#55
Sommer | Stà 2018
RÜCKSCHRITT ALS FORTSCHRITT Tourismusentwicklung im Münstertal
ARTEFAKTE ALPINER BEWEGUNGEN Schon vor Jahrtausenden waren Menschen in Südbünden unterwegs
DIE GESCHICHTE IN EINEM EINZIGEN BILD Die Werke des Künstlers Mark Blezinger
INHALT / CUNTGNU Editorial. Bewegung | Movimaint
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Artefakte alpiner Bewegungen. Über Jahrtausende tauchen in der Bergwelt Südbündens unterschiedlichste Menschen auf.
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Tribut an die Hypermobilität. Strassen, Brücken, Masten –
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was Feriengäste aus dem Unterland kennen und dort übersehen, blenden sie auch bei ihren Reisen durch die Berge aus.
Rückschritt als Fortschritt. Wohin soll sich das Münstertal
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bewegen? Richtung Ruhe oder Richtung Freizeitpark?
Friedlicher Imperialist. Der Künstler H.R. Fricker hat für Arte
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Castasegna hundert Treppenstufen mit Berufen beschriftet – und ehrt damit die Menschen und die Region.
Ohne Pferd ging gar nichts. Die Postkutschenzeit war bei weitem nicht so romantisch, wie uns das Lied vom Postillion weismachen will. Doch schon damals war der Verkehr dicht.
20
Eine ganze Geschichte in einem einzigen Bild. Der
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Künstler Mark Blezinger nutzt die digitale Bildbearbeitung und verzaubert damit das Publikum.
Grenzen und Barrieren testen. Der Scuoler Stephan Gmür
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sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Als Mitarbeiter des Tourismusbüros macht er den Weg frei für Gehbehinderte.
Jugendsport hat Tradition. Die Viefalt des Angebots wäre
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ohne Vereine und Förderprogramme nicht möglich.
Unterwegs für Natur und Kultur. Milena Frieden ist aus den USA in die Heimat ihrer Mutter, ins Bergell, umgezogen und engagiert sich für nachhaltige Landschaftspflege.
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Der Hotelier als Reporter. Das Kulturarchiv Oberengadin
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beherbergt viele Schätze, auch die Foto- und Filmreportagen von Hotelier Gustav Pinösch-Gredig.
Für jeden Typ ein Wanderweg. Wandern ist so beliebt wie
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nie zuvor. Vor allem jüngere Personen sind häufiger in den Bergen unterwegs. Und Wanderleiter sind immer gefragter.
Die Sage vom garstigen Ritter von Zernez. Einheimische
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überliefern sich seit Generationen Sagen aus der nahen Umgebung – oft Geschichten mit ziemlich grausamem Inhalt.
Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.
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Pizzeria. Aktuelles und Kulturhinweise aus Südbünden.
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Vorschau. Impressum.
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Titelbild: Inn, Strasse und Bahn zwischen Guarda und Lavin. Foto: Mayk Wendt, Bearbeitung: Lea Hummel. Bild rechts: Das Landschaftsmodell im Landesmuseum, Zürich, zeigt die Dynamik der Berge, Foto: Verlag FAMOS.
NORAH JONES Ernie Watts CURTIS STIGERS China Moses JAN GARBAREK Billy Cobham JUDITH HILL Dave Grusin presents West Side Story Nigel Kennedy MARCUS MILLER Somi NIK WEST Kyle Eastwood HELGE SCHNEIDER Stanley Clarke LUDOVICO EINAUDI and many more … 5. JULI – 5. AUGUST 2018 FESTIVALDAJAZZ.CH
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presenting partner
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main media partners
In Bewegung In movimaint Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur
B
ewegung hat mit Zeit und Ziel zu tun: in Gedanken, bei einer Tätigkeit oder unterwegs auf einer Fahrt – immer sind wir in Bewe-
gung. Egal, ob wir nach Dingen streben, in Ruhe
M
ovimaint ha da chefar cun temp e böt: cun noss impissamaints, pro üna actività obain in viadi – adüna eschan nus in movimaint.
Cha nus vöglian ragiundscher alch o restar quiets o
verweilen oder nur diskutieren – wir bringen etwas
eir be discuter – nus mettain in movimaint alch,
in Bewegung, wir verändern. Stillstand ist uns
nus transfuormain alch. Da star salda nun es dat a
Menschen nicht gegeben. Denn ohne Bewegung
nus umans. Perche sainza movimaint nu daja
gibt es keinen Austausch, keine neuen Erkennt-
ingün barat, ingünas nouvas cugnuschentschas,
nisse, keine Erfindungen, keinen gesellschaftlichen
ingünas invenziuns, ingün müdamaint da cumü-
Wandel. Manches verändert sich schneller, anderes
nanza. Tschertas chosas as müdan plü svelt, otras
langsamer. Was für die einen eine Herausforderung
plü plan. Quai chi’d es per tschertüns üna sfida, sur-
ist, ist für andere deshalb Überforderung – Bewe-
dumonda ad oters – il movimaint e sia sveltezza es
EDITORIAL
gung und deren Tempo sind eine sehr individuelle
üna chosa fich individuala.
Urezza Famos
Angelegenheit.
In general vala però: Nossa vita dvainta vieplü
Generell aber gilt: Unser Leben wird immer schnel-
svelta e mobila. Ma correspuonda quist svilup a
ler und mobiler. Doch entspricht diese Entwick-
l’esser uman? Probabel brich, la brama per planezza
lung unserem menschlichen Wesen? Wohl nicht,
es hozindi fich gronda. Las istorgias da quista edi-
denn die Sehnsucht nach der Langsamkeit hat
ziun dal magazin piz tendschan dal giavüsch per
Hochkonjunktur. Zwischen diesem Wunsch nach
pos e star pachific fin a la situaziun reala da min-
Ruhe und Nichtstun und der realen Alltagssitua-
chadi. Nus rendain visita a lös ingio cha la quie-
tion spannen sich die Geschichten in dieser Aus-
tezza e la suldüm es dvantada ün problem per la
gabe des piz-Magazins auf. Wir besuchen Orte, wo
cumünanza. Nus discurrin cun umans chi fuor-
Ruhe und Abgeschiedenheit ein Problem für die
man lur vita da maniera radschunaivla ed indscheg-
Gemeinschaft geworden sind. Wir sprechen mit
naivla per ragiundscher müdamaints. Nus guar-
Menschen, die ihr Leben sinn- und kunstvoll ge-
dain però eir inavo in l’istorgia, cur cha viagiar
stalten, um Veränderungen zu erreichen. Wir bli-
dovraiva seis temp e d’eira ün bun pa main cuma-
cken aber auch zurück in die Geschichte, als Reisen
daivel co hozindi.
seine Zeit dauerte und weit unbequemer war als
Nus dain – sco cuntrapais – ün sguard a las conse-
heute. Wir werfen – als Kontrapunkt – einen Blick
quenzas da la mobilità chi augmainta adüna plü
auf die Folgen der zunehmenden Mobilität und wir
ferm e nus ans vain indreschits, co cha giuvenils e
haben uns erkundigt, wie sich Jugendliche und Er-
creschüts, glieud ambiziusa e viandants i’l Gri-
wachsene, Ambitionierte und gemächlich Wan-
schun dal Süd as muaintan illa natüra. E lura ve-
dernde in Südbünden in der Natur bewegen. Nicht
gnan Ellas/Els a savair che chi significha da nun es-
zuletzt erfahren Sie auch, was es heisst, im Bewe-
ser bun da star a pêr ed a pass cun oters i’l tempo
gungstempo nicht mithalten zu können.
dal movimaint.
Wir freuen uns, wenn Sie, liebe Leserinnen und Le-
Nus ans allegrain sch’Ellas / sch’Els, charas lecturas
ser, sich für piz interessieren und das Heft abonnie-
e chars lecturs, as interessan per piz ed abuneschan
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piz 55 : Sommer 2018
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Artefakte alpiner Bewegungen Jäger, Hirten, Pfarrer: Über Jahrtausende tauchen in der Bergwelt Südbündens die unterschiedlichsten Menschen auf. Nicht immer ist klar, was sie in diese alpine Regionen führte. Auch nicht für jene Personen, die schon in den Bergen leben.
Text: Thomas Kaiser Fotos: zVg
A
uf der Alp Vermunt, nördlich des Piz Buin
nen zählten sie 70 Rinder und Pferde, auf der nächs-
ratlos den Kopf, als er im Sommer 1780 un-
ten 500 Schafe, auf der dritten 200 Rinder. Die ver-
erwartet Besuch von den zwei Pfarrherren Johann
schiedenen Ausprägungen der Alpwirtschaft fin-
Catani und Luzius Pol erhält *. Seit acht Jahren hat
den sie zwar interessant – doch generell sehen sie
ihn niemand mehr aufgesucht – und jetzt erklären
in der Alpwirtschaft nichts Besonderes. Trotz der
ihm die beiden Pfarrer allen Ernstes, dass sie bloss
Gefahren und Strapazen, welche etwa die Unteren-
«der Kräuter zuliebe» durch das Gebirge wandern.
gadiner auf sich nehmen, wenn sie ihr Vieh über
Tausende von Schritten haben die Pfarrherren ge-
den vergletscherten Vermuntpass treiben.
macht – ohne jede Notwendigkeit. Vom Prättigau
«Auf dieser Reise», so berichtet Catani, «müssen die
sind sie an der Sulzfluh vorbei ins Montafon gewan-
Viehtreiber allemal mit langen ledernen Stricken
dert. Im Silvretta-Gebirge haben sie Gletscher be-
versehen seyn, denn selten läuft eine Reise so gut
staunt, Kräuter gesammelt – doch dem Hirten auf
ab, dass nicht einige Gattung Vieh und zuweilen
der Vermunter Alp Tschifernella ihre Beweggründe
auch Menschen, in des Gletschers Spalten ent-
zu erklären, das ist nun vergebliche Liebesmüh. Ob
schwinden». Mit den Lederstricken liessen sich ver-
sie denn zuhause keine Kräuter hätten, fragt der
unglückte Menschen oder Tiere bergen, erklärt er.
Hirte. Und warum sie denn nicht in den Tälern un-
Und fügt lakonisch hinzu: Ob die Menschen und
ten auf den Landstrassen wanderten statt sich hier
Tiere mit ganzen Gliedmassen geborgen werden
im unwegsamen Gebirge abzumühen. Andere Be-
könnten oder nicht, das hänge vom Glück ab.
wegungen hingegen versteht der Hirte problemlos, namentlich jene des Viehs. Dieses zeigt sich am
Der schützende Felsblock
Abend des unerwarteten Besuchs munter. Folglich,
Von Ardez und Guarda aus ziehen die Viehtreiber
so weiss er, wird das Wetter am nächsten Tag schön.
mit ihren Herden durch das Val Tuoi, steigen weit
Mit dem Vieh über den Gletscher Doch warum fragen die Pfarrherren ihrerseits nicht
mehr als 1000 Höhenmeter bis zum Pass auf, bevor sie über den Vermuntgletscher ins Ochsental gelangen. Alpbesitz auf österreichischem Boden haben
den Hirten, warum dieser so ganz allein auf einer
die Ardezer noch bis in das Jahr 1900. Und bis da-
Alp haust? Warum er nicht jenseits des Vermunt-
hin ziehen sie jeweils an einem Felsblock vorbei, in
passes in einem Unterengadiner Dorf lebt? Der eine
dessen Schutz schon im 7. Jahrtausend vor Christus
der Pfarrherren, Johann Catani, weiss, dass dort
Menschen gerastet und Feuer gemacht hatten.
viele Hirten leben, denn er stammt aus Lavin.
Von diesen steinzeitlichen Jägern wissen die beiden
Ganz so still und einsam wie auf der Alp Tschifer-
Pfarrherren freilich noch nichts. Der prähistori-
nella ist es in diesem Juli 1780 nicht überall in der
sche Lagerplatz wurde erst vor kurzem im Rahmen
Silvretta. Auf ihrer Wanderung haben die beiden
des Archäologieprojekts «Silvretta historica» er-
1
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Pfarrherren schon einige Alpen gesehen; auf der ei-
und des Silvrettahorns, schüttelt ein Hirte
Die beiden Pfarrer haben ihre Erlebnisse festgehalten in: «Bemerkungen bei einer in Gesellschaft Herrn Pfarrer Pol durch die Montafunerberge in die Gebirge Fermunt, im Julius I780 angestellten Bergreise; von Hrn. Pfr. Catani». Erschienen sind die Aufzeichnungen in «Der Sammler. Eine gemeinnützige Wochenschrift für Bündten.» 1781
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Viehpferch im Val Tasna im Gebiet Plan d’Agl.
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3 1 Zeitgenössische und archäologische Funde liegen oft nebeneinander: Fleischdose (1), Tierkochen (2) und Silex-Pfeilspitze (3) aus dem Val Urschai.
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GALTÜR SAMNAUN ALP TSCHIFERNELLA FIMBERPASS
Jahre alte Keramikreste – und unweit davon eine Konservendose. Im Gebiet Plan da Mattun ist damit die Präsenz steinzeitlicher Jäger, bronzezeitlicher MARTINA
VERMUNTPASS
PLAN DA MATTUN VAL URSCHAI
VAL TUOI
Hirten und heutiger Individuen dokumentiert. Auch Werkstoffe und Importwaren blieben schon
RAMOSCH
PLAN D'AGL
in prähistorischer Zeit in den Bergen zurück. Als Klebstoff verwendeten die steinzeitlichen Jäger etwa Teer, den sie mittels Hitze aus Birkenrinde gewannen. Als Import lassen sich die Werkzeuge und
VAL TASNA
SCUOL
Abfallsplitter bezeichnen, welche Jäger vor fast 9000 Jahren am Murettopass zurückliessen, denn
LAVIN
GUARDA
ARDEZ
die Werkzeug-Rohstoffe Silex und Bergkristall stammen nicht aus dem nahen Engadin oder Veltlin, sondern aus dem Tessin und dem italienischen Trentino. Ähnliche Funde im Gebiet Pru dal Vent am Berninapass weisen darauf hin, dass Südbün-
Fundstätte
forscht. Was bei den Grabungen und Untersuchun-
den bereits vor Jahrtausenden in ein weiträumiges
Pass
gen im Val Tuoi und in benachbarten Tälern wie
Handels- und Wirtschaftsnetz eingebunden war.
dem Val Tasna und dem Val Urschai zum Vorschein
Ortschaft
kam, dürfte die Pfarrherren allerdings wenig beein-
Eine der erstaunlichsten kulturellen Leistungen,
aus Steinsplittern, Holzkohle, Knochenteilen und
welche Menschen im heutigen Südbünden erbrach-
Keramikscherben. Unrat und Abfall also. Im Juli
ten, ist aber wohl das, was man salopp als «Aufräu-
1780 versuchen die beiden Pfarrherren, dem Hirten
men» bezeichnen könnte. Vor 2500 Jahren wurden
etwas wie Recycling beizubringen: Die Asche in der
im Val Tasna, im Gebiet Plan d’Agl, Steine aufgele-
Feuerstelle der Alphütte, so belehren sie ihn, liesse
sen, zusammengetragen und zu einem merkwürdi-
sich doch sammeln und als Seife verwenden.
gen Gebilde aufgeschichtet: einem steinernen
Mit Importwaren über die Pässe Gab es früher also eher Littering statt Recycling? Si-
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Viehpferch und Alphütte
druckt haben. Die Funde bestehen hauptsächlich
Viehpferch. Noch heute ist dessen Struktur erkennbar. Fast zeitgleich schichtete man auf der Nordseite der Silvretta, im Fimbatal, Steine so aufeinan-
cher ist: In Südbünden liessen Menschen schon in
der, dass das Fundament einer Alphütte entstand.
prähistorischer Zeit Unrat und Abfall zurück – am
Der Viehpferch und die Alphütte gelten heute als
Murettopass ebenso wie am Berninapass, in Unter-
die ältesten Zeugnisse der Alpwirtschaft – und sie
engadiner Seitentälern wie dem Val Urschai ebenso
dokumentieren eden Übergang vom Sammeln und
wie in heutigen Siedlungsgebieten. Sicher ist auch:
Jagen zum Hüten und Melken. Dieser Wandel
Die Überreste lassen Rückschlüsse auf die Beweg-
zeichnet sich schon anhand der Keramikgefässe ab,
gründe zu, welche die Menschen in die Berge führ-
welche die Menschen vor 3000 Jahren ins Val Ur-
ten. Pfeilspitzen weisen auf die Jagd hin, Keramik-
schai brachten. Für Jäger wären solche Gefässe hin-
reste auf die Alp- und Milchwirtschaft, Konser-
derlich gewesen – zumal sie sich bis auf 40 Meter an
vendosen auf neuzeitliche Phänomene wie Touris-
die Wildtiere heranpirschen mussten, damit ihre
mus oder Alpinismus.
Pfeile eine tödliche Wirkung erzielten.
Manchmal finden sich Pfeilspitzen, Keramikreste
Für eine neue Art der Fortbewegung im Gebirge ste-
und Konservendosen nahe beieinander – oder na-
hen die beiden Pfarrherren Johann Catani und Lu-
hezu übereinander. So lagerten im Val Urschai vor
zius Pol: Lebensnotwendig ist ihre Reise nicht. Aber
mehr als 10’000 Jahren Jäger; sie machten im
sie dient ihnen der «Luftveränderung» und «Bewe-
Schutze von Felsblöcken Feuer, brieten Fleisch,
gung», ebenso gut wie eine «Badefarth». Das tönt
schärften ihre Pfeilspitzen und liessen Knochen,
beinahe schon nach den touristisch-modernen Zei-
Kohlereste und Steinsplitter zurück. Nicht als Ein-
ten, in denen die Bewegung Selbstzweck und Ver-
zige: Über acht Jahrtausende hinweg wurde ein
gnügen wird. Und die «Luftveränderung» ist dort,
und dieselbe Feuerstelle immer wieder genutzt, bis
wo die steinzeitlichen Jäger rasteten, auch spürbar:
sich eine 80 Zentimeter dicke Schicht aus Unrat bil-
Die dokumentierten Lagerplätze befinden sich in
dete. Darin fanden Archäologen auch gut 3000
Höhenlagen zwischen 2000 und 2500 Metern.
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Nevin Galmarini 2018 Olympiasieger 2018 Gesamtweltcupsieger 2014 Olympische Silbermedaille Gewinner Snowboard Profi Ehemaliger HIF Schüler
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13.04.17 09:06
Tribut an die Hypermobilität Strassen, Brücken, Masten – was die Feriengäste aus ihren Wohnorten im Unterland bestens kennen und dort übersehen, blenden sie auch bei ihren Reisen durch die Berge aus. Nicht die Infrastrukturbauten, sondern das Kalenderblatt-Image bleibt in den Köpfen.
