Erste Ausgabe Juli 2014 ISBN 978-88-98609-17-8 Copyright © 2014 VERSANTE SUD S.r.l. Milano via Longhi, 10, tel. 027490163 www.versantesud.it Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung und der teilweisen oder gänzlichen Bearbeitung.
Umschlagfoto
In den Ausstiegslängen der Luna Nascente (ph. R. Felderer/CAMP)
Texte
Mario Sertori
Übersetzung
Gerd Zimmermann
Fotografien
Wenn nicht anders angegeben, sind die Fotos aus dem Archiv von Mario Sertori
Topos
Eugenio Pinotti
Druck
Monotipia Cremonese
Danksagungen Ich möchte allen Freunden danken, die mir bei diesem Führer mit Anmerkungen und Berichten geholfen haben: Alberto Marazzi, Luca Biagini, Carlo Caccia, Giovanni Ongaro, Marco Geronimi, Gianluca Maspes, Davide Spini, Ciro Zani, Marco Beltramini, Paola Pezzini, Paolo Vitali, Sonja Brambati, Tullio Parravicini, Luisa Fusi, Laura Doretti, Gianluigi Capuzzo, Tono Carasol, Enrico “Beno” Benedetti, Eraldo Meraldi, Richard Felderer, Matteo Tagliabue.
Hinweis
Klettern ist ein potenziell gefährlicher Sport und geschieht immer auf eigene Gefahr. Alle Hinweise in diesem Führer beruhen auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuell waren. Es wird empfohlen, sich vor der Begehung einer Route über den aktuellen Stand zu informieren.
Mein besonderer Dank gilt Francesca Marcelli für das Editieren und die Bereitstellung von Fotos. Ebenfalls sehr dankbar bin ich folgenden Personen für die fesselnden Erzählungen über ihre Erlebnisse: Giuseppe“Popi” Miotti, Paolo Masa, Jacopo Merizzi, Mario Giacherio, Stefano Pizzagalli, Ivan Guerini, Luisa Angelici sowie den unvergessenen Tarcisio Fazzini und Antonio Boscacci.
2% vom Verkaufserlös dieses Kletterführers wird in Material für die Sanierung von Routen investiert.
Mario Sertori
VAL DI MELLO Klassische und moderne Routen
EDIZIONI VERSANTE SUD
Einleitung
Einleitung Läge das Val Di Mello in den Vereinigten Staaten, hätte es vermutlich schon seit mehr als einem Jahrhundert den Status eines Regionalparks inne. In Italien bedurfte es dazu einer langen Wartezeit, erst 2009 wurde ihm dieser Status zuerkannt, und dies auch erst nach einem kleinem “Aufstand” der örtlichen Bevölkerung. Heute sind somit fast 5000 ha Fläche geschützt, davon 516 ha als sogenanntes “Integriertes Naturschutzgebiet” mit absolutem Schutz, das nur zu wissenschaftlichen Zwecken betreten werden darf. Dies ist ein großes und wichtiges Ergebnis für alle, denen der Erhalt dieses einmaligen und wertvollen Gebiets am Herzen liegt. Kletterer können aber beruhigt sein: Der Teil des Tales, der “off-limits” ist, betrifft einen für sie eh wenig interessanten Bereich, der auf der schattigen (orografisch linken) Talseite liegt und zudem von ca. 1500 Meter Meereshöhe bis zur Wasserscheide reicht. Hier wurde schon vor langer Zeit die Almwitrschaft aufgegeben. Mit der neuen Reglementierung ist der Lebensraum für viele Tierarten gesichert: Gämsen, Steinböcke, Rotwild, Murmeltiere Wildkatzen, ja sogar Bären und Wölfe können jetzt hier ohne menschliche Beeinträchtigung in Ruhe leben. Das Val di Mello ist ein einzigartiges alpines Tal – hier reichen die gewaltigen Granitwände fast direkt vom ebenen Talgrund bis in höchste Höhen. Diese Wände wurden durch Gletscherschliff im Quartär geformt, also vor etwa zwei Millionen Jahren, als eine dicke Eisschicht die gesamte Gebirgskette bedeckte und nur die höchsten Gipfel aus ihr heraus ragten. Das Eis bewegte sich ganz langsam, doch stetig, und verschaffte vor allem den südlich exponierten Wänden bis auf ca. 2000
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Meter Höhe eine glatte Gestalt. Heute finden Kletterer hier deshalb ein riesiges und außergewöhnliches Feld für ihre Spielart des Alpinismus vor. An den Rändern dieser Plattenfluchten und auf den abschüssigen Felsbändern entstehen und wachsen seit vielen Jahrhunderten kleine Buchenwälder, und auch die eine oder andere weitere Baumart hat hier ihren Platz zum Leben gefunden – ein ungewöhnliches und dennoch vitales Aufeinandertreffen verschiedener Elemente. Die fast magische und seit Urzeiten bestehende Atmosphäre spiegelt sich wider in den Namen der Felswände und der Routen, die der Fantasie der “Sassisti” entsprungen sind. So nannten sich in den 1970er Jahren Kletterer aus der Region, die sich dem Gedanken des Freikletterns verschrieben hatten. Sie hatten diese Wände für sich entdeckt und sie aus alpinistischer Sicht zu einem Juwel gemacht. Davor war das Val di Mello bei Bergsteigern nur als Durchgangsgebiet zu den hoch gelegenen Wänden und Gipfeln bekannt, vermutlich hielten sie die Granitfestungen für unbesteigbar. Die Bewohner des Tals, die “Melàt”, galten als einfache und rauhe Gesellen, sie verhielten sich sehr reserviert und waren gegenüber den (meist englischen) Bergsteigern, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts zu den Gipfeln hier aufmachten, wenig freundlich gesinnt. Das Tal erhielt seinen Namen nach den ersten Bewohnern, die aus Mello, einem höher gelegen Ort im Valtellina stammten und sich wahrscheinlich schon kurz vor der ersten Jahrtausendwende hierher aufmachten, um Futter für ihr Vieh zu finden. Die Melàt nutzten nicht nur die flachen Wiesen im Talgrund, indem sie zunächst die vielen Felsblöcke beiseite räumten. Um die höher gelegene Weiden zu erreichen, schufen sie
einige (gemessen an den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten) wahrlich grandiose Saumpfade. Diese Wege sind Ausdruck ihrer außergewöhnlichen Schaffenskraft und Logik. „Wer das Val di Mello besucht, dem bleibt, über die vielen Wasserfälle, die scheinbar endlosen Granitwände und die herrliche landschaftliche Umgebung hinaus, vor allem eines in Erinnerung: die Jahrhunderte alte Geschichte, die aus jedem Stein zu sprechen scheint, der von den Bewohnern seit uralten Zeiten in irgendeiner Art und Weise bewegt wurde“ (Antonio Boscacci, Einführung zu seinem ersten Kletterführer ‚Val di Mello‘ (Tamari Editori Bologna 1980). Wenn wir heute zu den Einstiegen der Routen gehen, benutzen wir oft diese alten Wege. Macht einmal Halt am beinahe unglaublichen “Stalla Ovale” (ovalen Stall) auf der Alpe Qualido in ca. 2000 Meter Höhe. Die Urahnen der Familie Della Mina, der heutigen Betreiber des Ristoro Cà dò Scöma, errichteten diese Stätte im Laufe vieler Jahre. Doch dazu mussten sie mit Hacke und Schaufel erst einmal mehr als 600 Kubikmeter Erde abtragen. Achtet einmal auf die quadratischen Löcher, die heute noch auf dem Weg ins Val Qualido im Fels zu sehen sind: In sie steckte man Holzpfähle, die die Kühe vor einem Absturz schützten. Eine Kuh war damals äußerst wertvoll und der Verlust auch nur einer einzigen war fast gleichbedeutend mit dem Verlust eines nahen Familienangehörigen. Sieben Jahre nach der letzten Ausgabe des Kletterführers “Nichts als Granit”, in dem das Val di Mello in einem kleinen Teilbereich beschrieben wurde, haltet ihr diesen neuen Führer nun in den Händen. Wir waren der Meinung, dass dieses wichtige Gebiet eine eigene Ausgabe verdient hätte, in der die einzelnen Routen so gut wie möglich mit Charakter und Schwierigkeit beschrieben sind. Nicht nur die Wege der Pioniere, die zur damaligen Zeit absolut innovativ waren, auch die später entstandenen Routen in scheinbar kaum kletterbaren Platten und nicht zuletzt die neuesten Routen werden in diesem Buch vorgestellt.
