ADAM the Climber

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the Climber

Pietro Dal Pra und Adam Ondra

2024 © VERSANTE SUD S.r.l.

Via Rosso di San Secondo, 1 – Milano, Italien

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung. Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Aus dem Italienischen übersetzt von Alba Lucia Neder

Erste Ausgabe: Mai 2024

www.versantesud.it

ISBN: 978 88 55471 688

PIETRO DAL PRA und ADAM ONDRA ADAM

The Climber

Aus dem Italienischen übersetzt von Alba Lucia Neder

INHALTSVERZEICHNIS

Vorworte 07

Einleitung 11

DIE ERSTEN ZEHN JAHRE

Madagaskar. Adam ist ganz schön hart 17

WoGü. Zu Ehren der Kletterlegende 31

Hotel Supramonte. Leichtfüßig unterwegs 47

Die Eltern und der Kommunismus 55

Die Kinder 67

Der kleine Adam verliebt sich 79

Die Grade gelten im Onsight 99

Silbergeier. Es wird hoch geflogen 117

2008. Der Super-Trip 135

DIE WETTKÄMPFE

Der Übergang vom Spiel zu mehr 151

WM und Weltcup 2009. Das Debüt 161 Boulderweltcup 171

Volljährig

Freud und Leid der Weltmeister

Der Kreis schließt sich

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

I DO IT MY WAY

La Dura Dura. Der Stab wird weitergereicht

Flatanger. Den Weg selbst zu suchen ist anders

Der Allround-Kletterer

The Dawn Wall. Eine neue Ära

The Sound of Silence

Grenzenlos Klettern

Die Zeit vergeht

Danksagung

VOR w ORT VON ERRI DE LUCA

Ich kenne Pietro schon lange und ich habe auch den Protagonisten des Buches kennengelernt. Mit seinen Eltern kletterte er an den Überhängen der Grotta dell’Arenauta, zwischen Gaeta und Sperlonga. Das war mein Lieblingsplatz, und dieser zarte kleine Junge, noch keine zehn Jahre alt, kletterte Linien, die für sein Alter bis dahin undenkbar gewesen waren.

Und heute: Adam Ondra ist der beste aller Felskletterer. Abgesehen von seiner Liste extremer Leistungen, an die nur wenige andere herankommen, hält er den Rekord für die schwierigste Route der Welt, die bisher nur von ihm geklettert wurde.

In einer Granithöhle in Norwegen hat er die unglaubliche Linie entdeckt und selbst eingebohrt, um sie dann freizuklettern. Unter Freiklettern versteht man, dass zur Fortbewegung nur Griffe am Fels benutzt werden, während die angebrachten Sicherungen nur dazu dienen, einen Sturz ins Leere zu verhindern.

An einem Tag im September 2017 kletterte Adam Ondra diese Linie, die nur ihm selbst möglich war, von unten bis oben, ohne zu stürzen. Ein Sturz macht den Versuch zunichte und man muss von vorn beginnen.

Er nannte seine Route Silence. Der Schwierigkeitsgrad, den es vorher nicht gab, ist 9c.

Es gibt Weltrekorde von Athleten, die jahrzehntelang nicht übertroffen werden, wie der Hochsprung des Kubaners Sotomayor von 2,45 m. Ich weiß nicht, wie lange Ondras Rekord bestehen bleiben wird, aber ich habe den Verdacht, dass beim Klettern die Grenze des Nonplusultra erreicht ist.

Pietro Dal Pra schildert das Leben und die Errungenschaften dieses Phänomens, von der Kindheit bis zum Höhepunkt seiner Karriere. Er schreibt mit einer detailgetreuen Präzision, die auch diejenigen eher fasziniert als ablenkt, die keine Ahnung von Griffen haben oder von den Verrenkungen, die nötig sind, um sie festzuhalten.

Jedes Kapitel ist eine neue Geschichte, eine neue Erfahrung und ein neues Abenteuer: andere Umgebungen, andere Menschen und das Anpassen an die unterschiedlichsten Oberflächen. Auch ohne ein Verständnis von Geologie

versteht man, dass Felswände sich in ihrer Beschaffenheit und Konsistenz unterscheiden und dadurch verschiedene Techniken und Trainingsweisen erfordern.

Obwohl man als Leser weiß, dass die Heldentaten gelingen werden, schlägt die Erzählung mit ihrem Crescendo in den Bann: Pietro hat ein Gespür für das Drehbuch. Er schreibt Szenen eines Films und erzählt so auf bestmögliche Weise die Wirklichkeit: Die Reise mit ihren Etappen, ihren Misserfolgen, ihrer Mühsal zählt mehr als die Ankunft, als das Erreichen des Ziels.

Sein Werk wird durch die Betrachtungen von Adam Ondra bereichert. Durch sie wird die spektakuläre Geschichte eines Menschen, der in der Kunst des Kletterns das Absolute geschaffen hat, aus dessen eigenem Blickwinkel vervollständigt.

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

VOR w ORT VON PIETRO DAL PRA UND ADAM ONDRA

Ring, ring.

– Pronto, ciao Adam.

– Ciao Pierin, tutto bene?

– Tutto bene. Hör mal, wichtiger Anruf: Vor drei Tagen wurde ich gefragt, ob ich deine Biografie schreiben will, ich wollte eigentlich nein sagen, aber ich habe mir Zeit gelassen. Wir wären zu zweit im Boot... was meinst du?

– Wahnsinn!

– Ja... Wahnsinn, warte, das ist eine Menge Arbeit. Da es hier um dich geht, sollte ich mein Bestes geben, aber ich weiß nicht einmal, ob ich dazu in der Lage bin, ich bin ja auch kein Schriftsteller. Auch du müsstest da Zeit reinstecken und du weißt, die hast du nie.