Text: Donat Caduff Fotos: Mayk Wendt
D
as Engadin ist eine Region voller Klischees
seiner Herkunftsgegend vertraut ist. Die sich in die
Chalandamarz – eine heile Welt. Doch was
Länge ziehenden Fahrten durch oder unter hochal-
wäre das Tal ohne Strassen, Brücken und Tunnels?
pinen Gebirgswüsten hindurch empfinden Einhei-
Ohne Gleise und Bahndämme, ohne Kraftwerke
mische kaum als Vergnügen.
und Hochspannungsleitungen? Ohne die sirrenden
Die Verkehrswege entzaubern nicht nur das Para-
Geräusche kirchturmhoher Übertragungsleitungen
diesische des Engadins, sondern auch die vermeint-
oder die Autokolonnen vor Baustellen? All das –
lich unberührten Seitentäler des Nationalparks:
und vor allem das – prägt das Hochtal.
Die angebliche Unberührtheit ist auch dort keine,
Damit wäre das Ideal des Kalenderblatt-Engadins
denn sie ist menschengemacht und menschenbe-
demontiert. Nicht unbedingt, weil Strasse und
hütet. Längst sind zivilisatorische Standards über-
Gleis hässlich wären, sondern weil mit jedem Tun-
all in der Engdiner Landschaft eingeschrieben – ein
nel und jeder Umfahrung das Reisen bequemer
Tribut an Hypermobilität und Komfortansprüche.
wurde. Längst ist die gleissende Ferne gewichen.
Die Maxime heisst Bewegungsfreiheit. Die Ver-
Der Mythos, sich das Engadin durch lange Anfahr-
kehrsbauten sind die aufwändig hergerichteten In-
ten verdienen zu müssen, ist spätestens mit der Er-
frastrukturen dieser Freiheit. Die höchsten, längs-
öffnung des Vereinatunnels zerbrochen.
ten, landschaftsprägendsten und kostspieligsten
Inzwischen reisen Tagesausflügler in Scharen an:
Bauten des Engadins finden sich deshalb nicht in
«Alle-grah, liebe Fahrgäste …». Ins Hochtal zu fah-
den Dörfern, sondern dazwischen: Strassen, Brü-
ren hat nichts mehr mit einer Entdeckung zu tun.
cken, Masten.
Kaum ein Autofahrer freut sich noch darauf, wenig unterhalb der Flüelapasshöhe Schloss Tarasp in der
Die Realität ist unpoetisch
Ferne zu erspähen. Die Reise von Zürich nach Scuol
Die unspektakuläre Architektur und die normier-
dauerte per Bahn vor zwanzig Jahren noch fünf
ten Bauvorschriften verdrängen diese Verkehrsinf-
Stunden, heute die Hälfte. Sie ist zur praktischen
rastrukturen aus dem bewusst Erlebten. Was das
Ausflugsdistanz zusammengeschrumpft. Die Gut-
Auge des Touristen aus seiner Heimat bereits kennt,
scheinbücher «Essen gehn! – Engadin» und «Essen
nimmt er auch in der Ferienregion nicht wahr.
gehn! – Zürich» lassen sich locker an ein und dem-
Noch weniger tut es das Auge der Einheimischen.
selben Tag nutzen.
Donat Caduff ist Grafikdesigner und Künstler und setzt sich unter anderem mit der Entwicklung in den Ferienregionen auseinander. Sein Buch Hyperdorf wirft einen geschärften Blick auf die Orte Guarda, Davos und das Outletzentrum Landquart – ein Heimatbuch der anderen Art (vergriffen). www.donatcaduff.ch
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mische jene Alltagsmonotonie, die dem Gast aus
und Mythen: Bauernhäuser, Schellen-Ursli,
Sie haben sich längst an die einsamen Autofahrten gewöhnt – oft nachts im Scheinwerferlicht: nur Be-
Land-Stadt-Hybrid
lag, Leitplanken und Finsternis.
Die kurzen Fahrzeiten aus dem Unterland haben
Die Realität des Unterwegsseins ist so unpoetisch,
das Engadin in ein Land-Stadt-Hybrid mit alpen-
dass sie der heimischen Literatur, die sich oft mit
bäurischem Touch verwandelt. Doch die Distanzen
Hingabe der Landschaft widmet, bislang kaum eine
im Tal selbst, zwischen den Dörfern, sind immer
Gedicht- oder Romanzeile wert war. Es ist weiterhin
noch grösser als im Mittelland – trotz aufwändiger
der mystische Wald von Tamangur, der in den Köp-
Kunstbauten. Das Unterwegssein, das für die Aus-
fen sitzt. Nicht der monotone Blues langer Fahrten
wärtigen ein Reiseerlebnis sein kann, ist für Einhei-
über Pässe und durch Schluchten.
piz 55 : Sommer 2018
Rückschritt als Fortschritt Ein wunderschönes Tal. Aber abgelegen und ziemlich orientierungslos. Wohin soll sich das Val Müstair bewegen? Richtung Ruhe oder Richtung Freizeitpark? Die Meinung von Expertinnen und Experten – und ein Augenschein.
Text: Daniel Lüthi Fotos: Mayk Wendt
12
H
irsche, oben links», verkündet der Chauffeur
pass», erzählt sie amüsiert. Gleichzeitig weiss ge-
via Mikrofon, das Postauto fährt langsamer
rade sie, wie wichtig Offenheit für das Münstertal
und die Fahrgäste sind begeistert. Da hat ei-
ist. Ihre Mitschwestern sterben langsam, aber kon-
ner gemerkt, dass diese Reise mehr sein kann als
tinuierlich weg, aktuell leben nur noch elf Nonnen
eine beschwerliche Fahrt von A nach B. Wer aus
hier. Und auch viele Einheimische wandern aus
dem Unterland kommt, ist einen halben Tag lang
dem Tal ab. Schwester Domenica war früher Kin-
unterwegs. Aufs Umsteigen in Zernez folgt die kur-
dergärtnerin in Müstair (piz hat sie in der Sommer-
venreiche Überquerung des Ofenpasses, mehrmals
ausgabe 2017 vorgestellt) und sie erinnert sich an
war dieser Zugang im Winter 2017/18 wegen star-
drei Kindergärten im Tal. Heute ist es nur noch ei-
ken Schneefalls oder nach einem Lawinennieder-
ner in Valchava.
gang geschlossen. Unten rechts liegen noch Leit-
Aber die Vorsteherin des geschlossenen Frauenklos-
planken, Bäume sind geknickt wie Streichhölzer.
ters gehört zu den Pionierinnen, wenn es um Öff-
Für Schwester Domenica, Priorin des Frauenklos-
nung geht. Regelmässig kommen Nonnen aus den
ters St. Johann in Müstair, gehört Abgeschiedenheit
Philippinen hierher, und auch weltliche Gäste sind
zum Alltag. «Als der Ofenpass geschlossen war, kam
immer willkommen hinter den dicken Mauern.
unsere Post von der anderen Seite her, via Reschen-
Das Kloster bietet nebst rund zwanzig Gästebetten
piz 55 : Sommer 2018
regelmässig auch Fastenkuren, Yoga-, Meditations-
Vorläufer ist das Projekt Biosfera, das schnell in Tur-
oder Kräuterkurse an. Und erweitert damit seine Ar-
bulenzen geriet. «Es fehlte die Positionierung, eine
chitektur und Geschichte, die es zum Weltkultur-
klare Antwort auf die Frage, was Entwicklung in ei-
erbe der Unesco haben werden lassen, zum
nem Naturpark konkret bedeutet.» Olivier Grond
lebendigen Zentrum eines sonst recht verschlafe-
vom Hotel Helvetia in Müstair beispielsweise fragt:
nen Tales. Ohne dessen Ruhe zu stören. «Zum Glück
«Warum eine Million Franken für Naturprojekte
haben wir hier noch Stille. Rummel brauchts nicht
wie zum Beispiel Schmetterlinge ausgeben? Uns
noch mehr», sagt die muntere Frau und spricht mit
Gastronomen wäre lieber, wenn wir den Gratisbus
ihrer Bemerkung direkt auch das Grossprojekt «La
für unsere Gäste nicht mehr selber finanzieren
Sassa» an: «Es begeistert mich gar nicht.»
Flucht nach vorn?
müssten. Es wäre besser, auch ein bisschen an die Wirtschaft zu denken, denn die Mitbewerber sind stark und nah. – In der Tat: «Willkommen in Ita-
Am Dorfeingang von Tschierv soll das Feriendorf
lien» meldet das Handy, obschon wir noch nicht im
«La Sassa» samt Luftseilbahn gebaut werden (siehe
Südtirol, sondern immer noch im Münstertal sind.
Box Seite 15). Gemeindepräsident Rico Lamprecht, befürwortet eine Entwicklung des Tals in diese
Die Analyse ist gemacht
Richtung, und er ist froh, dass er mit dieser Haltung
Innerhalb von drei Jahren wechselte bei der öffent-
zur Mehrheit gehört: «Das Volk will wirtschaftliche
lich-rechtlichen Anstalt «Biosfera» dreimal die Ge-
Entwicklung, sechzig Prozent der Stimmenden ha-
schäftsführung, im Tal verbreiteten sich Ratlosig-
ben diesem Projekt zugestimmt.»
keit und Zwietracht. «Bund und Kanton als
«La Sassa» ist auch ein Kernstück des zweihundert-
Geldgeber intervenierten und forderten von uns
seitigen Buches, das Lamprecht auf den Tisch legt,
eine Problemanalyse», erklärt der Gemeindepräsi-
als wäre es eine Bibel, den «Masterplan Val Müstair
dent. «Der Masterplan leistet das – und er macht
2025». Am Anfang steht das Ziel: «Wir machen das
konkrete Vorschläge, was zu tun ist.» Konkret?
Val Müstair zum nachhaltig attraktivsten Lebens-
«Rollenteilungen und Verantwortlichkeiten müs-
raum und Naturort der Alpen», heisst es hier. «Wir
sen geklärt werden. Eine Kerngruppe muss über die
müssen hoch ansetzen mit unseren Visionen»,
Priorisierung von Projekten entscheiden.»
kommentiert Lamprecht mit einem Schmunzeln,
Und noch konkreter? Eben: «La Sassa. Und ein Be-
und er erklärt, wie es zu diesem dicken Buch von
sucherzentrum, das uns sichtbar macht.» Fünf
Masterplan gekommen ist.
mögliche Standorte werden abgeklärt, sicher wird
piz 55 : Sommer 2018
Viel unberührte Natur im Münstertal. Die «Biosfera» will dies bekannt machen.
13
es auch darüber wieder hitzige Diskussionen geben.
kreativ und innovativ zu denken und in Bewegung
Denn die Fusion von 2009, die in diesem Tal aus
zu bleiben, das sei erfolgversprechend. Zum Bei-
sechs Gemeinden eine einzige gemacht hat, wirkt
spiel: die gute Luft und die gute Sicht zu den Ster-
nach. «Bis die Verletzlichkeiten, die daraus entstan-
nen nutzen. Schon gemacht – und schon geschei-
den, überwunden sind, dauert es eine Generation»,
tert. Das alpine Astrovillage «Stailas» in Lü ist am
prognostiziert Rico Lamprecht.
Ende. Zu hohe Kosten, zu wenig Besucher. Oder:
Gegentrend zur Globalisierung
Tourismus auf kleinem Feuer als Chance.
14
Nachhaltigkeit à la «Biosfera». Siehe oben.
Aber das Münstertal manifestiert sich am eindrück-
Stärken, was da ist
lichsten nicht im Büro, sondern draussen, in der
Oder was? Fragen wir den Experten und renom-
Natur, die hier noch sehr intakt ist. Kein Hochspan-
mierten Alpenforscher und emeritierten Professor
nungsmast trübt die Idylle, der kleine Fluss Rom
Werner Bätzing aus Erlangen-Nürnberg in Deutsch-
schlängelt sich frei durchs Tal, nährt Biotope für
land. Der Ausbau der Skigebiete und «La Sassa»
Amphibien, begleitet den Bärenpfad und erweckt
seien keine Perspektive für das Tal, sagt er. Diese
bei Erholungssuchenden den wohltuenden Ein-
Angebote seien nicht konkurrenzfähig. «Eher
druck, die Zeit sei hier stehengeblieben.
könnte man sich vorstellen, Teile der Infrastruktur
«Unberührte Natur kann Zufluchtsort sein – ein
in Gebieten, die nicht schneesicher sind, abzu-
Gegentrend zur Globalisierung, zum technologi-
bauen und dies europaweit zu kommunizieren.
schen Fortschritt, zur Mobilität und zur Urbanisie-
Dies könnte das Val Müstair mit einem Schlag sehr
rung», sagt die Ökonomin und Tourismusforsche-
bekannt machen.» Also: Weniger ist mehr – oder:
rin Therese Lehmann vom Zentrum für Regional-
Ein Rückschritt kann auch ein Fortschritt sein.
entwicklung der Universität Bern. «Im alpinen Tou-
In erster Linie gelte es darum die vorhandenen Res-
rismus mit seiner weltweiten Konkurrenz schrumpft
sourcen zu nutzen, sagt Werner Bätzing. Beispiel:
der Markt, gleichzeitig werden Anlagen ausgebaut.
Der Architekt Gion Caminada, der mit lokalen Ma-
Das macht gerade für einen abgelegenen Ort wie
terialien und lokalen Handwerkern baut. «Wir müs-
das Münstertal wenig Sinn. Hier sind Nischen im
sen Formen des Wirtschaftens stärken, wo es nicht
Bereich der Gegentrends gefragt.» Das Tal verwil-
ausschliesslich darum geht, aus Geld mehr Geld zu
dern und verganden zu lassen, meint sie nicht da-
machen», erklärt der Experte. Konkret? «Nicht das
mit, «dies als Unterländer zu fordern, wäre arro-
nachmachen, was die Grossen vormachen. Die Um-
gant.» Sich über die Branchen hinweg zu vernetzen,
welt nicht zerstören und dezentrale Arbeitsplätze
piz 55 : Sommer 2018
erhalten.» Und konkreter? «Die Naturpärke der Re-
schenden Schalk fort: «Aber Skifahren habe ich ihn
gion verbinden, einen naturnahen Ausflugs- und
nicht gelehrt.» Dafür möglicherweise das Geheim-
Wandertourismus betonen und die Landwirtschaft
nis der Stille. Angesprochen auf seine Vision, in
vor Ort fördern, die sich auf Qualitätsprodukte kon-
welche Richtung sich das Münstertal bewegen soll,
zentriert.»
erklärt Dario Cologna: «Ich bin kein Tourismus-Ex-
Gemeindepräsident Rico Lamprecht hat diesbezüg-
perte. Aber ich sehe die Stärke des Tals in seiner ein-
lich einige positive Nachrichten: Das Projekt für
maligen Landschaft und der Ruhe, die es aus-
eine regionale Entwicklung (PRE) sei gut unterwegs,
strahlt.» Er lebt heute in Davos, hat sich dort
sagt er. Die neue Käserei soll noch dieses Jahr be-
verpflichtet. Die Münstertaler bedauern dies. Für
zugsbereit sein, das regionale Fleischverarbeitungs-
sie ist Dario ein verlorener Sohn.
zentrum nächstes Jahr, etwas später auch die neue
Die Tiere sind noch da. Geblieben ist mit ihnen der
Getreidesammelstelle mit Kleinmühle.
Reiz dieses abgeschiedenen Paradieses, das sich des-
Wichtig sei weiter, ergänzt Werner Bätzing, dass
sen erst noch bewusst werden muss. Auch dies
sich ein Tal wie das Münstertal nicht von Auswär-
könnte ein Masterplan sein.
tigen abhängig mache. «Die Eigenständigkeit, die
Auf der Heimfahrt durch eine märchenhafte Ge-
Identität der Talbevölkerung müssen gestärkt wer-
gend stoppt das Postauto plötzlich. «Steinböcke,
den.» So würden dann dereinst vielleicht auch Aus-
oben rechts, ganz nah», sagt der Chauffeur. Er und
gewanderte wieder zurückkommen. Auch diesbe-
seine Gäste sind gleichermassen begeistert.
züglich hat der Gemeindepräsident good News. «David Spinnler, der neue Geschäftsführer der Biosfera, stammt aus Sta. Maria.»
Botschafter wären wichtig
Projekt «La Sassa» Am Dorfeingang von Tschierv soll das Ferienresort «La Sassa» mit 520 Betten gebaut werden. Die Rede ist von 50’000 Übernachtungen pro Jahr. Damit ge-
langläufer, Weltcup- und Olympiasieger Dario Co-
koppelt sind ultimativ eine Luftseilbahn, ein Ses-
logna. Seine Eltern leben in Tschierv, er grüsst von
sellift und eine Beschneiungsanlage samt Speicher-
Scheunen- und Plakatwänden. «Bravo Dario» ist
see. «Das ganze Projekt würde rund 40 Millionen
überall zu lesen, das Tal ist stolz auf ihn. «Bei mir
Franken kosten. Trotzdem würde es relativ klein
war er im Kindergarten», erzählt Schwester Dome-
und fein bleiben.» Architektonisch lehnt sich «La
nica im Kloster Müstair, und fährt mit ihrem erfri-
Sassa» eng ans Rock-Resort in Laax an.
piz 55 : Sommer 2018
@kurtmetz.ch
Der zurzeit wohl berühmteste Münstertaler ist Ski-
15
Friedlicher Imperialist H.R. Fricker ist diesen Sommer mit seiner Arbeit «Auf und Ab» einer der Künstler der Ausstellung Arte Castasegna. Er hat hundert Treppenstufen des Weges von Castasegna nach Soglio mit Berufen beschriftet – und ehrt damit die Menschen und die Region.
Text: Peter Surber Fotos: Mayk Wendt
D
ichter, Missionar, Verkäufer, Künstler – das
dert ausgewählte Stufen beschriftet mit Berufsbe-
lernte und der heutige Beruf von H.R. Fricker.
zeichnungen der Einwohnerinnen und Bürger von
Sie stehen im Titel einer Broschüre über ihn, publi-
Castasegna. Fricker und seine Frau Vreni haben zu-
ziert 2014 aus Anlass einer Ausstellung im Museum
erst «freihändig» Berufe gesammelt, weitere hat er
für Lebensgeschichten in Speicher AR, dem Nach-
an einer Gemeindeversammlung erfragt – aktuelle
barort von Frickers Wohngemeinde Trogen. Das
ebenso wie nicht mehr existierende. Die Beschrif-
Museum im Alters- und Pflegeheim erzählt – wie
tung erfolgt in vier Sprachen: im örtlichen Bregaiot,
der Name sagt – Biografien der Heimbewohner und
in Deutsch, Italienisch und Englisch.
von Persönlichkeiten aus der Region. Fricker hat
Arte Castasegna 18. Juni bis 21. Oktober 2018 mit Piero Del Bondio, Karin Karinna Bühler, Michele Ciacciofera, Katalin Deér, H.R. Fricker, Gabriela Gerber & Lukas Bardill, Haus am Gern, Michael Günzburger, San Keller, Zilla Leutenegger, Carmen Müller und Valentina Stieger. arte-castasegna.ch Weitere Informationen zu den Arbeiten von H.R. Fricker: erobertdiewohnzimmer.net artsafiental.ch steingarten-murgtal.ch
16
Sommerausstellung «Arte Castasegna» hat er hun-
sind die kindlichen Wünsche sowie der er-
das Museum konzipiert und realisiert, so wie das
Hommage an die Wegmacher
Alpsteinmuseum in den Berggasthäusern des Ap-
«Auf und Ab» versteht Fricker als Hommage an all
penzellerlands oder den Steingarten im Murgtal
jene, die den Stufenweg gebaut haben und bis heute
südlich des Walensees. «Museumsgründer» müsste
unterhalten, aber auch an die Region überhaupt.
auch in seine Berufsliste aufgenommen werden.