Sieben Jahre sind zwar eine relativ kurze Zeit, aber Änderungen bleiben nicht aus, und einige neue Linien bereichern das an sich eh schon große alpinistische Vermögen noch mehr. Komplett neue Sektoren sind entstanden, wie z.B. Grotta del Ferro, das Reich der Routen im 8. Grad, oder Scoglio della Ràsica, ein schöner Pfeiler mit einem tollen Panorama. Nicht zu vergessen auch Royal Arches, eine ursprüngliche, fast wilde Felswand, die ihrer namensgeben Wand in Kalifornien ziemlich ähnlich ist. Bislang unbeschriebene Linien finden sich auch an den Wänden von Qualido, Brachiosauro, Dimore degli Dei, Scoglio delle Metamorfosi und Sponde del Qualido. Große Leistungen wurden mittlerweile auch in Routen mit bisher technisch gekletterten Passagen vollbracht: Nicht wenige davon wurden in den letzten Jahren frei geklettert. Auch in die Sicherheit wurde und wird investiert: Vor allem die Bergführer aus dem Val di Mello zeichnen für die allmähliche Sanierung der Routen verantwortlich. Alte, mittlerweile oft verrostete Haken werden ersetzt durch neue Bohrhaken, wobei immer die ursprünglichen Abstände eingehalten werden. Die genauen Zustiegs- und Routenbeschreibungen in diesem Führer sollen dabei behilflich sein, nicht den richtigen Zustiegsweg und die richtige Kletterlinie zu verfehlen. Kurzum: Im Val di Mello gibt es Neues zu entdecken! Aber über die vertikalen Ziele hinaus möchten wir daran erinnern, dass wir uns hier an einem besonderen Ort befinden, einem Mikrokosmos mit einem sehr empfindlichen natürlichen Gleichgewicht. Nur wenn wir diesen Ort respektieren, möglichst keine Spuren hinterlassen und extensive menschliche Aktivitäten beschränken, werden wir ihn für künftige Generationen erhalten können.
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Verzeichnis und Karte 6
1 Sponde del Ferro 28 2 Placche Alte U. GROTTA del Ferro 34 3 Pollice 38 4 Pappagallo 40 5 Pilastro di Val Livincina 48 6 Precipizio degli Asteroidi unt. Ber. 50 7 Precipizio degli Asteroidi OB. Ber. 72 8 Specchio di Archimede 100 9 Sperone Mark 104 10 Placche basse di Val Qualido 112 11 MONTE Qualido OSTWAND 114 12 Escudo DEL QUALIDO 144 13 Costiera dell'Averta 148 14 Trapezio d'Argento 158 15 Tempio dell'Eden 162 16 Sperone degli Gnomi 166 17 Brontosauro 169 18 Brachiosauro 172 19 Tirchiosauro 176 20 Sarcofago 179 21 Sponde del Qualido 182 22 Ittiosauro 188 23 Dimore degli Dei 191 24 Scoglio delle Metamorfosi 208 25 Mongolfiera 220 26 Placche del Giardino 225 27 Placca Romboidale 231 28 Stella Marina 234 29 Placche di Patabang 252 30 Alkekengi 258 31 PlaccONATa di Mani di Fata 266 32 Muro delle Vacche 270 33 Arcate/Pascolo 272 34 Avancorpo del Baratro 284 35 Sperone della MagĂŹa 288 36 Placche dell'arco stregato 294 37 Scoglio della Rasica 296 38 Muro del Torrone 300 39 Placche dell'Oasi 306 40 La Chiusa 311 41 Mosquito Coast 314 42 Royal Arches 316 43 Placche del Gatto Rosso 318
DIE PROTAGONISTEN Giuseppe "Popi" Miotti Stefano Pizzagalli Ivan Guerini Jacopo Merizzi Tarcisio Fazzini Simone Pedeferri Antonio Boscacci Paolo Vitali & Sonja Brambati Paolo Masa Mario Giacherio
32 46 66 68 70 142 152 232 244 262
Die Geschichten Pejonassa Wall 71 Oceano Irrazionale 90 Qualität ist unbezahlbar 96 Reibungsklettern 155
S. Martino
11
cina Osteria Gatto Rosso
V
A
L
Campingplatz
Ca’ Panscer
Bushaltestelle
1
8
25
43
D
Ca’ di Carna
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41
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Cima degli Alli
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O 42
35-36
Casera di Pioda
Punta Mer. Cameraccio
Casera Torrone
37-38 V 39-40
Casera di Zocca
Rasica
L
Cima d’Arcanzo
o Area pr
M
Bidet della contessa
C.na Piana
23-34
Alpe Qualido
12
13
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Monte Qualido
cca
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Casera del Ferro
2
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7
Val di Mello
12 Escudo 13 Costiera dell'Averta 14 Trapezio d'Argento 15 Tempio dell'Eden 16 Sperone degli Gnomi 17 Brontosauro 18 Brachiosauro 19 Tirchiosauro 20 Sarcofago 21 Sponde del Qualido 22 Ittiosauro
1 Sponde del Ferro 2 Placche Alte und Grotta del Ferro 3 Pollice 4 Pappagallo 5 Pilastro di Val Livincina 6 Precipizio degli Asteroidi unt. Bereich 7 Precipizio degli Asteroidi ob. Bereich 8 Specchio di Archimede 9 Sperone Mark 10 Placche basse di Val Qualido 11 Qualido Ostwand
11 8
7 10 5 2 4 6
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1
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34 Avancorpo del Baratro 35 Sperone della MagĂŹa 36 Placche dell'arco stregato 37 Scoglio della Rasica 38 Muro del Torrone 39 Placche dell'Oasi 40 La Chiusa 41 Mosquito Coast 42 Royal Arches 43 Placche del Gatto Rosso
23 Dimore degli Dei 24 Scoglio delle Metamorfosi 25 Mongolfiera 26 Placche del Giardino 27 Stella Marina 28 Placche di Patabang 29 Placca Romboidale 30 Alkekengi 31 Placconata di Mani di Fata 32 Muro delle Vacche 33 Arcate/Pascolo
13 12
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Val di Mello – Precipizio degli Asteroidi 50 66
Precipizio degli Asteroidi UNTERER BEREICH (ALTARE) Mit Precipizio degli Asteroidi ist jener große Pfeiler gemeint, der fast wie ein Thron den unteren Teil des Val di Mello abschließt. Wie eine riesige Säule säumt er den unteren Bereich des Val Qualido auf seiner Westseite. Im Zuge der Namensgebung kam es zu einer kleinen Meinungsverschiedenheit zwischen den Erstbegehern und den ersten Wiederholern der Route Oceano Irrazionale. Laut Guerini sollte die Wand in ihrer Gesamtheit Precipizio degli Asteroidi heißen, während Boscacci, der erste Wiederholer, den Pfeiler Abisso taufte und den oberen Abschnitt (unterhalb des großen, schräg verlaufenden Felsbandes) Altare (hier verläuft seine Route Cerchio di Gesso). In der Bibliographie über das Tal ist letztere Definition gängig, auch wenn unter Kletterern mit Precipizio degli Asteroidi meist der gesamte Pfeiler inklusive des unteren Bereichs bezeichnet wird. Zustieg: Vom Parkplatz steigt man (kurz vor der Osteria „Gatto Rosso“) auf einem Trampelpfad zwischen Wiesen und Granitblöcken auf, hält sich dabei rechts des Flusses (Livincina). Kurz bevor man die das Tal abschließende Felswand erreicht, geht man schräg rechtshaltend weiter und an den Felsen entlang bis zum Fuß einer einzelnen, hellen Platte, in deren linker Seite eine Kaminverschneidung zu einem Dach führt (3/4 – 1 Std.). Zu den Einstiegen von Divieto di sosta und Piedi di Piombo klettert man etwa eine Seillänge in dieser Verschneidung höher, dann rechts an einer Schuppe um ein oft nasses Dach herum und dann durch eine grasige Verschneidung, die zum Wald am Fuß der oberen Plattenflucht führt. (5c, 1 Nh, 1. Seillänge von Il Cerchio di gesso). Zu den Einstiegen steigt man linkshaltend bis zu einer überhängenden Verschneidung, hier startet dann gleich Piedi di Piombo (1,5 Std.).
