Elbphilharmonie Magazin | Ausgabe 1|2017

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1 | 2017

ELBPHILHARMONIE MAGAZIN


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vorwort

Herzlich willkommen!

L

iebe Leserin, lieber Leser,

die Elbphilharmonie ist eines der aufregendsten Gebäude der Welt und Hamburgs neues Wahrzeichen – das sagt sich so einfach. Natürlich ist die gläserne Welle, die über dem historischen Back­ stein­speicher aufbrandet, ein absoluter Hingucker. Doch ihre Bedeutung liegt nicht in einem großen Wort, sondern in den vielen Geschichten, die sich über das neue Konzerthaus erzählen lassen: Die Elbphil­harmonie ist die neue Heimat für Hamburgs Orches­ ter und lockt die besten Musiker aus aller Herren Länder an. Sie bietet den ­Hamburger Bürgern und ihren Gästen einen öffentlichen Raum, der als städte­baulicher Kristalli­sationspunkt die Stadt mit dem Hafen verbindet. Sie ist eine architektonische Wunderwelt, mal Lernort, mal Ausflugsziel, Sehens­ würdigkeit und Wohnort. Sie steht auf geschichtsträchtigem Grund und weist in die Zukunft. All diese und viele weitere Aspekte möchten wir im neuen Elbphilharmonie Magazin beleuchten, das ab sofort dreimal jährlich erscheint. Wie das Kon­ zertprogramm des Hauses wendet es sich an möglichst viele Menschen mit unter­schiedlichen Interessen, an den Gelegenheitsbesucher ebenso wie den erfah­renen Konzertgänger, den gebürtigen Hamburger ebenso wie den neugierigen Gast von auswärts. Für jede und jeden soll in dieser viel­ seitigen Themen­mischung etwas dabei sein. Die Elbphilharmonie hat so viele Facetten wie ihre glitzernde Fassade. Ich freue mich darauf, sie gemeinsam mit Ihnen zu entdecken. Ihr Christoph Lieben-Seutter Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle Hamburg


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58 BAUSTELLE S TA U N E N

SAITENBLICKE

WIR HABEN FERTIG

»DAS BESTE, DAS IST EIGENTLICH ALLES!« Mia, Saya, Polly und Ben

DAS MENSCHLICHE KLANGWESEN

Kleiner Trost für den HSV

besichtigen vorab die Elbphilharmonie

Eine Liebeserklärung an das Cello und seine Meister

VON MIRIAM HOLZAPFEL

VON HARALD EGGEBRECHT

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12 BARKASSE

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WAHRZEICHEN STEUERBORD VORAUS Auf Hafenrundfahrt zur

Elbphilharmonie VON FRANK KEIL

S A L Ā M SY R I A BAUEN

JEDES HAUS EINE ERFINDUNG

SYRISCHES HEIMSPIEL IN HAMBURG Syrer und Deutsche

Eine Werkschau der Architekten Herzog & de Meuron

lernen in einem neuen Chor voneinander VON JASMIN SHAMSI

VON ROMAN HOLLENSTEIN

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»KOMM! INS OFFENE, FREUND!«

Die Kunst ist ein Schutzengel auf unserer Gratwanderung zur Offenheit der Gesellschaft

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RÜCKKEHR

STIMMEN DER WELT

TRADITION UND GEGENWART

Internationale Medien schwärmen von der Architektur der Elbphilharmonie

Der Dirigent Ingo Metzmacher kommt wieder einmal in seine alte künstlerische Heimat VON PETER KRAUSE

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54 KAISPEICHER

GEHEIMTIPP

SECHS WIE PECH UND SCHWEFEL

ÜBERRASCHUNG! Was beim

Der heutige Sockel der Elbphilharmonie war früher ein harter Arbeitsplatz

Eröffnungskonzert garantiert nicht gespielt wird

VON TOM R. SCHULZ

VON WOLFGANG SCHMIDBAUER

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FÖRDERER UND SPONSOREN

IMPRESSUM


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D E R E R S T E TO N

SCHALL

ZUM LEBEN ERWECKT

DIE PERFEKTE WELLE

Eine Reportage vom ersten Akustiktest im Großen Saal VON

Was macht eine gute Akustik aus?

CLEMENS MATUSCHEK

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60

JUST CALL ME GOD

SCHONUNGSLOS FURIOS S TA DT B I L D

NEUE AUSSICHTEN

John Malkovich spielt einen Diktator am Rande des Wahnsinns

Eine fotografische Spitzensuche

VON LALO JODLBAUER

VON ROMANUS FUHRMANN


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»DAS BESTE, DAS IST EIGENTLICH ALLES!«


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Mia, Saya, Polly und Ben durften vorab die fertig­ gestellte Elbphilharmonie besichtigen. Von Aufregung keine Spur – doch dann kam das große Staunen. INTERVIEW MIRIAM HOLZAPFEL FOTOS JAKOB BÖRNER


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»Oh, es hat sich alles so gelohnt, so einen Ausblick kannst du eigentlich gar nicht bezahlen!« Mia, Saya, Polly und Ben (von links)

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ie taucht viel früher auf als man denkt, kurz vor der Haltestelle Fischmarkt schon. Da sieht man sie für einen Moment durch die beschlagenen Scheiben des Busses der Linie 111: die Elbphilharmonie.Wir fahren vom Bahnhof Altona in die HafenCity. Saya (8), Polly (9), Mia (10) und Ben (12) können sich an ihre Heimatstadt ohne Elbphilharmonie gar nicht erinnern, zeit ihres Lebens ist der Bau Thema gewesen, immer wieder haben die Kinder den Namen aufgeschnappt und von Weitem gesehen, wie das Gebäude entsteht. Noch vor allen anderen dürfen die vier nun das gerade erst übergebene Konzerthaus betreten. Aufregend, möchte man meinen. Die Kinder nehmen es zunächst ganz gelassen, staunen beim Davorstehen dann aber doch über die schiere Größe des Gebäudes. Wisst ihr überhaupt, was das ist, eine Philharmonie? SAYA: Keine Ahnung, ich hör’ das voll oft, aber ich weiß überhaupt nicht, worum es geht. BEN: Klingt ein bisschen nach Fiedel. Da wird gefiedelt. POLLY: Und es ist voller Harmonie. Fiedelharmonie! Fiedel ist gar nicht so ganz verkehrt, Harmonie sowie­ so nicht. Die Philharmonie ist ein Konzerthaus. Beim Entwurf des Gebäudes haben die Architekten an einen Kristall gedacht, in dem sich die Umgebung spiegelt. SAYA: Ja klar! Es funkelt ja auch! Sieht witzig aus, wie eine Krone. POLLY: An manchen Stellen sieht das Glas aus wie auf­ geschlitzt, als würde sich was öffnen oder als wären da Löcher. Wie Knopflöcher an einer Jacke.

MIA: Ich finde es cool, weil es aussieht, als wäre es drinnen ganz heiß, sodass die Scheiben ganz beschlagen sind. BEN: Vielleicht sind die irgendwie angesprayt?

Was glaubt ihr: Welche Art von Musik wird in diesem Konzerthaus gespielt? MIA: Das weiß ich gar nicht so genau. Es hat ja noch nicht angefangen. SAYA: So ganz alte Musik, noch älter als der Speicher. BEN: Klassik – da denken viele, das ist ein Radiosender, den man erst mal wegklickt. Und vielleicht ist es nicht so ganz mein Stil. Aber trotzdem würde ich gern mal zu einem Konzert hingehen. Weil, wenn man erst mal da ist, dann ist immer alles anders. Und meistens auch ganz schön. POLLY: Es ist so »tüdüdü«. Ich war mal bei einem Konzert in der Laeiszhalle, wo alles so prunkig ist, auch mit einer Orgel. Da wird Klassik gespielt, und ich kenne mich damit nicht aus. Es hat mir aber trotzdem gefallen. BEN: Mir gefällt normalerweise eher andere Musik. Klassik ist okay, aber ich war mal bei einem Konzert von Deich­ kind, da waren bestimmt 10.000 Leute. Fand ich super. Es war aber eben auch sehr voll und sehr laut, ein bisschen unpersönlich außerdem.

Oben auf der Plaza angekommen, laufen die Kinder gleich nach draußen – Abgründe sind magisch, und der Ausblick lockt. MIA: Ui, die Glastüren hier! Wie Wellen. Alles ganz schön wellig hier. POLLY: Oh, es hat sich alles so gelohnt, so einen Ausblick kannst du eigentlich gar nicht bezahlen!


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Interessantes Stichwort. Könnt ihr schätzen, wie viel dieser Bau gekostet hat? MIA: Auf jeden Fall ne Menge. BEN: So ein paar Millionen vielleicht? SAYA: Ist das viel? Ich hab’ keine Ahnung, es sieht alles teuer aus, also ne Million glaub’ ich schon. Ganz bestimmt ne Million. BEN: Mehrere Millionen, schätze ich. So 50 bis 100 etwa. Mit Gleichmut nehmen sie die tatsächliche Höhe der Baukos­ ten hin, es ist für die Kinder total abstrakt und bedeutet ihnen nichts – eine Million, zehn Millionen, hundert Millionen, alles unvorstellbar. Es hat halt viel gekostet, so viel steht fest. Wir schauen in Richtung Innenstadt. BEN: Man sieht wirklich fast alles, die ganzen Kirchen, die Elbe und was man so kennt. POLLY: Die Elbe ist mir gerade fast zu nah, ich hab’ ein bisschen Schiss hier oben. SAYA: Oh Gott, ich auch. Es ist ziemlich steil. POLLY: Und wenn man hier hoch in die Lichter schaut, dann wird man fast blind. Die sind so hell, das hält man fast nicht aus.

Als alle Kirchtürme gezählt sind, gehen wir hinein und wählen den breiteren der beiden Aufgänge, der uns zum Großen Saal führt. Staunend lehnen sich die Kinder an die gekrümmten Scheiben im Foyer und befühlen sie von innen.Von Nahem ist nun zu sehen, dass da tatsächlich feine Pünktchen drauf sind, die wie aufgesprüht wirken. BEN: Kann man die Fenster öffnen?

SAYA: Mach das nicht. Ich hab’ Angst, dass alles einkracht und wir ins Wasser fallen. BEN: Das ist alles stabil. Es muss einfach stabil sein, weil: Es war ja auch teuer. MIA: Und hier, eine helle und eine dunkle Garderobe! Ich nehme die helle. Man kann das so machen, wie es zu einem passt. SAYA: Die schwarze Wand hier ist cool, wie aus Stein. Ganz schwarz. POLLY: Ich hab’ noch nie so eine rabenschwarze Wand irgendwo gesehen. Voll finster, und trotzdem ist alles hier ganz hell.

Wir stehen nun vor dem Eingang zum Herzstück des Ge­ bäudes, dem Großen Saal. Die Musiksäle sind alle sehr gut schallisoliert, was glaubt ihr, warum das nötig war? BEN: Na, das ist doch klar, die Konzerte hier sind ja sehr laut, das will vielleicht nicht jeder hören. Da nimmt man also lieber sehr viel dicken Beton. POLLY: Und die ganzen Möwen, die hier rumfliegen und kreischen. Die ganzen Leute, der ganze Verkehr, das alles willst du drinnen für einen Moment mal loswerden und was anderes hören. BEN: Boah, was das dann wiegt, die dicken Wände, und die Instrumente sind ja auch ganz schön schwer. Und dann die ganzen Leute! MIA: Es gibt ja auch schwere Leute. BEN: Ich glaub’, der Saal ist echt das Beste. Da muss alles stimmen. POLLY: Ja, der muss funktionieren und er muss gut


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aussehen. Man hört da nicht nur, man schaut sich auch um. Und du willst dich wohlfühlen, so ein Konzert dauert ja eine ganze Weile, und das muss du aushalten können, so ähnlich wie in der Schule. SAYA: In der Schule ist es so, dass man ganz vorn alles am besten hört. Ich sitze ganz vorn. Hinten ist man eher abgelenkt, da sieht man dann die ganzen anderen Kinder und denkt schnell mal an etwas anderes. Schon auf dem Weg hinein in den Saal verändert sich der Schall durch die angebrachten Akustikplatten. Die Kinder bemerken das sofort. Dann öffnet sich die Tür.Wir hören die Orgel, die gerade intoniert wird. Die Kinder befühlen die Wände, laufen staunend durch die Reihen im Parkett und setzen sich direkt vor die Bühne. MIA: Das sind ja richtige Sessel hier! Nicht einfach nur Sitze. POLLY: Ich würde aber lieber weiter oben sitzen. BEN: Nein, erste Reihe ist perfekt. Niemanden vor dir, nur die Musiker. Bei einem besonders tiefen Ton reißen alle vier die Augen auf. POLLY: Du liebes bisschen! Die Orgel – sind das die Röhren da an der Wand? SAYA: Diese Röhren finde ich eigentlich ganz normal. Aber die Wände sehen echt voll komisch aus. POLLY: Ich finde, es passt alles gut ineinander. Und die Sessel sind megagemütlich. BEN: Man kann auch oben auf der Sesselkante sitzen, wie schlau ist das denn? Sie könnten aber ruhig noch ein bisschen gemütlicher sein, ich finde sie ein bisschen fest. Die Kinder entdecken den Reflektor an der Decke. BEN: Was ist das denn? Sieht aus wie ein Ufo! MIA: Kann man da reingehen? Ich sehe da so etwas, bestimmt geht das.


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»Ich frag’ mich, wer hier eigentlich die Glühbirnen auswechselt.«

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»Wie in der Natur! Wie Seepocken auf einer Muschel.«

POLLY: Wenn es geht, dann will ich das auf jeden Fall! Es sieht so modern aus. SAYA: Oh nein, das will ich nicht! Ich bleibe lieber hier. Sind da Kameras drin? Filmen die uns von oben?

Nun ja, der Reflektor ist zwar begehbar, aber nicht für alle und nicht für uns.Wir steigen also einfach nur die Ränge hinauf, gehen noch einmal zur Wand und befühlen die Struktu­ ren der Platten. In einige der Öffnungen passen die Kinder­ hände fast komplett hinein, an anderen Stellen ist das Profil ganz flach. POLLY: Wie in der Natur! Wie Seepocken auf einer ­Muschel. Oder wie ein Schildkrötenpanzer. SAYA: Ich finde diese Wand total komisch. So was hab’ ich noch nie gesehen. BEN: Und das hat ein einziger Typ gemacht? Bestimmt mit dem Computer. Und dann musste es halt noch angefertigt werden. POLLY: Es sieht auch aus wie ein Linolschnitt, wie von Hand mit einem Messerchen ausgeschabt. BEN: Oder wie von einem Finger gezogene Furchen. Ein sehr kleiner Finger. MIA: Und jede Platte ist anders. Hier sieht vieles ganz komisch aus, wie etwas anderes. Der Reflektor, dieses Ufo zum Beispiel, das ist wie ein Ohr. Ein riesiges Ohr. Wir testen die Sitzreihen weiter oben, nah bei der Orgel. Die Kinder drücken im Vorbeigehen die Ohren an die großen

Pfeifen und schauen durch die Zwischenräume in das da­ hinterliegende Orgelwerk. Noch immer wird das gewaltige In­strument getestet, bei den tiefen Tönen lachen alle. POLLY: Klingt wie ein Elefant mit Asthma. Hier oben würde ich gern sitzen, direkt über der Bühne. Man sieht hier wirklich alles und kann sich die Orgel von Nahem ansehen. Und ich finde das mit den Sitzreihen richtig gut gemacht. Hier zum Beispiel sitze ich genau im Zwischenraum hinter den beiden Sitzen davor. SAYA: Joah, die Plätze sind gut, aber mir ist das gerade fast ein bisschen zu laut, so dröhnig irgendwie. Dann lasst uns doch wieder an die Luft gehen und auf dem Weg nach unten einmal überlegen, was euch auf unserem Rundgang besonders gut gefallen hat. Wir fahren langsam mit der Tube hinab, die Kinder finden das grandios, und für ein abschließendes Gespräch ist es ein guter Ort. BEN: Der Saal ist cool, aber die Tube auch. Wie eine Achterbahn. SAYA: Ja, die Wand in der Tube ist auch wieder so schön, ganz anders als im Saal, aber eben schön. POLLY: Mir gefällt vor allem die Lage, dass man alles so gut sehen kann und dass alles immer wieder anders aussieht, innen und außen, die ganze Stadt. Überall sieht man anders. Ach, das Beste, das ist eigentlich alles. MIA: Ich frag’ mich aber, wer hier eigentlich die Glüh­ birnen auswechselt.


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BEN: Insgesamt finde ich den Bau gut. Es ist einfach mal was Neues für Hamburg. MIA: Ich finde es auch gut, aber hier sind total viele Lichter. Ich weiß nicht, ob das sein muss. Das kostet doch total viel Strom! Da könnte man wirklich sparen. BEN: Aber es ist halt eine coole Deko. Man kann sich schon vorstellen, dass das alles viel gekostet hat, die Deko und das andere. POLLY: Wenn es keine Musik gäbe, würde man sie vielleicht nicht vermissen und die Elbphilharmonie auch nicht. Aber es gibt die Musik eben und deshalb ist es auch gut, wenn es Häuser gibt dafür. SAYA: Und man kann mal was erleben! Zu Hause habe ich nur ein ganz kleines Keyboard, und im Leben ist oft alles immer dasselbe. BEN: Man fühlt die Musik einfacher doller bei einem Konzert. Alles ist irgendwie krasser.

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JEDES HAUS EINE ERFINDUNG Weltweit wird das Architekturbüro Herzog & de Meuron für Bauten geschätzt, die Individualität und den Dialog mit ihrem Umfeld kombinieren. Die Elbphilharmonie bringt diese Qualitäten auf den Punkt. VON ROMAN HOLLENSTEIN


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Christine Binswanger, Ascan Mergenthaler, Stefan Marbach, Pierre de Meuron und Jacques Herzog (von links); linke Seite: Olympiastadion, Peking

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ie zählen zu den bekanntesten Gebäuden unserer Zeit: die Tate Modern in London, das »Vogelnest« genannte Olympiastadion in Peking (s. Foto) und – ob­wohl gerade erst vollendet – die Ham­ burger Elbphilharmonie. Schon der Entwurf des neuen Konzerthauses für Hamburg, das sich wie ein gigantisches Segelschiff auf der Spitze des Kaiserkais an der Norder­ elbe in Szene setzt, weckte 2003 die Aufmerksamkeit interna­tionaler Medien. Und nun begeistern die Bilder des voll­endeten Meisterwerks erneut die Welt. Viel spricht dafür, dass die Elbphilharmonie ähnlich wie das Opernhaus von Sydney zu einem Jahrhundert­ bauwerk werden könnte. Denn mehr noch als die Tate Modern und das »Vogelnest« definiert die Elbphilharmo­ nie mit ihrer skulpturalen Präsenz als einprägsames Wahrzeichen den Umraum neu und schafft dabei einen städtischen Erlebnisort. DIALOG MIT DEM KONTEXT

Es mag erstaunen, wie unterschiedlich diese drei Bauten in ihrem Erscheinungsbild sind, obwohl sie von denselben Architekten entworfen wurden, nämlich von Jacques Her­ zog und Pierre de Meuron. Der Grund dafür, dass kaum eines ihrer Werke dem andern gleicht, liegt im Werdegang und in der einzigartigen Entwurfsmethode der beiden 1950 in Basel geborenen Architekten. Ihr Rüstzeug holten sie sich als Studenten der ETH Zürich beim großen Italiener Aldo Rossi und bei dem von Le Corbusier und der Tessiner Schule beeinflussten Dolf Schnebli. Beide Lehrer wiesen sie früh schon auf die Bedeutung des bau­ künstlerischen Dialogs mit dem Kontext hin.

