Ossola Rock Klettergärten

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OSSOLA ROCK

KLETTERGÄRTEN vom Lago Maggiore bis zum Simplon, vom Monte Rosa bis zu den Tälern Devero, Formazza und Vigezzo

Erste Ausgabe Januar 2025

ISBN 978 88 55472 00 5

Copyright © 2025 VERSANTE SUD – Milano (I), via Rosso di San Secondo, 1. Tel. +39 02 7490163 www.versantesud.it

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung und der teilweisen oder gänzlichen Bearbeitung.

Umschlag Michelle Voss, Turkey Crack, Cadarese (© Lieselotte Peeters)

Texte

Enrico Serino

Skizzen Eugenio Pinotti

Karikaturen Enrico Serino

Übersetzung

Gerd Zimmermann Mit (e.s.) gekennzeichnete Übersetzungen stammen aus der Feder des Autors

Landkarten Tommaso Bacciocchi. © Mapbox, © Open Street Map

Symbole Tommaso Bacciocchi

Layout Chiara Benedetto

Druck Tipolitografia Pagani – Passirano (BS), Italien

Null Km

Von lokalen Autoren, die das Klettern in ihrer Region leben und vorantreiben

Was heißt das?

Kletterführer aus der Region!

Er ist „gesünder“ und „schmeckt besser“, weil er von Locals stammt.

Genauso wie die Bio–Tomaten vom Bauern nebenan?

Richtig! Unverfälscht und authentisch.

Lokale Autoren sind von Vorteil für Alle:

– Sie verfügen über die neuesten Informationen. – Sie konzentrieren sich nicht nur auf die allseits bekannten Orte. – Sie tragen zur Entwicklung ihrer Region bei.

Lokale Autoren sind von Vorteil für die Region: – Sie veröffentlichen nur das, was auch veröffentlicht werden soll.

– Sie sind bemüht, alle Spots und Ortschaften zu fördern.

– Sie sind mit der lokalen Praxis vertraut.

Und zu guter Letzt das Wichtigste: Ihre Felsen liegen ihnen wirklich am Herzen.

Hinweis

Klettern ist ein potenziell gefährlicher Sport und geschieht immer auf eigene Gefahr. Alle Hinweise in diesem Führer beruhen auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuell waren. Es wird empfohlen, sich vor der Begehung einer Route über den aktuellen Stand zu informieren.

Anmerkung

Der vorliegende Kletterführer benutzt zuallermeist keine gendergerechte Sprache. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird verallgemeinernd das generische Maskulinum verwendet, das z.B. mit dem oft verwendeten Begriff „Kletterer“ gleichermaßen weibliche, männliche und diverse Kletternde meint. Sie sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen.

2% der Einnahmen aus dem Verkauf dieses Führers werden in Material für Erschließungen und Sanierungen investiert

Null Km

Von lokalen Autoren, die das Klettern in ihrer Region leben und vorantreiben

ENRICO SERINO

OSSOLA ROCK KLETTERGÄRTEN

vom Lago Maggiore bis zum Simplon, vom Monte Rosa bis zu den Tälern Devero, Formazza und Vigezzo

Vorwort

Mit nicht geringem Wehmut, muss ich gestehen, ist für mich nun der Augenblick gekommen, meiner Rolle als Co-Autor des Kletterführers Ossola Rock tschüss zu sagen. Zusammen mit meinen Freunden Maurizio Pellizzon und Paolo Stoppini, die mich bei den vergangenen vier Ausgaben begleiteten und leiteten, habe ich beschlossen, den Stab nun weiterzureichen. Auch wenn uns ein guter Grundstock zur Verfügung steht, braucht es doch viel Zeit und Enthusiasmus, um ein Werk wie dieses herauszugeben. „Pelli“ möchte neben seiner Arbeit als Handwerker gern mehr Zeit damit verbringen, „seine“ Klettergebiete zu pflegen und zu hegen. „Stoppi“ möchte sich mehr um „seine“ Frauen zu Hause kümmern und die ihm verbleibende Zeit in seinen geliebten Bergen verbringen. Meine Rolle bei den letzten Ausgaben war immer eng verbunden mit meinem Dasein als Bergsteiger und Erschließer langer alpiner Routen. Viele Jahre lang war ich in den Alpen, im Himalaya und in den Anden unterwegs. Seit Ende der 1990er Jahre bis heute habe ich selbst oder mit anderen viele Mehrseillängenwege eröffnet. Wir sind alle drei nun zu dem Schluss gekommen, dass die vielen Klettermöglichkeiten im Ossola-Gebiet nicht in einem einzigen Buch beschrieben werden können. Deshalb haben wir dem Herausgeber vorgeschlagen, einen speziellen Führer für die Klettergärten zu realisieren und einen weiteren für die langen Routen.

In der Tat kamen in den letzten Jahren zu den schon seit langem bestehenden schönen Gebieten im Ossola-Tal, im Verbano und dem angrenzenden Cusio noch viele weitere hinzu. Unser „Kind“ wollten wir deshalb an jemand weiterreichen, der diese Situation in einem neuen Führer berücksichtigt und vorhandene Fehler oder Unklarheiten beseitigt. Und so ging die Arbeit nun an Enrico Serino, einem sehr guten Kletterer, Bergsteiger, Alpinschriftsteller und Freund dessen Mitarbeit wir schon in der letzten Ausgabe zu schätzen gelernt haben.

Enrico und ich arbeiten schon an dem neuen Führer für Mehrseillängenrouten, der in nicht ferner Zeit erscheinen soll. Als Mitautor beim Projekt „Ossola Rock“ bin ich also sozusagen immer noch mit von der Partie....

An dieser Stelle will ich an die vielen Erschließer erinnern, die es uns mit ihrer grandiosen Arbeit ermöglichen, diesen fantastischen Sport auszuüben. Ihnen gebührt, wie immer, ein herzliches Dankeschön, das wir durch die Nennung ihrer Namen in den Kapiteln zum Ausdruck bringen. In einer Zeit, in der schon für die kleinste Geste die Hand aufgemacht wird, haben sie für uns alle ihre Leidenschaft gratis zur Verfügung gestellt und oft auch ihren Geldbeutel aufgemacht.

Respektiert die Regeln, hinterlasst beispielsweise keine Abfälle, sammelt die der „Flegel“ ein und schont die Umlenker, indem ihr eure eigenen Karabiner benutzt. Und wenn doch mal ein Grasbüschel uns ausrutschen lässt, ein Griff locker ist oder ein Brombeerstrauch in den Zustiegsweg wächst: Dann schafft doch bitte auch mal selbst Abhilfe.

Die Felswände im Ossola gehören nämlich uns allen!

Viel Spaß beim Klettern!

Fabrizio Manoni, Gancio al Cielo, Ossolandia Trad (© Enrico Serino)

Inhaltsverzeichnis

25. Klettergarten

26. Girunu-Grotte und Pecetto-Wand

27. Sponde di Bach

28. Klettergarten Rifugio Zamboni-Zappa

30. Pallanzeno

31. Castello al Passet – Gaiasch

32. Pilastro Gulliver

33. Masera – Onzo

35.

La Pineta

Einleitung des Autors

Mein Gespräch mit Maurizio Pellizzon, Fabrizio Manoni und Paolo Stoppini schien mir fast wie eine – wenn auch ein wenig spartanische - Einführungszeremonie. Ich fühlte mich sehr geehrt, als sie mir eröffneten, mir nach vier erfolgreichen Ausgaben die Arbeit an dem Kletterführer Ossola Rock übertragen zu wollen.

Ich war mir bewusst, dass damit eine große Verantwortung einherging, aber ich sagte mehr als gerne zu, denn seit knapp vierzig Jahren brennt in mir die Leidenschaft für das Klettern und damit auch für jene Bücher, die träumen lassen. Eine solche Gelegenheit bietet sich nicht oft im Leben und ich war deshalb überaus glücklich.

Dass ich damit auch eine heiße Kartoffel in den Händen hielt, vermutete ich aber schon von Anfang an... Spaß beiseite! Eine heiße Kartoffel erreicht, wenn sie richtig behandelt wird – vielleicht in den Händen jonglierend – schon bald die richtige Temperatur, zerfällt dabei nicht und kann auch gut schmecken. Ich habe also versucht, nur das nötige Salz dazuzugeben, die Kräuter für einen individuellen Geschmack und ansonsten mein Möglichstes zu tun, um das Projekt Wirklichkeit werden zu lassen.

Ich will hier gar nicht alles aufzählen, was auf diesem langen Weg Komplikationen geschaffen hat. Schwierigkeiten gibt es immer und überall, sie bleiben zwar lange im Gedächtnis, kommen aber auch unserer Erfahrung zugute. Wir sind als Kletterinnen und Kletterer ja ständig auf der Suche nach ihnen, und ergreifen jede Möglichkeit, mit den Füßen den sicheren Boden zu verlassen. Der größte Unterschied zu den früheren Ausgaben liegt darin, dass der Fokus dieses Führers jetzt auf den kurzen Routen oder auch Wegen bis zu drei/vier Seillängen liegt, sofern letztere Klettergartencharakter haben und nicht einen ganzen Tag benötigen. Ihr haltet also ein Buch mit speziellem Inhalt in den Händen und keinen Wälzer mit tausend Seiten, der wegen der vielen neuen Routen und Gebiete nötig gewesen wäre.