Abstieg: A) Abseilen über die Route Piedi di Piombo, die erste Abseillänge beginnt am schrägen Band des Precipizio degli Asteroidi (zwei 10mm-Bohrhaken mit Abseilring), an der markanten Felskante, etwas unterhalb des Einstiegs der Route Self Control (Steinmann sichtbar). Insgesamt seilt man 4 mal 50 Meter von Bohrhaken ab. Der 3. Abseilstand liegt etwa 10 m rechts (Gesicht zur Wand) der Falllinie, nach diesem gelangt man in ein Waldstück. Hier steigt man kurz linkshaltend (Blick ins Tal) bergab und erreicht den letzten Abseilstand an einem Baum (Schlingen). Von hier dann noch 30 m abseilen bis zum Wandfuß. B) Eine (angenehme) Alternative bietet die Abseilmöglichkeit über die Route Condannati al movimento. Am unverwechselbaren Einstieg von Self Control steigt man auf dem Band bergab bis wenige Meter vor einen großen Nadelbaum, noch bevor der Abstiegsweg die Steilheit wechselt. Links weiter zu einer Felsrinne mit einigen Nadelbäumen, an einem von diesen dann abseilen (15 m) zum letzten Stand der Route Condannati al movimento, der sich bei einer kleinen Platte rechts (Gesicht zur Wand) von weiterem Gehölz befindet. Man seilt zweimal über die leicht geneigte Platte ab zu einem kleinen Wald etwas links (Gesicht zur Wand), hier ist die 3. Abseilstelle an einem Baum. Leicht linkshaltend (Gesicht zur Wand) und der Bohrhakenreihe folgend 30 m abseilen zu einem Band. Hier dann 60 m abseilen zu den Bäumen unterhalb der Wand. Dann steigt man linkshaltend bergab durch den Wald, geht um eine Platte herum und folgt (weiter links) einem Band mit Bäumen und dann einer Rinne. In dieser mit zuletzt leichter Kletterei bergab und zum Zustiegsweg zu den Routen am unteren Bereich des Precipizio (Altare). Wer will, kann auch schon am schrägen Band des Precipizio auf den Pfadspuren (auf
51 67
Val di Mello – Precipizio degli Asteroidi 52 68
dem Zustiegsweg) bergab weiter und zum kleinen Wald (kurz vor dem Quergang zum gebohrten Standplatz, von dem aus man die Schlucht im Val Livincina erreicht). Im kleinen Wald quert man linkshaltend (Blick ins Tal) zu einem Baum mit Schlingen und Abseilring (4. Stand von Condannati al Movimento). Von hier dann noch einmal 60 m bis zum Wandfuß abseilen. 1 FRIPEDI CECILIA F. D’Alessio, D. und P. Andrich, 1994 250 m. (7 SL) 7b (6a+ obl.)/S2/II Interessante, stellenweise reichlich mit Bohrhaken abgesicherte Kletterei in der LivincinaSchlucht. Der erste Abschnitt verläuft über kleine Platten, anschließend ermöglichen eine schräg verlaufende Verschneidung sowie das folgende Dach den Zugang zu der schönen Schlussplatte, die am Zustiegsweg zum oberen Precipizio-Sektor endet. In den ersten Seillängen können aufgrund massiver Lawinenabgänge manche Bohrhaken fehlen beziehungsweise zerstört sein. Es besteht eine Möglichkeit, die ersten beiden Seillängen zu umgehen: Dazu steigt man links der Route über Grasbänder höher. Alternativ auch aus dem Wald vom Einstieg der Route Condannati al movimento und nach links absteigend zum Beginn der 4. Seillänge queren. Material: Eventuell ein paar kleine Friends. Die Route ist mit Bohrhaken abgesichert. Einstieg: Die Route liegt auf der äußerst linken Seite des unteren Teils des Precipizio. Vom Parkplatz aus folgt man kurz vor der Osteria „Gatto Rosso“ den Pfadspuren und Steinmännchen ins Val Livincina, hält sich dabei stets rechts (bzw. orografisch links) des Flussbettes und geht weiter bis unter den Felsvorsprung mit dem kleinen Wasserfall. Man überquert das Bachbett und steigt weiter, bis man auf einer kleinen Platte die ersten 8mmBohrhaken der Route sieht (30 Minuten). SL1 Kleine Platte mit schwieriger Einstiegspassage. 20 m, 6b. SL2 Rechtshaltend über eine glatte Kante. 25
m, 6b. SL3 Rechtshaltend weiter, dann wenige Meter nach links queren und dann leichter gerade hoch. 45 m, 5a. SL3 alternativ: den Bach überqueren und Stand am Fuß einer Platte (mit Dach) machen. 30 m, leicht. SL4 Bis zum Dach und dann dem Riss linkshaltend folgen. 35 m, 6b. SL5 Gerade hoch über einige athletische Aufschwünge. 15 m, 7b (6b und A1). SL6 Linkshaltend weiter, dann anstrengend über die Platte mit Rissen, schließlich eindeutig nach links zum 6. Stand. 35 m, 6b. SL7 Schräg rechts weiter, die Linie schlängelt sich über die glatt geschliffene Platte bis zur Terrasse, wo der Zustiegsweg zum schrägen Band des Precipizio verläuft. 40 m, 6a+. Abstieg: Abseilen über die Route oder zu Fuß absteigen über den Zustiegsweg, der zum oberen Bereich des Precipizio führt. 2 CONDANNATI AL MOVIMENTO F. Magri und A. Rossi 2009 180 m. (6 SL) 6c+ (6a+ obl.)/RS2/II Schöne, abwechslungsreiche Linie über eine etwas abseits liegende Wand, zwischen der Livincina-Schlucht und dem eigentlichen so genannten Altare, von dem sie ein tiefer Kamin teilt. Material: Ein Satz Friends Gr. 0-2. In der Route stecken Bohr- und Normalhaken. Zustieg: Vom Parkplatz aus folgt man kurz vor der Osteria „Gatto Rosso“ den Pfadspuren und Steinmännchen ins Val Livincina, hält sich dabei stets rechts (bzw. orografisch links) des Flussbettes. Dann folgt man bei den ersten Felsaufschwüngen der Pfadspur, die rechts abzweigt. Nach ein paar hundert Metern erreicht man die ersten Felswände, etwa 20 m links des Einstiegs von Attenti a quei due (Bohrhaken an senkrechtem Aufschwung) und steigt steil und schräg links durch den Wald (leichte kleine Platte zu Beginn) höher bis zu einer welligen Platte. Links um sie herum und nochmals ca. 50 m durch den Wald höher bis
zum Wandfuß und dem Einstieg. Einstieg: oberhalb und etwas rechts einiger Buchen (Bohrhaken ca. 8 m höher als der Baum, der ganz oben steht). SL1 Schöne schwarze Wand mit strukturiertem Fels, etwas linkshaltend und mühsam nach oben. 35 m, 6c+ (6 Bh, 1 Nh). Achtung: erster Haken etwas weit oben. SL2 Die Platte nach links queren, dann senk-
rechter Riss und Schuppe (selbst abzusichern) bis zu einem kleinen Baum. 25 m, 6a+, (2 Bh) SL3 Mit kleinem Riss linkshaltend zu einem kleinen Band mit Bäumen. 15 m, 6b (2 Bh). SL4 Platte mit einigen Haken, aber schwierig zu einem kleinen Band mit Bäumen. 30 m, 6c, (6a und A1) (6 Bh). SL5 Auf dem Band leicht nach rechts absteigen, dann über schöne und leichte Platte weiter. Zugang zum Einstiegsband am Precipizio
Zugang zum Einstiegsband am Precipizio
6a+ 6b
6b
PRECIPIZIO DEGLI ASTEROIDI UNTERER BEREICH (ALTARE)
5b Band
7b 6c 6b 6b leicht
6a+ 5a
Zugang zum Einstiegsband am Precipizio
6c+ 6b 2
6b 1
69 53
70 54
Val di Mello – Precipizio degli Asteroidi
Cuore di ghiaccio
2
1
4 5
71 55
3 5
Val di Mello – Precipizio degli Asteroidi 56 72
35m, 5b (4 Bh) SL6 Platte mit herrlichem Fels, dann mittels Schuppe/Riss rechtshaltend weiter. Nach dem letzten Haken folgt ein Bauch mit guten Griffen, schließlich gerade nach oben bis zum höchsten Punkt. 40 m, 6b (5 Bh, 1 Nh). Abstieg: Abseilen über die Route oder zu Fuß absteigen über den Zustiegsweg im oberen Teil des Precipizio. Diesen erreicht man vom letzten Standplatz aus, indem man noch ca. 20 m höher steigt (leicht). 3 ATTENTI A QUEI DUE S. Pizzagalli und D. Soldarini 2002 340 m. (8 SL) 7c+ und 1 p.a. (7a obl.)/S3/III 1. Rotpunkt S. Pedeferri (1p.a.) Schwierige Plattenkletterei mit teils weiten Hakenabständen. Gleicher Einstieg wie Divieto di Sosta, die sie nochmals weiter oben kreuzt. 4. Seillänge wie Attenti a quei due. Material: Kleine und mittlere Friends; in der Route stecken 10mm-Bohrhaken. Einstieg: rechts vom Waldstreifen, der vom Einstieg der vorherigen Route nach oben führt, in einer kleine Platte, oberhalb derer ein schwarzer Überhang liegt (Bohrhaken). Etwa 70 Meter vor der Verschneidungsrinne, die zum kleinen Wald führt. SL1 Platte mit Aufschwung, nach dem 2. Bohrhaken rechts zum Grasband und nochmals weiter schräg rechts (2 Bh) zum Stand. 30 m, 6c+ (4 Bh). SL2 Schuppe, dann Platte. 1 p.a. am letzten Bohrhaken. 40 m, 6c+. (5 Bh und 1 Normalhaken). SL3 Linkshaltend über Platte, dann gerade hoch. 50 m, 6c (5 Bh). SL4 Schräg rechtshaltend höher, oberhalb der überhängenden Verschneidung mit der Route Piedi di Piombo 45 m, 7c/7c+ (6 Bh). SL5 Gerade hoch und am 2. Haken nach rechts. 25 m, 7b (6 Bh). Wer diese Länge frei klettert, clippt den letzten Haken nicht, sondern quert unterhalb davon nach rechts. SL6 Gerade hoch über die Platte. 35 m, 7a+ (7 Bh).
