in nossa
Heute ist Handwerk – Arbeiten von Hand – in unse-
part dal muond bod üna rarità. Prodots, chi vegnan
ren Breitengraden schon fast eine Seltenheit. Pro-
fats tenor la tecnica veglia, sun suvent bains luxu-
dukte, die nach alter Technik entstehen, sind oft zu
rius. Il progress tecnic e la globalisaziun imna-
Luxusgütern geworden. Der technische Fortschritt
tschan – pustüt eir il spazi alpin. E listess daja amo
und die Globalisierung sind zur Bedrohung gewor-
mansterans chi s-chaffischan prodots unics. Al-
den – gerade auch im alpinen Raum. Trotzdem gibt
chüns preschantaina in quista ediziun da piz: il
es noch Handwerksbetriebe mit ihren unverwech-
fotograf Guido Baselgia, il mürader Joannes Wetzel,
selbaren Produkten. Einige stellen wir in dieser piz-
il pastizier Rafael Jorsits, las tessunzas da Müstair
Ausgabe vor: den Fotografen Guido Baselgia, den
e Poschiavo, il farrer da Guarda, ma eir la chirurga
Maurer Joannes Wetzel, den Pâtissier Rafael Jorsits,
da mans Katrin Hagen. Tuots contribuischan a la
die Weberinnen aus Müstair und Poschiavo, den
qualità da vita e da l’economia illa regiun e blers
Dorfschmied von Guarda, aber auch die Handchi-
d’els fan part dal segmaint da l’economia creativa.
rurgin Katrin Hagen. Alle leisten ihren wichtigen
Güsta quia sun avant man amo ün savair ed ün po-
Beitrag zur Lebensqualität und zur Wirtschaft in der
tenzial cha las regiuns da muntogna pudessan trar
Region und viele der Porträtierten gehören zum Seg-
a nüz. Geografia e distanza nu sun nempe hozindi
ment der Kreativwirtschaft. Gerade hier liegt noch
plü ingüns obstaculs. Al cuntrari: Illas muntognas
Wissen und Potenzial brach, das die Berggebiete
as poja lavurar plü concentrà co in l’inquietezza da
nutzen könnten. Denn Geografie und Distanz sind
l’ambiaint urban. Plü grond co amo mâ es nempe
heute keine Hindernisse mehr. Im Gegenteil: In den
hozindi il plaschair da crear alch culs agens mans;
Bergen lässt es sich meist konzentrierter arbeiten als
saja quai i’l spazi alpin o illas citats.
in der Unruhe des urbanen Umfeldes. Und die
Scha piz As plascha, schi racumandai da leger nossa
Freude, mit den eigenen Händen etwas zu erschaf-
revista e da tilla abunar: www.pizmagazin.ch
fen, ist heute im alpinen Raum und in den Städten so gross wie schon lange nicht mehr. Wenn Ihnen piz gefällt, empfehlen Sie uns weiter oder abonnieren Sie das Heft: www.pizmagazin.ch
piz 51 : Sommer | Stà 2016
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Der lange Weg zur Anerkennung Ohne handwerkliche Fähigkeiten hätten die ersten Bewohner der Bergregionen nicht überlebt. Doch im Laufe der Zeit kamen ihre Fähigkeiten in Verruf. Im 19. Jahrhundert war mit Handwerk kaum mehr Geld zu verdienen – jetzt ist ein Revival in Sicht.
Text: Thomas Kaiser Illustrationen: piz, shutterstock
U
nter die schädlichsten Vorurtheile gehört
nähren zu können», stellt Pfarrer Mattli Conrad
auch hier die entschiedene Abneigung gegen
1808 in der Zeitschrift «Der neue Sammler» fest.
Handwerke. Fast kein Gerber, ein einziger
Einzig die Zuckerbäckerei im Ausland behage den
Maurer, kein Strickmacher, Zinngiesser, Kupferschmied, Sattler, Hutmacher, Glaser – nicht einmal
Schamsern.
Kaminfeger und Maulwurfsfänger – finden sich
Mannspersonen im Stall und auf dem Feld
hier.» Pfarrer Mattli Conrad kümmert sich im frü-
Wer zu Hause bleibt, muss sich von traditionellen
hen 19. Jahrhundert im Schamsertal nicht nur um
Arbeiten zu ernähren versuchen. In den Tälern wird
das Seelenheil seiner menschlichen Schäfchen, son-
zwar gesponnen und das Schneiderhandwerk ausge-
dern auch um ihr irdisches Ein- und Auskommen.
übt – allerdings nur von «Weibspersonen», da sich
Was das Handwerk betrifft, steht es dabei nicht zum
«Mannspersonen» der Ausübung dieses Handwerks
Besten. Nicht einmal das Binden von «Mayen» wird
schämen würden, wie der zitierte Pfarrer schreibt.
in der Talschaft am Hinterrhein gepflegt, niemand
Und wenn Kamine gefegt werden, sind das Arbeiten
fertigt hübsche Sträusse aus künstlichen Blumen an,
für «Ausländer».
wie man sie doch für Hochzeiten und Begräbnisse
Nur hinten im Val Ferrera wird von einheimischen
bräuchte. Warum steht es um das Handwerk so
«Mannspersonen» nach der Arbeit im Stall und auf
schlecht? «Die entschiedene Abneigung gegen
der Wiese etwas von Hand geschaffen. «Man schnit-
Handwerke» resultiere aus der Furcht, «ausgelacht
zelt in müssigen Stunden viel Holzgeräthe», schreibt
zu werden oder sich mit einem Handwerk nicht er-
Pfarrer Mattli Conrad. Und diese verkaufen sich of-
fensichtlich südlich der Alpen. Sie werden über den
hat, ist meist nicht mehr bekannt. Ausser, wenn sie
Pass da Niemet ins Val San Giacomo und weiter nach
einer etwa so signierte wie «Conradinus Colanus
Chiavenna geliefert. Zurück kommen die Männer
Campovastensis fecit». Conradin Colani (1751 –
mit Mehl, Kastanien oder Reis.
1816) war Tischler in Chamues-ch (Campovast). Er
Schweres Geld für schlechte Arbeit? 1829 erfährt man aus einem Bericht des «Bündner
fertigte nicht nur reich verzierte Buffets an, sondern stattete sie mitunter mit Geheimfächern aus, wie Erwin Poeschel, der Doyen der Bündner Kunstge-
Volksblatt zur Belehrung und Unterhaltung», dass
schichte, bewundernd festhielt. Der Überlieferung
es sich bei den in Graubünden anzutreffenden Zim-
nach sollen sich bereits Colanis Vorfahren kunst-
merleuten, Maurern und Glasern um Handwerker
handwerklich hervorgetan haben, als Schlosser und
aus dem Montafon, aus Tirol oder aus Italien han-
Tischler, aber auch als Büchsenmacher.
delt. Und die würden «oft für schlechte Arbeit alljährlich ein schweres Geld aus dem Lande tragen».
Den jungen Kanton wirtschaftlich stärken
Solche Sorgen erscheinen neu. Hatte das Handwerk
Vielleicht haben die Sorgen, die im frühen 19. Jahr-
doch über Jahrhunderte einen festen Stellenwert.
hundert in Zeitschriften auftauchen, nicht nur mit
In den Seitentälern des Unterengadins stellten Jäger
dem Handwerk an sich, sondern auch mit der neuen
schon in der Jungsteinzeit aus Geweihen Werkzeuge
Zeit zu tun. Aus dem Flickenteppich des alten Frei-
her, und sie bearbeiteten bereits mit ausgeklügelten
staats der Drei Bünde ist erst kürzlich der eidgenös-
Schlag- und Meisseltechniken Steine so, dass sie
sische Kanton Graubünden entstanden. Ihn gilt es
diese als Pfeilspitzen verwenden konnten. Gutes
nun zu stärken, in der Politik, in der Gesellschaft
Handwerk begünstigte somit schon früh das Jagd-
und in der Wirtschaft und dem Handwerk.
glück. Auch die Alpwirtschaft war gekonntes Hand-
Letztere stecken aber in der Klemme. In Chur haben
werk. Im Val Urschai schichteten Hirten bereits vor
Handwerk und Gewerbe noch Strukturen aus der
2500 Jahren Steine so aufeinander, dass diese einen
Mitte des 15. Jahrhunderts. Nach einem verheeren-
Viehpferch bildeten. So entstand mitten in der Ge-
den Brand hatte Kaiser Friedrich III. damals der
birgsnatur ein Stück Kulturland. Der eisenzeitliche
Stadt, gewissermassen als Entwicklungshilfe, das
Viehpferch gilt als einer der ältesten je gefundenen
Zunftrecht zugesprochen. Seither dominieren die
Zeugen der Alpwirtschaft.
Zünfte die städtische Politik und Gesellschaft. Nun
Und das Handwerk blieb über Jahrtausende präsent.
aber wird der Ruf nach Gewerbefreiheit immer lau-
Keramik entstand in verschiedenen Ausprägungen
ter. Diese Freiheit soll im noch jungen Kanton amt-
schon in vorchristlicher Zeit, später kamen Truhen,
lich und verbindlich geregelt werden – auch was die
Better und Schränke hinzu, Möbel, die heute als An-
gewerbliche und handwerkliche Ausbildung be-
tiquitäten gehandelt werden. Wer sie angefertigt
trifft. Das «Volksblatt» macht 1829 einen ersten Vor-
schlag für eine Gewerbeschule und umreisst auch,
nen Gebrauchswert, landete auf dem Müll oder,
was dort gelehrt und gelernt werden soll: «Der Zweck
wenn es gut ging, im Museum. Selbst die 1930 ge-
eines Unterrichtes in Gewerbsfächern müsste in un-
gründete Genossenschaft «Bündner Heimatwerk»
serem Lande allervörderst der sein, die Bildung von
konnte auf die Dauer nicht bestehen. Sie wollte dank
Inländern zu tüchtigen Handwerkern jeder hier zu
Heimarbeit den Frauen einen Verdienst garantieren
Lande nöthigen Art zu erleichtern, zu befördern
und so das Kunsthandwerk vor dem Verschwinden
und dazu aufzumuntern.» Gefordert wird also eine
bewahren, doch 1998 wurde die Stiftung liquidiert.
handwerkliche Bildungsinstitution mit Inländervorrang. Neuartig ist beim Vorschlag, dass Lehr-
Neue Ideen aus den Tälern
linge und Gesellen nicht mehr nur in der Berufspra-
Neue Ideen und Pläne rund ums Handwerk kom-
xis – bei ihrem Meister –, sondern theoretisch
men inzwischen aus den abgelegenen Talschaften,
ausgebildet werden sollen. Bis dieser Vorschlag um-
aus Gebieten also, die zur «alpinen Brache» gehören,
gesetzt wird, dauert es allerdings noch lange.
zu den «Zonen des Niedergangs und der langsamen
Langer Weg bis zur Gewerbeschule
Auszehrung», wie sie eine ETH-Studie 2005 nannte – und einen Aufschrei auslöste. Blickt man genauer in
Die Pläne für eine Gewerbeschule führen zuerst
diese Talschaften, stellt man fest, dass die Studien-
dazu, dass in Chur 1835 eine «Sonntags-Zeichen-
verfasser wohl ein paar Dinge übersehen hatten.
schule» eröffnet wird, an der Lehrlinge und Hand-
«Wir betrachten gerade das Handwerk als eine Mög-
werker an Sonntagnachmittagen unentgeltlichen
lichkeit für die Existenzsicherung im Berggebiet.»
Unterricht im Zeichnen erhalten. Erst im Jahre 1887
Solche Worte hört man zum Beispiel im Val Lumne-
wird aus dieser Churer «Sonntags-Zeichenschule»
zia. In Vrin zeigt der Architekt Gion A. Caminada
eine «gewerbliche Fortbildungsschule».
bereits seit Jahren, wie sich die Baukultur ortsspezi-
1839 wird der gemeinnützige «Hilfsverein für die
fisch weiterentwickeln lässt: Seine Bauten – Ge-
Heranbildung armer Knaben zu tüchtigen Hand-
meindehaus, Metzgerei oder Totenstube – sind we-
werkern» gegründet. Seine Beiträge machen es mög-
der historisierende noch spektakuläre Bauten, son-
lich, dass 1842 immerhin 15 Knaben in einem
dern Orte, die das Leben in einer dörflichen Ge-
Handwerk unterrichtet werden.
meinschaft erfahrbar machen.
Pläne für eine engere Verbindung von Handwerk
Nun hat Caminada ein Manifest verfasst, in dem die
und Bildung gibt es bis heute. Besser: es gibt sie wie-
Bedeutung des Handwerks für das Leben an sich
der. Im 20. Jahrhundert durchlebte das Handwerk
und vor Ort betont wird. Das Manifest ist zugleich
eine schwere Krise. Massenprodukte ersetzten
eine Art Grundsatzerklärung des Vereins «Bildung
handwerklich gefertigte Gegenstände im Haushalt
Handwerk», der neue Lehrgänge in den Bergregio-
und bei der Arbeit, altes Kunsthandwerk verlor sei-
nen ermöglichen will.
«Die Stärkung des Handwerks ist eine Chance für
Herbst. Unterrichtet wird in Disentis und Müstair
Berggebiete und für Berufsleute.» Das sagt Peter
sowie in Vrin – wo der italienisch anmutende Kirch-
Binz, Gründungsmitglied des Vereins «Bildung
turm zeigt, dass periphere Räume historisch wie
Handwerk». Binz ist Gemeindepräsident von Medel,
geografisch gesehen nicht einfach ans Nichts gren-
Hotelbesitzer und CEO des Klosters Disentis und er
zen. Der Austausch über Täler und Grenzen hinweg
war bis vor kurzem Finanzchef des Wirtschaftsprü-
stellt für Gion A. Caminada denn auch keinen Wi-
fungs- und Beratungsunternehmens PwC in Zürich.
derspruch zur Wahrnehmung und zur Förderung
Er kennt also die wirtschaftlichen Voraussetzungen.
der Eigenständigkeit dar.
Doch er spricht im Zusammenhang mit dem Handwerk weniger von ökonomischen Kennzahlen, Busi-
Neuer Austausch, neue Anerkennung
nessplänen und Rentabilitäten der neu entstehen-
Vielleicht gilt für das Handwerk trotz Industrialisie-
den Projekte. Er spricht vielmehr von Werten, von
rung, Globalisierung und Digitalisierung das alte
Sorgfalt, von Respekt, von der Eigenständigkeit des
Sprichwort: «Totgesagte leben länger.» Bei der Liqui-
Handwerkers und vom Stolz, der mit handwerkli-
dation des «Bündner Heimatwerk» erbte die «Stif-
chen Berufen einhergehen kann.
tung Bündner Kunsthandwerks» ein Haus in der Churer Altstadt. Jährlich kann die Stiftung aus den
Distanz als Standortvorteil
Erträgen dieser Immobilie zwischen 30’000 und
Solche Werte können in der Peripherie gelebt wer-
40’000 Franken als Anerkennungs- und Förder-
den, solche Werte stärken das Bewusstsein – und er-
preise ausbezahlen. Die bisherigen Preisträger gehö-
möglichen Neues. Davon ist Peter Binz ebenso über-
ren ganz unterschiedlichen Berufen an – bis hin
zeugt wie Gion A. Caminada. «Gerade in alpinen
zum Bootsbauer.
Regionen scheinen Ideen einfacher umsetzbar zu
Bislang wurde das Kunsthandwerk trotzdem nicht
sein. Die immer wieder erwähnten Defizite –
umfassend gefördert. Der «Verein Kunst.Hand.
schlechte Erreichbarkeit, zu kleine Bevölkerungs-
Werk.Graubünden» hat zwar 2013 ein Konzept er-
zahl oder die zu grosse Distanz zu den Zentren – ver-
stellt für ein kunsthandwerkliches Zentrum in
lieren an Relevanz. Sie können sogar zum
Chur, das durch die Stadt und den Kanton unter-
Standortvorteil werden», steht im Manifest des Ver-
stützt werden soll. Entstanden ist es aber noch nicht.
eins «Bildung Handwerk» – mit dem fast schon phi-
Verbesserungen fürs Kunsthandwerk könnte auch
losophischen Zusatz: «Das Mass der Distanz sagt
das neue kantonale Kulturförderungsgesetz brin-
nichts über die Intensität einer Beziehung aus.»
gen. Dort ist in den Erläuterungen das Kunsthand-
Für den Weiterbildungs-Lehrgang hat der Verein be-
werk als «angewandte Kunst» aufgeführt. Und so
reits eine Trägerinstitution gefunden, der erste Lehr-
könnte es dereinst nicht nur Förderung, sondern
gang «Material und Form in Handwerk» startet im
auch Anerkennung erfahren.