– Ja, aber ich würde mich total freuen, wenn du das machen würdest. Wenn du sie nicht schreibst, wer soll sie dann schreiben, irgendein Journalist, der gar nicht klettert und mich nicht kennt?

– Okay, vielleicht bin ich ein bisschen faul, aber ich weiß nicht, ob ich so viel Lust habe, mich monatelang an den Schreibtisch zu setzen. Das wäre eine schwierige Sache für mich. Aber trotzdem natürlich, mich mal an so etwas zu versuchen... das reizt mich. Da kann ich wohl nicht nein sagen.

– Genau, siehst du, du hast dir schon selbst geantwortet…

– Ja! Ich wusste, dass du das sagst, aber puhhh…

– Komm. Es ist einfach zu gut, wir müssen es machen! Überleg mal, wie sehr sich die Kletterwelt verändert, die ganz Jungen wissen gar nicht mehr, wie sie entstanden ist. Es könnte was Wichtiges für die Zukunft sein, in dreißig Jahren können die Leute, die mit dem Klettern anfangen, es vielleicht lesen und sagen: »Unglaublich... war das wirklich so?«

– Ja, das stimmt, deine Geschichte ist auch ein Zeitzeugenbericht und ein Schatz, den wir nicht verlieren dürfen, der nicht ohne roten Faden verstreut im Netz herumliegen sollte. Okay, lass uns anfangen, aber du wirst mir eine Menge helfen müssen, mir einiges erzählen, und nicht nur über die Routen, die du geklettert bist, die kennt man ja schon. Ich will über dich schreiben,

übers Klettern und, großes Wort, auch über die Werte, für die du stehst. Das wird länger dauern, kein Onsight, sondern alles fein ausgebouldert. Und du weißt, dass ich fürs Ausbouldern noch nie Geduld hatte.

– Okay, aber es wird trotzdem eine schöne Route! Das Wichtigste ist, dass wir nur die Wahrheit schreiben: keine geschlagenen Griffe!

– Ach, damit ein gutes Buch dabei herauskommt, muss ich nichts erfinden, das Entscheidende ist, dass wir das Gefühl rüberbringen, oder zumindest ein bisschen…

Voilà: Am Ende dieses Abenteuers hoffen wir, dass es uns gelungen ist.

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM
Pietro Dal Pra und Adam Ondra

EINLEITUN g VON ADAM ONDRA

Das Klettern hat sich stark verändert seit den Tagen, als ich damit angefangen habe. Mit dem Kletterhallen-Boom ist es heute fast zu einer Mainstream-Disziplin geworden, bei der Leistungs- und Sicherheitsaspekte im Vordergrund stehen. Es hat sich von einem Nischendasein zu einem Massensport entwickelt und es sogar zur Olympiade geschafft. In der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, war Klettern jedoch noch eine ganz andere Sache. In der Schule wussten meine Klassenkameraden noch nicht mal, was das war, wenn ich ihnen erzählte, dass ich das machte, dass ich kletterte.

Kletterer pflegten einen anderen Lebensstil, hatten andere Werte und eine andere Mentalität.

Sowohl Pietro als auch ich haben den Eindruck, dass viele der Aspekte des Kletterns, die wir schätzen und lieben, bald verloren gehen könnten. Unwiderruflich. Es gehört zur Sache dazu.

Das Klettern verändert sich, die Zeiten ändern sich, wir selbst gehören, obwohl wir (beide!) noch sehr jung sind, auch nicht zur gleichen Altersgruppe. Aber wir haben die Hoffnung, dass wir durch dieses Buch und meine Erzählungen aus der Senkrechten noch vielen Leuten unsere Werte und unsere Vision vom Klettern nahebringen können.

Pierin ist ein großartiger Kletterpartner und Freund und ein unglaublicher Mensch. Der Altersunterschied zwischen uns hat nie wirklich eine Rolle gespielt. Ich kenne ihn, seit ich vierzehn bin und vom ersten Moment an, als wir uns zum Klettern zusammenfanden, waren wir absolut im Einklang miteinander.

Ich wusste, dass ich später einmal so sein würde wie er, dass ich so denken würde wie er. Das hoffte ich zumindest. Und auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob Idol hier das richtige Wort ist, war ich immer sehr froh, Pietro als einen Freund betrachten zu können, und stolz darauf, dass auch er mich so sah.

Heute, fast zwanzig Jahre später, ist meine Ähnlichkeit mit Pietro fast Wirklichkeit. Ich trinke Kaffee wie er, ich nehme nicht nur Müsliriegel mit, wenn ich weiß, dass ich den ganzen Tag in der Wand verbringen werde und meine

Hände sind so groß wie seine, zumindest fast. Pietro hat inzwischen ein paar graue Haare bekommen. Und bei mir fehlt auch nicht mehr viel. Aber vor allem habe ich das Gefühl, dass wir ganz ähnlich denken.

Ich hätte mir niemand Passenderen vorstellen können als ihn, um ein Buch über mein Leben zu schreiben, über das Klettern und die Einstellung dazu, die Vision, die möglicherweise gerade im Begriff ist, zu verschwinden.

Keineswegs eine leichte Aufgabe für Pietro, dem ich mein vollstes Vertrauen schenke. Das gleiche Vertrauen, das ich ihm bei meinen ersten Bigwall-Touren entgegenbrachte, als ich noch keine Ahnung davon hatte, wie man in dieser Umgebung sichert (nicht, dass ich heute Profi wäre. Ich klettere lieber, als mit dem Seil zu hantieren).