Wer ihn begehe, werde sich in die verschiedenen
Und Stimmenzähler: Bevor die briefliche Stimmab-
Berufe hineinversetzen können, vom Geigenbauer
gabe in Mode gekommen ist, hat das einstige Aus-
bis zur Anwältin, von der Kastanienaufleserin bis
senschulhaus Hüttschwendi, in dem Fricker mit
zum Zöllner oder Schmuggler, vom Wegmacher bis
seiner Familie wohnt, noch als Stimmlokal gedient.
zur Gemeindepräsidentin. Stufe um Stufe werden
Ich habe als Nachbar, der bloss einige Gehminuten
Assoziationen zum Ort, seinen Bewohnern und sei-
entfernt zuhause ist, dort jeweils mein Stimmku-
ner Geschichte geweckt. «Auf und Ab» soll Respekt
vert abgegeben und vom Stimmenzähler und Ur-
vermitteln vor dem, was hier geleistet wurde und
nenbewacher Fricker bei einem Kaffee gehört, was
wie hier gelebt wird. Und im Titel des Projekts spie-
seine nächsten künstlerischen Projekte sind. Jetzt
gelt sich auch das Auf und Ab des Berufslebens
packe ich die Gelegenheit, den kurzen Weg quer
überhaupt – wer die Stufen hochsteigt, denkt viel-
über den Hügel wieder einmal unter die Füsse zu
leicht schwitzend an die eigene Karriere. Assoziati-
nehmen und im früheren Schulzimmer, in dem Fri-
onen wie diese nennt Fricker mehr beiläufig; seine
cker seit 1976 sein «Büro für künstlerische Um-
Kunst lässt Facetten eines Themas aufblitzen, ohne
triebe auf dem Lande» betreibt, mehr zu erfahren
mit dem Zaunpfahl oder, um im Bild des Wegs zu
über seinen Beitrag zu Arte Castasegna 2018.
«Auf und Ab»
bleiben, mit didaktischem Wegweiser den tieferen Sinn erklären zu müssen.
Von Castasegna nach Soglio führt der alte Fussweg
Passion fürs Benennen und für den Stein
über mehrere hundert steinerne Treppenstufen.
Frickers Arbeiten sind nie vorstellbar ohne den kon-
Fricker ist von diesen Stufen fasziniert, und die Vor-
kreten Ortsbezug. Hier ist es ein Weg, der zwar (bis-
stellung habe ihn nicht mehr losgelassen, wie viel
her) noch keine Berühmtheit ist wie etwa der Sen-
Arbeit im Bau eines solchen Wegs steckt. Daran soll
tiero Panoramico von Casaccia nach Soglio – aber
seine Intervention erinnern: Für die diesjährige
ein Stück Ortsgeschichte verkörpert. Im Projekt für
piz 55 : Sommer 2018
Hebamme und Dachdecker: zwei der hundert Treppenstufen des Weges von Castasegna nach Soglio, die H.R. Fricker (rechts) für Arte Castasegna beschriftet hat.
Castasegna kommen darüber hinaus zwei weitere
bringen und die Geschichte dazu zu erzählen.
und der Stein.
Rund hundert Personen folgten der Einladung. Das
Schon in den Siebzigerjahren hat Fricker auf den
Ergebnis waren eine Ausstellung und ein Büchlein.
Appenzeller Hügeln Wörter in den Schnee gestapft,
Jetzt sammelt er Steine aus dem Fluss Rabiusa im Sa-
später hat er Ortsbeschriftungen in allen mögli-
fiental für eine Land-Art-Veranstaltung. Viele lie-
chen Variationen entwickelt. Die quadratischen
gen schon parat. In den örtlichen Restaurants wird
Schilder mit Begriffen wie ORT DER WUT oder ORT
man sie als Fotografien auf Tischsets antreffen –
DER LIST hängen in zahllosen Räumen. In der Stadt
Kunstwerke, mit Mustern, Einschlüssen, Farbspie-
St. Gallen hat er ähnliche Begriffe an ausgewählten
len – Kunstwerke, die die Natur geschaffen hat. «Ich
Stellen ins Trottoir eingefügt. Mit Strassenbeschrif-
bin kein Bildhauer», sagt Fricker mit Nachdruck.
tungen spielt auch «The Walk» auf dem Lenzburger
«Ich will am Stein nichts ändern.»
Boulevard. In Vnà im Unterengadin hängen Frickers Schrifttafeln seit 2004 mit rätoromanischen
Den Raum wahrnehmen
Verben an zahlreichen Häusern, und an dieser oder
Je älter er werde, desto bergiger und steiniger und
jener Kühlschranktür stösst man unversehens auf
verbundener mit dem «Urtümlichen» werde er, sagt
eines seiner magnetischen Täfelchen mit Charak-
Vreni Fricker über ihren Mann. Dieser relativiert:
tersätzen wie «sich selbst misstrauend», «mehr tun
«Ein Blüemlimaler bin ich nicht.» Das Unbearbei-
als nötig» oder einfach nur «Quelle».
tete fasziniert ihn, das Fundstück, in das wir unsere
Fricker als Namensgeber Mit seinen Orts- und Charakterbegriffen besetzt er
18
Jahr die Einheimischen gebeten, ihm Steine zu
Passionen des Künstlers zusammen: das Benennen
Ideen und Vorstellungen und Benennungen hineinprojizieren können. Es gehe ihm um den Raum, in dem wir uns bewegen, den wir wahrnehmen
Plätze, benennt Unerwartetes, steckt Territorien ab.
und den wir besetzen können. «Das schafft neue
Und da fällt im Gespräch auch gleich die nächste
Beziehungen und Bezüge», sagt Fricker. Und ist ge-
Berufsbezeichnung: Er sei ein «Imperialist», sagt er
spannt auf die Reaktionen aus dem Bergell.
selber. Er sagt es lachend. Sein Imperialismus hat
Weiter oben im Tal, von Maloja nach Pontresina,
nichts Beherrschendes oder In-Besitz-Nehmendes
hat H.R. Fricker im Jahr 2000 schon einmal Orte
an sich, vielmehr etwas Befreiendes. Frickers Kunst
neu bezeichnet, auf 140 Tafeln entlang des Wegs,
wollte seit jeher hinaus aus den Museen und Kunst-
vom «ORT DER LUST» bis zum «ORT DER TRAUER»,
räumen beziehungsweise gar nie hinein.
in sieben Sprachen. – Maloja, Vnà, Safiental, Val
Seine Kunst erweitert die Vorstellung dessen, was
Lumnezia und Valsertal, Tektonikarena Sardona,
«Natur» und was «Kunst» ist oder wo Alltag und
jetzt Bergell: Da muss, schon unter der Türe im
schöpferisches Tun ineinander übergehen. So auch
Fricker’schen Haus in Trogen, doch noch die Frage
bei den Stufen von Castasegna. Sie bleiben so, wie
gestellt werden, ob das alles Zufall sei. Fricker weiss
sie sind – Fricker käme es nie in den Sinn, sie zu be-
es auch nicht, aber sein neuer «Beruf» gefällt ihm
hauen. In Lumbrein im Val Lumnezia hat er letztes
jedenfalls: «Ich bin schon ein halber Bündner.»
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Gemeinsam die Berge erklimmen
Wandern liegt wieder voll im Trend. Wer wandert, ist der Gipfelstürmer!
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So wird eine neue Art der Gästebetreuung in die Tat umgesetzt. Denn nichts schweisst mehr zusammen als gemeinsame Erlebnisse. Zusammen mit seiner Frau Simona führt der junge Bündner, das Haus mit weitreichender Historie mit Freude und neuen zukunftsweisenden Akzenten.
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Ohne Pferd ging gar nichts Die Postkutschenzeit war bei weitem nicht so romantisch, wie uns das Lied vom Postillion weismachen will. Die Transporte waren unbequem und dauerten stundenlang. Und doch war schon damals der Verkehr dicht.
Text: Walter A. Büchi Fotos: Museum für Kommunikation
D
a und dort trifft man sie noch an, die Post-
vernehmen, stimmte uns bloss rührselig: «Nun fahr‘
kutschen, in Museen ausgestellt, glänzend
ich nimmermehr dem Süden zu …» Dabei verbirgt
herausgeputzt, ohne Schlammspritzer, Pfer-
degeruch und Hornsignale. Ihre Zeit ist längst vorbei, geblieben sind Erinnerungen. Als Kinder wären
sich dahinter eine bedeutsame Vergangenheit, die von Bewegung und Kommunikation erzählt.
wir gern eingestiegen in die gelbschwarze Kabine
Leiterwagen fürs Volk
oder hinaufgeklettert auf den Bock, aber das Muse-
Die Geschichte des Bündner Kutschenwesens be-
umsstück zu berühren war verboten und das Lied
ginnt allerdings nicht fünfspännig, nicht mit den
vom Postillion, bis heute in Wunschkonzerten zu
Paeleganten achtplätzigen und gebirgstauglichen Pa
rade-Kutschen, welche wir noch heute bewundern. Zuerst ist an die «Wägelchen» zu denken, die es zu Hunderten gab und die den kleinen Leuten zu Diensten waren. Schon 1810 hatte ein Reisehandbuch notiert, über den Albulaberg ziehe man am besten mit diesen Leiterwagen, «auf denen man sitzen und liegen kann»; damit könne das ganze Tal befahren werden – für viele wohl eine Alternative zu den teuren Kutschen. Noch in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts fiel dem Dichter Hermann Hesse diese Eigenart auf: Er wanderte zwischen La Punt und St. Moritz «auf einer Landstrasse ohne Automobile, aber mit unendlich vielen kleinen einund zweispännigen Wägelchen, in einem nicht aufhörenden Staubgewölk.»
Reisen als Abenteuer Am anderen Ende der Skala sind die Reisenden zu entdecken, die sich die nach Fahrplan verkehrenden «Diligencen» leisten konnten oder die Extraposten, eine Art Post-Taxi-Dienst mit häufigem Pferdewechsel an den dafür vorgesehenen Stationen. Zu dieser Kundschaft gehörte beispielsweise der «Odol-König», Karl August Lingner, der im Sommer 1900 zur Kur ins Unterengadin kam, sich ins Schloss Tarasp verguckte und es im selben Jahr kaufte. Von ihm weiss man, dass er per Extrapost und vierspännig über den Flüelapass reiste, was das teuerste Ticket bedeutete. Extrawunsch des Passagiers: einen sehr erfahrenen Postillion zu bekommen – die Alpen als gepflegte Abenteuerreise. Wie komme ich über den Berg? Das fragten sich seit jeher Händler, Bauern, Säumer, Beamte und Soldaten, die ihre handfesten Gründe hatten, über die
oben: Viel Verkehr im Bergell. Vorne der Vierspänner der Post bei Promontogno, dahinter der Warenverkehr. unten: Blick in die Kutschengarage in Chur. Auf zwei Etagen sind die Wagen aufgereiht.
Gebirgspfade in den Süden respektive Norden zu steigen. Von Vergnügungsreisen war lange nicht die Rede, denn die Berge waren den Menschen fremd, man wusste um Lawinen und Steinschlag, schlechte oder fehlende Wege, gefährliche Unwetter, Wegelagerer und andere Halsabschneider, Bär und Wolf. Für die sogenannten Naturmerkwürdigkeiten war wenig Interesse. Gewässer nutzte man, wo immer sie schiffbar waren.
Post als Bundessache Im Lauf des 19. Jahrhunderts besserte sich im Verkehr Graubündens manches, die Strassen, die Fahrzeuge, die Fahrzeiten. Letztere konnte man bis zur Jahrhundertwende halbieren. Die Post war zwar lange kantonal, die Eidgenossenschaft ein vielstimmiger Staatenbund, dem es nicht recht gelingen wollte, ein modernes Postwesen und eine gewisse
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Einheitlichkeit durchzusetzen. Aber nach der Gründung des Bundesstaates geschahen dann grossflächige Veränderungen: Auf den 1. Januar 1849 wurden die schweizweit fünfzehn Postverwaltungen zu einer einzigen zusammengelegt, die Kantone für Mobilien und Material entschädigt, darunter für den Ankauf von 16 Postkutschen und 30 Schlitten verschiedener Grösse und Bauart. Nach und nach folgten die neuen Gesetze. Münzwesen, Mass und Gewicht wurden vereinheitlicht, die Zahl der Postbüros und Ablagen und der täglichen Postkurse stark vermehrt. Das Ganze wurde eine Erfolgsgeschichte. Für das Jahr 1909 nannte der Oberpostdirektor 1'781'231 beförderte Reisende, 719 Postpferdehalter, 1217 Postillione – und nicht weniger als 2477 «im regelmässigen Dienst verwendete Pferde». Die Zahlen zeigen: Man hatte die Bedeutung einer effizienten Post für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben erkannt. Entscheidend war, dass die Post ihr neu gewonnenes Regal durchsetzte und alle Akteure mit Verträgen und einem umfangreichen Handbuch an sich band. Daneben blühte das private Transportgewerbe mit Lohnkutschereien, Fuhrhaltereien und Speditionsfirmen. Und alle waren sie vom Pferd abhängig.
Mein Pferd Ein Pferd zu halten war für manche hablichen Bürgersleute etwa so selbstverständlich wie man heutzutage ein Auto besitzt. Und Diskussionen über Geschwindigkeit, Leistung und Komfort waren auch schon zur Kutschenzeit beliebt ... Apropos Komfort: Das Reisen per Kutsche galt zwar als vornehm, aber auch als unbequem, zugig und holprig, je nachdem zu langsam oder zu gefährlich, worüber damals gern und ausgiebig geklagt oder geschimpft wurde. Unzufriedene Zeitgenossen mussten eben warten: auf das Automobil, welches bereits ante portas knatterte und anfänglich keineswegs viel mehr Komfort bot als die «gute alte» Postkutsche. Oder auf die Eisenbahn, die sich nun, Teilstück um Teilstück, die Oberhoheit über den Transport von Menschen und Gütern errang. 1849, dem Zeitpunkt der Übergabe der Postkurse an den Bundesstaat, gab es in Graubünden bereits fahroben: In der Kurve der Flüela-Passstrasse oberhalb von Susch. Mitte: Der Vierspänner in Zuoz.
planmässige Kurse: Chur-Zürich, Chur-Splügen-Bellinzona und -Chiavenna, Chur-Küblis, Chur-Samedan, Samedan-Nauders, Samedan-Chiavenna und
unten: Die letzte Postkutsche fährt 1913 zwischen Scuol und Samedan. Von nun an fährt das Publikum mit der Bahn.
Reichenau-Truns. Sommers bedeutete dies keine ausserordentlichen Schwierigkeiten, doch im Winter warf der Verkehr Fragen auf: ob und wie die Pässe und Übergänge für die Bevölkerung und den Frem-
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denverkehr offen zu halten seien. Heute ist das Pro-
Neugierige – ein häufiges Ritual. Ein Beobachter
blem dank dem Vereina-Tunnel gelöst. Was blieb ist
steht am Obertor und zählt von 3 bis 23 Uhr, wie-
die Faszination des Rutnerdienstes. Dabei wurde im
viele Pferde dort die Brücke passierten – er kam auf
Schnee ein Pfad für den Pferdezug geschaffen, dazu
deren 1036.
eine Infrastruktur aus Schneetunnels und Höhlen.
Eine verblüffende Zahl. Dennoch: Die Pferdezeit in
Der Plan einer solchen Schneehöhle zeigt eine lawi-
ihrem herkömmlichen Sinn stand schon damals
nensichere Kaverne mit Anbindevorrichtung für
vor dem Aus. Nach Jahrtausenden des Zusammen-
mehrere Pferde. Bei dieser Aktion wurde von Mann
spiels von Pferd und Mensch wurde das Tier abge-
und Ross sehr viel verlangt. Auch die Armee übte
halftert, und die «Kutsche ohne Pferd» begann ih-
sich darin. Das «Album 6. Division 1915» liefert die
ren Siegeszug.
Bilder: Saumkolonne im Schnee, Schneetunnel auf der Albulastrasse, Gebirgsinfanterie beim Schneeschanzen und weitere.
Abgehalftert Chur, am 9. August 1881. Es muss eine Attraktion sondergleichen gewesen sein: der noch autolose Strom aus Menschen und Tieren im Aufbruch, welcher sich durch Graubündens Hauptstadt wälzte: Reisende aus und in alle Richtungen, Postillione mit schwarz lackiertem Filzhut und Kondukteure, Reiseführer mit steifem Hut, beide mit Sitz auf dem Bock, braune, weisse und schwarze Pferde, Saumtiere, dazu Beamte, Boten, Gepäckträger und viele
links: die Rutnerdienste – auch die Armee half dabei mit – schaufelten im Schnee einen Pfad für den Pferdezug frei. Es entstand eine Infrastruktur aus Schneetunnels und Höhlen. Bild aus «Album 6. Division 1915» unten: Ansichtskarte um 1900
piz 55 : Sommer 2018
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FR EITAG , 21.9.2018 – SON NTAG , 23.9.2018
Exklusive Kunst- und Kulturreise ins Bergell für Leserinnen und Leser von piz und GOLDKÜSTE Zwei Tage führen Urezza Famos (Verlegerin der Magazine «piz» und «GOLDKÜSTE») und Dora Lardelli (Kunsthistorikerin und Leiterin Kulturarchiv Oberengadin) die Leserinnen und Leser durch das Bergell. Das Bergell ist das Tal, in dem Alberto Giacometti geboren wurde, wo sich Giovanni Segantini aus dem Licht und Varlin aus den Farben und den Menschen ihre Inspiration holten. Über Jahrhunderte und bis heute sind es Kunst- und Kulturschaffende, die im Bergell ihren Zufluchtsort gefunden haben. Sie sind und waren auf der Suche nach Ruhe und Natur, in einem Tal mit einem angenehmen Klima, einer grossartigen Landschaft und einem Hauch von Süden. MUSEO CIÄSA GRANDA
PROGRAMM FR EITAG , 21.9.2018 Begrüssung und Abendessen im Hotel Castell, Zuoz. Anschliessend wird ein Film über Giovanni Segantini gezeigt, mit Diskussion und Erklärungen. SA M STAG , 22 .9.2018 Besuch des Ateliers und des Privathauses von Segantini in Maloja Picknick beim Turm Belvedere SOGLIO
Besuch des Zentrums Pretorico (Gerichtshaus) in Vicosoprano und des Museums Ciäsa Granda in Stampa SON NTAG , 23.9.2018 Besuch der Villa Garbald in Castasegna mit anschliessendem Dorfrundgang und einem Referat zur Dorfentwicklung: «Vom Durchgangsort zum Wohnort» Mittagessen im Hotel Bregaglia, Promontogno, oder Picknick Dorfrundgang in Soglio mit Architekt Armando Ruinelli und seinen Erläuterungen zum Umgang mit Tradition und Moderne Kurze Wanderung zur Segantiniwiese Rückreise nach Zuoz. Individuelle Rückreise ab ca. 19 Uhr
ATELIER GIACOMETTI
KOSTEN Inkl. Reisebegleitung durch fachkundige Personen, alle Fahrten ab Hotel Castell, Museumseintritte, Führungen, Unterkunft im Hotel Castell mit Frühstück: Im Einzelzimmer: Fr 699.– /Person * Im Doppelzimmer: Fr. 620.– / Person * * Zahlung: 50% des Betrages bei definitiver Buchung, die restlichen 50% 7 Tage vor Anreise; Versicherung ist Sache der Teilnehmer.
