Alpine Ice Vol.2

Page 1

MARIO SERTORI

ALPINE ICE

2

Die schönsten Eisfälle der Alpen

Italien - Mittel- und Ostalpen, Österreich und Slowenien

EDIZIONI VERSANTE SUD | COLLANA LUOGHI VERTICALI | ICE


Erste Ausgabe. Januar 2009 Zweite Ausgabe. November 2018 ISBN 9788885475 526 Copyright © 2018 VERSANTE SUD S.r.l. via Longhi, 10 Milano (MI) Italien. Tel. +39 027490163 www.versantesud.it Alle Rechte für alle Länder vorbehalten, inbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung sowie der teilweisen oder gänzlichen Bearbeitung. Titelbild

Mario Sertori, Kerze Nr. 2 , Bletterbachschlucht (© F. Marcelli)

Texte

Mario Sertori

Karten

Chiara Benedetto. © Mapbox, © Open Street Map

Symbole

Tommaso Bacciocchi

Layout

Chiara Benedetto

Druck

Tipolitografia PAGANI (BS)

DANKSAGUNG Ich möchte allen danken, die mir mit Material und Informationen bei der Arbeit geholfen haben: Aljaž Anderle Marco Beltramini, Giuliano Bordoni, Giacomo Casiraghi, Tomo Cesen, Marcello Cominetti, Davide Donini, Hermann Erber, Daniele Fiorelli, Luisa Fusi, Andrea Gamberini, Fam. Carlo Gasperini, Erich Gatt, Fam. Urban Golob, Ezio Marlier, Kata Matoga, Daniele Molineris, Tullio Parravicini, Simone Parravicini, Francesco Tremolada, Klaus Kranebitter, Elias Holzknecht, Drejc Karnicar, Gregor Kresal, Dietmar Walser, Christian Piccolruaz, Matevz. Lenarčič, Matej Tonejec, Rok Stubelj, Marco Tiraboschi, Fam. Luca Vuerich, Florian Riegler, Roby Parolari, Claudio

Migliorini, Alessandro Bau‘, Martina Scuka. Danke auch an: Francesca Marcelli, die für einen Großteil der Fotos in action in diesem Buch verantwortlich ist; Albert Leichtfried für seine Erzählung zu Illuminati und für die vielen tollen Fotos; Beppe Ballico für seine Erzählungen und die tollen Fotos; Marco Milanese für die Erinnerung an Luca Vuerich und ein paar fantastische Fotos; Claude Gardien für die schöne Einführung. Ein besonderer Dank geht außerdem an Beat Kammerlander und Peter Podgornik, die sich für meine Fragen Zeit genommen und mich bei diesem Buch-Projekt ermutigt haben.

ACHTUNG Das Klettern von Eisfällen stellt eine potentiell gefährliche Tätigkeit dar. Klimatische Verhältnisse können sich rasch ändern, und Eisfälle sind stets äußeren Einflüssen und damit sich plötzlich ändernden Bedingungen unterworfen. Vereinzelte Touren sind einer erhöhten Lawinengefahr ausgesetzt. Es wurde im Rahmen dieses Führers alles daran gelegt, möglichst korrekte Angaben zu liefern. Dennoch

müssen sie von Mal zu Mal von erfahrenen Personen, die in der Lage sind, die jeweiligen Eisbedingungen abzuschätzen, kontrolliert und überprüft werden. Informiert Euch über den Lawinenlagebericht und holt vor Ort Informationen ein. Der Gebrauch dieses Führers erfolgt auf eigene Gefahr. Autor und Verleger übernehmen keine Verantwortung für etwaige Unfälle in einer der beschriebenen Routen.


Mario Sertori

ALPINE ICE 2 Die schönsten Eisfälle der Alpen

Band 2 650 Routen in Italien - Zentral/Ostalpen, Österreich und Slowenien

EDIZIONI VERSANTE SUD


ALPINE ICE Band 2 Einleitung - Oktober 2018 Fotocredits Vorwort Technische Einführung Inhaltsverzeichnis und Karte

6 8 11 12 16

Italien - Zentralalpen und Ostalpen Mastro d’ascia - Der Eisfall, auf den alle warteten La Spada del Combolo Illuminati Principessa Sospesa Solo per i tuoi occhi – PELMO OSO-Wand Per Leila Super Stridente Luca Vuerich

18 52 70 214 268 278 296 296 302

Österreich Beat Kammerlander

304 316

Slowenien Peter Podgornik Slowenien... Eis jenseits der Grenze Kurze Geschichte des Eisfallkletterns in Slowenien

444 464 474 492

Auflistung der anspruchsvollsten Eisfälle

502

ALPINE ICE Band 1

B. Ballico, Candela di Supermario, Val Travenanzes (© Arch. B. Ballico)

4

Frankreich Schweiz Italien - Westalpen


5


EINLEITUNG

von Mario Sertori, Oktober 2018

Neun Jahre nach der ersten Auflage von Alpine Ice, die 600 schönsten Eisfälle der Alpen und nach mehreren Nachdrucken begann der erfolgreiche, in vier Sprachen veröffentlichte Eiskletterführer ernsthafte Alterungserscheinungen zu zeigen. Ich stand also vor der schwierigen Aufgabe, eine Neuauflage vorzubereiten, und das mit zahlreichen neuen Gebieten, die in der Zwischenzeit hinzugekommen waren. Ich hatte die Qual der Wahl, am Ende waren es jedoch trotz allem mehr als doppelt so viele Eisfälle und es wurde notwendig, das Buch in zwei Teilen zu veröffentlichen: Alpine Ice Vol.1 Frankreich, Schweiz, Italien - Westalpen und Alpine Ice Vol.2 Österreich, Slowenien, Italien - Zentral/Ostalpen. Die zwei Teile sind natürlich miteinander verbunden und bilden, auch wenn sie verschiedene Gebiete beschreiben, ein ganzheitliches Werk zu den schönsten Eisfällen des kompletten Alpenbogens. In diesem Buch gibt es zahlreiche Neuheiten, vor allem in Österreich mit seinen traumhaften Tälern: da ist das Gasteinertal mit der beeindruckenden Eisarena, das Klostertal mit der 700m hohen Fallbachwand, das Zillertal und das wunderschöne Pitztal. Besonders interessant sind in Kärnten das Rauristal, das Stubachtal und das legendäre Karwendelgebirge an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Nicht weit entfernt von Garmisch stoßen wir im Gebiet von Ehrwald auf den Seebenseefall, einen der ästhetischsten und speziellsten Eisfälle Europas. Faulere Eiskletterer finden in der bequemen Sigmund Thun Klamm in Kaprun genug zu tun, eine eisüberzogene Schlucht ganz nah am Parkplatz. In Slowenien erwarten euch raue und entlegene Landschaften mit Eisfällen in allen Formen und Schwierigkeiten: von der beeindruckenden Wand von Bavh unter der Breto-Wand, gegenüber des Mangart, bis hin zur ephemeren Boka, ganz nah am Parkplatz, aber nur sehr selten ganz zugefroren. Im Trenta Tal, wo der smaragd-