Ich finde es außerdem toll, dass Pietro als Autor und nicht als Ghostwriter geschrieben hat. Er hat meine Geschichte und mein Leben genau so geschildert, wie ich es formuliert hätte und auch einen Teil seiner selbst in diese Seiten einfließen lassen. Und das ist schön, denn Pietro ist ein Teil meiner Lebensgeschichte, indirekt und direkt: Er hat einen erheblichen Einfluss auf mich als Kletterer gehabt und war mein Seilpartner bei einigen der entscheidendsten Unternehmungen meines Lebens.

Pietro begann sehr früh mit dem Klettern. So wie ich. Auch er war ein »Wunderkind«, das in einem bislang undenkbaren Alter sehr schwere Begehungen hinlegte. Seine Erstbegehung von Mare Allucinante (8b+) gelang ihm 1987, im Alter von sechzehn Jahren. Er kam mit der vom Vater vererbten alpinen Ausbildung in den Klettergarten und verschrieb sich dem Sportklettern zu einer Zeit, als es noch in den Anfängen steckte und es noch nicht einmal Wettkämpfe gab. Als ich mit dem Klettern anfing, hatte sich das Sportklettern bereits etabliert. Aber wenngleich meine vertikalen Ursprünge im Klettergarten und in der Halle liegen, so hat der Einfluss meiner Eltern, versierte Alpinisten, meinen Werdegang sehr stark geprägt. Und auch wenn der Begriff Sport bereits im Namen unserer Disziplin enthalten war, hatte er damals eine ganz andere Bedeutung als die, die wir ihm heute zuordnen.

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM
In Madagaskar. Foto: Pietro Dal Pra

DIE ERSTEN ZEHN JAHRE

Pietro und Adam am Stand in Tough Enough, Ostwand des Karambony, Tsaranoro-Massiv, Madagaskar.
Foto: Pietro Dal Pra

MADA g AS k AR. ADAM IST g ANZ SCH ö N HART

Die Wand neigt sich zurück, wir binden uns noch nicht einmal aus und, immer noch in den Seilen verheddert, hetzen wir auf allen Vieren über die letzten Felsaufschwünge, die uns zum höchsten Punkt des Berges bringen. Dort, am Gipfel des Karambony, eine zufriedene, glückliche Umarmung, und endlich bleiben wir stehen, und halten inne. Schweigend sitzen wir auf dem Turm aus Granit, der Blick schweift über die Anhöhen und Ebenen eines wunderbaren Madagaskars.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich Adam mit diesem Blick dasitzen sehe, sanft und intensiv zugleich, in dem Augenblick nach der Tour. Nicht alle betrachten auf diese Weise die Dinge. Es ist ein Blick mit halb geschlossenen Augen, um die Schönheit der Umgebung und des Erlebten zu filtern und zu sammeln; eine Schönheit, die man noch tiefer spürt, wenn man gerade auf der Höhe seiner Fähigkeiten ist. Die halb geöffneten Augen, die ein Stück von dem mitnehmen, was Worte nicht beschreiben können und am Horizont schon etwas anderes gewahren.

Ein weiterer Traum hat uns hierhergeführt: einer der vielen, die sich um

eine zu kletternde Wand drehen. Diesmal eine Wand von einzigartiger Schönheit. Es fällt schwer, sich ein senkrechtes Stück Fels auszumalen, das schöner ist als die Ostwand des Karambony.

Wenn man an ihrem Fuße steht, verschlägt es einem den Atem. Vierhundert Meter glatter Granit, der bei genauerem Hinsehen gar nicht wirklich senkrecht ist, sondern gewellt, wie ein sanft wehendes Tuch. In reicher Pracht fließen die Farben von oben herab. Ohne klare Grenzen wechseln sie von Orange zu Braun zu Schwarz. Viele Streifen sind von Flechten überzogen, leuchtendes Grün, wie auf den Fels gesprüht. Fantastisch.

In den großzügigeren Falten in der Mitte dieses Prachtstücks gelang es 2005 dem Deutschen Daniel Gebel und Gefährten, die Wand in einem Mix aus freier und technischer Kletterei von unten zu bezwingen. Sie hinterließen eine absolut elegante Linie von hoher Schwierigkeit, der sie einen provokanten, reizenden Namen gaben: Tough Enough

Zwei Jahre später kam François Legrand, Kletterpapst aus der Zeit um die Jahrtausendwende, und versuchte als Erster, die Linie frei zu klettern, aber mehr als die Hälfte der Route blieb offen.

Arnaud Petit, Stéphanie Bodet, Sylvain Millet und Laurent Triay sind hervorragende Kletterer aus meiner Generation, ich kenne sie und schätze sie. Als begeisterte Kletterer und Afrika-Fans begeben sie sich auf eine wahrhaftige Expedition mit dem Ziel, die Route frei zu klettern. Sie versehen die Wand mit Fixseilen und jeder von ihnen nimmt verschiedene Seillängen in Angriff. Sie versuchen es wieder und wieder, aber eine Länge erweist sich als zu schwierig, vielleicht sogar als unmöglich. Glücklicherweise gelingt es Sylvain Millet beim Abseilen von oben, eine schwächere Linie linkerhand zu finden; er richtet sie ein und so entsteht eine Umgehung des Originals, um auf diese Weise die gesamte Wand frei klettern zu können.

Die Schwierigkeiten sind beträchtlich, aber die Vier geben nicht auf und im Laufe eines Monats erreichen sie ihr Ziel. Sie klettern an den Fixseilen hoch und runter oder seilen sich von oben ab, um die einzelnen Standplätze zu erreichen und schaffen es schließlich, alle zehn Seillängen frei zu klettern.