Ja, die Zahl der Gebiete und der neuen Linien ist immens gestiegen: wir sprechen von über zwanzig neuen Klettergärten, allein diese Menge kann wohl all denen zu schaffen machen, die sich nur mal kurz ein Bild der aktuellen Situation machen möchten. Aber dies zeugt auch von einer erwartungsfrohen Begeisterung einer stark wachsenden Klettercomunity.

Ich wünsch mir, dass dieser Kletterführer ein wertvoller Begleiter bei euren Abenteuern sein wird und euch dazu die notwendigen Informationen bietet. Vielleicht hilft er sogar dabei, einmal über eure Grenzen zu gehen! Ich grüße alle Leserinnen und Leser und danke herzlichst den früheren, mir in Freundschaft verbundenen Autoren in der Hoffnung, dass diese Arbeit meine Anerkennung und Wertschätzung ihnen gegenüber widerspiegelt.

Ein Hoch auf das Klettern! Auf dass es uns immer in jugendlichem Geist zum senkrechten Tanzen bringt, auf dass der Nachwuchs nicht ausbleibt und auf dass es uns Mut und Kühnheit, aber auch Vorsicht, Hingabe und Respekt lehrt.

Enrico Serino

Enrico Serino, Croveo (© Alice Milani)

Danksagung

Ich möchte allen für ihren Beitrag, den sie zu diesem Führer geleistet haben, meinen herzlichen Dank aussprechen:

in alphabetischer Reihenfolge Fabrizio Agosti, Alberto Allevi, Gabriella Astori, Andrea e Letizia Avanzini, Erica Bagarotti, Jacob Balzani Lööv, Massimo Barozza, Alberto Bassini, Alessandro Baù, Chiara Benedetto, Nicola Bevilacqua, Massimo Bodi, Anna Bonelli, Alberto Borgini, Giuseppe Burlone, Luigi Buson, Roberto Capucciati, Raimondo Carpo, Marta Cavallari, Caroline Ciavaldini, Angelo Colombi, Marta Corrà, Lisanna Cuccini, Marco De Ambrosis, Massimiliano Delzoppo, Nicola Fazzolari, Ricky Felderer, Klaus Fengler, Pierantonio Ferrari, Tazio Ferrari, Stefano Frabetti, Giorgio Francese, Fabrizio Fratagnoli, Garcia Frigo, Alberto Giovanola, Alessandro Gogna, Alba Grassi, Andrea Greiner, Fabio Iacchini, Roberto Iulini, Veronika Kuhejdová, Osvaldo Lani, Jacopo Larcher, Corentin Le Masne de Chermont, Rino Leonardi, Alex und Chris Lepori, Markus Lipp, Mauro Mattiuz, Thomas März, Luca Moroni, Alessandro Manini, Raffaele Marini, Carlo Alberto Montorsi, Nicola Morabito, Giacomo Neri, Donato Nolè, Viola Novaria, Margherita Novarini, Davide Paganoni, Giovanni Pagnoncelli, Matteo Pasic, Antonio Pasquale, James Pearson, Lieselotte Peeters, Fabrizio Pelfini, Marco Pelfini, Alberto Piana, Luca Pieropan, Eugenio Pinotti, Daniele Piva, Stefano Poletti, Pietro Porro, Julian Resch, Alessandro und Samuele Rigato, Nicola Rossi, Matteo Ruffin, Paolo Sartori, Patrik Schranz, Roberto Serino, Alessandro Silvestri, Luca Sinigiani, Alessandro Sollami, Felice Spampanato, Morena Spagnoli, Andrea Sommaruga, Silvia Tamborini, Sebastian Thiele, Lucas Tubiana, Mario Ugazio, Francesco Vaudo, Attilio Venturato, Giorgio Visconti, Ramona Volken, Michelle Voss, Johannes Wirth, Federico Zanetta, Enrico Zanoletti, Lucia und Maria Zenklusen, Gerd Zimmermann.

Ein ganz besonderes Dankeschön geht an: Fabrizio Manoni, Maurizio Pellizzon, Paolo Stoppini, Alice Milani und Stefano Primo. Enrico Serino

Fabrizio Manoni, Spider, Mont’Orfano Cadorna (© Enrico Serino)

Technische Einleitung

ANMERKUNGEN ZUR GEOGRAFIE

Betrachtet man eine geografische Karte Italiens, so erkennt man im nördlichen Piemont eine “Einbuchtung” in die Schweiz, die in Richtung Westen vom Wallis und nach Osten vom Tessin begrenzt wird. Die Staatsgrenze verläuft über die Gebirgszüge der Walliser und Lepontinischen Alpen, die mit dem Monte Rosa (4634m) und dem Monte Leone (3552m) ihren jeweiligen Kulminationspunkt finden. Durch das Tal fließt der Fluss Toce, der im obersten Valle Formazza seinen Ursprung nimmt und nach ca. 80 km in den Lago Maggiore mündet. Dabei bildet er so etwas wie die Hauptachse der insgesamt sieben Seitentäler Anzasca, Antrona, Bognanco, Vigezzo, Isorno, Divedro, Antigorio und Formazza.

In diesem Führer werden zudem die an den Lago Maggiore angrenzenden Klettergebiete Mottarone, Montorfano, Cusio und Verbano beschrieben. Diese heterogene Region, die von knapp 200m Meereshöhe bei den Voralpenseen bis auf über 4000m reicht, ist Teil der Provinz Verbano Cusio Ossola und über die Autobahn A26 oder den Simplonpass leicht erreichbar. Wer aus Richtung Süden anreist, fährt nach der Mautstation Arona direkt unterhalb des Gebiets Mottarone vorbei, dessen Felswände aber nicht zu sehen sind, weil sie sich in Gipfelnähe befinden. Die Autobahn quert das bewaldete Gebiet des Alto Vergante und führt mit zahlreichen Gallerien zur Ebene vom Toce.

Zur Rechten liegt der Lago Maggiore, geradeaus scheint der Gebirgszug Mont‘Orfano mit seinen sehr auffallenden Granitsteinbrüchen das Tal regelrecht abzuriegeln. Viele schöne, bekannte Orte liegen am oder in der Nähe des Lago Maggiore: Belgirate, Stresa, Baveno, Feriolo, Verbania, Ghiffa, Oggebbio, Cannero oder Cannobio, die Grenze zur Schweiz mit dem Kanton Tessin ist nicht weit entfernt. Die Hauptstadt der Provinz, Verbania (ca. 30.000 Einwohner), liegt direkt am Lago Maggiore und zählt zu den schönsten Städten Italiens.

Auch Mergozzo am gleichnamigen See ist einen Besuch wert, regionalpolitisch gesehen gehört es schon zur Gebirgsgemeinde Valle Ossola. Zusammen mit Gravellona bildet Mergozzo quasi das Eingangstor zum Valle Ossola. Wer von Süden in dieses Tal fährt, erkennt rechterhand die Bergspitzen der Corni di Nibbio und die große Berggestalt des Pizzo Proman. Entlang dieser knapp 2000m hohen Berge verläuft auch die Grenze des Nationalparks Valgrande, einer der ursprünglichsten und wildesten Regionen ganz Italiens und Ziel der Wanderer, die auf der Suche nach Ursprünglichkeit und Abenteuer sind.

Die erste, geografisch rein zum Ossolagebiet zählende Gemeinde ist Ornavasso, wo sich die Zivilisationsgeschichte dieser Region in sehr konzentrierter Weise aufzeigen lässt. Anfang des letzten Jahrhunderts wurden dort bedeutende Nekropolen aus der Keltenzeit entdeckt, die davon zeugen, dass schon in der vor-römischen Zeit eine Besiedlung stattgefunden hatte. Die Fundstücke werden im Museum von Verbania ausgestellt. Um das Jahr 1200 herum besiedelten Walser diese Region, weshalb hier bis Anfang des 19. Jahrhunderts in diesem deutschalemannischen Dialekt gesprochen wurde. Nur bei einigen Orts- und Flurnamen und ganz wenigen Worten trifft man aber noch auf diese alte Sprache. In Richtung Norden führt uns der Weg nach Piedimulera, direkt am Taleingang des Valle Anzasca, das auf den ersten Kilometern tief eingeschnitten ist und sich erst ab der Mitte öffnet. Ab hier lässt sich auch immer wieder ein Blick auf die beeindruckende, riesige Ostwand des Monte Rosa werfen. Nach etwa 30 km erreicht man Macugnaga, die “Perle am Monte Rosa”, wie der Ort auch gern genannt wird. Diese alte Walsersiedlung, in der die Älteren nach wie vor den Dialekt kennen, ist definitiv einen Besuch wert. Von Vielen wird der Ort sogar als einer der schönsten der westlichen Alpenregion bezeichnet.

Die Felsabstürze vom Cistella (© E. Serino)

Nach Piedimulera folgen die Orte Pallanzano und Villadossola, wo das Valle Antrona seinen Anfang nimmt. Dort gibt es keine Klettergärten, die eine Beschreibung gelohnt hätten, allenfalls findet sich der eine oder andere alpine Weg in einer sehr wilden, ursprünglichen Umgebung (Ostwand des Mittelrück). Den Talschluss bildet ein Gratrücken, der vom Gipfel des Antigine (Spechhorn) zum Pizzo d‘Andolla, auch Portjengrat (3656m) reicht. Gleich nach Villadossola folgt der Hauptort des Tals, Domodossola mit ca. 19.000 Einwohnern. Von hier ist es nur ein kurzer Weg ins Val Bognanco mit einem bedeutenden Thermalbad und den Bergbahnen von Domobianca.