SL7 Gerade hoch über die Platte. 35 m, 7a (5 Bh). SL8 Gerade hoch, 2 Bh, 6c, dann leichter. Nach 50 m kann ein Stand mit Friends eingerichtet werden (Gesamtseillänge ca. 70 m). Abstieg: Abseilen über Piedi di Piombo. 4 DIVIETO DI SOSTA T. und O. Fazzini und L. Gianola 1987 150 m. (4 SL) 6c+ (obl.)/RS3+/II Sehr selektive Linie mit schwierigen obligatorischen Passagen weit oberhalb der Sicherungspunkte. Die letzte Seillänge beträgt mehr als 60 Meter! Material: 60-m-Doppelseil sowie ein Satz Friends bis Gr. 4. Die alten, weit auseinanderliegenden Haken wurden an den Originalstellen von G. Ongaro durch 10mm-Bohrhaken ersetzt. Einstieg: Von der hellen Platte (siehe Zustieg Precipizio unterer Teil – Altare) klettert man eine Seillänge durch eine Verschneidungsrinne, rechts an einem oftmals nassen Dach vorbei, benutzt eine Untergriffschuppe und erreicht eine grasige Verschneidung, die zum Wald führt (5c, 1 Normalhaken; 1. Seillänge der Route Cerchio di Gesso). Um zum eigentlichen Routeneinstieg zu gelangen, steigt man nach links bis unter die Hauptwand auf (1,5 Std.). Die Route beginnt in einer von einem schwarzen Streifen charakterisierten Platte, links der Einstiegsverschneidung der Piedi di Piombo. SL1 Links der Verschneidung mit der Route Piedi di piombo über eine Platte zu einer Schuppe, dann steile Platte zum Stand. 30 m 6c+ (3 Bh). SL2 Rechts über den schwarzen Streifen, dann gerade hoch zum 2. Stand. 40 m, 6c (2 Bh). SL3 Über eine herrliche Schuppe zum 3. Stand, 25 m, 5c. SL4 Linkshaltend zu einer weißen Quarzader, dann etwas nach links queren, weiter zur Kante und über sie zum schrägen Band. 60 m, 6a+ (4 Bh). Abstieg: Abseilen über die Route oder zu Fuß
Einstiegsband Precipizio
6a+ 6c
6a+ 6a+
7a 6a
7a+
5c
6b
6c
7b
6a+
PRECIPIZIO DEGLI ASTEROIDI UNTERER BEREICH (ALTARE)
7c/7c+ 6c
6c+
5 4
6c
Wald
6c+,1pa
6c+ 5c 3 5
73 57
Val di Mello – Precipizio degli Asteroidi
auf dem Zustiegsweg, der zum oberen Teil des Precipizio führt, absteigen. 5 PIEDI DI PIOMBO D. Facchinetti, A. Farina, G. und R. Prina, C. Valtorta 1985 210 m. (6 SL) 6c (6b obl.)/RS2+/III Es handelt sich hierbei um eine der ersten (und wenigen, von oben eingerichteten) Bohrhaken-Touren im Val di Mello. Sie wurde mit 10mm-Bohrhaken saniert, wobei die originalen Hakenabstände beibehalten wurden. Die Kletterei kann als sehr lohnend und luftig bezeichnet werden, darüber hinaus erweist sie sich auch als recht anspruchsvoll – vor allem für jene, die Plattenkletterei nicht gewohnt sind. Es besteht die Möglichkeit, weitere Routen des oberen Precipizio-Sektors anzuhängen und auf diese Weise über 500 Klettermeter zurückzulegen. Bei Bedarf ist es auch möglich, nach der Hälfte der letzten Seillänge nach links über ein einfaches Felsband aus der Route auszusteigen. Material: Ein Satz Keile und Friends bis Gr. 3. Einstieg: Wie bei der vorhergehenden Route. Der Einstieg befindet sich in der markanten Verschneidung rechts von Divieto di Sosta. SL1 In der Verschneidung hoch und dann links zum 1. Stand. 40m 6c (einige Normalhaken in der Verschneidung). SL2 Etwas grasig bis zu einem Busch, dann rechts über eine Schuppe zu einer Platte mit kleinen Schuppen. Schließlich Riss bis zum 2. Stand. 25 m, 6a+ (3 Bh und 1 Nh). SL3 Schräger Riss nach rechts, dann linkshaltend über Platte, schließlich Schuppe und kleine Wandstelle. 30 m, 6b (4 Bh und 2 Nh). SL4 Linkshaltend über Platte, dann mit Hilfe der schönen Schuppe rechtshaltend weiter. 30 m, 6a (1 Nh). SL5 Gerade hoch zu Loch, dann rechts und wieder gerade hoch (Bh) über eine kleine Wand. Rechtshaltend über Schuppe zu einer kleinen Platte und Stand. 35 m, 6a+ (1 Bh und 1 Nh). SL6 Gerade hoch zu Untergriffschuppe, dann
linkshaltend über Platte (Bohr- und Normalhaken). Vom Normalhaken dann rechts zu einer Terrasse, linkshaltend weiter zu einem Bohrhaken in einer kleinen Wand und schließlich zum schrägen Band des Precipizio degli Asteroidi. 50 m, 6a+. Abstieg: Abseilen über die Route bis zum dritten Standplatz, dann nochmals, ca. 10 Meter weiter rechts (Blick zur Wand) nochmals abseilen in den Wald. Linkshaltend (Blick ins Tal) bis zu einem Baum mit Schlingen weiter und nochmals ca. 30 Meter abseilen zum Wandfuß. 6 NON SEI PIU’ DELLA MIA BANDA S. Pizzagalli, D. Soldarini, C. Romano und S. Gaffuri 1993. RP S. Pedeferri 2010 670 m. (16 SL) 8a (7b+/A2 - 7a obl.)/IV Grandiose und ausdauernde Freikletterroute. Material: ein Satz Microfriends (die größeren doppelt), 2 Satz Friends Gr. 0.5 bis 3, davon die Gr. 2 dreifach, ein Satz Keile. Die Route ist mit Bohr- und Normalhaken abgesichert. Die Standplätze 8 und 9 müssen mit Friends eingerichtet werden, bei den anderen stecken Haken oder es sind Baumschlingen möglich. Achtung vor einigen losen Schuppen in den Seillängen 8, 9, 10. Zustieg: Vom Wandfuß mit den Routen Divieto di sosta/Piedi di piombo (großer Steinmann) steigt man auf Pfadspuren weiter rechts hoch bis in Falllinie eines sehr markanten Dachs auf der Kante der unteren Wand des Precipizio. Diese Kante heißt „naso“ (die Nase) und teilt den Precipizio vom Val Qualido ab. Einstieg: links einer markanten Schuppe (Einstieg Route Pejonasa wall), steiler Aufschwung der mit einem dreieckigen Dach. SL1 Kleine Wand, dann Verschneidung. 30 m, 7b+ (1 Nh, 1 Bh). SL2 Gerade hoch in Rissverschneidung. 35 m, 7b. SL3 Weiter in senkrechter Rissverschneidung, Ausstieg dann rechts zu Stand. 30 m, 6c (1 Nh). SL4 Weiter der Rissverschneidung folgen. 50
Simone Pedeferri, Non sei più della mia banda, Precipizio (ph Richard Felderer)g 74 58
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Die Protagonisten
Ivan Guerini Ivan wurde 1954 in Mailand geboren und besuchte später das Gymnasium in Brera. Anfang der 1970er Jahre, auf dem Rückweg von einer Bergtour zu den Címe di Chiareggio, sah er zum ersten Mal die Wände des Cameraccio und die Granitriesen im damals noch recht unbekannten Val di Mello. Dieser Anblick ließ ihn nicht mehr los und er begab sich also alsbald auf eine kleine Entdeckungsreise. Zunächst genügten ihm die Klettereien an diversen im Tal verstreuten Blöcken, kurz darauf erkor er dann die größeren Wände zu seinem Ziel. Unterhalb des FerroWasserfalls mietete er sich schließlich eine Hütte in Cà di Rogni und schon bald versammelte sich regelmäßig auch eine kleine Gruppe von Kletterern (Monica Mazzucchi, Mario und Giuseppe Villa, Vittorio Neri, Umberto Villotta, Adriano Balzarelli) bei ihm. Ivans erste, relativ kurze Route namens Cunicolo Acuto entstand am 13.8.1975 am Sektor Sarcofago. Im Jahr darauf, am 3. und 4. April, erschloss er zusammen mit Mario Villa die Route Il Risveglio di Kundalini, die logisch und mit wechselnden Kletterstilen durch die große Wand oberhalb von Cascina Piana führt. „Um etwas länger in der Wand zu bleiben und die einzelnen Passagen mit ihrer Bedeutung genießen zu können“, biwakierten Ivan und Mario auf dem mittleren Band: „Wir wollten aber auch Situationen erleben, die wir mit einem schnellem Klettern sicherlich so nicht hätten erfahren können“. Das Echo auf ihre Abenteuer ließ nicht lange auf sich warten und schon bald tauchten junge Kletterer aus dem Valtellina auf, die sich keinesfalls den Zwängen und Vorstellungen der „alten“ Alpinisten unterwerfen wollten. Von den älteren Mitgliedern der Sektion Sondrio wurden sie daher etwas despektierlich „Sassisti“ (‚Steinkletterer‘) genannt. Zu dieser Gruppe gehörten Giuseppe Miotti, Gianpietro und Paolo Masa, Giovanni Pirana, Federico Boffini, Guido und Jacopo Merizzi sowie Federico Madonna. „Ivan lebte in einer kleinen Hütte, machte sich von dort entweder zu seinen Blöcken oder zu den hohen Wänden auf und tat weiter nichts als zu Klettern“, erzählte Miotti. „Man muss aber auch erwähnen, dass er mit seiner Sensibilität und seiner Beherztheit die „Sassisti“ zu ihrer Philosophie und auf ihren Weg führte. Ivan brachte andere, neue Kommunikationsformen ein, sprach sanft, benutzte nichtalltägliche Formulierungen, und schon da-