Ende der 1970er Jahre, als die Architektur weltweit im Formalismus zu erstarren drohte, machten sich Herzog & de Meuron mit jugendlichem Wagemut auf, der Welt ihr Können zu beweisen. Sorgte ihr Erstlingswerk, das an eine Kinderzeichnung erinnernde »Blaue Haus« in Oberwil, bei den einen noch für Irritation, so glaubten andere euphorisch, in ihm das platonische Urbild des Hauses zu erkennen. Herzog & de Meurons eigenwillige Bauten, die von Anfang an ganz individuell aussahen, strahlten schnell über die Architekturszene hinaus und fanden auch bei Kunstliebhabern Anklang. Die formale Nähe ihrer Architektur zur Kunst offenbarte sich besonders deutlich beim 1982 vollendeten Fotostudio Frei in Weil am Rhein, dessen windschiefe Oberlichter an eine Arte-PoveraSkulptur denken lassen, aber auch bei dem um eine Paulownie gebauten Sperrholz-Haus in Bottmingen (1985) oder beim minimalistisch geschichteten Ricola-Lager (1987) in Laufen, dessen horizontale Eternitverkleidung den Bruchlinien des nahen Steinbruchs antworten. KUNST UND ALLTAG

Diese ebenso einprägsamen wie widerborstigen Werke zeigten, wie sehr sich die beiden Basler an den kulturellen und gesellschaftlichen Strömungen der Zeit rieben. Ihren Bauaufgaben nähern sie sich oft in Zusammenarbeit mit Künstlern und durch architektonische Analysen des Umfelds an, und so gelang es ihnen früh, der bald im Sumpf einer fantasielosen Neomoderne, bald in einer geschichtsverliebten Postmoderne festgefahrenen Archi­ tektur ganz ungeahnte Perspektiven zu öffnen. Dabei


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Roche Bau 1, Basel

Universitätsbibliothek, Cottbus

strebten sie nicht nach einem leicht wiedererkennbaren Vokabular, sondern nach immer neuen Formen – ganz im Gegensatz zu damals schon berühmten Kollegen wie Frank Gehry oder Mario Botta, die ihre einmal gefunde­ nen Markenzeichen höchstens noch leicht variierten. Ohne nach dem großen Erfolg zu schielen, trieben Herzog & de Meuron ihre präzis auf den jeweiligen Ort bezogene baukünstlerische Recherche voran und konnten so mit einer Überraschung nach der anderen aufwarten: Das 1988 in Tavole hoch über der ligurischen Küste realisierte Ferienhaus, in dem sie die Rahmenskulpturen eines Sol LeWitt mit der lokalen Steinbautradition verschmolzen, war spröd und kantig – genauso wie das durch übereinandergeschichtete Glas- und Wandbänder charakterisierte Galeriegebäude der Sammlung Goetz in München oder die schuhschachtelartige Studenten­ siedlung in Dijon (beide 1992). Architektonisch aber handelte es sich um Innovationen, welche die Fachwelt verblüfften und die Kritiker von einer revolutionären Schweizer Einfachheit schwärmen ließen. In der Folge befreiten sich Herzog & de Meuron schrittweise aus dem ihnen zugedachten minimalistischen Korsett und experimentierten mit freieren Formen und unkonventionelleren Materialien, ohne sich aber dem Dekonstruktivismus von Rem Koolhaas oder Zaha Hadid anzunähern. Das beweisen die beiden mit Kupferbändern umwickelten SBB-Stellwerke in Basel (1994 und 1999), die mit Siebdrucken tätowierte Hochschulbibliothek von Eberswalde (1996) oder die mit Bruchstein-Gabionen verkleidete Dominus-Weinkellerei im Napa Valley (1998). Diese und andere Bauten von Herzog & de Meu­ ron weckten bei der breiten Öffentlichkeit eine wach­ sende Neugier, so auch in ihrer Heimatstadt Basel, wo sie seit 2001 mit dem nachts farbig leuchtenden Stadion St. Jakob-Park die Fußballfans elektrisieren, oder in München, wo die elegante Einkaufspassage Fünf Höfe (2003) an der Theatinerstraße und die reifenartige

Allianz-Arena (2005) Einheimische und Touristen glei­ chermaßen betören. TRIUMPH IN LONDON

Noch größere Beachtung fand schon im Jahr 2000 ihr fulminanter Umbau des ehemaligen Londoner Bankside­Kraftwerks zur Tate Modern (die sie kürzlich noch um einen Anbau, das Switch House, erweiterten, s. Foto). Seither werden die Basler als architektonische Weltstars und Vordenker gefeiert. Indem sie den Altbau mit internen Straßen und Ausblicken und vor allem mit der zu einer überdachten Piazza umgestalteten Turbinenhalle in eine Stadt im Kleinen transformierten, verliehen sie dem Mu­ seum eine einzigartige soziale, baukünstlerische und urba­ nistische Bedeutung. Gleichzeitig erlebte Southwark, ein damals noch armes Stadtviertel, einen Entwicklungsschub. Von da an spielte der städtebauliche Aspekt für Herzog & de Meuron eine wichtige Rolle, nicht nur bei ihren Bauprojekten, sondern auch bei ihren Forschungs­ studien für Basel oder die benachbarte Grenzstadt St-Louis. Die daraus erworbenen Erkenntnisse konnten sie dann im großen Maßstab für die Expo 2015 in Mai­ land nutzen, die sie nach dem Prinzip einer antiken, von zwei sich kreuzenden Hauptachsen (dem Cardo und dem Decumanus) dominierten Planstadt konzipierten. Bei der Tate Modern konnten die Basler aber auch ihre Vorstellung von idealen Ausstellungssälen hin zur Neuinterpretation klassischer Museumsräume weiterent­ wickeln. Diese heben sich klar ab von den beiden überein­ andergestapelten, identisch und abstrakt wirkenden Oberlichtsälen der Sammlung Goetz und den weißen, genau auf die Exponate abgestimmten Sälen des 1999 entstandenen Museums Küppersmühle in einem ehema­ ligen Industriegebäude am Duisburger Innenhafen. Einen betont zeitgenössischen Ausdruck verliehen Herzog & de Meuron hingegen dem Äußeren der Tate Modern, indem sie ausgehend von ihrem Interesse an der


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Tate Modern, Switch House, London


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Auf diesen Erfolg antworteten sie mit einem Feuerwerk spektakulärer Bauten. Darunter finden sich extravagante Geschäftshäuser wie der mit tanzenden Fenstern auf­ wartende Hauptsitz der Versicherungsgesellschaft Helvetia in St. Gallen (2002), das Elsässertor in Basel (2004) mit seiner Fassade aus unterschiedlich gekippten Glaselemen­ ten oder der Flagship Store von Prada in Tokio (2003), bei dem »erstmals Struktur, Raum und Fassade eine Einheit« bilden. Dessen eisig elegante, fast wie gesteppt erscheinende Gebäudehülle beeinflusste zweifellos den kristallinen Aufsatz der Elbphilharmonie. KÖNIGSDISZIPLIN KULTURBAU

Meret Oppenheim Tower, Basel

Stapelung von Bauteilen einen gigantischen Leuchtbalken auf das Kunstkraftwerk setzten. Die Idee des Schichtens perfektionierten sie daraufhin bei der Elbphilharmonie, deren segelartige Glaskrone über der erhöhten Plaza auf dem backsteinernen Kaispeicher von Werner Kallmorgen zu schweben scheint. EIN SPEKTAKULÄRES FEUERWERK

Es war nicht zuletzt das Alt und Neu auf geniale Weise vereinende, architekturhistorisch, städtebaulich und öko­ logisch gleichermaßen wichtige Schlüsselwerk der Tate Modern, das Herzog & de Meuron 2001 den renommier­ ten, gern als Nobelpreis der Architektur bezeichneten Pritzkerpreis eintrug.

Am meisten Beachtung aber fanden schon damals die Kulturbauten von Herzog & de Meuron, mit denen sie in der »architektonischen Königsdisziplin« einen Erfolg nach dem anderen verbuchten. So schufen sie mit dem Schau­ lager der Emanuel Hoffmann-Stiftung (2003) in Mün­ chen­stein bei Basel einen neuen Bautypus, in dem jedem Kunstwerk ein kleiner, fensterloser Ausstellungsraum zu­geordnet ist. Beim Laban Dance Center (2003) in Lon­ don und bei ihrem siegreichen, aber bis jetzt nicht reali­ sierten Wettbewerbsprojekt für eine »Flamenco-Stadt« in Jerez de la Frontera (2003) beschäftigten sie sich mit einer Architektur der Musik – gleichsam als Präludium zum ebenfalls 2003 erarbeiteten Projekt der Elbphilharmonie. Ein Jahr später fand die Einweihung der Univer­­ sitätsbibliothek in Cottbus (s. Foto) statt. Der über amöben­artigem Grundriss errichtete Monumentalbau erinnert bald an eine Alvar-Aalto-Vase, bald an das staufische Castel del Monte in Apulien. Seine mit Sieb­ druck verfremdeten Fassaden wirkten weiter auf das steinerne, nur von klei­nen, pixelartigen Fensterelementen durchbrochene TEA-Museum in Santa Cruz de Tenerife (2007), dessen Mauern nachts wie Lava glühen. Geologische Anspielungen entdeckt man auch bei dem über einem metallisch spiegelnden Eingangsbereich wie ein rostiges Gebirge sich erhebenden Caixa Forum für zeitgenössische Kunst in Madrid – während die ex­­ pressiv verdrehten und gebrochenen Baukörper des New de Young Museum in San Francisco und das kantig aus einem Glas-Sockel ragende Walker Art Center in Minnea­ polis (beide 2005) weiterhin dem Skulpturalen huldigen. Wie kein anderes europäisches Büro vermochten Herzog & de Meuron, die schläfrige, in unfruchtbare The­o­ rien vernarrte amerikanische Architektenschaft aufzu­ rütteln und jüngere Vertreter nachhaltig anzuregen. Viel diskutiert wurde in Miami das 2013 eröffnete Pérez Art Museum, das sie als weißen Tempel gestalteten, mit schlan­ ken Säulen und weit auskragender Deckenplatte, von der tropische Pflanzen hängen. Noch wichtiger aber war kurz zuvor das Parkhaus 1111 Lincoln Road in Miami Beach (s. Foto), mit dem sie erneut demonstrierten, dass banale Infrastrukturbauten durch architektonische Aufwertung eine ganz ungeahnte Ausstrahlung erlangen können. Ähnliches gilt für die Hochhäuser, bei denen sich die Basler für eine Abkehr vom reinen Fassadendesign


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en­gagierten und – mehr oder weniger erfolgreich – um struk­turelle Neuerungen rangen: nach dem 2004 entwor­ fenen, aber bislang nicht realisierten Projekt eines tannen­ zapfenförmigen Hotelturms auf der Schatzalp in Davos vor allem beim abgetreppten Roche Bau 1 (2015, s. Foto) in Basel oder beim wirbelnden Schubladenturm an der Leonard Street in New York, der demnächst vollendet sein wird. KEINE TROCKENE THEORIE

Die Vielzahl von Bauten und Projekten führte dazu, dass das Büro von Herzog & de Meuron am Basler St. JohannsTor schnell zu einem eigentlichen Campus heranwuchs, in welchem derzeit mehr als 300 der insgesamt rund 420 Mitarbeiter tätig sind. Doch noch immer spürt man hier jenen ausgeprägten Teamgeist und jene Offenheit gegen­ über Kunst und Alltag, auf denen der Erfolg des Architek­ turbüros basiert. An diesem Fokus der zeitgenössischen Baukunst wird nicht trocken theoretisiert, sondern an­schaulich diskutiert. Es wundert daher nicht, dass die Basler den internationalen Architekturdiskurs weniger über Traktate als vielmehr durch eine ebenso eigenwillige wie fantasievolle Baupraxis bestimmen.

Vitra-Haus, Weil am Rhein

So erkunden sie weiterhin alle erdenklichen Materia­ lien, aber auch zahlreiche architektonische Themen immer wieder neu: etwa das einfache, durch massive Wände und ein Giebeldach definierte Haus, mit dem sie sich seit ihren frühesten Werken beschäftigen. Es lebt heute weiter im scheunenartigen Parrish Art Museum (2012) in Water Mill, New York, oder in der hölzernen Bergbahnstation auf dem Chäserrugg (2015), in dem aus gebrochenen roten Ziegeln errichteten Vitra-Schaudepot in Weil am Rhein (2016), aber auch im Vitra-Haus (2010, s. Foto), bei dem als zusätzliches Element die Stapelung ähnlicher Baukörper hinzukommt. Der neueste architektonische und städtebauliche Geniestreich der Basler Architekten aber stellt die Ende 2015 eröffnete Erweiterung des Museums Unterlinden in Colmar dar. Hier verliehen sie einem lange vernach­läs­ sigten Winkel der Stadt neue Attraktivität, indem sie einen Bach freilegten, einen kleinen, die Altstadthäuser neu interpretierenden Giebelbau als Lichtquelle für die unter­ irdischen Verbindungsräume schufen und ein zusätzliches Museumsgebäude errichteten, das einem gotischen Kir­ chenschiff gleicht. Ein Projekt von vergleichbarer städtebaulicher Be­ deutung werden Herzog & de Meuron demnächst in Berlin


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Parkhaus 1111 Lincoln Road, Miami Beach

realisieren: das Museum des 20. Jahrhunderts. Mit einem scheunenartigen Bau, der wie das Schaudepot in Weil mit Backstein verkleidet ist und ebenfalls ein flach geneigtes Satteldach besitzt, gelingt es ihnen, die beiden architekto­ nischen Meisterwerke am Ort – Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie und Hans Scharouns Philharmonie – zu verbinden und so das urbanistische Chaos des Kultur­ forums zu ordnen. Es sind immer wieder solche außergewöhnlichen Lösungen, welche die Erwartungen an Herzog & de Meuron hochhalten, sodass man – zumindest in Architek­ turkreisen – schon gespannt weiteren Werken entgegen­ fiebert: etwa den lang gezogenen Giebelbauten der Feltrinelli-Stiftung in Mailand, dem neben dem Bahnhof SBB in Basel wie ein Felsenriff in die Höhe wachsenden Meret Oppenheim Tower (s. Foto), der Nationalbiblio­ thek in Jerusalem, dem M+ Museum für Kunst, Design und Architektur in Hongkong, der Erweiterung des Mu­

seums Küppersmühle in Duisburg oder der als kreuz­ förmiger Zentralbau geplanten Kirche im mexikanischen Ciudad Juárez. Doch zunächst blickt die Welt nun erst einmal auf die Elbphilharmonie in Hamburg, die in mancher ­Hinsicht die Quintessenz des bisherigen Schaffens von Herzog & de Meuron darstellt.

ROMAN HOLLENSTEIN, 1953 geboren, ist seit 1990 Feuilletonredakteur der »Neuen Zürcher Zeitung« und zuständig für die Bereiche Ar­ chitektur, Städtebau und Design. Zuvor stand der promovierte Kunsthis­toriker der Abteilung Kunstgeschichte des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft in Zürich vor.


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presseschau

STIMMEN DER WELT NEW YORK TIMES

Internationale Medien schwärmen von der Architektur der Elbphilharmonie.

»A new musical landmark for a city with plans.« 26. 10. 2016

DIE ZEIT

»Die Elbphilharmonie ist ein wahrhaft erstaunliches Bauwerk, vielleicht das erstaunlichste der letzten Jahrzehnte, und sie erinnert schon deshalb an die legendären Olympiabauten in München und an die Philharmonie in Berlin, weil auch dort die Zuversicht zu einer Form fand. Etwas Neues sollte beginnen – und es begann.«  3. 11. 2016

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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG

»BEI DER ELBPHILHARMONIE HANDELT ES SICH UM DEN ERSTEN ÜBERRAGENDEN BAU DES NEUEN JAHRTAUSENDS.« 7. 11. 2016

DIE WELT

»Eine Landmarke der Hansestadt, wie diese noch keine in ihrer Geschichte besessen hat.«  3. 11. 2016

THE GUARDIAN

»It is thankfully every bit as spectacular as its architects promised … An appropriate form for what is a cathedral of our time.«  4. 11. 2016

LE FIGARO

»LE PHILHARMONIE DE HAMBOURG FRANCHIT LE MUR DU SON.«  11. 11. 2016

ASAHI SHIMBUN DIGITAL

21. 7. 2016 TAGES-ANZEIGER

DIE ZEIT (HAMBURG)

»Die Elbphilharmonie ist ein utopischer Traum, der sich in die Wirklichkeit gemogelt hat.«  3. 11. 2016

»Dieses Bauwerk schafft mit den Mitteln der Kunst eine zweite Wirklichkeit, eine künstliche Natur, in der Kultur und Natur ineinander umschlagen und sich wundersam bespiegeln.«  5. 11. 2016


presseschau

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG »Es ist einer der

« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

schönsten, ungewöhnlichsten Konzertsäle der Welt geworden.« 3. 11. 2016

WeChat: EFIFAN

17.11. 2016

»ES GIBT ÜBERHAUPT NUR EIN EINZIGES BAUWERK AUF DER ERDE, DAS IN SEINER STADTRÄUMLICHEN PRÄSENZ MIT DER ELBPHILHARMONIE VERGLICHEN WERDEN KANN: DIE OPER VON SYDNEY.« 3. 11. 2016

THE OBSERVER

»For its sustained imagination and invention, the skill of its making, the amazement of its best spaces and its public spirit, it is hard to beat.« 6. 11. 2016

anZeiGe


ZUM LEBEN 22

der erste ton

Anspannung, Neugier, bange Erwartung: Im September hat das NDR Elbphilharmonie Orchester zum ersten Mal die Akustik des Großen Saals getestet – und den Raum mit Klang förmlich geflutet.

VON CLEMENS MATUSCHEK  FOTOS MICHAEL ZAPF


N ERWECKT d e r e r s t e t o n  23


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der erste ton

Yasuhisa Toyota und Christoph Lieben-Seutter

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eine Pauken und Trompe­ ten, kein mächtiger Akkord und auch keine samtige Streicherklangfläche, nein, der allererste richtige Ton, der im Großen Saal der Elbphilharmonie erklingt, ist ein ganz schlichtes »a« der Oboe. Denn auch wenn hier und heute die Akustik des neuen Konzertsaals zum ersten Mal getestet werden soll und die Mischung aus Anspannung, Neugier, banger Erwartung und Hoffnung im NDR Elbphilharmonie Orchester mit Händen zu greifen ist: Erst einmal wird gestimmt. Also, same procedure as every rehearsal. Nicht, dass ein Fehler im Versuchsaufbau das Messergebnis beeinflusst. Und doch: So bewusst hat selten ein Orchester eingestimmt. Wie klingt die Oboe im Raum? Höre ich sie gut? Höre ich mich gut, wenn ich den Ton aufnehme? Wie klingt mein Ton im Raum? Höre ich meinen Sitznachbarn? Habe ich genügend Platz zum Spielen? Sehe ich meinen Stimmführer? Fragen über Fragen. Und dann geht es los.