HANDWERK UND KUNSTHANDWERK IM INTERNET: Lehrgang des Vereins Bildung Handwerk: www.lehrgang-handwerk.ch Verein Kunst.Hand.Werk. Graubünden: www.kunst-hand-werkgraubuenden.ch Stiftung Bündner Kunsthandwerk: www.kunsthandwerk-gr.ch
Die Präzision von Guido Baselgia Guido Baselgia ist einer der bekanntesten Fotokünstler der Schweiz. Seine präzise Arbeit, das geduldige Warten auf das richtige Licht, seine akribisch genaue Arbeit im Labor und im Atelier sind hochpräzises Handwerk.
Text: Kaspar Schnetzler Fotos: Lea Hummel
G
ehen wir von folgender Szene aus: Auf dem
Griffweite von Arbeitsplätzen und Apparaturen. Die
Arbeitstisch am Fenster liegt die Fotografie
spürbare Präsenz des Materials macht das Handwerk
«Falllicht, Polartag, 23. Juli 2011, 24 Uhr» zur
erlebbar und den Künstler Baselgia als fotografi-
letzten Prüfung vor dem Einrahmen bereit. Ein Bild
schen Handwerker lebendig. Die Professionalität
auf Fotopapier vom Format 120 x 96 Zentimeter,
des gelernten Bauzeichners wird sichtbar, Baselgia
mehrheitlich dunkel, mit pointiertem Lichteinfall.
hat die Einrichtung des Ateliers eigenhändig ge-
Daneben eine Porzellanpalette, darauf Lasurfarbe
plant und realisiert bis in Details wie die grossen
in Schwarztönen, dazu Rotmarderhaar-Pinsel der
Wannen für Fotopapier von 127 Zentimeter Breite
Stärke 0.5, 0.0, 0, Tupfer, Löschpapier, Probeabzug.
und das Spülsystem dieser Wannen. Zum Beispiel.
Vor dem Tisch steht Guido Baselgia und beugt sich
Die Hand des Baufachmanns wird auch sichtbar am
bis auf Nasenabstand über die Fotografie. Er sucht
Modell der Plattner & Plattner Art Gallery, an dem er
mit einer Lupenbrille die ganze Bildfläche nach
die Ausstellung in Pontresina visualisiert, um die
Fehlstellen ab. Zum Beispiel helle Fleckchen, die
Räumlichkeit zu erfassen, in der seine Bilder zur
von Staubkörnern im Entwicklungsprozess verur-
Wirkung kommen sollen. (s. Ausstellungshinweis)
sacht sind. Er findet eines, mischt auf der Palette die
Material, Einrichtungen, Apparate, Beleuchtungs-
Farbe und retuschiert mit dem feinsten Pinsel.
körper, Archivschachteln, Maquetten und Modelle
Ausserordentlich: Der Makel sticht nicht knallhell
sind die Spuren des Handwerkers in seiner Werkstatt.
ins Auge, er ist in seiner Dunkeltönung und seiner
*
Grösse für ungeübte Augen nur schwer zu erkennen.
Was genau ist das fotografische Handwerk, das
Baselgia entdeckt auf einer Fläche von über einem
Baselgia beherrscht?
Quadratmeter diesen Fleck von einem Quadratmil-
Baselgia startet den Entstehungsprozess eines Bildes
limeter und scheut den Aufwand nicht, mit grosser
und führt ihn über sieben Entwicklungsschritte
Sorgfalt diesen einen Millionstel, der sein Bild stört,
zum Ende. Mit jedem Schritt wird ein latentes Bild
zum Verschwinden zu bringen.
ans Licht geholt oder umgekehrt. Das heisst, ein ver-
Sichtbar wird, wie der Künstler Baselgia das analoge
borgenes Bild wird sichtbar oder ein sichtbares Bild
fotografische Handwerk bis zur Perfektion betreibt.
wird zur Weiterentwicklung verborgen. Bis am Ende
Sein Weg zur Kunst geht über das präzise Handwerk. * Handwerk braucht eine Werkstatt, Handwerk be-
Seite rechts: Guido Baselgia im Atelier
10
das perfekte Bild zum Vorschein kommt, das die Fotografie zum Kunstwerk macht. Die Schritte sind: Am Anfang steht die Idee, das Ur-
deutet den Umgang mit Materialien. Baselgias Ate-
bild. Die alten Griechen sagten Idee, wenn sie etwas
lier im Souterrain seines Hauses in Malans besteht
Gesehenes meinten. Im heutigen Sprachgebrauch
aus drei Räumen: Das Labor für den Entwicklungs-
meint Idee neben anderem das Bild, das der Mensch
prozess. Der fensterlose Raum für das Aufziehen
vor seinem inneren Auge sieht. Es ist latent, im In-
und Einrahmen der Bilder, tiefgraue Betonwände,
nern verborgen, ausserhalb ist dieses Bild nicht zu
die mit den schwarzgrauweissen Bildern korrelieren.
sehen. Mit dem latenten Bild vor dem inneren Auge
Der tageslichthelle Raum für die Feinarbeit an den
begibt sich Baselgia in die Natur, beladen mit einer
Bildern, für Modelle, für das Archiv. Das Material ist
zwanzig Kilogramm schweren Ausrüstung, um in
in allen drei Räumen übersichtlich geordnet, in
der Landschaft ein Bild zu suchen – am Piz Langu-
piz 51 : Sommer | Stà 2016
ard, auf den Gletschern um Pontresina, auf dem
zum Aufhängen da, latent ist in diesem Stadium nur
Altiplano in Südamerika, am Polarkreis, am Ster-
mehr der Wunsch des Künstlers, dass sein Bild auch
nenhimmel. Wird er fündig, richtet er die Gross-
angeschaut werde.
bildkamera, das schärfste Auge des fotografischen
*
Handwerkers, auf das in der Landschaft sichtbare
Perfektion ist das Markenzeichen von Baselgias
Bild. Er macht eine Aufnahme, nimmt das Bild aus
Handwerk. Perfekt, wortwörtlich verstanden, ist ein
der Landschaft in die Kamera auf. Er entzieht es der
Bild, wenn es bis zum überhaupt Möglichen durch-
äusseren Sichtbarkeit, speichert als latentes Bild das,
gearbeitet ist. Zwei Beispiele, wie weit Baselgia die
was das Naturlicht, letzten Endes die Sonne, auf dem
Perfektion bei der Druckgrafik treibt: Das Tripty-
Schwarzweissfilm abgebildet hat.
chon der Felsbilder vom Piz Alv reproduziert er li-
Wenn der Film im Labor entwickelt und fixiert ist,
thografisch, im Steindruck. Die Einwirkung der
kommt das latente Bild in einer neuen Form zum
Sonne auf die Engadiner Frühlingslandschaft, die er
Vorschein und offenbart die für die gewohnte Sicht-
im Triptychon Terrenzlas abbildet, reproduziert er
weise paradoxe Tatsache, dass das Helle in der Land-
als Heliogravüren – Helios ist die Sonne als Quelle
schaft auf dem Film dunkel bis schwarz erscheint
der Wärme, die den Schnee schmilzt, und des Lichts,
und das Dunkle hell. Zwei Bilder stehen einander
das die aperen Terrenzlas in Beziehung zur umge-
diametral gegenüber: das Bild im Licht der Land-
benden Schneefläche setzt.
schaft und dessen Abbild auf dem Film. Beide sind
*
sichtbar, latent ist nur die Frage, welches von beiden
Im Internet werden pro Tag mehrere Milliarden di-
das wahre Bild sei. Mitten im handwerklichen Pro-
gitale Farbfotos hochgeladen. Baselgia schafft pro
zess taucht eine Frage auf, die aus dem Handwerkli-
Tag bestenfalls vier grossformatige Bilder aufgezo-
chen ins Philosophische führt.
gen und fixiert. In diese Rechnung ist nur die Zeit für
Wenn dann beim Kopieren das latente Bild des Films
den Entwicklungsprozess im Atelier aufgenommen,
auf dem Fotopapier sichtbar wird, stellt sich die ge-
nicht die Zeit für die Planung und Ausführung der
wohnte Normalität wieder her: Was in der Land-
analogen Aufnahme in der Landschaft.
schaft hell ist, ist im Bild hell und dunkel ist dunkel. Das ist so, weil es gewohnt ist, aber es macht die Herkunft des gewohnten Bildes aus seinem Gegenteil nicht vergessen. Inversion, Umkehr, ist der Teil des fotografischen Handwerks, der Baselgia beschäftigt. Retuschieren als Teil des Entwicklungsprozesses ist für den Fotografen nicht Veränderung des Bildes durch Übermalen. Retuschieren ist, wie es fachsprachlich heisst, Ausflecken. Es wird entfernt, was nicht ins gültige Bild gehört. Der helle Fleck war in der Polarlandschaft nicht zu sehen, also gehört er nicht ins Bild vom Polartag. Das ist das Gesetz des Ausfleckens. Die Fixierung des gültigen Bildes ist der erste Schritt in die definitive sichtbare Wirklichkeit. Grossformate werden auf Platten verschiedener Materialien aufgezogen, um ihre maximale Planlage zu fixieren und sie vor Schäden wie Knicken zu schützen. Oder sie werden durch ein Nassverfahren auf der Glasplatte als ideal glatter Arbeitsfläche verfestigt, um als loses Blatt für verschiedene Verwendungszecke erhalten zu werden. Das Einrahmen der fixierten Bilder ist der letzte Schritt im Entwicklungsprozess, der mit der Idee im Kopf begonnen hat. Es ist der endgültige Abschied vom latenten Bild und die totale Hinwendung zum sichtbaren. Ein gerahmtes Bild ist augenscheinlich
12
piz 51 : Sommer | Stà 2016
Wie kommt der Künstler dazu, solcherart gegen die
dass Guido Baselgia sich intensiv mit dem All be-
herrschende Gegenwart zu schaffen? In vielen
schäftigt, von wo das Licht der Sonne kommt und
Zeugnissen im Atelier ist Baselgias Freude am puren
auf der Erde und rund um sie Phänomene im Be-
Handwerk sichtbar. Und ist er mit dem Entwick-
reich Hell und Dunkel zum Vorschein bringt, die bis
lungsprozess des Bildes beschäftigt, wird deutlich,
zur Umkehr des Verhältnisses führen. Und damit
wie viel ihm sorgfältige, präzise, saubere Arbeit
schliesslich zu einer existenziellen Frage: Was ist als
wirklich bedeutet.
wahr wahrzunehmen?
Aber er übt das fotografische Handwerk nicht zum
*
Selbstzweck aus, sondern als Mittel, künstlerischen
Es gibt eine Art Selbstporträt aus seiner Frühzeit, da
Gehalt in der Fotografie sichtbar zu machen. Die
holt er sich mit dem Blitzlicht aus der dunklen No-
Schwarzweissfotografie ist es, weil ihr Entwick-
vembernacht auf der Furka-Passhöhe. Es gibt ein
lungsprozess auf dem Prinzip Hell und Dunkel ba-
neueres Bild «Bergfahrt I, Trovat / Pers, 11.09.2009,
siert und den Gehalt Hell und Dunkel unmissver-
05.30», da holt er sich mit Stirnlampen-Effekten aus
ständlich visualisiert.
der Dunkelheit am Fusse des Piz Palü. In den Jahren
Fotografie meint mit Licht arbeiten. Licht gibt es
zwischen diesen beiden Bildern und den darauf fol-
nicht ohne Schatten, Schatten nicht ohne Licht.
genden bis heute sind aus der Arbeit im Engadin, im
Baselgia hat sich diese Spannung zwischen Licht
ganzen Bündnerland, im hohen Norden und auf
und Schatten, Hell und Dunkel, Schwarz und Weiss
dem südamerikanischen Altiplano Ausstellungen
zum Thema seines Schaffens als Künstler gemacht.
und Bildbände entstanden, die das Verhältnis von
Im Verlauf seiner Arbeit ist er auf den Erdschatten
Hell und Dunkel in allen nur möglichen Facetten
gestossen, den die unsichtbare Sonne ins All proji-
abbilden. Insgesamt kommt in dieser Werkschau
ziert. Das Phänomen liegt im Grenzbereich von Hell
auch der persönliche Entwicklungsprozess zum
und Dunkel. «Falllicht, Polartag, 23. Juli 2011,
Vorschein, den Baselgia in der Auseinandersetzung
24 Uhr» ist ein Abbild dieses Phänomens.
mit dem Hell- und Dunkel-Komplex der Fotografie
Es ist eine Sache der Konsequenz seines Schaffens,
durchlaufen hat.
Ausstellung und Kulturpreis Der in Pontresina aufgewachsene Künstler Guido Baselgia wird mit dem örtlichen Kulturpreis 2016 für sein «einzigartiges handwerkliches und künstlerisches Schaffen» geehrt. Seine 16-teilige Installation ist während der Sommersaison unter dem Titel «(nicht) fern» an verschiedenen Orten in Pontresina frei zugänglich: beim Rondo (16.7.–17.8. und 15.9.–21.10.), bei der Talstation Languard (17.8.–1.9.) und im Taiswald bei der Haltestelle Surovas (1.–15.9.). Zu sehen sind Luftbilder, aufgenommen entlang den steil abfallenden Flanken des Berninamassivs, dazu das dreiteilige Tableau «Wintersonnenwende 23. Dezember 2015» und die Installation «Von der Eiszunge». Parallel dazu zeigt die Plattner & Plattner Art Gallery eine Werkschau des Künstlers. Preisverleihung und Vernissage: Samstag, 16. Juli, 16 Uhr, Kulturund Kongresszentrum Rondo, Pontresina. Ausstellung in der Plattner & Plattner Art Gallery.
piz 51 : Sommer | Stà 2016
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Sommer 2016
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Alles Material ist selbst gemacht Vom Stein zum selbst gebrannten Kalk, danach über die verschiedenen Putzschichten bis zum Sgraffito: Joannes Wetzel hat sich die alten Handwerkstechniken neu erarbeitet, denn er will die Verwendungskette vom Anfang bis zum Schluss selbst bestimmen.
Text: Walter Aeschimann Fotos: Lea Hummel
P
räzise trifft der Fäustel auf den Meisselkopf.
Maurer vor zweitausend Jahren in der Antike oder
Sorgsam und dennoch konsequent treibt
die Erbauer mittelalterlicher Burgen im Engadin.
Joannes Wetzel das Eisen in den angejahrten
Mit natürlichen Materialien aus der Region. Wasser
Kalkverputz. Schicht um Schicht spitzt er den kran-
und Sand sind dem Inn entliehen, der Branntkalk
ken Mörtel von der Wand, bis gesundes Material er-
dem Dolomit-Kalkstein abgetrotzt. Mit zahlreichen
scheint: ein massives Mauerwerk mit natürlichem
Helfern hat er von Geröllhalden zuhinterst im Val
Bruchstein aufgeschichtet. «Die Mauer soll weiter
S-charl die Brocken angeschleppt, das Brennholz
atmen können», sagt Joannes Wetzel. Er spricht von
teils aus den Arvenwäldern eingesammelt. Bei der
ihr wie von einem Wesen, das lebendig ist. Rund
Schmelzra, kurz vor S-charl, befeuerte er eine Wo-
vierhundert Jahre lebt und atmet diese Mauer, hält
che Tag und Nacht den sanierten Feldofen auf dem
Kälte und Hitze aus, duldet scheusslich nasse Tage,
kleinen Wiesenhang und «entsäuerte» die 30 Ton-
trägt Lasten und schirmt Bewohner ab. Nun ist sie
nen Felsgestein (siehe piz 45, Sommer 2013).
müde und etwas krank, der Aussenputz soll erneuert
Dies war bis ins 20. Jahrhundert eine gängige Me-
werden. Das Gemäuer ist Teil des schönen Bürger-
thode, um Kalk zu gewinnen. Dann stiegen die Tag-
hauses im Quartier «Schigliana», ein solides Stein-
löhne, das Brennholz wurde teurer. Gleichzeitig ka-
gebäude, ganz nah beim Dorfzentrum in Sent, auf
men Fabrikzemente zu günstigen Preisen auf den
der sonnigen Terrasse im Unterengadin.