Nur wenig nördlich des Hauptorts endet bei Crevoladossola die sogenannte Talebene vom Toce und es beginnen die beiden Täler Val Divedro bzw. Antigorio. Fährt man weiter in das erstere, passiert man den Ort Varzo und erreicht die Grenze zur Schweiz bei Gondo. Der Ort, der bei der großen Überschwemmung im Jahr 2000 stark zerstört wurde, ist der Eingang zur Gondoschlucht bzw. zum Simplontal und damit zur Kulturregion des deutschsprachigen Teils des Wallis.

Folgt man aber dem Val Antigorio mit dem Fluss Toce, erreicht man zunächst den Thermalbadeort Crodo (wo auch der “Crodino”, ein bekannter italienischer Aperitif hergestellt wird) und danach Baceno. Von beiden Orten ist der Weg zur Alpe Devero mit dem Naturpark Veglia Devero nicht weit.

Dieses Gebiet lohnt wegen seiner außergewöhnlichen Schönheit auf alle Fälle einen Besuch, auch wenn man nicht gerade Klettern oder Wandern im Sinn hat. Noch weiter nördlich liegt der Ort Premia, wo sich in der Schlucht von Uriezzo ein Blick in die “Unterwelt” werfen lässt. Der Eingang dazu liegt nicht weit entfernt vom Klettergarten Balmafregia.

Bei Rivasco ist das Tal zwar immer noch dasselbe, wechselt aber seinen Namen und wir tauchen ein in die Welt der Walser im Val Formazza. Der hintere Talbereich bietet wunderschöne Touren für Wanderer und Skitourengeher. Im Seitental Val Vannino, das leicht von Valdo aus mit einer Sesselbahn zu erreichen ist, befinden sich deutlich mehr Felswände, die sich auch bestens zum Klettern eignen. Das ganze Gebiet mit seinen vielen Berghütten ist aus diesem Grund im Sommer ein gern besuchtes Ziel. Wer dort den beeindruckenden Wasserfall “live” und in seiner gesamten Größe sehen möchte, muss an Sonn- oder Feiertagen hierher kommen: an Werktagen wird ihm nämlich das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes für die Stromerzeugung abgegraben. Das Valle Isorno hingegen ist weniger bekannt und öffnet sich in der Nähe von Domodossola bei Masera-Montecrestese, wobei aber keine Hauptstraße dort hinaufführt. Das Valle Vigezzo beginnt weiter unten. Die ersten Kilometer vom Taleingang bei Masera sind ziemlich unspektakulär, erst danach öffnet es sich auf eine weitläufige Hochebene (Hauptort Santa Maria Maggiore, ca. 800m Meereshöhe), die von schönen Buchen- und Tannenwäldern umgeben ist. Auch dieses Tal grenzt an den Nationalpark Valgrande, von Malesco aus erreicht man über eine lange, ziemlich kurvige Strecke schließlich Cannobio am Lago Maggiore. Auf dem Weg liegt der Ort Re mit der Wallfahrtskirche Madonna del Sangue, danach fällt das Tal, ab der Schweizer Grenze Centovalli genannt, sanft bis nach Locarno ab. Die berühmte Vigezzina Bahnlinie verbindet Domodossola mit Locarno, das Tal ist somit auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar.

Alex Luger, Full Metal Jacket, Yosesigo (© Paolo Sartori)

WETTER

Die Klettergebiete im und um das Valle d’ Ossola liegen verstreut über ein sehr großes Gebiet mit unterschiedlichsten Klimabedingungen. Am Lago Maggiore zum Beispiel herrscht meist ein mildes Klima, welches Klettern auch in den Wintermonaten erlaubt. Im Gegensatz dazu herrscht in hoch gelegenen Gebieten wie Macugnaga oder dem Valle Devero oder Val Formazza ein sehr alpines Klima. Dort folgen im Sommer auf heitere, wolkenlose Vormittagsstunden oft gewitterträchtige Nachmittage oder Abende. Diesen Umstand sollte man auf keinen Fall außer Acht lassen.

Schweiz Wetter/Meteoschweiz +41848800162

Alpiner Notruf 118

AirZermatt (Schweizer Gebiet) +41 27 966 86 86

Notruf 144

Wettervorhersagen im Internet: http://www.rtsi.ch/meteo/ http://www.meteosvizzera.ch www.regione.piemonte.it/meteo/previs/

(© Enrico Serino)

GESTEINSARTEN, ABSICHERUNG UND SCHWIERIGKEIT

Abgesehen von den Gebieten Mottarone und Montorfano und einigen Felsen um den Ort Gravellona herum, wo man auf besten Granit trifft, bestehen alle Sektoren aus verschiedenen Arten von kompaktem Gneis, der sich beispielsweise im Val Formazza mit vielen Quarzkonkretionen oder im Val Divedro bzw. in der Gondoschlucht mit glatten Platten und Leisten zeigen kann. Der Klettergarten von Simplon Dorf bietet immer wieder auch die von vielen Kletterern geschätzten, angenehmen Löcher und gestattet ein eher „natürliches“ Klettern, wie es in Kalkgebieten meist möglich ist, im Gegensatz zur oftmals obligatorischen und manchmal größenabhängigen Kletterei im Granit. In Roledo finden sich auch ganz besonders geformte Löcher, bei der Alpe Devero trifft man dagegen auf eine sehr spezielle Gesteinsart, nämlich einen sehr rauen und griffigen Serpentin. Was die Ossola-Region also besonders auszeichnet, ist die durch die verschiedenen Gesteinstypen bedingte Vielfalt an Kletterstilen, die von Yosemite-ähnlichen Risstouren von Cadarese, Yosesigo und Ossolandia mit oft eigenartigen, aber sehr nützlichen Griffformen abseits der Linien reicht. Das Gebiet Valletta bietet klassische Reibungsplatten, Croveo dagegen Überhänge mit Leisten oder Taschen. In den Tälern Cairasca und Antigorio trifft man häufig auf Kalkschiefer und auch auf das sogenannte „Element Null“, die älteste Gesteinsart der Alpen. Es ist deshalb fast unnötig, darauf hinzuweisen, dass durch diese unterschiedliche Felsbeschaffenheit natürlich auch alle Schwierigkeitsgrade anzutreffen sind, von einfachen Einsteigertouren bis hin zu sehr extremen Linien. Die meisten hier beschriebenen Gebiete sind sportklettermäßig abgesichert, am Ausstieg der Trad-Routen findet man nur einen Standplatz bzw. Umlenker.

Technische Schwierigkeit

Bei (fast) allen Routen wird zur Routenbewertung die französische Schwierigkeitsskala verwendet. Einzige Ausnahme ist das Gebiet Yosesigo, wo auf ausdrücklichen Wunsch der Erschließer die amerikanische Skala verwendet wird. Das + gebrauchen wir hier nur ab dem 6. Grad aufwärts, meiner Meinung nach kann bei weniger schwierigen Routen (5b+, 5c+ ...) darauf verzichtet werden, weil da eine Unterscheidung oft schwierig und deshalb auch aus didaktischen Gründen unnötig ist. Die Schwierigkeitsgrade solcher Routen wurden deshalb „abgerundet“, wir haben dabei aber immer darauf geachtet, die ursprüngliche Bewertung zu respektieren sowie den Anreiz für und die Informationen über eine Route zu belassen.

Trad-Routen

Im Falle nicht abgesicherter Linien wird zusätzlich die sogenannte “R”-Skala verwendet, die auf die Schwierigkeit beim Platzieren der mobilen Sicherungsmittel hinweist (ein Faktor, der oft umgekehrt proportional zum Risiko ist). Mit „RS“ bezeichnet sind die Routen, die im sogenannten „Greenpoint“Stil begangen werden oder auch bei gemischten Routen, also z.B. Rissen, die mit Bolts abgesichert sind, aber auch ohne Benutzung derselben (und mobil abgesichert) geklettert werden können.

MEHRSEILLÄNGENROUTEN

In dieser Ausgabe tauchen nur ganz wenige lange Routen mit max. 3-4 Seillängen auf, die meist Klettergartencharakter haben, entweder direkt in oder in der Nähe einer der beschriebenen Wände verlaufen und somit nicht weit vom Talgrund entfernt sind. Der Zeitbedarf für einen Durchstieg ist gering, sie können deshalb auch mit anderen Routen vor Ort verbunden werden.