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ieser Freitag, der 2. September 2016, markiert – man kann es ruhig so pathetisch sagen – den Beginn einer neuen Epoche in Hamburgs Musikgeschichte: Zum ersten Mal musiziert ein Orchester im Großen Saal der Elb­philharmonie. Viele, die an diesem Tag auf der Bühne sitzen, waren schon in den Neunzigerjahren dabei, als die Idee eines neuen Konzerthauses für Hamburg aufkam. Sie haben die Vorstellung des Elbphilharmonie-Entwurfs

2003 verfolgt, die Grundsteinlegung 2007 und den Bau­ fortschritt seither. Nun aber betreten sie zum ersten Mal ohne Baustellenhelm und Sicherheitsschuhe, dafür mit ihren Musikinstrumenten jenen Raum, den der Chef­ dirigent Thomas Hengelbrock bereits ihr »neues Zuhause« nennt. Und auch wenn etliche von ihnen den Saal schon im Rohbau gesehen haben: Wer vom Backstage-Bereich auf die Bühne tritt, die Geige oder Klarinette unterm Arm, bleibt zunächst einmal stehen und staunt. »Wow!« entfährt es so manchem. Denn dieser Saal ist nicht nur ein Konzert-Ort, er ist ein Raumkunstwerk. In der Realität wirkt er noch deutlich beeindruckender als auf den Computer-Ren­ derings oder Fotos: größer, weiter, höher, steiler – aber auch organischer. Die Kombination aus der hellgrauen Wandverkleidung und den hellen Holzböden, aus den fließenden Formen der Ränge und den klaren Linien der Stuhlreihen erinnert an skandinavisches Design. »Wein­ berg-Modell« nennt man die ovale Bauform, die für den Großen Saal der Elbphilharmonie gewählt wurde, und man mag dabei an sanfte Terrassen denken. Tatsächlich hat der Raum eher die Form eines riesigen Tropfens, an dessen tiefstem Punkt die Musiker sitzen. In seiner Spitze aufgehängt ist der Klangreflektor, der zentral über dem Orchester schwebt wie ein gutmütiges Ufo. Ihm kommt – neben der Wandverkleidung – eine entscheidende Rolle in der akustischen Konzeption zu: den aufsteigenden Schall zu brechen und gleichmäßig in den Saal zu reflektieren (mehr dazu auf Seite 28). Um das zu gewährleisten, hat


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Thomas Hengelbrock


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der erste ton

der Akustiker Yasuhisa Toyota monatelang Berechnungen mithilfe von Computersimulationen durchgeführt und sogar ein Saalmodell im Maßstab 1:10 gebaut. Heute wird sich zeigen, ob sich der Aufwand gelohnt hat.

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ährend sich auf der Bühne die Musiker sortieren und Selfies machen, treffen auf den Rängen die ersten Zuhörer ein: besagter Herr Toyota etwa, der zwar freundlich zu Protokoll gibt, dass er derartige Situationen schon oft erlebt habe und dass bislang immer alles gutgegangen sei, der aber trotzdem recht nervös hinter seinen Brillengläsern hervorschaut und eifrig Erinnerungs­ fotos knipst. Außerdem der Hausherr, Generalintendant Christoph Lieben-Seutter, der NDR-Intendant Lutz Marmor und die NDR-Orchestermanagerin Andrea Zietzschmann. Natürlich sind auch einige Abgesandte des Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron und der Hamburger Kulturbehörde dabei. Später wird sogar Bürgermeister Olaf Scholz vorbeischauen, um sich vom Gelingen seines Prestigeprojekts selbst zu überzeugen. Schließlich gibt es prominente Beispiele dafür, was alles schiefgehen kann. Als Leonard Bernstein 1985 zum ersten Mal im neuen Münchner Gasteig dirigierte, kommentierte er die Akustik mit den Worten »Burn it!« – ein Makel, von dem sich das Haus nie ganz erholte.

Wie in vielen anderen Sälen mussten als Notlösung nach­ träglich hässliche Akustikelemente in Form von PlexiglasSegeln eingebaut werden. Es steht also einiges auf dem Spiel, und das wissen auch die 80 Musiker, die sich nun auf der Bühne zurechtruckeln. Ein Bratschist knibbelt an den Fingerkuppen, ein Fagottist setzt mit forschend gerunzelter Stirn das Instrument an, ein Cellist prüft nochmals die Spannung seiner Bogenhaare. »Ich darf auf keinen Fall kieksen«, murmelt ein Hornist. »Ich will doch diesen herrlichen Saal nicht beschmutzen.« Endlich hebt Thomas Hengelbrock, der baumlange Chefdirigent aus Wilhelmshaven, den Taktstock. Die 1. Sinfonie von Johannes Brahms hat er ausgesucht für diesen ersten Moment. Eine Hamburgensie, eine Reverenz vor dem größten Musiksohn der Stadt und der Geschichte des Orchesters, das mit Brahms’ Musik seine größten Erfolge feierte. Aber auch eine pragmatische E ­ ntscheidung:

Falten glätten sich. Mundwinkel ziehen sich nach oben. Es klingt großartig. Satt. Voll. Trotzdem differenziert.

Selfie in der Elphi: Die Musiker des NDR Elbphilharmonie Orchesters bewundern ihre neue Heimspiel­ stätte.


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Es gibt wohl kaum ein Stück, das das NDR Elbphilharmo­ nie Orchester so gut kennt wie dieses und so oft in ganz unterschiedlichen Sälen gespielt hat. Die optimale Basis also für ein bewusstes Testen der Akustik.

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ie Musiker setzen ihre Instrumente an, die Zuhörer halten den Atem an. Dann gibt Hengelbrock den Einsatz – und die Elbphilharmonie erwacht zum Leben. Schon während der langsamen Einleitung, die vom unbeirrbaren Puls der Pauke gezogen wird wie von einer unsichtbaren Schnur, weicht die Nervosität. Blicke wer­den ausgetauscht wie optische Kurznachrichten, Falten glät­ten sich, Mundwinkel ziehen sich nach oben. Es klingt groß­ artig. Satt. Voll. Trotzdem differenziert. Mühelos füllt das Orchester den Raum, ohne dass ein Klangbrei ent­stünde, deutlich lassen sich die einzelnen Instrument heraushören: hier die Flöte, da die Geigen, dort die Kontrabässe. Brahms’ polyphone Kompositionsweise, also das Über­ lagern mehrerer Gegenstimmen, kann schnell einmal zu Unschärfen im Klangbild führen. Hier nicht. In manchen Sälen wirkt der Klang hart oder eng. Hier bildet er ein Fluidum, in das man eintauchen kann wie in einen klaren See, mit einem hellen Himmel darüber und unendlichen Tiefen darunter. Die Elbphilharmonie wird mit Klang förmlich geflutet. Je länger das Orchester spielt, desto mehr weicht die Anspannung purer Freude. So strahlende Mienen, so schwungvolle Bewegungen lassen sich bei einem gestande­ nen Profiorchester nicht oft beobachten, jedenfalls nicht in einer Probe. Als der letzte Akkord des ersten Satzes sanft verklungen ist, dreht sich Thomas Hengelbrock zu den Zuschauerrängen um und schluckt. Dann sagt er: »Bravo, Mister Toyota.« Und dann applaudieren alle. Die Musiker auf der Bühne, die Organisatoren und ihre Mitarbeiter auf den Rängen. Mittendrin steht Mister Toyota und lächelt sein zurückhaltendes Lächeln: »Wenn die Musiker glück­ lich sind, bin ich es auch.« In der folgenden Pause reden alle aufgeregt durch­ einander wie Schulkinder. »Herrlich«, schwärmt ein Geiger, »wir müssen nicht mehr gegen die Hörner ankämpfen.« »Genau«, pflichtet ein Kollege bei, »wir müssen überhaupt nicht forcieren, was ja leicht scharf klingen kann. Und umgekehrt kann ein dreifaches Pianissimo noch viel leiser sein. Es klingt einfach, und man hört sich selbst und die Stimmgruppen untereinander wunderbar.« Eine Cellistin freut sich über den großen Bühnenraum, dessen Podeste in konzentrischen Halbkreisen ansteigen, im Gegensatz zur rechteckigen Bühne der Laeiszhalle, wo nur die Bläser erhöht sitzen: »Der Saal klingt nicht nur gut, man sieht sich auch gut. Gerade für die hinteren Streicherpulte ist es wichtig, nicht nur den Dirigenten zu sehen, sondern auch den eigenen Stimmführer und den Konzertmeister. Dann kann man viel aktiver spielen.« Was sich in Summe natürlich sehr positiv auswirkt. Das Fazit des Oboisten: »Der Saal ist ein Geschenk. Man fühlt sich wohl, er sieht toll aus, und er klingt von Anfang an perfekt.«

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abei hat das »Einspielen« des Saals ja gerade erst begonnen. Zwei ganze Tage lang probt das NDR Elbphilharmonie Orchester am Stück, neben Brahms auch noch die Schlussfuge aus Mozarts »Jupiter-Sinfonie« und Mendelssohns luftige »Italienische«, Mahlers riesig besetzte 2. Sinfonie und Barockmusik von Rameau in kleiner Formation. Es geht darum, für jede Musik die optimale Artikulation und Aufstellung zu erkunden: Wie leise kann man spielen, ohne dass der Ton abstirbt (Antwort: unglaublich leise) und wie laut, ohne dass es knallt (Antwort: sehr laut). Die Kontrabässe könnten en bloc rechts hinter den Celli stehen oder in einer Reihe in der Mitte; die Hörner enger beim Blech oder bei den Streichern; die Holzbläser eine Podeststufe höher oder niedriger. Das alles will prak­tisch ausprobiert sein. Hengelbrock lässt dabei meist einen Assistenten dirigieren und wandert durch den gesamten Saal bis ganz hinauf unter die Decke, um den Klang auf möglichst vielen Positionen zu überprüfen. Die erste Erkenntnis: Die Akustik ist überraschend konsistent. Auf den Plätzen hinter dem Orchester klingt es kaum anders als davor – obwohl man hinten den markan­ ten Blechbläsern ja deutlich näher sitzt als den Streichern. Toyotas Reflektor erfüllt seine Bestimmung wie geplant. Die zweite Erkenntnis: Im Hauptparkett gibt’s einen voll­ tönenden Mischklang; je weiter man im Saal nach oben steigt, desto differenzierter hört man. »Nicht besser oder schlechter – anders«, beschreibt es Toyota. »Jeder kann selbst für sich herausfinden, was ihm besser gefällt.« Seine hohen Erwartungen seien »sogar noch übertroffen wor­ den«, kommentiert Christoph Lieben-Seutter begeistert. Die Weichen sind also gestellt für ein erfolgreiches Eröffnungskonzert, das die Ära der Elbphilharmonie am 11. Januar dann auch offiziell einläuten wird. Bis dahin steht noch viel Feintuning an. Doch wenn man die Be­ geisterung der Musiker vom NDR Elbphilharmonie Or­chester zum Maßstab nimmt, blicken Hamburgs Kul­ turfreunde Goldenen Zeiten entgegen. Am Ende seines ersten Arbeitstages im neuen »Wohnzimmer« legt Thomas Hengelbrock mit geröteten Wangen den Taktstock aufs Pult. »Herrlich«, sagt er. »Den nehmen wir.«


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schall

DIE PERFEKTE WELLE Was macht eigentlich eine gute Akustik aus?

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elche Akustik ein Raum hat, hängt von vielen Faktoren ab: Grundriss, Raumvolumen, Innenarchitektur, Baumaterial, Beschaffenheit der Oberflächen. In jedem Fall braucht es eine Schallquelle, ob nun einen sprechenden Menschen oder ein musizierendes Sinfonieorchester. Sie sendet Schallwellen aus, die von den Wänden, Decken und Böden nach dem Billardprinzip reflektiert werden. Da Schall sich »nur« mit einer Ge­ schwindigkeit von etwa 340 Metern pro Sekunde ausbreitet, machen sich bauliche Unterschiede deutlich bemerkbar. In einer großen Kathedrale beispielsweise muss der Schall weite Strecken zurücklegen, bis er als Echo wieder beim Sender ankommt. Die hohen Gewölbe können den Schall sogar regelrecht »fangen«, was den Nach­ hall verlängert – im Kölner Dom sind es unglaubliche 13 Sekunden. Im heimischen Wohnzimmer lässt sich das nicht reproduzieren, zumal sich dort auch weiche Materialien wie Teppiche, Gardinen und Möbelstücke finden, die den Schall nicht reflektieren, sondern schlu­ cken. Wie stark, hängt allerdings auch von der Höhe der Töne ab: Tiefe Frequenzen etwa laufen durch leichte Materialien ein­ fach hin­durch – was erklärt, warum man bei Dis­kotheken von außen immer nur die Bässe wummern hört.

Ob eine Akustik als gut gelten kann, hängt natürlich vom Zweck des Gebäudes ab. Grundsätzlich mag der Mensch Umgebun­ gen, in denen er sich akustisch orientieren kann wie eine Fledermaus. Schalltote Räu­ me für physikalische Messungen ohne jegliche Reflexionen verursachen dagegen Beklemmungen. Sprechtheater weisen meist eine »trockene« Akustik ohne viel Nachhall auf. So kann man die Schauspieler besser verstehen. Für Musiker wäre der­ selbe Saal ein Graus, weil ihre Instrumente hier wie tot klingen. Für sie sind etwa zwei Sekunden Nachhall optimal. Allerdings ist hier die Qualität ent­ scheidend. Plane Oberflächen können sehr unschöne Echo-Ballungen erzeugen oder akustische Paradoxa, die einzelne Instru­ mente räumlich falsch projizieren, sodass auf bestimmten Plätzen im Saal beispiels­ weise die Flöte unverhältnismäßig laut oder plötzlich von hinten erklingt. Je mehr Reflexionen, desto besser wird der Klang gemischt und desto wohler fühlt sich der Hörer. Die Rolle der dafür notwendigen »Diffusoren« – Schallwellenbrecher – über­ nehmen in historischen Konzerthäusern verschnörkelte Ornamente, Kassetten­ decken, Stuck oder Statuen. Die Akustik des Großen Saals der Elbphilharmonie, die der renommierte japanische Experte Yasuhisa Toyota erdacht hat, überträgt diese Prinzipien ins 21. Jahr­

hundert. Sie beruht maßgeblich auf zwei Ideen. Zum einen der große, konvex gewölb­ te Reflektor, der über der Bühne hängt. Er sorgt dafür, dass sich der vom Orchester aufsteigende Schall nicht im (eigentlich zu hohen) Raum nach oben verliert, sondern gleichmäßig in alle Richtungen in den Saal zurückgeworfen wird. Auf diese Weise ­können sich die Musiker selbst und gegen­ seitig besser hören, und die Zuhörer be­ kommen einen guten Mischklang – egal, ob sie vor, hinter oder neben dem Orchester sitzen. Der zweite Geniestreich ist die ­»Weiße Haut« des Saals, die Wandverklei­ dung aus schweren Gipsfaserplatten. Ihre gefrästen »Krater« reflektieren den Schall eben nicht so eindimensional, wie es eine glatte Wand täte, sondern brechen ihn in Millionen von Richtungen auf. So entsteht ein als angenehm empfundener Raum­ klang. Massive Betonwände unter der ­»Weißen Haut« sorgen zudem dafür, dass auch tiefe Frequenzen zurückgeworfen werden. Sogar die hölzerne Bühne hat Toyota in seine Überlegungen miteinbezogen. Sie funktioniert wie eine Pauke, deren Fell die Bühnenbretter bilden. Als Resonanz­ körper verstärkt sie das Orchester, was insbesondere den Celli und Bässen zugute­ kommt. Die Elbphilharmonie ist also selbst ein riesengroßes Instrument. CM


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geheimtipp

ÜBERRASCHUNG! Am 11. und 12. Januar 2017 wird Hamburgs neues Konzerthaus mit zwei festlichen Eröffnungskonzerten des NDR Elbphilharmonie Orchesters eingeweiht. Das genaue Programm bleibt geheim, es soll eine Überraschung sein. Wir verraten nur zehn Werke, die garantiert NICHT gespielt werden.

Johann Sebastian Bach: Kantate »WEINEN, KLAGEN, SORGEN, ZAGEN« BWV 12―

Klaus Doldinger / Giorgio Moroder: Soundtrack zu »DIE UNENDLICHE GESCHICHTE«―

Johann Strauß Sohn: »AN DER SCHÖNEN BLAUEN DONAU« op. 314―

Sängerbund der Hans-Albers-Doubles: »AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS«―

Scorpions und das NDR Elbphilharmonie Orchester: »MOMENT OF GLORY«―

Franz Schubert: Sinfonie Nr. 7 h-Moll »UNVOLLENDETE«―

Heidi-Kabel-Gedächtnis-Chor: »MARMOR, STEIN UND EISEN BRICHT«―

Bertolt Brecht / Kurt Weill: »DIE DREIGROSCHENOPER«―

Johann Joseph Fux: Ouvertüre zur Oper »DER TEMPEL DER EWIGKEIT«―

Paul Lincke: »BERLINER LUFT« (Marsch aus der Operette »Frau Luna«)―


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Die schönste Yacht der Welt grüßt Hamburgs neues Flaggschiff MS EUROPA bietet virtuose Klassikdarbietungen vor den beeindruckendsten Kulissen der Welt. Umso mehr freuen wir uns, mit der Elbphilharmonie eine neue Klassikgröße in unserem Heimathafen zu begrüßen – und auf ein Wiedersehen im Sommer 2017!

Mehr Informationen und alle Musikreisen unter: www.mseuropa.de


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just call me god

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it dem Charisma des Bösen kennt John Malkovich sich aus. Schillernde Schurken und zwielichtige Gestalten, Tyrannen, Finsterlinge und Halunken hat der amerikanische Schauspieler schon einige verkörpert: den intriganten Vicomte de Valmont in »Gefährliche Liebschaften« ebenso wie den genialischen Schwerverbrecher Cyrus The Virus in »Con Air« oder den grausamen König in »Eragon«. Als einen »der profiliertesten Darsteller komplexer, problematischer und ab­ gründiger, oft auch hochintelligenter, aber ebenso herablassender Charak­ tere« bezeichnet ihn Wikipedia – und genau in dieser Rollenbeschreibung ist der Filmstar nun live auf der Bühne der Elbphilharmonie zu erleben: als ein megalomaner Diktator an der Kippe zum Wahnsinn, der eine furiose, schonungslose letzte Rede hält, eine trotzige Abrechnung mit Gott, der Welt und sich selbst, vorgetragen gegen den mächtigen Klang der Orgel im Großen Saal. »Just Call Me God« heißt dieser musiktheatralische Abend. Es ist bereits die dritte Bühnenproduktion, die Malkovich gemeinsam mit dem Regisseur Michael Sturminger realisiert, nach »The Infernal Comedy«, einem Porträt des Serienmörders Jack Unterweger, und »The Giacomo Variations«, in denen Malkovich den Frauenhelden Casanova verkörperte. Den musikalischen Part in »Just Call Me God« übernimmt der Organist Martin Haselböck, Sophie von Kessel spielt die Antagonistin des Diktators. Während einer Probenpause in Wien blieb John Mi, 8. März 2017 | 20 Uhr Malkovich für die Kamera noch ein bisschen in Do, 9. März 2017 | 20 Uhr seiner Rolle und ließ mächtig den Diktator raus­ Fr, 10. März 2017 | 20 Uhr hängen. CF Elbphilharmonie Großer Saal JOHN MALKOVICH: JUST CALL ME GOD Eine Welturaufführung


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SCHONUNGSLOS FURIOS John Malkovich spielt in »Just Call Me God« einen Diktator am Rande des Wahnsinns.