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mals entwickelte er eine Vision: seine Form universeller Liebe zu den Felsen. Die Harmonie, die er predigte, war für uns alle natürlich ausgesprochen anziehend und so erstaunt es nicht, dass wir uns sozusagen direkt in seine Persönlichkeit verliebten (was im Übrigen nicht nur uns so ging). Ivan war oft an erster Stelle. Einfach nur so auf die Blöcke zu steigen, war nicht sein Ding, er bekletterte sie, um zu trainieren. Und er verstand es auch als erster, wie wichtig ein spezielles und konstantes Training für das Klettern war. Er war der erste, der Linien suchte, die fast ausschließlich frei geklettert werden konnten und sollten, und sie dann auch so kletterte.“ Innerhalb kurzer Zeit wurde Ivans Routenliste immer länger: Alba del Nirvana, Tunnel Diagonale (1976), Mixomiceto, La Sfera di Cristallo,Il Gioco dello Scivolo, Il Giardino delle Bambine Leucemiche, Vortice di Fiabe, Oceano Irrazionale, alle aus dem Jahr 1977. Im gleichen Jahr gelang ihm darüber hinaus, zusammen mit Vittorio Neri, Guido Merizzi und Mario Villa, die Route Naufragio degli argonauti (VIII A3) in der komplexen und sehr schwierigen Ostwand des Picco Darwin. Perduti nello spazio (600 m, VII) auf die Anticima del Cavalcorto stammt ebenfalls aus dem Jahr 1977. Schon drei Jahre zuvor, also 1974, war er auf der gegenüberliegenden Seite mit Ida e Maite (VII A0) erfolgreich. Und bereits 1973 hatte er mit Il Pilastro degli Dei (VII+) an der Punta Meridionale del Cameraccio eine weitere schwierige Linie erschlossen, im selben Jahr gelang ihm die Route Torre del Moai auf die weiter westlich der Punta Meridionale gelegene markante Felsnadel. 1979 veröffentlichte er mit Il Gioco-Arrampicata della Val di Mello den ersten Kletterführer für das Val di Mello. Seine kunstvollen Zeichnungen und die moderne Sprache zeigen auch heutigen Kletterführerliteraten einen interessanten Weg. Leider beschrieb sein Kletterführer nur die von ihm selbst erschlossenen Routen, andere hatte er nicht in den Beschreibungen berücksichtigt. Ivans Ratschlag in seiner Einleitung lautete, „wieder den Kontakt mit der Natur zu suchen und sich, wie unter Freunden, die Hand zu reichen, sich selbst zu entdecken und mit anderen zu reden: Wir sollten nicht nur unsere Alltäglichkeiten realisieren, sondern vor allem auch alle individuellen Realitäten, aus denen letztlich die gesamte Existenz besteht. Denn trotzdem wir jeden Jahreszeitenwechsel beobachten können, fällt es uns oft genug mehr als schwer, zu sehen, mit welcher erstaunlichen
Parallele dieser Wechsel auch unser wechselvolles Leben beschreibt“. Nach der Veröffentlichung seines Kletterführers verließ Ivan das Val di Mello und suchte weniger frequentierte Gebiete und abgelegene Wände auf. Furore machten auch seine Solobegehungen klassischer Wege: Mauri/Ratti an der Punta Chiara (Màsino) in ca. 1 Stunde, 1976, sowie diverse Routen in der Grignetta (1978) sowie 1979 in den Dolomiten (Diedro Armani, Croz dell‘Altissimo Brenta, 700 m, 4 Std., Diedro Aste am Crozzon di Brenta, 900 m, 3,5 Std., Steger am Rosengarten, 600 m, 2 Std., Eisenstecken an der Roda di Vael, 350 m, 2 Std., Via dei Fachiri und Lacedelli an der Cima Scotoni, beide 600 m, 3,5 bzw. 4,5 Std, Costantini/Apollonio an der Tofana di Rozes, 550 m, 2,5 Std. und die abweisende Diedro Cozzolino am Piccolo Mangart di Coritenza, 800 m, 5 Std.). Im Bergell und Val Màsino bleiben die großen Wege am Sasso Manduino in Erinnerung: Tramonto della Luna (900 m, VI+, keine Zwischensicherungen) und Nelle stanze del passato (900 m, VII-, 2 Klemmkeile) (1978 und 1983). Ebenfalls am Manduino gelang ihm 1979 die Linie Trapasso nel vero (1000 m, VII+, mit zwei vergeblichen Versuchen, sich selbst zu sichern; zwecks Dokumentierung ließ er Material in der Wand). Schließlich sind noch seine vielen „frei begangenen Wege mit natürlicher Absicherung“ zu nennen. Laut Ivan handelt es sich um Linien mit höheren Schwierigkeiten in nur kurzen Passagen. Bezüglich der Schwierigkeit seien sie deshalb keinesfalls mit Routen zu vergleichen, die mit Bohrhaken abgesichert sind und viel Ausdauer fordern. Nicht vergessen werden sollen auch die ca. neunhundert kurzen Routen, die Ivan am und um den Comer See herum erschloss.* Mario Sertori
“Mein Leben im Val di Mello war für mich nie eine Flucht vor der Verantwortung oder vor existenziellen Unzulänglichkeiten, auch war sie keine Reaktion auf die gesellschaftlichen Meinungsverschiedenheiten Italiens jener Jahre. Und für mich hatte meine ganze Situation auch zu keiner Zeit etwas mit dem Mythos einer Protestbewegung zu tun: sich in der Natur verkriechen, um mit dem politischen Erbe nichts zu schaffen zu haben. Nein. Ganz und gar nicht. Selbst meine Mutter war ganz begeistert von meinem Umzug in das Val di Mello und besuchte mich oft an den Wochenenden. Meine Hütte wurde unweigerlich zu einem echten Beobachtungsposten für die Besonderheiten dieser einzigartigen Landschaft. Mit den Augen eines Jugendlichen betrachtete ich diese glatten, endlosen Platten, die bis in den Himmel zu reichen schienen und die nach einem Regenschauer im ersten Sonnenlicht famos glänzten. Damals war ich eigentlich noch kein guter Kletterer, trotzdem versuchte ich mich an diesen schwierigen Wänden. Die Platten, von denen ich anfangs nur träumte, entwickelten sich innerhalb weniger Monate zu den echten Herausforderungen meiner Erkundungen. Der Fels war ohnegleichen und gestattete mir ein absolut natürliches, freies Klettern; eine Art von Kletterei, die sich in der Zukunft sicherlich ändern sollte, da in den Routen dauerhaft angebrachte, technische Dinge steckten. Im Laufe der Zeit machte sich in mir jedoch eine Art Forschergeist breit, ich wollte Neues entdecken und das Alte zurücklassen, ich wollte das Gestein als Wesen spüren. Mit Freude erinnere ich mich an meine emotionalen Entdeckungen: beispielsweise verstummte im Winter oft jeglicher Laut und das leise, diskrete Flüstern jenes Ortes konnte sich mir alsdann offenbaren. Auf schönes Wetter wartend, verbrachte ich viele Tage in der Hütte. Die Tage bewiesen mir ganz genau, dass man an einem Ort bleiben muss, um dessen wahrhaften Wert zu erkennen. Oft hörte ich weit entfernt, das nahende Frühjahr ankündigend, ein enormes Rauschen von Lawinen. Doch ich kam hier in einer versteinerten Welt zur Ruhe, einer Welt, auf die sonst nur die Tiere ihre neugierigen Blicke richten. Und schließlich begriff ich, dass Tiere, Pflanzen und Steine in unserer Welt ihre gleichermaßen außergewöhnliche Bedeutung haben. Ich musste nur die Felsstrukturen beobachten, um ihre Form zu erkennen, und um zu begreifen, dass die Seiten der Felsblöcke eigentliche Wände en miniature sind. Und letztlich verstand ich, dass die leichten Routen genauso wertvoll sind wie die schwierigen.** * Guerinis Lebenslauf; Auszüge aus einem Interview, das Carlo Caccia mit ihm führte und das auf Intraissas.it erschien ** Aus Meridiani Montagne N° 59 - Val di Mello. Seite 73 - Testimonianze.