Anmerkungen zur Geschichte

Die Klettergeschichte im Val d’Ossola während der Anfangsjahre des Freikletterns ist eng verbunden mit einem klassischen Alpinismus, der hier tiefgreifende Wurzeln hat. Bereits in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre trainierten ortsansässige Alpinisten an kleineren Wänden im Tal für ihre großen Unternehmungen und freuten sich, dass sich diese Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe boten. Symbolträchtige Linien jener Jahre sind beispielsweise Fessura Centrale am Gulliver-Pfeiler (Erstbegeher G. Masciaga und C. Manoni), Fessura del Secondo Tornante am Picco del Monumento (Erstbegeher A. Paleari und L. Montani, 1978) und Fessura Paleari in Balmalonesca (Erstbegeher Paleari, M. Rossi, G. Lanza, 1979). Nicht zufällig finden sich diese Routen entlang von Rissen, den markantesten natürlichen Linien einer Wand, die schon vor dem Aufkommen von Bohrhaken abgesichert werden konnten. Und ebenfalls nicht zufällig waren diese Aufstiege der Grundstock für die Eroberung der hohen Wände von Gondo und vieler anderer im gesamten Gebiet des Val d’Ossola, die sich, sowohl aus klettertechnischer als auch mentaler Sicht, in verschiedenen Wellen ausbreitete. Kletterschuhe, Klemmkeile und Friends waren nun Grundbestandteile einer Kletterausrüstung und gestatteten Aufstiege in einem Zeitrahmen, der vorher undenkbar schien, dabei waren diese Aufstiege aber noch lange kein Hinweis auf künftige athletische Grenzen. Die ersten Routen an der Rudenwand (1978) und der Pala di Gondo (1979) waren sowohl hinsichtlich Intuition als auch Wagemut absolute Meilensteine, ganz wie es in Routen in den USA davor schon aufgezeigt worden war. Die Abenteuerlust in den Flanken der hohen Berge konnte nun auch in den tiefer gelegenen, kleineren Felswänden ausgelebt werden. Die kritischen Passagen in beiden Linien wurden mit wenigen, von Hand gebohrten Haken bewältigt, was in der Region noch sehr selten war und sich aus kletterethischer Sicht als ein Schritt in die richtige Richtung erweisen sollte. Neben einer Vielzahl neuer langer Routen entstanden so ab Mitte der 1980er Jahre immer mehr mit Bohrhaken ausgestattete Klettergärten. Der erste große war Bamalonesca, ein bequemes „Labor“ für unbequeme Risslinien wie Moby Dick, schon Anfang der 80er Jahre mit Holzkeilen als Absicherung erstbegangen (Masciaga). Kurze, harte Routen wurden dort quasi zum Selbstzweck - fast alle wurden dort von R. Pe und R. dell’Ava befreit. Immer öfter wurden nun auch die kompakten Platten mit Bohrhaken versehen, wobei wegen der undankbaren Beschaffenheit bestimmter Wände und einer zügellosen Begeisterung auch die eine oder andere Leiste mit dem Meisel geschlagen wurde. Wichtig war, hochzukommen und zu trainieren.. oder zu trainieren, damit man hoch kam.

Das sogenannte Sportklettern fasste immer mehr Fuß, „rotpunkt” war das Stichwort, und seinen Ausdruck fand dies nun mit der Verwendung der französischen Schwierigkeitsskala, die in anderen Gebieten in Italien und bei Wettbewerben schon länger gang und gäbe war. Ein großer Nacheiferer einiger Rockstars von nördlich der Alpen war A. Manini, der die Schwierigkeitsgrade vor allem im Gebiet Balma in ungeahnte Höhen brachte: seine Route Energia wurde ganze 25 Jahre lang nicht wiederholt. Die Route A Denti Stretti wartete fast genauso lang auf eine Wiederholung, eine gewisse Zeit galt sie sogar als die härteste Risslinie Europas, wenn nicht der ganzen Welt. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre entstanden viele weitere Klettergärten, u.a. Gravellona, Cuzzago, Pallanzeno, Villette, Rivasco, Premia und eine Art „Früh“- Croveo. Einige der wichtigsten Erschließer waren Mauro Rossi, Fabrizio Manoni, Alberto Giovanola, Osvaldo Lani, Giovanni Torrielli, Marcello Azzari, Fabrizio Agosti, Rino Leonardi, Attilio Venturato und Luca Sinigiani. Im Val Vannino, einem schönen Seitental des Val Formazza, erschlossen die Mailänder E. Pesci, B. Quaresima, R. Capucciati und D. Piazza ein großes Granitklettergebiet in mittlerer Höhenlage.

Alessandro Manini, Energia, Balmalonesca, 1993 (© Arch. Alessandro Manini)

Andere ortsansässige Klettergruppen richteten ihre Aufmerksamkeit auf weitere Felsen in der Ossola-Region. Hier alle Klettergärten und oder gar die einzelnen Erschließer anzuführen, ist leider nicht möglich. Wir haben versucht, das wo immer möglich bei den einzelnen Kapiteln nachzuholen. Ganz allgemein bleibt festzustellen, dass in der Gondoschlucht und auch anderen Gebieten ab Mitte der 1990er Jahre ein regelrechter Neutourenboom bei langen Wegen statt fand, die alle mit Bohrmaschine und von unten eröffnet wurden. Die dabei Umtriebigsten waren M. Pellizzon und F. Fratagnoli, die sich nach der Jahrtausendwende sich auch um die weitere Erschließung von Croveo, Cippo, Esigo und Osso kümmerten. Im letzteren Gebiet gelang A. Manini 2012 die erste Begehung von Lapoterapia, der ersten 8c-Route in der Ossola-Region. Ein weiterer, sehr reger Erschließer ist auch P. Stoppini, dem wir Codelago und andere Gebiete im Val Vannino und bei San Domenico verdanken.

Das Gebiet Cadarese verdient eine gesonderte Betrachtung: Nach seiner Entdeckung und den ersten erschlossenen Risslinien durch L. Sinigiani und F. Fratagnoli wurde es zum Epizentrum einer besonderen Klettermentalität. Nach etlichen „Erschütterungen“, sprich einigem Hin und Her, hat sich hier das Trad-Klettern mittlerweile genauso etabliert wie in andern, speziell dafür bekannten Regionen der Welt. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Absicherung mit mobilen Sicherungsmitteln im Vergleich zu früher deutlich einfacher und damit sicherer geworden war. Mit ein wenig Selbstvertrauen und Zuversicht ließen sich nun auch in Rissrouten die Grenzen ausloten.

Einen riesigen Motivationsschub in dieser Hinsicht verschaffte der Besuch des Weltmeisters Yuji Hirayama, der 2011 in Balma die Route Profondo Rosso im zweiten Versuch mit nur wenigen Friends Trad kletterte. Immer mehr ausländische (auch berühmte) Kletterer tauchten nun auf, das Val d‘Ossola gewann zunehmend an Renommee – erst recht, als das Gebiet Yosesigo mit ins Spiel kam. Entdeckt wurde es durch S. Frabetti, A. Sommaruga, G. Ruiu und R. Felderer, die einen Ort ohne Kompromisse schufen und damit auch die besten Rissspezialisten aus vielen Ländern anlockten, so z.B. Stefan Glowacz, Stefan Siegrist, Ines Papert, Ueli Steck oder Tom Randall. 2013 gelang J. Pearson endlich die erste Wiederholung von A Denti Stretti im Trad-Stil in Balma . 2015 kletterte J. Larcher im Trad-Stil Lapoterapia in Osso, ebenso wie zwei Jahre später Gondo Crack in Cippo, eine Route, die B. Zangerl erst kurz zuvor als Bohrhakentour befreit hatte. Auch dem Local N. Balducci, der bei internationalen Wettkämpfen für Italien am Start ist, gelangen diese Routen, zudem viele weitere schwierige in der ganzen Region.

Das am meisten Aufsehen erregende Ereignis war aber der Durchstieg der nicht mit Haken abgesicherten Route Tribe in Cadarese durch J. Larcher. Er hatte die Linie sechs Jahre lang im Kopf, nach drei Jahren der „Belagerung“ ergab sie sich schließlich im Jahr 2019. Ein Schwierigkeitsbewertung wollte Larcher zunächst aber nicht abgeben. Im Jahr darauf gelang J. Pearson die erste Wiederholung der Route.

Aber kehren wir zurück zu weniger „hohen“ Zielen: in jenen Jahren wurden weitere, neue Gebiete erschlossen, z.B. Ponte Romano (M. Pellizon) sowie Cervinibbio und Anzola (M. Ruffin, F. Dattilo, A. Giovanola, S. Dorizza und andere), alle in der Nähe älterer Klettergärten in der Nähe des Talgrunds. Es scheint, als sei nach wie vor genügend Potenzial für Klettergärten vorhanden. Im letzten Jahrzehnt entstanden Colloro, ein von A. Gnerro erschlossener Klettergarten mit schwierigsten Linien sowie Anzo und Orco, die von V. Pandolfelli und dem unermüdlichen Pelli eingerichtet wurden. Letzterer schuf auch den Klettergarten Cascata und gab den Anstoß für Ossolandia, die „TradErweiterung“ des Gebiets Osso, eine Aufgabe, die dann E. Serino übernahm. Das alte Gebiet Fognone bei Croveo erweiterten Serino, Manini und Sinigiani; T. Ferrari und G. Pagnoncelli erweckten Rivasco aus dem Schlaf, zusammen mit P. Pettinaroli richtete Ferrari dann Pontemaglio ein und erschloss mit G. Burlone Balma delle Scimmie, ein einzigartiges Gebiet. Einen beträchtlichen Beitrag lieferten auch A. Bassini, G. Frigo und Freunde mit dem Gebiet Il Passet im unteren Valle

Maurizio Pellizzon bei der Arbeit (© Enrico Serino)

d’Ossola, mit neuen Sektoren in Ponte Romano und mit La Banleue – ebenfalls bei Croveo – und dessen reichhaltiger Liste mit extremen Routen. Dieselbe Gruppe geht auch in den Gebieten Cristo und Barriera zu Werke.