Markt. Die Kalkbrennerei in Feldöfen lohnte sich
Grundputz wie vor 2000 Jahren
nicht mehr. Die Idee, erneut einen Ofen zu befeuern, entwickelte Joannes Wetzel mit dem Verwalter des
Maurer Joannes Wetzel, 30, verwendet keine Ins-
Schlosses in Tarasp, als die Mauerfassade des histori-
tant-Mischung aus Zement, kein Fertigprodukt der
schen Gebäudes erneuert wurde. Der Kanton Grau-
Industrie. Er hat Grundputz angerichtet wie die
bünden und Calcina, der Schweizer Fachverband
für Kalk, unterstützten den Plan. Den reinen
Der Glaube an die Moderne war bis vor zwanzig Jah-
Branntkalk benutzt Wetzel nun zur Renovation der
ren fast grenzenlos. Auf alte Mauern wurden zuver-
Schlossmauer, aber auch für das Haus in Sent.
sichtlich neue Industrieprodukte aufgetragen. Diese
«Schau!» Er legt Branntkalk auf den Mörtel in der
zerstörten jedoch die Grundsubstanz. Die Mauer
Wanne und tröpfelt Wasser darauf. Feine Risse bil-
trocknete nicht mehr aus, setzte Schimmel an und
den sich, es dampft, bevor der Stein zusammen-
«erstickte» mit dem Zement. Zudem waren die che-
bricht. Wer die Hand darüberlegt, spürt Wärme,
mischen Produkte weniger lang haltbar als natürli-
entstanden durch den chemischen Prozess. Das
che Materialien. «Aus diesen Erfahrungen entwi-
Kohlendioxyd (CO2) wurde im Ofen mit der Hitze
ckelte sich eine retrovisionäre Sicht, ein Bewusstsein
ausgetrieben. Versetzt man Branntkalk nun mit
für die Neuentdeckung und die Erhaltung eines im-
Wasser, nimmt er CO2 wieder in sich auf, härtet es
materiellen Kulturgutes», sagt Christof Rösch,
an der Luft aus und der Kreislauf schliesst sich. «Ich
Künstler und Architekt im Unterengadin. Das «im-
bin jedes Mal fasziniert, wenn ich das sehe», sagt Jo-
materielle Kulturgut» ist die Tradition, die nicht an
annes Wetzel strahlend. Mit Wasser abgelöscht er-
folgende Generationen weitergegeben wurde und
hält man Sumpfkalk, das Bindemittel für den Mör-
beinahe verloren ging.
tel oder die Basis für den hellen Kalkanstrich der Engadiner Häuser.
Der wichtige letzte Pinselstrich
Materialunterschiede wecken Interesse
weist Joannes Wetzel kundig auf Renovationen hin.
In der Maurerlehre hat Joannes Wetzel die klassi-
Die einen unsensibel, andere klug mit alten Bausub-
Beim Gang durch die pittoresken Gassen von Sent
sche Technik nicht gelernt. Als er einige Projekte für
stanzen gefertigt. Er führt an eine Wand, die er kürz-
die Abschlussprüfung realisieren musste, testete er
lich bearbeitet hat, und erklärt die Prozedur. Erst
im Keller seines Elternhauses in Pradella, dem Wei-
wird ein Grundputz von etwa zwei Zentimetern auf-
ler nahe Scuol, zum Spass verschiedene Mörtel und
getragen. Der bleibt roh, damit sich die nächste
kratzte kleine Sgraffito ein. Die Eltern vertrauten
Schicht, der Feinputz, «verzahnen» kann. Der Un-
ihm später die Renovation der Hausfassade an, wei-
terschied zwischen Grund- und Feinputz liegt in der
tere Aufträge folgten. Er wunderte sich über das Ma-
verschieden grossen Gesteinskörnung. Den nur
terial, das er von den Wänden schlug. Es fühlte sich
fünf Millimeter dicken Feinputz hat er mit erdfarbe-
anders an, als die industriell hergestellten Produkte
nen Pigmenten angereichert, mit der Glättkelle be-
,mit denen er zu arbeiten gelernt hatte. Das weckte
arbeitet und schliesslich mit Sumpfkalk überstri-
sein Interesse. Er suchte in Büchern nach Fertigkei-
chen. Sumpfkalk jedoch nur, wo er das Sgraffito
ten der antiken Maurer, erforschte Materialien, be-
kratzte. Dem Kalk mischte er Ocker bei, damit er
legte Kurse und wollte «immer raffinierter werden».
nicht zu grell leuchtet.
Heute ist er überzeugt, dass alte Hausfassaden nicht
Joannes Wetzel streicht mit der Hand erst durch den
mit modernen Baustoffen behandelt werden dürfen.
vollen Bart, dann sanft über den weissen Kalk.
Dieses Wissen gibt er nun selber weiter.
Wichtig sei der letzte Pinselstrich. Er sollte vertikal
Aus dem Stein wird Putz (v.l.n.r.): Der Kalkstein wird gebrannt, danach gelöscht und mit Sand zum Kalkmörtel gemischt. Schliesslich wird aus dem Putz das Sgraffito ausgekratzt.
Joannes Wetzel an der Arbeit.
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verlaufen, damit das Regenwasser in den feinen
tenbummler schwamm er in Australien mit dem
Pinselrillen abwärtslaufen kann. Auf der weissen
sanften Reptil im Meer, was ihn tief beeindruckt hat.
Schicht ritzte er mit der Kelle, einem Nagel und an-
Das Motiv wäre für einige Betrachter wohl irritie-
deren Geräten einen stilisierten Zweig mit Blättern,
rend, aber jeder dürfe seine eigene Geschichte träu-
als der Putz frisch und weich, aber schon etwas «le-
men, wie die Schildkröte in die Bündner Berge ge-
derig» war. Der Farbkontrast zwischen Weisskalk
kommen sei. In seinem Schaffen will der passionierte
und Feinputz macht das Muster sichtbar. Zu Hause
Fischer alte Traditionen beleben, aber den eigenen
zeichnete er verschiedene Motive auf Papier und
Stil entwickeln. Neuerdings probt Joannes Wetzel
hatte sie dem Auftraggeber zur Auswahl vorgelegt.
nicht nur Kratzen, sondern eine Kombination mit
«Ohne Sgraffito sind die Häuser nackt. Die Motive
farbigen Wandmalereien.
bringen Leben in ein Dorf», sagt Joannes Wetzel.
Wir stehen wieder vor dem schönen Bürgerhaus. Be-
Mit dem traditionellen Handwerk hat er sich auch
wusst unterstützen die Auftraggeber Handwerker,
die Kunst des Kratzens angeeignet. Jene Technik zur
die sich traditionelle Techniken angeeignet haben
Dekoration, die im ausgehenden Mittelalter in Ita-
und konsequent naturnahe Materialien nutzen. Mit
lien entwickelt wurde und im 16. Jahrhundert über
dem Pinsel befeuchtet Joannes Wetzel nun die abge-
Böhmen und Österreich ins Engadin gelangte.
spitzte Wand und schaufelt Mörtel auf ein Glätte-
Geschichten in den Sgraffitos
kette vom Anfang bis zum Schluss bestimmen kann.
Wer ein Sgraffito intensiv studiert, wird viel entde-
Das gibt einen anderen Bezug zum Material», sagt er
brett. «Mich fasziniert, dass ich die Verwendungs-
cken können. Private Geschichten jener, die es ge-
und wirft ruhig und gezielt mit der Kelle kleine
fertigt haben. Die meisten Betrachter gehen arglos
Häppchen an die Wand. Das Anwerfen des Mörtels
und hurtig an der dekorativen Kunst vorbei. Im Un-
ist wie ein Akt der Modellierung. Die unebene Stein-
terbewusstsein würden sie die Geschichten gleich-
struktur der Mauer wird verhüllt, aber zugleich be-
wohl aufnehmen, ist Wetzel überzeugt. Dürfte er ir-
tont und ihre Plastizität zum Vorschein gebracht.
gendwann das Schema frei gestalten, würde er eine
Vom Mauerwerk bis zur letzten Schicht: Für das Ge-
Schildkröte kratzen. In seiner Lebensphase als Wel-
samtkunstwerk ist alles in der Natur vorhanden.
piz 51 : Sommer | Stà 2016
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Zwischen Passion und Perfektion Rafael Jorsits ist Chef-Pâtissier im Suvretta House in St. Moritz. Pro Saison produziert er mit seinem Team 20'000 Pralinen als kleine, feine, süsse Präziosen, und auch die 500 Bündner Nusstorten gehören im Engadin einfach zum Süssigkeitsprogramm dazu.
Text: Nina Rudnicki Fotos: Lea Hummel
D
ie weisse Küchenschürze hat Rafael Jorsits be-
Abend wird es als Dessert wahlweise eine Mango-
reits umgebunden, als er eilig Richtung Kü-
Variation mit Grand-Cru-Schokoladenmousse oder
che des Suvretta House in St. Moritz geht.
Jetzt, kurz nach dem Mittag, beginnen die Vorberei-
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einen Früchteteller geben.
tungen für das Abend-Menü. Als Chef-Pâtissier ist er
Nachmittage wie in England
für die Desserts verantwortlich. «400 Bestellungen
Während Jorsits mit seinem Team den Nachmittag
sind an der Tagesordnung», sagt er. «Dazu kommen
bespricht, gehen bereits die ersten Bestellungen für
Spezialaufträge wie Hochzeits- oder Geburtstagstor-
den Afternoon-Tea ein. «Das ist eigentlich eine ty-
ten und die 500 Bündner Nusstorten und 20’000
pisch britische Tradition, die sich mittlerweile aber
Pralinen, die wir pro Saison herstellen.»
auch bei uns durchgesetzt hat», schildert er. In der
Ruhig ist es im Suvretta House nur in der Neben-
Küche stehen dreistöckige Türme mit Porzellantel-
saison. Den Frühling etwa hat Jorsits genutzt, um
lern, angerichtet mit drei Gängen. Auf den unters-
neue Rezepte für den Sommer zu entwickeln. Tee-
ten Teller legt er vier kleine Sandwiches, die mit
Pralinen aus Puschlaver Ringelblumen hat er schon
Lachs, Poulet, Roastbeef und Käse belegt sind. Auf
ausprobiert, und weisse Pralinen mit orangem Pu-
den mittleren Teller gehören traditionell «Scones»,
derzucker. «Schokolade ist mein absolutes Lieblings-
britische Mürbeteig-Brötchen. Dazu gibt es ver-
material, obwohl ich nicht genau beschreiben kann
schiedene Aufstriche wie Lemon Curd, Erdbeer-
warum», sagt der 29-Jährige, während er geschickt
Marmelade und Clotted Cream, ein extra dicker
Mangos in feine Tranchen schneidet. An diesem
Schlagrahm. Das oberste Plateau besteht aus einer
piz 51 : Sommer | Stà 2016
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ganzen Pâtisserie-Kollektion: Mini-Tartelettes, Mini-Sandwiches, Himbeer-Mousse auf Pistazienkuchen, Schokoladen-Muffins mit Grapefruitgelee, Pralinen, Mini-Cheesecakes und pinke Makronen.
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Um Letztere selbst herstellen zu können, hat Jorsits einen Weiterbildungskurs besucht und anschliessend in der Pâtisserie des Suvretta House viele Stunden geübt. «Das mache ich meistens so, wenn ich etwas Neues anbieten will», erklärt er. Makronen seien derzeit stark gefragt, da komme man einfach nicht darum herum. «Es ist ziemlich schwierig, den Teig so hinzubekommen, dass er weder einfällt noch zu trocken ist. Gerade auch, weil im Engadin auf 1800 Metern Höhe
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der Luftdruck tiefer ist.»
Berufung und Beruf Sein Handwerk hat Jorsits in einer Konditorei in der deutschen Ortschaft Waldshut direkt an der Schweizer Grenze gelernt. «Ich wollte eigentlich Koch werden, aber während eines Praktikums merkte ich,
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dass es mir in der Konditorei besser gefällt», erinnert er sich. Seine Ausbildung schloss er als bester Lehrling seines Jahrgangs ab. An den freien Sonntagen hatte er sich oft in die Konditorei zurückgezogen, um eigene Rezepte und Ideen auszuprobieren. Direkt nach der Lehre ging er ins Engadin, um für ein kleines Familienhotel in Scuol zu arbeiten. «Ich wollte von Anfang an in die Hotellerie, weil das eine sehr anspruchsvolle Branche ist. Und die Schweiz hat in der Sternegastronomie einen der höchsten Standards weltweit.»
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Wer auf diesem Niveau als Pâtissier arbeitet, der geht eher einer Berufung als einem Beruf nach. «Es braucht Passion, sonst ist man fehl am Platz. Und man muss Perfektionist sein», sagt er. Dabei seien Geschmack, Sauberkeit, Präzision und Kreativität gleich wichtig. Ausserdem dürfe man nicht blind jedem Trend hinterherlaufen, sondern müsse seinem eigenen Stil treu bleiben, «obwohl man sich den Trends natürlich nicht ganz entziehen kann». So seien derzeit leichte Süss-
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speisen gefragt. Auch vegane Desserts würden immer häufiger verlangt. «Dann ersetze ich Butter durch Margarine und Kuh- durch Sojamilch», erklärt Jorsits. Und die Sorbets – eine seiner Spezialitäten – die seien sowieso vegan. Sechzehn eigene Sorbetsorten gibt es im Hotel. Die Rezepte hängen in der Küche. Sie sind erstaunlich einfach und bestehen bloss aus vier oder fünf Zutaten.
Prickelndes Schoggipulver Gegen Abend kommt Hektik auf. Es ist 18 Uhr und Küchenchef und Gault-Millau-Koch Fabrizio Zanetti wird gleich die Desserts überprüfen. Nur wenn der Chef einverstanden ist, werden sie den Gästen aufHausgemachte Fleisch- und Wurstspezialitäten. Nusstorten vom Kassensturz Testsieger. Selbst gefischter Alaska Wildlachs. Soglio Produkte -20 %. 7500 St. Moritz-Bad, Via Tegiatscha 7 7504 Pontresina, Via Maistra 193
getischt. Jorsits richtet die Probeteller an. Aus dem Kühlraum holt er den Fruchtsalat, füllt damit einen Teller und bedeckt ihn mit einer Apfelsaft-Crème. Das Ganze wird anschliessend gratiniert. Dann ist die Mango-Variation an der Reihe. Jorsits drapiert den Mango-ZitronenSalat, die Tranchen, das Sorbet und das Gelee kreisförmig um eine Kugel Schoggimousse. Zum Schluss bestreut er alles mit prickelndem Schoggipulver. Dieses fühlt sich an wie die Knallbrause, die man sich
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als Kind am Kiosk kaufte. Während Jorsits sich etwas des Pulvers auf
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fürs Auge sein, sondern auch im Mund mehrere Sinne ansprechen.»
der Zunge zergehen lässt, sagt er: «Meine Desserts sollen nicht nur was
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Neue Kultur in alten Mauern Das renovierte Zentrum für Gegenwartskunst Nairs und das vom Künstler Not Vital gekaufte Schloss Tarasp geben, zusammen mit dem Technologieprojekt «Mia Engiadina», dem Unterengadin neue Impulse. Nairs ist nun ganzjährig in Betrieb.
Text: René Hornung Foto: Lea Hummel
EROFFNUNGSTAGE Die Wiedereröffnung in Nairs findet vom 26. bis 28. August statt. Am Freitag um 17 Uhr wird die Ausstellung Spot On 1 eröffnet, mit Konzert und Essen. Am Samstag um 11 Uhr beginnen die Festansprachen. Am Nachmittag finden Lesungen und Konzerte statt. Am Sonntagnachmittag von 14 bis 18 Uhr ist Tag der offenen Türen mit Führungen durch das Haus, mit Performances, Konzerten und Lesungen. Details: www.nairs.ch Foto rechte Seite: Performance «Funtana» mit Heinrich Lüber, 22.08.2015
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D
ie uralten Mauern des Schlosses Tarasp und
entscheid. Der zentrale Teil des zweiflügeligen Hau-
das alte, 1913 erbaute frühere Badehaus des
ses, der Mittelrisalit mit seinen repräsentativen,
Kurhauses Tarasp sind identitätsstiftende
stuckverzierten Hallen, ist nun durchgängig öffent-
und prägende Bauten für die Region Scuol. Doch
lich. Das edle Marmor-Treppenhaus aus der Bauzeit
was tun in diesen alten Mauern? Im Schloss Tarasp
erschliesst die für Ausstellungen genutzten Räume.
verspricht der Künstler Not Vital als neuer Besitzer
Eine neu angelegte Treppe führt ins Untergeschoss.
Ausstellungen, nicht nur im Haus selber, sondern
Die Seitenflügel sind derweil ganz für die neun oder
auch im Park. In Nairs ist mit der Sanierung ein
zehn Künstlerinnen und Künstler reserviert, die im
ganzjährig nutzbarer Kulturort entstanden, der weit
Haus wohnen. Sie treffen sich in der neuen Küche,
mehr Publikum und Kulturschaffende als bisher an-
dem zentralen Kommunikationsort der Bewohne-
locken wird. Damit wird nicht zuletzt die Kontinui-
rinnen und Bewohner.
tät der Kulturarbeit im Unterengadin gesichert. Das
Die Ateliers werden nicht leer bleiben, davon ist
renovierte Badehaus wird noch stärker als bisher
Christof Rösch überzeugt. Er leitet das Haus seit
zum regional verankerten und weltweit vernetzten
1999. Schon bisher bewarben sich bis zu achtzig In-
Kulturort. Hier wird die «Auseinandersetzung zwi-
teressierte pro Saison für einen Aufenthalt, maxi-
schen dem Fremden und dem Eigenen» gefördert –
mal dreissig konnten berücksichtigt werden. In Zu-
ein über mehrere Jahre laufendes Programm, das
kunft werden nun mehr oder auch längere
Nairs mit Pro Helvetia als Partnerin initiiert hat.