BELVEDERE, MALOJA
Fotos: www.bergell.ch
Anmeldung bis 20. 08. 2018 an arquint@famosbuero.ch
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28.03.17 16:00
Die Geschichte in einem einzigen Bild Der Künstler Mark Blezinger war Theaterregisseur und fragte sich, wie weit man bewegte Bilder so weit reduzieren kann, dass ein einziges Bild eine ganze Geschichte erzählt. Dank digitaler Bildbearbeitung und moderner Technik verzaubert er das Publikum.
Text: Julian Reich Fotos: Mark Blezinger
G
erade kommt er aus dem Rätischen Museum,
inszenierung jener multimedialen Schau, die 2017
zuvor war er in Algerien auf den Spuren prä
in der Chesa Planta in Samedan zu sehen war: «La
historischer
terna Magica – Die Kunst der Projektion». Dabei hat
Steinmalereien.
«Mir
wird
schnell langweilig, wenn sich nichts bewegt», sagt
sich Mark Blezinger im reichen Fundus des Kultur
Mark Blezinger bei einem Zwischenhalt im Churer
archivs bedient, Vorhandenes genommen, umge
Bahnhofbuffet. Der passende Treffpunkt mit ei
staltet und mit Motiven aus der Cinémathèque
nem, der sich fast ständig in der Welt bewegt, zwi
Française, dem Institut Lumière, dem Museo Nazi
schen dem Engadin beispielsweise, wo er in den
onale del Cinema von Turin angereichert. Histori
letzten Jahren regelmässig arbeitete, und Paris, wo
sche Apparaturen sind dabei. Im Zentrum steht die
er seit vielen Jahren lebt. Die Hälfte des Jahres ist er
Laterna magica, ein frühes Gerät der Bildprojektion,
auf Achse, mindestens, und wer mit dem Mann mit
aber auch moderne Mittel wie Video, optische Illu
den wachen Augen spricht, merkt schnell, dass
sionen und LentikularFotos, die dank ausgeklügel
auch sein Geist ruhelos ist, dass er sich entführen
ter 3DTechnik – auch ohne spezielle Brille – den
lässt von einem Thema zum anderen und zurück.
Eindruck echter Raumtiefe erwecken.
Im Rätischen Museum in Chur war er mit den Vor
Über diese Eindrücke und Effekte kann man spre
bereitungen für eine Ausstellung beschäftigt, die
chen, man kann sie auf Fotos erahnen, aber die
diesen Herbst ihre Tore öffnen wird – eine Neu
wahre Wirkung dieser Technik lässt sich nur vor
Mark Blezinger, *1962 in Baden-Baden Nach dem Theater- und Philosophiestudium in Paris arbeitete er als Regieassistent u.a. bei Luc Bondy, Klaus-Michael Grüber, Peter Stein und Andrzej Wajda in Paris und an der Schaubühne Berlin. Ab 1989 ist er selbst Theaterregisseur und Bühnenbildner. Er arbeitet u.a. mit Bob Wilson und Heiner Müller zusammen. Als Autodidakt wendet er sich der aufkommenden digitalen Bildbearbeitung im Film und neuen Projektionstechniken zu. Es entstehen Videobühnenbilder für Theater- und Opernaufführungen. Ab 1997 dreht er Kurz- und Dokumentarfilme fürs Fernsehen. Seit 2005 stellt er seine Fotomalereien und 3-D-Reliefarbeiten international aus . Seit 2013 realisiert er u.a. multimediale Installationen. Mark Blezinger in der Ausstellung Laterna Magica. © Dora Lardelli
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piz 55 : Sommer 2018
Felssturz (2015) – Blick vom Piz Cam hinunter nach Vicosoprano im Bergell.
Zugvögel über Maloja (2013) – im Tal das Dorf Maloja mit dem Palace Hotel.
Traffic (2015) – Brßcke und Grabeskirche der Giacomettis in Borgonovo.
Dragun da Ruticc (2015) – Blick von der AlbignaStaumauer auf Roticcio.
Ort erleben. Wenn das Licht von hinten durch die
Ziel kam er dank der digitalen Bildbearbeitung nä
beschichtete Grundplatte dringt und das Bild von
her. Jetzt kann er, wie ein Maler, die Bilder selber
60 aneinandergereihten, einen Zehntelmillimeter
komponieren, um seine Geschichten zu erzählen.
breiten vertikalen Linsen aufs Auge geworfen wird,
Blezingers Kunst hat sich ins Narrative entwickelt.
taucht man unweigerlich ein in Blezingers ma
Ebenso wichtig ist ihm das Arbeiten mit dem Ort
gischrealistische Welt.
und seiner Historie. Er hat zuletzt multimediale In
In seiner FotoKunst kommen all jene Professionen
stallationen geschaffen für das ehemalige Gerichts
zusammen, die der aus einem Ort bei Karlsruhe
gebäude in Vicosoprano («Brüta Stria – Hexen»)
stammende Künstler in seinem Leben bisher betrie
und für das Hotel Maloja Palace («Lichtrausch Belle
ben hat. Er fing am Theater an, in der Schaubühne
Epoque»). In Savognin projizierte er Bilder von Gio
Berlin, als Assistent bei grossen Namen wie Klaus
vanni Segantini an die Aussenfassade der Kirche
Michael Grüber und Peter Stein. «Auf der Bühne, so
(«Luce del Paradiso»). Jedes Mal verzauberte er das
dachte ich, vereinigen sich alle Künste, hier ist der
Publikum mit seinen märchenhaften, Mythenbe
Mensch, das Leben, die Sprache, die Musik.»
frachteten Werken.
Bilder reduzieren
«AlpenMythenSehen» heisst die Reihe, die Blezin ger gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Dora Lar
Doch dann kam die Wende: er hatte genug vom
delli im Engadin, im Bergell und im gesamten Al
ephemeren Wesen des Theaters und wollte stattdes
penraum zeigt. Und mit der er nun im Rätischen
sen den Moment festhalten. «Ich fragte mich: Wie
Museum in Chur einen Halt macht, bevor es wieder
weit kann man einen Film reduzieren, dass er in ei
weiter geht durch die Weiten der realen und fikti
nem Bild eine ganze Geschichte erzählt?» Diesem
ven Welt.
Am Weg nach Maloja (2013) – Steinskulptur aus dem Kulturarchiv Oberengadin vor dem Piz Lagrev.
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BE RG BURO
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27.04.18 16:36
Grenzen und Barrieren testen Der Scuoler Stephan Gmür sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Zwischendurch rast er auf verschiedenen Gefährten den Berg hinunter und macht als Mitarbeiter des Tourismusbüros den Weg frei für Gehbehinderte.
Text: Sina Bühler Fotos: Mayk Wendt
D
er Unfall zerstörte seine Pläne. Die unmittel-
eine Stunde durch den Stau fahren oder in den öf-
baren zuerst, denn seine Koffer waren be-
fentlichen Verkehr umsteigen, um zur Physiothera-
reits gepackt. Stephan Gmür wartete nur
pie zu kommen. «Alles ist nur zehn Minuten ent-
noch auf das Visum für seine neue Arbeitsstelle in einem Skiresort in Alaska. Dieses brauchte viel länger, als geplant und so vertrieb er sich die verblie-
Barrierefreiheit dokumentieren
bene Zeit im Unterengadin mit Sport.
Und auch Sport treiben ist viel simpler. Weil er
Der Unfall zerstörte auch die langfristigen Pläne.
schon im Gebiet lebt, ist er von seinem Wohnort
Denn wer rechnet schon damit, das Leben von ei-
Tarasp rasch auf dem Berg. Denn so schnell es ging,
nem Moment zum anderen komplett neu ausrich-
hat Stephan Gmür wieder mit Skifahren angefan-
ten zu müssen? Das tun selbst jene nicht, die einen
gen und sich vom Rollstuhl auf den Monoski ge-
Hochrisikosport lieben wie Stephan Gmür. Im Juni
setzt. Trotzdem gibt der Bergler auf die Frage, was
2014 stürzte er beim Speedflying ab. Bei dieser Art
in seinem Alltag am schwierigsten zu bewältigen
des Gleitschirmfliegens starten die Sportlerinnen
sei, die Antwort: «Schnee».
und Sportler mit winzigen Schirmen und mit ho-
Den ganzen Winter hindurch bremsen ihn sowohl
her Geschwindigkeit und fliegen mit 80 Stundenki-
der Neuschnee, der alte Matsch wie auch die gefro-
lometern durch die Luft. Er geriet in einen Baum-
renen Schneemaden auf den Strassen. Gegen den
wipfel und knallte 20 Meter weiter unten auf die
Schnee kann selbst er nichts unternehmen, obwohl
Füsse. «Zum Glück hatte ich starke Beine», sagt er,
er als «Produktmanager barrierefrei» bei der Touris-
«sonst wär ich vermutlich tot.» Er musste nicht nur
musregion angestellt ist. «Barrierefrei» heisse eben
die Rettungsflugwacht selber anrufen, er musste,
nicht, dass sofort jede Hürde für Gehbehinderte aus
auf dem Bauch liegend, auch noch den Piloten bei
dem Weg geräumt werden könne. Aber: «Wir wol-
der Ortung unterstützen. «Ziemlich schnell war
len die Ferienregion mit der besten Dokumentation
mir klar, dass ich gelähmt war.»
Ein neues Leben aufbauen
Unterwegs mit Rollstuhlfahrer Stephan Gmür: Beim Kehrichtentsorgen, auf dem vierrädrigen Downhillbike, im Auto und auch mal als motorisierter Begleiter.
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fernt und ich finde immer einen Parkplatz.»
zur Barrierefreiheit sein.» Konkret: Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer sollen auf einen Blick erkennen können, welche Hotels
Seither ist im Alltag des 33-Jährigen vieles anders.
und Restaurants oder welche Freizeitangebote für
Er ist meistens auf das Auto angewiesen, braucht
sie zugänglich sind. Wo Parkplätze zur Verfügung
viel Zeit für die Planung seines Alltags. Aus den Ber-
stehen, welche öffentlichen WCs zugänglich sind,
gen wollte er trotzdem nicht weg. Er gehöre hierher
welche Wege hindernisfrei. Das gilt auch für Wan-
und ein solcher Unfall mache nicht plötzlich einen
derwege – und da stecke das Bündner Angebot noch
Städter aus ihm. «Und ich musste schon ein ganz
in den Kinderschuhen. Von 67 hindernisfreien
neues Leben aufbauen – auch noch den Wohnort
Wanderrouten in der ganzen Schweiz gibt es im
zu ändern, wäre zu viel gewesen. Ich fühle mich
Kanton nämlich nur zwei: Einen fünf Kilometer
hier wohl, kenne alle.»
langen Rundweg um den Davosersee und die zehn
Ist das Leben hier oben für einen Rollstuhlfahrer
Kilometer entlang des Flaz, zwischen Pontresina
nicht komplizierter als in der Stadt? Im Gegenteil,
und Bever. Fussgängerinnen und Fussgänger dage-
sagt er, es sei einfacher. Er müsse nicht jedes Mal
gen können im Kanton aus mehr als 600 verschie-
piz 55 : Sommer 2018
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piz 55 : Sommer 2018
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denen Routen mit über 11'000 Kilometern auswäh-
Konzept umzusetzen. Die ersten 13 Jahre seines Le-
len. Selbst für Inline-Skater ist das Angebot grösser
bens hat Stephan Gmür in München verbracht,
als für Rollstuhlfahrer. Die Ansprüche an hinder-
sein Vater – ein Luzerner – wollte, dass er eine
nisfreie Wege sind hoch: Sie müssen zertifiziert
Schweizer Matur macht und schickte den damals
werden, es braucht Anschlüsse an den öffentlichen
eher im Hallensport aktiven Jugendlichen ans
Verkehr und zugängliche Toiletten sowie genaue
Hochalpine Institut nach Ftan, wo er die Handels-
Informationen über den Schwierigkeitsgrad – wie
mittelschule besuchte. Danach machte er Praktika
bei den Skipisten, unterteilt in blaue, rote und
in München und Hamburg, absolvierte eine Sprach-
schwarze, erklärt Stephan Gmür.
schule in Vancouver und entschied sich für eine
Er sucht selbst nach Lösungen
weitere Ausbildung in den Bergen: für die Hotelfachschule in Bluche bei Crans-Montana. Perfekt
Mitunter ist er selbst als Testfahrer unterwegs. Die
zum Skifahren, perfekt für seine neue Passion, das
Ergebnisse publiziert er im «Rollibuch» der Touris-
Gleitschirmfliegen. Nach dem Abschluss führt ihn
musregion (engadin.com/barrierefrei). Den Weg von
die Arbeit von Zermatt nach St. Moritz, dann nach
Scuol über Pradella nach Sur En ist er selbst abge-
Zürich und wieder zurück ins Unterengadin.
fahren, empfiehlt die Strecke aber nur sportlich
Weil nach dem Unfall ans Auswandern nach Nord-
Trainierten oder mit einer Begleitperson oder ei-
amerika nicht mehr zu denken war, brauchte er
nem elektrischen Zuggerät.
rasch eine Arbeitsstelle. Noch während der Reha in
Gmür ist mehr als nur Tester und Ansprechperson
Nottwil fand er eine Stelle in einem Samnauner
für Touristinnen und Touristen. Wenn er merkt,
Bergrestaurant, als Assistent der Geschäftsleitung.
dass etwas nicht ganz so klappt, wie es sollte, sucht
Trotz seiner Ausbildung im Hotelmanagement war
er kurzerhand selbst nach einer Lösung. Beispiels-
es nicht das Richtige. Er wechselte in ein Scuoler
weise ein Konzept für ein behindertengerechtes
Sportgeschäft, bis ihm die Stelle als Produktmana-
WC für den Einsatz im Skigebiet. Denn seinen Roll-
ger bei der Tourismusorganisation angeboten
stuhl nimmt er beim Skifahren zwar zur Bergsta-
wurde. Daneben absolvierte er ein Nachdiplomstu-
tion mit, dort aber steigt er auf den Monoski um.
dium in Outdoorsport-Management.
Unmöglich, damit in ein Restaurant zu rollen, und sei es ebenerdig. Also hat Gmür ein Container-WC
Noch viele Vorurteile
entwickelt durch das er hindurchfahren kann. Im
«Wer nur auf der Couch hockt, kommt auch ums
Moment ist er im Gespräch mit einer Firma, um das
Leben …», sagt Gmür dazu. Diese Doppeldeutigkeit gefällt ihm, motiviert ihn, weiterzumachen. Er, der sich selber so viel zutraut, ist immer wieder überrascht, dass sich Fussgänger gar nicht vorstellen können, was Rolifahrer alles können: «Jeder hat gesagt, es geht nicht. Bis einer kam, der das nicht wusste, und es einfach gemacht hat.» Sein Mentor in Nottwil war ein Tetraplegiker, der alleine von Alaska nach Feuerland fuhr, weil es ihm auf dem Sofa zu blöd wurde. So einer ist auch Gmür. Anfangs, als er im Bett liegen musste, suchte er stundenlang Youtube-Videos von Sachen, die er im und mit dem Rollstuhl machen könnte. Und probierte sie einfach aus. Nur ob er so schnell wieder Gleitschirm fliegen will, ist nicht sicher. Nicht aus Angst, aber weil das kaum ohne fremde Hilfe machbar ist. Sein nächster Plan
Stephan Gmür hat Erfolg auf den Monoski In der zweiten Winter saison startete er im Europacup und wurde in das Sichtungskader des Swiss Paralympic Skiteam aufgenommen. Beim Swiss Disabled Cup beendete er die Saison auf dem zweiten Platz im Riesenslalom. Sein nächstes Ziel: eine Teilnahme an den Paralympics. Foto oben: © Schweizer Paraplegiker-Vereinigung
ist Downhillfahren auf einem Bike mit vier dicken Rädern. Stacy Kohut, der Mann, der ihn mit seinen Videos auf die Idee gebracht hat, sagt in einem Film: «Ich habe mein ganzes Leben trainiert, um mit diesem Ding zu fahren. Ich wusste es nur nicht.» Dieser Satz gilt auch für Gmür.
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piz 55 : Sommer 2018
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Jugendsport hat Tradition Gerade im Sommer zeigt sich, wie wertvoll die sportliche Vielfalt und die Jugendförderung in Südbünden ist. Die Vereine übernehmen dabei wichtige Aufgaben Ohne finanzielle Unterstützung wären die Förderprogramme aber nicht möglich.
Text: Nina Rudnicki Fotos: Mayk Wendt
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W
er sich mit der Sportförderung von Kin-
gen diese Ungerechtigkeit und wurde daraufhin als
dern und Jugendlichen auseinandersetzt,
Diskussionsrednerin an eine «Frauen und Sport»-
der wird früher oder später auf die Sil-
Tagung nach Magglingen eingeladen. Sie war da-
vaplanerin Katharina von Salis stossen. Bis in die
mals bereits mehrfache Schweizer Meisterin im
1970er-Jahre war die Sportförderung den Buben
Skilanglauf und Orientierungslauf.
vorenthalten. Nach der Volksschule besuchten sie
«Einige Frauen kamen auf mich zu und baten mich,
den «Vorunterricht», eine sportliche Institution,
in meiner Rede bestimmte Themen anzuschneiden.
die eng mit dem Militär verknüpft war. Dieser sollte
Ich war Spitzensportlerin und konnte mit meinem
die physische Entwicklung von Buben im Hinblick
Beispiel die Behauptungen seitens der Männer und
auf die Rekrutenschule fördern.
Ärzte widerlegen», erinnert sie sich. So seien Ärzte
Finanziell vom Bund unterstützt wurden auch die
früher etwa davon ausgegangen, dass Frauen keine
Pfadfinder. Die Pfadfinderinnen hingegen erhiel-
Langstrecken laufen sollten, weil sie sonst keine
ten kein Geld, obwohl das Militär die Frauen für
Kinder mehr bekommen können. «Sie hatten eben
den Frauenhilfsdienst anwarb. Dagegen protes-
keine Erfahrungen mit Frauen, die mehr als zwei-
tierte in den 1960er-Jahren die Pfadfileiterin Katha-
hundert Meter rannten. Und dann kam ich und be-
rina von Salis. Sie schrieb einen Leserinnenbrief ge-
wies das Gegenteil.»
piz 55 : Sommer 2018
Heute ist das alles undenkbar. Seit der «Vorunter-
Sport. «Andererseits ist es schwierig, die ganze Be-
richt» Anfang der 1970er-Jahre von Jugend + Sport
völkerung anzusprechen. Eltern von Kindern mit
abgelöst wurde, werden Mädchen und Buben sport-
Migrationshintergrund haben oft keinen Bezug zu
lich gleichermassen gefördert. Aktuell sind 59 Pro-
einem Verein, weil sie das Vereinswesen in ihrer
zent der Kinder und Jugendlichen in diesen Kursen
Kultur nicht kennen. Insbesondere die weibliche
Buben, 41 Prozent Mädchen.