Bibliografie

Für die historische Recherche und Dokumentation wurde auf die folgenden Werke zurückgegriffen: Arrampicate nelle Gole di Gondo von Danilo Bossone e Graziano Masciaga,1992

Di Ossola Arrampicata von Autori Vari, 1996

Alpinismo in Valdossola von Fabrizio Manoni e Paolo Crosa-Lenz, Grossi-Domodossola 2002

Durch und durch Simplon von Enrico Serino, Holz-Egg Verlag 2014

Extrem Sud von Sandro Von Känel, Filidor 2014

UP Climbing von Autori Vari, Versante Sud 2019

Ossola Rock von Fabrizio Manoni, Maurizio Pellizzon, Paolo Stoppini, Enrico Serino, Versante Sud Edizioni 2019

Ossola Crack von Enrico Serino, Maurizio Oviglia Edizioni 2022.

Natur helfen und den Respektlosen ein Beispiel geben

Leon Schaake, Full Metal Jacket, Yosesigo (© Thomas März)

DIE FAUNA, DIE FELSWÄNDE UND WIR

Die Klettergärten, in denen wir unseren Sport ausüben, den wir so sehr lieben, sind nicht nur ein schöner Ort, sondern auch einer, der viel Leben beherbergen kann.

Es gibt harmlose Insekten wie Ameisen oder Marienkäfer, aber auch solche, die einige Probleme verursachen können. Beispielsweise nisten Insekten der Ordnung der Hymenopteren, zu denen Wespen und Hornissen gehören, häufig in Felswänden. Ob

es vor Ort welche gibt, erkennt man schnell daran, wenn die „Wächter“ aufmerksam um ihr „Zuhause“ herumfliegen, um etwaige Gefahren abzuwehren.

Wir Kletterer werden – das versteht sich von selbst –als Bedrohung wahrgenommen und bleiben daher Gegenstand möglicher Angriffe.

Ich erinnere mich, dass ich mal ganz schnell den Rückzug antrat, als ich in einer Route auf ein Wespennest traf. Das war eine der beliebtesten Routen

Barttgeier und Steinbock (© Raffaele Marini)

an diesem Fels und später, als ich in einer angrenzenden Linie unterwegs war, beschloss trotz meiner Warnung ein deutscher Kletterer mit einer schönen Glatze, sie trotzdem zu klettern. Sobald er in die Nähe des Nestes gekommen war, wurden die Hornissen wütend und fünf oder sechs von ihnen stachen in sein Haupt. Seine Abwehrversuche waren nutzlos, von meiner erhöhten Position sah ich mit einer Mischung aus Belustigung und Besorgnis auf die Szene. Glücklicherweise hatten nur wenige angegriffen, ansonsten wäre das für den Kletterer deutlich schlechter ausgegangen. In den letzten Jahren sind neue orientalische Wespenarten wie die Vespertina aufgetaucht, die besonders aggressiv sind. Spinnen hingegen sind ruhiger und zeigen ihre Anwesenheit nur durch ihre Netze deutlich an. Bei Spinnen, die sich häufig in Felswänden aufhalten, sind

die Netze aber oft klein und auf das Loch beschränkt, in dem sie leben. Bisse von einheimischer Spinnen stellen für den Menschen in der Regel kein Problem dar. Auch wenn Kletterer nicht betroffen sind, wurden hier im Norden in den letzten Jahren aber immer wieder Fälle von Bissen der Geigenspinnen gemeldet, einem nicht gerade harmlosen Spinnentier. Ein weiteres Insekt, in diesem Fall eine Art, die zur Ordnung der Lepidoptera, also der Schmetterlinge, gehört, ist der sogenannte Christs Mohrenfalter (Erebia Christi), der in den Lepontinischen Alpen endemisch und sehr selten ist. Es vermehrt sich im Sommer in den Kletterwänden des Gebiets Agaro und es ist nicht auszuschließen, dass zum Schutz dieses Schmetterlings Maßnahmen für eine zumindest temporäre Schließung getroffen werden. Unsere Felswände werden auch von verschiedenen

Grundregeln im Klettergarten

Weicht nicht von markierten Zustiegswegen ab und geht nicht über Privatgelände: die Eigentümer könnten den Zugang dauerhaft verbieten.

Macht kein Feuer am Wandfuß! Es könnte sich ausbreiten und große Schäden verursachen.

Lasst keinen Müll zurück, weder am Wandfuß noch auf den Zustiegswegen. Lasst uns die Natur für uns und für zukünftige Generationen schützen.

Werft keine Zigarettebkippen weg. Eine Kippe ohne Filter (aus Zellulose) braucht 6 bis 12 Monate, bis sie verrottet ist. Ganz anders verhält es sich bei Kippen mit Filter: sie benötigen mindestens 5 und bis zu 12 Jahren!

Vermeidet Geschrei: aus Respekt gegenüber Anderen am Fels und vor allem aus Respekt gegenüber der Tierwelt.

Respektiert die Pflanzenwelt, brecht Äste und schneidet Pflanzen nicht unnötigerweise ab. Respektiert die Tierwelt - seid euch bewusst, dass das Gebiet nicht unser Wohnzimmer ist. Respektiert Bäche und Flüsse, werft also nichts hinein. Sammelt keine „Souvenirs“ jeglicher Art. Wenn etwas irgendwo liegt, hat das seinen Grund.

Macht eure Geschäft nicht am Wegesrand oder unter der Wand. Verwendet keine Feuchttücher, oder wenn, dann sammelt sie auf und nehmt sie mit. Zieht gegebenenfalls Taschentücher vor: ein Feuchttuch (auch Biomaterial) braucht mindestens 3 Jahre, bis es verrottet ist!

Parkt mit Umsicht, lasst Platz auch für diejenigen, die nach euch ankommen. Oft gibt es nicht viel verfügbaren Platz – Individualismus ist nicht schön, zeigt besser Teamgeist.

Und last but not least: Lernt, dass es wichtig ist, die Natur zu respektieren und zu lieben!

LEGENDE DER SYMBOLE

Schönheit

ÙÙÙÙ

wunderschön

Absicherung

ÙÙÙÙ ÙÙÙÙ

sehr ruhig

ÙÙÙÙ ÙÙÙÙ ÙÙÙÙ

schön

ÙÙÙÙ

ganz gut

mittelmäßig

Diese Bewertung beeinflussen mehrere Faktoren, neben der Schönheit von Fels und Routen spielen auch Umgebung, entspanntes Ambiente und all das eine Rolle, was einen Klettergarten wunderschön, schön, ganz gut oder mittelmäßig machen kann. Diese Bewertung ist persönlich und subjektiv.

Die Angabe bezieht sich auf die Hakenabstände und die Positionierung im Bezug zum Routenverlauf.

mittelmäßig gut besucht

Gedränge

Diese Angabe bezeichnet den durchschnittlichen Besucherandrang in einem Gebiet zur empfohlenen Jahreszeit und bei idealen Wetterbedingungen.

komfortabel

Bequemlichkeit

ÙÙÙÙ

nicht immer bequem unbequem

ÙÙÙÙ

Anseilen nötig

Eine allgemeine Angabe, die die durchschnittliche Bequemlichkeit des Sicherungsgeländes darstellt. In einigen Gebieten kommt es vor, dass der Wandfuß der meisten Routen durchaus bequem ist, während man bei anderen auf einem schmalen Band balancieren oder sich anseilen muss.

Parkplätze optimal gut weniger gut schwierig

Nützlich für die Planung der Anfahrt, insbesondere für Gruppen mit mehreren Autos: Bei einer weniger guten Parksituation empfiehlt es sich, mit so wenigen Fahrzeugen wie möglich oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen.

Steinschlag

IN ALLEN KLETTERGÄRTEN BESTEHT IMMER STEINSCHLAGGEFAHR. DAS TRAGEN EINES HELMS WIRD STETS EMPFOHLEN, SOWOHL FÜR DEN KLETTERER ALS AUCH FÜR DEN SICHERER!

An Felsen, wo dieses Risiko größer und konkreter ist, rät das JA ausdrücklich zur Verwendung eines Helms.

Hilfe!

Diese Information hilft bei der Entscheidung, welcher Fels am besten zum persönlichen Geschmack passt. Bei den Gneis-Felsen kann die Angabe aber manchmal auch irreführend sein, da dieses Gestein sehr vielfältig ist und die Art der Kletterei sich von Fels zu Fels stark unterscheiden kann. Dies ist nicht der Fall bei den Gebieten aus Dolomit, Kalk, Granit oder Porphyr, wo sich das Gestein und die Art der Kletterei immer sehr ähnlich sind.

Die Gehzeit vom Parkplatz bis zum Wandfuß oder zum ersten Sektor, zu dem man gelangt, wird auf der Grundlage einer mittleren Gehgeschwindigkeit und unter Berücksichtigung des Gewichts der Ausrüstung (Seile, Rucksäcke, Exen, Schuhe, Wasser, Kleidung usw.) berechnet. Die Gehzeit kann je nach Wetter- und Geländebedingungen variieren. Im Spätherbst zum Beispiel sind manche Wege vollständig mit Blättern bedeckt, sodass man nicht nur leichter die Spur verliert, sondern auch langsamer vorankommt. Das Gleiche gilt für steile Zustiege an heißen Sommertagen in der prallen Sonne. Die Angabe bleibt subjektiv und hängt auch von weiteren Faktoren ab, die die Gehzeit beeinflussen können.