Arbeitsaufenthalte möglich sein.
Gründlich renoviert
Der Ort spricht sich herum
Die Planung für die Sanierung zeigte, dass das zuvor
«Die Nairs-Gemeinde wird grösser und grösser»,
nicht beheizbare Haus auch wintertüchtig gemacht
stellt Christof Rösch fest. Eine Jury unter der Leitung
werden sollte. Nun ist es so weit: Ende August wird
von Katharina Ammann vom Schweizerischen Ins-
Nairs wiedereröffnet. Äusserlich zeigt es sich auf sei-
titut für Kunstwissenschaft trifft jeweils die Aus-
ner «Schauseite» mit dem Laubengang unverändert.
wahl unter den Bewerbungen. Dabei kann Nairs
Auf der Inn-Seite ist an den drei neuen Flügeltüren
keine luxuriösen Bedingungen anbieten. Die Sti-
erkennbar, dass es neue Nutzungen gibt. Dort, wo
pendiaten wohnen zwar gratis, leisten aber einen
einst die riesigen Heiz- und Dampfkessel im Keller
Beitrag ans Essen.
standen, ist auf einer neuen, isolierten Bodenplatte
Begeistern wird Nairs künftig auch viel mehr kultur-
ein Veranstaltungsraum entstanden, der polyvalent
interessierte Einheimische und Gäste. Das öffentli-
und ganzjährig nutzbar ist. Hier wird künftig Thea-
che Kulturprogramm wird ausgebaut, neu wird es
ter gespielt, hier werden Filme gezeigt. Der Raum ist
auch ein Angebot für Wintergäste geben. Zusam-
unterteilbar und dient auch als Vortrags- und Aus-
men mit dem Technologieprojekt «Mia Engiadina»
stellungssaal mit eigenem Eingang.
und den geplanten Aktivitäten rund ums Schloss
Das Zentrum für Gegenwartskunst hat damit fast ei-
Tarasp erlebt Scuol einen starken Impuls – «das
nen Drittel mehr Raum bekommen. Die Trennung
schafft neue, starke Positionen», ist Christof Rösch
der Nutzungen war für die beiden Architekten Chri-
überzeugt. Und das nächste Projekt steht schon an:
stof Rösch und Urs Padrun ein wichtiger Grundsatz-
die Reaktivierung der Trinkhalle Tarasp.
piz 51 : Sommer | Stà 2016
Blicke ins Hotel «Reine Victoria». Ein Haus voller Deckenmalereien und Stuckaturen, mit einem Lichthof und und einem Theatersaal samt akkurater Garderobe.
Staunen über das Können von einst Vergangenen Winter wurde in St. Moritz-Bad das Hotel «Reine Victoria» zu neuem, stilvollen Leben erweckt. Das Haus aus der Belle Époque, dessen Existenz selbst vielen Einheimischen kaum mehr bewusst war, ist ein Geheimtipp mit viel Originalsubstanz.
Text: Marina U. Fuchs Fotos: Ernst Spycher und piz
W
er das Haus betritt, fühlt sich in eine an-
terung schier unablässig fotografieren, könnte man
dere Welt versetzt. 47 prunkvolle Kron-
gleich an der Victoria-Bar in der Illusion längst ver-
leuchter mit 530 Glühbirnen erhellen die
gangener Zeiten versinken.
Szenerie. Aufwändige Deckenmalereien und Stuck-
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verzierungen überraschen ebenso, wie die Grosszü-
Eine fast vergessene Königin
gigkeit in den weitläufigen und hohen Räumen.
«Reine Victoria», schon nur der Name regt die Fantasie
Sogar einen eigenen Theatersaal mit akkurat gestal-
an. Gesicherte Informationen, wie und warum das
teten Garderobeneinbauten gibt es. Der Besucher er-
Haus zu dem Namen kam, gibt es (noch) nicht. «Wir
wartet unwillkürlich, dass gleich Damen im langen
sind gerade erst am Anfang», erklärt die Geschäftsfüh-
Kleid und Herren im Frack um die Ecke kommen,
rerin des Hotels, Myriam Bolt, die Spurensuche. «Viel-
plaudernd auf dem Weg zur «Table d’hôte», der ge-
leicht wollte man die damalige englische Königin zu
meinsamen Abendtafel mit strengen Regeln. So fin-
einem Aufenthalt verlocken, schliesslich weilte sie
det sich auf einem alten Plakat, das im Eingangsbe-
schon 1868 einmal für fünf Wochen in Luzern.»
reich hängt, ein strikter Hinweis. «Diner 7 heures 30
Es erstaunt, dass so ein Schmuckstück von Hotel über
précises – zu spät Kommenden kann nur die lau-
Jahrzehnte fast vergessen sein konnte und erst jetzt
fende Platte gereicht werden.» Wären da nicht zahl-
vom St. Moritzer Hotel Laudinella mit seinen Genos-
reiche heutige Gäste aus aller Welt, die voller Begeis-
senschaftern und innovativen Betreibern als Pächter
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Marc Philip Seidel: «Antonio de Grada». Vissivo Verlag 2015, 210 S., Fr. 129.– Der Autor führt am 12. Juni 2016 um 16 Uhr durch das «Reine Victoria» und erklärt die hier zu sehenden Malereien von de Grada. www.reine-victoria.ch
wiedererweckt wurde. Bei der Wiedereröffnung waren
Das Haus wurde vor der Wiedereröffnung zwar inten-
viele Einheimische dabei, die alle nur staunten, denn
siv geputzt, aber praktisch nicht renoviert. Vieles ist
die meisten hatten dieses Hotel noch nie oder einmal
original, wurde von den Handwerkern des Hotels Lau-
vor langer, langer Zeit betreten. Kaum jemand hatte
dinella, das das Haus nun betreibt, und Fachleuten
eine Ahnung von der architektonischen und künstle-
aufgefrischt. Matratzen, Wäsche und Haartrockner
rischen Pracht. Das Haus war lange für den Club Médi-
sind neu. Beim Rundgang durch das Haus fallen die
terranée reserviert, später für die italienische Gruppe
kunstvollen neobarocken Malereien von Antonio de
Tivigest, das waren geschlossene Gesellschaften.
Grada (1858 –1938) auf. De Grada, über den gerade ein
Werk von Nicolaus Hartmann sen.
umfangreiches Buch erschienen ist (siehe Randspalte), war ein Jugendfreund Giovanni Segantinis und mit
Das dominante Gebäude in aristokratischer Pracht
seinen Malereien fast überall in der Schweiz – auch in
wurde vom berühmten Hotelarchitekten Nicolaus
Zürich – präsent.
Hart mann sen. (1838 – 1903) geplant und 1875 einge-
Im eleganten Theatersaal begeistern die figurativen
weiht. Hartmann kombinierte elegant den damals ak-
und florealen Dekorationsmalereien. Herbert von Ka-
tuellen internationalen Hotelstil mit lokalen Sgraffit-
rajan gab hier vor Jahrzehnten ein Konzert. «Es war
tos. Gleichzeitig zeichnete der Architekt für den Bau
schlechtes Wetter», erinnerte sich ein Gast bei der Er-
des längst abgerissenen Hotels Du Lac verantwortlich
öffnung, «noch waren viele Leute auf Parkplatzsuche,
und er entwarf das vor Jahren abgebrannte Hotel
der Saal halb leer, aber der Maestro begann zu dirigie-
Waldhaus in Vulpera sowie mehr als zwanzig weitere
ren.» Aufzeichnungen mit Werken von Mozart und
Hotelpaläste. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung
Bach aus den Jahren 1964 / 1965 mit Karajan am Pult in
wurde das Victoria erweitert – von den Zürcher Gross-
eben diesem Saal sind als CD erhältlich.
architekten Chiodera & Tschudi. Im Laufe der Jahre
«Wir sind stolz auf das, was wir inzwischen aus dem
kamen zwei Flügel dazu. 245 Betten in 144 Zimmern
Haus gemacht haben», freut sich Myriam Bolt, «aber
stehen aktuell zur Verfügung. Die Räume mit stilech-
wir haben noch viel vor uns, das Reine Victoria ist eine
ten Bädern strahlen noch immer den Glanz der Grün-
Lebensaufgabe.» Das Garni-Hotel, das vom benach-
derzeit aus, ein lichtdurchflutetes Atrium verbindet
barten Hotel Laudinella betrieben wird, ist vorerst für
die Stockwerke.
fünf Jahre gepachtet – mit Verlängerungsoption.
Werbekarte aus der Frühzeit des 1875 eingeweihten Hotels «Reine Victoria» und Originalgrundriss. Die Gäste mussten damals mit zwei Bädern pro Etage zufrieden sein. (Foto: Dokumentationsbibliothek St. Moritz. Plan aus: Roland Flückiger: Hotelpaläste zwischen Traum und Wirklichkeit, Verlag hier und jetzt, 2003)
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SCHREINEREI + AUSSTELLUNG: Curtins 96, 7530 Zernez, Telefon +41 (0)81 850 20 18 info@davidrohrbach.com, www.davidrohrbach.com
Kunstvoll von Hand gewoben Handgewebtes ist gefragt wie nie. Das zeigt sich im Gespräch mit den Leiterinnen der Tessanda in Müstair und der Tessitura in Poschiavo. Gerade auch Kunstschaffende entdecken die Weberei wieder – und die Innenarchitektur setzt ebenfalls auf Texiles.
Text: Lilia Glanzmann Fotos 1–3: Maria Gapp Weitere Fotos: zVg
W
usch, klack, wusch, klack, wusch, klack:
einem Webstuhl zu einem dünnen Flachgewebe
Das Schiffchen flitzt zwischen den Fäden
verwoben wird. Sie sind aktuell so beliebt, weil ihre
hindurch. Bevor die Weberin es wieder sau-
handwerkliche Fertigung auf den ersten Blick er-
sen lässt, schlägt sie den neu eingelegten Faden –
kennbar ist. Unter anderem deshalb haben die In-
klack – mit dem Kamm am Gewebe an. Dazu hebt
nenarchitektinnen Jasmin Grego und Stephanie
und senkt sie rhythmisch die Schäfte, die sie mit ih-
Kühnle ihn im neuen Basler Stadthotel «Nomad»
ren Füssen steuert.
raumfüllend als Spannteppich verlegen lassen. Der
«Handweben kann auch heute noch in einer drei-
handwerkliche Bodenbelag fasziniert durch die
jährigen Lehre erlernt werden», sagt Alexandra Sal-
Schönheit des Unperfekten und verleiht den Hotel-
vett. Sie leitet die Produktion der Tessanda in Müst-
zimmern Charme.
air, der letzten grösseren Handweberei der Schweiz. Stoffe zu weben ist eines der ältesten Handwerke, die
Tessanda: Neue Materialien, alte Muster
Industrialisierung mit den Webmaschinen brachte
Zurück nach Müstair: Die Manufactura Tessanda
ihm hierzulande jedoch ein jähes Ende. Da und dort
wurde 1928 vom damaligen Pfarrer Rudolf Filli ge-
betrieben es Frauen zwar weiterhin als Kunsthand-
gründet, um den Beruf der Handweberin vor dem
werk, galten dabei aber eher als bieder. Doch so wie
Aussterben zu retten und den Frauen des Tals zu ei-
sich die letzten Jahre das Stricken seinen Platz in der
nem Einkommen zu verhelfen.
Gesellschaft zurückerkämpft hat, ist es jetzt mit
«Heute sind wir die wichtigste Ausbildungsstätte für
dem Weben und der Textilkunst im Allgemeinen:
Handweberinnen in der Schweiz», sagt Alexandra
Sie sind gefragt wie schon lange nicht mehr.
Salvett, die im Tal aufgewachsen ist. Neun Lernende
Das zeigten jüngst mehrere grosse Ausstellungen in
gibt es schweizweit noch, sie besuchen mehrmals
Europa: etwa die Schau «Kunst und Textil. Stoff als
jährlich Blockunterricht im Münstertal. Auch Alex-
Material und Idee in der Moderne» im Kunstmu-
andra Salvett hat hier vor 25 Jahren das Handwerk
seum Wolfsburg oder «To Open Eyes – Kunst und
gelernt, heute leitet sie den Betrieb. Mit ihr arbeiten
Textil vom Bauhaus bis heute» in Bielefeld und «Le
zwei Lehrtöchter, zwei Näherinnen, sechs Weberin-
fil rouge» im Espace Louis Vuitton in Paris. «Der Tex-
nen und eine Sekretärin.
tile Raum» im Museum Bellerive in Zürich vergan1 Alexandra Salvett an einem Webstuhl der Tessanda, Müstair. 2, 3 Garn und Kette in allen Farben. 4 Hotelteppich: die Schönheit des Unperfekten. 5 Resultat des «Projekts Handwerk». Nicole Lehner und Luzia Kälin von «Designasyl» arbeiten mit der Tessanda zusammen.
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genen Herbst schliesslich verdeutlichte den Stellen-
Handweben – ein Nischengeschäft
wert der Schweizer Kunstschaffenden in der
Die Tessanda ist in einem grossen Bündnerhaus mit-
Textilkunst – Moik Schieles Wandbehänge etwa fas-
ten im Dorf untergebracht. Dort, im ersten Stock, ar-
zinieren mit ihrer Ausdruckskraft und den strahlen-
beiten Weberinnen und Näherinnen gemeinsam
den Farben, die zu explodieren scheinen.
Die Schönheit des Unperfekten
im Atelier und zeigen in einer Schauweberei ihr Können. Sie produzieren Geschirrtücher, Servietten, Brotsäckli, aber auch Teppiche und Stoffe, mit
Handgewebtes ist heute aber auch in Architektur
denen Ferienhausbesitzer im Engadin auch mal
und Inneneinrichtung gefragt, dank dem Kelim
ganze Einrichtungen beziehen.
etwa. Kelim ist das türkische Wort für Teppich und
Im ganzen Haus stehen zwanzig Webstühle, gut die
steht für handversponnene Wolle, die von Hand auf
Hälfte davon ist für die Produktion eingerichtet.
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Nicole Lehner und Luzia Kälin von «Designasyl» haben die Decken in der Tessanda herstellen lassen. Der Farbverlauf bringt eine frische Leichtigkeit und ungewohnte Grosszügigkeit.
Doch nicht nur das Handweben ist heute ein Ni-
dem lernen sie so auch gleich die Vielfalt der Farben,
schengeschäft, auch die Maschinen werden kaum
Muster und Materialien kennen, mit denen wir ar-
mehr hergestellt. Wie steht es um Ersatzteile? Die
beiten», meint die Produktionsleiterin.
Firma Arm aus Biglen, die als letzte in der Schweiz Handwebstühle hergestellt hatte – sie galten als
Muster schafft es in Wohnzeitschriften
Rolls-Royce der Branche – hat die Produktion vor
Welche Farben, Muster und Materialien das sind, be-
fünf Jahren eingestellt. Zwar stehen auch in Müstair
stimmen die Weberinnen in ihrem alljährlichen
ein paar Modelle dieser Marke, die meisten sind aber
Workshop: Jede bringt Ideen und dann wird geplant,
Eigenfabrikate von Schreinern aus dem Tal: «Noch
was umgesetzt werden soll. Oft sind es traditionelle
aus der Gründerzeit – schon fast antike Stücke»,
Muster, die sie in neue Kontexte setzen. Wie etwa der
lacht die Leiterin. «Die laufen noch tadellos.» Gäbe
«Tessanda-Teppich» mit einem historischen Bünd-
es trotzdem mal ein Problem, gibt es im Münstertal
ner Flammenmuster in Schwarz und Weiss, mit ei-
einen Schreiner, der sich mit den Geräten auskennt.
nem doppelten Zick zack das früher für Wandbe-
Schwieriger könne es werden, sollte eines der Metall-
hänge oder Bettüberwürfe gewebt wurde – ein
elemente kaputtgehe – der Nachschub an Schiff-
Muster, das unterdessen auch in vielen Wohnzeit-
chen und Blättern ist beschränkt.
schriften abgebildet ist. Und auch bezüglich der ver-
Produktion auf Bestellung und Kurse Ein Stock tiefer, im Laden im Erdgeschoss, verkauft
Seit drei Jahren pflanzt die «SwissFlax» erstmals wieder Flachs in grösserem Stil in der Schweiz und
die Tessanda die handgemachten Artikel: eine far-
hat ein Garn aus hundert Prozent Emmentaler
big karierte Tischdecke «Higa», Tischläufer mit tra-
Flachs entwickelt, womit seit kurzem auch die
ditionellen Bündner-Mustern, aber auch ein Tep-
Bündner Handweberinnen arbeiten.
pich nach Kelim-Machart. Generell werde weniger
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arbeiteten Materialien setzt Salvett auf altes Neues:
Ware angeboten als früher, sagt die Produktionslei-
Poschiavo: Neue Einkünfte finden
terin: «Der Bestand war lange Zeit zu hoch und die
Von Müstair weiter nach Poschiavo. Auch hier wird
Regale übervoll – heute arbeiten wir vor allem auf
noch von Hand gewebt. Die Tessitura Valposchiavo
Bestellung.» Eine Neuheit war vor sieben Jahren zu-
entstand 1955, mit ähnlicher Absicht: Damals ver-
dem der Online-Shop, seither verkaufen sie die eine
liessen bis zu 70 Prozent der jungen Leute das Pusch-
Hälfte der Waren vor Ort, die andere Hälfte über das
lav, woraufhin die Tessitura Valposchiavo gegrün-
Internet in die ganze Schweiz.
det wurde, um auch hier das Handwerk zu retten.
