Elbphilharmonie Magazin - Jubel | 01 / 2022

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5 JAHRE ELBPHILHARMONIE

JOHN ZORN

Der unvergleichliche Feuerwerker

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Dirigent, Komponist, Multiversalist

1 | 2022

YUJA WANG

Weltklasse-Pianistin gegen alle Klischees

ESA-PEKKA SALONEN

Euro 6,50

Was damals wichtig war, was heute wichtig ist

Jubel! l


MODERNE KULTUR IN EINZIGARTIGER GESTALT.

WELCHE VISION MÖCHTEN SIE VERWIRKLICHEN? PRINCIPAL SPONSOR

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HERZLICH WILLKOMMEN!

L

iebe Leserin, lieber Leser,

es gibt Wörter, die sich, spricht man sie nur ein paar Mal laut hinter­ einander aus, ziemlich merkwürdig anhören. Jubel ist so ein Wort. Dabei handelt es sich um verballhorntes Latein: Iubilum ist ins Höchste gesteigerte Freude. Entsprechende Lautäußerungen gehören ins Weihnachtslied (»hoch oben schwebt jubelnd der Engelein Chor«), vor Standesämter, in den Konzertsaal oder ins Fußballstadion. Damit ein Mensch Jubilar genannt werden darf, muss er schon eine erkleckliche Anzahl an Lebensjahren vollendet haben, unter 75 läuft da nichts. Deshalb ist die Elbphil­ harmonie, die im Januar fünf Jahre alt wird, vom Status einer Jubilarin noch himmelweit entfernt. Gefeiert wird sie trotzdem, denn Anlass zum Jubeln gibt sie allemal. Und das schon seit fünf Jahren. Jubel ist auch deshalb das Motto dieser Ausgabe des Elbphilharmonie Magazins, weil es in unseren nicht gerade von Jubel, Trubel, Heiterkeit geprägten Zeiten einfach guttut, sich neben all den Sorgen über den Zu­ stand von Welt und Gesellschaft auch mal ausführlich an einer Geschichte des großen Gelingens zu erfreuen, wie die Elbphilharmonie sie seit ihrer Eröffnung im Januar 2017 fraglos geschrieben hat. Ihr Vorhandensein und ihr Wirken in der Stadt Hamburg und weit darüber hinaus lässt kaum jemanden kalt und löst vielfach aus, was man im Schlussapplaus nach einem der vielen tollen Kon­ zerte in der Elbphilharmonie zu hören bekommt: freneti­ schen Beifall, Bravo-Rufe, Standing Ovations – eben Jubel.

Man kann sich an ihr aber auch still und leise freuen, vielleicht auch etwas sonderbar, wie unser Kolumnist Till Raether (siehe S. 34). Selbst ein gestandener ­Elb­philharmonie-Verächter von einst entwindet sich inzwischen zähneknirschend das Lob »Hannover hat so was nicht« (S. 74). Ansonsten finden Sie in diesem Heft wie immer erhellende Texte über musikalische Themen sowie über Künstlerinnen und Künstler, die in den kommenden Wochen das Programm der Elbphilharmonie prägen werden – etwa ein Interview mit Esa-Pekka Salonen, dem finnischen Dirigenten und Komponisten suggestiver, großer Orchesterwerke, dem das Haus gleich über zwei Saisons hinweg ein Portrait widmet (S. 10). Orientieren Sie sich darüber, was für eine einzigartige Figur im ­Musik­kosmos der New Yorker John Zorn ist, der im März vier Tage lang ein »Reflektor«-Festival in eigener Sache ge­staltet (S. 28). Genießen Sie die Eloge auf die fantas­ tische Bandleaderin und Komponistin Maria Schneider, deren Europatournee sich wesentlich der Einladung der Elb­philharmonie verdankt (S. 56). Ach, lesen Sie einfach all die mit so viel Herzblut verfassten Texte in diesem Heft. Damit Ihre Ohren schon beim Lesen zu jubeln anfangen. Ich wünsche Ihnen eine freudige Lektüre! Ihr Christoph Lieben-Seutter Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle


4 E S S AY

THE TIMES THEY ARE A-CHANGIN’

Vor fünf Jahren eröffnete die Elbphilharmonie. VON TILL BRIEGLEB

62 36 FOTO ST R E C K E

DAS BEWEGTE HAUS VON THOMAS KELLNER

44 MUSIKGESCHICHTE

AUS DER NEUEN WELT

Typisch amerikanisch: die musikalische Moderne der USA

10

VON JULIANE WEIGEL-KRÄMER

50 F LU S S G E S C H I C H T E

MOLDAUPHILHARMONIE

Alle lieben Smetanas »Moldau«.

AY N U R

MUSIK ALS HEIMAT

Die kurdische Sängerin spendet sich, ihrem Volk und uns Trost. VON STEFAN FRANZEN

66 A LT E M U S I K

DER VERBOTENE BLICK

Mit »L’Orfeo« betritt das moderne Individuum die Opernbühne. VON REGINE MÜLLER

VON CARSTEN FASTNER INTERVIEW

»WOW, SO KANN DAS AUCH KLINGEN!«

52

Esa-Pekka Salonen über sein »Multiversum« VON BJØRN WOLL

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16 U M G E H Ö RT

BEZIEHUNGSSTATUS

Sieben Künstler über ihre fünf Jahre mit der Elbphilharmonie

DA M O N A L B A R N

M I TA R B E I T E R

IM ANBLICK DES VULKANS

ES BRUMMT IN DER CHEFETAGE

Der englische Chef-Melancholiker ist jetzt Isländer.

Die beiden engsten Mitarbeiterinnen des Intendanten

VON JAN PAERSCH

22

VON FRÄNZ KREMER

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MUSIKLEXIKON

R E P O RTAG E

STICHWORT »JUBEL!«

UND NU, DIE HERREN?