So zeigen sie der Welt, dass Tough Enough theoretisch durch einen einzigen Kletterer in einem Durchlauf von unten bis oben kletterbar ist. Sie zeichnen ein Topo und die Zahlen sind zukunftsweisend: Von zehn Seillängen sind nur zwei im 7. französischen Grad und fünf zwischen 8b und 8c. In der beschaulichen Gemeinde der Top-Kletterer beginnt sich eine Legende zu verbreiten.

Die Gruppe veröffentlicht ein Video ihres Trips und ich sehe die abgefahrenen Bilder dieses Tals, dieser Wand, dieser Kletterei. Gerne würde ich mir ein

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solches Projekt erträumen, in dieser rundherum wunderbaren Umgebung, aber ich bin realistisch: Gerade da unten sind diese Grade für mich extrem hart.

Ich habe jedoch einen Freund, für den andere Maßstäbe gelten. Ich denke, das würde ihm gefallen, und rufe ihn an.

Ein paar Monate später treffe ich Adam am Flughafen in Paris; er kommt gerade von einem Weltcup in Bürs und muss in drei Wochen beim nächsten in Slowenien sein. Ich wiederum entsage diesen Herbst Sardinien, aber wir sehen es aus dem Flugzeug von oben und siehe da, wir können die Schlucht von Gorropu ausmachen, wo wir das letzte Mal zusammen klettern waren. Normalerweise wäre ich jetzt dort, es ist für mich ein Zuhause. Etwas melancholisch schaue ich hinab, aber ich freue mich darauf, Madagaskar zu entdecken: Ich habe gehört, es solle das Sardinien von Afrika sein.

Am Flughafen kommt uns der Vertreter einer Sponsoringfirma von Adam abholen, er nimmt uns mit zu sich nach Hause und am folgenden Tag mit auf den Markt von Antananarivo, ein Fest von lauter für uns neuen Farben und Düften. Dann beladen wir seinen Jeep, was einem Tetris an Gepäckstücken gleicht und machen uns auf den Weg nach Fianarantzoa, wo wir uns nochmal mit Lebensmitteln versorgen, bevor wir in das abgelegene Tsaranoro-Tal fahren.

Der Ort ist fabelhaft, licht, offen, die Wände rein und aufrichtiger Natur, sie scheinen nichts zu verstecken. Aber als der Jeep in der Ferne verschwindet, fühle ich mich für einen Augenblick allein. Allein mit diesem Sack an Verantwortung, den ich bereits bei anderer Gelegenheit auf den Schultern gespürt habe, als ich mit Adam unterwegs war. Wir sind zu zweit, am Fuße riesiger Wände in einem abgelegenen Tal in Madagaskar, ohne Handy und ohne die Möglichkeit, Hilfe zu rufen. Ich bin neununddreißig Jahre alt, seit achtzehn Jahren Bergführer, und mit dabei ist Adam: siebzehn Jahre, ein schier unglaubliches Klettertalent, aber völlig unbedarft, was all die Kenntnisse angeht, die man braucht, um sich in einer Bigwall zu bewegen. Es hängt von mir ab. Wenn ihm etwas passieren sollte, dann stecke ich ihn in meinen Rucksack und trage ihn runter, so wie Renato Casarotto es einmal zu mir gesagt hat, als ich noch ein Kind war. Andersherum darf es nicht sein.

Wir schlagen unser Lager auf dem einzigen Campingplatz auf und am nächsten Morgen stehen wir bereits am Wandfuß. Ich merke, dass es meinen Partner in den Fingern juckt. Ich will ihm einen guten ersten Versuch ermöglichen, aber ich kann nicht gleichzeitig mit ihm hochklettern, seine Kletterei effizient managen und die ganze Ausrüstung für mehrere Tage und Nächte in

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

Oben, Abendessen in Madagaskar.

Seitlich, Adam ruht sich auf dem Portaledge aus, Ostwand des Karambony, Tsaranoro-Tal, Madagaskar.

Foto: Pietro Dal Pra

In Silbergeier im Rätikon.
Foto: Eva Ondrova

SILBER g EIER. ES w IRD

HOCH g EFLO g EN

Das Sportklettern in der Tschechoslowakei entsteht und entwickelt sich an einem ganz bestimmten Ort, dem Moravský Kras. Der Mährische Karst ist ein Kalksteingebiet ein paar Dutzend Kilometer von Brno entfernt.

Bis zum Ende der sechziger Jahre spielte sich im Osten das Klettern hauptsächlich im Sandstein ab, in Adršpach. Dort machten sowohl die Ethik als auch die Natur des Gesteins das Klettern zu weit mehr als einem Sport. Die Werte, die dort galten, vermischten sich mit denen des Alpinismus, aus dem es hervorgegangen war und der Faktor Risiko, die Angst und der erforderliche Mut waren unzertrennlich mit der Kletterei verknüpft.

Aber in den Achtzigern weichte sich auch in der Tschechoslowakei die Einstellung vieler Kletterer etwas auf, sie wünschten sich einen sportlicheren Ansatz, wo man sich der reinen Kletterschwierigkeit widmen konnte, ohne die Gefahr, sich zu verletzen oder gar umzubringen. Mit der Zeit zog es viele junge Kletterer zum Kalkstein des Moravský Kras, auch von den Nachrichten und Bildern beeinflusst, die aus dem noch weit entfernten Westen eintrafen. Und im Übergang vom Sandstein zum Kalk brachte die lokale Bewegung eine gewisse Strenge mit sich.