Anfänger

Dieses Symbol markiert Gebiete, in denen der Großteil der Routen auch für Anfänger geeignet ist oder für erste Felserfahrungen. Die Absicherung in diesen Klettergärten ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, in der Regel sehr gut und die Hakenabstände kurz.

Familienfreundlich

Diese Angabe sagt nichts über das Vorhandensein von leichten Routen aus, sondern gibt Aufschluss darüber, ob der Wandfuß für Kinder geeignet ist, die einer Aufsicht durch Erwachsene bedürfen. Viele Klettergärten sind für Familien mit kleinen Kindern ungeeignet, weil dort ausgesetzte Bänder, schwierige oder gefährliche Zustiege, Steinschlaggefahr, eine stark befahrene Straße oder andere objektive Gefahren auftreten können.

KINDER MIT IN DIE NATUR ZU NEHMEN, KANN TROTZDEM EIN RISIKO DARSTELLEN. DIESE ANGABE HAT LEDIGLICH DIE FUNKTION, ERWACHSENEN ZU HELFEN, ORTE MIT WENIGER OBJEKTIVEN RISIKEN ZU BESTIMMEN. ES BLEIBT JEDOCH DIE VERANTWORTUNG DER ELTERN, DEN STANDORT FINAL ZU BEURTEILEN UND DIE STÄNDIGE BETREUUNG DER KINDER SICHERZUSTELLEN.

QR-Code Parkplätze

Schwierigkeiten, den Parkplatz zu finden? Einfach den Code mit einer der vielen verfügbaren Apps scannen und schon führt das Navi des Smartphones direkt zum Parkplatz. Die Koordinaten basieren auf Google Maps.

Abkürzungen im Text

SL Seillänge(n)

Bh Bohrhaken

Nh Normalhaken (geschlagene Haken)

RP Rotpunkt

Wh Wiederholung

Gestein
Zustieg

CUSIO

Der Lago Maggiore wirkt am besten während dieser windigen und frischen Frühlingstage, die seine Gewässer noch kontrastreicher und blauer machen; der Lago d’Orta (Cusio) ist seinerseits der romantische See und erscheint erst im Herbst poetischer, und zwar bei solchem Nebel, der den Wasserspiegel streift und die Himmelgrenze versteckt. Der Mottarone trennt diese zwei so verschiedenen, nassen Brüder und bildet zusammen mit ihnen das Willkommen-Kommitee für das OssolaTal. Niemand würde auf diesem bequem da liegenden Berg Kletterfelsen erwarten: Nicht einmal die Picknick-Spezialisten, die normalerweise an schönen Wochenenden mit dem Auto auf seinen sanften Hängen bis zum Gipfel hinaufströmen. Sie wissen nicht, dass vielleicht auf der anderen Seite, gerade in diesem Moment, jemand sich ebenfalls den eigenen Lieblingssachen widmet, aber sich an fantasieförmigen Felsen krallend. Wie am Berg eingefasste Edelsteine, schildern diese zusammen mit den Ufern des Ortasees jene Kontraste, die Kletterer, Neugierige und neugierige Kletterer im ganzen Ossola begleiten werden. (e.s.)

01. Mottarone 36

02. Omegna – Sasso Gambello 58

03. Val Strona – Rosarolo 60

04. Gravellona 62

Letizia Avanzini, Amici Miei, Omegna – Sasso Gambello (© Enrico Serino)

MOTTARONE

1300m

Meereshöhe

SÜDEN und WESTEN

Wandausrichtung

ÙÙÙÙ

Schönheit

ÙÙÙÙ

Absicherung

ÙÙÙÙ

Ruhe

ÙÙÙÙ

Bequemlichkeit

ÙÙÙÙ

Parkplätze

Steinschlag

Rosa Granit

Gestein

10/30’

Zustieg

Anfänger

Regensicher

Familienfreundlich

Der Mottarone ist die letzte bedeutende Erhebung in der Voralpenregion, bevor diese immer mehr in das hügelige Gebiet bei Novara abfällt. Aus Richtung Osten (Lago Maggiore) blickt man auf einen eher sanften Höhenrücken mit Buchen- und Tannenwäldern, die Westflanke zeigt sich hingegen deutlich steiler, kahler und wilder. Das Gebiet ist vor allem bei Skifahrern wegen seiner Pisten beliebt, die Wunden dieses „Vergnügungsparks“ sind aber von den Almwiesen am Gipfel sehr gut zu erkennen. Die Klettergebiete mit ihrem rosafarbenen oder weißem Granitgestein liegen dagegen - für das nicht interessierte Auge - etwas versteckt an der Südseite, viele Routen findet man auch in den Wänden der steilen Nordwestflanke.

Wie es oft der Fall ist, entstanden auch hier zunächst alpine Wege, meist entlang von Rissen und oft unter Verwendung künstlicher Hilfsmittel. Mit dem Aufkommen der Bohrhaken verschob sich das Interesse aber auf Routen in den glatten Platten, die man nun relativ gefahrlos in freier Kletterei angehen konnte. Auf Einsteiger und Könner warten hier über hundert verschiedene Routen, auch einige (hinsichtlich Klettertechnik und erforderlicher Kraft) durchaus schwierige Wege. Genau diese Vielfalt an Routen macht das Mottarone-Gebiet so einzigartig: von leichten Anfängerrouten über extreme Linien bis

Sass Buticc, Sektor Aquila (© Stefano Poletti)

Cima Cusio Mehrseillängen

Rif. CAI Baveno Seilbahn

Mottarone-Gipfel 1491m

kleiner See

Schautafel

Bouldergebiet

Sektor Bertogna

Bouldergebiet

A LA ROSSA

B IL REGOLARE

C IL MONOLITO

D CAI BAVENO

E SASS BUTICC

F FALESIA DEI BOCIA

Casa della Neve
Gignese
Ippodrillo
Gravellona
Sasso Rana
Rif. CAI Omegna

hin zu alpinen Routen ist alles vorhanden. Eine Aufwertung erfährt das Gebiet auch durch die vielen Bouldermöglichkeiten an Blöcken aus bestem Granit. Dieses Potenzial wird in einem speziellen Boulderführer beschrieben.

Die meisten Wände sind nach Süden ausgerichtet, weshalb man hier fast das ganze Jahr über klettern kann (sofern es nicht viel zu kalt ist oder die Schneelage dies verhindert). Selbst im Hochsommer lohnt ein Besuch, denn das Gebiet liegt ziemlich hoch, dazu herrscht hier ein recht trockenes Klima. Nur um die Mittagszeit ist es in dieser Jahreszeit oft zu heiß. Die Routencharakteristik ist schnell beschrieben: Man hat es hier fast immer mit Reibungskletterei zu tun, aber es gibt auch viele Schuppen, Risse und kleine Leisten. Die Absicherung ist fast überall perfekt, auch ältere Haken sind schon oder werden Zug um Zug ausgetauscht. Die Routen wurden von M. Medina, L. Manganilo, M. Bodi, P. Lavarini, A. Paleari, F. Kluckner, M. Pellizzon, F. Manoni und vielen anderen erschlossen.

ANFAHRT

Von der A26 bei Carpugnino abfahren und weiter in Richtung Gignese-Mottarone, 10 km (mautpflichtige Straße zum Mottarone). Ab der Staatsstraße 33 entweder von Stresa oder Baveno hierher (16 km).

Vom Ortasee erreicht man den Mottarone-Gipfel über Armeno (18 km).

Einen alternativen Zugang bietet die Seilbahn von Carciano (bzw. Alpino).

Hat man den Gipfel erreicht, parkt man am besten auf dem letzten Parkplatz.

A - LA ROSSA

Schon ab Mitte der 1970er Jahre wurden in diesem Sektor diverse Wege erschlossen, es waren die ersten Routen im Mottarone-Gebiet (G. Pucci, C. Zonca, I. Bellodi, S. Magri, C u. F. Sora), in späteren Jahren wurden dann diverse Sanierungsmaßnahmen durchgeführt (Sektion Arona) und einige wenige Routennamen von A. Paleati vergeben. Hier finden sich zumeist Platten, Risse und Verschneidungen, dabei halten sich die Schwierigkeiten der gut abgesicherten Routen in Grenzen (weshalb der Sektor bei Einsteigern – und für Kletterkurse – recht beliebt ist).

Zustieg: Man folgt zuerst der Schotterstraße bergab zum künstlichen See und dann einem Pfad, der in halber Höhe unterhalb des Skilifts vorbeiführt. Nach einem einzelnen Felsblock allmählich nordwärts und in steilerem Gelände weiter bergab in Richtung der Felswand (10 Min.).

1. SPIGOLO OVEST SL1 5a 30m Nette Kante

2. SL2 4b 20m Zum Ausstieg hin leichter

3. TRAD 5b 45m Kamin, dann Risse nach rechts. Alte Normalhaken, zusätzlich mobil absichern. Kan in 2 SL aufgeteilt werden.