Es gibt nichts, wozu die Musik nichts zu sagen hätte.

Wie beurteilen drei Kritiker von damals die Elbphilharmonie heute?

VON CLEMENS MATUSCHEK

56

VON ANDREA THOLL UND STEPHAN BARTELS

JAZZ

NAH AM LEBEN

Das Maria Schneider Orchester ist ein Ereignis von Seltenheitswert.

34 G LO S S E

DIE URFAUST

VON TOM R. SCHULZ

60 E N G AG E M E N T

Ein scheinbar lächerliches Ritual

ICH BIN EIN FAN

VON TILL RAETHER

VON CLAUDIA SCHILLER

82

88

­FÖRDERER UND ­SPONSOREN

­IMPRESSUM


24 Y UJ A W A N G

ES JUCKT SIE NICHT

Die Weltklasse-Pianistin war stets mit vielen Vorurteilen konfrontiert. VON RENSKE STEEN

28 R E F L E K TO R

DER STRUKTURFEUERWERKER

Unvergleichlich, unvergesslich: die Konzerte des John Zorn VON ULRICH STOCK

18 STUDIO DRIFT

CECI N’EST PAS UN BLOC DE BÉTON

Die niederländischen Designer driften ab in die Welt der Wunder. VON MARC PESCHKE


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THE TIMES THEY ARE A-CHANGIN’

Vor fünf Jahren eröffnete die Elbphilharmonie. Die Zeit von damals erscheint aus heutiger Sicht erstaunlich fern. VON TILL BRIEGLEB


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­V

ermutlich erinnert sich keine Leserin, kein Leser dieses Jubiläumshefts noch an die Bramble-­ ­Cay-Mosaikschwanzratte. Im Jahr der Fertig­ stellung des neuen Hamburger Wahrzeichens Elbphil­harmonie erlangte dieser isolierte Nager auf einem Eiland, das den nördlichsten Punkt Australiens markiert, kurz traurige Berühmtheit: als erstes Säugetier, das nachweislich durch die Folgen des Klimawandels ausge­ storben ist. Nun sah Melomys rubicola, wie das Tierchen wissen­schaftlich hieß, nicht wesentlich anders aus als Ratten in Hamburger Uferböschungen. Und deswegen hat ihr endgültiges Verschwinden in Folge des ansteigenden Meeresspiegels und vermehrter Tropenstürme auch nicht solche Schlagzeilen gemacht wie das letzte Sumatra-­ Nashorn. Aber wenn man von heute die fünf Jahre zurück­ blickt und sich fragt, was damals eigentlich wirklich wichtig war, rund um jenen Tag im Januar, als die Musik am Kehrwieder zu spielen begann, dann erscheinen doch ganz andere Nachrichten von wegweisendem Wert als jene, die damals die Medienkonsumenten erregten – etwa dass Basti und Poldi aus der Nationalelf zurücktraten oder Martin Schulz ohne Gegenstimme zum Kanzler­ kandidaten der SPD gekürt wurde. Was seither wirklich gravierend die Welt verändert hat, dafür steht eher das Verschwinden des winzigen Vegetariers auf einer Korallen­ insel am Great Barrier Reef. Als Symbol für eine mensch­ gemachte Weltgeschichte, deren Folgen die Erdbewohner jeden Tag intensiver erleben und diskutieren müssen, ist das Requiem auf die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte ein sehr langes Crescendo mit schrillen Warnlauten ge­ worden. FERNE VERGANGENHEIT

Dabei waren die Monate vor und nach der feierlichen Eröffnung am 11. Januar 2017 alles andere als aufregungs­ arm. Aber die empörenden Themen jener Zeit haben nach dem grauen und lähmenden Intermezzo der CovidPandemie bereits die Aura ferner Vergangenheit ange­ nommen. Oder spricht heute noch jemand in Kassandra­ tönen von der politischen Seuche des Populismus, der die Welt in die Katastrophe führen werde? Was mit dem hauchdünnen Sieg der Brexit-Befürworter im Juni 2016 und dem Wahlsieg Donald Trumps im November da­ rauf eine düstere Zeitenwende einzuläuten schien, konnte letztlich doch nicht die Weltordnung aus den Angeln heben. Der schlechteste US-Präsident aller Zeiten hat

weder einen Atomkrieg ausgelöst noch eine Weltwirt­ schaftskrise verursacht. Und die britische Selbstverliebt­ heit, die nach endlosen Verhandlungen mit der EU zur wirtschaftlichen und politischen Verinselung Groß­ britanniens geführt hat, rächte sich genau mit den Folgen, die man dieser Form des selbstgerechten Nationalismus prophezeit hatte: leere Supermarktregale, geschlossene Tankstellen, abgeschobene Arbeitskräfte, die nicht mit Kurzzeit-Visa als Lastwagenfahrer zurückkehren wollen. Auch die Abspaltungstendenzen der verbliebenen Teile des kleinen Königreichs, das sich noch stolz das »Ver­ einigte« nennt, setzen dem einst größten Kolonialreich der Welt weiter zu. Zwar ist Populismus als Fehlpolitik heute keines­ wegs tot. Regierungen in Brasilien, auf den Philippinen, in Polen, Ungarn, der Türkei sowie Bewegungen in Frankreich, den Niederlanden, Dänemark, in Sachsen und Thüringen trugen ihn weiter voran. Nur die gefühlte konkrete Bedrohlichkeit einer Politik, die in wütendem Narzissmus globale Probleme auf egoistische Ziele verkürzt, scheint an scharfer Wirkung eingebüßt zu haben. Die ersichtliche Unfähigkeit zur Problemlösung, die Regierungschefs mit populistischer Machtpolitik gerade in der Corona- und Klimakrise beweisen, ist wohl doch eine heilsame Kur selbst für jene Menschen, die gerne platten Versprechungen und gemeinen Beschimpfungen Glauben schenken. Ihre Fan-Basis nimmt jedenfalls ab. ›

Die Monate rund um die Eröffnung der Elbphilharmonie waren auch politisch alles andere als aufregungsarm.