Im Mährischen Karst kommen deren »Zutaten« deutlich zur Geltung: Der Kalk hat eine feine Körnung und wird nach wenigen Begehungen glatt, der Fels ist schwer zu lesen und die Bewegungen sind sehr komplex, die Grade sind überaus streng und die Bohrhaken, auch wenn sie erstmals von oben kommend gesetzt wurden, liegen weit auseinander.

Dort kletterten Eva und Bokula, als der kleine Adam noch am Wandfuß spielte. Und in diesem Gebiet begann er mit Klettern und verbrachte dort den Großteil seiner ersten Felstage. Die Ernsthaftigkeit eines Gebiets hat zwei Effekte: Zum einen wird man besser, wenn man in komplizierten, schwierigen Routen zu klettern anfängt, zum anderen ist man bei einer geringen Bohrhakendichte gezwungen, mit den eigenen Emotionen zurechtzukommen und zu lernen, sie in eine sinnvolle Richtung zu lenken. All das geschieht exponentiell, wenn man als Kind damit anfängt, und umso mehr bei Adam, der den Tick hatte, alles onsighten zu wollen.

Schon von klein auf steckt er übertrieben tief in seiner Leidenschaft, er hat schon immer eine Sammlernatur. Von Beginn an, aber auch später als Erwachsener, ist er vielerorts fixiert darauf, die komplette Routenliste gesamter Sektoren abhaken zu müssen.

Im Moravský Kras versteht er schnell, dass es hier anders ist, schwieriger als in allen anderen Gebieten.

So überträgt er die Seiten des dortigen Führers in ein extra Büchlein, das nur jenen Felsen gewidmet ist, wo er es nie schaffen wird, alle Routen in der Liste abzuhaken. Für dieses Büchlein benutzt er eine besondere Farbe, um die Schwierigkeiten hervorzuheben, die in der DNA der tschechischen Kletterei verankert sind, noch so sehr von ihren ursprünglichen Werten beherrscht. Und bis heute benutzt er nur diese eine Farbe, um das Notizbuch mit den seltenen Begehungen von Routen zu ergänzen, die es ihm zu erschließen gelingt. Seit er fünfzehn ist, hat er in der Gegend etwa zwanzig Routen über 8c erstbegangen (mährische Grade, nur eine ist wiederholt worden) und gelegentlich tut sich noch eine neue Überraschung auf.

Im Jahr 2022 gehe ich Adam besuchen und er nimmt mich zu einigen dieser Felsen mit, keine allzu großen Sektoren, aber mit wirklich harten Routen, welcher Grad auch immer dransteht. Nach einem Tag, an dem ich seine Ungeheuerlichkeiten zu sehen bekomme, inklusive Vasil Vasil, einer 9b+, deren Schlüsselpassage drei, vier Meter lang ist und mit der er sechs Jahre zugebracht hat, fahren wir nach Holštejn, einer wunderschönen Wand mit grauem Fels, die mich direkt an den Verdon erinnert. Dort befindet sich die erste 8b+ der

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

Tschechischen Republik, später aufgewertet zu 8c, ’92 vom sympathischen Tomáš Pilka eingebohrt und freigeklettert, jener Seilgefährte von Bokula, den ich als Jugendlicher kennengelernt hatte. Nach einer 7a mit vier Bohrhaken auf zwanzig Metern, in der ich ordentlich hecheln und schnaufen muss, lehne ich dankend den Vorschlag ab, als Erster in die Route links daneben einzusteigen, einen halben Grad schwerer, mit einem deutlichen Runout und einem nicht gerade vertrauenserweckenden Namen: Testament. Das Seil hängt vom gemeinsamen Stand herab und ich bin so klug, es nicht abzuziehen: Es hängt da, um es so zu benutzen. Adam, der gerade eine Ruhephase hat, ist nicht zum Klettern dort, aber hat seine Schuhe dabei, und während ich mir ein paar Minuten gönne, um wieder zu Kräften zu kommen, bindet er sich ein, um eine lockere Runde in der 7a+ mit dem beunruhigenden Namen zu drehen.

Er spaziert durch die ersten Meter, aber auf der Hälfte, bei der kleinen Traverse nach rechts, wo man im Vorstieg ein paar Meter über dem letzten Haken, aber nicht genügend Meter über dem Boden wäre, sehe ich ihn ein paar lächerliche Griffe abtasten: Er muss überlegen. Nachdem er das richtige abgespeckte Trittlein gefunden hat, will er es belasten, aber auf einmal rutscht der Fuß und er hängt im Seil. 7a+…

Ich lasse ihn ab und wir lachen herzlich, seit ein paar Jahren ist ihm das nicht passiert und er erzählt es mir belustigt.

– Siehst du, das ist der Moravský Kras!

Dann schaut er nach oben und fährt lächelnd fort, – Wenn ich daran denke, dass mein Vater mich das hat vorsteigen lassen, als ich elf war…

Ich wusste, dass Adam das Ergebnis einer Synthese ist, der durch das Zusammenspiel verschiedener glücklicher Faktoren zu dem Kletterer wurde, der er ist, wobei Engagement und Hingabe noch vor dem Talent und vielen anderen stehen. Aber dieser hier hatte in meinem Puzzle gefehlt, einer der wichtigsten: Von Kindesbeinen an war das hier sein zweites Zuhause. Im Grunde hatte er die gleiche Atmosphäre eingeatmet wie ich an meinem Hausfels Lumignano. Aber auch jenseits der Kletterei veränderte sich in Tschechien alles gut fünfundzwanzig Jahre später als bei uns im Westen; und in Adams Ausbildung, nicht nur der sportlichen, finde ich so viele Bildungsmerkmale wieder, die bei uns in den siebziger Jahren gängig waren. Ich vermute, dass auch das einer der begünstigenden Faktoren war, die ihn zu dem haben werden lassen, was er ist.