Im Keller befindet sich ein Kurs- und Ausstellungs-
Im Palazzo Mengotti, einem Herrschaftshaus aus
raum: «Wir bieten einen eintägigen Webkurs sowie
dem 17. Jahrhundert, das auch das Ortsmuseum be-
Wochenkurse», schildert Alexandra Salvett. Die
herbergt, arbeiten aktuell noch drei Weberinnen,
Teilnehmer – in der Mehrheit sind es Touristinnen –
zwei Näherinnen und eine Lehrtochter. Brigitte
versuchen sich dabei auf einem bereits eingerichte-
Heiz betreut den Laden und das Sortiment, sie arbei-
ten Webstuhl, sie fertigen einen Schal oder einen
tet ehrenamtlich. Sie sagt, wie es ist: «Das Geld aus
Tischläufer, den sie dann als selbst produziertes Sou-
dem Fonds von damals wurde über die Jahre aufge-
venir aus dem Tal mit nach Hause bringen. «Ausser-
braucht – um zu überleben, brauchen wir neue Auf-
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träge.» Auch hier produzieren sie klassische Waffel-
Um langfristig zu überleben, sind solche Synergien
tücher und Tischläufer und stellen Stoffe für
nötig. Und sie sind gefragt: Immer mehr junge
Trachtenvereine her. Sie frischen das Sortiment aber
Desig ner berufen sich in ihren Kollektionen auf tra-
auch immer wieder mal auf. Aktuell mit unifarbe-
ditionelles Handwerk. Ein gelungenes Beispiel da-
nen Babytüchern, die sie gemeinsam mit einer Heb-
für, wie die beiden Disziplinen zusammenspielen
amme entwickelt haben.
können, war etwa das «Projekt Handwerk» von De-
Experimente mit Schafwolle
keit althergebrachter Fertigkeiten haben die beiden
Und sie wagen Materialexperimente: Im Bündner
Zürcher Designerinnen Nicole Lehner und Luzia
signasyl. Begeistert vom Charme und der Vielfältig-
Südtal leben rund 4000 Schafe. Aus Kostengründen
Kälin traditionelle Techniken aufgegriffen, um sie
verspinnen die Bauern deren Wolle nicht mehr wie
für neue brauchbar zu machen. Dafür haben sie
früher in mühsamer Arbeit. Die Überschüsse wur-
auch mit den Handweberinnen der Tessanda zu-
den verbrannt. Vor acht Jahren versuchte die dama-
sammengearbeitet.
lige Leiterin der Tessitura, das zu stoppen, und wob aus den weissen und schwarzbraunen Wollknäuel
Blühende Zukunft: Handwerk und Design
dicke Teppiche, die den Charakter des Tals wiederge-
Mit neuen Formen wollten sie dem alten Handwerk
ben sollten: Unbändig, aber auf eigene Art auch zart.
ein frisches Gesicht verleihen. So entstanden leichte
Es waren schöne Stücke, doch leider stellte sich her-
Sommerdecken mit dazugehörigen Kissen. Das
aus, dass die kurzstapelige Wolle der Puschlaver
Webmuster basierte auf einem Mustertuch in Roh-
Schafe sich nicht für stark beanspruchte Bodentep-
leinen, das die Designerinnen im Archiv der Tes-
piche eignet – die faserten zu stark. «Unterdessen
sanda entdeckten. Gewebt wurden die Produkte
überlassen die Bauern die überschüssige Wolle übri-
dann aus einer Kette aus Leinen und Schussfäden
gens der Firma Fiwo, die daraus Dämmmaterial fer-
aus Wolle. Mit einem Farbverlauf brachen die Desi-
tigt», ergänzt Heiz.
gnerinnen das traditionelle kleinrapportige Web-
Trotzdem lassen sich die Südbündnerinnen nicht
bild, was den Produkten eine frische Leichtigkeit
entmutigen, entwickeln neue Ideen, um ihr Hand-
und ungewohnte Grosszügigkeit verleiht. Doch
werk dem Tal auch weiterhin zu erhalten: «Wir sind
nicht nur das Handwerk braucht Design, auch für
dran, einen Katalog mit all unseren Mustern und
das Design ist Handwerk unabdingbar: Verschwin-
Materialien zusammenzustellen, mit dem wir dann
det es, geht zugleich ein Produktionswissen verlo-
Innenarchitekten kontaktieren wollen, um Auf-
ren, das sich über hunderte von Jahren entwickelt
träge zu akquirieren», sagt Brigitte Heiz – denn Mö-
hat. In unserer industrialisierten Gesellschaft ist
belbezugsstoffe bedeuten grosse Mengen und könn-
Handwerk heute deshalb ein Luxusgut – mit blühen-
ten die Zukunft der Tessitura sichern.
der Zukunft.
WEBEN LERNEN IM MUNSTERTAL Die nächsten Kurse: 3. – 7. Oktober und 7. – 11. November 2016. Anmeldefrist: jeweils einen Monat im Voraus. Lektionen: 9–12 Uhr. Kurskosten: 590.– Franken pro Woche, inkl. Webmaterial. Infos: www.tesssanda.ch
Art Textil Sent Die Textilkunstgalerie Sent zeigt Werke von Rita Merten. Die Künstlerin, 1951 in Argentinien geboren und aufgewachsen, lebt seit 1968 in der Schweiz. Ihre Werke vereinen schwungvolles, freies Malen und technisch gebundenes Zeichnen. Dabei geht sie mit überraschenden Materialien frei um. Es entstehen in sich geschlossene Kompositionen. Meist verwendet die Künstlerin Materialien, die bereits eine andere Funktion hatten, wie Stoffmuster, Zeitungen und Zeitschriften, Plastiktaschen. Ausstellung: 17. 9. – 2. 10. 2016, Di – So: 12 – 18 Uhr, Vernissage: Sa, 17. 9., 14 h Art Textil Sent, Stron 277, 7554 Sent, www.beatrice-lanter.ch
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piz : Publireportage
Sehen wie ein Adler
Aivlagroup Augenlaserzentrum Pontresina
Dr. Paolo Bernasconi, CEO der Aivlagroup
M
gezogen und über die Jahre hinweg begleitet.
schlussendlich kommt es darauf an, den rich-
Besonders sein Sehvermögen ist beeindru-
tigen Augenblick zu nützen.» So beschreibt Dr.
ckend. Das vielzitierte Adlerauge sieht achtmal
Paolo Bernasconi seine Faszination für die
schärfer als das menschliche Auge. Der Vogel
Fotografie. Und im Adler vereinigen sich für ihn
kann seine Beute aus drei Kilometer Entfer-
die Liebe zur Natur, die Leidenschaft für die
nung erspähen.
Fotografie und die Passion für das Auge, die
Der Augenarzt Dr. Paolo Bernasconi, Gründer
Optik und das Sehen. Vergessen wir nicht,
und heute CEO der Aivlagroup, beschreibt,
dass das Auge das Bild macht und nicht die
wie er seine Begeisterung für die Sehschärfe
Kamera.
und die Optik im Beruf verwirklichen durfte. So
Das Engadin, das mit seinen atemberauben-
scharf zu sehen wie ein Adler ist der Wunsch
den Landschaften in allen vier Jahreszeiten mit
ajestätisch, stolz, erhaben – das sind
vieler. «Als Fotojäger bin ich immer auf der
so vielen Bildern und Kontrasten begeistert,
die Beschreibungen für einen Adler. In
Suche nach dem besten Schnappschuss in
stellt damit auch die direkte Verbindung zum Auge und zur Wahrnehmung her. Der Steinad-
allen Zeiten war und ist dieser grosse
optimaler Auflösung, bemüht, wann immer
Vogel der «König der Lüfte». Er galt schon in
nötig die Perspektive zu wechseln. Details
ler ist im Engadin heimisch und der Adler
der Antike als Sinnbild für Allwissenheit und
entdecken, Einzelheiten erkennen und dabei
heisst auf Romanisch Aivla. So entstand vor
Macht und bis heute ist er Inbegriff von Freiheit,
das Ganze nicht aus den Augen verlieren und
über zehn Jahren der Namen der «Clinic Aivla»,
Würde, Kraft und Mut. Seit der Kindheit hat
den Überblick behalten. Es reicht nicht, bereit
später der Aivlagroup.
mich die Faszination dieses Tieres in den Bann
zu sein, man muss warten können, doch
Heute ist Dr. Paolo Bernasconi CEO der Aivla-
Augenoperation mit Lasertechnologie.
group. Sie betreibt in St. Moritz ein Diagnostik-
Beim Hornhautverfahren modelliert der Laser-
aufgeklärt und in einem Kurzcheck wird fest-
zentrum für Augenheilkunde und in Pontresina
strahl präzise die Hornhautoberfläche, um zu
gestellt, welche operativen Möglichkeiten be-
die «Clinic Aivla», wo alle Operationen durch-
erreichen, dass deren Krümmung so ange-
stehen. Danach erfolgt eine genaue Vorunter-
geführt werden. Hier befindet sich auch das
passt wird, dass auf der Netzhaut immer ein
suchung und dann die eigentliche Operation
neue Augenlaserzentrum, das seit 2015 mit
scharfes Bild entsteht. Dazu gehören Operati-
unter dem Laser. Selbstverständlich gehören
neuer, modernster Technik ausgerüstet ist.
onsverfahren wie Femto-Lasik und Lasek.
auch Nachuntersuchungen zur Behandlung – und dann können Patientinnen und Patienten
Refraktive Augenchirurgie
Beim Linsenverfahren wird die «falsche» Brech-
ihre Brille vergessen.
Ziel aller Operationen ist es, die Gesamtbrech-
kraft des Auges durch das Einsetzen einer
kraft des optischen Systems des Auges so
Kunstlinse korrigiert. Dazu gehören Operati-
anzupassen, dass die Umwelt scharf auf der
onsverfahren wie eine Zusatzlinse und ein
ren haben sich inzwischen millionenfach be-
Netzhaut abgebildet wird. Dies kann durch die
Linsenaustausch.
währt. Sie ermöglichen eine ambulante Be-
Die von der Aivlagroup angewandten Verfah-
handlung und zeigen Ergebnisse. Die Eingriffe
Änderung der Brechkraft der Hornhaut oder
erfolgen mit höchster Präzision – auch dank
durch Implantation einer zusätzlichen oder
Sehen ohne Brille
Ersatz der körpereigenen Linse erfolgen. Dazu
Vor jedem Eingriff werden Patientinnen und
jahrelanger
gibt es die beiden folgenden Verfahren:
Patienten genau über die möglichen Eingriffe
bringt den Patienten auch höchste Sicherheit.
Die reguläre Sprechstunde findet im Diagnostikzentrum der Aivlagroup in St. Moritz statt. Zudem halten die Augenärzte regelmässige Sprechstunden in den Spitälern Scuol, Poschiavo, Santa Maria (Münstertal) ab. Auch in Chur ist es möglich, sowohl Voruntersuchungen als auch Nachkontrollen durchzuführen. Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Termin Tel.: +41 (0)81 851 00 00 www.aivlagroup.ch
Erfahrung.
Moderne
Technik
Manufaktur gegen Schmiede Zwei Kochmesser – eines mit dem Label des Kochs Andreas Caminada, eines vom Dorfschmied Thomas Lampert aus Lavin. Eines aus einer Manufaktur, das andere aus der Unterengadiner Werkstatt. Eine Designkritik und ein Praxistest.
Text: Köbi Gantenbein Foto: Thomas Rousset
Z
wei neuere Beiträge zur Designgeschichte
tet ». Die Messerfabrik Güde aus Solingen – sie wirbt
Graubündens sind bemerkenswert: Der Koch
mit dem Begriff «Handwerk» – stellt das Messer aus
Andreas Caminada bewirtet im Domleschg auf
einem Stück Solinger Stahl her. Zu Hunderten läuft
seinem Schloss Schauenstein Gäste, die von weit her
es durch die ausgeklügelte Produktion. Glänzend
anreisen, um eine Mahlzeit zu zelebrieren. Sie kön-
poliertes Metall, die Klinge weitet sich auf zum
nen nach dem Schmaus nicht nur erlesene Lebens-
Schaft. Auf den Erl – das ist die Erweiterung der
mittel und schwarze Kochblusen, sondern auch
Klinge im Schaft – werden mit einem Acrylkleber
Messer kaufen. Hoffend wohl, dies helfe ihnen,
zwei Schalen aus schwarz eingefärbtem Eschenholz
ebenso zu kochen, wie Caminada es kann. Thomas
geklebt – ‹ spülmaschinenfest ›, wobei jeder Koch
Lampert, der Schmied von Guarda, stellt Treppen,
weiss: Ein solches Messer gehört nie in die Maschine.
Geländer und andere Bauteile aus Metall her – und
Wo der Griff in die Klinge übergeht, steht auf dessen
er schmiedet Messer. Eine ganze Messerfamilie hat
Rücken des Kochs Zeichen ‹ AC ›.
er in den Vitrinen seines Wohnhauses in Giarsun im
Thomas Lamperts Messer ruht in grauem Karton auf
Unterengadin versorgt. Lampert und Caminada ha-
einem Bett aus Heu. Die Klinge glänzt nur an der
ben beide den König des Messers in ihrem Angebot:
Wate – wie Köche die Schneide nennen –, sie bleibt
das Kochmesser. Was kann das eine, was das andere
eine roh belassene Form, zwei plastisch markante
nicht kann ?
Fichtenschalen umklammern den Schaft, vier Nie-
Die Augenprüfung
Dieser Text erschien zuerst in Hochparterre, Zeitschrift für Architektur und Design. April-Ausgabe 2016.
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ten verbinden das Holz mit dem Metall. Die Form einer Hand hat den hölzernen Griff bestimmt. Man
Andreas Caminadas Messer ruht in einem Bett aus
sieht das Messer und hört die Esse fauchen und den
schwarzem Schaumstoff in lindengrüner Schachtel.
Hammer schlagen – eine Melancholie, die der Hand-
Der Koch hat zusammen mit dem Werkstoffingeni-
werker ebenso geschickt inszeniert wie der Marke-
eur und Messerhändler Michael Bach « Produkt und
tingapparat hinter Koch Caminada mit seiner
Produktumfeld konzipiert, entwickelt und gestal-
durchwegs eleganten Welt.
piz 51 : Sommer | Stà 2016
Die Schneideprüfung
genstand komponiert. Als Produkt mit Umfeld kon-
Aber wir wollen ein Messer ja nicht für die Augen,
zipiert und realisiert ist das Messer ein perfektes Bei-
sondern für den Schnitt. Während ihn die Fachwelt
spiel für zeitgemässes Industrial Design, arbeitsteilig
an der Tomate misst, ist hier ein acht Minuten lang
organisiert, wie sich das gehört, Caminada als
gekochtes Ei das probate Prüfungsstück. Dieses tei-
Imagegeber und Mitentwickler entschädigt mit ei-
lend muss ein Messer drei Zustände trennen: Schale,
ner handelsüblichen Provision .
geronnenes Eiweiss, hartes Eigelb. Diese drei unter-
Ideologisch macht das Messer des Schmieds Lam-
schiedlich aufgebauten Materialien müssen nach-
pert einen Punkt bei mir, denn ich suche in der
und miteinander mit einem Zug bewältigt werden.
durch und durch geformten Perfektion die Eigenart.