6

grüne Fluss Isonzo entspringt, liegt der verführerische Beli Trak-Eisfall, erschlossen 1981 von den Brüdern Pavel und Peter Podgornik. Weitere Ziele, das man auf keinen Fall verpassen sollte, sind der Pericnik, ein ganz besonderer Eisfall am Fuß der Nordseite des Triglav im Vrata Tal, und die schlanke Säule von Prisojnik, ein inzwischen heiß begehrter Spot im Gebiet von Kranjska Gora, mit bequemer Hütte und charakterstarken Eislinien. Beim Blick auf die italienische Seite der Zentralalpen offenbart sich dem Eisliebhaber ein wirklich umfangreiches Angebot. Eine kleine Aufzählung gefällig? Da wären Damocle und Overloock Hotel im Tal Val Brembana; Mastro d’Ascia und Chandelle Gabarrou im Val di Mello und die Kerzen von Ci Cozz und Tropical in Livigno. Im Schatten des Adamello versteckt sich die Madonnina, ein majestätischer Koloss, bei dem einem der Mund offenbleibt. Die Dolomiten sind eine kleine Schatzinsel für Eiskletterer mit fantastischen Möglichkeiten: die Bletterbachschlucht, das Vallunga, Val di Gares, Val di Zoldo, das Val Travenanzes, das Pragser Tal und das Reintal, nur um ein paar Namen zu nennen. Jedes einzelne dieser Täler bietet vereiste Juwelen, versteckt in den Falten traumhafter Berglandschaften. Das alles ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf die fast 650 Linien in diesem Buch, das mit der Absicht, abenteuerlustige Eiskletterer zu verführen, ins Rennen geht. Ein Lobgesang auf die wilde Seite der Alpen und eine Einladung zum Reisen und Kennenlernen neuer Orte, Traditionen und Sprachen, was in dunklen Zeiten wie der heutigen, in der eben noch eingeschlagene Mauern wieder aufgebaut werden, von ganz besonderer Bedeutung ist. Um die Orientierung zu erleichtern, wurden die Koordinaten der Parkplätze und fast aller Eisfälle eingefügt. Immer genauere Informationen dürfen


GRIVEL IST NICHT NUR EINE MARKE. ES IST EINE GESCHICHTE. EINE WUNDERSCHÖNE GESCHICHTE AUS DEM MONT BLANC.

200 AÑOS DE ANIVERSARIO

200 YEARS ANNIVERSARY

ΧΡΌΝΙΑ ΑΠΌ ΤΗΝ ΕΠΕΤΕΙΌ

‫ هزیلکهلاک‬200

200-LECIE

200 주년 기념

200周年記念

200 주년 기념

200ÈME

ANNIVERSAIRE

200 JAHRE JUBILÄUM

200 ÅRS

JUBILEUM

ЮБИЛЕЙ

LET

200

200 JAAR JUBILEUM

1818 2018 200 ЛЕТНИЙ

200 वर्ष सालगिरह

MADE WITH SOLAR ENERGY

WWW.GRIVEL.COM

200 DE ANI DE LA NAȘTERE

200


Einleitung

nicht das Unbekannte, das Abenteuer auslöschen, das mit der Interpretation eines jeden Eisfalls einhergeht, sie müssen jedoch gesammelt und analysiert werden, um die Risiken, mit denen unser Sport verbunden ist, auf ein Minimum zu reduzieren. Risiken, mit denen vor allem objektive Gefahren wie Lawinen und plötzliche Temperaturschwankungen gemeint sind, die in den letzten Jahren Grund für dramatische Unfälle waren.

Wie schon in der ersten Auflage, gibt es kleine Interviews mit Beat Kamerlander und Peter Podgornik, der uns auch mit einer kurzen, aber interessanten Geschichte des Eiskletterns in Slowenien versorgte. Außerdem erlauben Alpinisten wie Albert Leichtfried, Luca Vuerich und Beppe Ballico mit ihren Erzählungen Einblick in die Erschließung wichtiger Eisfälle. Und zu guter Letzt noch eine Erinnerung an Luca Vuerich, geschrieben von Marco Milanese.

FOTOCREDITS Falls nicht anders angegeben, stammen alle Fotos aus dem Archiv des Autors, außer: A.Anderle 484, 470. K.Gričar 483, 450,451. U.Golob 484. D.Karničar 490. D.Koren 461, 454. Z.Koren 451. P.Kozjek 477. G.Kresal 448, 452, 469, 477,488, 498, 500. P.Lajevec 482. M.Mejovsek 450, 451. A.Pečjak 478, 496,

8

497. M.Cominetti 221. Peter Podgornik 461. J.Skok 487. R.Stubelj 482, 463. L.Vuerich 289, 292, 293. M.Milanese 288, 294. C.Gasparini 294, 295. F.Tremolada 238, 239, 240, 282. B.Ballico 201, 203, 207, 211, 212, 238, 242, 253, 255, 262, 264, 267, 272, 273,277, 300. Albert Leichtfried 388, 390. Florian Riegler 200.



10


VORWORT

von Claude Gardien

Ein Eisfall hat aufgrund seiner Formen und Farben etwas Magisches. Oft ist es gerade sein vergänglicher Charakter, der Eiskletterer in den Bann zieht. Das in der Sommerhitze über eine Wand laufende Wasser zu sehen – unabhängig davon, ob es sich um ein zartes Rinnsal oder einen mächtigen Wasserfall handelt –, es sich als festgefrorene Materie vorzustellen und es zu erklettern: zweifelsohne eine spannende und aufregende Facette des Alpinismus. Eisfälle sind fantastische Werke. Sie erscheinen nie in derselben Form, entwickeln sich andauernd weiter, ändern stets Aussehen und Beschaffenheit – je nach Temperatur, Feuchtigkeit oder Schwerkraft. Manchmal verschwinden sie, sehr zum Bedauern der leidenschaftlichen Anwärter, die sich gezwungen sehen, Tage oder Wochen zuzuwarten oder sich zwischenzeitlich in andere Gefilde zu begeben. Allerdings gewöhnten sich die Kletterer rasch an diesen nomadischen Lebensstil während der Eisfallsaison: es gilt, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein und keine Reise und Mühe zu scheuen, um die günstigste Zeit auszunützen. Eine weltweite Vernetzung von Freunden, die sich gegenseitig Informationen bezüglich der jeweiligen Eissituation zuspielt, wurde von zwei Pionieren dieser Disziplin, von François Damilano und Godefroy Perroux, treffenderweise „Ice Connection“ getauft. Das vorliegende Buch von Mario Sertori wird in diesem Sinne Ausdruck dieser Kultur.