Migrationsbevölkerung ist deshalb in den Sportver-
Neue Teilnahmerekorde
Angebote wie der freiwillige Schulsport sind ein
Bei der Sportförderung geht es heute weniger um
Brückenangebot zwischen dem obligatorischen
einen klar untervertreten.»
die Gleichstellung der Geschlechter als vielmehr
Schulsport und den Vereinen. Im Frühling 2018
um die Frage: Wie können die «Digital Natives» für
wurde ausserdem und zum ersten Mal ein «Tag des
Sport begeistert werden? Schon kleine Kinder spie-
Bündnersportes» organisiert. Aus jeder Region stell-
len lieber mit Smartphones und Tablets anstatt mit
ten sich Sportclubs vor. Aus dem Engadin vertreten
einem Ball über die Wiese zu toben. Das zumindest
waren unter anderem Geräteturnen, Curling, Bo-
suggerieren diverse Studien. Gleichzeitig vermeldet
genschiessen, Ski alpin und Ski nordisch, Golf, Eis-
Jugend + Sport aber erstmals mehr als eine Million
stock, Fussball, Eishockey, Tennis, Karate und Luft-
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Kursen und
gewehrschiessen.
Lagern. Von allen Kindern und Jugendlichen zwi-
Sportklettern, Schwimmen, Geräteturnen, Fitness oder Speerwerfen – die Jugend + Sport-Programme sind äusserst vielfältig.
schen 5 und 20 Jahren haben 2017 knapp die Hälfte
Segeln auf den Engadiner Seen
in mindestens einem der 69’000 Kurse mitgemacht
Vor allem im Sommer aktiv ist auch der Segelclub
oder an einem der 7700 Lager teilgenommen. Seit
St. Moritz. «Wir haben hier den berühmten Maloja-
2012 das neue Sportfördergesetz gilt, werden auch
wind. Daher können wir trotz unserer kurzen Sai-
mehr Gelder in die Nachwuchsförderung investiert.
son mit anderen, fürs Segeln typischeren Regionen
Aktuell sind es 103 Millionen Franken.
mithalten», sagt die Jugendverantwortliche Geor-
Mehr Kursteilnehmer und mehr Geld – das ist ins-
gia Hauser. Jedes Jahr werden auf dem St. Moritzer-
besondere in den Bergregionen spürbar. «Einerseits
und dem Silvaplanersee Welt-, Europa- und Schwei-
steigt die Zahl der Sportangebote ständig. Aktuell
zer Meisterschaften ausgetragen. Während zwei
werden im Kanton Graubünden rund 2000 Kurse
Wochen im Sommer organisiert der Club mit Un-
und Lager organisiert», sagt Thierry Jeanneret, Lei-
terstützung von Jugend + Sport Kurse für den Nach-
ter Sport im Bündner Amt für Volksschule und
wuchs. Die Kosten betragen 400 Franken für sechs
piz 55 : Sommer 2018
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Tage. «Ohne die finanziellen Beiträge von Ju-
gebot. Ein grosser Teil von ihnen betreibt Leis-
gend + Sport müssten wir diese Kurse teurer anbie-
tungssport, für die anderen ist Sport ein Ausgleich
ten und den Lohn der Leiter kürzen», sagt Georgia
zum Schulunterricht.
Hauser. Sowohl einheimische wie auch Kinder von
Die Jugendlichen können sich für Ski alpin, Ski-
Feriengästen sind jeweils mit dabei.
langlauf, Snowboard alpin und freestyle, Eishockey
Seit die Schweizer Jacht Alinghi den America’s Cup
und Golf entscheiden. Ergänzend zum obligatori-
gewann, sei Segeln bei den Jungen beliebt. In den
schen wird der freiwillige Schulsport angeboten.
vergangenen Jahren hat der Segelclub St. Moritz 30
«Alle unsere Trainingsangebote werden von Ju-
neue Junioren aufgenommen. Aktuell trainieren
gend + Sport unterstützt. Auf diese Beiträge sind wir
rund 70 Jugendliche.
angewiesen», sagt Muriel Hüberli, Leiterin der
Populär sind Bergsteigen und Klettern
dem Engadin sei es schwierig, die Kosten mit Spon-
Nebst Segeln gehört während der Sommermonate
sorengeldern zu decken. Jugend + Sport ermöglicht
Bergsteigen und Klettern im Engadin zu den popu-
aber auch die Ausbildung jener Fachpersonen, die
lärsten Sportarten. Für das entsprechende Angebot
den Nachwuchs professionell fördern.
ist die Sektion Engiadina Bassa des Schweizer Al-
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Sportklassen. Gerade in peripheren Regionen wie
penclubs (SAC) zuständig. Sie hat insgesamt tau-
Vorbilder sind wichtig
send Mitglieder, rund hundert gehören dem Nach-
Das Engadin beschreibt Muriel Hüberli als traditio-
wuchs an. «Wir sind sehr aktiv im Jugendbereich»,
nell sportliche Region. «Und wenn Spitzensportler
sagt Präsident Heinz Gross. «Im Engadin haben
wie Dario Cologna oder Nevin Galmarini erfolg-
diese Sportarten Tradition. Viele Kinder kommen
reich sind, dann wirkt sich das auch auf die Kinder
aus Familien, die oft zu Berg gehen. Sie sind begeis-
und Jugendlichen aus. Cologna löste einen eigent-
tert vom Bergsteigen, Klettern und von Skitouren
lichen Langlauf-Trend aus.» Ob die Jugendlichen in
im Winter. Ohne die finanzielle Unterstützung
den vergangenen Jahren sportlich aktiver oder pas-
könnten wir den Nachwuchs allerdings nicht im
siver wurden, sei schwer einzuschätzen. «In den
selben Masse fördern.»
vergangenen zehn Jahren ist, zumindest bei uns,
Das wohl bekannteste Engadiner Institut, das heute
die Aktivität recht konstant geblieben. «Die Heraus-
mit Jugend + Sport zusammenarbeitet, ist das Hoch-
forderung besteht aber darin, die Jugendlichen
alpine Institut in Ftan (HIF). Aktuell besuchen hier
auch während der Pubertätsjahre zu sportlichen
rund 60 Athletinnen und Athleten ein Trainingsan-
Aktivitäten zu motivieren.»
piz 55 : Sommer 2018
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23.04.18 18:29
Unterwegs für Natur und Kultur Schon seit ihrer Kindheit im amerikanischen Bundesstaat Rhode Island ist Milena Frieden mit biologischen Gartenbau vertraut. Heute hat sich der Kreis geschlossen und sie engagiert sich vom Bergeller Ort Stampa aus für das Thema Permakultur.
Text: Marina U. Fuchs Fotos: Mayk Wendt und Milena Frieden
W
er Milena Frieden das erste Mal trifft, ist
gings per Schiff nach New York. Milenas Vater hatte
sofort fasziniert von ihrer Ausstrahlung,
eine interessante Stelle in Rhode Island angeboten
der Dynamik mit der sie – mit leicht ame-
bekommen. Schnell wurde klar, dass das junge Paar
rikanischem Akzent – von ihren Projekten und Lei-
in den USA bleiben wollte, und dann wuchs die Fa-
denschaften erzählt. In ihrem Garten in Stampa
milie. Drei Töchter wurden geboren: Milena, Va-
präsentierte sie letzten Sommer stolz die ersten
nessa und Claudia.
selbst gezogenen Kürbisse, verschiedene Tomaten-
Alle paar Jahre fuhr die Familie in die Ferien nach
sorten, Rhabarber, Buschbohnen, Salat, Lauch,
Stampa und Zumikon zu den Verwandten. «Stampa
Zwiebeln und sogar Wassermelonen, die auf dieser
war mein Ein und Alles», erinnert sich Milena. «Da
Höhe eigentlich gar nicht gedeihen. Eigentlich.
gab es in der Familie eine Latteria und eine Wein-
Denn Milena hat sich ganz der Permakultur ver-
handlung, wir Kinder spielten mit Schafen und Zie-
schrieben und führt die Erfolge in ihrem Garten
gen in Soglio und halfen beim Heuen.»
darauf zurück. Unter Permakultur versteht man be-
Im Alltag aber besuchte Milena die Schulen in
wusst gestaltete Landschaften, die den Mustern
Rhode Island und kam schon früh mit dem biolo-
und Beziehungen in der Natur folgen. Sie können
gischen Gartenbau in Berührung. Bio war damals
eine Fülle von Nahrungsmitteln, Fasern und Ener-
noch alles andere als populär, doch ihr Vater be-
gie für lokale Bedürfnisse bereitstellen.
stellte begeistert seinen Garten und gab diese Lei-
Milena trifft man aber nicht nur in ihrem Garten
denschaft den Töchtern, insbesondere Milena, der
oder ihrem Haus von 1593. Sie scheint immer in Be-
Ältesten, weiter.
wegung, sprudelt nur so über vor Ideen und Plänen,
Rechte Seite: Milena Frieden in ihrem nach dem Prinzip der Permakaultur angelegten Garten in Stampa des Hauses «Ca Durig». Auf den Pflanzenbildern: Blutampfer mit Zitronenmelisse (o. rechts), Hokkaido-Kürbisblätter (Mitte), Hügelbeet mit Kräuterspirale (u. links) und Regenbogen-Krautstiel (u. rechts).
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erzählt begeistert und mitreissend von Ausflügen in
Ein bunter Strauss von Berufen
ihre Lieblingsstadt Venedig, nach Hamburg, Süd-
Zunächst schlug die Tochter dann aber einen ande-
amerika oder Kalifornien. Immer stehen Kultur,
ren Weg ein: Sie studierte in New York Politikwis-
Natur und Kunst im Zentrum ihrer Aktivitäten, die
senschaften, Deutsch und literarisches Schreiben.
sie ein Leben lang fast rund um den Globus geführt
Nach dem Abschluss zog es sie nach Boston in die
haben. Auch wenn sie immer noch intensiv in Be-
Luxushotellerie. Dort lernte sie ihren späteren
wegung ist, hat sich ihr Radius verkleinert. Nicht
Mann kennen, zog mit ihm nach Vermont, arbei-
nur ihr Haus und die Permakultur halten sie in
tete an der Rezeption und in der Verwaltung eines
Stampa, sondern vor allem ihr Lebensgefährte Sil-
Spitals und dazu abends in einem französischen
vio Giacometti, der im gleichen Dorf lebt.
Restaurant. In ihrer Freizeit besuchte sie Fotokurse, bis heute eine ihrer Leidenschaften.
Jugend in den USA, Wurzeln in der Schweiz
Die nächste berufliche Station waren ein Verlag in
Milena ist in Amerika, in Newport/Rhode Island,
San Diego und in der Freizeit Ikebana-Kurse. Aus
zur Welt gekommen und in Middletown aufge-
der Begeisterung wurde ein eigenes Business: ein
wachsen. Ihre Wurzeln aber sind in der Schweiz.
Atelier, in welchem sie für Designerläden Trocken-
Der Vater stammte aus Zumikon, die Mutter aus
blumengestecke entwarf – aus Blüten, die sie selbst
Stampa. Die Eltern heirateten in der kleinen Kirche
trocknete. Dann aber wurde die Billigkonkurrenz
neben dem Hotel Maloja Palace und kurz danach
aus China übermächtig und Milena Frieden be-
piz 55 : Sommer 2018
Auf dem Hügelbeet (links) wachsen Erdbeeren, Lauch und Salat. Die Kräuterspirale (o. rechts) und Kapuzinerkresse (u. rechts).
wegte sich beruflich ein weiteres Mal: Sie besuchte
schen beschäftigte sie sich in der Toskana mit Agro-
Kurse in Landschaftsarchitektur und Gartenbau.
tourismus
Dabei bliebt ihr Berufsleben zweigleisig. Zusam-
Landschaftsveränderung. «Wo auch immer, muss
men mit ihrem Mann baute sie eine Biotec Firma
man die Menschen vor Ort wahr- und ernstneh-
auf und kümmerte sich dort um die Abläufe zusam-
men», ist sie überzeugt, «sonst scheitert man.» Nur
men mit angestellten Chemikern.
«Man muss die Menschen ernst nehmen» Nach zwölf Jahren Ehe trennte sich das Paar. Mi-
der
dadurch
entstehenden
so erreiche man Nachhaltigkeit. Nach der Masterarbeit arbeitete sie ein weiteres Jahr auf Galapagos. Zunächst für eine Nichtregierungsorganisation, die Kinder und Frauen unterstützte,
lena schrieb sich für das Studium der Landschafts-
danach engagierte sie sich beim Aufbau einer Öko-
architektur an einer Universität im Los Angeles
Lodge. Wieder tat sie sich interdisziplinär mit Wis-
County ein, zog dafür einmal mehr um, arbeitete
senschaftlern aus den Bereichen Archäologie, Ge-
aber für die Biotech-Firma weiter. Immer schon
schichte
schätzte sie die Zusammenarbeit und den Aus-
entwickelten sie ein Netz von Wanderwegen an der
tausch mit Wissenschaftlern. Während des Studi-
Küste Ecuadors und machten Vorschläge, wie man
und
Natur
zusammen.
Gemeinsam
ums verbrachte sie einige Zeit auf den Galapagosin-
die arme Region touristisch interessant machen
seln und forschte dort zum Zusammenhang von
könnte, um Investoren zu gewinnen.
Landschaftsarchitektur und der Erhaltung von
42
und
Umwelt und Ökosystemen. In ihrer Masterarbeit
Am Ziel und trotzdem in Bewegung
machte sie Vorschläge, wie Landschaftsplanung in
Ein Traum, der sie schon länger beschäftigt hatte,
Zusammenarbeit mit Einheimischen, mit Wissen-
liess Milena auch in Südamerika nicht los. Sie
schaftlern, Fischern und den Verantwortlichen des
wollte am Ort der beglückenden Kindheitsferien,
Nationalparks im gegenseitigen Vertrauen die lo-
im Haus der Familie in Stampa, ein Bed and Break-
kale Kultur und das Umfeld erhalten kann. Dazwi-
fast eröffnen und hatte ihre Möbel deshalb schon
piz 55 : Sommer 2018
vor dem Aufenthalt in Ecuador ins Bergell schicken lassen. Zurück nach Kalifornien wollte sie nicht. Die Gegend war ihr zu chic geworden und sie störte sich am zunehmenden Raubbau an
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Einheimisches Wild
Hausgemacht
Aus dem Engadin
Alaska Wildlachs
Selbst gefischt
den natürlichen Ressourcen. So kam sie vor zehn Jahren, 2008, ins Bergell mit dem Ziel zu bleiben. Sie renovierte das Haus, eröffnete das Bed and Breakfast und rief zusammen mit einer Freundin das Kulturprojekt «Al Gerl» ins Leben – «Gerl» ist der Tragekorb, mit dem im Tal Lasten auf dem Rücken transportiert werden. Das Programm im Stall ihres Hauses «Ca Durig» umfasste Musik, Kabarett, Vorträge und vieles mehr für Talbewohner und für die zahlreichen Gäste. Nach sieben Jahren war sie sich sicher: «Jetzt will ich wieder mit Landschaft und Pflanzen zu tun haben.» Sie löste das B&B auf und beendete das Kulturengagement. Die Permakultur hatte sie schon lange interessiert und ihr Ziel ist nun ein Schweizer Zertifikat in Permakultur-Design. Voraussetzung dafür ist ein vierjähriger Diplomkurs, der zehn eigene Projekte in vier verschiedenen Klimazonen umfasst. Eines der Projekte ist ihr eigener Garten. Sie hat dort eine Kräuterspirale mit einem kleinen Wasserreservoir in der Erde angelegt. Die Kräuter werden nach ihrem Wasserbedarf gepflanzt. Je weniger sie brauchen, desto weiter oben werden sie angesiedelt. Zwar muss man sie trotzdem giessen, aber deutlich weniger. Viel Mulch sorgt für eine zusätzliche Feuchtigkeitsregulierung. Die Resonanz auf ihren Permakulturgarten ist im ganzen Tal gross und sie bekam bereits zahlreiche Kräuter-
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pflänzchen geschenkt.
Im Kreislauf der Natur Ihre zwei Hügelbeete von fast einem Meter Höhe sind nicht nur dekorativ, sie ermöglichen durch ihren Aufbau aus Karton, Holz, Gras, Heu und Kompost auch Pflanzen anzusiedeln, die sonst im
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Bergeller Klima nicht gedeihen würden. Die Beete müssen im Herbst auch nicht abgeräumt werden, das Grün kompostiert sich über den Winter und wird zu Erde: «So ist der Kreislauf auf dem gleichen Stück Land gewährleistet.» Permakultur sei ihr Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel und die damit zusammenhängenden Probleme. Sie will «mit der Natur arbeiten, natürlich auf biologischer Basis, um mit so geringen Eingriffen wie nötig so viel zu bewirken wie möglich.» Dabei will sie mit weniger Energie und ohne Chemie auskommen. «Ich möchte starke, widerstandsfähige Landschaften schaffen, in denen die Natur selbst für Ausgleich sorgt und die Eingriffe minimiert sind.» Gleichzeitig will sie den Menschen den Umweltgedanken näherbringen und die Jobs im Landwirtschaftsbereich aufwerten.
Aus Tradition gut Fleisch- und Wurstwaren aus erlesenen Rohmaterialien, selbst gefischte Engadiner Wild-Saiblinge und Alaska Wildlachse, bis zum Jäger rückverfolgbares Wild, zarter Engadiner Käse sowie leckere Nusstorten vom Kassensturz Testsieger begeistern Carnivoren und Freunde von traditionell gutem Essen. -10 % auf alle Soglio-Produkte.
Auch ihre Eltern kamen vor wenigen Jahren aus Amerika zurück
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ins Bergell, wo der Vater im Sommer 2017 starb. «Ich bin dank-
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bar, dass er noch erleben durfte, dass ich schlussendlich bei dem
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gelandet bin, was ihm immer so wichtig war: Pflanzen, Natur, Biolandwirtschaft und Umwelt.» Zum eigenen Leben sagt sie: «Auch wenn es nach vielen Umwegen aussieht, habe ich doch ge-
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lernt, Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten zu sehen.»
piz 55 : Sommer 2018
43
Der Hotelier als Reporter Das Kulturarchiv Oberengadin beherbergt Schätze, die uns einen lebhaften Einblick in das bewegte Leben vergangener Zeiten ermöglichen. Dank der Foto- und Filmreportagen von Hotelier Gustav Pinösch-Gredig wissen wir von frühen Autorennen und Flugreisen.