Die Handhabung ist die wohl kräftigste Differenz
Ich mag Design, das Eigensinn auch in den Gegen-
der zwei Messer: Lamperts Holzgriff liegt rund in der
stand trägt, vom kräftigen Griff bis zum auf die
Faust, gerüstet für den beherzten Druck. Der kantige
Klinge geprägten persönlichen Bundzeichen des
Griff von Caminada regt an, Handballen und Finger
Schmieds von Guarda. Ich mag die verträumte Me-
nicht ans Messer zu krallen, sondern es leichterhand
lancholie, die der Arbeitsteilung das handwerkliche
zu führen. Da ich ein eher handfester als eleganter
Ideal entgegensetzt, möglichst viel in der Hand zu
Koch bin, scheint mir der kräftige Griff des lampert-
behalten. Selbstverständlich zählt auch hier die Se-
schen Messers angenehmer zu passen, zumal dieses
rie – wer ein Messer will, muss je nachdem geduldig
mit 200 Gramm merklich weniger wiegt.
warten, bis Lampert wieder Lust und Zeit hat, einen
Nach drei Eiern hat das Messer von Caminda Vor-
Satz zu schmieden.
Andreas Caminadas Messer links ist online erhältlich und kostet Fr. 199.–. Auch Thomas Lamperts Messer rechts ist über seine Website zu bestellen. Es kostet Fr. 130.–.
teil – der Schnitt der Schale ist splitterfrei, die Dotter sind scharf entzweit. Der Schnitt geschah mit beiden Messern mit wenig Druck und mit einem Zug. Die Differenz mag an der Perfektion der industriellen Herstellung liegen, die keinerlei Varianz unter
Messerschmieden
tausend Messern duldet, sie mag am gut dreissig
Auch im Fextal werden Messer geschmiedet. Dort arbeitet Roger Rominger mit Hammer und Amboss und stellt Messer aus Damaszene Stahl her. Dabei handelt es sich um Material, das in mehreren Lagen mit unterschiedlichem Ausgangsmaterial hergestellt wird. In Sils im Domleschg ist ein weiterer Schmied, Gian Stoffel, zu Hause, der mit der gleichen Technik arbeitet. Er hat für seine Arbeiten 2014 einen Anerkennungspreis der Stiftung Bündner Kunsthandwerk bekommen.
Gramm schwereren Gewicht liegen, sie mag daran liegen, dass die Balance des Messers von Thomas Lampert die Klinge nach unten zieht, während bei Caminadas Messer der Griff schwerer ist.
Der Ideologietest Routiniert ist die Welt des Andreas Caminada um sein Messer arrangiert, mustergültig wird das sorgsam gestaltete Image des Koch- und Medienstars auf einen Gegenstand montiert, normiert und seriell gefertigt – in der ‹ Manufaktur ›, wie Fabrik nobilitiert heisst. Das Design ist vom Lächeln des Kochs auf dem Werbebild bis zum glänzend perfekten Ge-
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Die Handchirurgin hilft in Nepal Die Handchirurgin Katrin Hagen operiert nicht nur in St. Moritz. Sie reist auch regelmässig in abgelegene Gegenden im Himalajastaat Nepal – ein Land, das sie seit ihrer Kindheit kennt. Unter in der Schweiz undenkbaren Verhältnissen operiert sie dort und bewirkt damit viel.
Text: Thomas Müller
S
chief zusammengewachsene Knochenbrüche,
in die nächste Stadt zu gehen, weil ein Kind eine ver-
Brandwunden vom Kochfeuer, nie operierte
krüppelte Hand hat», erklärt die 67-jährige Ärztin.
Geburtsfehler: Hunderte von Patientinnen und Pa-
St. Moritz liegt auf gut 1800 Metern Höhe, Khalanga
tienten aus dem ganzen Bezirk strömen Anfang
auf rund 1200 Metern am Fluss Bheri. Wer von der
April mit ihren Familien zum Spital in Khalanga, ei-
anderen Seite des tiefblau schimmernden Gewäs-
nem abgelegenen Provinzstädtchen in West-Nepal.
sers kommt, schreitet über eine atemberaubende
Manche von ihnen haben bis zu drei Tage Fuss-
Hängebrücke zum Städtchen. Der Ort mit einer
marsch für die kostenlose Behandlung im orthopä-
ständigen Bevölkerung von etwas mehr als 12’000
dischen «Medical Camp» in Kauf genommen. Und
Personen ist eines der wichtigsten Zentren im Bezirk
drinnen im «Spital» operiert Katrin Hagen, Hand-
Jajarkot, mehr als 150’000 Einwohner leben in sei-
chirurgin aus St. Moritz, zusammen mit vier nepale-
nem Einzugsgebiet. Strassen gibt es kaum, Lasten
sischen Orthopäden und zwei Narkoseärzten aus
transportieren meist Träger und Maultiere. Gewitzt
der Hauptstadt Kathmandu – unaufhörlich, zwölf
durch Stromausfälle und defekte Operationslam-
Stunden pro Tag. Nach fünf Tagen legt Dr. Hagen die
pen hat Katrin Hagen nebst Skalpell und anderen
Lupenbrille zur Seite. Insgesamt 71 Operationen hat
Instrumenten stets auch eine Stirnlampe im Ge-
das Team geschafft, 71 Mal Linderung in beschwer-
päck. Das 14-köpfige Team des «Medical Camps»
liche Leben gebracht. Und in diesen fünf Tagen ha-
reist mit einem Generator und dem nötigsten Mate-
ben die acht Krankenschwestern und fünf Chir-
rial an, das vor Ort oft fehlt.
urgen auch unzählige kleinere Wunden und Gebresten versorgt.
Hilfe mit grosser Wirkung
Seite rechts: Impressionen von Katrin Hagens Einsätzen in Nepal und den dortigen Arbeitsbedingungen. Fotos: Giancarlo Cattaneo
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Kindern schauen muss, kann sie es sich nicht leisten,
angeschnittene Sehnen, schlecht verheilte
Schon als Kind im Himalaya Die Spitäler in solchen Regionen sind spärlich ausgerüstet. Das Problem sei ähnlich wie in Graubünden,
«Oft können wir viel bewirken», sagt Katrin Hagen,
wo das Spital im Münstertal und jenes in Poschiavo
zurück in ihrer Praxis im Heilbad St. Moritz. Die
ja auch immer wieder mal in Frage gestellt werden,
meisten Probleme liessen sich vor Ort lösen, «beson-
aber in Nepal sei es «viel extremer». Oft hält ein All-
ders schwierige Fälle bestellen wir nach Kath-
gemeinpraktiker die Stellung, manchmal ist auch
mandu». Die Kosten für Operation, Transport und
ein Frauenarzt dort stationiert. Einen Narkosearzt
Verpflegung – auch für die Angehörigen, ohne die
gibt es nicht. Die einzige durchgeführte Operation
eine solche Reise undenkbar ist – übernimmt die
ist der Kaiserschnitt – mancherorts ausgeführt
Stiftung «Med Solutions Foundation St. Moritz» zu-
durch einen ausgebildeten Krankenpfleger.
sammen mit ihren nepalesischen Partnern. Zwei bis
Katrin Hagen baut Brücken zwischen den beiden
drei solcher Camps finanziert die von Katrin Hagen
Ländern. Sie verbrachte im Vorschulalter zwei Jahre
präsidierte Stiftung pro Jahr in Nepal. Stets finden
im Himalajastaat, und später, mit 14 Jahren, noch-
die Camps in abgelegenen ärmeren, aber dicht be-
mals acht Monate. Ihr Vater, der 2003 mit 86 Jahren
völkerten Gegenden statt. Der Weg ins nächste Spi-
auf der Lenzerheide verstorbene Toni Hagen, war
tal dauert dort zu Fuss meist mehrere Tage, der Bus
ein leidenschaftlicher Geologe und ein Schweizer
ist teuer. «Wenn eine Frau zu Haus und Hof und vier
Pionier der Entwicklungszusammenarbeit. Insge-
piz 51 : Sommer | Stà 2016
samt zwölf Jahre arbeitete er in Nepal, eine Zeitlang
Nachbildung aus Kunststoff – lässt sich das gut be-
lebte er mit Frau und Tochter dort. Die Liebe zum
trachten: Die Hand ist an 22 Achsen beweglich. Vor
Land habe sie von ihrem Vater geerbt, sagt die Hand-
allem der Daumen ist es, der dem Greiforgan des
chirurgin. Die Gegensätze schrecken sie nicht ab:
Menschen – und der meisten Primaten – den Pin-
Hier die Arbeit im medizinisch bestens versorgten
zettengriff ermöglicht und damit eine einzigartige
Engadin, wo gleich zwei der kostspieligen Magnet-
Beweglichkeit schenkt. Die Handfläche nimmt mit
resonanztomografen stehen. Dort die Medical
17’000 Fühlkörperchen Druck, Bewegungs- und Vi-
Camps in Bergtälern, wo sich in improvisierten
brationsreize wahr. Ist eine Frucht unreif oder ge-
Operationssälen Fliegen tummeln (wegen des In-
nussbereit? Solche Eigenschaften «begreifen» wir
fektionsrisikos erhalten die Operierten jeweils ein
oft im wörtlichen Sinn, wenn wir einen Gegenstand
Antibiotikum als Nachbehandlung). Als Sisyphus-
in der Hand halten.
arbeit betrachtet sie das nicht, eher als Auftrag:
Katrin Hagen legte ihr Staatsexamen ab, als sich die
«Wenn man die Verhältnisse sieht und Möglichkei-
Handchirurgie als eigene Disziplin erst zu entwi-
ten hat, etwas zu verändern, dann hat man doch
ckeln begann. «Handchirurgie ist ein sehr feines
eine gewisse Verpflichtung!»
Handwerk, es braucht Zeit, es braucht Geduld, um
Die Hände – unser wichtigstes Instrument
wird oft unter dem Mikroskop. Den Aufschwung der
Möglichkeiten zu helfen gibt es immer. «Wir kön-
Mikrochirurgie begündeten zwei Japaner, denen es
nen viel bewirken», sagt Hagen. Wenn manchmal
1965 erstmals gelang, einen menschlichen Daumen
ein Orthopäde aus dem Westen in ein Camp mit-
wieder anzunähen. Hagen erwarb den Facharzttitel
komme, staune er im ersten Moment, wie viel zu tun
in Handchirurgie. Aufgewachsen auf der Lenzer-
sei und wie viel sich erreichen lasse. «In der Schweiz
heide, liess sie sich 1990 im Engadin nieder, wo ihr
muss alles perfekt sein, dort hingegen zählt nicht
Partner die Galerie Curtins führt.
die Optik, sondern, dass sich etwas verbessern lässt.»
Kontrast in St. Moritz: Hier operiert die Handchirurgin unter optimalen Bedingungen. Foto: Maria Gapp
die nötige Präzision zu erreichen», sagt sie. Operiert
Auch kleine Verbesserungen sind viel wert, denn die
«Swiss Award» für ihr Engagement
Hände sind eines der wichtigsten Instrumente des
Aus ihrer beruflichen Tätigkeit im Engadin will sich
Menschen – und ein komplexer Apparat mit über
die 67-Jährige altersbedingt allmählich zurückzie-
dreissig Muskeln. Vom Kahnbein über das Erbsen-
hen. Doch ihr Engagement für Nepal, für das sie im
bein bis zu den distalen Phalangen zählt die Hand
Januar 2016 mit einem «Swiss Award» ausgezeich-
27 einzelne Knochen, was etwa einem Viertel der
net wurde, bleibt ungebrochen. Hagen und andere
Knochen im menschlichen Körper entspricht. Am
westliche Ärzte arbeiten zwar stets ehrenamtlich
schneeweissen Handskelett in der Praxis – eine
und sie übernehmen sogar die Reisekosten selbst. Doch die nepalesischen Orthopäden und das Pflegepersonal werden zumindest teilweise für ihre Arbeit entschädigt, hinzu kommen Kosten für Material, Geräte und Transporte. Deshalb ist die Stiftung Med Solutions St. Moritz (www.med-solutions.ch) auf Spenden angewiesen. In Nepal widmet sich zudem eine Stiftung den Anliegen ihres verstorbenen Vaters, der das Land und seine Leute über die Jahrzehnte in Tausenden von Dias dokumentierte. Ziel ist es, das Verständnis unter den verschiedenen Volksgruppen und die Vielfalt in der Himalayaregion zu fördern. Regelmässig veranstaltet sie Ausstellungen. «Er war der Einzige, der damals das ganze Land bereist und fotografiert hat», sagt Katrin Hagen. Sie präsidiert die schweizerische Zwillings-Stiftung (www.tonihagen-stiftung.ch), die die finanzielle Basis für diese Tätigkeit verbreitern will. Und woher nimmt Katrin Hagen all die Kraft für diese Engagements? «Diese Frage stelle ich mir gar nicht, ich mach es einfach.»
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piz 51 : Sommer | Stà 2016
Beratung – Verkauf – Vermietung – Support Seit 1991 steht Alpine Bike Celerina im Oberengadin für erstklassige Qualität in Beratung und Service. Dieser Service wird auch von Profisportlern, die im Engadin trainieren, intensiv und dankbar genutzt. Um Ihnen beim Fahrradkauf ein Höchstmass an Flexibilität ohne Qualitätseinbussen bieten zu können, haben wir uns entschieden, neben der Vertretung von Fremdmarken auch eine eigene Marke zu führen. Mit price-racebikes fanden wir einen Zulieferpartner, der vom Rahmen bis zu der Auswahl der Komponenten unseren hohen Qualitätsansprüchen entspricht. Sie können sich Ihr Fahrrad inkl. Komponenten selbst zusammenstellen. Wir helfen Ihnen gerne dabei, profitieren Sie von unserer Erfahrung – damit Ihnen Ihr Fahrrad passt wie angegossen. NINER • BIXS • KUOTA • STEVENS • GHOST • RIDLEY • GT • TOUR DE SUISSE • WHEELER • FLYER • BIONX • ASSOS • GORE BIKEWEAR • MALOJA • SHIMANO • ROCK SHOX • ALPINA • UVEX • MET • MOUSTACHE • KTM • VIVAX-ASSIST • GONSO
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1
3
Werte checken, Filter spülen Seit zwei Jahren ist das Ovaverva Hallenbad, Spa & Sportzentrum in St. Moritz-Bad in Betrieb. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie viel «Handarbeit» auch in einer hochtechnisierten Anlage nötig ist.
Text: René Hornung Fotos: piz / zVg
W
ie viele Kilometer Rohre und Leitungen
vaten Anlage. Im Ovaverva gibt es sechs unter-
sind in diesem Hightech-Haus verbaut?
schiedlich grosse Becken: das 25-Meter-Schwim-
René Woecke, der technische Leiter des
merbecken, ein Sprung-, ein Nichtschwimmer- und
Ovaverva, weiss es nicht. Wichtiger aber ist, dass er
ein Kinderplanschbecken, den Aussenpool mit den
weiss, welcher Leitungsstrang wohin und über wel-
Sprudeldüsen und das Rosatschbecken im Wellnes-
chen der vielen Gänge und der insgesamt acht Trep-
steil. Dazu kommen noch alle Anlagen im Wellness-
penhäuser des Komplexes ans richtige Ort führt.
bereich mit den Kneippanlagen.
Woecke ist seit der Eröffnung der über 66 Millionen
42
Franken teuren Anlage der Mann hinter den Kulis-
Filtern, reinigen, putzen
sen, der Wasserqualitäten und Temperaturen checkt,
Das Wasser in den Becken wird permanent gefiltert
der Einstellungen justiert und Filter tauscht. «Ich
und gereinigt und auf Temperatur gehalten. Zwi-
kam hierher, als alles schon fast fertig eingerichtet
schen rund zweieinhalb und fünf Stunden dauert es,
war», blendet er zurück. Wäre er, der gelernte Elekt-
bis die Pumpen jeden Beckeninhalt einmal umge-
riker und Sanitär-Installateur, schon bei der Instal-
wälzt haben. Zur Reinigung sind Aktivkohle und
lation dabei gewesen, wären einzelne Teile der An-
Ozon im Spiel. Schwefelsäure brauche es für das
lage
zugänglich.
Bergwasser «extrem wenig», erklärt René Woecke.