Eis und Reise, Eis und Begegnung gehen Hand in Hand. Die Idee, einen Auswahlführer über Eisfälle in verschiedenen europäischen Ländern zusammenzustellen, spiegelt die Realität dieses Sports wieder. Dieses Werk feiert eine zwischenzeitlich reif gewordene Disziplin: aus einer etwas exzentrischen Facette des Bergsports wurde ein „Muss“ für einen jeden Alpinisten, der dieses Namens würdig ist. Darüberhinaus hat das Eisklettern unser Wissen über alpines Eis beträchtlich gesteigert. Die Entwicklung des Klettersports, das Erfinden von immer kühneren und technischeren Bewegungen sowie die Gewöhnung an Steilheit und Brüchigkeit haben aus den Couloirs der Siebziger Jahre Klassiker eines mittlerweile vergangenen Alpinismus gemacht. Im Hochgebirgsalpinismus der heutigen Zeit ist das Mixed-Klettern tonangebend: die großen Begehungen in den Nordwänden der Alpen oder des Himalaya spielen sich stets unter dem kratzenden Geräusch der Steigeisen am Fels oder dem Quietschen der Eisgeräte auf den Griffen ab. Aber ganz egal, ob Eis oder Fels, es handelt sich immer um eine Frage der Passion. Wie können wir keine Eisfälle klettern, wenn das Klettern doch unsere Leidenschaft ist? Marios Buch hilft uns bei der Entscheidung und lässt uns mit Sicherheit das eine oder andere weit entlegene oder unbekannte Fleckchen entdecken. Es ist eine Würdigung an den Eisfall.

M. Sertori, Candela di Cancano (© T. Parravicini)

11


TECHNISCHE EINFÜHRUNG

ABSICHERUNG Die Beschreibungen informieren genau darüber, ob die Abseilstellen oder Standplätze eingerichtet sind: bei Fehlen einer diesbezüglichen Angabe sind die Abseilstände oder Standplätze selbst einzurichten. In jedem Fall muss man sich stets der hohen Wahrscheinlichkeit einer Materialabnutzung und des Verschleißes durch Lawinen, Steinschlag etc. bewusst sein. Es empfiehlt sich daher, immer entsprechendes Material mitzuführen, um gegebenenfalls die schon bestehenden Standplätze zu verstärken oder die eventuell beschä-

digten auszutauschen. Sollte man einen Eisfall ohne schon bestehende Standplätze oder Abseilstellen begehen wollen, so ist es empfehlenswert, die Abalakov Technik (Eissanduhr) zu beherrschen. MATERIAL Abgesehen von dem Material, das zum Vorankommen und Sichern im Eis notwendig ist, können vereinzelte Felshaken sowie eine kleine Auswahl an Nuts und Friends sehr nützlich sein. Aus Sicherheitsgründen sollte auch niemals auf Pieps, Sonde und Schaufel verzichtet werden. Übung für eine entsprechende Anwendung ist unverzichtbar. SCHWIERIGKEITSBEWERTUNG Die römischen Ziffern (von I bis VI) beschreiben den allgemeinen Anspruch einer Route, unabhängig von der reinen technischen Schwierigkeit und beziehen sich auf Parameter wie Kontinuität und Länge der Route, Rückzugsmöglichkeiten, Komplexität des Zustiegs, Potential objektiver Gefahren und Schwierigkeiten beim Abstieg. Ein einziger dieser Parameter ist ausreichend, um die Bewertung der allgemeinen Schwierigkeit zu bestimmen. Die arabischen Ziffern (von 1 bis 7), für gewöhnlich nach den Buchstaben WI (water ice) stehend, ist die aus Kanada stammende Bewertungsskala und beschreibt die technische Schwierigkeit der schwierigsten Seillänge der Route. Der Grad bezieht sich auf die Länge der vertikalen Abschnitte, die Kontinuität, die Qualität der Sicherungen und die Eisqualität in Bezug auf dessen Dichte, Konsistenz und Form (Blumenkohl, Zapfen etc.) Die Bewertung der Schwierigkeiten bleibt trotzdem stets ein Näherungswert, denn die Eisfälle bilden sich jedes Jahr neu und unterschiedlich und der Zustand des Eises kann sich auch sehr schnell aufgrund von äußeren Einflüssen (Sonne, Wind, Schnee, Tempertaturschwankungen) ändern.

QR-Code Parkplatz

QR-Code Basis Eisfall

Albert Leichtfried, Crazy Diamond (© E. Gatt)

12

ALLGEMEINE INFORMATIONEN Der Name der Erstbegeher wurde nicht angeführt, wenn er nicht bekannt war oder diesbezüglich Unsicherheit herrschte. Ich entschuldige mich schon im Voraus für etwaige Auslassungen oder Ungenauigkeiten. Schwierigkeitsskala: siehe entsprechenden Hinweis. Die Beschreibung der einzelnen Eisfälle ist stets im Zusammenhang mit den im Band aufscheinenden Fotografien zu sehen. Die Nummerierung im Text entspricht den Linienführungen auf den Bildern. Die angegebene Länge des Eisfalles bezieht sich auf den Linienverlauf und nicht auf den Höhenunterschied. Insofern, als der Linienverlauf von Saison zu Saison unterschiedlich ausfallen kann, wurde eine genaue Beschreibung oft beiseite gelassen. Zudem soll der persönlichen Phantasie und Kreativität bei der Wahl der Aufstiegslinie nichts im Wege stehen. In den Anmerkungen sind Kommentare zur Ästhetik oder zu den Charakteristiken der Route zu finden, beziehungsweise liefern diese zusätzliche Informationen über den Eisfall. Nachdem die Zustiegszeiten auf Basis des Schritttempos einer trainierten Person (bei bestehender Spur) berechnet wurden, können sie, je nach Schneelage und Spurbeschaffenheit (oder sogar Fehlen der Spur) starken Schwankungen unterliegen. Die Richtungsangaben „rechts“ und „links“ sind, falls nicht anders angegeben, in Bezug auf die Gehrichtung zu verstehen.


13


Technische Einführung

EISSKALA I

kurzer, einfach zu erreichender Eisfall; unproblematischer Zustieg

II

einfach zu erreichender Eisfall mit einer oder mehreren Seillängen; geringe objektive Gefahren

III

Eisfall mit mehreren Seillängen, langer Zustieg und objektive Gefahren sind möglich

IV

abgelegener Eisfall mit mehreren schwierigen Seillängen; anspruchsvoller Abstieg; objektive Gefahren

V

langer oder komplexer Zustieg im Hochgebirge mit objektiven Gefahren; zufällig vorhandene Absicherungen; schwierige Routenfindung; anspruchsvoller, selbst einzurichtender Abstieg

VI

lange Route im Hochgebirge, die logistische und orientierungstechnische Anforderungen, insbesondere bei der Routenfindung, mit sich bringt; objektive Gefahren und eventuelle Biwaks

TECHNISCHE SCHWIERIGKEIT 1

Passagen mit einer Steilheit von 50/60°; Erfahrung mit dem Umgang mit Steigeisen und Eisgeräten sowie Absicherungskenntnisse sind erforderlich