FOTOS LALO JODLBAUER



Just call Me God

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just call me god



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saitenblicke

VON HARALD EGGEBRECHT

DAS MENSCHLICHE KLANGWESEN

Es ist ein Rätsel, warum das Cello erst so spät populär wurde. Eine Liebeserklärung an das Instrument, seine historischen Meister und den größten Cellisten unserer Zeit, Yo-Yo Ma.


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ie Attraktivität des Violoncellos liegt auf der Hand: Es ist gleichsam drei Instrumente in einem. Es bietet die Tiefen des Basses, die Mittellagen der Viola und die Gipfelhöhen der Violine. Kein Wunder, dass es Ensembles wie »Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker« gibt, in denen diese verschiedenen Klangregister glücklich genutzt werden, mit geradezu orchestraler Wirkung. Dass der Celloton der menschlichen Stimme wohl am nächsten kommt, ist ein weiterer Grund für seine Popularität.

© Man Ray Trust, Paris / VG Bild-Kunst, Bonn 2016

DER ANBLICK: ZWEIFELLOS EROTISCH

Außerdem sieht das Cello wunderbar aus. Und Cellisten sind optisch interessanter als etwa Geiger oder Bläser. Die einen halten die Violine so nah am Kopf, dass beide eine Art Einheit bilden. Bläser haben ihre Instrumente am Mund oder sogar vor dem Gesicht. Das Cello wirkt erst einmal durch seine Größe, dann durch seine zweifellos erotische Form, dann dadurch, dass alle Details von der Schnecke bis zum Stachel gut sichtbar sind, schließlich durch den Umstand, dass Cellisten zwar hinter dem Cello sitzen, aber ihren Kopf frei bewegen können. Außerdem sind beide Hände bei ihrer Arbeit gut zu sehen. Der Musiker kann sein Instrument wirklich in die Arme nehmen, mit den Knien wiegen, es mit dem ganzen Körper hin- und herschwingen oder sich in den hohen Lagen auf das Griffbrett regelrecht stürzen. Und weil der Celloklang dem der mensch­ lichen Stimme so stark ähnelt, spielt der Cellist nicht nur auf einem Instrument, son­ dern er kann, wenn er es denn kann, die »vox humana« in diesem hölzernen Hohlkörper entdecken und zum Singen, auch Sprechen bringen. Dennoch hat es deutlich länger gedauert als bei der Violine, das Cello mit all diesen Vorzügen als Soloinstrument zu entdecken. Zwar gab es schon vor Johann Sebastian Bachs sechs »Suiten für Violoncello solo« einige Stücke für das Cello allein; aber erst mit diesem Konvolut beginnt der »kleine Bass« sein Eigenleben, und zwar gleich so triumphal, dass die Bach-Suiten bis heute zu den berühmtesten Musikstücken überhaupt gehören. »Es dürfte kaum eine Minute vergehen, in der nicht irgend­jemand auf der Welt einen Satz aus diesen Suiten probt«, hat einmal der große niederländische Cellomeister Anner Bylsma gesagt. RÜCKBLICK: DIE ALTE KRAFT

Wenn wir uns kurz der frühen Geschichte des Cellospiels zuwenden, führen die Spuren zurück bis ins 17. Jahrhundert, zu dem aus Bologna stammenden Domenico Gabrielli etwa, der als Erster für sein Instrument Solostücke schrieb, oder zu Giovanni Bononcini, der am Wiener Hof und in Paris mit großem Erfolg wirkte. Im 18. Jahr­ hundert dann tauchen – um nur einige der wichtigen zu nennen – so ehrwürdige Namen auf wie der von Luigi Boccherini. Den wichtigsten Teil seines Lebens verbrachte er in Spanien, als Cellist und Komponist gefeiert aber wurde er in ganz Europa.


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saitenblicke

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1  Mstislaw Rostropowitsch, 1984 2  Marie-Elisabeth Hecker, 2015 3  Pablo Casals, 1951 4  David Geringas, 1970 5  Jacqueline du Pré, um 1970 6  Matt Haimovitz, 2002 7  Sol Gabetta, ca. 2014

Das Cello wirkt erst einmal durch seine Größe, dann durch seine zweifellos erotische Form.

Großes Gewicht kommt den Cellisten zu, die in Joseph Haydns Hofkapelle beim Fürsten Esterházy spielten, etwa Franz Joseph Weigl, für den Haydn höchstwahrscheinlich das berühmte C-Dur-Konzert schrieb. Oder dem neben Boccherini wohl bedeutendsten Cellovirtuosen jener Zeit, Anton Kraft, für den Haydn das nicht minder berühmte D-Dur-Konzert komponierte. Kraft wirkte später auch im einflussreichen Schuppanzigh-Quartett mit und wurde da von Ludwig van Beethoven liebevoll-spöttisch »die alte Kraft« genannt. Am preußischen Hof brillierten die Brüder JeanPierre und Jean-Louis Duport, glanzvolle Vertreter der französischen Celloschule, die bis heute das Cellospiel mitbestimmt. Beide Duports gelten als Neuerer; der Phi­losoph Voltaire meinte beim Spiel von Jean-Louis, es sei ein Wunder, unter dessen Händen habe sich ein Ochse in eine Nachtigall verwandelt. DER VERPASSTE AUGENBLICK

Weiter ins 19. Jahrhundert: Bernhard Romberg wurde in dessen erster Hälfte europaweit für die Leichtigkeit seines Spiels gerühmt. Doch ausgerechnet er hatte das unglück­ selige Privileg, Beethoven, den Freund und einstigen Kollegen in der Bonner Hofkapelle, zu demotivieren. Beet­ hoven hatte Romberg angeboten, ein Cellokonzert für ihn zu schreiben; doch Romberg lehnte ab: Beethoven solle sich keine Mühe machen, er spiele nur seine eigenen Werke! Damit schreckte er den Komponisten so nach­ drücklich ab, dass dieser nie wieder den Versuch unter­ nahm, ein Cellokonzert zu Papier zu bringen – zum Leid­wesen folgender Cellistengenerationen. Ein Name sei noch genannt, um diesen kurzen Gang durch die Vergangenheit cellistischer Virtuosität vor Pablo Casals zu beenden: der des Belgiers Adrien-François Ser­ vais, der als »Paganini des Violoncells« überall hysterisch


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bejubelt wurde und 1842 als Solist im ersten Konzert der neu gegründeten Wiener Philharmoniker auftrat. Er war der erste Cellist, der den Stachel systematisch benutzte; zuvor hielt man das Cello meist mit den Unterschenkeln. Trotz all dieser erfolgreichen Meister blieb die Literatur für Violoncello relativ beschränkt. Von Mozart gibt es jenseits seiner Kammermusik keine eigene Sonate, kein Konzert. Beethoven schrieb nach Rombergs Absage immerhin einige Sonaten und Variationen für Cello und Klavier. Auch Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte zwei herrliche Sonaten, ebenso Johannes Brahms, der zudem noch ein Doppelkonzert für Violine und Cello lieferte. Robert Schumanns Cellokonzert rief zuerst Befrem­ den hervor, und es brauchte eine Weile, bis es ins Stan­ dard­repertoire aufgenommen wurde. Schließlich hatten Camille Saint-Saëns und Edouard Lalo ein Einsehen und schrieben effektvolle Konzerte. Antonín Dvorák aber kom­ ponierte mit seinem op. 104 endlich jenes Meisterwerk, das zurecht als der Gipfel der Cellokonzert-Literatur gilt. LICHTBLICK: FEUER, SPIEL UND POESIE

Die Cellorevolution schlechthin löste Pablo Casals (1876–1973) aus mit seiner natürlichen Art des Spiels, sei­ nem Feuer, seiner poetischen und virtuosen Kraft. Der eine Generation jüngere Emanuel Feuermann, der neben Casals für viele späteren Kollegen größte Cello­virtuose aller Zeiten, hat diesen Umbruch beschrieben. Er hatte noch viele Cellisten der alten Zeit gehört und war ent­ täuscht von Intonation, Klang und Wirkung dieser Musi­ ker. Sie konnten schnell spielen, das ja; ansonsten aber war ihr Spiel eher ungepflegt und nicht sehr attraktiv für Zuhörer, offensichtlich auch nicht für Komponisten. Dann kam Casals: »Jeder, der ihn gehört hat, weiß, dass eine neue Periode des Cellospiels angebrochen ist«,

schrieb Feuermann. »Casals hat gezeigt, dass das Cello singen kann ohne Schmalz, dass auf keinem Instrument weicher phrasiert werden kann; dass durch kluge Finger­ sätze die abrupten Sprünge verschwunden sind und damit der hässliche Lärm, von dem man bis dahin an­ nahm, er sei integraler Bestandteil des Spiels.« Es sind diese Errungenschaften, die dem Cello seinen rechtmäßigen Platz unter den Soloinstrumenten verschafft haben. Seitdem schreiben Komponisten für dieses einzigartige Klangwesen, und große Meister wie etwa Mstislaw Rostropowitsch, János Starker, Pierre Fournier oder Siegfried Palm haben viele hundert Stücke angeregt. Nicht alle sind hervorragend oder Spitzenwerke, aber diejenigen, die es sind, fordern Spieler und das Publikum immer aufs Neue heraus. ÜBERBLICK: DIE WEITE BRUDERSCHAFT

Die heutige »Bruderschaft« der Cellisten ist ungemein weit und vielfältig gefächert: Zur älteren Generation gehören unter anderem der bedeutende Lehrer und souveräne Rostropowitsch-Schüler David Geringas aus Litauen und der mit großer Exaltation spielende Amerikaner Lynn Harrell. Nicht zu vergessen auch der wunderbare nordi­ sche Cellosänger Truls Mørk, der geistreiche Engländer Steven Isserlis und der nachdenklich-bescheidene Ungar Miklós Perényi. Die Jüngeren werden angeführt von so einzigartigen Persönlichkeiten wie Pieter Wispelwey aus den Nieder­ landen, Jean-Guihen Queyras aus Franko-Kanada, Matt Haimovitz aus Israel oder Gary Hoffman aus den USA. Und all diesen phänomenalen Meistern ihres Fachs sind schon wieder jüngere Kollegen auf den Fersen. Etwa der stürmisch-angstfreie Johannes Moser, der elegisch »singende« Daniel Müller-Schott und der stets zu Experi­ menten aufgelegte, brillante Alban Gerhardt aus Deutsch­


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saitenblicke

land, aber auch die energiegeladene Sol Gabetta aus Argentinien und der die französische Tradition feurig fortsetzende Gautier Capuçon. Bei den Jüngsten ragen der mit einem ungemein persönlichen, klangfarbenreichen Ton begabte Valentin Radutiu, der sonor-stolze Gabriel Schwabe und die träumerische Marie-Elisabeth Hecker heraus, um nur drei deutsche Namen aus einer weltweiten Phalanx von Höchstbegabungen zu nennen. KENNERBLICK: PRIMUS INTER PARES

Und doch gibt es einen Künstler, der mit Fug und Recht als Primus inter Pares unter den Cellisten unserer Zeit bezeichnet werden darf und als der berühmteste: Yo-Yo Ma ist ein echter Weltstar. Er kann Stadien füllen, man denke nur an seine Auftritte bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City 2002 oder bei der Inaugurationsfeier Barack Obamas 2009, wo er mit Itzhak Perlman und Gabriela Montero gleichsam vor der ganzen Welt spielte. Ma stammt aus einer musikalischen Familie. Sein Vater, in der Nähe von Schanghai geboren, studierte Musikwissenschaft in Paris; die Mutter, gebürtig aus Hongkong, ging als ausgebildeter Mezzosopran dorthin. Und in Paris kam 1955 auch ihr Sohn zur Welt. Mit vier begann Yo-Yo das Cellospiel, drei Jahre später übersie­ delte die Familie nach New York, wo fortan der große Leonard Rose den Hochbegabten unterrichtete und zu dessen wichtigstem Lehrer wurde. »Ich habe alles, was ich über das Cello weiß, von Leonard Rose gelernt«, bekennt Yo-Yo Ma. »Er ging sehr sensibel mit mir als Knaben um. Ich war sehr schüchtern, und er ermutigte mich, mich selbst auszudrücken, indem ich seinen mächtigen Ton nachahmte und mich einfach auf dem Cello aussingen sollte. Seine besondere Fähigkeit aber lag darin, dass er es verstand, jenen Moment genau abzupassen, in dem es darum geht, den Studenten zu seinem eigenen Weg zu ermutigen.« Yo-Yo Ma hatte auch das Glück, beim MarlboroFestival des Pianisten Rudolf Serkin mitzuwirken. Dort konnte der Heranwachsende mit den großen Alten Serkin und Casals Kammermusik spielen, ein entscheidender Impuls für sein Musikerleben. 1978 gewann er in New York den Avery-Fisher-Preis und war damit in ganz Amerika bekannt. Bald darauf spielte er weltweit mit allen Orchestern, Dirigenten und Musikern von Rang und Namen.

Bis heute hat Yo-Yo Ma das optimistische Charisma eines jugendlichen Helden.

WEITBLICK: ÜBER DEN TELLERRAND

Yo-Yo Mas enorme Popularität hat zweifellos mit seiner Neugier zu tun, nahezu keinen musikalisch interessanten Weg und Abstecher auszulassen. Mit Isaac Stern hat er ebenso musiziert wie mit dem völlig anders gearteten Gidon Kremer, und von Ton Koopman ließ er sich in die Alte-Musik-Bewegung einführen. Wer Yo-Yo Ma auf dem Barockcello spielen hört – natürlich ohne Stachel, mit Darmsaiten und Barockbogen –, der wird unweigerlich an Voltaires Bonmot denken müssen: Der Ochse verwandelt sich in eine Nachtigall. Seine Offenheit brachte Yo-Yo Ma mit dem genialen Multitalent Bobby McFerrin zusammen, er spielt mit lateinamerikanischen Musikern, widmet sich modernen Solostücken, erkundet Amerikanisches und Französisches, ohne deshalb das angestammte klassisch-romantische Repertoire zu vernachlässigen. Er regte Filmemacher und Tänzer dazu an, sich zu Bachs Cello-Suiten etwas einfallen zu lassen: »Inspired by Bach« heißt das Ergebnis von sechs unkonventionellen Musikfilmen. Dabei ist er ein konsequenter, unbeirrbarer Künstler, dessen »sprechender« Cellogesang sofort fesselt und er­ greift, ob er nun Vivaldi auf dem Barockcello spielt oder Dmitri Schostakowitschs Cellokonzerte auf dem modernen Instrument. Emanuel Feuermann sagte einmal, dass der


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Begriff »Virtuose« ein Ehrentitel sein müsste. Yo-Yo Ma hat ihn in diesem Sinne verdient wie kaum ein anderer. FREIER BLICK, FREIER KLANG

Yo-Yo Mas Ton strahlt Wärme und Zuversicht aus, bleibt auch im mächtigsten Forte schlank und in Form. Er klingt in der Höhe hell timbriert, in der Tiefe sonor ohne Grunzen und Knarren. Seine Technik ist makellos, die Freiheit seines elastischen Spiels überträgt sich unmittel­ bar auf das Publikum. Bis heute hat er das optimistische Charisma eines jugendlichen Helden. Durch seine un­ spektakuläre Freundlichkeit beim Auftreten gewinnt er schon vor der ersten Note. All seine Nuancierungs- und Phrasierungskunst, sein so frei klingender Ton und eben seine Neugierde machen ihn aber nicht nur zu einem außerordentlichen Cellisten; Yo-Yo Ma bekennt, dass er in unserer Gegenwart mit all ihren gesellschaftlichen und politischen Widersprüchen lebt und musiziert. So spielte er das düstere Klagelied »Der Cellist von Sarajevo« von David Wilde als Zeichen mitfühlender Solidarität. Dieses Stück bezieht sich auf den Cellisten Vedran Smajlovic´, der während der Belagerung von Sarajevo 1992 täglich an verschiedenen Orten in der Stadt improvisierte, um an die im Krieg getöteten Zivilis­ ten zu erinnern.

Dass Yo-Yo Ma mit seiner Fähigkeit zu kontrollierter Ekstase, zu einem jubilierend aufgehellten Celloklang, zu Leichtigkeit und virtuoser Spielfreude gepaart mit analyti­ scher Ernsthaftigkeit und musikalischer Disziplin ein Bachspieler höchster Qualität ist, liegt auf der Hand. Bei ihm kommt das Tänzerische, Lebensbejahende, auch Witzige dieser Musik geradezu locker zum Erklingen. FERNBLICK: OFFEN DURCH DIE WELT

Seine vielleicht spektakulärste Unternehmung ist das Silk Road Projekt. Ausgehend von musikethnologischen Feldforschungen in Zentralasien und China, initiierte Yo-Yo Ma 1998 diese Organisation, die Musiker, Kompo­ nisten und Zuhörer aus den Ländern entlang der Seiden­ straße, der alten Handelsroute zwischen Europa und Asien, zusammenbringt. Im Zentrum des Projekts steht das Silk Road Ensemble, das in verschiedenen Besetzungen und oft unter Beteiligung von Yo-Yo Ma Workshops und Konzerte in der ganzen Welt gibt und damit für die Begegnung der unterschiedlichen Musikkulturen entlang der Seidenstraße sorgt, ohne diese falsch zu vermischen oder auf eine Harmonisierung aus zu sein. Yo-Yo Ma dazu: »Kultur heißt nicht, Traditionen zu konservieren, sondern sie weiter­ zuentwickeln. Sonst stirbt sie. Gerade an den Nahtstellen


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saitenblicke

Das Silk Road Ensemble mit Kinan Azmeh (2. v. l.) und Yo-Yo Ma (6. v. r.)

zwischen unterschiedlichen Kulturen entstand schon immer viel Neues.« Und Ma erklärt, warum das beim Silk Road Ensem­ ble so gut funktioniert: »Alles beginnt mit einem Stück, das einer von uns mitbringt. Dann müssen wir so etwas wie musikalisches und damit auch emotionales Vertrauen aufbauen. Es ist dieses Vertrauen, als ob man einen Wildfremden zu sich nach Hause einlädt, weil einem das Bauchgefühl sagt, dass das funktioniert.« Mas Freund­ schaft und Zusammenarbeit mit dem syrischen Klarinet­ tisten und Komponisten Kinan Azmeh ist nur eines von vielen glücklichen Beispielen für dieses Vertrauen, das aus dem Silk Road Projekt hervorging. Yo-Yo Mas stilistische Vielfalt und der unstillbare Drang nach Neuem belegen, dass er ein Musiker im um­ fassenden Sinne des Wortes ist und nicht nur ein gran­ dioser Cellist. Seine Offenheit und sein Interesse an neuen musikalischen Erfahrungen, seine Freude daran, auch mit Popmusikern zu arbeiten, haben nichts Beliebiges, sondern etwas von Forscherlust an sich. Yo-Yo Ma ist ein Ausrichter von Expeditionen zu neuen Ufern und in neue Landschaften der Musik und ihrer Vermittlung. Darin wirkt etwas zutiefst Aufklärerisches.