Ivan Guerini (Il gioco arrampicata..., Zanichelli 1979)h 67
Die Protagonisten
Jacopo Merizzi Jacopo Merizzi ist der Spross einer adligen Familie aus dem Valtellina. Mit seinen 13 Jahren ist er äußerst lebhaft, macht gerne Späße und hat einen großen Hang zum Abenteuer. Kein Wunder also, dass er sich auch als großen Kletterer sieht und eine Wand in seinen heimatlichen Weinbergen hoch klettern will: Ein Haken hält aber nicht und katapultiert ihn unversehens in ein Krankenhausbett, die Prognosen der Ärzte sind gar nicht gut. So beginnt mit kurzen Worten Jacopos Kletterkarriere. Aber anstatt andere Aktivitäten in Angriff zu nehmen, begibt er sich im Jahr darauf zum Monte Disgrazia, wo er die schwierige und lange Route Corda Molla klettert. Mit 16 Jahren ist er nach dem Durchstieg der Nordwand des Monte Disgrazia schon ein richtiger Bergsteiger. Jacopo kümmert sich nicht um Regeln, und wenig um das, was die Alten sagen, weshalb er schon bald auf der Suche nach neuen Spielarten des Bergsteigens ist. Als Ivan Guerini das Val di Mello „entdeckt“, ist auch Jacopo nicht weit. Er kann förmlich die Freiheit, die von diesem mythischen Ort ausgeht, riechen. Mit einer Gruppe von Kletterern, den „Sassisti“ aus Sondrio, widmet er sich mit Leib und Seele der Erforschung dieses Tals. Antonio Biscacci und er bilden eine richtig gute Seilschaft, der wir viele schöne und einige wahrlich legendäre Routen zu verdanken haben. Für sie ist Klettern nicht mehr Kampf mit dem Berg oder Gipfelglück - im Gegenteil, es ist ein schönes und faires Spiel, das von den kleinen Felswänden und -blöcken im Talgrund hin zu den hohen, alpinen Wänden getragen wird. Im Sommer 1977 entdecken Jacopo, sein Bruder Guido, Giuseppe Miotti, Giovanni Pirana und Federico Boffini einen schönen, noch unbestiegenen Pfeiler an der NW-Wand des Badile. Allesamt sind sie jung, stark und haben viel auf den glatten Platten im Val di Mello trainiert. Am Pfeiler gelingt ihnen mit der Route Chiara eine logische, technisch sehr anspruchsvolle und schwierige Linie. Der noch minderjährige Merizzi wiederholt auch die selektiven und der Klettererelite vor-
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behaltenen Routen Taldo Nusdeo am Picco Luigi Amedeo sowie Via Centenario Cai an der Punta Ferrario. Mit 18 Jahren hätte er sich also eigentlich schon auf das Altenteil zurückziehen können, umso mehr – so erzählt Paolo Masa – als „viele seinen Tod spätestens zum Ende einer jeden Saison verhersagten“. Wenn ich mir jene Jahre ins Gedächtnis zurückrufe, dann erscheint ein vages Bild: Bei einer Studentenversammlung in Sondrio sah ich diesen Typ, der etwas größer war als ich, mit einer wuseligen Haarmähne und einem kantigen Gesicht, aus dem wache und stechende Augen blickten. Er folgte aufmerksam den Worten des Sprechers. Ich wusste nicht, wer er war, aber die Energie, die von ihm ausging, war unübersehbar. Ich hatte damals noch überhaupt nichts mit Klettern am Hut, sondern war eher als Stadtindianer (linksradikale Studentenbewegung Italiens, A.d.Ü) unterwegs. Mir schien, als ob er einer der pararevolutionären Gruppen angehörte, die in jenen schwierigen Jahren die Jugendbewegung in Aufruhr versetzten. Im Jahr 1978 wird er mit 18 Jahren der jüngste Bergführer Italiens. Ein paar Jahre später erscheint das Buch Val di Mello 9000 metri sopra i prati, das er zusammen mit seinem Freund Masa geschrieben hat: eigentlich ein Kletterführer, der aber wie ein heiterer Roman daherkommt. Seine Ruhelosigkeit ist so hoch wie sein Kletterkönnen. Er klettert nicht nur hier und da, er ist auch als Journalist überall auf der Welt für Reportagen unterwegs und sammelt Eindrücke auf unterschiedlichsten Gebieten, angefangen von der Anthropologie über die Speläologie, und, kein großes Wunder, bis hin zum Alpinismus. Seine Reportagen u. a. über Neukaledonien, die Antarktis und über den Olymp sind wirklich lesenswert. Als Bergführer ist er mit Kunden im ganzen Bergell unterwegs und sucht auch hier neue Wege (z.B. Jacuba an der Cima di Castello, Parruffone am Pizzo Torrone Occidentale, Fuga dall’Ovest am Badile oder Gran diedro am Cengalo).
Der Erhalt der Umwelt und vor allem das des Val di Mello liegen ihm sehr am Herzen und er steht ganz weit vorne in der Reihe derer, die die Angriffe darauf anklagen. So stellt er sich beispielsweise gegen die Trassierung von Stromkabeln oder den Bau einer Straße, die den Autoverkehr in die Nähe der herrlichen smaragdgrünen Gumpen bringen will. Mit viel Engagement bringt er Einwohner und Besucher auf seine Seite und erreicht so, auch mit einer Unterschriftenaktion, dass das Regionalparlament schließlich 2009 beschließt, im Val di Mello ein Naturreservat einzurichten und es dadurch unter Schutz zu stellen. Im Winter darauf stürzt Merizzi unglücklich beim Eisfallklettern und wird schwer verletzt. Man befürchtete anfangs sogar das Schlimmste. Aber er hatte ja schon immer ein dickes Fell und auch dieses Mal kann er mit seinem Kampfgeist diesen beinahe verhängnisvollen Fehler wieder gut machen und bald zu einem normalen Leben zurückkehren. Sein jüngstes Werk ist wieder „seinem“ Val di Mello gewidmet, das Buch heißt MelloMito und erschien im Jahr 2013. In seiner Danksagung schließt er mit diesen Worten: „Vor wenigen Jahren war ich ja beinahe schon von dieser Erde verschwunden, es war nicht leicht für mich, dahin zurückzukehren, was mir immer am Herzen lag: den Felsen, der Fotografie, der Schriftstellerei, und erst recht zu meiner leicht spöttischen und lockeren Art. Viele Freunde haben mich in dieser schwierigen Zeit nach dem Unfall angespornt, gefestigt, unterstützt und vielleicht auch beschützt und mir damit aus einem sehr tiefen Loch, um nicht zusagen aus der Hölle geholfen. Reiß dich zusammen – das sagte ich mir schon bei meinen ersten, unsicheren Schritten, die ich im Krankenhaus unternahm. Reiß dich jetzt zusammen! Auch wenn du jetzt hinkst oder dich rumschleppst: Mache es mit Stil und Würde. Viel dramatischer war die Rückkehr zu den Felsen, meinen geliebten Felsen: Ich wusste anfangs wirklich nicht, was ich mit meinem unfähigen und untauglichen Körper anfangen sollte. Es war, als ob ich jede Kletterstelle mit einer Art siamesischen Zwillings anging, der die Griffe nicht sieht, den Weg nicht lesen kann und schlaff, steif und statisch unterwegs ist. Aber trotz ihm und meinen 37 Brüchen gelang es mir, wieder am Precipizio degli Asteroidi und Scoglio delle Metamorfosi zu klettern und das Tal von oben anschauen zu können. Es bedeutete mir sehr viel, wieder
den warmen Fels zu spüren, mich in seinen Strukturen zu verlieren und seinen Geist und seine Stärke zu fühlen. Reiß dich zusammen und nimm es locker – das ist die Botschaft, die ich meinem Zwillingsbruder zurufe, der, so fürchte ich, nicht nur schlechter sieht, sondern auch schlechter hört!“ Und auf der Rückseite des Buches findet sich schließlich seine Liebeserklärung für einen Ort, der seine Jugend und sein Erwachsenwerden bestimmte. „…Ich bin nicht sicher, ob dies der spektakulärste Ort der Alpen ist, obwohl die Natur überwältigend ist, die Felswände großartig sind, das Wasser in blauen und weißen Tönen leuchtet und sich am Horizont spitze Granittürme und Berge abzeichnen….Hier wurde unsere Vorstellung geboren, mit den Felsen zu spielen und nicht nur zu klettern. Seit vielen Jahren ist das Val di Mello, dieser kleinen Garten Eden aus Stein, eine bemerkenswerte Energiequelle für Kletterer.“ Mario Sertori
Jacopo Merizzih 69
Val di Mello – Sperone Mark
Sperone Mark Dieser Plattenkomplex liegt in der Nähe der Hütten von Panscer (wenig oberhalb des Beginns des Pfades, der durch das Tal führt). Er hat eine historische Bedeutung, denn hier wurde Prifis eröffnet (I. Guerini 1976), eine der ersten Linien im ganzen Tal sowie Giallo Ocra (V. Neri 1978), eine der ersten kurzen Rissrouten hier. Sie wurde sehr gerne wiederholt. Der Teil der Wände in Richtung Val Qualido ist deutlich steiler, dort wurden die ersten Routen erst Ende der 1990er Jahre eröffnet. Zur Vereinfachung teilen wir die Wandflucht in drei Bereiche auf: Settore sinistro, Settore destro und Settore Val Qualido.