2

Passagen mit einer Steilheit von 60/70°, gute Absicherungsmöglichkeiten

3

Passagen mit einer Steilheit von 70/80°, normalerweise in gutem Eis. Senkrechte Abschnitte wechseln sich mit geneigten, in denen gute Standplätze gebaut werden können, ab

4

Passagen mit einer Steilheit von 75/85° und eventuell einem kurzen senkrechten Abschnitt. Normalerweise gute Standplätze und gutes Eis

5

Technisches Können ist aufgrund der Eisqualität und der Schwierigkeit der Route unerlässlich. Langer 85/90° Abschnitt; möglicherweise blumenkohl- oder pilzförmiges Eis

6

eine oder mehrere sehr anspruchsvolle Seillängen; schwierige oder prekäre Ankerpunkte; heikles oder brüchiges Eis. Bestes technisches Können ist unerlässlich

7

die gleichen Charakteristiken im Fall des 6. Grades nur noch heikler

X R M

es besteht das Risiko, dass die gesamte Eisformation zusammenbricht! bezieht sich auf eine Kletterei in sehr dünnem Eis bezeichnet Routen mit Felspassagen (siehe unten)

Bewertung von Mixed-Routen (Dry-Tooling) Hierbei handelt es sich um Routen mit Eis- und Felspassagen, die dennoch mit Eisgeräten und Steigeisen geklettert werden. Die Schwierigkeit wird konventioneller Weise mit dem Buchstaben M und einer darauffolgenden Zahl angegeben: M7 bezeichnet dabei den niedrigsten Schwierigkeitsgrad und somit die unterste Stufe der Bewertungsskala. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Eröffner von Mixed-Routen ursprünglich von der Tatsache ausgingen, dass ihre Begehungen den maximalen Schwierigkeitsgrad im Eis

14

darstellen. Sie wählten daher den 7. Grad als Ausgangspunkt für ihre Klettereien. Die höchsten Schwierigkeiten dieser Disziplin liegen derzeit bei M15/M16. Angesichts der Tatsache, dass diese Spielform des Kletterns immer populärer wird, finden sich mittlerweile auch Routen mit der Bewertung M4/M6. Normalerweise sind bei diesen Routen Fixsicherungen in den Felsabschnitten vorhanden. Häufig ist der Felsabschnitt ausschlaggebend für den Schwierigkeitsgrad der Kletterei, nicht zuletzt, da der Eisabschnitt im Verhältnis zur Gesamtlänge generell eher kurz ausfällt.



ITALIEN - ZENTRALALPEN UND OSTALPEN 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

20 28 32 40 54 64 72 82 88 104 114 118 122 128 146 150

VAL BREMBANA VAL D’AVIO VAL SAN GIACOMO VAL MASINO VALMALENCO VALFONTANA LIVIGNO VAL DAONE SCALE DI BRENTA VAL DI RABBI PASSO PALADE - GAMPENPASS MARTELLTAL - VAL MARTELLO PASSEIERTAL - VAL PASSIRIA REINTAL - VALLE DI RIVA RAUTAL – VAL DI RUDO VALLE DI BRAIES – PRAGSERTAL

17 BLETTERBACHSCHLUCHT 18 FASSATAL 19 CATINACCIO / ROSENGARTEN 20 VAL GARDENA - GRÖDEN 21 VAL LASTIES 22 COLFOSCO 23 VAL DI GARES 24 VAL PRAMPER 25 SOTTOGUDA - SERRAI 26 VAL TRAVENANZES 27 TOFANA DI MEZZO 28 MONTE PELMO 29 SAPPADA 30 VALLE DI RIOFREDDO 31 LAGHI DI FUSINE

156 174 184 190 216 224 230 236 244 250 270 274 280 286 298

DEUTSCHLAND Lindau

10

Kitzbü 9 1

Innsbruck

Imst 2

LIECHTENSTEIN

6

3 4

7

5

13

SCHWEIZ

14

Vipiteno

15 16

Meran 7 3 Chiavenna

11

12

Bormio

10

Bozen 17

4

5

6

12

11

8

19 18

20 22 21

26 27 23 25 24

28

9

2

Trient

1

ITALIEN

8

Como Bergamo

16

Vicenza

Venedig


ÖSTERREICH 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

BRANDNERTAL KLOSTERTAL INNTAL - OBERGRICHT RENKFÄLLE KAUNERTAL PITZTAL SELLRAIN - LÜSENS STUBAITAL EHRWALD AREA KARWENDEL ZILLERTAL STUBACHTAL KAPRUN RAURISTAL GASTEINERTAL MALTATAL

306 318 322 328 334 338 350 352 358 362 372 392 402 414 424 434

1 2 3 4 5 6 7

LOŠKA KORITNICA TRENTA KRNICA PLANICA E TAMAR ZG. SAVSKA DOLINA KAMNIŠKO - SAVINJSKE ALPE ZG. SAVINJSKA DOLINA

446 456 466 476 480 486 494

ÖSTERREICH

ühel

2

SLOWENIEN

Kaprun 13

14 15 Graz

16 Lienz

Villaco

29

30 Tarvisio 31 4 3 1 2 Caporetto Udine

5

6 7

SLOWENIEN

Kranj Lubiana

ZAGREB Trieste

17


20

Italien > Südtirol

VAL GARDENA - GRÖDEN Das Grödental ist eines der wichtigsten Täler in den Dolomiten, mit faszinierenden Bergen, die Alpingeschichte geschrieben haben, wie beispielsweise der Lankofel und die Sella-Gruppe. Ein dichtes Netz an Skiliften und Pisten zieht jeden Winter zahlreiche Wintersportler an und im Sommer ist das Tal Ziel von Wanderern, Alpinisten und Bikern. Es gibt nicht allzu viele Eisfälle, aber diese wenigen wird man nur schwer vergessen können. ANFAHRT Von Süden: A4 (I) in Richtung Venedig, Autobahnausfahrt Peschiera und den Hinweisen in Richtung Affi und Trento folgen. In Affi weiter auf der A22 (I) in Richtung Brenner, Ausfahrt Klausen und in Richtung Grödental. Über die SS242 gelangt man nach Wolkenstein, wo man am Ortseingang links abzweigt und den Ausschilderungen ins Vallunga/Langental folgt. Am Ende der Straße stößt man auf einen großen, gebührenpflichtigen Parkplatz. Von Osten: A2 und A1 (SLO) in Richtung Ljubljana nach Kranjska Gora und zur italienischen Grenze. Anschließend geht es auf der A23 (I) zur Kreuzungsstelle mit der A27 (I) weiter. Über die SS51 erreicht man Cortina d’Ampezzo und setzt Richtung Falzarego Pass, La Villa, Corvara/Kurfar, Colfosco/Kolfuschg und Grödner Joch nach Wolkenstein fort. Hier den Hinweisen ins Langental folgen; weiter si. Anfahrt von Süden. Von Norden: A12 und A13 (A) in Richtung Süden und auf der A22 Brennerautobahn (I) bis zur Ausfahrt Klausen. Über die SS242 gelangt man durch das Grödner Tal nach Wolkenstein; weiter si. Anfahrt von Süden. Von Westen: Von Nauders (A) über den Reschenpass und auf der SS40 und anschließend auf der SS38 durch das Vinschgau nach Meran und Bozen; weiter si. Anfahrt von Süden. LITERATURHINWEISE K. Auer, V. Bertagnolli, R. Marth Südtirol - Dolomiten Panico Alpinverlag 2017. 7-8 5-6