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LETZTLICH SOUVERÄNER

Auch das andere große Schreckensthema jenes Zeit­ abschnitts, als die Architektur von Herzog & de Meuron endlich fertig gestellt wurde, die prunkvolle Eröffnung stattfand und anschließend die jahrelange hitzige Debatte um Kosten und Bauprobleme überraschend zügig ­abklang, regiert heute nicht mehr die Skalen der Angst. Nach den fürchterlichen Anschlägen auf der Promenade von Nizza und im Pariser Bataclan, in einem Münchner Einkaufszentrum und auf dem Berliner Weihnachts­ markt an der Gedächtniskirche, an diversen Orten in der Türkei, in London, Manchester, Stockholm oder Barce­ lona schien Mitte der Zehnerjahre die Terrorismusgefahr den Europäern als alltägliche Bedrohung riesengroß. In den beiden Jahren, die die Fertigstellung und Eröffnung der Elbphilharmonie sahen, war »Terrorismus« mit einer Rekordquote von 70 Prozent der Deutschen die größte Angst überhaupt, bevor sich diese abwechselnd auf die Gefahr durch Donald Trumps Politik und die »Überforderung durch Flüchtlinge« richtete. Gerade beim Thema der Immigration, das jahrelang zu den Kern­ themen politischer Aufregung gehörte, hat sich letztlich Angela Merkels berühmter Satz »Wir schaffen das« als souveräner erwiesen als all die herzlosen Wutreden von Demagogen, die aus der Not verzweifelter Menschen politischen Nutzen zu ziehen wussten. Nicht dass einer dieser hitzigen Konflikte heute wirklich befriedet oder gelöst wäre, aber keines der drei Haupthemen vor fünf Jahren, Populismus, Terrorismus und Migration, hat heute noch annähernd die gleiche Präsenz. IN FALSCHER ERINNERUNG

Was dagegen jetzt von wachsender Bedeutung für das Wohl der Menschheit und aller anderer Lebewesen auf dem Planeten ist, das loderte vor fünf Jahren auch in Hamburg einmal hell auf, blieb dann aber leider wegen ein paar brennender Barrikaden in falscher Erinnerung. Die Proteste gegen den Hamburger G20-Gipfel im Juli 2017 formulierten auf breiter Basis alle entscheidenden Einwän­ de gegen ein Weiter-so in der globalen Wachstumspolitik. Doch während ein halbes Jahr nach seiner Eröffnung der Große Saal der Elbphilharmonie für die Selbstinsze­ nierung von Donald Trump und die Regierungschefinnen und -chefs in seinem Schatten diente, sorgten ein paar Randalierer im fernsehtauglichen Feuerschein dafür, dass CNN-Zuschauer anschließend zwar wussten, was die »Schanze« ist, aber die wichtigen Einwände gegen die Ziele der 20 führenden Wirtschaftsnationen der Welt nicht das Gehör fanden, das sie verdient hätten. 2017 war auch das Jahr, in dem das wohl wichtigste Wirtschaftsbuch des 21. Jahrhunderts erschien, das jeder Politiker und Entscheidungsträger gelesen haben sollte, bevor er weiter Wachstum um jeden Preis propa­ giert. Kate Raworths so tiefgründiges wie lesenswertes Werk »Die Donut-Ökonomie« liefert präzise Analysen der ökologischen und humanitären Folgen, die weiteres exponentielles Wachstum zwangsläufig auslösen wird.

Das Thema, das heute von wachsender Bedeutung ist, loderte vor fünf Jahren in Hamburg schon einmal kurz auf.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin stellt luzide dar, wie diese Idee in die Welt kam und wem sie nutzt. Und sie macht bildreich bewusst, warum wir uns schleunigst damit befassen sollten, den Wachstumsflug, der nach dem Zweiten Weltkrieg startete, zum Landen zu bringen, bevor der letzte Tropfen Benzin verbraucht ist. Raworths überzeugende Analyse entzaubert auf Basis der wachstumskritischen Bücher der letzten 50 Jahre (angefangen mit den »Limits of Growth« des Club of Rome von 1972) nicht nur die Widersprüche der herr­ schenden Anschauung von ewig expandierender Wirt­ schaftsmacht. Als wohl erste Wirtschaftswissenschaftlerin seit John Maynard Keynes entwarf Raworth umfassende konkrete Alternativen eines gesunden und gerechten ökonomischen Systems. Die heute als Kreislaufwirtschaft immer populärer werdende Idee von zirkulärem Wirt­ schaften mit minimalem Verschleiß hat sie in ihrem symbolischen Bild vom Donut eingängig gemacht: als ein System, das sich vor sozialen wie ökonomischen Extremen gleichermaßen schützt. Dieser grüne Reifen der Vernunft und Mäßigung vereinte die meisten Standpunkte jener friedlichen Mehrheit, die bei der Aktionswoche in Hamburg 2017 zu Zehntausenden gegen ein Fortschreiben des Wachs­ tumsglaubens der G20 protestierte. Zwar mögen die Krawalle den Inhalt dieser Einwände überdeckt haben. Aber ein Jahr später mit der Gründung von Fridays for Future wurden die Argumente von Hamburg zu einer jungen internationalen Massenbewegung, die neue Prä­ missen für die Zukunft der Menschheit fordert: System­ wandel statt Klimawandel! Und spätestens mit dem Auftreten des Coronavirus konnte jeder auch plastisch ›


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Finde den Unterschied: 2004 und heute