HARALD EGGEBRECHT, geboren 1946 in Helmstadt, lebt als freier Journalist, Autor und Kritiker in München und schreibt vor allem für die »Süddeutsche Zeitung«. Von 1981 bis 1987 war er Kulturredakteur beim NDR, für den er ab 1995 auch die Sendereihe »Die großen Geiger« gestaltete.

Di, 24. Januar 2017 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal YO-YO MA & KATHRYN STOTT Gemeinsam mit seiner langjährigen Klavierpartnerin Kathryn Stott spielt Yo-Yo Ma seine selbst zusammen­ gestellte Suite »Arc of Life« mit Musik von Bach, Sibelius, Debussy und Schostakowitsch. Do, 26. Januar 2017 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal YO-YO MA & KINAN AZMEH Als Vorschau auf das Festival »Salām Syria« spielt Yo-Yo Ma gemeinsam mit dem Komponisten und Klarinettisten Kinan Azmeh und weiteren syrischen Musikern Werke von Bach, Azmeh und Rafea. Mo, 3. April 2017 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal YO-YO MA & NEW YORK PHILHARMONIC Unter der Leitung von Alan Gilbert, dem ersten gebürtigen New Yorker am Pult des New York Phil­ harmonic, spielt Yo-Yo Ma die deutsche Erstaufführung des neuen Cellokonzerts von Esa-Pekka Salonen. Außerdem erklingt Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 4.


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DREAMTEAM

Danke, dass unsere Instrumente in der neuen Elbphilharmonie erk lingen dürfen. Es macht uns s e h r s t o l z , d a m i t Te i l d e s n e u e n W a h r z e i c h e n s der Stadt Hamburg zu sein. Wir wünschen der Elbphilharmonie den Erfolg, den sie verdient.


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sal Ām syria

SYRISCHES HEIMSPIEL IN HAMBURG Eigens für das Festival »Salām Syria« wurde ein syrisch-deutscher Chor gegründet. Schnell war klar: Jede Seite hat einen musikalischen Vorteil. VON JASMIN SHAMSI FOTOS JAKOB BÖRNER

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ie Pläne waren groß, und die Ungewissheit war es auch, als die Elbphilharmonie im vergangenen September ein ganz besonderes Projekt ins Leben rief. Noch waren es sechs Monate hin bis März, bis zum Festival »Salaˉm Syria«, bei dem Hamburgs neues Konzerthaus die reiche Musikkultur Syriens prä­ sentieren wird. Wäre es da nicht schön, einen Chor mit jungen Erwachsenen aus Syrien und Deutschland zu gründen? Und: Wäre das überhaupt so schnell möglich? Die Idee wurde mit Postkarten, Flyern und via Facebook in den Communities verbreitet und der Kick-off in der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude angekündigt. »Wir wussten überhaupt nicht, wer da kommen würde«, erzählt Ilka Berger, die das Projekt koordiniert. »Und plötzlich standen da 60 Teilnehmer, darunter ebenso viele Syrer wie Deutsche.« Eigens für dieses erste Treffen war

die syrische Sopranistin Dima Orsho nach Hamburg gekommen. Sie stimmte gleich einmal ein syrisches Volks­ lied an – und nur Sekunden später sang die eine Hälfte des neuen Chors leidenschaftlich mit. Einsingen, aufwär­ men – wozu? Für Nidal Osman, der vor sechs Jahren aus Damas­ kus nach Hamburg kam und hier als Informatiker arbeitet, war das ein sehr emotionaler Moment: »Als Dima anfing zu singen, bekam ich Gänsehaut. Viele hatten Tränen in den Augen. Spätestens da stand für mich fest: Hier mache ich definitiv mit.« Seit Anfang Oktober wird nun wöchent­ lich geprobt, mittlerweile ist die Teilnehmerzahl sogar noch gestiegen: 70 begeisterte Hobby-Sängerinnen und -Sänger – die meisten unter 35, die älteste 66 – bereiten sich ge­ mein­sam auf ihr erstes großes Ziel vor: ihren Auftritt bei »Salaˉm Syria« im März 2017 im Großen Saal der Elbphil­


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Hana Alkourbah, Ursula Köhler, Nidal Osman (von links)

harmonie. Im Sommer wird der Chor auch in Osnabrück ein Konzert geben, beim Kooperationspartner »Morgen­ land Festival«, dessen Leiter Michael Dreyer als musikali­ scher Nahost-Experte auch das Programm für »Salaˉm Syria« kuratiert hat.

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uf dem Programm stehen alte und neue syrische Lie­ der, alles in arabischer Sprache, für die deutschen Chormitglieder in Lautschrift notiert. »Für die Syrer ist das natürlich ein Heimspiel«, sagt Ilka Berger. »Sie können ihre Kompetenzen einbringen und sind dadurch klar im Vor­teil.« Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn in einem anderen Punkt sind die Deutschen voraus: Der mehrstimmige Chorgesang ist für die syrischen Teilnehmer eine neue Erfahrung, sie sind einstimmiges Singen gewohnt. »Die Unterteilung in Stimmgruppen fand ich anfangs komisch«, gesteht Hana Alkourbah, eine Literaturwissen­ schaftlerin aus Homs, die heute in Geesthacht lebt, in Rahlstedt arbeitet und für die wöchentlichen Chorproben gerne noch den Weg nach Winterhude auf sich nimmt. »Gott sei Dank kann ich hier im Sopran singen, wie ich es gewohnt bin. Alle anderen Stimmen würden mir schwer­ fallen.« Auch Nidal bestätigt, dass die Mehrstimmigkeit für seine Landsleute eine echte Herausforderung ist: »Bei uns kennen alle den Text und singen einfach los. Hier aber müssen wir uns an die Noten halten, und das klingt in un­­se­ ren Ohren manchmal schon komisch. Aber es geht eben nicht um die einzelne Stimme, sondern um alle Stimmen zusammen. Mittlerweile klappt das jedenfalls ganz gut.« Und ob es klappt. Jörg Mall, der Chorleiter, hat die Sache im Griff. Im Halbkreis haben sich die Sängerinnen und Sänger um den freundlichen, geduldigen Mann versammelt, der das Warm-up mit kleinen Witzen auflo­ ckert. Dann wird das syrische Volkslied »Almaya« geprobt, Malls Assistent Rami Olsen übernimmt. Der junge Mu­ siker mit den langen Dreadlocks möchte wissen, ob es Unsicherheiten gibt. Ja, drei deutsche Sängerinnen haben Probleme mit der Aussprache der letzten Zeile. Olsen bittet die Muttersprachler um Hilfe. Dann geht es weiter,

noch einmal von vorn. Hie und da wird geschnippt, gewippt oder leise mit den Füßen geklopft. Drei syrische Freundinnen kichern und tuscheln leise.

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enn ich hier singe, habe ich das Gefühl, ein Stück von ihrer Welt zu verstehen«, sagt Ursula Köhler. Die Deutsch- und Lateinlehrerin meint damit vor allem die Welt jener Familie aus Aleppo, die sie und ihr Mann im Herbst 2015 für sechs Wochen bei sich aufgenommen haben. Eine Hals-über-Kopf-Entscheidung sei das ge­ wesen, gefasst nach einem Besuch in der Erstaufnahme­ stelle Schnackenburgallee: »Das Zelt war unbeheizt, die Kinder hatten Fieber, die Mutter hustete fürchterlich – das konnten wir nicht ertragen.« Seitdem sind die Köhlers eine große Patchwork-Familie. »Auf das Konzert in der Elbphilharmonie freue ich mich«, sagt Ursula. »Aber wirk­ lich wichtig für mich sind die Proben. Sie haben mich un­gemein bereichert.« Hana Alkourbah, die Sopranistin, stand während der Probe mit aufmerksamer Miene ganz vorn im Chor und hat den Tenören aufmunternd zugelächelt. Jetzt erzählt sie, wie sehr sie sich freut, hier in Deutschland ihre eige­nen Lieder singen zu können: »Wenn ich von meiner Heimat singe, ist es das einzige, das mir niemand nehmen kann. Syrien, so wie ich es kenne, existiert nicht mehr. In der Musik aber besteht es weiter.«

Fr, 10. März 2017 Bürgerhaus Bornheide (Osdorf) VORKONZERT ZUM FESTIVAL »SALĀM SYRIA«

Fr, 16. Juni 2017 IM RAHMEN DES »MORGENLAND FESTIVALS ­OSNABRÜCK«

Fr, 17. März 2017 Elbphilharmonie Großer Saal IM RAHMEN VON »SALĀM SYRIA«

Sa, 1. Juli 2017 Elbphilharmonie Großer Saal IM RAHMEN DER »LANGEN NACHT DES SINGENS«


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TRADITION UND GEGENWART Acht Jahre lang hat Dirigent Ingo Metzmacher Hamburgs Musikleben geprägt. Zur Eröffnung der Elbphilharmonie kommt er nach Langem wieder in seine alte künstlerische Heimat. VON PETER KRAUSE

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ier kleine Kinder krabbeln im Zuschauerraum der Staatsoper über die plüschroten Sessel, während vorn der Generalmusikdirektor eine Büh­ nenorchesterprobe leitet: Es war schon was los, als Ingo Metzmacher im Haus an der Dammtorstraße das Dirigierzepter schwang – und bei mancher Probe auch seine junge Familie dabeihatte, während er den Philharmo­ nikern so entspannt wie bestimmt seine Sicht auf die Klassiker der Klassik und der Moderne nahebrachte. Zwischen 1997 und 2005 war Metzmacher Generalmusikdirektor in Ham­ burg. Mehr Kumpel als Maestro, vermittelte er eine Lockerheit im Opernbetrieb, die sich vom Diktatorenton der Altmeister angenehm abhob. Gerade 40 war er, als er dieses Amt übernahm, und so erfrischend sein Ton, so neugierig war seine Haltung gegenüber den beiden Häusern, für die er Verantwortung trug. Denn die Erneuerung, die er im Konzertrepertoire für die Laeiszhalle und im Spielplan der Staatsoper bewirkte, bleibt beispiel- und vorbildgebend. Hamburg, sagt er heute, sei für ihn die echte künstlerische Heimat gewesen. 2005 verließ Metzmacher die Stadt zunächst Richtung Amsterdam, wo er drei Jahre lang Chefdirigent der Niederländischen Nationaloper war. Von 2007 bis 2010 leitete er zudem das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin. Seither arbeitet er als freier Dirigent an praktisch allen wichtigen Opernhäusern Europas und mit den führenden Orchestern der Welt. Zur Eröffnung der Elbphilharmonie kehrt er nun seit Langem wieder einmal in seine alte künstlerische Heimat Hamburg zurück.


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Ingo Metzmacher, 1999

Die Ära Metzmacher hat Hamburgs Musikleben geprägt. Wenn er seine philhar­ monischen Konzertprogramme zusammenstellte, schien immer eine grundlegende Überzeugung durch: Erst der Blick auf die musikalische Gegenwart schärft die Perspektive auf die musikalische Vergangenheit. Daran hat sich für Metzmacher nichts geändert: »Man muss das Interesse an den Klassikern aus heutiger Sicht entwickeln, mit der Erfahrung der Moderne im Rücken. Mich interessiert die Mo­ dernität von Bruckner, von Beethoven, von Brahms.« Mit dieser Überzeugung beruft sich Metzmacher ganz auf einen seiner wichtigsten Mentoren, den Dirigen­ ten und Komponisten Michael Gielen, mit dem er zu Beginn seiner Karriere an der Frankfurter Oper zusammenarbeitete. Fasziniert war der junge Metzmacher aber auch von dem damals ganz neuen Blick, den Nikolaus Harnoncourt auf die Klassik warf, etwa auf Beethoven: »Harnoncourt ließ sich vom Mainstream nicht einlullen. Er kam durch die Stücke selbst an deren Wurzel zurück und holte so aus dieser Musik wieder ihre radikale Kraft heraus. Genau das will ich auch, aber ich suche die Wurzeln lieber durch einen musikalischen Gegenpol.« Gemeint ist: durch die Kontrastdynamik von Gegenwart und Tradition. Ein gutes Beispiel für Metzmachers musikalische Überzeugung sind die mittlerweile legendären Silvesterkonzerte, die er in seiner Hamburger Zeit mit den Philharmonikern gab. Anders als bei den meisten anderen Orchestern standen dabei keine seligen Strauß-Walzer auf dem Programm; es wurde ausnahmslos mitreißende Musik der Moderne gespielt. »Who Is Afraid of 20th Century Music?«, so lautete der Titel dieser Silvesterkonzerte – und das war natürlich eine rein rhetorische Frage. Auch in Büchern wie »Keine Angst vor neuen Tönen« legte Metzmacher seinen Blick auf die moderne Musik kenntnisreich und nachvoll­ ziehbar dar.

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ie Marke vom »Mann des 20. Jahrhunderts« scheint ihm denn auch hartnäckig anzuhaften. Fühlt er sich wohl mit dieser Einengung? »Als ich in den Acht­ zigerjahren beim Ensemble Modern anfing, habe ich nach und nach entdeckt, was seit den Fünfzigern so geschrieben wurde, habe mir die radikale Moderne Stück für Stück erschlossen. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, aus diesen Werken ein Repertoire, einen Kanon zu schaffen, dass es also selbstverständlich wird, Charles Ives, Luigi Nono, Olivier Messiaen, Bernd Alois Zimmermann und wie sie alle heißen zu spielen. Ich fühle mich jedenfalls durchaus wohl im 20. Jahrhundert, wäre mit dem Begriff also einverstanden.«


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Metzmacher ist aber auch ständig auf der Suche nach guter neuer Musik. Nur, was kann im Zeichen der Nach-Postmoderne ein Kriterium dafür sein? »Neue Musik muss authentisch sein. Was das genau ist, kann ich auch nicht sagen. Das hat man auch in den Zeiten der großen Meister nicht gewusst. Die Geschichte trennt letztlich die Spreu vom Weizen – und dafür muss man die Stücke immer wieder spielen! Die unendlichen Möglich­ keiten, Töne miteinander zu verbinden, sind jedenfalls nie ausgeschöpft.« Metzmacher war stets fasziniert von Karlheinz Stockhausen, dem Pionier der elektronischen Klänge, dessen frühes Werk »Gesang der Jünglinge« er als wichtigen Ausgangpunkt betrachtet. Und so ermutigt er Stockhau­ sens heutige Erben: »In den Clubs gibt es ja eine große Vielfalt an elektronischer Musik. So sollten auch Kompo­ nisten die Möglichkeiten der neuen Technologien mehr nutzen. Gleichzeitig bewundere ich einen Wolfgang Rihm,

der letztlich noch so komponiert wie Brahms. In Berlin habe ich versucht, Helmut Oehring zu fördern. Er hat so etwas Unorthodoxes. Und er schreibt eine gehörte Musik! Ich meine damit, man hat das Gefühl, er hat etwas gehört, bevor er es aufgeschrieben hat. Eben das ist ja so wahn­ sinnig schwierig: den vorgestellten Klang in Noten festzu­ halten, damit hernach genau das gespielt wird, was der Komponist im Kopf hatte.«

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uch Metzmachers Arbeit an der Staatsoper Hamburg stand unter dem Motto eines beherzten »Auf geht’s!« Das Gegenlesen des Opernkanons war so selbstverständ­ lich wie das Amen in der Kirche. Sein wichtigster Part­ ner dafür war der Regisseur Peter Konwitschny. Gemein­ sam haben die beiden Künstler nicht nur Wagner, Strauß und Verdi, sondern auch Alban Berg, Kurt Weill und Arnold Schönberg auf deren Aussagekraft für die Gegen­ wart befragt. Wenn Metzmacher heute an diese »glück­

Der Regisseur Peter Konwitschny und Ingo Metzmacher bei Proben zu »Wozzeck«, Hamburgische Staatsoper, 1999


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Mo, 23. Januar 2017 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal WIENER PHILHARMONIKER INGO METZMACHER Werke von Anton Webern, Karl Amadeus Hartmann und Dmitri Schostakowitsch Do, 26. Januar 2017 | 18 Uhr Elbphilharmonie Kulturcafé TALK IM KULTURCAFÉ Ingo Metzmacher im Gespräch Fr, 27. Januar 2017 | 19:30 Uhr Elbphilharmonie Kleiner Saal KAMMERMUSIKALISCHER VORABEND ZU »MOSES UND ARON« Ingo Metzmacher | Kolja Blacher Sa, 28. Januar 2017 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal NDR ELBPHILHARMONIE ORCHESTER INGO METZMACHER Arnold Schönberg: Moses und Aron

liche, erfüllte, besondere Zeit« seiner Hamburger Jahre denkt, kommen ihm jene Opernproduktionen in den Sinn, die auch lange nach seinem Abschied noch auf dem Spielplan standen – und zum Teil noch immer stehen: »Der Freischütz«, »Lohengrin«, »Wozzeck«, »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny«. Diese Inszenierungen, sagt Metzmacher, hätten ihn stark geprägt und dienten ihm weiterhin als Messlatte, wenn er den Stücken heute wiederbegegnet. Immer noch wird er von jüngeren Kollegen, seien es Regisseure, Intendanten oder Dirigenten, darauf angesprochen. »Es war die Phase in meinem musikalischen Leben, in der man mir am meisten Zeit gelassen hat, kontinuierlich etwas zu entwickeln. Das vermisse ich schon. Ich denke immer sehr gern an Hamburg zurück.« Für das Hamburger Publikum waren die mutigen Sichtweisen auf die Kernwerke des Repertoires sehr wohl eine Herausforderung. RegieWagnisse, durch die der musikalische Ablauf »riskant gemacht wurde«, seien seinerzeit aber auch belohnt worden, was nicht zuletzt unter dem Schutzmantel der Politik gelingen konnte. Christina Weiss war damals Kultursenatorin. »Sie hat sehr an uns geglaubt und uns den Rücken total freigehalten, konsequent die Sachen zu machen, die wir wollten. Und das war eine ganze Menge. Hamburg war immer schon einer der wenigen Orte, wo man ein Programm wie das unsere realisieren konnte.« Wirklichen Rückhalt für ein Programm mit Rückgrat zu haben, ist für Metzmacher heute weniger selbstverständlich denn je. Er hat wie sein alter Mitstreiter Konwitschny weiterhin gut zu tun, aber eher als ein bunter Fleck auf der schwarz-weißen Landkarte, wie er zugibt. Seine Mission aber bleibt bestehen: Er will für Erneuerung sorgen und ent­ schiedene Zukunftszeichen setzen. In Wien etwa wagte Metzmacher eine Collage zwischen Franz Lehár und Schönberg als »Faschingskonzert mit eingebautem Wider­ spruch. Man entdeckte plötzlich in Schönberg die Süße der Operette und im Lehár die Abgründe. Ich habe immer dafür gekämpft, dass Musik mehr ist als etwas schön Glänzendes. Ich glaube sehr an die Bedeutung von Musik, die eine ganz andere ist als die Bedeutung des Wortes oder des Bildes. Sie also auch in ihren Widersprüchen im Konzert zu thematisieren, das finde ich spannend. Und davon werde ich nicht ablassen.«

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ibt es eigentlich offene Enden, die er in seiner Hamburger Zeit nicht mehr fertigstricken konnte? Und vielleicht woanders vollenden musste? Gern hätte Metzmacher gemeinsam mit Konwitschny »die deutsche Linie weiterverfolgt«, die von Carl Maria von Weber und Richard Wagner ausgehende Befragung des Musiktheaterkanons. Offen blieb auch der Plan, mit der Staatsoper, aber an einer alternativen Spielstätte, Olivier Messiaens gigantischen Musiktheater-Wurf »Saint François d’Assise« zu realisieren, mit Robert Wilson als Regisseur. Damals schallte ihm ein bürokratisches »Das geht nicht« entgegen. Für solche Projekte sieht Metzmacher jetzt in Hamburg eine Rie­­ senchance – natürlich durch die Eröffnung der Elbphilharmonie, in der er wenige Tage nach dem Startschuss sehr eigene Zeichen setzen wird. In Hamburgs neuem Konzerthaus will er sogleich Hörräume jenseits sattsam bekannter Gassenhauer eröffnen. Bei seinem jüngsten Besuch an der Elbe, erzählt Metzmacher, habe er sehr deutlich gespürt, welch frischer Wind hier wehe. Überhaupt habe die ungewohnte Perspektive von der Elbphilharmonie auf den Hafen und umgekehrt »großen symbolischen Charakter«. Die Hansestadt könne ihren alten Slogan mit Leben füllen und sich zukünftig in musikalischer Hinsicht als »Tor zur Welt« begreifen.