Im Mährischen Karst verbrachte er ganze Tage mit den Eltern und deren Freunden; ein Ambiente, das seine Wurzeln in einer Alpinkultur festigte. Fasziniert lauschte er epischen Geschichten und Erlebnissen einer jungen

I DO IT MY WAY

In der sechsten Länge der Dawn Wall. Foto: Heinz Zak
La Dura Dura 9b+, Oliana. Foto: Bernardo Giménez

LA DURA DURA. DER STAB w IRD w EITERg EREICHT

Winter 2011-2012, Adam ist im letzten Jahr am Gymnasium, das Abitur wartet auf ihn und wie immer stattet er im Februar Katalonien einen Besuch ab, wo sich immer noch die Spitzenkletterer tummeln. Im vergangenen Frühjahr war die Routenausbeute gut. In wenigen Monaten ist er neben einer Reihe von 8c+ Onsights außerdem vier 9b’s in sehr kurzer Zeit geklettert. Es ist sein maximaler Grad und auch das aktuelle Ende der Schwierigkeitsskala. Adam will darüber hinaus, aber er weiß nicht, wohin er den Blick richten soll, es gibt nichts, was 9b+ ist. Bis hierher hat er immer Routen wiederholt, die andere eingebohrt hatten, wo es zumindest eine Schätzung des Schwierigkeitsgrades gab. Um seine sportlichen Ziele zu erreichen, hat er viel geben und zielstrebig trainieren müssen, um so stark zu werden, aber er musste sich noch nie selbst den Weg durch eine unberührte Wand suchen, wo er seine eigenen Träume verwirklichen kann. Er musste noch nie für den nächsten Grad eine neue Route erfinden. Auf gewisse Art wurde ihm immer der vorgekochte Brei serviert, wenn er Linien kletterte, die andere bereits gezogen hatten. Und diese anderen haben einen Namen: Chris Sharma.

Wenn Adam die Gegenwart des Kletterns ist und die Zukunft verheißt, dann ist Chris, zwölf Jahre älter, schon seit vielen Jahren eine Legende. Er ist es, der seit Beginn des Jahrtausends die Schwierigkeitsskala nach oben schiebt und zwei Grade draufgelegt hat: die 9a+, mit Biographie 2002 in Céüse und die 9b mit Jumbo Love 2008 in Clark Mountain, Kalifornien.

Der Amerikaner, der seit längerer Zeit in Katalonien lebt, erkennt sich im europäischen Charakter wieder und fühlt sich besonders in Spanien heimisch, wo er so viel Fels hat, wie er sich nur wünschen kann und der Lebensrhythmus ihm zusagt. Er ist ein entspannter, offener Typ mit etwas mysteriösem Blick, sanftmütig und ruhig. Er hat sich mit orientalischen Philosophien und Praktiken befasst und scheint seelenruhig und gelassen durchs Leben zu treiben, als würde ihn vieles nicht berühren, was um ihn herum geschieht.

Auch er war seinerzeit ein Wunderkind. Ich erinnere mich daran, wie ich ihn eines Morgens im Mai ’96 beim Bouldern im Camp 4 im Yosemite sah. Er war unglaublich stark und am meisten beeindruckte mich sein innovativer Kletterstil, so essenziell und schnell für die damalige Epoche. Das Klettern veränderte sich, und Jahre später würde Adam die Kunst noch weiter verfeinern, sich knapp, zügig und aufs Nötigste reduziert zu bewegen: unabdingbar für die neuen Grade. Mit fünfzehn war Chris damals schon die schwierigsten Routen der Vereinigten Staaten geklettert, ihm blieb nichts mehr. Boone Speed, der seit einem Jahrzehnt der örtliche Schwierigkeitsguru war, hatte ihm eine Route empfohlen, die er eingebohrt hatte, aber für ihn zu schwer war. Chris versuchte sie, stieg sie nach kurzer Zeit durch und Necessary Evil wurde zum neuen Testpiece des Landes. Boone Speed hatte seine Sache gut gemacht.

Fünfzehn Jahre später, beim ersten Spanientrip im Winter 2012, trifft Adam Chris am Wandfuß in Oliana. Die beiden schätzen sich gegenseitig, Chris hat immer noch die Szene vor Augen, wo Adam am Tag seines fünfzehnten Geburtstags Santa Linya regelrecht auseinandergenommen hat. Chris ist dreißig, und seit einem Jahrzehnt treibt er die hohen Grade voran. Schon seit einer Weile verspürt er nicht mehr so sehr den Drang, noch weiter zu gehen. Es ist herausfordernd, immer derjenige zu sein, der die Messlatte höher legt.

Gerade als »Anführer« zieht man oft allein den Karren, und vor einem neuen Grad steht neben den physischen und psychischen Schranken, die es zu überwinden gilt, auch die langwierige Suche nach der richtigen Route: ein Stückchen schwerer als die anderen, aber gerade noch kletterbar. Dieses

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

Stückchen ist eine Unbekannte, die tausend Überraschungen bereithalten kann. Es erfordert Hingabe, Geduld, ein bisschen Glück und endlos viel Energie: eben die des Zugpferds.

Chris versucht es schon sein Leben lang, er kennt den Preis, im Zentrum der Kletterwelt zu stehen und vielleicht ist seine innere Antriebskraft etwas ins Wanken geraten. Während er schon seit zehn Jahren immer im höchsten Grad unterwegs ist, seinem eigenen, so hat Adam diesen erst seit zwei Jahren angekratzt, auf dem Weg, den andere bereits für ihn geebnet haben. Und während der mittlerweile erwachsene und etwas gesetzte Amerikaner einen Anreiz braucht, um sich zu pushen, so benötigt Adam mit seiner überfließenden Energie jemanden, der ihm den Weg zu neuen Ideen zeigt.