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Manche Debatte, die damals noch im Jargon eines kleinen intellektuellen Zirkels geführt wurde, prägt heute den Mainstream.

erleben, was das mathematisch eindeutige Resultat von exponentiellem Wachstum ist: eine immer schneller steil aufsteigende Kurve, die in diesem Fall die Weltwirt­ schaft zum Stoppen brachte. PROPHETISCHE KUNST

2017 war aber auch ein großes Kunstjahr. Die Doppeldocumenta von Athen und Kassel, die Biennale in Venedig sowie das alle zehn Jahre in Münster stattfindende Großfestival zu Kunst im öffentlichen Raum, die Skulptur Projekte, fielen auf ein gemeinsames Jahr (was künftig nicht mehr möglich sein wird, weil die Verschiebung der letzten Biennale durch Corona den gemeinsamen Rhyth­ mus zerstört hat). Speziell der im April 2017 in der grie­chischen Hauptstadt gestarteten documenta 14 kommt dabei eine besondere Rolle zu, wenn es um thematische Langzeitwirkung geht. Denn die damals von der versammelten Kritik schwer gescholtene Schau, der man linkes Belehrungs­ gebaren und didaktische Kunst, aber auch ökologisch unverantwortliche Reisetätigkeit durch die zwei fernen Standorte vorhielt, formulierte tatsächlich propheti­ sche Schwerpunkte. Die Debatten zu Gerechtigkeit, Gleichheit und Diversität, die in Athen und Kassel noch im Jargon eines kleinen intellektuellen Zirkels geführt wurden, entwickelten sich in den folgenden Jahren zu einem Tornado der Forderungen und des ansteigen­ den Niveaus der Bewusstwerdung. Der Harvey-Weinstein-Skandal und die folgende #MeToo-Initiative brachten Erscheinungen verborgener Gewalt ab Oktober 2017 enorme Verbreitung. Die 2013 gegründete Black-Lives-Matter-Bewegung erhielt spätes­

tens mit der Ermordung von George Floyd 2020 eine über die USA hinausweisende Bedeutung und Dynamik. Und in diesem Sog verbreitete sich der Mut, diskrimi­ nierende Erfahrungen öffentlich zu machen. Wen man liebt, woran man glaubt oder wie man aussieht, das ist noch in viel zu vielen Kontexten ein Grund für herab­ würdigende Behandlung und sprachliche Gewalt. Doch die gesammelten Erfahrungen mit diesen Konflikten, die sich in immer breiterem Maße Gehör erkämpften, haben das Thema Gleichbehandlung zuletzt fast gleich­ rangig werden lassen mit dem wichtigsten Streitpunkt der Gesellschaft: wie die drohende Zerstörung des Lebens auf der Erde ver­hindert werden kann. RAUM UND ZEIT

Gab es wirklich nur schwere Themen, die vor fünf Jahren das Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie mit dem Titel »Zum Raum wird hier die Zeit« begleiteten? Sehr passend zu dem Konzertmotto wurde 2016 der Nachweis erbracht, dass es Gravitationswellen und damit die Raumzeit wirklich gibt. Mit Bob Dylan gewann erstmals ein Musiker den Literaturnobelpreis. Und der 100. Ge­ burtstag von Dada in dem Jahr, als die Schlüsselübergabe für das Konzerthaus am 31. Oktober endlich gefeiert wurde, ist ein stimmiger Zufall. Das absurde Spektakel um Termine und Kosten, das sich entfaltet hatte, seit der von Alexander Gérard und Jana Marko in Auftrag gegebene erste Entwurf der Elbphilharmonie 2003 veröffentlicht wurde, muss den Vergleich zu einem verdrehten Abend im Cabaret Voltaire anno 1916 eher nicht scheuen. Dass ausgerechnet jene große Kulturpolitikerin, die für die entscheidende Wende in dem lange verfahrenen Rechthaberkampf mächtiger Männer sorgte, kurz vor der Eröffnung einer schweren Krankheit erlag, ist eine trau­ rige Erinnerung, die auch fünf Jahre später nicht vergessen werden sollte. Ohne Barbara Kisselers Mischung aus politi­scher Strenge und rheinischer Direktheit würden die Partner des Projekts vermutlich heute noch darüber strei­ten, wer was verbockt und zu bezahlen hat. Die vermutlich erste Hamburger Kultursenatorin, die ihren Senatskollegen mit Charme, energischem Auf­ treten und guten Argumenten klarmachen konnte, wie wichtig Kultur für eine funktionierende Stadtgesellschaft ist, hat einen deutlichen atmosphärischen Wandel in der Kaufmannsstadt bewirkt. Und von dem ist auch fünf Jahre später noch viel zu spüren.

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»WOW, SO KANN DAS AUCH KLINGEN!«


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Der Komponist und Dirigent Esa-Pekka Salonen über sein »Multiversum« in der Elbphilharmonie, die Schwarmintelligenz bei Orchestern und die Tücken des klassischen Kanons. VON BJØRN WOLL