Installationsfirmen richten nicht immer alles so ein,
Und was sich im Laufe des Tages am Beckenboden
vielleicht
etwas
einfacher
dass es für den laufenden Betrieb auch wirklich
ansammelt, holt der Putzroboter jede Nacht heraus.
praktisch ist. Einige der Unterhaltsarbeiten verlan-
Besonders behandelt wird das Aussenbecken. Es
gen geradezu akrobatische Verrenkungen.
wird jede Nacht ganz geleert und das Wasser wird in
Mit Bädertechnik kennt sich René Woecke nach
einem Tank unter dem Becken gelagert, damit es
zahlreichen Weiterbildungen aus. Er arbeitet schon
sich nicht zu stark abkühlt. Die Wasserqualität wird
lange in St. Moritz, war technischer Mitarbeiter der
ständig überwacht. Jedes Becken hat seine automa-
Anlagen im Kempinski Hotel und später in einer pri-
tisierte Messstation, die Alarm schlägt, wenn Grenz-
piz 51 : Sommer | Stà 2016
4
5
werte überschritten werden. Die Bademeister neh-
gene Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach. Die Kabel-
men zusätzlich «von Hand» Proben und analysieren
schächte dafür sind allerdings vorhanden. Und was
sie. Weichen die ermittelten Werte voneinander ab,
passiert, wenn an Spitzentagen im eiskalten Winter
geht die Fehlersuche los.
bis zu 2000 Badegäste im Haus sind? Duschen die
Um die Wassertemperaturen konstant zu halten
dann kalt? «Das ist noch nie vorgekommen», stellt
und den ganzen Komplex zu beheizen, braucht es
René Woecke klar. Bei Hochbetrieb wird die Wasser-
grosse Mengen an Prozesswärme. Allein die beiden
temperatur im «Durchlauferhitzer-System» gehal-
Boiler für das Duschwasser fassen zusammen
ten – das sei bei den neusten Anlagen bereits «state
21’000 Liter. Aber das Erstaunliche: In der ganzen
of the art».
Anlage brennt nirgends ein Feuer. Es gibt weder ei-
René Woecke ist einer von etwas mehr als zwanzig
nen Öl- noch einen Gasbrenner. Ein ausgeklügeltes
Mitarbeitenden des Ovaverva. Die Technik kommt
Wärmerückgewinnungssystem und zwei Grund-
trotz ständigem Justieren und Filterspülen, trotz
wasserpumpen sorgen dafür, dass das Ovaverva den
Wartung der Dosierstationen und den vielen Unter-
Wärmebedarf zu 40 Prozent aus eigenen Energie-
haltsarbeiten mit eineinhalb Stellen aus. Die inzwi-
quellen decken kann. Dazu wird unter anderem das
schen zwei Jahre laufende Technik wird und wurde
Abwasser der Anlage zuerst in ein grosses Aussenbe-
ständig nachjustiert, denn bis sie reibungslos funk-
cken geleitet, wo ihm die Wärme entzogen wird, be-
tioniert, braucht es seine Zeit. Alarme und Notein-
vor es in die Kanalisation gelangt.
Wärme auch aus dem St. Moritzersee Die zusätzlich benötigte Wärme bezieht das Bad aus
6
1–3 Leitungen, Rohre, Kessel und Steuerungstechnik. 4 Unterhaltsarbeiten verlangen mitunter fast akrobatische Verrenkungen. 5 Prüfkoffer zur Überwachung der Wasserqualität. 5 René Woecke, Ovaverva-Technikchef.
Blick in die Schwimmhalle.
sätze sind allerdings sehr selten. «Im schlimmsten Fall geht einfach ein Ventil zu», erklärt der Technikchef. Die Badegäste merken davon in der Regel nichts, denn die grossen Wassermengen kühlen
dem Fernwärmenetz von St. Moritz. Dessen wich-
nicht so rasch aus.
tigste Wärmequelle ist der St. Moritzersee. Selbst aus
Die Bade- und Wellnessgäste – im ersten Betriebs-
dem winterkalten Seewasser gewinnt man noch
jahr waren es schon 172’000 – sehen von all der
Prozesswärme.
Technik nichts. Sie nehmen vielleicht auch gar
Die Technik füllt das Untergeschoss des Ovaverva
nicht wahr, wie je nach Lichtverhältniss draussen
neben und hinter dem Eingangsbereich. Alles ist
die Beleuchtung im Bad sanft ändert, Hightech-
vollgepackt mit Rohren und Leitungen, mit Pum-
Steuerungen auch hier. Ein Blick durch die Glastüre
pen und Steuerungen, denn jedes Becken hat seine
des Bademeisterraumes lässt sie aber erahnen, was
eigene Wasseraufbereitung und Heizung, jeder Teil
hinter den Kulissen alles abläuft. Wenn im Fun-
des Bades seine eigene Lüftung mit unterschiedli-
tower ein Kind mit «Flügeli» auf die Rutsche will, er-
cher Luftfeuchtigkeit. Und hier wird nicht nur ge-
tönt plötzlich eine mahnende Stimme aus dem
heizt, sondern auch gekühlt. Die Behandlungs-
Lautsprecher. Ein Bademeister hat das dann auf ei-
räume im Wellnessteil zum Beispiel, das Restaurant,
nem seiner Bildschirme gesehen. Und das Überwa-
aber auch der Computerraum brauchen eine Küh-
chungssystem erkennt auch, wenn unter Wasser et-
lung. Und all die Wärmepumpen und Steuerungen
was passiert respektive sich ein Mensch dort nicht
brauchen natürlich viel Strom. Die Anlage hat denn
mehr bewegt. Das würde Alarm auslösen – ernste
auch eine eigene Trafostation, aber (noch) keine ei-
Zwischenfälle gab es bisher aber zum Glück nicht.
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OVAVERVA HALLENBAD, SPA & SPORTZENTRUM ST. MORITZ Öffnungszeiten, Eintrittspreise: www.ovaverva.ch
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2
1
Oase dank Machern mit Herz Sur En ist ein Weiler mit zwanzig Einwohnern unten am Inn im Unterengadin. Doch im kleinen Ort geht Grosses vor. Zwei engagierte Männer haben hier einen kulturellen und touristischen Vorzeigeort geschaffen.
Text: Franco Brunner Fotos: piz
W
üsste man es nicht, man würde wohl vor-
eine derart grosse Anziehungskraft auf Gäste aus
beifahren. Keine grossen Schilder, die am
nah und fern hat. Mit Ideenreichtum, Mut zur Um-
Strassenrand den Weg weisen. Keine Wer-
setzung, Durchhaltewillen und jeder Menge Herz-
bebanner, die dem Besucher ins Auge fallen. Nein,
blut schauen sie, dass das auch in Zukunft so bleibt.
die Abzweigung nach Sur En, der Fraktion der Fusi-
Er glaube an diesen Ort, an seine Besonderheit und
onsgemeinde Scuol, ist unscheinbar. Hat man sie
sein Potenzial, an den Austausch zwischen Einhei-
aber einmal entdeckt und folgt man der kurvenrei-
mischen und Gästen, ja überhaupt unter den Men-
chen Strasse bis hinunter in die Talsenke zu dieser
schen auszulösen. Ein Glaube, den die immer wie-
alten, eindrücklichen Holzbrücke, die über den Inn
derkehrenden Gäste mit ihm teilen.
führt, dann, ja dann ist die Überraschung gross. Es ist, als ob man mit dem Überqueren der Brücke in
Machen, nicht bloss reden
eine andere Welt schreitet. In die Welt eines eben
Bosshardt selber kennt Sur En seit seiner Kindheit.
nur scheinbar unscheinbaren Örtchens.
War der Unterengadiner Weiler für die Familie Boss-
Ein Wegweiser gegenüber des Ortsschildes zeigt die
hardt zu Beginn noch Feriendestination, ist er ab
Richtung zu einem Landgasthof sowie zu einer Pen-
1968 zur Heimat geworden. Sein Vater hat hier den
sion. Doch eigentlich befindet man sich bereits in-
Campingplatz aufgebaut und war mit der Familie
mitten des eigentlichen Herzstückes von Sur En –
vom Zugersee hierher gezogen. Mittlerweile führt
dem
44
Bosshardt.
der Sohn die stimmig in die raue Natur eingebettete
«Herzlich willkommen in Sur En», sagt der Gastge-
Campingplatz
von
Wolfgang
Ferienanlage mit ihren rund 140 Plätzen. Vierzig da-
ber mit einem kräftigen Händedruck. An seiner
von sind an Dauercamper vergeben. Just auf diesen
Seite steht Daniel Cotti, Bildhauer und so etwas wie
Sommer hin sind auf dem Areal neue, moderne und
die künstlerische Seele des gerade einmal 16 Ein-
grosszügige Sanitäreinrichtungen fertig geworden.
wohner zählenden Dorfes. Die beiden Männer sind
Man müsse halt immer dran bleiben und aktiv sein,
die Hauptverantwortlichen, dass das kleine Sur En
um den Gästen das Bestmögliche zu bieten, sagt
piz 51 : Sommer | Stà 2016
3
4
5
Bosshardt. Und aktiv ist er ohne Zweifel. Nicht nur
am Eingang zur Uina-Schlucht, ist die Natur, die
in seiner Rolle als Campingplatzbetreiber und Gast-
sich von ihrer unberührten, wilden Schönheit prä-
geber, sondern auch als Vize-Präsident und Ge-
sentiert. – Was Sur En genau aus- und vor allem be-
schäftsführer des Vereins Art Engiadina, der jeweils
sonders mache, müsse jede und jeder Einzelne für
2 Wolfgang Bosshardt und Daniel Cotti rechts.
im Juni das internationale Holz- und Steinbild-
sich bei einem Besuch erfahren, sagt Bosshard am
3, 4 Campingplatz und Seilpark.
hauer-Symposium in Sur En organisiert (siehe «Klei-
Ende der kleinen Führung. Einmal erlebt, sorgt der
ner Ort, grosses Angebot»).
Gang oder die Fahrt über die alte Holzbrücke jeden-
Nicht nur reden, sondern tun
zweigung oben an der Hauptstrasse in Zukunft
Der 55-jährige gelernte Kaufmann ist ein Vertreter
nicht mehr achtlos vorbeifährt.
1 Die Holzbrücke über den Inn führt nach Sur En.
5 Kunstwerke überall.
falls dafür, dass man an dieser so unscheinbaren Ab-
des «Nicht nur reden, sondern auch machen»-Prinzips: «Bei mir gibt es keine Businesspläne oder dergleichen», sagt er lachend. Er halte nicht viel von
Kleiner Ort, grosses Angebot
Statistiken und Prognosen. Und jammern über
Je nach Saison zählt Sur En 16 oder 20 Einwohnerin-
schlechte respektive schwierige Zeiten kommt für
nen und Einwohner. Es liegt direkt am Inn und ge-
ihn nicht in Frage: «Jammern hat noch keinen wei-
hört zur Fusionsgemeinde Scuol. Trotz überschau-
tergebracht.»
barer Grösse lässt sich das touristische Angebot
Ganz ähnlich tönt es auch vom Bildhauer Daniel
sehen: Ein Landgasthof, eine Pension, der grosse
Cotti: «Für mich als Künstler ist Sur En ein wunder-
Campingplatz, der Seilpark, der Klettergarten, die
barer Kraftort», sagt der gebürtige Oberhalbsteiner,
Bogenschiessanlage, Velo-, Wander- und Reitwege
der seit rund zwei Jahrzehnten in Ramosch lebt.
sowie das Eisfeld und der spektakuläre Eisweg, der
Dass an diesem kleinen Ort so viele Projekte mög-
im Winter durch den Wald führt, gehören dazu.
lich sind, das sei fantastisch. Er nennt als Beispiele
Herausragend ist das vom Verein Art Engiadina or-
das alljährliche Bildhauersymposium, den Skulptu-
ganisierte kulturelle Angebot. Auf dem Camping-
renweg, den in Zusammenarbeit mit Davos entstan-
areal findet seit über zwanzig Jahren jeden Sommer
denen «Skulpturensommer 2016» oder das Eis-
ein internationales Bildhauersymposium statt.
schloss des letzten Winters, das Cotti zusammen
Während einer Woche arbeiten Künstlerinnen und
mit seinem deutschen Künstlerkollegen Martin
Künstler aus dem In- und Ausland in der freien Na-
Hunke erstellt hatte.
tur und unter Beobachtung der Symposiumsbesu-
Wilde Schönheit
beiten sie dabei Holz, Marmor oder Metall zu
cher an ihren Werken. Einzeln oder in Teams verar-
Wenn man in Sur En etwas brauche, müsse man nur
kunstvollen Skulpturen. Die vollendeten Kunst-
zu Wolfgang Bosshardt gehen. Der setze alle Hebel
werke werden entweder verkauft oder entlang des
in Bewegung. «Jeder Stamm braucht seinen König,
Skulpturenwegs im Wald von Sur En öffentlich aus-
und hier ist dies nun mal der Wolfgang», bringt es
gestellt. Erstmals wurde das Symposium 1994
Cotti lachend auf den Punkt und erntet dafür ein
durchgeführt und im Rahmen der Tourismusförde-
leicht verlegenes «königliches» Abwinken. König
rung Sur En lanciert. Heute ist der Anlass eine feste
oder nicht. Das Majestätische hier unten am Inn,
Institution in der Kulturszene des Unterengadins.
piz 51 : Sommer | Stà 2016
Informationen unter www.suren.ch sowie unter www.art-engiadina.com.
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BUCHER Tschinch – Nr. 5
Tredeschin
Engadiner Kulturorte
Alberto Giacometti
Fränzlis da Tschlin:
Bettina Vital: «Tredeschin – ein Engadi-
Div. Autoren: «Da, wo was los ist.
Marco Giacometti, Claudia Demel:
«Tschinch – No. 5». CD,
ner Märchen», Illustrationen: Pia Valär.
15 Kulturorte in der Schweiz».
«Ich verstehe weder das Leben noch den
ZytgloggeVerlag, 2016, Fr. 29.–
Chasa Editura Rumantscha, Fr. 24.–
Limmatverlag 2016, Fr. 19.90
Tod», Salm Verlag 2016, Fr. 30.–
Der rätoromani
«Tredeschin» ist die
15 Kulturorte und
Vor 50 Jahren starb
sche Zungen
Geschichte vom
davon drei im Enga
der Künstler Alberto
brecher «Tschinch
dreizehnten Sohn
din: «Kulturorte»
Giacometti. Die
chatschaders
einer Familie,
sind Treffpunkte von
dreisprachige Foto
van a chatscha da
der das grosse Glück
Menschen, die ein
dokumentation
tschinch cha-
sucht. Er hilft dem
gemeinsames Inter
zeigt teils bisher un
muoschs e tschinchtschient tschiervis»
König, gestohlenes Gut zurückzu
esse verbindet – sei es Musik, sei es
veröffentlichte Fotos. Sie zeichnen
(«5 Jäger jagen 5 Gämsen und 500 Hir-
erobern und bekommt nebst dem
Theater, seien es Sagen und Mär
das Ende seines Lebens und
sche») passt perfekt zum neuen
Königreich auch die wunderschöne
chen, seien es die Geschichte einer
Schaffensweges und dokumentie
Album der Fränzlis mit dem schlich
Prinzessin. Dieses Engadiner
Landesgegend oder die (kindliche)
ren das Begräbnis von 1966.
ten Titel «No. 5». Augenzwinkernd
Märchen, das es als Buch bis
Lust, kreativ und erfinderisch zu
Kurzbiografien und ausgewählte
zeigen die fünf Janetts auf ihrem
anhin nur in romanischer Sprache
sein. Die Autorinnen und Autoren
Nachrufe stellen den Kontext
fünften Album ihre Leidenschaften:
gegeben hat hat die Übersetzerin
dieses Bandes haben unter den
zu seinem Wirken und seiner dama
Die Fränzlis sind auch Jäger, Jazz
Bettina Vital aus Ardez nun auch
15 Institutionen und Orten quer
ligen Bedeutung her. Eine Karte
und Oberkrainerfan (gleichzeitig!),
auf Deutsch übertragen. Sie weiss
durch die Schweiz auch La Vuota
zeigt die Origi nalaufnahmeorte der
eine ist Hobbytirolerin, einer ein
jedoch, dass die ursprüngliche
in Lavin und das Kulturarchiv Ober
Fotos. Das Centro Giacometti
verkappter Filmregisseur und auch
Geschichte gar nicht aus dem Enga
engadin in Samedan (beide vor
würdigt so den Künstler, der bis zu
das Cowgirl darf nicht fehlen.
din stammt, sondern von den
gestellt von Karl Wüst) sowie das
letzt immer wieder in sein Heimat
2015 hat die junge Generation Janett,
«Randulins», den Aus und Rück
Zentrum für Gegenwartskunst
dorf Stampa im Bergell zurück
und mit ihr die Frauen, die Überhand
wanderern, mitgebracht wurde, von
Nairs in Scuol (Text: Sabine Arlitt)
kehrte. Die Publikation ist nicht
gewonnen. Tönen tuts aber nach wie
jenen rätoromanisch sprechenden
besucht und stellen jeweils die Ak
nur ein wichtiges Zeitdokument,
vor «sakrisch bun», wie die Unter
Emigranten, die zwischen Italien
tivitäten und deren Leiterinnen
sondern auch ein Führer für kultu
engadiner zu sagen pflegen.
und Graubünden lebten.
und Leiter vor.
rinteressierte Besucher.