SPERONE MARK SETTORE SINISTRO Zustieg: Vom Parkplatz weiter bis zu den Hütten von Panscer (oberhalb des Ristorante Gatto Rosso). Die Wandflucht liegt etwas bergauf und rechts (Osten) der Hütten (10 Min.). 1 CREDEVO FOSSE AMORE I. Fosti und S. Pedeferri 2006 25 m 8a+/S1/I Baseclimb direkt über das Dach, nur wenige Meter links von Giallo Ocra. Material: Nur Expressschlingen; mit InoxBohrhaken abgesichert. Einstieg: wenige Meter links von Giallo Ocra. Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand.
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4 BLACK ICE I. Fosti und E. Panizza 2007 40 m 7b/S3/I Baseclimb mit schwieriger, aber gut abgesicherter Passage. Ansonsten sehr weiter Hakenabstand. Material: Nur Expressschlingen; mit InoxBohrhaken abgesichert. Einstieg: Einstieg am Stand von Giallo Ocra, weiterer Verlauf linkshaltend über die ganze Platte (Bohrhaken sichtbar). Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand.
2 PUTANTOUR I. Fosti und S. Pedeferri 2006 25 m 7b/S1/I Einstieg wie Giallo Ocra, nach wenigen Metern dann links davon weiter und im Ausstieg dann zur vorherigen Route. Material: Ein paar kleine Friends, es stecken Bohr- und Normalhaken. Einstieg: wie bei Giallo Ocra. Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand. 3 GIALLO OCRA V. Neri 1978 30 m 6a+/R1/I Schöne technische und gleichzeitig athletische Route mit teils glattem Fels. Eine der ersten kurzen Linien im Val di Mello, ein Klassiker. Material: Friends bis Gr. 0.5. Es stecken 4 Normalhaken und 1 Sanduhr ist gefädelt. Einstieg: Auf der linken Wandseite bei einer senkrechten Rissverschneidung, die von einem Dach abgeschlossen ist. Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand. Anmerkung: Eine der wenigen Routen, die auch bei Regen kletterbar ist.
5 TEQUILA T. Fazzini 1988 25 m 6c+/S1/I Historische Linie über einen technisch anspruchsvollen Pfeiler, eine der frühesten Bohrhakenrouten des Tals. Material: 1 Friend kleiner bis mittlerer Größe, saniert mit Inox-Bohrhaken. Einstieg: Etwa 10 m rechts von Giallo Ocra. Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand.
4c
SPERONE MARK 5b/c 4b 5b
6a 7b 4
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6b 6a+
7b
6c+
1
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7a
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Val di Mello – Sperone Mark
6 FANTAZOO A. Pavan und L. Martinelli 2004 20 m 7ab/RS1/I Schräger Riss Material: Kleine Friends (bis Gr. 0.75), es stecken Normal- und Bohrhaken. Einstieg: Rechts von Tequila in einer kleinen Wand (Bh), die zum Riss führt. Abstieg: Abseilen vom Bohrhakenstand. Anmerkung: Gut absichern, die Linie verläuft immer in nur kurzer Distanz zum Boden, Grounder möglich! 7 IL LAMONE E LE SUE PLACCHE D. und M. Soldarini 1994 260 m. (7SL)
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6b/RS2+/I Schöne Route, im unteren Teil entlang einer markanten Schuppe, weiter oben geneigte Platten. Saniert mit 8mm-Inoxbohrhaken. Material: Friends bis Gr. 0.75, eventuell Gr. 1 und 3. Mit Bohrhaken abgesichert. Einstieg: Etwas rechts der vorherigen Route, bei einer nach links führenden Schuppe. Über diese zu einem schräg nach rechts führenden Riss (2 Bh am Einstieg). SL1 Entlang der Schuppe linkshaltend (2. Bohrhaken clippen!) zum schräg nach rechts verlaufenden Riss (2 Büsche), hier ist eventuell ein Friend Gr. 3 notwendig. Vom letzten Bohrhaken linkshaltend über eine kleine Wand (Längenzug). 25 m, 6a+. SL2 Links entlang der riesigen Schuppe,
schließlich auf ihre markante Spitze. Achtung: Wer kleiner ist als etwa 1,65 Meter, hat Schwierigkeiten, den 3. Haken zu clippen. Bei der Sanierung wurde dieser Haken ca. 40 cm höher gesetzt. Weiter bis zu einem Band mit dem Standplatz an einem Baum. 30m, 6b. SL3 Heikle Platte, aber gut abgesichert. Schräg links, dann gerade hoch zum Stand. 35 m, 6a. SL4 Etwas einfachere Platte, aber mit nur 2 Bh. Zuerst gerade hoch, dann leicht rechtshaltend zu einem Band mit Bäumen. Leichter auf einer Platte weiter dann zum Stand. 50 m, 5b. SL5 Leichte Platte, schräg rechts zum Stand am Beginn der letzten plattigen Wand. 45 m, 4b. SL6 Über die Platte rechtshaltend weiter und dann direkt hoch zum Stand. 50 m, 5b/c. SL7 Gerade hoch über die kleine Platte. 15 m, 4c. Abstieg: Am Ende der Route steigt man entweder in der bewaldeten Rinne auf der linken Wandseite ab oder man seilt von einem Baum mit Schlingen zum 4. Standplatz ab, vom 3. dann weiter zu einer Birke mit Schlingen und Abseilring (rechts des 2. Standplatzes) und schließlich bis zum Einstieg. 8 CUCCHI SI ATTACCA AI CHIODI P. Cucchi 1987 45 m. 7a/R1/I Schöne, technisch anspruchsvolle Risskletterei. Material: Kleine Friends, zudem stecken Normalhaken. Einstieg: Rechts von Il Lamone… Die Linie folgt dem markanten schrägen Riss nach rechts. Abstieg: Abseilen vom Standplatz. 9 BUDINO BUONO 20 m. 7a+/R1/I Fingerriss, parallel zur vorherigen Linie. Material: Evtl. ein paar kleine Friends, es stecken 9 Nh, Stand mit Inox-Bohrhaken und Karabiner. Einstieg: Wie vorherige Route. Abstieg: Abseilen.