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irigierender Komponist oder komponierender Dirigent: Wie man es auch dreht, Esa-Pekka ­Salonen gehört zu den »echten Doppelbegabun­ gen der Musikwelt«, wie in der Fachpresse immer wieder zu lesen ist. 1958 in Finnland geboren, studierte er an der Sibelius-Akademie in Helsinki Horn, Diri­ gieren und Komponieren. Zu seinen prägenden Lehrern ge­hörten der legendäre Jorma Panula, der auch Sakari Oramo und Jukka-Pekka Saraste ausgebildet hat, sowie der nicht weniger berühmte Komponist Einojuhani Rautavaara. Und noch zwei weitere Tonschöpfer sollten einen entscheidenden Einfluss auf den Komponisten Salonen haben. Der eine war Pierre Boulez – »Er war es, der meine Faszination an Neuer Musik weckte!« – und der andere Olivier Messiaen, »vor allem mit seiner ›Turan­ galîla-Sinfonie‹, die ich als Teenager hörte. Das hat mir eine völlig neue Welt eröffnet.« Als Dirigent kam der Durchbruch 1983, als Salonen kurzfristig beim Philharmonia Orchestra London ein­ sprang – und über Nacht zum internationalen Star wurde. Von 1992 bis 2009 war er Music Director des Los Angeles Philharmonic, von 2008 bis 2021 Chefdirigent beim Philharmonia Orchestra, eine Position, die er seit 2020 nun beim San Francisco Symphony Orchestra innehat. Für Aufsehen sorgte Salonen, der ein reges Interesse an multimedialen Möglichkeiten hat, darüber hinaus mit einer Produktion von »Tristan und Isolde«, gemeinsam mit dem Videokünstler Bill Viola, und der Ausstellung »re-rite«, bei der Besucher mithilfe von 29 Kameras Strawinskys »Le sacre du printemps« aus dem Inneren des Orchesters erleben konnten. 2013 war diese Produk­ tion auch schon im Kaispeicher A der Elbphilharmonie zu sehen.

Unter dem Titel »Multiversum« wird Esa-Pekka Salonen nun sehr ausführlich in Hamburg zu erleben sein: über zwei Spielzeiten hinweg und in seiner Doppelrolle als Komponist und Dirigent. Dabei zeigt sich, dass Salonen, dessen Werkkatalog mittlerweile ein beträchtliches Ausmaß angenommen hat, gerne aus dem Orchester-­ Vollen schöpft. Nicht zuletzt deswegen haben viele seiner Kompositionen längst den Weg ins Repertoire gefunden und werden weltweit immer wieder auf die Programme gesetzt. Und auch auf dem Tonträgermarkt ist Esa-Pekka Salonen gut vertreten, auf dem Traditionslabel Deutsche Grammphon, dessen Exklusiv-Künstler er seit fast 20 Jahren ist. Herr Salonen, wen gab es eigentlich zuerst, den Komponisten oder den Dirigenten Salonen? Esa-Pekka Salonen: Ganz klar den Komponisten! Ich habe mit elf Jahren begonnen, Musik zu schreiben. Zwar noch mit erheblichen Defiziten, was die Regeln anging. Aber ich habe damals schon gemerkt, dass sich das Komponie­ ren sehr natürlich für mich anfühlt. Ich glaube, dass jeder Komponist Gefallen daran findet, neue Welten zu er­schaffen: ein eigenes Universum, grenzenlos und voller Möglichkeiten. Als kleiner Junge war das Komponieren ein Refugium für mich, eine Zuflucht vor der realen Welt, die ich manchmal als problematisch empfunden habe. Diesen ursprünglichen Impuls zum Schreiben von Musik vergessen wir später oft, wenn wir professionelle Kompo­ nisten sind, dann beschäftigen wir uns mit Kompositions­ aufträgen oder Abgabefristen. Wie sieht das heute aus, definieren Sie sich eher als Komponist oder als Dirigent? Meistens koexistieren diese beiden Teile meiner Persön­ lichkeit friedlich nebeneinander. Manchmal gibt es aber auch Zwist zwischen den beiden, wenn ich zum Beispiel eine Serie von Konzerten dirigiere und denke, dass ich jetzt besser komponieren sollte. Weitaus schwieriger ist der Moment, in dem ich vom Dirigenten zum Komponis­ ten werde, was viel mit dem Energie-Level der beiden Tätigkeiten zu tun hat. Zu dirigieren setzt Adrenalin frei und verlangt intensive Interaktion. Ein Konzert ist sozial unglaublich fordernd, nicht nur mit den Musikern, sondern auch mit dem Publikum. Von diesem ErregungsLevel zur Stille und Entschleunigung des Komponierens zu finden, ist nicht leicht, denn das Komponieren ist, neben dem Schreiben von Romanen oder Gedichten, ver­ mutlich die einzige Disziplin, bei der der Künstler völlig alleine ist. Es dauert immer einen Moment, aber dann fühle ich mich in dieser Abgeschiedenheit sehr wohl. ›


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»Die besten Erfahrungen mit meinen eigenen Werken habe ich gemacht, wenn andere sie dirigiert haben.« Ihr Kollege George Benjamin zieht sich zum Komponieren in die totale Isolation zurück, ohne Kontakt zur Außenwelt. In welcher Umgebung komponieren Sie am liebsten? George ist wirklich extrem! Er hat ein kleines Häuschen in seinem Garten, in dem nichts anderes steht als ein Tisch, nichts, das ihn ablenkt. Bei mir ist das anders, ich arbeite eher in Schüben. Ich schreibe für eine Weile, dann mache ich etwas anderes, trinke einen Kaffee, gehe spazieren oder trainiere. Ich kann nicht in völliger Isolation kompo­ nieren, ich brauche Impulse von außen. Isolation kann auch dazu führen, dass man sich gar nicht aller Möglich­ keiten bewusst ist, weil der eigene Fokus das Blickfeld einengen kann. Im Rahmen des Hamburger »Multiversums« diri­ gieren Sie mit »Gemini« und »Karawane« zwei eigene Werke. Wie erleben Sie den Perspektivwechsel, wenn Sie vom Komponisten eines Stücks zu dessen Dirigenten werden? Um meine eigenen Werke zu dirigieren, muss ich erst mal einen Schritt zurücktreten und sie sozusagen von außen betrachten. Besonders die erste Probe ist ein selt­ samer Moment: Alles ist irgendwie mezzoforte, weil noch niemand weiß, wo die Reise hingeht, es gibt noch keinen Kontext, alles ist noch unsortiert. Oft stimmt zum Beispiel die Dynamik noch nicht. Als junger Dirigent habe ich dann direkt korrigiert und dachte, dass ich mich