Ortisei /St. Ulrich Val G arde na Santa Cristina

Val l

g un

a

3

14 12-13 9

4

Cirspitzen

Selva-Wolkenstein 19

Brunecker Turm

22-23 20

25

15 16 17-18

24

Langkofel 27 26

Colfosco

Selva di Valgardena

2

21 Torri del Sella

Piz Boé

A. Leichtfried, Senza Piombo (© Klaus Kranebitter)

190

1

Plattkofel

11 10


191


20 Italien  Val Gardena - Gröden

1 Pilat 2 Tervela

12 Flauto magico 13 Zweite geige 14 La Piera

Langental 3 Droc 3a Variante SuperDroc 4 Yosemite Ice Fall 5 Illuminati 6 El Diamante 7 Senza piombo 8 La sor blanche 9 La Piovra 10 Jumbo Jet 11 Once in a lifetime

Mesules 15 Couloir de Frea 16 Frea 17 L’Ciamin 18 Edle Mischung 19 Dragon Lankofel Westwand 20 Goulotte Raggio di sole + Spallone

Lankofel Nordostwand 21 Cold Fusion 22 Couloir Sot Saslonch 23 The Extension 24 Legrima Lankofel Innerkoflerturm Westwand 25 Goulotte Mistica Plattkofel Nordostwand 26 Goulotte La sorpresa 27 Cascata del Sassopiatto

1 PILAT

NORDEN Ausrichtung

II 5+

Schwierigkeitsgrad

40 Min. Zustieg

1550 m

Höhenlage

60 m

Länge

Abseilen

Abstieg

M. Sertori, Pilat (© F. Marcelli)

192

Zustieg: Ab St. Ulrich (Grödental) auf der SS242 in Richtung Wolkenstein (Selva). Etwas nach dem Tunnel stößt man rechts auf den ersten Hinweis nach Überwasser, diesen ignorieren und weiter bis zu einem zweiten, blauen Schild mit derselben Aufschrift. Rechts abbiegen, über den Fluss und gleich nach links auf der Via Minert. Nach ca. 800m den Hinweisen nach Emmerich (Ferienwohnungen) folgen und dort mit gebührendem Respekt parken. Weiter zu Fuß auf der Straße am Fluss entlang und der Markierung des Wegs Nr. 19 folgen. Kurz nach einem Haus erreicht man eine zweite Abzweigung: die Straße nach rechts mit dem Pfeil „Pilat“ ignorieren und weiter nach links über die Brücke (Weg Nr. 19). Der Forstweg führt über Kehren bergauf und bei einer Linkskehre abbiegen auf den Weg, der steil bergauf und schließlich bis zum Wandfuß führt. Anmerkungen: Toller, vertikaler Eisfall, der sich fast immer bildet. Auf einen ersten strukturierten und oft überhängenden Teil folgt eine attraktive Zigarre. Die Linie kann mit einer SL geklettert werden (Achtung auf die Seilreibung, gut die Sicherungen setzen!) oder mit Stand nach 35m links an Normalhaken. Obwohl sehr nach am touristischen St. Ulrich, klettert man hier in zauberhaftem Ambiente. Etwas links und kurz vor dem Einstieg gibt es einen einfacheren Eisfall: Il Figlio I/3+ 60m.


193


20

2 TERVELA

Italien  Val Gardena - Gröden

NORDEN Ausrichtung

I 3-5

Schwierigkeitsgrad

10 Min. Zustieg

1350 m

Höhenlage

50 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: An Bäumen abseilen (eingerichtet). Zahlreiche Linien mit verschiedenen Schwierigkeiten möglich. Zustieg: Der Eisfall ist gut auf der SS242 vor dem Tunnel sichtbar (von St Ulrich kommend, kurz vor St. Cristina). Man parkt am besten beim Skilift Monte Pana, dann auf der Via Monte Pana bis zur ersten Kehre und rechts bergauf zum Haus Tervela. Am Haus vorbei und über einen breiten Laufgraben bis zur Senke mit dem Eisfall. Anmerkungen: Bequeme Alternative für alle, die nur wenig Zeit haben. Achtung auf den zentralen Eisfluss, im Inneren fließt stets viel Wasser.

LANGENTAL - VALLUNGA ZUSTIEG Ein normalerweise gespurter Weg führt zu einer Ebene unter dem Eisfall Jumbo Jet (Plan da Rì 1800 m). Für einige Routenzustiege sind Skier oder Schneeschuhe notwendig. 3 DROC

SÜDOSTEN Ausrichtung

III 5 5+

Schwierigkeitsgrad

1 Std. Zustieg

1900 m

Höhenlage

300 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen an zum Teil eingerichteten Standplätzen. Zustieg: Vom Parkplatz dem Fußweg entlang der Langlaufloipe folgen. Nach der Valacia (bei einer betonierten Wasserschleuse) weiter in der schmalen Rinne mit vereisten Vorsprüngen links bis zur Droc. Anmerkungen: Nach einer langen Rinne mit Vorsprüngen erreicht man den Fuß der ersten, freistehenden Kerze. SL1 50m WI5+. SL2 WI3 60m. SL3 Verbindungsstück 50m. SL4 WI4 50m. SL5 WI4+ 45m. SL6 Verbindungsstück 50m. SL7 WI4+ 55m. Bei guten Bedingungen eine unvergessliche Kletterei.

3

3a

Leichtfried in action, Zweite-Geige (© Elias Holzknecht)

194

3a Variante SuperDroc L. Godenzi, F. Martinaglia, 2013 90m - Wie für „Droc“ die freistehende Kerze und die einfache SL2. Ab dem S2 (Normalhaken) nach rechts durch den Überhang mit schlechtem Fels, danach folgen ein vereister Vorsprung und ein Steilhang. Jetzt ist man am Fuß einer kurzen Zigarre (SL1 25m). Am Stand im Eis beginnt die zweite, schwierigere SL mit einer freistehenden Säule 25m) und einer vertikalen Wand (25m). Abstieg: Abalakov.