4. LA BELLA 6a+ 25m Technische Platte mit kleinem Riss

5. UTILI I FRIEND 5b 40m Risssystem, besser zusätzlich absichern

6. LA PLACCA 6a 30m Platte mit Rissen

7. LA DÜLFER 5c 25m Riss, im Ausstieg piazen

8. IL TETTINO 6a+ 25m Technische Platte, kleines Dach mit Rissen

9. IL DIEDRO 5b 25m Verschneidung, “4c” am Einstieg angeschrieben

10. BATMAN È GAY 5c 25m Rundliche Risse und Platte

11. SPIGOLO SUD 6b 25m Überhang, dann leichter. Bei Einstieg über “Batman” 5a

12. IL FESSURONE 4b 20m Verschneidung mit breitem Riss

13. SECONDA FESSURA 4c 18m Gute Griffe, Riss am Pfeiler

14. PRIMA FESSURA 4a 16m Platte mit Riss

15. LA FACILE 3c 14m Kurz und gut

MOTTARONE

- LA ROSSA

KLETTERGARTEN LUCIANO BETTINESCHI

1400m

Meereshöhe

SÜDEN

Wandausrichtung

ÙÙÙÙ

Schönheit

ÙÙÙÙ

Absicherung

ÙÙÙÙ

Ruhe

ÙÙÙÙ

Bequemlichkeit

ÙÙÙÙ

Parkplätze

Steinschlag

Orthogneis

Gestein

Zustieg

Anfänger

Regensicher

Familienfreundlich

Luciano Bettineschi, ein weiterer lokaler und namhafter Bergführer, wurde auch die „Katze des Monte Rosa” genannt. Ihm ist dieser Klettergarten gewidmet, der zwar nah am oft umtriebigen Ort liegt, wo aber trotzdem viel Ruhe herrscht. Schon Mitte der 1970er Jahre entdeckten L. Mozzati, M. Lanzavecchia und der auch international bekannte Bergsteiger Alessandro Gogna diese Wand und erschlossen die Routen „Aurora Consurgens” und „Crapa pelada Blues” (die heute „Salto nel…” heißt). Schon am Morgen scheint die Sonne auf die Wand, es ist also besser, die heißeste Zeit des Tages zu meiden, denn kleinste Sloperdellen und Griffe sowie viele Reibungspassagen verlangen eine sehr gute Klettertechnik. Nur bei guten, kühleren Bedingungen - die wegen der Höhenlage und des Lokalklimas aber oft herrschen - lässt sich etwas ausrichten. Das Tal verengt sich ab hier sehr stark und die Sonne verschwindet im späten Herbst und im Winter schon früh hinter dem Pizzo Bianco. Trotz der südlich exponierten Wand ist es hier dann zu kalt zum Klettern.

1987, in den Anfangsjahren des eigentlichen Sportkletterns, fand hier einer der allerersten Kletterwettbewerbe statt. Die Routen dafür wurden noch mit recht weiten Hakenabständen eingebohrt, Schon bald sanierten F. Zanin und M. Mascarino diese Linien und erschlossen bei dieser Gelegenheit auch ein paar neue. Bei Tauwetter raten wir von einem Besuch ab, weil dann oft Steinschlaggefahr herrscht.

ANFAHRT

Man fährt von der Schnellstraße bei Piedimulera ab und folgt dann der Staatsstraße ins Valle Anzasca nach Macugnaga (30 km). Dort parkt man auf einem öffentlichen Parkplatz im Ortsteil Pecetto.

ZUSTIEG

Nun in die Gasse, wo sich das Hotel Edelweiss befindet, dann der Pfadspur in die Wiesen folgen. Nach einer schmalen Rinne erreicht man einen Schotterweg am rechten Wiesenrand. Nachdem man an den Pecetto-Platten vorbeigegangen ist, zweigt eine Pfadspur vom Hauptweg ab und führt direkt zum gut sichtbaren Wandfuß (15 Min.).

Zustiegsskizze S. 156.

Andrea Lanti, Primo Buco (© Enrico Serino)

14. EUBIOTICA

7a+ 20m Ausdauerwand, Leisten, zwei kleine Dächer

15. 30 ANNI 6b+ 20m Wand mit Leisten, Bewegungstechnik

16. CORTA MA LUNGA 6b+ 15m Technisch anspruchsvoller Ausstieg

17. PICCOLA BEA 6c 15m Technische Wand, überhängender Ausstieg

18. SIMPANSE 6b 12m Wand mit Leisten

19. GRANDE PI 6a 12m Wand mit guten Griffen

RECHTER SEKTOR

20. ANDOLLA LINE 6c+ 15m Einzelstelle im Einstieg, dann Wand mit Leisten

21. L’ARCA DI NOLE’ 7a 15m Wand mit Leisten, überhängende Passage, Ausstiegsplatte

22. DARK END OF THE STREET 7a+ 18m Technische Passage zu Beginn

23. IL SOLE DI STEFY 6c 18m Wand mit Leisten, Einzelstelle

24. LALLABY 6b+ 18m Kurzer Überhang mit Rissen

25. MENTI DEVIATE 6c 18m Verschneidung, technische Ausstiegspassage

26. KINKI 6b+ 20m Wand mit Leisten, kreuzt die Verschneidung

27. SENTO LE CAMPANE 6b 20m Wand mit Leisten, schwierig zu interpretieren

28. I CANNONI SONO ACCESI 6c+ 20m Kante, technischer Ausstieg

MASERA – ONZO LINKER SEKTOR

29. I CANNONI 6b 20m Rechtsvariante

30. PASA SÙ 6c+ 20m Technische Wand, Einzelstelle mit Intuition

31. AFFINITÀ ELETTIVE 6b+ 21m Senkrechte Ausdauerwand, Crux am 4. Haken

32. SELLI 6c+ 20m Bewegungstechnik, dann Kante und Einzelstelle

33. TOPOLINO 7b 20m Einstiegsboulder, technische Wand mit Leisten

34. VIA DELL’EDERA 6b+ 18m Wand mit Leisten, Einzelstelle braucht Entschlossenheit

35. SEI TREMENDA 6b+ 18m Wand mit heikler Reibungspassage

36. EL CAIANO 6a+ 17m Am Einstieg Balance an weit entfernten Leisten

37. RUSTI 5c 18m Wand mit Leisten

38. SEMPRE MI RIDE 6c 13m Leichter Einstieg, Crux bei der Ausstiegskante

39. PICCOLA NEVE 5c 13m Verschneidung, Balance an Guten Griffen

40. MON AMOUR 7b 15m Wand mit Leisten, technische Passage

MASERA – ONZO RECHTER SEKTOR

ROLEDO

350m

Meereshöhe

SÜD SÜDWEST

Wandausrichtung

ÙÙÙÙ

Schönheit

ÙÙÙÙ

Absicherung

ÙÙÙÙ

Ruhe

ÙÙÙÙ

Bequemlichkeit

ÙÙÙÙ

Parkplätze

Steinschlag

Gneis/Kalkschiefer

Gestein

10’

Zustieg

Anfänger

Regensicher

Familienfreundlich

Nicht weit entfernt von Domodossola trifft man auf ein neues, Gebiet, es wurde von A. u. S. Rigato und Freunden erschlossen. Die Arbeiten sind aber noch nicht erledigt, aber viele Linien können natürlich jetzt schon geklettert werden. Die Routen sind sehr abwechslungsreich, der Fels ist sehr strukturiert mit vielen Löchern, Rissen und einigen anderen - auch ungewöhnlichen - Formen. Die Wand ist sehr sonnig und bietet sich deshalb vor allem für die Übergangsmonate und schönen Wintertage an. Nach Regenfällen bleibt sie aber länger nass.

ANFAHRT

Aus Richtung Süden fährt man von der Schnellstraße bei Crevoladossola – Montecrestese ab und biegt noch in der Ausfahrt rechts ab auf eine flache Straße. Aus Richtung Norden nimmt man dieselbe Ausfahrt, überquert den Fluss Tode, dreht im folgenden Kreisverkehr um zurück zur Ausfahrt und biegt nach der Unterführung der Schnellstraße links ab auf die flache Straße. Dieser nun ca. 1,5 km folgen, im Ort Roledo parkt man gleich nach der Pizzeria auf einem geschotterten Platz auf der linken Seite.

ZUSTIEG

Nun über die Straße, auf der Privatstraße zwischen den Häusern hindurch, dann führt ein Pfad diagonal über die Wiesen und einen Kanal. Gleich nach einem Zaun folgt man dem ersten guten Pfad, geht dann am Waldrand entlang (nicht gleich bergauf!) und steigt erst in der Nähe einer Vogelscheuche über einen steilen Pfad hoch zur Felswand. Alternativ auf dem Hauptweg noch flach weiter, biegt nach einer Hütte bzw. den Bäumen links ab und folgt dem Wanderweg nach Castelluccio-Montecrestese. Bald wiederum links und über terrassiertes Gelände zum Klettergarten (10 Min.).

Zustiegsskizze S. 215.