beim Schreiben verkalkuliert habe. Mit dem Alter habe ich aber gelernt zu warten und den Musikern zu vertrauen, denn Musiker sind erstaunlich. Selbst wenn das Stück komplex ist, erfassen sie intuitiv die Struktur. Spätestens in der zweiten Probe entwirren sich die einzelnen Stimm­ fäden, es beginnt zu leben, zu atmen. Das ist wie bei einem Schwarm Makrelen, der aus hunderten Individuen besteht, die sich scheinbar wie ein einziger Organismus bewegen, obwohl keiner weiß, wer der Anführer ist. Eine solche Schwarmintelligenz gibt es auch bei Orchestern. Der muss ich als Dirigent vertrauen können! Und nicht nur als Dirigent, auch als Komponist. Gerade die zeit­ genössische Musik leidet unter einer Art Über-Notation: Bei jeder Note stehen da mehrere Vortragsbezeichnungen. Dieser inflationäre Gebrauch führt zu nichts! Ich gehe das Risiko lieber in die andere Richtung ein, denn es kann zu erstaunlichen Ergebnissen führen, wenn Musiker ein bisschen Spielraum bekommen und der Komponist nicht krampfhaft versucht, alles zu kontrollieren. Sind Sie der ideale Dirigent für Ihre eigenen Werke? Das muss nicht so sein. Auch wenn ich es bevorzuge, die erste Aufführung eines Stücks selbst zu dirigieren, weil ich dann direkt Korrekturen vornehmen kann. Darüber hinaus gebe ich gerne zu, dass ich die besten Erfahrungen mit meinen eigenen Werken gemacht habe, wenn andere sie dirigiert haben. Manchmal kommen da Aspekte zu Tage, die mich selbst überraschen. Das sind beglückende Momente, wenn ich realisiere: Wow, so kann das auch klingen! Wie sehr sind Sie als zeitgenössischer Komponist mit der Tradition verbunden? Ihr Cellokonzert etwa ist ja an sich schon ein Beitrag zu einer traditionellen Gattung und folgt auch der traditionellen Satzfolge schnell-langsam-schnell. Gerade habe ich ein Konzert mit Werken von Hannah Kendell, Unsuk Chin und einer Beethoven-Sinfonie dirigiert. Als nächstes steht ein Konzert mit Debussy, Messiaen und dem Flötenkonzert von Kaija Saariaho an. Ich trage also ständig Musik mit mir herum. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass ich als Komponist einer Tradition folgen möchte, selbst wenn ein Stück wie das Cellokonzert in seiner äußeren Form daran erinnert. Allerdings ist Tradition auch Teil des Ökosystems, in dem wir existieren. Schon die Vorstellung, dass ich ein neues Werk schreibe und damit gleichsam bei null beginne, ist irrsinnig. Wie könnte ich jemals Musik, die ich erlebt habe, ungehört machen? Sie ist in mir und beeinflusst mich. Wir sind ständig von Musik umgeben, oft sogar, ohne dass wir es merken oder darüber nachdenken, beim Einkaufen oder in einer Bar. Vor einiger Zeit saß ich in einem Restaurant in Paris, und im Hintergrund lief der Song einer Post-Grunge Band. Ich habe damals eher unbewusst den Basslauf auf einer Serviette notiert – und später in »Pollux« verarbeitet, das neben »Castor« Teil von »Gemini« wurde.


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»Als kleiner Junge war das Komponieren ein Refugium für mich, eine Zuflucht vor der realen Welt.«

Blicken wir in die Geschichte, finden wir etliche Komponisten, die in und mit ihren Werken auf ihre Zeit reagiert haben. Wie ist das bei Ihnen? Das ist eine schwierige Frage. Da müssten wir erst einmal definieren, was das eigentlich bedeutet: unsere Zeit? Wollte ich sie mit nur einem Wort beschreiben, würde ich »Zersplitterung« wählen. Für mich hat diese Entwicklung schon vor einigen Jahrzehnten begonnen – mit dem Kabelfernsehen. Zuvor gab es in Europa das Monopol der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in Finnland etwa hatten wir nur zwei TV-Kanäle. Wenn da ein Thea­ terstück übertragen wurde, haben das zwangsläufig viele Menschen gesehen, und am nächsten Tag war das ein Thema, im Supermarkt, bei der Arbeit, mit Freunden.

Diese Gemeinschaftserlebnisse haben auch eine gemein­ same Identität geschaffen. In dem Moment aber, in dem jeder Zugriff auf 200 verschiedene Programme hatte, sind unsere kulturellen Erlebnisse immer stärker zersplittert. Gleichzeitig finde ich es aber auch befreiend, nicht zwangs­ läufig dem Mainstream entsprechen zu müssen. So ge­sehen ist es gerade eine ziemlich gute Zeit, Komponist zu sein, in dem Sinne, dass es nicht mehr länger diese strikten Schu­ len gibt wie damals etwa in Darmstadt, deren Vorgaben man entsprechen musste, um Erfolg zu haben. Heute gibt es vielfältigere Möglichkeiten, mit Musik Menschen anzusprechen. Wenn ich als Komponist etwas finde, was mich beschäftigt, was mich bewegt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es anderen damit genauso geht. ›


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Komponisten erleben es ja nicht allzu häufig, ihre Werke in verschiedenen Sälen hören zu können: Von den meisten Uraufführungen gibt es keine Folge­ aufführungen, und so haben diese Stücke keine Chance, im Kanon verankert zu werden. Das ist ein großes Problem! Aber ich sträube mich auch gegen den Begriff Kanon. Wir betrachten das immer als etwas Abgeschlossenes, aber das stimmt nicht: Der klassische Kanon verändert sich stetig! Auch den Begriff des Meisterwerks finde ich irritierend: Was vor 150 Jahren als Meisterwerk galt und viel gespielt wurde, kann heute längst von den Spielplänen verschwunden sein, die Sinfonien von Raff oder Goldmark zum Beispiel. Was wir als Interpreten tun müssen, ist neue Musik zu spielen und ihr damit zumindest eine Chance zu geben, Einzug ins Repertoire zu halten. Denn nur durch diese Bereicherung kann die Musik lebendig bleiben. Wenn wir beim klassi­ schen Kanon aber auf einem unflexiblen, festgezurrten Konstrukt bestehen, wird die Distanz zwischen der histo­ rischen Relevanz dieser Werke und uns irgendwann un­ überbrückbar.