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Hotel Laudinella, St. Moritz-Bad Sommerprogramm 2016 17.6. Das Grüne Seidentuch. Szenisch umgesetzt von der Schauspielerin S. M. Huisman. Im Theatersaal Reine Victoria. 20.30 h 18.6. Kabarettist Emil Steinberger live im Theater saal Reine Victoria. 20.30 h 24.6. ComicWorkshop. 14 h. Anm.: 081 836 06 02.
Neue Hängebrücken Der Wanderweg im Val Sinestra wurde 2005 durch starke Unwetter zerstört. Danach wurden zwei provi sorische Hängebrücken gebaut, die rasch zur Attrak tion im Wandernetz des
25.6. Jazz mit Minua & Alberto Garcia Trio. 3.7.
Table d'hôte: Cordula Seger im Gespräch mit Gästen über Kulinarik aus Fernost. 18.30 h
6.7.
Der Schweizerische Nationalpark in Bildern. Vortrag von Hans Lozza. 20.30 h
15.7. Abschlusskonzert der Alphornbläser, Kath. Kirche St. Karl, St. Moritz Bad. 20.30 h 30.7. Engadin Festival: Eröffnungskonzert mit Soyoung Yoon und dem Kammerorchester
Unterengadins wurden. Nun
des Nationaltheaters Prag, 20 h.
wurden sie neu gebaut. Sie sind 45 respektive 54 Meter
5.8.
Werkstattaufführung Vocal Swing. 18 h.
lang und je einen Meter breit.
7.8.
Engadin Festival: Konzert mit London Brass.
Die Aussicht in die Schluch wurden sie vom Ingenieur büro Albert Mayer, Sent.
Der Aufbau eines GiacomettiMuseums und Besu cherzentrums im Bergell nimmt konkrete Formen an. Studierende des Karlsruher Instituts für Technologie erarbeiteten Entwürfe für einen Neubau (Visualisierung). Diesen Sommer sind die Studien in Stampa im Salone Piz Daun ausgestellt. Inzwischen hat die Fondazione Centro Giacometti die italienische Fas sung des Art Walk herausgegeben, ein Videoguide für Smartphones. Eröffnet wurde auch ein Fotoweg zwischen Coltura und Borgonovo, auf dessen Friedhof der Künstler begraben ist. Der Weg zeigt 44 grosse Bilder von Berühmtheiten, die in Alberto Giacomettis letzten Lebensjahren wichtig waren. Auf dem rund eineinhalb Stunden langen Rundgang mit seinen zehn Stationen sind bewusst keine Hinweise aufgestellt, weil man die Landschaft nicht mit Tafeln vollstellen wollte. Doch das neue Buch «Alberto Giacometti – Ich verstehe weder das Leben noch den Tod» ist der Führer dazu (siehe Bücherhinweise).
20.30 h
Visualisierung: Centro Giacometti
ten ist imposant. Geplant
Entwurf für ein Giacometti-Zentrum
13.8. 25 Jahre Alphornensemble Engiadina. 18.30 h. Anm.: 081 836 06 02. 2.9.
San’t Andreu Jugend Jazz Big Band aus Barcelona im Hotel Reine Victoria. 20.30 h
4.9.
Eröffnungskonzert Meisterkurs für Klavier. Leitung: KarlAndreas Kolly. 20.30 h
7.9.
Peter Stamm liest aus «Weit über das Land». Lobby Reine Victoria. 20.30 h
10.9. Abschlusskonzert Meisterkurs für Klavier.
Castell Art Weekend «The Culture of Nature» lautet das Thema des Castell Art Weekends. Es geht um Fragen wie unsere Bilder
französischen Meisterkoch Escoffier. 18.30 h. 28.9. Vic Jacob, Verwaltungsrat des Suvretta House, erzählt seine persönliche Geschichte. Moderation: Marina U. Fuchs. 20.30 h Weitere Veranstaltungen: www.laudinella.ch
von der Natur und dem ver meintlich Natürlichen unser Weltbild und unser Verhalten
Kulturräume für St. Moritz
beeinflussen? Kann Kunst
Im Frühling wurde in St. Moritz eine Petition ge
einen Beitrag leisten an eine
startet, mit der die Gemeinde aufgefordert wird,
zukunftsfähige Welt? Die Künstlerinnen und Künstler Mark Dion, Maria Loboda, Dana Sherwood und George Steinmann werden persön lich anwesend sein. Kuratiert
die leerstehenden Räume im Obergeschoss der Pferdestallungen am See für eine Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen. Hier soll ein inspirierender, nichtkommerzieller Begegnungsort entstehen, ein Forum, das zur freien Entfaltung animiert. Die Initi
wird das Wochenende von
anten, zusammengeschlossen in ArtSud, rufen nach
Alexandra Blättler und Ruedi
Übungsräumen für Theater, Musik und Tanz und
Bechtler. 23.–25.9.2016.
planen Filmvorführungen, Ausstellungen, Konzerte
Details: www.hotelcastell.ch
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Leitung: KarlAndreas Kolly. 20.30 h 18.9. Table d’hôte: Cordula Seger über den
und Literaturabende etc.
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Gepflegte
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PIZZERIA
15.6. «Der Extremist» mit Jürg Kienberger und Samuel Streiff. 16.–19.6. Silser HesseTage: «Der fatale Lebens hunger des Fünfzigjährigen». 18.6. Wandernacht nach Plaun da Lej. 24.6. «Engiadina und Val Müstair». Chasper Pult im Gespräch mit Jachen Curdin Arquint (Texte) und Julia Schildknecht (Fotografie). 27.6. WelteMignonKonzert, 17.15 h. 3.–9.7. WaldhausKoch und Weinseminar. 4.7.
Konzert mit Schattenspielen.
5.7.
J.S. Bachs «Herz und Mund und Tat und Leben» – eine musikalische Spurensuche mit Rudolf Lutz und Niklaus Peter.
8.7.
Alain Claude Sulzer liest aus «Postskriptum».
11.7. «Die Altmeister» – ein Theaterthriller. 12./13.7. 150 Jahre Mobilität im Kanton Graubün den. Vortrag von Felix Bosshard. Mit Ausflug. 14.7. Kommentiertes WelteMignonKonzert,
24.7. Theatergruppe Origen mit dem Engadiner 25.–29.7. NietzscheWerkstatt mit Peter A. Bloch. 27.7. Wasserzeichen: Caravane Quartett. 27.7. WaldhausFamilientag. 31.7. «Als das Waldhaus baden ging». Urs Kienber ger erzählt aus der Hotelgeschichte. 1.8.
17.7. Jazz Gigi Marson mit Quintett. 18.7. Fiona Albek (Klavier) und Ambra Albek
2.8.
19.–28.7. Philosophische Abendgespräche mit Markus Huber und Martin Kunz. 20.–23.7. SalsaKurs mit Christoph Geiser. 20.7 Wasserzeichen: Fränzlis da Tschlin. 22.7. Freiburger Puppenbühne: «Kasper und das kleine Schlossgespenst». 23.7. WaldhausSommerball.
Giora Feidman im Trio.
Seine Eltern hatten sich während des Baus des St. Mo ritzer Hotels Suvretta House
2.–6.8. ZirkusErlebniswoche.
1911/12 kennengelernt. Sein
3.8.
Wasserzeichen: Bozen Brass Quintett.
Vater war Bauführer, die
8.8.
«Dr. Jekyll and Mr Hyde». Kammertheater
Mutter arbeitete in der Bau
mit Giuseppe Spina.
kantine. Die Grosseltern
10.8. WaldhausFamilientag.
wohnten in Sent und sein
11.8. WelteMignonKonzert, 17.15 h
langes Leben lang blieb er dem Engadin verbunden. Auf
12.8. Film: «Le testament de Nietzsche» (fr.)
der Mauer des Hochwasser
13.8. Kulinarische Wanderung.
beckens in Maloja stehen
14.8. Jubiläum der Alphorngruppe St. Moritz.
seine fabrige Stelen «Culur».
17.8. WaldhausFamilientag. 21.8. Claudio Danuser und Mirko Vaiz (Migros Kulturprozent) präsentieren Trouvaillen aus dem CDLabel «Musiques Suisses».
Sie sind eines der vielen bekannten Werke des «Kons truktivisten». Im Alter von 98 Jahren ist Gottfried Honegger
22.8. Weingala Tessin – Merlot und mehr.
im Januar gestorben. Am 30.7.
25.–28.8. Kunst und Literatourtage mit Joachim
spricht Chasper Pult im Suvretta House über Honegger.
Jung und Mirella Carbone: «Das Engadin
(Violine u. Bratsche) spielen Werke von Dvorák, Puccini und Beethoven.
1.AugustFeier mit der «Chapella Clava datsch» und dem Alphornduo «Alvetern».
17.15 h. 16./17.7. WaldhausTennisturnier.
Gottfried Honegger
Märchenklassiker «Tredeschin», 16.30 h.
(und die Südtäler) als Filmlandschaften». 29.8. WelteMignonKlavier, präsentiert von
Andrea Bianchi
W. Huller, einem Urenkel des Erbauers. 1.9.
Konzert Sant Andreu Jazz Band, Barcelona.
1.–3.9. «Sigls da lingua – Sprachsprünge – Salti di lingua»: Dreisprachige literatur und
piz hatte Andrea Bianchi in der Sommerausgabe 2014 als Ausnahmeerscheinung unter den Alpinisten und
kulturwissenschaftliche Tagung.
Bergführern porträtiert. Er war Anwalt, engagierter linker
Details und Ergänzungen: www.waldhaus-sils.ch
Politiker und mehrfacher Erstbesteiger am Pizzo Badile im Bergell. Ende November
Kulturpreis für Domenic Janett
bekannteste Komposition ist der «GüggelWalzer»,
letzten Jahres verunglückte
Der Mitbegründer der VolksmusikKapelle «Fränzlis
den er zuweilen auch mit einer Gockelmaske und
Bianchi beim Eisklettern im
da Tschlin» und selbst aus Tschlin stammende Do
flatterhaften Armbewegungen aufführt. Sein Wissen
menic Janett wird mit dem mit 30’000 Franken do
gibt der Musiker seit Jahren an Musikschulen im
tierten Bündner Kunstpreis
Bündnerland weiter und auch
geehrt. Mit seinem Bart
seine Kinder treten mit ihm auf.
und seinem verschmitzten
Weitere
Lächeln ist der Klarinettist
Förderpreise gehen an Südbünd
zu einem der bekanntesten
nerinnen und bündner: an den
zeitgenössischen
Vertreter
Kulturvermittler Luigi Corfù aus
der Volksmusik geworden.
dem Misox, an den Scuoler Rapper
Die
nahmen
Snook, alias Gino Clavuot, an die
einen Musikstil aus dem 19.
Sängerin Nina Mayer aus Ramosch
Jahrhundert auf und entwi
und an den Glasbläser Jonas Nie
«Fränzlis»
Anerkennungs
Averstal tödlich.
und
dermann aus Castasegna.
ckelten ihn weiter. Janetts Foro: srf
piz 51 : Sommer | Stà 2016
49
Foto: Peter Münger/ www.culur.ch
Hotel Waldhaus, Sils-Maria Sommerprogramm 2016
VORSCHAU / PREVISTA
IMPRESSUM
Wintersport | sport d'inviern
Herausgeberin | editura
Skifahren ist der Inbegriff des Wintersports. Doch längst bieten sich
Edition piz, Urezza Famos, Schigliana 183, 7554 Sent
weit mehr Möglichkeiten: Langlauf in verschiedenen Techniken,
Tel. +41 (0)79 610 48 04, info@editionpiz.ch, www.pizmagazin.ch
Snowboarden, Schneeschuhlaufen, Halfpipe-Akrobatik, Schlitteln,
Redaktion | redacziun
Kite-Skiing, Eislaufen, Curling, Eishockey, aber auch so ausgefalle-
Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch
nes wie Schneetöffrennen, Parallelslalom oder Snowkayaking (Bild).
Anzeigenverkauf | inserats
In der nächsten Ausgabe blickt piz zurück in die Geschichte des Win-
E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini
tersports und wirft einen Blick in die Zukunft.
22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol
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Druck | stampa AVD, Goldach (SG)
Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Walter Aeschimann, *1957, Historiker und freier Journalist in Zürich. Franco Brunner, *1977, freier Journalist und Texter in Chur, www.francobrunner.ch Marina U. Fuchs, *1953, Kulturjournalistin und Publizistin, Celerina. Köbi Gantenbein, *1956, Chefredaktor von «Hochparterre», der Zeit-
Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd
schrift für Architektur und Design. Er lebt in Zürich und Fläsch. Maria Gapp, *1980, die Fotografin lebt in Naturns im Südtirol. Lilia Glanzmann, *1981, Design-Redaktorin bei «Hochparterre». Lea Olivia Giana Hummel, *1988, Gestalterin und Fotografin mit
www.pizmagazin.ch Nr. 51, Sommer | Stà 2016. Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 21’000 Ex. Abonnemente: Edition piz, Schigliana 183, CH-7554 Sent. Zweijahresabonnement: Fr. 55.– (exkl. Versandkosten und Mehrwertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich automatisch um zwei Jahre. info@editionpiz.ch Nächste Ausgabe: Dezember 2016 Für unverlangt eingesandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.
Studien der Kunstgeschichte, Szenografie und Innenarchitektur. Sie lebt und arbeitet in Basel. Thomas Kaiser, *1979, betreibt in Chur die Denk- und Schreibwerkstatt, www.wortwerk.ch Thomas Müller, *1965, freier Journalist in Zürich. Mario Pult, *1954, Mitarbeiter der Lia Rumantscha (Übersetzung). Thomas Rousset, *1984, der Fotograf lebt in Lausanne, www.thomasrousset.com Nina Rudnicki, *1985, freie Journalistin in St. Gallen. Kaspar Schnetzler, *1942, der Zürcher Autor hat acht Romane geschrieben. «Das Gute – eine Zürcher Familiengeschichte» ist der erfolgreichste, «Glocken und Kanonen» erscheint demnächst. Giancarlo Cattaneo, *1952, ist Pressefotograf in St.Moritz, www.fotoswiss.com.
Ursina Vinzens
Siegfried Anzinger
Karl Aegerter
Emil Schumacher
W E G B E G L E I T E R Galerie Curtins
St. Moritz
079 431 86 63
www.galerie-curtins.ch
Neueröffnung
Ausstellungen
25./26.06.2016
25.06.– 06.11.2016
Tage der offenen Tür
Auf Augenhöhe. Neupräsentation der Sammlung SOLO WALKS. Eine Galerie des Gehens Zilla Leutenegger. Tintarella di luna
Museum d’art dal Grischun Cuira Museo d’arte dei Grigioni Coira
Öffnungszeiten: Di – So 10 –17 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Mo geschlossen, 1. August 2016: 10 –17 Uhr buendner-kunstmuseum.ch
ANDREA ROBBI – LANDSCHAFTEN, PORTRÄTS UND AQUARELLE vom 14. Juni bis 23. Oktober Andrea Robbi Museum Chesa Fonio, neben der Kirche, 7514 Segl/Sils Maria Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 16 bis 18 Uhr Eintritt: CHF 6.—, Jugendliche CHF 4.— www.andrearobbimuseum.ch
Frauen am Berg 12 Frauen zwischen 32 und 79 Jahren – in Szene gesetzt durch zahlreiche Reportagefotos – erzählen aus ihrem Leben als Hüttenwartin. Pur, direkt und mit viel Humor schildern sie das Leben mit Wind und Wetter, die große Freiheit dort oben am Berg und die Demut, die er lehrt.
Leta Semadeni Tamangur. Roman 144 Seiten, gebunden, 9. Auflage 2016 978-3-85869-641-0, Fr. 22.–
z er w ei S c h u r pr ei s t a r Lite 2 016
Engadiner Dorfgeschichte
Die bekannte Lyrikerin Leta Semadeni legt ihren ersten Roman vor: »Tamangur« erzählt von dem stillen Kind und seiner lebenstüchtigen Großmutter in einem Engadiner Bergdorf, das »nur ein Fliegendreck auf der Landkarte« ist. Der dritte Stuhl am Tisch ist leer, der Großvater ist jetzt in Tamangur.
www.rotpunktverlag.ch
Daniela Schwegler Bergfieber. Hüttenwartinnen im Porträt Mit 190 Farbfotos von Stephan Bösch und Vanessa Püntener 256 Seiten, gebunden, 4. Auflage 2016, 978-3-85869-668-7, Fr. 38.–
Rotpunktverlag.
© Andrea Robbi Stiftung (Privatbesitz), Selbstporträt