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Metzmacher spricht zum Vergleich von der enormen Anziehungskraft, die derzeit die neue Philharmonie von Paris entfalte. An einem Ort am Rande der Stadt, der weniger gesellschaftlich – will sagen: im engeren Sinne bildungsbürgerlich – festgelegt sei, entstehe dort eine ausgeprägte Offenheit und Durchlässigkeit. Und auch in Hamburg eröffnet die Elbphilharmonie nun die Chance für ein neues Repertoire.

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enn Metzmacher im Januar mit gleich zwei Program­ men in seine alte Heimat zurückkehrt, bleibt diese Hoffnung kein Lippenbekenntnis. So führt er gemeinsam mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester Arnold Schönbergs »Moses und Aron« auf. Diese unvollendete Oper bündelt die philosophischen und religiösen Ideen des Komponisten – und sie hat einen starken Bezug zu Hamburg: 1954 wurde das Fragment in dieser Stadt konzertant uraufgeführt; 2004 brachte Metzmacher es zusammen mit Konwitschny an der Staatsoper heraus. Metzmacher vertraut ganz auf die extrem starke Wirkung der Musik: »Ich finde Schönberg faszinierend in seiner ­Geradlinigkeit, in der Kraft seiner Musik. Er hat es ge­

wagt, aus dem bekannten System herauszutreten. Ohne Schönberg wäre die Moderne ganz anders verlaufen.« Bereits zuvor wird Metzmacher just mit den Wiener Philharmonikern – dem traditionsreichen Orchester schlechthin – drei Komponisten der klassischen Moderne huldigen, die ihm persönlich besonders am Herzen liegen. Neben Anton Weberns »Sechs Orchesterstücke« op. 6 stellt er Dmitri Schostakowitschs Sinfonie Nr. 11, die zu seinen absoluten Lieblingswerken zählt; ihre bruchlose, alle Sätze umspannende Form begeistert ihn. Und für Karl Amadeus Hartmann, dessen 1. Sinfonie auf dem Programm steht, macht sich Metzmacher schon lange stark: »Hartmann bildete die Brücke zwischen Gustav Mahler und Wolfgang Rihm, zwischen Alban Berg und Hans Werner Henze.« Die geistige Brücke zwischen diesen drei Werken bildet für Metzmacher das jeweilige Auftauchen eines Trauermarsches – für ihn Momente der Besinnung. Denn der hoffnungsfrohe Aufbruch Hamburgs in eine neue musikalische Ära voller Abenteuer, davon ist er überzeugt, bedarf eben auch des Erinnerns und des Nachsinnens. Es wird wieder einiges los sein in Hamburg. Und Ingo Metzmacher ist wieder dabei.

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Uwe Eimert, Horst Roeschen, Siegfried Drochner, Ulrich Gehrke, Helmut Rohreit und Gerd Timm (von links)

SECHS WIE PECH UND SCHWEFEL Heute ist er der Sockel der Elbphilharmonie, früher war er ein harter Arbeitsplatz: Ehemalige Lageristen erzählen vom Kaispeicher A. VON TOM R. SCHULZ

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ie Kakao riecht? Das weiß doch jeder. Herr­ lich verheißungsvoll und süß. Am Frühstücks­ tisch bringt sein Duft ein Leuchten in Kinder­ augen. Noch einmal gefragt: Wie riecht Kakao? »Sauer!«, sagt Horst Roeschen. Er muss es wissen. Schließlich hat er sein Berufsleben lang im Hamburger Hafen säckeweise Kakao (und andere Waren) per Kran und Muskelkraft von Frachtern gehoben, die Säcke angepackt und fachgerecht gelagert. Er sagt: Als rohe Bohne in rauen Mengen riecht Kakao das Gegenteil von süß. Kann sein, dass Kakao deswegen nicht gerade zu seinen Lieblingsgetränken zählt. Von 1966 an hat Horst Roeschen auch im Kaispei­ cher A gearbeitet, dem wuchtigen Sockelbau, der nun die Basis der Elbphilharmonie bildet. An einem Herbstnach­ mittag des Jahres 2016 sitzen er und fünf seiner ehema­ ligen Kollegen samt Ehefrauen an einem langen Tisch im Terrassenzimmer einer Seniorenwohnanlage in BarmbekNord. Einer von ihnen, Siegfried Drochner, ist dort kürzlich mit seiner Frau Renate eingezogen; erstmals sind sie die Gastgeber des Kollegentreffens. Roeschen und seine Frau Hannelore haben 1958 geheiratet. »Wir sind im 59. Ehejahr«, sagen sie. Das klingt, als stünde ihre 2018 anstehende diamantene Hochzeit fast schon unmittelbar bevor.

Aber die Herren hier am Tisch sind beruflich min­destens genauso diamanten miteinander verbandelt. Wer wann genau angefangen hat bei der HHLA, der Hamburger Hafen und Logistik AG, die alle in Hamburg der Einfach­ heit halber Hala nennen, ist gar nicht so wichtig. Roeschen selbst lernte kurz nach dem Krieg im Hamburger Hafen von der Pieke auf das Lagern und Veredeln von Kaffee; 1955 heuerte er bei der HHLA an. Da stand das L in HHLA noch für Lagerhaus, nicht für Logistik.

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amals stand auch der Kaiserspeicher noch, wenn auch als Teilruine. 1875 erbaut, acht Jahre vor der Gründung der Speicherstadt, war der Kaiserspeicher mit seinem Uhrturm und dem zu jeder vollen Stunde herabsausenden Zeitball eine prächtige Landmarke im Hamburger Hafen. Bis zum Zweiten Weltkrieg. Der Turm blieb von den Bomben verschont, auch der Südwestteil der Halle war nach dem Krieg noch nutzbar. »Dort haben wir bis 1961 gearbeitet«, sagt Roeschen. Nach der Sturm­ flut 1962 stand im Kaiserspeicher das Wasser, er war gänzlich unbrauchbar geworden. 1963 wurde das Gebäu­ de abgerissen. Auf demselben, trapezförmigen Grund­ stück zog die HHLA ein neues Lagerhaus nach Plänen des Architekten Werner Kallmorgen hoch – eben den ­Kaispeicher A. Anfangs war Roeschen dort Stellvertreter


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Im Kaispeicher A wurde Ăźberwiegend Sackgut gelagert.

Luftaufnahme des Speichers aus den 70er-Jahren (oben); Sturmflut 1976: Herrenlose Container treiben auf der Elbe (links).


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In der hellen Schürze: Horst Roeschen als Teenager in seinem Lehrbetrieb (links); Blick aus einem der Speicherböden auf den Kai (rechts)

»Vier Mann schafften 2.000 Säcke pro Schicht.«

des Chefs, Ende der 1970er-Jahre übernahm er selbst die Leitung. Und Chef der Truppe ist er geblieben, bis zum heutigen Tag. Roeschen sitzt der Runde an der Schmal­ seite des Tischs vor, er spricht lauter als die anderen, und wenn er etwas sagt, schauen alle auf – bis auf einen, der nicht mehr so gut hört. Die glorreichen Sechs aus dem Kaispeicher A sind jetzt zwischen 74 und 81 Jahre alt, 1995 gingen die letzten von ihnen in den Vorruhestand. Alle hat­ ten bis dahin ein echtes Knochenarbeitsleben hinter sich gebracht. Kakao entladen zum Beispiel ging so: Eine volle Schiffsladung waren 120.000 Sack Kakao. Bis der Frachter leer war, mussten 16 bis 20 Mann sieben Tage lang im Dreischicht-Betrieb von 6 bis 23 Uhr die Säcke ausladen und im riesigen Kaispeicher A verstauen. »Vier Mann schafften 2.000 Säcke pro Schicht«, sagt Roeschen. Was macht man bloß mit so irrsinnig viel Kakao? »Da­ mit handeln«, sagt Roeschen. »Und spekulieren. Sogar die Bundesregierung hatte Kakao eingelagert, als Reserve für Notzeiten.« Auch Kaffee wurde im Kaispeicher gelagert, und damit man sich eine bessere Vorstellung vom Fassungs­ vermögen machen kann, hat der Chef auf Lebenszeit eine kleine Rechnung parat: »Wäre die ganze Lagerfläche von 42.000 Quadratmetern voll genutzt worden, hätte man dort so viel Kaffee lagern können, dass es drei Jahre lang für den gesamten Bedarf in der Bundesrepublik gereicht hätte.« Und wir trinken viel Kaffee, wir Deutschen. Gab es bei so vielen interessanten Bohnen nie eine Rattenplage im Speicher? »Nein«, sagt Roeschen. »Aber Mäuse hatten wir.« Man habe sich ihrer mit Gift und hundert Mausefallen erwehrt. Einen seiner bis zu 74 Mit­ arbeiter hatte Roeschen dazu bestimmt, die Mäuse aus den Fallen einzusammeln. Verzwickte Arbeit, die Fallen sollten ja mehrfach verwendet werden. »30 bis 40 Mäuse fielen da schon an. Pro Tag.«

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ie Pensionierung des letzten Lageristen aus dieser Gruppe hier im Seniorenheim ist inzwischen über 20 Jahre her. Einige der Kaispeicher-Kollegen von damals sind schon gestorben, doch die Witwen kommen immer noch zu den Treffen. Die finden zwei- bis dreimal pro Jahr statt, ganz regelmäßig, bei einem davon verbringt man ein ganzes Wochenende zusammen, meist in Seedorf, einem alten HHLA-Ferienheim bei Zarrentin am Schaalsee. »Ausfahrten haben wir schon gemacht, als wir noch zusammen gearbeitet haben«, berichtet Gerd Timm. Auch er hat für das heutige Veteranen-Treffen Fotos aus alten Zeiten mitgebracht, manche in Schwarz-Weiß, manche in Farbe. Auf einem etwas farbstichig gewordenen Bild aus den ersten Januartagen des Jahres 1976 sieht man lustig herrenlose Container die Elbe stromaufwärts schippern. War ja Sturmflut, die See drückte das Wasser mit Macht gegen die Flussrichtung. Das Bild sieht aus, als sei es aus der Perspektive eines Hasen aufgenommen, der zufrieden lauter kieloben schwimmende Füchse betrachtet. Die Container waren nämlich des Kaispeichers Tod, und zwar von Anfang an. Container gab es auch 1966 schon, als der Kaispeicher seinen Betrieb aufnahm. Toll geplant an ihm war, dass man per Kran die Ladung direkt aus dem Schiffs- oder Schutenbauch in die diversen Böden des Lagerhauses hieven konnte. Aber während der Kaispeicher gebaut wurde, entwickelte sich das neue, ungemein praktische Behältnis mit den Standardmaßen zum logistischen Alleskönner zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Zum Einlagern kam zunehmend Ware auch auf dem Landweg: »Konserven, Spirituosen aus der DDR, Nordhäuser Korn«, erzählt Gerd Timm. »Die sind am Donnerstag mit ihren Lkw gekommen und standen da. Bis die ausgeladen waren am Montag, war das Wochen­ ende rum. In der Zwischenzeit hatten die manches an Spirituosen umgefüllt in ihre Wasserkanister.«


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Der Containerlogistik gehörte die Zukunft, und die lag am Südufer des Hafens, nicht zur Stadtseite hin, wo der Kaispeicher A steht. So gesehen, war Werner Kallmorgens Bau, diese geometrisch so aufregend verzogene Trutzburg von einem Lagerhaus, schon bei Inbetriebnahme ein Auslaufmodell.

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m Terrassenzimmer gibt es Kaffee und Kuchen, aus Sektkelchen gucken Salzstangen und Knabberzeug. Bald halten die Herren eine Bierknolle in der Hand, manche Damen gönnen sich einen Piccolo. Siegfried Drochner zieht für den Gast ein weißes T-Shirt mit einem offensicht­ lich handgemachten Aufdruck hervor. »Kaispeicher A Team« steht darauf, ein Schiff ist zu sehen und ein Teil der Südfassade des Speichers. Das T-Shirt hat Veteran Helmut Rohreit mal gemacht für die Kumpels. Auch einer der Kräne, die erst im September 2016 fein restauriert an die Südfassade der Elbphilharmonie zurückkehrten, ist darauf zu erkennen. Vier Kräne gab es früher, drei sind jetzt zurückge­ kommen. »Der vierte wurde verschrottet«, berichtet Horst Roeschen. »Da war im Nebel einer gegengefahren mit dem Schiff.« Die Veteranen feixen ein bisschen und rechnen sich aus, dass es wohl auch die restaurierten Kräne über

kurz oder lang erwischen wird und ein womöglich feucht­ fröhlicher Kapitän bei Nebel einen davon über den Haufen fährt. Wirklich wahrscheinlich ist das nicht: Aus Flutschutzgründen wurde das Niveau überall in der HafenCity um einige Meter angehoben, auch bei der Elbphilharmonie. Was früher Erdgeschoss war, ist heute Keller, und so stehen die Kräne für etwaige Schiffs­ kontakte inzwischen viel zu hoch. Das erhöht auch ihre Sinn­losigkeit an diesem Ort zu dieser Zeit. Sie sind im­ posant, aber streng genommen musealer Kitsch. »Ich war eigentlich alles bei der Hala, bloß Kran­ führer bin ich nie gewesen«, sagt Horst Roeschen. Dabei gab es für Kranführer einen sogenannten Seilzüge-Zu­ schlag, also mehr Lohn als für gewöhnliche Lageristen. Nicht unattraktiv. »Aber der Job auf dem Kran war einsam«, sagt er. »Da oben konntest du mit keinem reden.« Jetzt holt Horst Roeschen eine in Rot- und Gold­ tönen blinkende Kasse hervor. Der gesellige Teil des Nachmittags fordert sein Recht, und dem Besucher wird klar, welche Bedeutung die auf einem Sideboard aufge­ reihten originalverpackten Pralinen und Martiniflaschen für die Runde haben: Gewinne beim Bingo-Spiel. Und das fängt gleich an, wenn der freundlich empfangene Gast den Raum wieder verlassen hat.

AN Z EI G E

Ihr Kreuzfahrt-Profi Marion von Schröder empfhielt:

M. v. Schröder ist bei der Reiseland Globetrotter Reisebürokette für Kreuzfahrten zuständig. Zahlreiche Seetage auf exklusiven Schiffen machen sie zur absoluten Expertin. Bei der erstklassigen Beratung fängt es an, denn das Schiff muss zu den Vorstellungen des Kunden passen.

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17. 2. 2014 bis 15. 9. 2014

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PETER KNÄBEL

22. 3. 2015 bis 15. 4. 2015

2015

BRUNO LABBADIA

15. 4. 2015 bis 25. 9. 2016

MARKUS GISDOL

seit dem 25. 9. 2016

2016


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FOTOS ROMANUS FUHRMANN

SIC H TEN

AUS

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AN Z EI G E

HAMBURG GIBT JETZT DEN TON AN. Das ist Musik in unseren Ohren: Die Elbphilharmonie Hamburg öffnet ihre Türen. Wir gratulieren zur Eröffnung! Und die Haspa Musik Stiftung ist als Förderpartner dabei! Die Haspa Musik Stiftung engagiert sich für die kulturelle Vielfalt und das Musikleben in Hamburg. Sie ist auch in Zukunft Partner der Schulkonzerte in der Elbphilharmonie.


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WAHRZEICHEN STEUERBORD VORAUS Die Zeiten des Spotts sind vorbei – na ja, fast: auf Hafenrundfahrt zur Elbphilharmonie.

VON FRANK KEIL FOTOS MIGUEL FERRAZ


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D

ie Hamburger unternehmen keine Hafenrund­ fahrten. Die Hamburger kennen ihren Hafen, auch wenn sie ihn nicht kennen. Sie geben sich cool und unberührt, wenn sie die Landungs­ brücken und den Baumwall entlangschlendern, wo Män­ ner in blauen Jacken mit bronzenen Knöpfen ihnen immer und immer wieder lauthals zurufen: »Haaaafenrrrrrund­ fahrt«. Auch ein herzliches »Mit etwas Glück, kommst du zurück« oder ein freundliches »Wir nehmen alles mit, was Beine hat« verhallt unerhört. Nichts kann die Hamburger locken, eine Hafenrundfahrt zu unternehmen. Es sei denn, die Hamburger bekommen Besuch von Freunden, Verwandten oder Bekannten, Leuten von woanders her, wo es Hügel gibt oder gar Berge, die einem die Aussicht versperren. Und denen allesamt so ein verzücktes Lächeln aufs Gesicht gezaubert wird, wenn sie an den Landungsbrücken stehen und auf den breiten Strom schauen und auf den Wald aus Kränen und Schiffs­ masten und neuerdings Windrädern. Auf diesen Fluss wollen sie rauf! Wollen auf einem der Schiffe mitfahren, die man da sieht, soll es ruhig ein bisschen schaukeln dabei. Da kommt ein tiefes Gefühl der Sehnsucht auf, das auch die Hamburger kennen, aber das zeigen sie nicht so. Doch mit Besuch, da gibt es einen Anlass, sogar einen Grund, doch einmal eine Hafenrundfahrt zu unterneh­ men. Und dann hat man die Qual der Wahl: Ein Hafen­ rundfahrtsunternehmen reiht sich ans andere. Manche betreiben große Fahrgastschiffe, fahrende Restaurants, die fast unbeteiligt durchs Wasser gleiten; bei anderen sind Barkassen im Einsatz, auf denen früher die Hafenarbeiter über die Elbe zu den Werften gebracht wurden. Da sitzt man nahe an der Wasserlinie, es schlingert und schaukelt.

So wie auf der Barkasse »Bettina Ehlers«, amtlich zugelas­ sen für 95 Passagiere. Auf ihr hält Ian Aquino das Steuer­ rad aus poliertem Holz in der Hand.