2008 hatte Chris an einem jungfräulichen Fels in Oliana die schönste, logischste Linie eingebohrt, genau durch die Mitte, wo eine einzige graue Kalkader zum Boden herabfloss. Rechts und links davon verloren sich die anderen schönen Streifen wenige Meter über dem Boden in einem Band aus mittelprächtigem orangem Gestein. Nachdem er die Linie geputzt und den ein oder anderen Griff mit Kunstharz verstärkt hatte, hatte er sie über ein paar Tage versucht, aber schnell aufgegeben.

Schade, es war die King Line der Wand, aber dieses Monster schien gar zu hart, jenseits seiner Möglichkeiten.

Als sie sich am Wandfuß über den Weg laufen, reden sie natürlich über Kletterprojekte, und Chris wird klar, dass Adam eigentlich keine konkreten hat. Er schaut ihn an, betrachtet die Wand und zeigt auf die Linie, die schönste. – Hier, schau dir diese mal an, für mich ist sie zu krass.

Jetzt ist er Boone Speed, der ein neues Ziel verteilt: eine schöne, bedeutungsvolle Geste, die unter Spitzenkletterern nicht selbstverständlich ist.

Nicht viele sind dazu in der Lage, man muss sich mit seinem Ego angefreundet haben und darüber hinausgewachsen sein. Ich war schon hin und weg, als Beat Adam seine WoGü vermacht hatte, und Chris beeindruckt mich noch mehr, denn er steht immer noch oben auf dem Wellenkamm und gilt seit Jahren als König des Kletterns.

Der junge Tscheche lässt es sich nicht zweimal sagen, sogleich nimmt er sich die überhängende Wand mit den unmöglichen Griffen vor und schon am ersten Tag gelingen ihm alle Züge. Ja, die Route ist möglich und sie scheint noch nicht mal allzu schwer, das sollte keine lange Geschichte werden. Aber Adam unterschätzt die geballte Intensität der Einzelzüge und die Tatsache, dass es fast keine Ruhepunkte gibt; die Wand hängt gleichförmig über und lässt nie nach.

Oben, The Dawn Wall. Fünfter Tag: Adam jubelt nach der 14. Seillänge. Foto: Heinz Zak

Links, The Dawn Wall. Adams Hände am sechsten Tag. Foto: Heinz Zak

Gegenüberliegende Seite, Silence 9c, Flatanger, Norwegen. Foto: Bernardo Giménez

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

DANKSAGUNG

Seit vielen Jahren, seit meinem Abitur habe ich nicht mehr so viel am Schreibtisch gesessen und mich so sehr in eine geistige Tätigkeit vertieft.

Es ist mir schwergefallen, aber wie bei allen schwierigen Aufgaben, für die es eine gute Motivation gibt, bin ich froh, es getan zu haben.

Wenn man schreibt, ist man allein, so wie beim Klettern. Aber wenn man über jemanden und für jemanden schreibt, ist man auch bei ihm, wie wenn man als Seilschaft verbunden ist.

Deshalb gilt mein Dank an erster Stelle Adam. Nach so vielen Jahren, seit der Zeit, in der ich ihn in ein paar Routen begleitet habe, hatte ich das Gefühl, wieder mit ihm in der Wand zu sein. Und dieses Mal kam es mir eher vor, als würde ich vorsteigen und er mich sichern.

Ich möchte auch den anderen danken, die mich vom Wandfuß aus unterstützt haben: vor allem Eva und Bokula, Adams Eltern, die mir von ihrem Leben während des Kommunismus und mit den kleinen Kindern erzählt haben. Danke auch an die Schwester Kristýna, die mir von ihrem kleinen Bruder erzählt hat.

Vielen Dank an Luca Calvi, der mir versichert hat, dass ich in der richtigen Route bin und mich nicht fürchten muss, weiterzugehen. Großer Dank gebührt auch meiner Schwester Elena, einer literarischen Übersetzerin, die das ganze Buch Korrektur gelesen und mir nützliche Ratschläge zur Gestaltung gegeben hat, sowie Filippo Romoli, einem Kletterfreund und einem außergewöhnlich feinfühligen Menschen, der mir immer seine verbindliche Meinung zu dem gegeben hat, was ich schreibe.

Besonders möchte ich auch Erri De Luca dafür danken, dass er diese Seiten gelesen und seine Zeilen geschrieben hat: Nie hätte ich vor dreißig Jahren, als ich ihn noch nicht kannte und seine Bücher liebend gern verschlang, gedacht, dass all das eines Tages geschehen würde.

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

GLOSSAR

ABSICHERUNG

Bohrhaken, Schlaghaken, Friend, Schlinge oder sonstiges Sicherungsmittel, das einen Sturz halten soll bzw. die Gesamtheit derer. Je besser die Absicherung, desto geringer das Risiko von weiten Stürzen.

ABWERTEN

Nach der Wiederholung einer Route einen leichteren Grad als den bis dato angegebenen vorschlagen. In der Regel geschieht das, wenn ein Kletterer eine leichtere Lösung für die Schlüsselstelle gefunden hat.

AUFSTELLEN

Das Greifen eines Griffs mit aufgestellten Fingern, indem man den Daumen über die Spitze des Zeigefingers legt.

BAND

Stufe oder Terrasse in der Wand: Es kann schmal sein wie ein kleines Sims, oder breit genug, um darauf zu biwakieren.