195


20 Italien  Val Gardena - Gröden

4 YOSEMITE ICE FALL (Missione impossibile) G. Groaz, R. Luzi

SÜDOSTEN Ausrichtung

III 6

Schwierigkeitsgrad

1 Std. Zustieg

1900 m

Höhenlage

450 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Über 4 auf der orogr. linken Seite eingerichtete Standplätze (BH und Kette). Zustieg: Am Parkplatz auf dem Weg entlang der Langlaufloipe. Nachdem man ein Stück zum Beginn einer breiten, großen Rinne angestiegen ist, entdeckt man links oben den Eisfall. (bis hierher 20/30 Min.). Über eine steile Rinne geht es zum Einstieg. Anmerkungen: Herrliche Route. Vorsicht: starke Sonneneinstrahlung. SL1 WI4+ 50m. SL2 WI6 40m. SL3 WI3+ 25m. SL4 Verbindung 250m. SL5 WI4+ 50m. SL6 einfacher Ausstieg zum Gipfel 40m. 5 ILLUMINATI A. Leichtfried, D. Tavener, 2006

SÜDOSTEN Ausrichtung

IV 6+ M11+ Schwierigkeitsgrad

2 Std. Zustieg

2200 m

Höhenlage

165 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Material: 12 Expressschlingen, komplette Eisausrüstung. Die Route ist mit Inox-BH eingerichtet. Beschreibung der Erstbegeher: SL1 M11- 30 m, 12 m Überhang. Ausdauer, Crux im oberen Teil. SL2 M11+ 25 m, 10 m Überhang. Schwierige, ausdauernde, kräfteraubende Mixed-Kletterei. SL3 M8- 30 m, 3 m Überhang. Es geht über den Vorhang aus Eis. SL4 WI4 30 m, gestuft, teilweise senkrechtes Gelände. Perfektes Eis, einfaches Vorankommen. SL5 WI6+ 50 m, senkrechtes Gelände. Senkrecht freistehende Säule mit sehr schlechtem Eis. Abstieg: 3 eingerichtete Abseillängen am rechten Rand (si. Foto). Zustieg: si. vorhergehende Route. Der Eisfall ist vom Weg aus gut sichtbar, er liegt im oberen Abschnitt der Senke nach der des Yosemite Ice Falls. Über den Rücken, der den ersten Abschnitt des Eisfalls verdeckt, steigt man zum Einstieg auf. Anmerkungen: Die Route ist sehr schwierig und ein Rückzug unmöglich. Der obere Abschnitt im Eis sollte nur an sehr kalten Tagen geklettert werden. Achtung auf die Seile beim Überwinden des Eisvorhangs.

196

5

6


8

5

7

6

6 EL DIAMANTE K. Astner, 2009

SÜDOSTEN Ausrichtung

170 m

Länge

2200 m Höhenlage

2 Std.

Zustieg

IV 6 M11

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Zustieg: Wie für Nr. 5. Einstieg etwas weiter rechts. Anmerkungen: SL1 30m M11, SL2 25m M10, SL3 60m M8 und WI5+, SL4 45m WI6, SL5 35m WI 4+.

197


Illuminati

Albert Leichtfried

Ein Freund hatte mit von einem tollen Ort zum Eisklettern erzählt, ganz in der Nähe von Wolkenstein im Grödental. „Der Ort ist nicht besonders bekannt, aber es gibt ein paar wunderschöne Linien, da müssen wir unbedingt hin.“ Am Anfang war ich nicht gerade begeistert und noch müde vom letzten Wettkampf, aber da er derart motiviert war, dachte ich, also gut, lass uns aufbrechen! Am ersten Tag haben wir nicht geklettert. Drei Stunden Fußmarsch nur um festzustellen, dass unser Eisfall nicht bis ganz unten zugefroren war. Aber der Tag war trotzdem nicht umsonst, denn ich hatte eine unglaubliche Linie auf der anderen Talseite entdeckt. Kaum war ich wieder daheim, hatte ich nichts anderes im Kopf, als allen von diesem traumhaften Stalaktit und dem riesigen Dach in diesem fantastischen Ambiente zu erzählen. Ein paar Tage kehrte ich zurück, diesmal jedoch mit Bohrmaschine und Dougal Tavener, einem Waliser, der diesen Winter zum Eisklettern nach Innsbruck gekommen war. Am Wandfuß angekommen, wurde ich mir zum ersten Mal der unglaublichen Ausmaße der Route bewusst: etwa 60 Meter bis zum Eis und das Ganze mit 20 Meter Überhang - ein riesiges Dach. Ich begann mit dem Einbohren und Ende des ersten Tages waren 22 Bohrhaken in der Wand, bis zum großen Eiszelt fehlten nur noch 15 Meter. Am nächsten Tag erreichten wir ohne große Probleme das Eis und die Route war fertig für den ersten Rotpunkt-Versuch. Eine Woche später, am 24. Januar, fühlte ich mich ausreichend ausgeruht für einen Versuch. Wieder in Begleitung von Dougal Tavener, und hiermit möchte ich ihm auch gleich einen großen Dank für seine unermüdliche Arbeit als Sicherer aussprechen. Die erste Seillänge ging erstaunlich gut, ich bin sie sofort ganz ohne Sturz durchgestiegen, auch wenn ich, um ehrlich zu sein, ein paar Mal ganz nah dran war. Ich hatte ein gutes Gefühl und glaubte, die nächste Seillänge würde genauso einfach werden. Damit sollte ich jedoch falsch liegen. In der zweiten Seillänge stürzte ich viermal und war so müde, dass ich mich beinahe abseilte. Aber ich entschied mich zu einem letzten Angriff und schaffte es diesmal gut bis ins Eis. Inzwischen war ich so müde, dass ich wirklich kämpfen musste, um den Stand zu erreichen. Es lagen aber noch drei Seillängen vor mir. Nach einer kurzen Pause startete ich erneut und bezwang das Zelt aus Eis. Es ging mir gut und das Klettern war Genuss pur. Der Rest musste einfach sein, da war lediglich der Pfeiler...Aber die letzten 50 Meter über den Pfeiler führen durch brüchiges Eis - ein Albtraum. In der Mitte des Pfeilers war ich am Rande der Verzweiflung, die Sicherungen waren mehr als zweifelhaft. Aber Absteigen wäre noch schlimmer, und so kletterte ich weiter und stieß zum Glück auf besseres Eis. Schnell zwei Eisschrauben rein und rauf bis ans Ende.

A. Leichtfried, Illuminati (© H. Erber)

214

Beim Abseilen waren wir bis auf die Knochen durchgefroren, total ausgelaugt aber dafür umso glücklicher.