Text: Dora Lardelli Fotos: Kulturarchiv Oberengadin
G
ustav Pinösch-Gredig (1882–1972) war ein
Wucht der in Bewegung geratenen Schneemassen
tüchtiger Geschäftsmann aus Ardez und
eindrücklich. Aber auch die Eleganz der Bewegung
Vulpera im Unterengadin. Er war stets und
der Bauern beim Heuen entdeckt man in seinen Bil-
überall dabei, wo er etwas bewegen konnte. Er ist in
dern. Die Arbeit, die sich in harmonischem Rhyth-
unzähligen Kommissionen und bei Initiativen zu
mus von Tier und Mensch abwickelt, wirkt sogar
finden: Bei der Gründung des Unterengadiner Spi-
idyllisch: Geschickt schieben die Bauern und Hel-
tals, des Töchterinstituts Ftan, der Eisenbahn im
fer in der weiten Ebene des Engadins das Heu in den
Unterengadin, diverser Hotels in Davos, aber auch
von zwei Pferden gezogenen Sammelrechen.
beim Hotel Victoria in St. Moritz. Er war Generaldi-
44
rektor des prächtigen Hotels Waldhaus in Vulpera,
Autoliebhaber
Präsident des lokalen Hoteliervereins, Abgeordne-
In Graubünden löste das Automobil erst spät die
ter für den Kreis Obertasna im Grossen Rat, interes-
Kutsche ab. Als letzter Schweizer Kanton liess das
sierte sich für den Heimatschutz, das Engadiner
Stimmvolk 1925 das Privatauto zu und 1927 durf-
Museum und vieles mehr.
ten endlich auch ausserkantonale Motorfahrzeug-
Da erstaunt es, dass er noch Zeit fand, viele Anlässe,
lenker auf Bündner Boden. Gleich suchte man die
Ausflüge, aber auch Unglücke mit seiner Leica sorg-
Herausforderung auf den Alpenstrassen und orga-
fältig zu fotografieren. Wir entdecken auf den Bil-
nisierte Autorennen: 1929 fand ein Bernina-Berg-
dern seine Freunde, aber auch Bauern bei der Ar-
rennen und gleich auch jenes auf dem Malojapass
beit. Pinösch drehte früh auch Filme und hielt
statt. Gustav Pinösch-Gredig war als grosser Auto-
Bräuche wie Schlitteda und Chalandamarz auf
liebhaber mit seinem Wagen dabei.
9,5-mm-Filmen fest. Wie ein Reporter dokumen-
Die Verkehrsvorschriften im Alltag waren aber
tiert er 1934 die Räumungsarbeiten nach dem Lawi-
noch rigoros, was dem umtriebigen Hotelier und
nenniedergang bei Berninahäuser. Die Perspektive
Politiker fast zum Verhängnis wurde. Im Juli 1926
der Aufnahme zeigt die Urkraft der Natur und die
wurde er als Temposünder durch die «Automobil-
piz 55 : Sommer 2018
bussbehörde Fuldera» im Münstertal mit zehn
28.3.1933: «Wir wurden von Mittelholzer zu einem
Franken gebüsst. Landjäger Stecker hatte mit der
Africaflug eingeladen und haben zugesagt. Wir ha-
Stoppuhr bei der Einfahrt von Fuldera Pinöschs
ben die Koffer genau nachgewogen (nach Vor-
Auto mit 20 km/h gemessen – das war damals be-
schrift dürfen wir nur 20 kg pro Person mitneh-
reits zu schnell. Gegen die Busse rekurrierte er. Der
men) und nehmen Abschied von Vulpera. Alle
Kleine Rat, die Bündner Regierung, musste deshalb
sagen uns besonders herzlich Lebewohl.»
über den prominenten Schnellfahrer entscheiden.
29.3.1933: «Wir stellen grobe Widersprüche der
Der Entscheid wäre zu Pinöschs Ungunsten ausge-
Swissair fest und sind verstimmt. Für unseren Flug
fallen, hätte nicht der in seinem Auto mitfahrende
war ein einmotoriges Flugzeug vorgesehen weil
Bundesrat und Finanzminister Jean-Marie Musy
kein dreimotoriges bereit sei. Wir fahren nach
ausgesagt, dass die Geschwindigkeit nicht mehr als
Dübendorf und stellen zu unserer Überraschung
18 km/h betragen habe.
Der Hotelier Gustav PinöschGredig war auch ein Fotograf. Aus seinem Nachlass, der im Kulturarchiv Oberengadin liegt, stammen diese Bilder (v.l.n.r.): Räumungsarbeiten nach Lawinenniedergang bei Bernina häuser (1934), Autorennen im Unterengadin (1927), Reisegruppe vor einer Swissair-Maschine und zusammen mit seiner Frau in Marrakesch (1933).
fest, dass zwei dreimotorige bereit sind. Um 11.30 h versammeln wir uns im Gotthard mit den Zürcher
Per Flugzeug nach Marokko
(Passagieren). Es weht Verschwörerluft, und wir ver-
Die Pioniere hatten früh entdeckt, dass sich die
langen einen Dreimotorer, war uns dann prompt
Ebene des Oberengadins auch als Flugplatz eignete.
bewilligt wird. Am Nachmittag herrlicher Probe-
Bald landeten die ersten Privatflugzeuge im Tal und
flug über Einsiedeln, Schwyz, Glarus, Walensee
die Prominenz – mit ihr die Familie Pinösch-Gre-
und Toggenburg.»
dig – liess es sich nicht entgehen, sich vor den da-
30.3.1933: «Mittelholzer hat Lungenentzündung.
mals spektakulären Swissair-Maschinen fotografie-
Eine vorgeschlagene Verschiebung um Wochen
ren zu lassen, wie das private Album beweist.
kommt nicht in Frage und alle sind bereit mit
Gustav Pinösch erfüllte sich 1933 den «Traum von
Hauptmann Gerber zu fliegen, auch er selbst. (...)
1001 Nacht», wie er in seinem Fotoalbum wörtlich
Um 14 Uhr starten wir von Dübendorf und um
festhält. Vom 30. März bis zum 16. April unter-
18 Uhr sind wir in Rom. Der Flug über die Alpen war
nahm er mit seiner Frau Margarita einen «Afri-
eine Offenbarung. Aufsteigende Wolken sagen uns,
caflug». Sie starteten mit einer kleinen Reisegruppe
dass es hohe Zeit ist hinüber zu kommen. Die Ber-
von Dübendorf aus in einer dreimotorigen Ma-
ner Alpen sind bedeckt, fast alles übrige frei. Im Os-
schine über die Alpen. Sie hätten ganz im Osten
ten sehen wir bis zum Linard und Bernina. Wir flie-
den Piz Linard und den Piz Bernina erblickt, schil-
gen über Einsiedeln, Urnersee, dann rechts vom
dert er. Pinösch dokumentiert die Reise nach Rom,
Tödi über Somvix, Bernhardin, Mesocco und Co-
Catania, Tunis, Algier, in die Sahara, nach Marokko
mersee. Aus nicht grosser Ferne grüssen noch Ber-
und zurück über Tanger und Spanien fotografisch
ninagruppe und Disgrazia. Dann kommen die Ber-
(mindestens dort, wo Fotografieren erlaubt war)
gamasker Alpen, rechts unten Lecco. (...) Wir sehen
und widmet seiner Frau eine spannende Reisebe-
in der Ferne einen dunklen Streifen, es ist das Meer.
schreibung, in welcher er detailliert über die atem-
Rechts liegt La Spezia, das nicht überflogen werden
beraubenden Eindrücke und auch die kritische po-
darf, links die gewaltigen Marmorbrüche von Car-
litische Situation in Algerien reflektiert. Hier
rara. Es ist ein merkwürdiges Gefühl zum ersten
Auszüge vom eher harzigen Start der Reise:
Mal über dem Meer zu fliegen …»
piz 55 : Sommer 2018
45
Für jeden Typ ein Wanderweg Wandern ist so beliebt wie nie zuvor. Vor allem jüngere Personen sind häufiger in den Bergen unterwegs. Auch Wanderleiter sind immer gefragter. Diese zeigen einem, wieso es sich lohnt, langsam unterwegs zu sein statt Höhenmeter zu jagen.
Text: Nina Rudnicki Fotos: Mayk Wendt
W
andern gehört zu den häufigsten Freizeit-
bei 50, zunehmend seien allerdings Jüngere auf den
kerung sind mindestens einmal pro Jahr
Wanderwegen unterwegs. Während es den einen
in der Natur unterwegs. Gemäss der aktuellen Bro-
vor allem um die sportliche Leistung gehe, stehe bei
schüre «Sport Schweiz» wandern 44 Prozent regel-
den meisten das Erleben von Natur, Kultur und
mässig. Im Jahr 2000 waren es erst 25 Prozent. Der
nicht zuletzt die Gesundheit im Vordergrund.
Boom hängt auch mit dem Angebot an Wanderwegen zusammen. Es gibt Kulinarik-Trails, anspruchs-
Profis ausbilden
volle Hochtouren, kurze oder mehrtägige Wande-
Die Natur- und Kulturliebhaber sind immer häufi-
rungen,
46
ner Wanderwege. Das Durchschnittsalter liege zwar
aktivitäten im Land. 95 Prozent der Bevöl-
Spaziergänge
durch
Wälder
über
ger mit Wanderleitern und -leiterinnen unterwegs.
Blumenwiesen oder verschneite Landschaften.
Diese erklären unter anderem die Pflanzen, die am
Und im Engadin sind gar neue Wege in Planung.
Wegrand wachsen, machen auf Tiere in der Umge-
«Die Zahlen sprechen für sich. Wandern ist im
bung aufmerksam oder gehen auf die Geschichte
Trend», sagt Paul Allemann, Geschäftsführer Bünd-
und Kultur der Talschaft ein.
piz 55 : Sommer 2018
Die Bündner Wanderwege bilden seit bald 30 Jah-
Gruppe den Wanderweg gefahrlos verlassen kann,
ren Wanderleiter aus und seit 2011 wird ein Kurs für
um auf einen Aussichtshügel am Wegrand zu stei-
Profis angeboten. Laut Allemann nehmen jährlich
gen. Die meisten seiner Gäste kommen aus Deutsch-
gut 20 Personen diese Ausbildung in Angriff.
land, England und den USA. Schweizer machen
«Wer braucht denn einen Wanderleiter? Das habe
den kleineren Teil aus. «Das liegt wohl daran, dass
ich mich früher auch gefragt», sagt Andrea Flori-
viele Schweizer sowieso schon intensive Wanderer
neth und lacht. Mittlerweile hat der 54-Jährige die
sind und sich gut auskennen.» Florineth hat sich
Ausbildung selbst absolviert. Während der Som-
auf das Thema Natur spezialisiert. Andere Wander-
mermonate ist er seither mit Gästen auf Engadiner
leiter konzentrieren sich beispielsweise auf Senio-
Wanderwegen unterwegs. Er stellt individuelle Tou-
renausflüge, Touren für Vogelkundler, mehrtägige
ren zusammen und sorgt für die Sicherheit. «Der
Wanderungen oder Ausflüge für Familien.
Hauptteil meines Jobs besteht aber darin, meinen Gästen jene Dinge zu zeigen, die sie sonst überse-
Mehr Jüngere sind unterwegs
hen würden», sagt er. Es komme nämlich vor, dass
Bevor Andrea Florineth Wanderleiter wurde, führte
die Gruppe bloss einen Meter neben einem Mur-
er ein Sportgeschäft in St. Moritz. Seit seiner Kind-
meltier vorbeilaufe und niemand bemerke es. Seine
heit ist er Bergsteiger und oft draussen unterwegs.
Augen sind hingegen geschult, er erkennt, wo sich
Er habe immer wieder darüber nachgedacht, Men-
Tiere aufhalten».
Internationale Kundschaft 350 bis 450 Franken pro Tag kostet es, Andrea Flo-
schen durch die Natur zu führen und sich schliesslich für die Ausbildung entschieden, «ausserdem befinde ich mich jetzt im besten Wanderalter». Auch er stellt fest, dass immer häufiger jüngere Per-
rineth als Wanderleiter zu buchen. «Das bezahlt na-
sonen unterwegs sind. Denen gehe es allerdings oft
türlich nicht jeder. Manchmal muss ich bei den
um Höhenmeter, darum, in möglichst guter Zeit
Preisen flexibel sein. Aber es gibt immer mehr Per-
den Gipfel zu erreichen. Von einem Boom will er
sonen, denen es etwas wert ist, mehr über ihre Um-
allerdings nicht sprechen. «Die Zahl der Wanderer
gebung zu erfahren», stellt er fest. Er kennt die Zu-
nimmt zwar zu, aber abseits der ausgetretenen
sammenhänge zwischen Pflanzen, Tieren und
Pfade gibt es noch viele Routen, auf denen ich tage-
Geologie. Und er weiss, an welchen Stellen seine
lang alleine unterwegs bin.»
→
piz 55 : Sommer 2018
Wanderleiter weisen auf Flora und Fauna, auf Natur und die Zusammenhänge hin, die sonst oft übersehen werden. V.l.n.r.: Unterwegs zwischen Val Sinestra nach Sent, im Nationalpark in der Val Cluozza oder von der Cluozzahütte zum Aussichtspunkt Murter.
47
Beliebte Wege
«Den Wandertrend spüre ich auch hier oben», sagt
Zu den bekanntesten Weitwanderwegen in Grau-
Michel Anrig. Nicht nur die Zahlen der Übernach-
bünden gehört laut Paul Allemann von den Bünd-
tungen, sondern auch jene der Tagesgäste hätten
ner Wanderwegen die Via Engiadina. Sie erstreckt
zugenommen. Und immer mehr seiner Gäste seien
sich über das gesamte Engadin und setzt sich aus
zwischen 20 und 30 Jahre alt. Früher seien diese
Panoramastrecken, Schluchten und Tälern, leich-
jungen Leute als Bergsteiger unterwegs gewesen.
ten Wegen, aber auch steilen Auf- und Abstiegen
Die Zahlen sind inzwischen so hoch, dass im Ge-
zusammen. Neuer, aber nicht weniger bekannt ist
biet sogar neue Wanderwege geplant werden. Einer
der Walserweg. Diese Route führt in 23 Etappen auf
von der Es-cha-Hütte hinüber Richtung Piz Belvair
den Spuren der Walser durch unbekannte Alpentä-
mit einem Abstieg zur Alp Belvair. Ein anderer als
ler, Kulturlandschaften und Siedlungen. Ein ande-
Verbindung zum nächsten Gipfel, dem Pizzet.
rer gut genutzter Weitwanderweg ist die Via Spluga.
48
Mit seinen rund 65 Kilometern liegt er auf der einst
Hüttenwart und Wanderleiter
wichtigen Handelsroute von Thusis ins italienische
Auch Michel Anrig war Bergsteiger. Aufgewachsen
Chiavenna. Auf diesen Routen wird ein Gepäck-
ist er in Goldach am Bodensee, doch seit seiner
transport-Service angeboten.
Kindheit sind die Berge seine Leidenschaft. Vor
Mehrtägige Touren sind im Trend
wart. In diesem Frühjahr hat er die Ausbildung zum
Auch mehrtägige Wanderungen werden immer be-
Wanderleiter abgeschlossen. «Das ist eine Ausbil-
zehn Jahren zog er ins Engadin und wurde Hütten-
liebter. «Früher wanderten viele morgens zu einer
dung, die zu einem 50-Jährigen passt», sagt er au-
Hütte hoch und nachmittags wieder hinunter.
genzwinkernd.
Heute sind Touren von Hütte zu Hütte angesagt»,
In der Zwischensaison ist er nun mit Gästen unter-
weiss Michel Anrig, der als Hüttenwart in der Es-
wegs. Dabei beschränkt er sich nicht aufs Engadin.
cha-Hütte arbeitet. Diese liegt auf 2594 Metern vor
Er bietet auch Wanderungen und Segelturns auf
dem Piz d’Es-cha (auf deutsch: Piz Kesch), dem
Gran Canaria und Mallorca an. Naturliebhaber
höchsten Berg im Albula-Gebiet. Von der Hütte aus
brauchen allerdings nicht weit zu reisen: «Das
können sowohl kleinere Wanderungen als auch an-
Schönste ist, wenn jemand – egal wo – die Zusam-
spruchsvolle Bergtouren unternommen werden.
menhänge von Natur und Umwelt versteht.»
piz 55 : Sommer 2018
I M M O B I L I E N & V E R WA L T U N G S A G N e u e Wo h n q u a l i t ä t i m E n g a d i n
R
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Der garstige Ritter von Zernez «Sagenhaftes Grischun – Vergessene Legenden aus Graubünden» heissen die zwei bisher erschienenen Bände aus dem Verlag Islandbooks. Sie halten lokale Sagen fest, die man sich seit Generationen weitererzählt – oft Geschichten mit ziemlich grausamem Inhalt.
D
ie Bauern von Zernez wurden von einem
nis zu entfernen. Die Zernezer kannten die Wild-
Nacherzählt von Silvio Hosang
selbstgefälligen und brutalen Ritter drang-
heit der Ur-Rätier und als sie hörten, dass diese im
Illustration: Gregor Gilg
saliert. Der stammte aus dem Etschtal und
Anmarsch waren, nahmen sie Reissaus.
kannte kein Erbarmen. Wer nicht das lieferte, was
***
von ihm gefordert war, landete im Verlies. Er scheute auch nicht davor zurück, Widersacher zur
Nicht nur die Sperren wurden von den Müstertaler
Abschreckung öffentlich zu hängen. Frauen und
Säumern kurz und klein geschlagen, auch die Söld-
Mädchen, die sich weigerten, mit ihm auf die Burg
ner, die den Wegzoll hätten kassieren sollen, wur-
zu gehen, liess er auspeitschen. All seine Unterta-
den vermöbelt.
nen lebten deshalb in Angst und Schrecken vor die-
***
sem Tyrannen. ***
Und dann peilten die Säumer die Burg an und arrestierten den Ritter mit seinen Familienmitglie-
Seine Feinde waren die Bewohner des nahen Dorfes
dern. Jede und jeden ersäuften sie im Inn mit den
Susch, am Fuss des Flüelapasses, sowie die Tschier-
Wörtern «Ihr wärt besser an der Etsch geblieben.»
ver aus dem Münstertal. Diese stammten von den
***
Ur-Rätiern ab und hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Sie erzwangen sich das Durchgangsrecht
Von nun an forderte niemand mehr von den Zerne-
durch Zernez und beriefen sich dabei auf alte, ewig
zern einen Zehnten ein. Die Dorfbewohner waren
geltende Rechte. Da dem Ritter von Zernez selbst
dermassen dankbar für ihre Befreiung vom Joch
keine Wegrechte zustanden, quetschte er das Letzte
des Ritters, dass fortan alle Säumer, die das Dorf
aus den Bauern heraus.
passierten, eine Vesper angeboten bekamen. ***
Eines Tages hatten alle den Eindruck, dass der Ritter nicht mehr richtig ticke, denn er liess an allen drei Dorfeingängen von seinen Untertanen Sperren errichten, um Zernez vom Durchgangsverkehr
QUELLE:
abzuschneiden. Die Untertanen mussten die Sper-
Sagenhaftes Grischun Vergessene Sagen und Legenden aus Graubünden
ren bewachen. Die Söldner beauftragte er, von den Säumern Durchgangszölle zu kassieren. ***
nacherzählt von Silvio Hosang, Band 2, S. 184–185
und Äxte mit sich führten, um allfällige umgekipp-
Buchidee, Konzept von Marc Philip Seidel. Erschienen im Verlag Islandbooks, Zürich/ Malans 2016.
ten, Bäume aus dem Weg zu räumen, griffen sie bei
www.sagenhafteschweiz.ch
Da die Säumer immer in grossen Truppen kamen
der Sperre nach den Werkzeugen, um das Hinder-
piz 55 : Sommer 2018
51
BUCHER Wanderwelt Müstair
Wunder des Lebens
Kinderabenteuer
Reprint eines Klassikers
Daniel Fleuti, Andrea Kippe: «Wander-
Martin Fontana: «Zwischen den Flügeln
Linard Bardill: «Furbaz e Lumpaz –
Josef Anton Kaiser: «Die Mineralquelle
welt Val Müstair», Rotpunktverlag,
der Zeit – denter las alas dil temps –
Tschireschas d’inviern», Chasa editura
zu Tarasp im Unter-Engadin», 1847, Re-
Fr. 38.–
Poesias | Gedichte», Somedia, Fr. 29.50
rumantscha, Fr.25.–
print, Forgotten Books, Fr. 40.50
Das Val Müstair ver-
Mit seinen romani-
«Jau vi tschare-
Die Tourismusver-
bindet das Engadin
schen Gedichten
schas», cloma Lu-
antwortlichen in
mit dem Südtiroler
und mit eigenen
mpaz. «Mo patgi-
Scuol setzen ver-
Vinschgau. Der regi-
deutschen Überset-
fic, l’enviern na
mehrt aufs Thema
onale Naturpark bie-
zungen führt uns
datti betg tschare-
Wasser. Da passt es
tet viel ungezähmte
Autor Martin Fon-
schas», respunda
gut, dass der Verlag
Natur und eine grosse Artenviel-
tana wie durch eine Gemäldegale-
Furbaz. Ma quai è a Lumpaz uschè
Forgotten Books Anfang 2018 ei-
falt. Hochalpine Landschaften fin-
rie der uns umgebenden Natur.
lung sco lad. El è in lader e vul
nen Reprint eines Klassikers von
det man dort ebenso wie mediter-
Dabei möchte er uns die Augen
tschareschas. E quai immediat.