BASECLIMBS

Auch Einseillängen, Sportkletterrouten mit einer Seillänge, meist eingebohrt.

BEAK

Genialer, schnabelförmiger Hakentyp, den man zur Sicherung in extrem feinen Rissen verwenden kann, für die selbst Mikro-Keile zu groß sind. Beaks sind üblicherweise in drei Größen erhältlich.

BETA

Eine mögliche Lösung für die Schwierigkeiten einer Kletterroute oder eines Boulders.

BLOCKIEREN, BLOCKIERER

Wenn man den Arm angewinkelt halten muss, um mit der anderen Hand einen Griff zu erreichen oder zu clippen.

BOHRHAKEN

Ein Expansionsanker oder Klebehaken, der nach dem Bohren eines Lochs in den Fels gesetzt wird. Meist zur Sicherung von Sportkletterrouten verwendet.

BOULDER

Felsblock, an dem man ohne Seil klettert. »Boulder« kann auch eine schwere Passage in einer Kletterroute bedeuten. Eine »boulderige Route« ist eine Route, in der sich die Schwierigkeit auf wenige aufeinanderfolgende Bewegungen konzentriert.

CAMPUSBOARD

Holzbrett mit angeschraubten Leisten zum Trainieren.

CHALK

Magnesiumcarbonat, das zum Trocknen der Hände benutzt wird, was für bessere Reibung sorgt. Beim »Chalken« greift man in das Säcklein mit Magnesia, den Chalkbag.

CLIFF

Haken aus Metall, der in Risse, Löcher oder an Leisten gehängt wird, zur Sicherung beim Trad oder technischen Klettern.

CLIPPEN

Eine Exe in einen Haken hängen, bzw. das Seil in eine Exe oder einen Umlenker einhängen.

COPPERHEAD

Sicherungsmittel beim technischen Klettern, ähnlich wie ein Keil, dessen Kopf aus Kupfer ist und sich deshalb in die Risse einschmiegt. Es dient nur dem Fortkommen beim technischen Klettern, nicht aber als Sicherung, um potenzielle Stürze zu halten.

CRUX

Auch Schlüsselstelle, die schwierigste Stelle einer Route.

Pietro Dal Pra und Adam Ondra ADAM

DROPKNEE

Auch »Ägypter«. Bewegung, bei der die Hüfte seitlich zur Wand steht und das Knie auf der gleichen Höhe oder tiefer ist als der Fuß und nach innen rotiert wird.

DYNO, DYNAMO

Sprungartige Bewegung, um einen weit entfernten Griff zu erreichen.

EXE, EXPRESSSCHLINGE

Zwei mit einer kurzen Schlinge verbundene Karabiner, einer wird in einen Haken oder ein Sicherungsmittel gehängt, in den anderen wird das Seil eingeclippt.

FIGURE OF 4

Kletterbewegung, bei der man ein Bein über den Arm legt, um einen fehlenden Tritt auszugleichen.

FLASH

Man bezeichnet eine Begehung als »Flash«, wenn man eine Route im ersten Versuch klettert, aber von einer anderen Person vorher oder währenddessen Informationen darüber erhalten hat oder jemandem darin zugeschaut hat.

FREE SOLO

Das Klettern ohne Seil und Sicherungen. Das echte Free Solo wird nicht nur ohne Seil, sondern auch ohne Gurt ausgeführt, der zur Not das Ausruhen an Sicherungspunkten ermöglichen würde.

FREIKLETTERN (FREE CLIMBING)

Das Überwinden einer Wand, ohne technische Hilfsmittel zur Fortbewegung zu benutzen. Seil, Haken, Karabiner etc. dienen ausschließlich zur Sicherung. Sobald man sich an einer Exe festhält oder den Fuß auf einen Haken stellt, gilt die Begehung nicht mehr als frei.

FRIENDS,

CAMS

Geräte mit Klemmbacken, die sich zusammenziehen lassen und wieder auseinanderschnappen. Sie werden zum Tradklettern benutzt und als Sicherungsmittel in Risse gelegt oder beim technischen Klettern zur Fortbewegung verwendet.

GRANIT

Tiefengestein, das sich dadurch auszeichnet, dass es deutlich mehr gerade und geometrische Linien und Formen zum Klettern aufweist als Kalkstein, wie Risse, Verschneidungen, Kamine oder glatte Platten. Sehr beliebt zum Tradklettern, weniger für das Sportklettern. Die Granitwand schlechthin ist »El Capitan« im Yosemite.

GRIGRI

Seit fast dreißig Jahren verbreitetes Sicherungsgerät zum Sportklettern, das eine unterstützende Blockierfunktion hat und deshalb mehr Sicherheit gegenüber anderen, nicht selbstblockierenden Geräten bieten kann, sofern es korrekt verwendet wird.

GRIP

Synonym für Reibung am Fels, sei es unter den Händen oder den Schuhsohlen. Er kann sich je nach Witterungsbedingungen ändern.

GROUND UP

Direkte Begehung vom Boden aus, ohne vorher über die Route abgeseilt zu sein.

HEPPEN

Schnelle Bewegung, um einen weit entfernten Griff zu erreichen, oder weil der für die andere Hand nicht lange gehalten werden kann.

Pietro hat ein Gespür für das Drehbuch. Er schreibt Szenen eines Films und erzählt so auf bestmögliche Weise die Wirklichkeit: Die Reise mit ihren Etappen, ihren Misserfolgen, ihrer Mühsal zählt mehr als die Ankunft, als das Erreichen des Ziels.

— ERRI DE LUCA, aus dem Vorwort

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