M

oin, Moin«, sagt Ian zu jedem Fahrgast und reißt jede Karte einzeln ab. »Toiletten durchgehen bis nach hinten, was Achterdeck heißt.« Er wird steuern, er wird erzählen. Und wir sollen einfach Ian zu ihm sagen und die Getränke – Kaffee, Cola, Bier, auch Schnaps – selbst nehmen, das Geld bitte passend in die kleine Kasse legen, die da offen steht. So ist das in Hamburg: Kontrolle mag okay sein, Vertrauen ist besser, wir stellen uns nicht so an. Pünktlich auf die Minute schmeißt Ian den Motor an. Leinen los, der Diesel ruckelt, fängt sich, beginnt verläss­ lich zu tuckern, eine Rauchwolke zieht von dannen. Erst mal Kurs auf die Speicherstadt, danach folgt die HafenCity. »Bin ich euch zu langsam, bin ich euch zu schnell?», fragt Ian. »Ich kann auch auf den Oma- und Opa-Modus schalten.« Und dann kommt sie auch schon in Sicht: die Elbphilharmonie. Erhaben ragt sie auf, schillernd und irgendwie still. Mal blau-weiß getönt, mal matt-silbern, je nachdem, ob sich leuchtende Wolken vor blauem Grund auftürmen oder der Himmel grau in grau tapeziert ist, was selten einen ganzen Tag lang anhält. Ian, der uns duzt, holt tief Luft: »Steuerbords – das ist rechts vom Kapitän aus gesehen – seht ihr die Elbphilharmonie. Sie soll das neue Wahrzeichen Hamburgs werden.« Ian macht eine Kunstpause, dann holt er noch ein bisschen tiefer Luft: »Aaaber: Uns Hamburgern war sie ja zuletzt eher ein Dorn im Auge. In der ersten Euphorie hat man uns erzählt, dass sie die Stadt nur 77 Millionen kosten würde. Und wo sind wir jetzt?« Ein Raunen geht durch die Zuhörerschaft, die Jungs mit den Fußballschals


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bark asse

Auch vorbei, und das zum Glück: die früher üblichen Anzüglichkeiten. besorgen sich erst mal ein paar Schnäpse. Kunstpause, Luftholen. »Aaaber: Immerhin wird sie fertig! Ganz im Gegensatz zu diesem Flughafen, den sie in Berlin zu bauen versuchen. Und wer weiß, wie das mit dem Bahn­ hof in Stuttgart ausgeht.« Lange standen Hamburgs Hafenrundfahrtskapitäne im Ruf, auf ihren Fahrten ruppig und respektlos die Welt zu kommentieren. Das ist längst vorbei. Man stößt stattdessen auf Männer und einige Frauen, die nach ein paar schnoddrigen Begrüßungsworten recht sachlich die heutige Hafenlandschaft erklären, garniert mit Fakten, anschaulich und fassbar. Auch vorbei, und das zum Glück: die früher üblichen Anzüglichkeiten und sexuellen Anspielungen. Übriggeblieben ist ein Scherz wie: »Sollte unser Schiff kentern, geht als Erster der Kapitän mit einer Dame seiner Wahl von Bord.« Und selbst das wird eher unsicher vorgetragen. War im Fall des Falles nicht so gemeint. Die Zeiten, sie haben sich geändert – so wie auch der Hafen dank der Elbphilharmonie gerade wieder einmal sein Gesicht verändert hat.

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eiter geht die Fahrt in einen Hafenkanal, eine Schleuse wird passiert, Docks kommen in Sicht, Ian erklärt, wie hier gearbeitet wird. Dann geht es im soge­ nannten Vorhafen an den Werftanlagen von Blohm + Voss vorbei, der einstigen Traditionswerft, die seit Jahren immer wieder den Besitzer wechselt. Hier greift Ian doch noch einmal das Thema Elb­ philharmonie auf: Bei Blohm + Voss nämlich würden nicht nur Schiffe größter Größe überholt, sondern auch Luxusjachten gebaut, zum Beispiel die des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch: »Vier Beiboote und ein ­ Mini-U-Boot an Bord, neun Decks, zwei Hubschrauber­ landeplätze, ein Kino, eine Disco, ein 16-Meter-Pool aus schwarzem Marmor. Kosten: 825 Millionen Euro.« Und wieder setzt Ian eine seiner wohldosierten Kunst­ pausen: Für viel Geld kann man sich durchaus sehr Unterschiedliches anschaffen. Und schon geht es im großen Bogen zurück, vorbei an der bekannten Hafenstraße und den Landungsbrücken bis zum Baumwall. Dort wird festgetäut und ausgestiegen. Ian zieht an seiner E-Zigarette und hebt die abgegriffene Schiffermütze auf, in die die Fahrgäste nach altem Brauch ihr Trinkgeld legen können. Gut zehn Euro sind diesmal zusammengekommen. »War eine gute Fahrt.«


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»KOMM!

INS OFFENE,

FREUND!«

Die Offenheit unserer Gesellschaft ist eine Gratwanderung. Doch wir haben einen Schutzengel auf dem Weg: die Kunst.

VON WOLFGANG SCHMIDBAUER ILLUSTRATIONEN JULIA PRASCHMA


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ffenheit und Vertrauen gehören zusammen. Das ist eine zentrale Aussage zur Psychologie der Offenheit, und sie steckt auch in dem HölderlinVers »Komm! ins Offene, Freund!« (aus der Elegie »Der Gang aufs Land. An Landauer«, 1801). Er ist bezogen auf den Freund, auf ein Gefühl, nicht allein aufzubrechen, sich nicht isoliert der Unsicherheit auszusetzen, sondern begleitet von Wohlwollen. Nun ist aber Vertrauen, wie der Soziologe Niklas Luhmann sagte, eine riskante Vorleistung. Wenn wir die aktuelle Situation in Europa betrach­ ten, kann einem bange werden um die Zukunft der offenen Grenzen zwi­ schen den Nationalstaaten, auf die wir eine Weile so stolz waren. Ähn­ liches gilt für die Offenheit gegenüber Verfolgten. Wer sich aus Furcht verschließt, blockiert auch neue Erfahrungen. Wo diese Haltung überhand nimmt, verkümmern die Künste, denn sie können nicht mehr ins Offene hinaus. Sie brauchen den inneren Raum des Erlebens ebenso wie die Freiheit, sich in unerwartete Richtungen zu entwickeln. Sobald Politiker beginnen, den Künstlern Vorschriften zu ma­ chen, schwindet die Kreativität. Die Ödnis stalinistischer oder national­ sozialistischer Linientreue sind ein Beleg dafür.

Wer sich aus Furcht verschließt, blockiert auch neue Erfahrungen. Wo diese Haltung überhand nimmt, verkümmern die Künste.

DER AMEISENLÖWE AUF DEM GRUNDE DES TRICHTERS

In der Psychologie spricht man selten von Offenheit. Weit mehr beschäftigt den Psychoanalytiker ihr Gegenteil: die Einengung angesichts von Ängsten, von Depressionen, von Sucht und manchmal auch von überwertigen Ideen. Das sind Seelenzustände, in denen die Betroffenen kaum mehr an etwas anderes denken können als an das Thema, auf das sie fixiert sind. Das geläufigste Beispiel für Einengung ist die Drogen­ abhängigkeit. Sie vereinfacht und reduziert das Denken enorm. Alles dreht sich um ein einziges Thema, das wie der Ameisenlöwe auf dem Grunde eines Trichters sitzt und aussaugt, was hineinfällt. Die 15-jährige Magersüchti­ ge interessiert sich nur noch für Kalorien, sie weiß von jedem Lebensmittel, wie viel davon jeder Bissen in ihren dürren Körper bringt, und was sie tun muss, um das zu verhindern. Der erste Gedanke des Alkoholikers, der mit zitternden Händen erwacht, der erste Gedanke des Heroinabhängigen, sie sind berechenbar und trivial. Ähnlich die Eifersucht. Von ihr geplagte Menschen denken in jeder freien Minute daran, was sie tun können, um eine andere Person dazu zu bringen, sie richtig zu lieben. Keine reale Erfahrung, kein vernünftiges Zureden schützt vor dieser aus Neid und Angst gemischten Qual. Einengung ist das charakteristische Merkmal, das aus einer Alltagsfantasie ein böses Werkzeug schmiedet. Sie spitzt religiöse Vorstellungen zum Fanatismus zu und steigert die Kränkung gemobbter Schüler zum Amoklauf. Seelische Einengung gilt als wichtigste psychologische Voraussetzung für Mord und Selbstmord.


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DER DICHTER WEITET DIE SICHT

Shakespeares Hamlet-Monolog »To be or not to be« wäre niemals so berühmt geworden, wenn wir diese Gefahren nicht nachvollziehen könnten: Denn wer ertrüg’ der Zeiten Spott und Geißel, Des Mächtigen Druck, des Stolzen Misshandlungen, Verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub, Den Übermut der Ämter und die Schmach, Die Unwert schweigendem Verdienst erweist, Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte Mit einer Nadel bloß? Der Dichter aber weitet die Sicht. Hamlet öffnet sich dem Gedanken, dass das Leben weitergeht, dass seine Mühen geschultert werden können, dass bekannte Übel erträg­ licher sind als unbekannte. In der Tat sind Selbstmord­ fantasien sehr häufig, Selbstmordversuche hingegen selten und oft ebenso Hilferuf wie Bedürfnis, quälenden Ängsten vor narzisstischer Kränkung ein Ende zu setzen. Offenheit ist in diesen Fällen lebensrettend, Einengung potenziell tödlich. Hamlet beschreibt, was wir heute als depressive Einengung definieren würden: »Die Schmach, die Unwert schweigendem Verdienst erweist« – oh ja, die kennen wir, wer wird schon seinen Leistungen entsprechend gewürdigt, bezahlt, befördert, gewählt? Welcher Autor wird wohlwol­ lend genug besprochen, welcher Wissenschaftler oft genug zitiert, wer wird auf jeden Geburtstag eingeladen, hat genügend Follower und Freunde in den sozialen Medien? Das genaue Gegenteil des Mannes, der sich darüber beklagt, nicht genug gewürdigt zu werden, ist das spielen­ de Kind. Es will tätig sein, nimmt jede Anregung auf, erforscht alles Unbekannte und sucht die schützenden Arme der Mutter erst, wenn diese spielerische Offenheit gefährdet ist, wenn beispielsweise ein Geräusch zu laut ist, eine Wespe sticht, eine Katze kratzt, ein Hund bellt. Wo Hamlets Ich sich ganz alleine dem Herzweh und den tausend Stößen der Realität ausgeliefert fühlt, erlebt das Kind eine umgekehrte Welt: Für Schmerz und Sicherheit ist die Mutter zuständig; ihm selbst bleibt die Neugier.


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OFFENHEIT IST UNS GESCHENKT, ENGE AUFGEZWUNGEN

Wir leben auf unserem Weg vom Kind zum Erwachsenen aus einem Zustand größter Offenheit und Vielfalt heraus einem Spätzustand entgegen, in dem wir vieles schon kennen und gelegentlich leise denken, gar laut sagen: Ach ja, das Gute an dieser Sache ist nicht neu, und das Neue nicht gut! Diese Qualität verbindet uns mit vielen Warmblütern, die wie wir Menschen einer Kindheitsperiode spielerischer Vielfalt und Neugier einen Zustand folgen lassen, in dem vorwiegend das Zweckmäßige geschieht und sonst wenig – denken wir beispiels­ weise an die junge Katze und den alten Kater. Den Menschen als Art zeich­ net die Neotenie aus: Er behält kind­liche Qualitäten im Körperbau wie im Charakter. Gerade von großen Künstlern lesen wir, dass sie sich bis ins Greisenalter hinein Kindliches bewahrt haben: Spielfreude und Selbstvergessenheit. Wer sich ihnen hingibt, gerät in eine alterslose Welt. Unvergesslich ist mir der gut 80-jährige Schauspieler, der von sich erzählt: »Ich habe vier künstliche Gelenke und kann mich nicht mehr ohne Schmerzen bewegen – es sei denn, ich stehe auf der Bühne. Da spüre ich nichts und denke nur an meine Rolle und meinen Text.«

Die wichtigsten Beweggründe des Kindes sind Neugier und Angst. Neu­gier ist das Motiv hinter der Offenheit; Angst hat schon von der Wortwurzel her mit Enge zu tun. Dazwischen liegt die Langeweile, in der sich Angst und Neugier gleich­ sam gegenseitig paralysieren und wir erwarten, bespielt zu werden. Langeweile ist sozusagen eine milde Form der Depression: Wenn doch nur jemand käme und mich mit­ nähme! Die wachsende Depressions­ gefahr für die Menschen in der mo­ dernen Konsumgesellschaft wurzelt darin, dass in vielen Fällen die unbefangene, spielerische Neugier des Kindes nicht zugelassen wird, weil sie den Eltern Angst macht. Angesichts der komplexen Lebens­ bedingungen und hohen Bildungs­ anforderungen hat sich die Überzeu­ gung ausgebreitet, dass ein normales Kind bereit sein sollte, viele Stunden lang still zu sitzen und aufmerksam für Inhalte zu sein, die ihm nichts sagen, von denen aber die Erwachse­ nen glauben, sie seien für sein Fort­ kommen unverzichtbar.


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DIE KUNST ALS SCHUTZENGEL AUF SCHMALEM GRAT

DER RICHTIGE WEG ZWISCHEN ÜBERUND UNTERANPASSUNG

Da Kinder sich mit den Erwachsenen identifizieren und auf diesem Weg ihre nervösen Strukturen aufbauen, führt diese Forderung dazu, dass auch die Kinder ihre eigene Lust an Neugier und Tätigkeit mit den ängstlichen Gefühlen der Eltern erleben und sich zurücknehmen. Der Weg zwischen Überanpassung mit der Gefahr der Depression und Unteranpassung mit der Gefahr des sozialen Versagens, er ist in der modernen Gesellschaft nicht leicht zu finden. Das belegt die Zahl der Fälle von Arbeitsunfähigkeit wegen Erschöpfungsdepression (die heute gern vornehmer Burn-out genannt wird) ebenso wie die Zahl der Langzeitarbeitslosen und die der arbeitslosen, an der Schule gescheiterten Jungen. Was die Offenheit gegenüber Menschen angeht, die in unserem Land Zuflucht suchen, haben sich in den vergangenen Jahren gravierende Unterschiede ergeben. Aus ihnen lässt sich ableiten, dass die Offenheit für Neuankömmlinge durchaus eine emotionale Analogie zu der Situation des spielenden Kindes enthält. Solange wir uns sicher fühlen, gut versorgt und verwurzelt in unserem Zuhause, können wir uns Offenheit leisten. Sobald wir aber davor Angst haben, selbst zu kurz zu kommen, so­ bald wir überlastet sind von traumatischen Erfahrungen und Neid auf jene, denen tatsächlich oder vermeintlich schneller und großzügiger geholfen wird, ist es vorbei mit der Offenheit. Eine offene Gesellschaft, in der wir uns überall frei bewegen können, ist ein immenser Wert, den wir uns vielleicht erst dann wirklich klar machen, wenn wir wissen, wie sich das Gegenteil anfühlt: ein Leben, in dem jeder außerhalb verschlossener Türen und bewachter Zäune damit rechnen muss, überfallen und ausgeraubt zu wer­ den. So sieht es heute in einigen Schwellenländern aus.

Nun gibt es eine Art Schutzengel auf dem schmalen Grat zwischen Über­ anpassung und Unteranpassung, dessen Hilfe für eine gesunde see­ lische Entwicklung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Es ist die Kunst in allen ihren Formen. Sie lässt sich psychologisch fassen als ein Stück in das Erwachsenenleben geretteter Spielfreude, Offenheit und Neugier, als die Fähigkeit, von festgelegten Wegen abzuweichen, ohne dabei ins Chaos zu stürzen, im Gegenteil: Kunst ist nicht nur Krea­ tivität, sondern immer auch Diszi­ plin, Handwerk im weitesten Sinn. Da Kunst keinen zweckrational fassbaren Nutzen erbringt und ihre Nähe zum kindlichen Spiel nicht zu leugnen ist, war sie schon immer ein offener Raum. Allerdings spiegelt sich in ihr auch der kulturelle Gegen­ satz von Bewahren und Auflösen. Wer sich als Künstler versteht, kann durchaus andere Künstler für eng­ herzig und starrsinnig halten. Gerade im Bereich des Unwägbaren scheint es verführerisch, starke Meinungen zu äußern (»Das ist doch keine Kunst!«), weil es nicht angenehm ist, sich mit der Be­schränktheit der eige­ nen Kenntnisse abzufinden.


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In der Gegenwart gerät unsere Fähigkeit, offen für Neues zu sein, an Grenzen. In der modernen Welt können wir Globalisierung nicht nur denken, wie es Goethe mit dem Begriff der Weltliteratur bereits getan hat. Wir sind ihr ausgeliefert, sie raubt uns Selbstverständlichkeiten, für unerschütterlich geglaubte soziale Strukturen. Die Post, die Bahn waren in Deutschland hundert Jahre lang Organisationen, die ihre Mitarbeiter über Generationen hin prägten. Und heute? Hektisch sich verändern­ de Strukturen, von denen smarte Berater auch schon einmal sagen: Nicht die Guten fressen die Schlech­ ten, sondern die Schnellen die Langsamen! Neben der in ferne Länder verlagerten Produktion verunsichert uns auch und vielleicht noch mehr die Konkurrenz der Maschinen. Der Bankangestellte weicht dem Banko­ maten, der Einzelhandel dem Super­ markt, der Supermarkt dem Inter­ netversand. Wann wird mein Beruf durch einen kostensparenden Auto­ maten ersetzt? Und während wir auf unseren Traditionen sitzen wie Kin­der auf Sandburgen vor der Flut, wird uns gesagt: Ihr müsst offen sein, flexibel, ihr dürft der Neuerung nicht defensiv begegnen, sondern müsst sie gestalten! Da kann einem schon einmal die Offenheit vergehen, möchte man meinen. In der Tat gibt es viele Hin­weise, dass politische Populisten Punkte machen können mit dem Versprechen, wieder geschlossene Welten herzustellen, angefangen mit dem Dichtmachen bereits geöffneter Grenzen bis hin zur Rückkehr zum Nationalstaat in Abwendung von der Europäischen Union.


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Die Kunst kann die Kluft zwischen den Überangepassten und den Unterangepassten überbrücken.

DIE ELBPHILHARMONIE ALS HAUS DER OFFENHEIT

Wie hilfreich die Kunst sein kann, um die Kluft zwischen den Überangepassten und den Unterangepassten zu überbrücken, zeigen die Education­ und Integrationspro­ jekte, die seit einiger Zeit an vielen Theatern und Konzert­ häusern stattfinden, auch in der Elbphilharmonie. Nur ein Beispiel aus München: In dem Projekt »Anna tanzt« erarbeitete eine gemischte Gruppe aus gescheiterten Hauptschülern (viele davon mit Migrationsgeschichte) und Gymnasiastinnen einen großen Auftritt für eine Ballettinszenierung am Nationaltheater. Die Aufführung wurde ein gefeierter Erfolg. Und die Schulversager, die am Hauptschulabschluss gescheitert waren, gewannen in der Auseinandersetzung mit der künstlerischen Forderung und deren Bewältigung so viel Selbstvertrauen, dass jeder von ihnen in einem zweiten Anlauf die Prüfung bestand. Die Elbphilharmonie öffnet jetzt – und sie will ein offenes Haus werden. Einfach ist das sicher nicht. Wenn es darum geht, Geld auszugeben, will jedes Publikum wissen, was es bekommt. Es belohnt die Konvention, das Ver­ traute, das Sichere. Wo aber bleiben dann die, die etwas Neues machen möchten und die noch keiner kennt? Es geht also auch hier um die Suche nach einem Weg zwischen der Überanpassung an den Massengeschmack und der Unteranpassung, die den Kontakt zwischen Kunst und Publikum zerreißt. Offenheit kann nicht ohne Rück­ halt in festen Strukturen gedeihen, während feste Struktu­ ren allein auf Dauer eng und steril werden. Wie gesagt: Offenheit ist uns geschenkt, Enge wird uns aufgezwungen – aber dieses Geschenk müssen wir immer wieder neu erobern, verteidigen und bewahren.