1. ROVESCIO 6c+ 25m Steiler Einstieg mit unterschiedlichste Leisten, geneigte Kante

2. FULMINE 7a 25m Schräger Riss, dann geneigte Wand

3. PROJEKT

4. PROJEKT

5. PROJEKT

6. PROJEKT

LINKER SEKTOR

RECHTER SEKTOR

RECHTER SEKTOR

1. PROJEKT ? 20m Wand mit Leisten

2. ACUSTICA 7b 20m Schöner Fingerriss, dann Bewegungstechnik

3. BUONA LA PRIMA 6b+ 30m Kantenkletterei, kleine Risse und technische Passage

4. I’M ON FIRE 6a+ 25m Abwechslungsreich, Leisten, Verschneidungen und Risse

5. VARIANTE 6a+ 8m Einstieg rechts über Platte

6. SPIGOLO 6c+ 20m Technisch anspruchsvolle Moves in konkaver Wand bei Kante

7. CROSTA 6a 18m Verschneidung ohne Riss

8. SUPERQUARZ 6c+ 20m Kurioser Fels mit Quarzadern und abdrängenden Wandstellen

9. PROJEKT ? 20m Verschneidung und Wand mit Leisten

10. PIÙ BELLA COSA 6c+ 20m Pfeiler und schöne Kante

11. RITORNO A FINALE 7a 25m Löcher fast wie in Kalk, anstrengende Piazkletterei und Verschneidung

12. PICCOLO CERVINO 6c+ 20m Eine Reihe kleiner Dächer, Ausdauer an guten Griffen

13. FEGATO SPAPPOLATO 6c 20m Gute Griffe, technisch schwierig in der Mitte

14. ULTIMA 6a+ 25m Traverse, Bewegungstechnik an Leisten

rücksichtigt wurden, eröffnete Fratagnoli ein paar neue Bohrhakenlinien, die das gemischte Routenportfolio dieses Gebiets noch mehr vergrößern. Die Wände aus kompaktem Gneis sind südöstlich ausgerichtet, ideale Bedingungen herrschen in den Übergangsmonaten oder an milden, sonnigen Wintertage, sofern kein Schnee liegt.

Absicherung und Anspruch: Bei den Routenbeschreibungen sind die Größen der benötigten Cams (Fr) angeführt (bezogen auf die am meisten verbreiteten Modelle von Black Diamond. Die Skala R bezieht sich auf die Schwierigkeit bei deren Positionierung und die Risiken beim Klettern. So sind z.B. ab dem Grad „R2+“ einige Passagen als sehr exponiert zu betrachten. Ich empfehle auch, immer einen Helm zu tragen.

ANFAHRT

Von Domodossola in Richtung Val Formazza-Antigorio. Man passiert Crodo, zweigt in Baceno links ab Richtung Alpe Devero, kurz nach Croveo zweigt man über eine Brücke links ab zum Weiler Osso und parkt bei einer Kapelle oder ein Stück weiter auf einem Platz mit Waschtrog.

ZUSTIEG

Nun folgt man dem Wanderweg nach Esigo, verlässt diesen aber bei einem Steinmann, wo ein Pfad ziemlich flach zuerst zum unteren linken Sektor führt. Danach trifft man, kurz absteigend, auf den unteren rechten Sektor oder (Fixseil) den oberen Hauptsektor (ca.20 Min.).

Zum Sektor Ossolandia folgt man vom oberen Sektor einem Pfad links am Wandfuß entlang zu den markanten Risslinien „Rock Sapiens“ bzw. danach „Slalom“.

Zum Sektor Ossolandia Bis nochmals 5 Min. auf dem Pfad weiter, alternativ auch vom Hauptweg nach Esigo direkt zur Wand, ohne an den Bohrhakensektoren vorbei zu gehen. (25 Min. vom Parkplatz).

A UNTERER SEKTOR LINKS

B UNTERER SEKTOR RECHTS

C HAUPTSEKTOR

D SEKTOR OSSOPRA

E OSSO LANDIA

F OSSO LANDIA BIS

G SEKTOR 4 VENTI

H SEKTOR SCALA

I SEKTOR SUPER ATTICO

OSSO & OSSO LANDIA TRAD
Schlucht
Schlucht
Johannes Wirth, Gita Digitale (© Enrico Serino)
Matteo Pasquetto, Lapoterapia (© Marta Cavallari)

I - SEKTOR SOPRA LA SCALINATA („über der Treppe”)

Ausrichtung West, Meereshöhe 980 m, Zustieg 40 Min.

1. SPADA

6b+ 18m Trad Fr 0,3–4. Finger- und Handriss (R. Felderer)

2. NO NAME 5c 12m Trad Fr 0,3–4. Kurzer enger Kamin (R. Felderer)

3. BENTORNATI IN INGHILTERRA 6c+ 15m Trad Micro/Fr 00–1. Harte Traverse, Kante mit horizontalen Rissen (D. Spini)

4. LA SIGARETTA DI GIGHEN 6a+ 15m Trad Micro/Fr 00–1. Rissverschneidung (?)

5. CERTAIN DEATH

6c/7a 20m Trad Micro/Nut Micro/Fr 00-4 expo. Sehr hohes Risiko. Reibungskletterei und Technik, sehr moosig. Es ist unklar, ob je im Vorstieg geklettert und ob „Shpappulament” die gleiche Route ist (?)

I - SEKTOR SOPRA LA SCALINATA

Sektor Intransigenza Sektor Ultima Cengia

Fixseil
Oberer Sektor Trad
CADARESE
Jacopo Larcher, Tutto chiacchiere e distintivo (© Richard Felderer)

TRIBE

Mein Weg, bis ich Tribe endlich punkten konnte, begann im Jahr 2010, als mich Riky Felderer, ein sehr talentierter italienischer Kletterer und Sportfotograf, der ebenfalls gern Risse kletterte, bei einem Besuch in Cadarese auf diese Linie aufmerksam machte. Auf unserem Weg zum Hauptsektor wies er mit der Hand auf die markante Linie, die damals aber natürlich noch keinen Namen hatte. Eine leicht überhängende Kante reinsten Granits, die oberhalb eines breiten Dachs und die Baumwipfel hinausragte, als ob ein Schiffsbug durch das grünliche Meer schneiden würde. Eine herrliche Linie, es gab für mich genügend Hinweise darauf, dass sie kletterbar sein könnte. Aber in diesem Gebiet gab es so viel zu klattern, dass ich bei meinen ersten Besuchen nicht weiter darüber nachdachte. Ich ließ dort nicht mal ein Seil herunter, um sie auszuchecken. 2013 fragten wir Jacopo Larcher, ob er nicht mit uns auf die Insel Reunion fliegen wollte, um auch mal ein paar Trad-Routen zu klettern. Unser Fotograf war niemand anderes als Riky, der, kaum waren wir wieder zurück, Jacopo in seine Fittiche nahm und ihm eine Trip nach Cadarese vorschlug. Anders als ich hängte Jacopo als allererstes ein Seil in der Linie ein, putzte die Route und checkte die Moves aus. Sechs Jahre später gelang ihm die erste Begehung, er wollte aber – überraschend für viele – keine Bewertung abgeben. Die Internetcomunity ging ab, wie nur sie es kann, und aus vielen Sesseln kamen dazu spekulative Kommentare und Meinungen. Er hatte doch so viele harte, sowohl Sportkletter- als auch TradRouten geklettert, u.a. Rhapsody (E11) und La Rambla (9a+), und alle nach wenigen Versuchen bzw. Tagen: da musste Tribe doch mehr als hart sein, wenn er Jahre dazu brauchte! Jacopo ging weiter seinen Weg und ich ging meinen, der nicht darauf abzielte, unbedingt eine neue Superroute zu klettern, sondern zur Ruhe zu kommen, nachdem ich eine meiner Traumrouten wenige Jahre zuvor hatte aufgeben müssen. The

Walk of Life hatte nicht nur meinem Selbstvertrauen geschadet, sondern mir auch gezeigt, wo meine Schwächen lagen. Ich begann also quasi wieder von vorn und baute mir erst einmal über die Jahre eine solide Basis als Sportkletterer auf. Trad-Gear verwendete ich äußerst selten, sondern gebrauchte meine wiedergefundene Fitness in Routen wie Muy Caliente, Rhapsody und Somethings Burning Ein paar Jahre lang war es mir dann nicht so wichtig, ob eine Route extrem schwer war. Ich war nun eher auf der Suche nach den wunderschönen, durchaus auch mal seltsamen Erlebnissen, die das Klettern zu bieten hat. Ende 2019 gelangen mir einige der schwierigsten Boulder, die ich je geklettert hatte. Dies bekräftigte meine Entscheidung, noch mal ein Auge auf Tribe zu werfen, um zu sehen, ob ich mit dieser wiederentdeckten Stärke nicht doch eine Chance bei den einzelnen Passagen in der Route hätte und so vielleicht die Route schließlich klettern könnte. Die Passagen waren aber so hart, dass ich täglich nur wenige Versuche setzen konnte. Jeden einzelnen Zug musste ich mehrmals probieren, um all die kleinen Details jedes einzelnen Griffs und jeder Position zu verstehen... ich fühlte mich mehr in einer Bouldersession zu sein als beim Routenklettern. Gegen Ende meiner ersten Woche war auch Jernej Kruder in Cadarese angekommen und wir machten uns gemeinsam daran, die Linie auszuschecken. Ich hatte nicht gewusst, dass er kommen würde, war deshalb überrascht, überaus erfreut und noch mehr motiviert. Ich denke, wir haben uns gegenseitig sehr viel geholfen. Er motivierte mich, die einzelnen Passagen zu sehen und nicht die Route als Ganzes, als Trad-Linie. Ich half ihm dabei, Friends und Nuts als Teil der Route zu betrachten und sich ganz auf sie zu verlassen statt auf Bohrhaken. Wir probierten die Route einen Tag lang am Statikseil und begannen dann, von unten einzusteigen. Wir hatten erkannt, dass die Route recht sicher war und starteten erst mal mit schon vorher gelegten Absicherungen.

James Pearson, Tribe (© Caroline Ciavaldini)

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