10 COSE BUONE DAL MONDO Kraft 1981 25 m. 5c+/R1/I Genusstour mit einem leicht absicherbaren Riss. Material: Friends bis Gr. 2, es stecken ein paar Normalhaken. Einstieg: Rechts und etwas tiefer als die vorherige Route, bei einer markanten schrägen Verschneidung. Abstieg: Abseilen vom Standplatz. 11 COL PERMESSO DELLA MAMMA S. Pedeferri 2004 15 m. 6b+/S1/I Senkrechte, technische Wandkletterei, Stand gemeinsam mit der vorherigen Route. Material: Nur Expressschlingen, mit Bohrhaken abgesichert. Einstieg: Rechts der vorherigen Linie. Über eine Schuppe zum 1. Bh (hoch, evtl. Friend Gr.1). Abstieg: Abseilen vom Stand (nur 1 Bh). SPERONE MARK SETTORE DESTRO Zustieg: Vom Parkplatz folgt man dem Zustiegsweg zum Altare (unterer Teil des Precipizio degli Asteroidi), geht an den Einstiegen der beiden Routen links (Divieto di sosta/Piedi di Piombo) vorbei, bis zu einem Felssturz weiter und steigt dann noch kurz rechts hoch auf den Felssporn (Sperone Mark). Für die Routen Il Ritorno del Crosta und Fessura Fantasma seilt man am besten vom Gipfel des Sperone Mark ab. Machiete und Nanca’n fix verlaufen auf der kleinen Wand oberhalb des Zustiegswegs und sind südlich ausgerichtet, während die Routen Makumba und Circo Volante in der gleichen Wand östlich, nämlich zum Val Qualido, ausgerichtet sind. Zu den letzteren steigt man vom Ausstieg von Supertrip durch eine Art Grotte (geformt von zwei Felsblöcken), erreicht dann absteigend ein Band mit Bäumen und somit die Einstiege der Routen.
fPaola Pezzini, Il lamone e le sue placche, Sperone Mark 107 123
Val di Mello – Sperone Mark
12 IL RITORNO DEL CROSTA M. Vago 1994 25 m 7a+/RS1/I Von oben eingebohrte Route, die rechts der Verschneidung mit der historischen Linie Via di lì nach oben führt. Material: Friends bis Gr. 3. Mit Bohrhaken abgesichert. Einstieg: Am besten von oben abseilen und Stand am Beginn des Risses. Abstieg: Über die gegenüber liegende Seite (s. Zustiegsweg). 13 FESSURA FANTASMA S. Pizzagalli 1994 50 m. (2L) 6c/A1 RS1/I Material: Klemmkeile und 2 Satz Friends bis Gr. 0.75. Mit Bohrhaken abgesichert. Eine Steigleiter ist ratsam; Standplätze sind eingerichtet. Einstieg: Wie bei der vorherigen Route, dann diagonal rechts über eine kleine Wand und um die Kante herum. Die 2. SL verläuft durch eine überhängende Wand mit einem Riss.
Abstieg: Über die gegenüber liegende Seite (s. Zustiegsweg). 14 MACHIETE G. Calori 1994 15 m 6a/R1/I Kurzer Riss, komplett selbst abzusichern. Material: Klemmkeile und Friends bis Gr. 2. Einstieg: Über den Zustiegsweg (s. Einführung). Abstieg: Von einem Baum mit Schlingen. 15 NANCA’N FIX G. Calori 1994 20 m 6a/R1/I Schräg rechts verlaufender Riss, komplett selbst abzusichern.
7b+
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A1
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6c 7b
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6a+ 7a/b
7c+
7a+
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6a
4b
19
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6c
7a/A1
13
7a+
SPERONE MARK
8a
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Val di Mello – Sperone Mark
Material: Klemmkeile und Friends bis Gr. 2. Einstieg: Rechts der vorherigen Route. Abstieg: Von einem Baum mit Schlingen (wie vorherige Route). 16 MAKUMBA S. Pedeferri, S. Pizzagalli und Gef. 1994 55 m. (2 SL) 7b+/RS1/I Riss, teilweise selbst abzusichern. Material: Klemmkeile und Friends bis Gr. 1. Wenige Bohrhaken, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Diese und die folgende Route verlaufen in der gleichen Wand wie Machiete, aber auf der Seite des Val Qualido. Von der durch zwei Blöcke geformten Grotte zur Val Qualido-Talseite und bergab zu einem Band mit Baum (Einstiegsstand). SL1 Teilweise moosiger Riss 25 m, 6c. SL2 Überhängender Riss 30 m, 7b+. Abstieg: Vom Ausstieg zum Baum mit dem Stand von Machiete, hier abseilen zum Zustiegsweg. 17 CIRCO VOLANTE S. Pedeferri, S. Pizzagalli und Gef. 1994, 1. RP S. Pedeferri 20 m 8a/RS1/I Sehr ausgesetzte Piazroute, zusätzlich mit Friends abzusichern. Material: Friends bis Gr. 0.75. Mit Bohrhaken abgesichert. Einstieg: Vom 1. Stand der vorherigen Route nach links weiter. Abstieg: Vom Ausstieg zum Baum mit dem Stand von Machiete, hier abseilen zum Zustiegsweg. SPERONE MARK SETTORE VAL QUALIDO Zustieg: Vom Parkplatz weiter ins Tal und bis kurz vor die Hütten von Cà di Carna (erste Ansammlung von Hütten auf der rechten Seite, die man über eine Brücke erreicht). Hier links auf einem Pfad in Richtung Val Qualido. Nach ein paar Hundert Metern bei der Abzweigung zum „Trapezio d‘Argento“ (rechts) geradeaus
weiter und kurz darauf (bei einer Rechtskehre) weiter in das Bachbett, dieses überqueren und hochsteigen bis zum Wandfuß mit den Einstiegen von Supertrip und Missione Africa (30/45 Minuten). 18 SUPERTRIP S. Pizzagalli, S.Pedeferri und Gef. 1994 150 m. (5 SL) 7b und A1 - 3pa (6b+ obl.)/RS2/II Athletische Route mit schwierigen Risspassagen, gut mit Bohrhaken abgesichert, teilweise dennoch zusätzliche Absicherung nötig. Der Fels in der stellenweise überhängenden Wand ist immer wieder etwas moosig. Material: Klemmkeile und Friends bis Gr.3, mit Bohrhaken abgesichert, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Auf einer schräg nach links verlaufenden Rampe. SL1 Links über die schräge Rampe, dann gerade hoch zum 1. Stand auf einer Terrasse am Fuß der Wand. 20 m, 4b. SL2 Rissverschneidung nach rechts (Bh). 30 m, 6a. SL3 Dem Riss nach rechts folgen, um ein kleines Dach herum und wieder nach links. 35 m, 6a+ (wenige Haken, zusätzlich absichern). SL3 Alternativ: Dem linken, viel schwierigeren Riss folgen; dieser ist komplett selbst abzusichern bis zum gleichen Stand (Variante heißt Uccidete il chiar di Luna). 35 m 7a/b. SL4 Senkrechter Riss mit vielen Bohrhaken, bis zum Band auf der rechten Seite. 30 m, 7b. SL5 Überhängende Wand mit vielen Bohrhaken, Stelle A1 im oberen Teil. 35 m, 7a A1. Abstieg: Abseilen über die Route. Achtung: bei den überhängenden, schrägen Passagen die Exen einhängen! Anmerkung: Vom 4. Stand kann aus der Wand gequert werden. Hierzu folgt man einem Riss etwas weiter rechts, der selbst abzusichern ist. 7a/b. 19 MISSIONE AFRICA S. Pizzagalli, S. Pedeferri, D. Soldarini und E. Pili 1996
Il lamone e le sue placche, Sperone Markg 110 126
25 m 7a+/RS1/I Schöne überhängende Risslinie mit guten Henkeln. 1998 führten Pedeferri und Anghileri diese Route noch 2 SL fort, alles ist dann selbst abzusichern, Schwierigkeit 7a. Material: Friends Gr. 0.75 bis 2, einige Bohrhaken, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Vom Einstieg der vorherigen Route links absteigen zur Wand mit den Einstiegen. Abstieg: Abseilen über die Route. 20 L’AMMALIA API DELL’ALABAMA S. Pizzagalli, S. Pedeferri, D. Soldarini und E. Pili 1996 25 m 7c+/RS1/I Dies ist eine schwierigere Variante von Missione Africa, die nach der Hälfte nach links abzweigt.
Material: Friend Gr. 0.75 bis 2. Einstieg: Wie bei der vorherigen Route. Abstieg: Abseilen über die Route. Weitere Möglichkeiten Über die Platten links der Wand verlaufen zwei Routen: Prifis 5a, 140 m. (I. Guerini/M. Mazzucchi, 1976) sowie L’Uomo invisibile 5a, 250 m, (Guerini solo). Links der 3. Seillänge von Il lamone e le sue placche eröffneten Boscacci/Angelici 1987 die Route Il posto delle fragole, 6a, 2 Bohrhaken. Im Bereich zum Val Qualido hin findet man zwei Routen aus dem Jahr 1980 von J. Merizzi: Via di lì, 6b, eröffnet zusammen mit F. Boffini (im oberen Teil durch die Rissverschneidung links von Ritorno del Crosta) und Bakibaun 6a und A2, eröffnet mit M.Ballerini und Brugo.
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BERGBÜCHER UND FÜHRER
Giordania, Eliza Kubarska (ph. David kaszlikowski)
VERSANTE SUD KLETTERN ALPINISMUS SCHNEE EIS BOULDERN WANDERN CANYONING MTB www.versantesud.it