1847 zu den Quellen von Tarasp
rane Vegetation. Dabei ist das
öffnen für die Schönheiten und
Laderschnuz e sapperluz! Las duas
herausgebracht hat. Der Autor, Jo-
sonnenverwöhnte Tal eine Wan-
verborgenen Wunder des Lebens,
figuras «Schlaui und Klaui» da
seph Anton Kaiser (1792–1853),
derwelt für alle Jahreszeiten. Das
an denen wir oft achtlos vorüber-
Linard Bardill discurran per lur
stammte aus dem St. Galler Rhein-
Welterbe Kloster St. Johann in
gehen. Bei vielen Gedichten
nova aventura er rumantsch!
tal und war Bade- und Stiftsarzt in
Müstair und die pittoresken Dör-
strahlt dabei etwas Befreiendes
Ils dus laders simpatics e be pauc
Pfäfers sowie Promotor des Kur-
fer, Kirchen und Burgruinen sind
und Hoffnungsvolles auf. Im
privlus van sin in viadi enturn
orts Bad Ragaz. Später wohnte er
die Attraktionen im Tal. Das Buch
zweiten Teil begegnen wir Men-
il mund ed enavos. La fortuna
in Chur und engagierte sich unter
enthält 20 Wanderungen, sechs
schen in ihrem oft so verschiede-
chatt’ins numnadamain savens
anderem im Bündner Armenwe-
Schneeschuhtouren und vier
nen Sein. Auch diese Verse lassen
pli manaivel cha pensà…
sen. Eine seiner zahlreichen bal-
Winterwanderungen und einen
uns innehalten und nachdenk-
neologischen Schriften widmete
ausführlichen Serviceteil.
lich werden.
er den Quellen von Tarasp.
Hochstapler
Bündner Schalk
Die vier Jahreszeiten
Bildband
Anna Hitz: «Der Schwindel», Zytglogge,
Flurin Caviezel: «Isch impfall wohr»,
Jürg P. Keller: «Logomumaints», mit
Simon Walther: «Bergüber», bestellen:
Fr. 26.–
Zytglogge, Fr. 29.–
CD, Eigenverlag
Benteli Verlag, Fr. 54.90
Jan hat gerade seinen
Flurin Caviezel ist
Der romanische
Gibt es Berge
Job in einem Zür-
«vu Pruaf luschtig»
Buchtitel «Logomu-
plötzlich dop-
cher Stundenhotel
(von Beruf lustig).
maints» ist eine
pelt? Warum
gekündigt und reist
Es ist also kein
sprachliche Neu-
stehen Gipfel
zu einem Bewer-
Wunder, dass seine
schöpfung, die
kopfüber? Der
bungsgespräch nach
«Gschichta» ebenso
übersetzt etwa so
Bildband
St. Moritz, wo er in einem Nobel-
unterhaltsam sind, wie sie glück-
viel heisst wie «Wort-Momente».
«Bergüber» zeigt 125 Farbaufnah-
hotel Karriere machen möchte.
lich machen. Wenn er kleine Be-
Oder anders ausgedrückt, «Augen-
men von Bergpanoramen, See-
Kaum angekommen, wird er mit
gebenheiten aus seinem Fundus
blicke in Worte gefasst». Dort, wo
spiegelungen und Wolkenspielen.
dem Multimilliardär Janusz Zak
erzählt, kann es vorkommen,
eine Fotografie eingrenzt und vor-
Dahinter steckt die Lust des Foto-
verwechselt. Er findet sich in der
dass er plötzlich auf grosse Fragen
gibt, wie etwas zu sein hat, über-
grafen, die Dinge auf den Kopf zu
Badewanne einer Luxussuite wie-
des Lebens stösst. Und uns
lässt es das Wort dem Einzelnen,
stellen, bis Schein und Wirklich-
der, wo ihn Natalia, die Freundin
manchmal als sprachaffiner Räto-
die eigene Interpretation, Vorstel-
keit miteinander spielen. Simon
des echten Janusz Zak, erwischt.
romane auch den Spiegel vorhält.
lungskraft und Farbgebung ins
Walther sucht akribisch nach
Sie macht Jan ein Angebot, das er
Immer mit einem Augenzwin-
Bild miteinzubeziehen. Der Ge-
neuen Sichtweisen und ausserge-
nicht ausschlagen kann. Der
kern, wohlgemerkt. Caviezel
dichtband nähert sich der rätoro-
wöhnlichen Blickwinkeln. Für
frisch gebackene Hochstapler er-
kann denn auch gerne behaupten
manischen Sprache. Die plakative
die Bilder seines Bandes wanderte
weist sich als Naturtalent. Doch
‹Isch impfall wohr›, zumindest
Internationalität kontrastiert be-
er während fünf Jahren mehr als
die Situation läuft immer mehr
bis sein regelmässig zitierter Kol-
wusst mit dem stark einge-
70’000 Höhenmeter durch die
aus dem Ruder. Anna Hitz' Erst-
lege Niculin Wind davon be-
schränkten Sprach- und Kultur-
Schweizer Alpen. Oft mitten in
lingswerk ist eine wendungsrei-
kommt. Der liebenswürdige Bes-
raum des Romanischen Idioms
der Nacht, um bei Sonnenauf-
che Hochstaplergeschichte,
serwisser stellt nämlich gerne
Puter. Die Gedichte wurden auf
gang die Kamera am richtigen
leichtfüssig erzählt.
alles auf den Kopf.
Englisch oder Deutsch verfasst.
Ort positionieren zu können.
52
piz 55 : Sommer 2018
BUCHER Die Proteste von damals
Auf den Spuren der Berühmten
Die gerettete Seenlandschaft
Sagahafts Grischun
Werner Caviezel: «68er-Bewegung in
Ingrid Isrmann (Hrsg.): «Engadin – Auf
Erwin Bundi: «Entwicklung und Schutz
Hörbuch: Silvio Hosang, gesprochen
Graubünden. Erinnerungen und
den Spuren von Giacometti, Segantini und
der Oberengadiner Seenlandschaft»,
von Gian Rupf: «Sagahafts Grischun»
Erlebnisse», Verlag Desertina, Fr. 38.–
Nietzsche», Somedia, Fr. 25.–
Somedia Buchverlag, Fr. 45.–
(Mundart), Islandbooks, Fr. 29.–
Die 1968er-Bewe-
Eine Hommage
Heute ist es unbe-
Die in dieser
gung hat die Nach-
an das Engadin,
stritten: Die Ober-
piz-Ausgabe
kriegszeit nachhal-
an die Magie
engadiner Seen-
vorgestellte
tig verändert, ein
und Philoso-
landschaft ist
Sage vom
bisschen auch in
phie einer
einzigartig und
garstigen Rit-
Graubünden. Au-
Landschaft mit
schützenswert.
ter ist eine
tor Werner Caviezel, selbst 68er
Fotos, Gedichten und Geschich-
Doch hier fanden jahrzehntelang
der vielen Geschichten, die Verle-
an vorderster Front, geht auf
ten. Das Buch präsentiert poe-
Auseinandersetzungen statt.
ger Marc Philip Seidel und der
Spurensuche. Mitgestaltet und
tische Streifzüge und Impres-
Daraus sind ab Ende des 19. Jahr-
Nacherzähler Silvio Hosang in
mitkommentiert von 31 seiner
sionen lichtvoller Kultorte in
hunderts bedeutende Schutz-
den zwei Bünden «Sagenhaftes
Weggefährten – darunter Engadi-
Graubünden, Natur und Kultur,
vereinigungen hervorgegangen,
Grischun» publiziert haben. Ei-
ner Persönlichkeiten wie Clà
Museen und Hoteltipps. Wir
die in die Raumplanung ein-
nige der Sagen gibt es auch als
Riatsch oder Romedi Arquint –
wandeln auf den Spuren von Gia-
geflossen sind. Das Buch stellt die
Hörbuch. Gian Rupf liest im
rekonstruiert er Ereignisse. Zur
cometti, Segantini und
Entwicklung und den Schutz
Bündner Dialekt die teils graus-
Sprache kommen der Protest
Nietzsche: Drei Visionäre und
des Oberengadins während der
ligen, teils brutalen mittelalterli-
gegen den Schah von Persien, der
eine Ode an die Freundschaft.
letzten zweihundert Jahre dar
chen Geschichten vor und
in St. Moritz zu den Stargästen
Mit Beiträgen von Stefan Zweifel,
und zeigt aktuelle Probleme und
entführt uns als Zuhörer in eine
gehörte, die Olympia-Kämpfe oder
Beat Stutzer, Hans Ulrich Obrist,
deren Lösungen auf. Ausser-
fremde Welt, in der Ängste,
die Entstehung des Bildungs-
Daniele Muscionico, Leta Sema-
dem kommen 18 Zeitzeugen aus
Nöte und Fantasien der Sennen
zentrums Salecina in Maloja.
deni, Leo Tuor u.a.
der Region zu Wort.
und Hirten den Ton angaben.
Künstlerpaare
Musikschulen
Kunst im öffentlichen Raum
Bibi Vaplan
Gisela Kuoni: «Künstlerpaare», Tardis
Div. Autoren: «Bündner Jahrbuch 2018
Maya Lalive: «Soulscapes and Land-
CD – Bibi Vaplan: «Cler cler», R-tunes,
Verlag, Fr. 18.–
– Scala 8» Tardis Verlag, Fr.26.–
marks», Somedia, Fr. 49.–
Bestellen: liarumantscha.ch, Fr. 25.–
Künstlerpaare
Das Bündner
Diese Kunstpubli-
Bibi Vaplan
oder Gemein-
Jahrbuch widmet
kation macht
(alias Bianca
schaften von
sich in seiner
Maya Lalives
Mayer) ist
künstlerisch täti-
jüngsten Nummer
Schaffen zugäng-
die, die lang-
gen Personen hat
den Musikschulen
lich, das mit Ris-
sam geht, die
es schon immer
im Kanton und
sen und Umbrü-
mit den stil-
gegeben. Gewandelt hat sich die
stellt sechs der insgesamt zwanzig
chen auf dem persönlichen
len Tönen in rätoromanischem
Art der Zusammenarbeit. Sie ist
Institutionen vor. Die Sing- und
Lebensweg seinen Anfang nahm
Moll. Nein: Die mit der Punkmu-
vielfältiger geworden, die Mög-
Musikschulen gehören zu den
und 2016 in der Intervention
sik. Oder doch die mit den elekt-
lichkeiten gegenseitiger Inspirati-
grossen Gewinnern des neuen
«Der Riss / La Fessura» an der Al-
ronischen Klängen? Die mit den
on sind heute weitaus breiter ge-
kantonalen Kulturförderungsge-
bigna-Staumauer im Bergell sei-
eigenartig tiefgründigen Gedich-
streut, Austausch wird
setzes. Vorgestellt wird unter an-
nen bisherigen Höhepunkt fand.
ten. Mit dem neuen Album «Cler
grenzüberschreitend praktiziert.
derem die Scuola da musica En-
Mit der temporären Installation
cler» (klar, klar) öffnet sich die
Individuelle Begabungen, Nei-
giadina Bassa/Val Müstair. Die
eines 140 Meter hohen Bildwerks
ungewöhnliche Klangwelt von
gungen, Möglichkeiten, Vorbilder
Autoren beleuchten die Grün-
hat sie ein monumentales Werk
Bibi Vaplan weiter. Sie ist viel-
sind auch heute der Hintergrund
dung, ihre Tätigkeit sowie den
geschaffen, das international Re-
schichtiger, komplexer, melodi-
dafür, dass Künstler/innen sich
Beitrag der Musikschulen an die
sonanz auslöste. «Soulscapes and
scher geworden und bleibt doch
zusammenschliessen oder für
musikalische Förderung von Kin-
Landmarks» zeigt die Spannweite
unverwechselbar die Engadiner
ihre Paarbeziehung. Das Buch
dern und Jugendlichen. Ausser-
ihrer künstlerischen Tätigkeit:
Künstlerin. Mit ihren Songs ist sie
präsentiert Bündner Künstler-
dem zeigt das Jahrbuch eine ta-
vom vertieften, meditativen Blick
regelmässig am Radio zu hören
paare, die ihre Zusammenarbeit
bellarische Übersicht über
auf Seelenlandschaften in ihrer
und ihre expressive Musik
in verschiedener Weise realisiert
sämtliche Sing- und Musikschu-
Malerei bis zu grossformatigen
brachte sie bis in Konzertsäle im
haben und weiter realisieren.
len des Kantons.
Interventionen.
Libanon.
piz 55 : Sommer 2018
53
PIZZERIA St. Moritz behält seine Buchhandlung Im Frühling kam die Hiobsbotschaft von der Besitzer-
Hotels Laudinella & Reine Victoria, St. Moritz-Bad, Sommerprogramm 2018 Details und Ergänzungen: www.laudinella.ch und www.reine-victoria.ch
16.6.
Peter Sue & Marc, 20.30 h
ritz jahrzehntelang die Das Geschäft rentiere nicht
29.6.
Crashkurs Comic-Zeichnen, 14 h
3.7.
Apéro-Jazz-Konzert mit dem Stefanie
4.7.
schlossen. Doch dann kam die Rettung: Schuler Bücher aus Chur führt Wega als
13.7.
bereits Erfahrung mit dem Buchsortiment in Tourismusgebieten, so Schuler.
8.9.
Abschlusskonzert Meisterkurs für Klavier,
Roman «Land der Söhne», 20.30 h 20.30 h 9.9.
Jazz@Reine Victoria, Silk & Sound,
Guidon lesen aus ihren Werken auf
20.30 h
Romanisch und Deutsch, 17.30 h
Abschlusskonzert Kurswoche für Alphorn-
14.9.
St. Moritz Bad, 17 h
23.9.
mit Szenen aus dem Film von Stanley 26.9.
Moderation: Marina U. Fuchs, 20.30 h
16./17.8. Apéro-Jazz-Konzert mit dem Githe 10.10.
Abschlusskonzert des Symphonic Brass
lesen aus ihren neusten Veröffentlichun-
12.10.
Konzert Blockflötenensemble-Kurs, 17 h
gen, 20.30 h
19.10.
Orchesterwoche im goldenen Engadi-
20.10.
Schweizer Jugend- Sinfonieorchester,
Christensen Quintett, 17.30 h
Project, 20.30 h
Angelika Overath und Manfred Koch
ner Herbst, 20.30 h
22.–25.8. Liedfestspiele Engadin 2.9.
Das Engadin leben: Dario Cadonau erzählt seine persönliche Geschichte.
Diner mit Arien. Anmeldung bis 20.7.
21.8.
Table d’hôte: Kulinarischer Kinoabend Tucci und Campell Scott, 18.30 h
St. Moritz, 10.30–11.30 h «The best of 20 Jahre Opera St. Moritz»,
Jazz@Reine Victoria mit dem Yumi Ito Orchestra, 20.30 h
21.–25.7. Morgenkonzerte des Salonorchesters 21.7.
Litteratura rumantscha: Flurina Badel, Attilio Bivetti, Fadrina Hofmann, Jacques
bläser in der katholischen Kirche St. Karl,
Filiale weiter. Man habe mit dem Geschäft in Davos
Milena Moser liest aus ihrem neuen
Egger Quartett, 17.30 h
mehr und werde nach mehreren Verlustjahren ge-
6.9.
Musik, Tanz und Gesang von Abba und
familie Guyer, die in St. MoBuchhandlung Wega betrieb:
Musical-Theater «Hans im Glück» mit
Eröffnungskonzert Meisterkurs für Klavier,
öffentliche Generalprobe, 19.30 h
20.30 h
Ein Architektenleben
Bergsturz verändert die Pflanzenwelt
Im März dieses Jahres ist Röbi Obrist, der St. Morit-
Der Bergsturz im Bergell veränderte nicht nur die
zer Architekt und Planer, im Alter von 81 Jahren
Landschaft massiv, er hat auch grossen Einfluss auf
gestorben. Er war ein Baukünstler mit politischem
die Pflanzenwelt. Naturschützer warnen vor dem
Engagement, denn er wusste, dass Architektur
Überhandnehmen des Sommerflieders, der schon
mehr ist als Bauten erstellen. Obrist hatte sich er-
in der italienischen Nachbarschaft stark verbreitet
folgreich gegen Unvernunft aller Art gestellt: Das
ist. Er gilt aber als «Neophyt», als nicht-heimische
Eine der Auszeichnungen für
alte Spital Samedan wäre ohne ihn abgerissen, und
Pflanze. Weil der Sommerflieder sandige Böden
Gutes Bauen in Graubünden
er hat sich um die Zukunft des Flughafens Same-
liebt, werde er im Bergsturzmaterial rund um Bon-
2017 geht ans Ovaverva Hal-
dan gekümmert. Legendär waren seine Leserbriefe
do ideale Bedingungen vorfinden. Vor allem auf
lenbad St. Moritz. Das weisse
für die Baukultur und gegen Spekulation. Er küm-
dem Schuttberg in der Ebene von Caltüra werde er
«Tempelbad» zeige eine ein-
merte sich als Ortsplaner vieler Bündner Gemein-
einheimische Pflanzen verdrängen. Pro Natura Ber-
prägsame architektonische
den um die landschaftliche und soziale Umgebung.
gell empfahl deshalb, die Entwicklung genau zu
Architekturpreis fürs Ovaverva
Gestaltung, sei aber dank seiner geringen Höhe zurückhaltender als die alten Prunkbauten in der Nachbarschaft. Von innen schweift der Blick aus den Schwimmhallen in die weite Landschaft, lobt die Jury. Sie hat insgesamt sechs Auszeichnungen und acht Anerkennungen vergeben – keine weiteren aber ins Engadin oder in die Südtäler.