WOLFGANG SCHMIDBAUER, 1941 geboren, lebt als Psychoanalytiker und Schriftsteller in München. Er veröffentlichte zahlreiche Sachbücher, darunter den Bestseller »Die hilflosen Helfer« (1977), in dem er den Begriff des »Helfersyndroms« prägte. Daneben schrieb er Erzählungen und Romane und ist als Kolumnist für das »Zeit Magazin« tätig.


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DIE FÖRDERER UND SPONSOREN DER ELBPHILHARMONIE

Große Visionen brauchen ein starkes Fundament. Deswegen unterstützen namhafte Partner aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik die Elbphilharmonie. Gemeinsam bilden sie ein Netzwerk, das die Elbphilharmonie auf dem Weg zu einem Konzerthaus von Weltrang begleitet. So ermöglichen sie ein Konzertprogramm mit einem unverwechselbaren musikali­ schen Profil, Musikvermittlungsideen für alle Generationen sowie innovative Festivalkonzepte, die Maßstäbe im interna­ tionalen Konzertbetrieb setzen.


DIE FÖRDERER

DER STIFTUNG ELBPHILHARMONIE

MÄZENE ZUWENDUNGEN AB 1.000.000 EURO Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut und Prof. Dr. h.c. Hannelore Greve Dr. Michael und Christl Otto Hermann Reemtsma Stiftung Christine und Klaus-Michael Kühne Körber-Stiftung Peter Möhrle Stiftung Dr. Karin Fischer Reederei Claus-Peter Offen GmbH & Co. KG Stiftung Maritim Hermann & Milena Ebel Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung Christiane und Klaus Oldendorff PLATIN ZUWENDUNGEN AB 100.000 EURO Ian und Barbara Karan-Stiftung Gebr. Heinemann SE & Co. KG Bernhard Schulte GmbH & Co. KG Deutsche Bank AG M.M.Warburg & CO HSH Nordbank AG Lilli Driese J. J. Ganzer Stiftung Berenberg – Privatbankiers seit 1590 Mara und Holger Cassens Stiftung Christa und Albert Büll Christine und Heinz Lehmann Else Schnabel Frank und Sigrid Blochmann Claus und Annegret Budelmann Dr. Markus Warncke GOLD ZUWENDUNGEN AB 50.000 EURO Prof. Dr. Hans Jörn Braun Jürgen und Amrey Burmester Christina und Dr. Christoph Lohfert Christa und Peter Potenberg-Christoffersen SAGA GWG Stiftung Nachbarschaft Schuhhaus Ludwig Görtz GmbH SILBER ZUWENDUNGEN AB 10.000 EURO Hilke und Dr. Werner Appel Bankhaus DONNER & REUSCHEL Barkassen-Meyer Dr. Ute Bavendamm / Prof. Dr. Henning Harte-Bavendamm Dr. Hans-Carsten Braun British American Tobacco Germany Computertechnik Buchholz Carola + Andres Cramer Renate und Günther Draak Dr. Ehlers • Gruttke • Dr. Volkmann & Partner Ilse und Dr. Gerd Eichhorn GKT Spezialtiefbau GmbH

Dr. Utz und Dagmar Garbe Birgit Gerlach Susanne und Karl Gernandt GERRESHEIM – serviert SCHUPPEN 52 Inge und Gerhard Groh Erika und Dieter Günther Stiftung HC Hagemann GmbH & Co. KG Dr. T. Hecke und C. Müller Marga und Erich Helfrich Antonius Heuer, Fidelio Cruise Margarete Hühnerbein Tom Kemcke / Esche Schümann Commichau KLASEN Grundstücks- und Beteiligungsverwaltung GmbH & Co. KG Renate Kleenworth Chippi Klindworth Jürgen Könnecke Christian Kupsch Sabine und Klaus Landry Lions Club Hamburg Elbphilharmonie Maximiliane Meyer-Rehfueß Gabriele und Ernst Müller Heidi und Dr. Peter Oberthür Günther Pforte PSD Bank Nord eG Dr. Michèle Richartz-Heller und Prof. Dr. Martin Heller Rolf Dammers OHG Rotary Club Hamburg-Elbe Irene und Wolfgang Stein Dr. Peter und Elke Steinkamp Witt Handel GmbH VITA Apotheke Heide + Günther Voigt Jörn Wiemann BRONZE ZUWENDUNGEN AB 5.000 EURO Ille Benkmann Peter Bettinghaus Maritta und Detlef Bogdol Jenny Brukner Johannes Bullert Irene und Hans-Herbert Cordes Godje und Jan F. Demuth Georg-Plate-Stiftung Sabine und Werner Glasa Jette + Jon Penny Kallmorgen für ihren Vater Werner Kallmorgen Korinna Klasen-Bouvatier Renate G. Langhans Dr. Michael Lichtenauer Heidi + Joachim Matthies Doz. Dr. Hans-Jörg Mauss und Inge-E. Mauss Ray Familie Bogdol Rudolf Augstein Stiftung Astrid und Michael Scheland Dr. Friedrich und Gudrun Schönfeld Christa und Nikolaus W. Schües Heidi Schwarzmayr Nataly von Georg Johanna und Fritz von Hammerstein


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DIE KURATOREN

DES FREUNDESKREISES ELBPHILHARMONIE + LAEISZHALLE E.V.

EHREN­M ITGLIEDER Dr. Karin Fischer † Manhard Gerber Prof. Dr. Helmut Greve † Prof. Dr. h. c. Hannelore Greve Nikolaus H. Schües Nikolaus W. Schües Dr. Jochen Stachow Dr. Michael Otto Jutta A. Palmer †

KURATOREN Jürgen Abraham  | Rolf Abraham  | Heike Adam  |  Margret Alwart  | Dr. Werner Appel  | Undine Baum  | Rainer und Berit Baumgarten  |  Klaus Bäätjer  |  Gert Hinnerk Behlmer  |  Michael Behrendt  | Robert von Bennigsen  |  Joachim von Berenberg-Consbruch  |  Marlis und Franz-Hartwig Betz  | Wolfgang Biedermann  |  Dr. Jürgen Blankenburg  | Birgit Bode  | Andreas Borcherding  | Tim Bosenick  |  Gerhard Brackert  |  Verena Brandt  | Prof. Dr. Hans Jörn Braun  | Nikolaus ­Broschek  |  Marie Brömmel  | Claus-G. Budelmann  |  Dr. Manfred Bullinger  | Engelbert Büning  |  Jürgen und Amrey Burmester  | Sylvia Canel  | Dr. Chris­tian Cassebaum  | Dr. Markus Conrad  | Dr. Katja Conradi  |  Dierk und Dagmar Cordes  |  Familie Dammann  | Jost Deitmar  |  Karl Denkner  | Dr. Peter Dickstein  | Heribert Diehl  |  Detlef Dinsel  |  Kurt Dohle  | Elisabeth Dornhof  |  Benjamin Drehkopf  | Thomas Drehkopf  | Oliver Drews  |  Klaus Driessen  | Claes Droege  | Herbert Dürkop  | Christian Dyckerhoff  | Hermann Ebel  |  Hennig Engels  |  eventteam GmbH  | Norbert Essing Kommunikations GmbH  | Dr. Christian Flach und Alexandra Flach  | Dr. Peter Figge  |  Jörg Finck  | Förde­ rungsgesellschaft der Hamburger Lions Clubs e.V.  |  Gabriele von Foerster  | Dr. Karin Fischer  | Dr. Christoph Frankenheim  |  Wolfgang-Peter Geller  |  Jeannette Genzel und Steffen Grabe  |  Gerber + Kollegen Steuer­ beratungsgesellschaft mbH  |  Birgit Gerlach  |  Dr. Peter Glasmacher  | Prof. Phillipp W. Goltermann  | Krisztina Graw  | Dr. Gerhard Groh  | Annegret und Dr. Joachim Guntau  | Dr. Thomas Guth  |  Michael Haentjes  | Jochen und Dr. Christine Heins  | Dr. Dieter Helmke  | Rainer Herold  |  Gabriele Hertz  | Henrik Hertz  |  Günter Hess  |  Eberhard Hofmann  | Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt  |  Christian Hoppenhöft  | Hotel Europäischer Hof Berk KG  |  Dennis Huget  | Rolf Hunck  |  Maria Illies  | Dr. Johann Christian Jacobs  | Peter Jaeckh  |  Martin Freiherr von Jenisch  |  Julia Freifrau von Jenisch  | Dr. Klaus Kamlah  |  Ian Kiru Karan  | Tom Kemcke  |  Kienbaum Executive Consultants GmbH  |  Kai-Jacob Klasen  |  Gerd F. Klein  |

Jochen Knees  |  Gert Koetke  | Dr. Nils Koffka  | Bert E. König  |  KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft  |  Fa. F. Laeisz  | Per H. Lauke  | Dr. Klaus Landry  |  Hannelore Lay  | Dr. Claus ­Liesner  | Dr. Claus Löwe  |  Michael Lohrmann  | Sybille Doris Markert  | Thomas J.C. und Angelika Matzen Stiftung  | Natascha und Philip Mecklenburg  | Thomas Meier-Hedde  | Gunter Mengers  | Peter Möhrle  | Christian Möller  | Dr. Thomas Möller  |  Karin Moojer-Deistler  | Dr. Sven Murmann  |  Dr. Ulrike Murmann  |  Frank Neubauer  | David M. Neumann  |  Michael R. Neumann  |  Franz Nienborg  |  Frank Nörenberg  | Dr. Ekkehard Nümann  | Dr. Peter Oberthür  | Dr. Andreas M. Odefey  | Dr. Norbert und Dr. Eva-Maria Papst  | Dr. Sabine Pfeifer  | Sabine Gräfin von Pfeil  |  Martin Philippi  | Aenne und Hartmut Pleitz  | Bärbel Pokrandt  |  Karl-Heinz Ramke  | Horst Rahe  | Dr. Michael Rau  | Thimo von Rauchhaupt  |  Prof. Dr. Hermann Rauhe  | Prof. Dr.-Ing. Dr. Ing. E. h. Heinrich Rothert  | Professor Michael Rutz  | Bernd Sager  | Siegfried von Saucken  | Dieter Scheck  | Vera Schommartz  | Dr. Stephan Schmanns  | Dieter und Lilian Schmidt  | Nikolaus W. Schües  | Prof. Dres. Renate und Jochen Schulte am Esch  |  Gerd SchulteHillen  | Prof. Dr. Volker Schumpelick  | Ulrich Schütte  |  Volker Schwarz  |  Dr. Winfried Steeger  | Prof. Dr. Volker ­Steinkraus  | Wolf O. Storck  | Walter W. Stork  |  Ute Tietz  | Dr. Jens Thomsen  | Tourismusverband Hamburg e.V.  | Hans Ufer  | Dr. Sven-Holger ­Undritz  |  Margarethe Wacker-Frankenberger  | Dr. Dirk von Walcke-Wulffen  | Dr. Markus Warncke  | Dirk C. ­Wessel  |  Peter Wesselhoeft  | Dr. Gerhard Wetzel  | Dr. Andreas Wiele  | Dr. Martin Willich  | Dr. Cornel Wisskirchen  |  Rüdiger und Gabriele Wolff  | Dr. Thomas Wülfing  |  Wolf-Jürgen und Christa Wünsche  | Egon Zehnder International GmbH  | Stefan Zuschke sowie weitere Kuratoren, die nicht genannt werden möchten


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ELBPHILHARMONIE CIRCLE DER UNTERNEHMERKREIS DER ELBPHILHARMONIE

Abacus Asset Management AHN & SIMROCK Bühnenund Musikverlag GmbH Allen Overy LLP Arnold Hertz & Co. Atelier Peter Schmidt Bankhaus DONNER & REUSCHEL Barkassen-Meyer BC Beach BNP Paribas Real Estate Bonning & Bonning Bornhold Die Einrichter British American Tobacco Germany Carl Robert Eckelmann Company Companions H.D. Cotterell Drawing Room DWI Grundbesitz GmbH Engel & Völkers AG Engel & Völkers Hamburg Projektvermarktung ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU Frank-Gruppe Hamburg Freshfields Bruckhaus Deringer Fortune Hotels GALENpharma Galerie Schimming Germela Gerresheim serviert GmbH Groth & Co.

HBB Hanseatische Betreuungsund Beteiligungsgesellschaft mbH Hanse Lounge, The Private Business Club Hotel Louis C. Jacob Hotel Miramar Igepa group IK Investment Partners Institut der Norddeutschen Wirtschaft JaJa Investment GmbH JARA HOLDING GmbH Kolaschnik Partner Rechtsanwälte Lehmann Immobilien Madison Hotel Musikreisen Manufaktur GmbH Miniatur Wunderland OAM Unternehmensgruppe Otto Dörner Bauunternehmen Schlüter & Maack GmbH Ses Talaioles Strebeg AG Taylor Wessing The Fontenay Hotel UBS Deutschland AG Unger Hamburg Vladi Private Islands Worlée Chemie Wünsche Handelsgesellschaft sowie weitere Unternehmen, die nicht genannt werden möchten


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e s s aY

SPONSOREN UND FÖRDERSTIFTUNGEN

die partner der elbphilharMonie

PRINCIPAL SPONSORS

PRODUCT SPONSORS


e s s aY

CLASSIC SPONSORS

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FÖRDERSTIFTUNGEN

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impressum

Die nächste Ausgabe des Elbphilharmonie Magazins erscheint im April 2017.

Herausgeber HamburgMusik gGmbH Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft Generalintendant: Christoph Lieben-Seutter Kaufmännischer Direktor: Jack F. Kurfess Platz der Deutschen Einheit 4, 20457 Hamburg magazin@elbphilharmonie.de www.elbphilharmonie.de Chefredakteur Carsten Fastner Redaktion Katharina Allmüller, Melanie Kämpermann, Clemens Matuschek, Tom R. Schulz Gestaltung / Bildredaktion Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH, Hamburg | www.groothuis.de Borselstr. 16 b, 22765 Hamburg, Tel: 040  794 196 0, ahoi@groothuis.de Artdirektion / CvD: Rainer Groothuis Projektleitung: Selma Kuhlmann, Alexander von Oheimb Gestaltung: Janina Lentföhr, Paran Pour, Susan Schulz Herstellung: Carolin Beck, Sophie Seith An dieser Ausgabe beteiligt Jakob Börner, Harald Eggebrecht, Miguel Ferraz, Romanus Fuhrmann, Roman Hollenstein, Miriam Holzapfel, Lalo Jodlbauer, Frank Keil, Peter Krause, Clemens Matuschek, Julia Praschma, Wolfgang Schmidbauer, Tom R. Schulz, Jasmin Shamsi, Michael Zapf Lithografie Alexander Langenhagen, edelweiß publish, Hamburg Druck gutenberg beuys, Feindruckerei GmbH, ­Langenhagen Korrektorat Reinhard Helling

Anzeigenleitung Antje Sievert, Anzeigen Marketingberatung Sponsoring Tel: 040 450 698 03, antje.sievert@kultur-anzeigen.com Petra Weihe, Weihe Media Management GmbH, Tel: 040 236 879 111, petra.weihe@weihe-media.de Vertrieb PressUp GmbH, Hamburg Leserservice / Abonnement Elbphilharmonie Magazin Leserservice PressUp GmbH Postfach 70 13 11, 22013 Hamburg leserservice@elbphilharmonie.de Tel: 040 386 666 343, Fax: 040 386 666 299 Das Elbphilharmonie Magazin erscheint drei Mal jährlich in einer Auflage von 25.000 Exemplaren. ­ ild- und Rechtenachweis B Cover: www.jakobboerner.com; S. 1: Michael Zapf; S. 2 linke Spalte: www.jakobboerner.com; Marco Grob, mittlere Spalte: Jason Bell; akg-images / Marion Kalter, rechte Spalte: Miguel Ferraz; S. 3 oben: Michael Zapf, links: Romanus Fuhrmann, rechts: Lalo Jodlbauer; S. 4–11: www.jakobboerner.com; S. 12: Iwan Baan; S. 13: Herzog & de Meuron; S. 14 links: F. Hoffmann– La Roche Ltd., Foto: Beat Ernst, rechts: Margherita Spiluttini; S. 15: iStock.com/Pat_Hastings; S. 16: Her­zog & de Meuron; S. 17: Vitra, Foto: Iwan Baan; S. 18 oben: Hufton + Crow and MBEACH1, LLLP, unten: NZZ Fotografenteam; S. 20 Mitte links u. rechts: Michael Zapf, unten: Iwan Baan; S. 21–27: Michael Zapf; S. 28: Oliver Heissner; S. 32–37: Lalo Jodlbauer; S. 38: Man Ray Trust, Paris / VG Bild-Kunst, Bonn 2016; S. 40/41 v. l. n. r.: akg-images / Mondadori Portfolio /Nino Leto; Harald Hoffmann; akg-images / Erich Lessing; akgimages / Sputnik; akg-images / Album /Emi /Reg Wilson; Harry DiOrio, Courtesy of Oxingale Records; Uwe Arens; S. 43: Jason Bell; S. 44 oben: Max Whit­taker,

Courtesy of Silkroad, unten: Michaela Metz; S. 46/47: www.jakobboerner.com; S. 49: akg-images /Marion Kalter; S. 50/51: Gunter Glücklich – www.gunter­ gluecklich.com; S. 52: Harald Hoffmann; S. 54: Roma­ nus Fuhrmann; S. 55 oben u. rechts: HHLA, links: privat; S. 56 links: privat, rechts: HHLA; S. 58/59 oben v. l. n. r.: imago / VI images; imago/Reporters; imago /  Jan Huebner; imago / GEPA pictures; imago /Eibner; imago / Oliver Hardt; imago / Michael Wigglesworth; imago / Eibner; imago / Chai v. d. Laage; imago /Oliver Hardt; imago / MIS; imago / Chai v. d. Laage; imago /  EQ Images; imago / Revierfoto; imago / MIS; imago / Jan Huebner, unten v. l. n. r.: ReGe Hamburg; Oliver Heiss­ ner; ReGe Hamburg Foto Frizz; Michael Zapf; Oliver Heissner; ReGe Hamburg Fotofrizz; Oliver Heissner; Johannes Arlt; Johannes Arlt; Nicolai Spiess; S: 60–69: Romanus Fuhrmann; S. 70–72: Miguel Ferraz; S. 74– 80: Illustrationen Julia Praschma; S. 80 links: Frank Bauer; S. 82/83: Rainer Groothuis; S. 84/85: iStock/ M-KOIZUMI; S. 86/87: Rainer Groothuis; S. 88: Roma­ nus Fuhrmann. Redaktionsschluss 28. November 2016 Änderungen vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet. Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Träger der HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft:


Der neue BMW M760Li xDrive V12 Excellence

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Freude am Fahren

WIE NICHTS ZUVOR. BMW IST STOLZER PARTNER DER ELBPHILHARMONIE UND FREUT SICH AUF UNVERGESSLICHE MOMENTE. BMW M760Li xDrive V12 Excellence: Kraftstoffverbrauch in l/100 km (innerorts/außerorts/kombiniert): 18,4/9,6/12,8. CO2-Emission in g/km (kombiniert): 294. Als Basis für die Verbrauchsermittlung gilt der ECE-Fahrzyklus. Abbildung zeigt Sonderausstattungen.


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