215


26

Italien > Veneto

VAL TRAVENANZES Dieses lange, verlassene Tal erstreckt sich bis hinter die Tofana-Gipfel und die Felstürme der Fanesgruppe, berühmte Bergspitzen der Gegend von Ampezzo und reich an Alpingeschichte. Der nicht gerade kurze Zustieg wird zweifellos durch das fantastische Ambiente und die hohe Konzentration an Eisfällen entschädigt. Das Val Travenanzes zählt wohl zu den attraktivsten Eiskletter-Spots im östlichen Alpenraum. ANFAHRT Von Süden und Westen: A4 (I) in Richtung Venedig, Ausfahrt Venezia/Mestre und den Ausschilderungen in Richtung Belluno nach Cortina d’Ampezzo folgen. Über die SS51 weiter in Richtung Toblach fort und wenige Kilometer nach der Ortschaft Fiames bei der ersten Kehre auf dem Parkplatz auf der linken Seite parken. Von Norden: A12 und A13 (A) in südlicher Richtung und auf der A22 Brennerautobahn (I) bis zur Autobahnabfahrt Brixen. Über die SS49 geht es durch das Pustertal nach Toblach weiter, wo man schließlich den Hinweisschildern Richtung Cortina folgt. Wenige Kilometer nach Ospitale parkt man bei einer markanten Linkskurve (letzte Kurve vor Fiames) auf dem Parkplatz rechts. Von Osten: A2 und A1 (SLO) in Richtung Ljubljana nach Kranjska Gora und zur italienischen Staatsgrenze. Anschließend geht es auf der A23 (I) zur Kreuzungsstelle mit der A27; weiter si. Anfahrt von Süden und Westen. LITERATURHINWEISE F. Cappellari Ghiaccio Verticale Le più belle cascate delle Alpi Orientali Vol. 2 Idea Montagna Edizioni 2006.

Sektor Muro principale 1 L’ira di Albe 2 Belvedere 3 Due senza 4 Transtravenanzes 5 Attraverso Travenanzes 6 Pilone centrale 7 Candela di Supermario 8 Chantalmania 9 Sogno di Luca 10 Il soffio di Horus

Sektor Candela sospesa 15 Cascata di Irene 16 Cascata di Primavera 17 Candela Sospesa 18 Principessa Sospesa Sektor orogr. Linke Seite 19 Principe di Stravogin 20 Nicotina 21 Pinocchio 22 Candela di Pinocchio 23 Moby dick 24 Tonno nostromo Höhle beim Parkplatz 25 Dolasilla

250

25 M. Taè

Croda del V.ne Bianco 24 Cima di Furcia Rossa

19 15-18

Col Rosà

Dobbiaco Toblach

1-10 11-14

M. Castello

Cortina Cima Formentori

M. Cavallo

Tofana di Dentro Ra Zestes

Rif. Giussani Tofana di Rozes B. Ballico, Candela di Pinocchio (© Arch. Ballico)

Sektor Sogno canadese 11 Topazio 12 Diamante 13 Diretta canadese 14 Sogno canadese

Col Becchei di Sopra


251


26 Italien  Val Travenanzes

Orogr. Linke Seite

Muro principale

Sogno canadese Candela sospesa

SEKTOR MURO PRINCIPALE ZUSTIEG Am Parkplatz klettert man erst über einen Zaun und steigt anschließend ein Stück an den Rand der parallel zur Straße verlaufenden Langlaufloipe ab bis zu einem Hinweisschild, das nach auf den Weg nach rechts verweist. Über diesen Weg ca. 100 Höhenmeter zu einer weiteren, dem Fluss entlang verlaufenden Langlaufloipe absteigen. Man folgt der Loipe nach rechts (Westen) und verlässt sie kurz danach an einer Brücke, die den Zustieg in das Val di Fanes (Wegweiser) ermöglicht. Nach einer gewissen Zeit überquert man eine eindrucksvolle Schlucht über eine Brücke, hält sich an einer Weggabelung links und folgt dem Wegweiser in das Val Travenanzes. Man überquert rechts (Wegweiser) einen letzten Bach, umgeht so einen Grat und entdeckt, sobald man aus dem Wald herauskommt, die großen Eisfälle auf der linken Talseite. Oft sind Wegspuren vorhanden. Dennoch wird empfohlen, Skier oder Schneeschuhe mitzunehmen. Vorsicht auf die hängenden Stalaktiten. 1 L’IRA DI ALBE M. Vielmo, G. Casarotto, 1996

NORDEN Ausrichtung

III 5

Schwierigkeitsgrad

2 Std. Zustieg

1600 m

Höhenlage

50 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Der erste Eisfall links in einer vereisten Verschneidung/Kamin, dort verläuft die folgende Route.

252

1

2


2

7

12 4

5 6

13

14

11 8

9

10

2 BELVEDERE M. Vielmo, G. Casarotto, 1996

NORDEN

Ausrichtung

III 4+

Schwierigkeitsgrad

2 Std.

Zustieg

1600 m

Höhenlage

300 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen an eingerichteten Standplätzen (an Gebüsch links des Eisfalls); Stand mit BH am Ausstieg des Kamins. Zustieg: Die ersten beiden Seillängen verlaufen über einen charakteristischen Verschneidungskamin. Anschließend ist es entweder möglich, über Bänder zur Candela di Supermario (si. nächste Route) zu queren oder über einen schönen, senkrechten oberen Abschnitt fortzusetzen.

253


26 Italien  Val Travenanzes

3 DUE SENZA M. Vielmo, L. Gasparini, A. Mangano, 1997

NORDEN Ausrichtung

III 5

Schwierigkeitsgrad

2 Std. Zustieg

1600 m

Höhenlage

50 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen, eingerichtet. Zustieg: Etwas rechts vom Kamin von Belvedere.

4 TRANSTRAVENANZES M. Farina, E. Marlier, 2005

NORDEN Ausrichtung

III 5+ M5

Schwierigkeitsgrad

2 Std. Zustieg

1600 m

5

Höhenlage

150 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Über die nahe Pilone Centrale (BH) abseilen. Zustieg: Wie für die vorherigen, die Linie läuft über eine schöne Wand links von Pilone Centrale und führt über dem Band über einen beeindruckenden Stalaktit. Anmerkungen: SL1 kurze Wand 15m. SL2 Säule 55m, am Anfang freistehend. SL3 kurzer Vorsprung 20m. SL4 Schlüssel-SL, mixed und freistehende Säule, 40m. SL5 einfache Rampe.

4

5

6

5 ATTRAVERSO TRAVENANZES B. Ballico, A. Gamberini, 2013

NORDEN Ausrichtung

150 m

Länge

1600 m Höhenlage

2 Std.

Zustieg

III 5+

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Über die nahe Pilone Centrale (BH) abseilen. Zustieg: Wie für die vorherigen, Einstieg rechts von Transtravenanzes, kreuzt sie im zweiten Teil und führt dann in die vertikale Verschneidung links. Anmerkungen: SL1 vertikale Wand bis zu einer Höhle. 55m. SL2 vertikale Säule bis zum Band, dann links um den Pfeiler von Transtravenanzes (falls vorhanden) und zum Fuß der nächsten SL. 35m. SL3 kurze, ästhetische SL bis zur letzten Kerze. 15m. SR (1 Haken mit Seilschlinge). SL4 kurze Kerze aus zwei „Vorhängen“, dann Schneehang. 50m.