54
Er veröffentlichte schon
beobachten. Die Gemeinde hat ihrerseits ein Neo-
1987
zusammen
mit
phyten-Konzept in Auftrag gegeben. Zwar wurde
Silva
Semadeni
und
im Gebiet Caltüra zuerst der Humus abgetragen,
Diego
Giovanoli
das
bevor dort das Bergsturz-
Buch «Construir-Bauen-
material aufgehäuft wur-
Costruire»
Bestan-
de, doch ob die Deponie
desaufnahme mit einer
jetzt schon mit diesem
kritischen
als
Betrachtung
Humus überdeckt wer-
der baulichen Entwick-
den soll, ist unklar, denn
lung im Engadin und
es wird noch mehr Berg-
den Südtälern.
sturzmaterial erwartet.
piz 55 : Sommer 2018
PIZZERIA Kulturprogramm Palazzo Salis, Soglio, Sommerprogramm 2018 Details und Ergänzungen: www.edizione-palazzo-salis.ch
Ganze Saison: Kunstinstallation von Corina Bezzola: Sicht der Dinge 7.7.
«Soglio, die reinste Poesie», Hörbuchpräsentation mit Michael Krüger und Doris Wolters (mit Essen)
Piz Amalia Music Festival
21.7.
Anlässlich der Taufe von Prinzessin Amalia, Kronprinzessin der Niederlande im Jahre 2004, haben die Gemeinde Scuol und die regionale Tourismusorganisation einen namenlosen Berg nach der Prinzessin benannt. Die Taufe des Piz Amalia war ein Zeichen der engen Freundschaft zwischen der Schweiz und den Niederlanden. Im Sinne dieser Verbindung findet jeweils im Herbst rund um den Piz Amalia ein Nachwuchs-Music-Festival statt. Studierende des Königlichen Konservatoriums in Den Haag spielen zusammen mit dem PreCollege Musik der Zürcher Hochschule sowie des Gymna-
3.8.
Filme von Urs Frey auf der Piazza Soglio.
ordentlicher Professor für Rätoromanische Literatur und Kultur an der Universität
scola da Soi» gezeigt, 21 h
Zürich. Er stammt aus Zuoz
Stiller Has. Openair-Konzert auf der
und studierte vergleichende
Piazza Soglio, 21 h
romanische Sprachwissen-
Lesung mit Pedro Lenz (mit Essen)
19.–22.8. Schreibwerkstatt mit Pedro Lenz Gletscher im Treibhaus – das alpine Eis und die Klimaerwärmung. Vortrag von Wolfgang Zängl, 21 h
schaft, rätoromanische Sprach- und Literaturwissenschaft an der Uni Zürich und löst dort seinen Lehrer Clà Riatsch ab, der in Pension geht. Rico Valär hat sich intensiv mit der Geschichte der vierten Landessprache befasst und auch für piz
siums Rämibühl Zürich Konzerte an besonderen Plätzen. Das diesjährige Festival findet vom 14. bis
auf Anfang August ausser-
chers werden «Revoluziun» und «La
schaftler Dariusz Szymanski
31.8.
Rico Franc Valär (*1981) wird
Zum zehnten Todestag des Filmema-
10.–12.8. Klassik-Akademie mit dem Musikwissen18.8.
piz Autor ist Romanischprofessor
dazu mehrere Texte verfasst.
16. September statt. Mehr Infos: www.pizamalia.ch.
Origen in der Reithalle St. Moritz
Konzerte:
Die Theatergruppe Origen zeigt im Juli und August
14.9. in der Kirche S-charl, 17 h
«Sacre de Printemps» mit dem Tänzer Sergei Polu-
15.9. in Nairs, Zentrum für Gegenwartskunst, 20 h
nin in der denkmalgeschützten St. Moritzer Reit-
16.9. im Hotel Belvédère, Scuol, 11 h
halle. Das Gebäude mit dem auffälligen Walmdach
Er war zuletzt Mitarbeiter beim Bundesamt für Kultur und im rätoromanischen Fernsehen, wo er in der Sendung «Cuntrasts discurs» Menschen interviewt.
am südlichen Ende des Sees war während fünf Jahren geschlossen, weil die Dachkonstruktion im
Mountainbike-Schule im Münstertal «Ride La Val» nennt sich
Winter mit der Schneelast einsturzgefährdet ist. Nun soll die Halle aber denkmalpflegerisch saniert und zu einem Eventlokal mit Restaurationsbetrieb
das Angebot, das sich an
werden. Die Tanzaufführungen werden zeigen,
Mou nta in-Biker innen
ob sie sich für kulturelle Veranstaltungen eignet.
und -Biker richtet. Im
Origens Thema ist diesen Sommer Russland und
Münstertal haben vier
da passt der Ort gut. Von der Reithalle St. Moritz
junge Einheimische ein
geht die Legende, dass sie von der russischen Grä-
Kurszentrum aufgebaut
fin Orlow finanziert wurde. Und auch der russische
und bieten sportlichen
Tänzer Vaslav Nijinsky hat in St. Moritz gelebt.
Erwachsenen und Jugendlichen Kurse und Touren an. Dafür stehen allein im Münstertal rund hundert Kilometer Trails zur Verfügung. Die vier Initianten versuchen, sich mit den Kursen eine Lebensgrundlage zu schaffen, und erledigen alles selbst – vom konkreten Unterricht und der Tourenführung bis zum Marketing. Die Trail-Schule arbeitet mit Hotels im Tal und mit dem lokalen Shuttledienst Romex zusammen. Auch Touren mit
Programm Origen
E-Bikes werden angeboten. www.ridelaval.com
www.origen.ch
piz 55 : Sommer 2018
55
PIZZERIA Plattner & Plattner Art Gallery, Pontresina
Essen und Produzenten im Bild Sylvan Müller, 1973 in Luzern geboren, lebt in seiner Fotografie seine grosse Passion: das Essen und
20. Juli – 20. Oktober 2018
Trinken und die Geschichten, die es darüber zu
Vernissage: 20. Juli, 18 h
erzählen gibt. In der Sommerausstellung «Helden»
Künstlergespräch: 22. September
kombiniert Müller die Porträts der Produzenten in einer Art Ahnengalerie mit einer Porträtserie autochthoner Tierrassen aus dem Alpenraum. Zusätzlich präsentiert er schwere, dunkle Stillleben aus dem Buch «Das kulinarische Erbe der Alpen». Bei der Fotoauswahl begegnen sich Bauern, Wollschweine und Würste auf wenigen Metern.
Art Textil Sent
Art Textil Sent
Die Textilkunstgalerie in Sent startet eine neue
www.beatrice-lanter.ch bis 24. Juni täglich 12 – 18 h,
Runde. Nachdem in den vergangenen Ausstellun-
montags geschlossen.
gen meist bewährte, seit vielen Jahren erfolgreiche Künstlerinnen gezeigt wurden, werden in Zukunft auch Neuentdeckungen zu sehen sein. Bis zum 24. Juni sind zuerst noch einmal Werke von Beatrice Lanter zu bestaunen. Sie arbeitet mit kleinteiligen Unistoffen und verwendet diese auf der Vorder- oder Rückseite. So entstehen interessante Farbenspiele und sie wirken dreidimensional.
Fundaziun Nairs, Scuol, Sommerprogramm 2018 Frauenporträts Der in Zürich beheimatete
Details und Ergänzungen: www.nairs.ch/programm
22.6.
Porträtkünstler Christian
Vernissage der Ausstellungen «Nairas –
Scuol-Lai Nair-Tarasp-Nairs. 12 – 18 h.
Mare e Monti» und «Common Affairs»,
Anmeldung bis am Vortag 13 Uhr.
mit Performance Minimalereien, 18 h;
Scholz begibt sich 2019 auf rinnen. Er möchte Frauen aus
resp. 30.9. («Common Affairs»); Führun-
verschiedenen Altersgruppen
gen jeweils FR, 18 h: 6.7./20.7./3.8./17.8./
fotografieren. Er hat früher bereits Künstler aus dem Engadin portraitiert, darunter Giovanni Pedretti und Not
7.9./21.9./5.10./19.10. 23.6.
ten, die in vergleichbarer
6.7. 27.7.
ger Kamera in Schwarzweiss.
4.8.
Frauen, die sich angesprochen fühlen, sind aufgerufen, sich bei Christian Scholz zu melden: c.scholz@bluewin.ch
56
21.9.
10.8.
Vom Umgang mit Künstler_innenNachlässen, 19.30 h
28.9.
Kunstpädagogische Workshops mit Alexa Giger, auf Anmeldung (auch am 1.10.)
29.9.
Machöas – LitteraturA Nairs, 10 – 20.30 h
www.world-crafts.org
6.10.
Curraint d’ajer – Vernissage und Tag der offenen Ateliers, 14 – 18 h
Künstlerinnengespräch 13.10.
Theater: Der Dorfladen 20 h
täglich
Lichtinstallationen
Dis da Jazz und Sommerfest zum Jubiläum ab 15 h
haben. Er arbeitet mit analo-
Piz Amalia Music Festival, 20 h, Reservation per Mail an info@engadin.com
Christof Rösch; Anmeldung unter
«Common Affairs», 18 Uhr
Landschaft fotografisch herauszuarbeiten versucht
15.9.
und Sgraffito mit Joannes Wetzel und
in der Tradition der Porträtis-
Konzert Leo Bachmann und Judy Dunaway, 20 h
Konzert Minimalereien, 20 h
29./30.6. World Crafts Exkursion – Handwerk Kalk
Vital. Er sieht sein Projekt
Form das Spezielle einer
14.9.
Dauer bis 28.10. («Nairas»),
die Spuren von Engadine-
Konzert mill’feuille – ensemble viceversa,
«FREMD – ARBEIT – GAST – ZIMMER»
20 h
von Yeb Wiersma und
Himmelsleiter 8 – Kirchen, Klänge, Worte.
«Büvetta Tarasp» von Men Duri Arquint,
Architekturwanderung:
ca. 19 – 22 h
piz 55 : Sommer 2018
PIZZERIA Wechsel bei der pizInseratebetreuung
Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Sommerprogramm 2018 Details und Ergänzungen: www.waldhaus-sils.ch
22.6. 25.6.
Buchpräsentation «Zwischen-Orte in
13.8.
«Le tragique destin des Romanov (Pierre
Seit vielen Jahren hat Edmund Deck die piz-Inse-
Graubünden» von Thomas Barfuss
Gilliard, treize années à la cour de
renten betreut und An-
Angelika Overath liest aus «Der Blinde
Russie)». Film und Vortrag auf Französisch
zeigen verkauft. Damit hat er
und der Elephant»
17.8.
Jazz mit dem Martin Dahanukar Trio
das Erscheinen des Maga-
Kommentiertes Welte-Mignon-Konzert.
27.8.
«Sigmund Freud und Martha Bernays –
zins über all die Jahren tat-
Ein Briefwechsel»
kräftig unterstützt. Mit
Auf den Spuren des Bergsturzes von
einem herzlichen Merci sagen
Gespräche über religiöse Gedichte mit
Plurs 1618. Kultureller und kulinarischer
wir ihm jetzt adieu. Neu
Rudolf Lutz und Niklaus Peter
Ausflug mit Chasper Pult und Felix
2.7.
«Was reif in diesen Zeilen steht», Lyrik
Dietrich.
6.7.
Adolf Ogi: «Von Kandersteg über Bern
27.6.
(auch 11.7., 6.8. und 2.9.) 1.–7.7.
«Du meine Seele singe». Chorsingen und
29.8.
1.9.
Màgia de la veu & Jazz Ensemble»
nach New York und zurück» 9.7.
«Engadin St. Moritz – Ein Tal schreibt
7.9.
«Sprachsprünge» mit Manfred Koch, Leo Tuor und Mirella Carbone
Geschichten». Annette Wunsch liest aus dem Buch von Cordula Seger und
Jazz aus Barcelona: Joan Chamorro, «La
10.9.
tive Media aus Scuol und Affoltern a.A. mit den pizAnzeigekunden in Verbindung setzen. Dazu gehören Markus Mehr, Styn Haueter und Nico Marquard.
Boogie Woogie, Blues und Swing mit dem Silvan Zingg Trio
Bettina Plattner-Gerber «Wiener Fetzen». Lesung und Musik.
16.–22.9. Internationales Kulturfest Resonanzen
17./20.7. Philosophische Abendgespräche mit
19.9.–12.10. SRF2-Kulturclub: Fünf je viertägige
16.7.
wird sich ein Team von Crea-
Leserunden für Mitglieder des SRF2-
Markus Huber und Martin Kunz
Kulturclubs
23.7.
«Gott/X». Die Zukunft des ganz Anderen.
22.7.
Commedia: Origen gastiert im Waldhaus.
12.10.
Philipp Gut: «Champagner mit Churchill».
24.7.
«Nietzsches Musik». Konzert
15.10.
Alain Claude Sulzer liest aus «Die Jugend
27.7.
Daniel Kehlmann liest aus «Tyll»
9.8.
Klavierrezital Per Lundberg mit Werken
ist ein fremdes Land» 19.10.
Jürg Kienberger und Jeroen Engelsman:
von Brahms, Schumann und Wilhelm
«Ich bin zum Glück zu zweit» im
Stenhammar
Schulhaus Sils
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Landschaft schützen Gerade in touristisch intensiv genutzten Regionen wie Südbünden gilt es der Landschaft, der wichtigsten Attraktion für die Feriengäste, Sorge zu tragen. Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat deshalb auch immer wieder ein wachsames Auge im Engadin. So konnte sie erreichen, dass die geplante
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Umfahrung von La Punt weniger wuchtig ausfallen wird: Auf eine Deponie in einer Schutzzone und auf den Kreisel unmittelbar vor dem geschützten Ortsbild wird verzichtet. Die neue Innbrücke zwischen La Punt und Madulain wurde ebenfalls umgeplant. – Die Stiftung Landschaftsschutz hat sich auch beim Bau des Kalkofens in Sur En/Sent engagiert, der auf eine Initiative des Kulturzentrums Nairs zurückgeht. Viele frühere Projekte sind inzwischen abgeschlossen. Darunter der Schutz und Pflegepläne für die Terrassenlandschaften von Tschlin, Ramosch, Ardez und Soglio. Auch im Münstertal, im Fextal und im Bergell war die Stiftung erfolgreich.
piz 55 : Sommer 2018
57
VORSCHAU / PREVISTA
IMPRESSUM
Sicherheit | Sgürezza
Herausgeberin | editura
Nach Sicherheit streben wir immer. Im psychologischen wie im ma teriellen Sinn. Doch absolute Sicherheit wird es nie geben. Der Berg sturz von Bondo ist dafür nur ein Beispiel. In den Bergen stellt sich die Frage, was Sicherheit kosten darf, schärfer als im Unterland. Die Bevölkerung geht hier aber auch etwas gelassener mit Naturgefahren um, denn alle wissen, dass es sie gibt. Und doch bleibt ein Gefühl der Angst zurück, wenn es oben am Berg grollt und rumpelt, wenn die Lawinen zu Tal donnern. Mit solchen Naturgefahren muss auch die hoch versicherte Schweiz le ben. Und bei all den verschiede
© shutterstock / TunedIn by Westend61
nen Policen, für die wir Prämien
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Sotchà 215 D, 7550 Scuol / Gseckstrasse 20, 8707 Uetikon am See Tel. +41 (0)79 610 48 04, famos@famosbuero.ch, www.pizmagazin.ch Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats Creative Media GmbH, +41 (0)43 322 60 30, piz@c-media.ch Markus Mehr, Nico Marquard, Styn Haueter Sotchà 215 D, 7550 Scuol / Zürichstrasse 135, 8910 Affoltern a. A. Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein
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Helen Gysin, Uster Copyright FAMOS, Verlag & Kommunikation
Druck | stampa Swissprinters, 4800 Zofingen
Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd
Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Walter A. Büchi, *1945, Historiker, Publizist und Erwachsenen bildner, St. Gallen
www.pizmagazin.ch
Sina Bühler, *1976, freie Journalistin im Pressebüro St. Gallen,
Nr. 55, Sommer | Stà 2018.
buehler@pressebuero-sg.ch
Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 20 000 Ex.
Donat Caduff, *1982, Graphic Designer, Kunstschaffender, visuel ler Gestalter, Fotograf und Zeichner in Zürich, www.donatcaduff.ch
Distribution: piz liegt in der Region Südbünden in Hotels und Ferienwohnun
Marina U. Fuchs, *1953, Kulturjournalistin und Publizistin, Zuoz,
gen, in Restaurants, Tourismusbüros, Banken, Bahnhöfen, Arzt
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praxen, vielen Geschäften und weiteren öffentlich zugänglichen
Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und ComicZeichner,
Orten auf. Bei Bedarf können jederzeit Hefte nachbestellt werden.
Bern, www.malepiwo.ch Thomas Kaiser, *1979, Inhaber des Kultur und Kommunikations
Abonnemente: Magazin piz – FAMOS, Verlag & Kommunikation
Sotchà 215 D, 7550 Scuol
büros Wortwert, www.wortwert.ch Dora Lardelli, *1953, Kunsthistorikerin, Präsidentin des
famos@famosbuero.ch
Kulturarchivs Oberengadin in Samedan
Zweijahresabonnement: Fr. 55.– (exkl. Versandkosten und Mehr
Daniel Lüthi, *1958, Journalist, Buchautor und Kommunikations
wertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Mona
spezialist, Bern, www.dlkommunikation.ch
ten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert
Julian Reich, *1982, Texter, Journalist und Kulturfachstellenleiter
es sich automatisch um zwei Jahre. info@editionpiz.ch
in Sils i.D., www.julianreich.ch Nina Rudnicki, *1985, freie Journalistin im Pressebüro St. Gallen,
Nächste Ausgabe: Dezember 2018 Für unverlangt eingesandtes Text, Bild und Tonmaterial über
rudnicki@pressebuero-sg.ch
nimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugs
Peter Surber, *1957, Redaktor des St. Galler Kulturmagazins
weise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.
«Saiten», www.saiten.ch Mayk Wendt, *1982, Fotograf, Scuol, www.maykwendt.com
58
piz 55 : Sommer 2018
Jetzt 4 Jahre piz abonnieren und freie Fahrt durch Graubünden geniessen! * Uossa abunar 4 ons e giodair ün viadi liber tras il chantun Grischun.
«Ja, ich abonniere! » | « Schi, eu abunesch!» piz für vier Jahre: acht Ausgaben für 110 Franken ** Die ersten 20 Abonnenten erhalten als Geschenk je eine Tageskarte für die freie Fahrt auf dem Netz der Rhätischen Bahn. piz per quatter ons: ot ediziuns per 110 francs ** Ils prüms 20 abunents regalaina üna carta dal di da la viafier retica. piz für zwei Jahre: vier Ausgaben für 55 Franken ** piz per duos ons, quatter ediziuns per 55 francs ** Name, Vorname | nom, prenom
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ALPS D'ENGIADINA