Hilfreich könnte dabei sein, dass viele Ihrer Werke klangsinnlich sind. Ist Ihnen das wichtig? Absolut – und Körperlichkeit ebenso. Ich liebe die Re­so­ nanz eines großen Orchesters und die gewaltige Intensität, die diese erzeugen kann. Das hatten wir in der Zeit der strengen Avantgarde fast verloren, bis in die Sechzigerund Siebzigerjahre hinein. Das war ein wirkliches Dilem­ ma für mich, weil ich als junger Dirigent sehr gerne Strauss, Bruckner und Strawinsky dirigiert habe, während mir in meiner eigenen Musik dieser große Klang quasi »verboten« war. Beim »Multiversum« in der Elbphilharmonie wird Ihr »Wing on Wing« zu hören sein, das Sie für die Disney Concert Hall in Los Angeles komponiert haben, die wiederum mit Yasuhisa Toyota denselben Akustiker hat wie die Elbphilharmonie. Wie stark ist der Einfluss der Akustik eines Saals auf Ihre Arbeit als Dirigent? Als Künstler sind wir abhängig von der Akustik eines Saals. Im besten Fall wird der Saal zu unserem Freund oder sogar zu einem weiteren Instrument. Im schlechtes­ ten Fall müssen wir gegen den Saal anspielen, das gibt es auch. Der Klang der Disney Hall wurde für mich dabei so etwas wie ein Maßstab, weil ich dort so viel Zeit verbracht habe. Wenn ich am Schreibtisch sitze und mir einen Orchesterklang in meinem Kopf vorstelle, dann ist es der Klang der Disney Hall. Als ich das erste Mal in die Elbphilharmonie kam, fühlte ich mich gleich zu Hause, weil sie in vielen Elementen der Disney Hall sehr ähnelt.

Ist es für Sie ein Vorteil, dass Sie als Dirigent der Advokat Ihrer eigenen Werke sein können? Das stimmt natürlich. Aber ich versuche stets, vorsichtig zu sein und meine Position dabei nicht auszunutzen. Ich dirigiere zum Beispiel deutlich mehr Musik anderer lebender Komponisten als meine eigene. Da halte ich mich eher zurück und überlasse sie meinen dirigierenden Kollegen, so wie hier in Hamburg Alan Gilbert und Dima Slobodeniouk.

MULTIVERSUM ESA-PEKKA SALONEN

WING ON WING Di, 11.1. und Mi, 12.1.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal NDR Elbphilharmonie Orchester Alan Gilbert Kirill Gerstein (Klavier) Esa-Pekka Salonen: Wing on Wing sowie Werke von Adams und Adès GEMINI Do, 20.1. und Fr, 21.1.2022 | 20 Uhr So, 23.1.2022 | 11 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal NDR Elbphilharmonie Orchester Esa-Pekka Salonen Esa-Pekka Salonen: Gemini sowie Werke von Rameau und Berlioz

KARAWANE Do, 27.1. und Fr, 28.1.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal NDR Elbphilharmonie Orchester Esa-Pekka Salonen Esa-Pekka Salonen: Karawane sowie Musik von Ravel CELLOKONZERT Di, 22.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Junge Deutsche Philharmonie Dima Slobodeniouk Nicolas Altstaedt (Violoncello) Esa-Pekka Salonen: Konzert für Violoncello und Orchester sowie Werke von Wagner und Schönberg Und weitere Konzerte in der Saison 2022/23


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WHAT MOVES YOU, MAKES YOU Cillian Murphy with his StarWalker UltraBlack. Turning words into worlds.


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U mg e h ö r t

BEZIEHUNGS Der Honeymoon ist nach fünf Jahren vorbei, dafür kennt man sich immer besser, schätzt sich immer mehr. Wir haben ein paar Künstler gefragt, wie ihre Beziehung mit der Elb­phil­ harmonie gewachsen ist. VON LAURA ETSPÜLER UND JULIKA VON WERDER

IVETA APKALNA: GUT GEGEN GRIPPE

Ausgerechnet am Morgen ihres ersten Konzerts in der Elbphilharmonie wachte Iveta Apkalna mit Fieber auf, doch als sie Stunden später unter tosendem Beifall die Orgel im Großen Saal einweihte, dröhnten nur noch die 4.765 Pfeifen, ihr Kopf nicht mehr – »vor lauter Glückshormonen«, erzählt die lettische Titularorganistin lachend. Ihr Instrument: 15 × 15 Meter groß, 25 Tonnen schwer – es war Liebe auf den ersten Blick. Und auch auf den zweiten, nach zahlreichen Konzerten, durch­ probten Nächten im leeren Saal und Orgelpräsentationen: »Alles, was mich am Anfang so unmittelbar beeindruckt hat, fasziniert mich noch immer. Diese Orgel macht alles mit«, schwärmt sie. Und der Saal? »Man hört hier sehr genau. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, alle Schichten der Musik erlebbar zu machen.« Trotz der Größe findet sie es hier gemütlich: »Ich spüre eine angeneh­ me Nähe zum Publikum und habe das Gefühl, jeden Menschen direkt ansprechen zu können.«

JUDITHA HAEBERLIN: ELPHI AHOI!