254


7

1 2

3 4

5

6 8

9 10

6 PILONE CENTRALE A. Mangano, F. Cappellari, 1997

NORDEN Ausrichtung

270 m

Länge

1600 m Höhenlage

2 Std.

Zustieg

III 5+

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen über die Belvedere, eingerichtet. Zustieg: Rechts der vorherigen Route; verläuft durch über die Überhänge unter der Candela di Supermario. Anmerkungen: Grandiose Säule in der SL2. Eine Kombination mit der Supermario empfiehlt sich. 7 CANDELA DI SUPERMARIO M. Vielmo, G. Casarotto, L. Gasparini, 1996

NORDEN Ausrichtung

40 m

Länge

1600 m Höhenlage

2 Std.

Zustieg

III 5+

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen an Gebüsch, dann nach links zum S2 der Belvedere. Zustieg: Über die vorherige Route bis zu deren zweiten Standplatz. Danach quert man über Bänder zur auffälligen Kerze. Anmerkungen: Fantastische freistehende Kerze oberhalb des ersten überhängenden Abschnitts.

255


26 Italien  Val Travenanzes

8 CHANTALMANIA F. Cappellari, L. Mioni, 1997

NORDEN Ausrichtung

70 m

Länge

1600 m

III 5

Höhenlage

Schwierigkeitsgrad

2 Std.

Abseilen

Zustieg

Abstieg

Abstieg: Abseilen an eingerichteten Standplätzen. Zustieg: Der Eisfall rechts der vorhergehenden Route.

9 SOGNO DI LUCA L. Lana, S. Rossi, 1996

NORDEN Ausrichtung

70 m

Länge

1600 m

III 5

Höhenlage

Schwierigkeitsgrad

2 Std.

Abseilen

Zustieg

Abstieg

Abstieg: Abseilen an eingerichteten Standplätzen. Zustieg: Die Linie verläuft sofort rechts der Chantalmania.

10 IL SOFFIO DI HORUS D. Mabboni, M. Vielmo, L. Gasparini, 2000

NORDEN Ausrichtung

170 m

Länge

1600 m Höhenlage

2 Std.

Zustieg

III 5+ M8

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

M. Sertori, Sogno di Luca (© F. Marcelli)

256

Abstieg: Über die nahe Pilone Centrale (BH) abseilen. Zustieg: Wie die vorherigen Linien, Einstieg rechts von Sogno di Luca. Anmerkungen: SL1 Wandstellen nach rechts 40m WI4+. SL2 vertikal, heikel und Mixed-Passage in der Mitte. 50m WI5+/M6. SL3 Schlüssel-SL mit 4 BH, dann über den gigantischen Eiszahn und aussteigen, wo es flacher wird. 45m WI5+/M8. SL4 Einfache Platte. 40m WI3. Großartige, anspruchsvolle Linie, Achtung auf den Zustand der Stalaktiten!


257


26 Italien  Val Travenanzes

SEKTOR SOGNO CANADESE 11 TOPAZIO F. Cappellari, L. Gasparini, 1999

NORDEN Ausrichtung

190 m

Länge

1600 m Höhenlage

2,10 Std.

Zustieg

III 4

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Zustieg: Wie für die vorherigen Linien, dann weiter bis zum zweiten vereisten Felsriegel (Sektor Sogno Canadese). Einstieg links des markanten Wasserfalls, bei einem Kamin. Man erreicht ihn über eine Traverse über das Band. Anmerkungen: Schön und abwechslungesreich. 12 DIAMANTE F. Cappellari, L. Lana, 1996

NORDEN Ausrichtung

170 m

Länge

1600 m Höhenlage

2,10 Std.

Zustieg

III 5

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

Zustieg: Wie für Sogno Canadese. Der Eisfall folgt einer Art Goulotte links der großen Wand und läuft dann über den Felssporn links. Anmerkungen: Sehr schön und abwechslungsreich. Achtung am Einstieg auf die hängenden Stalaktiten von Sogno Canadese. Pilone Centrale (© Arch. B. Ballico)

258


13 DIRETTA CANADESE B. Ballico, A. Gamberini, S. Scotton, 2018

NORDEN Ausrichtung

III 5+ A0

Schwierigkeitsgrad

2,10 Std. Zustieg

1700 m

Höhenlage

160 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Über den Eisfall abseilen, der erste Stand mit BH und Kette, alle anderen Abalakov. Zustieg: Wie für die vorherigen Linien, dann weiter bis zum zweiten vereisten Felsriegel (Sektor Sogno Canadese). Anmerkungen: Die direkte Version zu Sogno Canadese. Die 12 13 14 Linie führt über eine fantastische freistehende Säule und bis zu den hängenden Zapfen. Diese wurden direkt über eine überhängende Felswand in Angriff genommen, die in tolles vertikales Eis mündet. Achtung im Bereich des Einstiegs auf die Stalaktiten links oben. SL1 Eine erste Wand bis zum Fuß der Säule. 30m, 80° 85° S1 im Eis. SL2 Sehr weit vom Felsen abgesetzte, freistehende Säule, dann in Richtung der hängenden Stalaktiten. 50m 90° 95° S2 im Eis. SL3 Kurze, vertikale Wand bis unter einen überhängenden Felsstreifen (3 BH, zwei davon mit Seilschlinge), Achtung auf den brüchigen Fels. Mit viel Gefühl auf den Eisvorhang aussteigen und über die letzte vertikale Wand bis zu einem weiteren Felsabschnitt. 30m, M?/A0, 90°. SL4 Kurz nach rechts queren und in nicht ganz einfachem Eis bis zum Ende des Eisfalls. 45m, 85° 90°, S3 im Fels. 14 SOGNO CANADESE

NORDEN Ausrichtung

III 4 5

Schwierigkeitsgrad

2,10 Std. Zustieg

1650 m

Höhenlage

200 m

Länge

Abseilen

Abstieg

Abstieg: Abseilen (manche Standplätze sind eingerichtet). Zustieg: Vorbei an den vorhergehenden Eisfällen steuert man auf die große, weiter oben gelegene Eiswand zu. Anmerkungen: Grandiose, senkrechte Wand, die mehrere unterschiedlich schwierige, aber gleich schöne Aufstiegslinien erlaubt.

259


26 Italien  Val Travenanzes

17

17

15

16 18

SEKTOR CANDELA SOSPESA

15 CASCATA DI IRENE F. Cappellari, L. Lana, 1996

NORDEN Ausrichtung

130 m

Länge

1800 m Höhenlage

2,20 Std.

Zustieg

III 5

Schwierigkeitsgrad

Abseilen

Abstieg

B. Ballico, Candela di Supermario (© Arch. Ballico)

260

Zustieg: Wie für Sogno Canadese und noch ca. 300m weiter bis zu diesem Sektor mit der charakteristischen, riesigen Säule, die so gut wie nie den Boden berührt. Diese Linie ist die erste links. Anmerkungen: Sehr schön und abwechslungsreich. SL1 30m 90° S1 im Eis. SL2 30m, schwierige Kerze am Anfang, Stand mit BH am Band. SL3 Traverse nach links auf dem Band (30m) und rauf über den letzten Eisstreifen, 40m, Stand mit BH.


261



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.