»Auf den Balkonen der Elphi fühlt es sich an wie auf einem emissions­ freien Kreuzfahrtschiff«: Vor ihren Auftritten lässt sich Juditha Haeberlin dort gerne einmal die Hafenbrise um die Nase wehen. Die Hamburgerin gehört fest an Bord der Elbphilharmo­ nie: Als Konzertmeisterin und Grün­ dungsmitglied des Ensemble Resonanz prägt sie von Beginn an den Charak­ ter des Hauses; die so traditionsreiche wie innovative Konzertreihe des Ensembles, »resonanzen«, feiert in der laufenden Saison ihr 20. Jubiläum. Wenn Haeberlin und ihre Kollegen an ihre Anfänge zurückdenken, klingt es fast wie im Märchen, dass sie sich nun im Kleinen Saal austoben dürfen. Das erste Konzert in der Elbphil­ harmonie vor fünf Jahren war für sie etwas Magisches. Umso schöner, dass die­ses Gefühl anhält: »Wir sind echte Freunde geworden.« Und das beruht definitiv auf Gegenseitigkeit.

KENT NAGANO: GESELLSCHAFTLICHER TREFFPUNKT

»Ich höre oft, Kultur sei angeblich nur etwas für eine exklusive Minderheit«, sagt Kent Nagano. Doch nicht mit ihm und nicht in Hamburg: »Die Stadt hat mit der Elbphilharmonie nicht nur einen kulturellen Impuls, sondern auch einen wichtigen gesellschaftlichen Treffpunkt bekommen.« Seit der Eröffnung ist der Kalifornier immer mittendrin. Jedes Mal, wenn sich die Bühnentür für ihn öffnet und er unter Applaus das Pult seines Philharmonischen Staats­ orchesters betritt, lässt er seinen ruhigen Blick einmal durch den Saal schweifen. Dass das Publikum rund um die Bühne sitzt, sieht er als Chance, die er auch mit außergewöhnlichen Orchesteraufstellungen zu nutzen weiß. Als ein perfektionistischer Klangästhet ist er fasziniert von der sensiblen Akustik im Saal: »Nirgendwo sonst kann ein Musiker so differenziert mit dem Publikum kommunizieren. Mit jedem Konzert wächst meine Liebe zu diesem Raum.«


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ANNA PROHASKA: HIGH IN HAMBURG

»Sie ahnen nicht, in was für winzigen, fensterlosen Löchern man sich manchmal ein­ singen muss«, erzählt die Sopranistin Anna Prohaska. Sie kennt die renommiertesten Opern- und Konzerthäuser rund um den Globus, sie muss es wissen: »Ich liebe die Garderoben der Elbphilharmonie mit der schlichten, exklusiven Einrichtung und diesem unfassbaren Ausblick. Dieses Gefühl von Weite nimmt mir fast die ganze Aufregung. Nach meinem letzten Auftritt im September hatte ich ein richtiges High und bin geradezu zurückgeschwebt nach Berlin.« Jetzt noch die Gretchenfrage unter Sängern in der Elbphilharmonie: Wie halten Sie’s mit der Akustik, Frau Prohaska? »Ich war über­ rascht, wie gut Kammermusik im Großen Saal akustisch wie atmosphärisch funktioniert. Hier kann man eine Stecknadel fallen hören. Sänger sollten sich trauen, sich nach verschiedenen Richtungen umzudrehen, um einen Großteil des Publikums zu erreichen. Wir arbeiten mit Text, und da hat die Singrichtung eben einen hohen Stellenwert.«

ANNE-SOPHIE MUTTER: MIT DEN AUGEN HÖREN

GEORGE BENJAMIN: (NICHT) NUR GETRÄUMT

»Meine Liebe zur Elbphilharmonie ist grenzenlos«, bekennt Anne-­ Sophie Mutter. Was für eine Liebes­ erklärung, noch dazu von dieser großen Geigerin, die mit ihren mehr als 50 Jahren Bühnenerfahrung zehn­ mal länger im Geschäft ist als das Hamburger Konzerthaus. Seit der Eröffnung hat sie oft im Großen Saal gespielt, sei es mit üppigem Orchester oder nur mit intimer Kontrabass-Begleitung. Jedes Mal habe sich der Saal von seiner besten Seite gezeigt, bekundet sie, nämlich »lebhaft, präzise konturierend«. Neben der Akustik schätzt Mutter auch die vielen Ausblicke und das Tageslicht im Haus, den Geruch nach frischem Holz und die plastische »Weiße Haut« der Wände – »wir hören alle auch mit den Augen«. Die Elbphilharmonie, das steht für die Wahl-Münchnerin fest, ist die Stradivari unter den Konzerthäusern.

Wenn George Benjamin komponiert, träumt er von der Akustik der Elbphilhar­ monie. »Die Mischung aus leuchtenden Klangfarben und extremer Transparenz ist ideal für moderne Musik«, bekundet der britische Komponist und Dirigent, der für seine ungeheuer plastisch gemeißelte Musik verehrt wird. Den Großteil des Jah­res verbringt Benjamin zu Hause in London und grübelt an neuen Werken. Von Zeit zu Zeit aber gönnt er sich kleine Auszeiten und stürzt sich ins Konzert­ leben. In Hamburg stand der Brite zuletzt so oft wie nirgends sonst am Pult, zehn Mal in fünf Jahren Elbphilharmonie – trotz Brexit, trotz Corona, trotz der strikten Pausenzeiten, die er sich fürs Komponieren freihält. »Ich habe die Elbphilharmonie liebgewonnen: ihr spektakuläres Aussehen und die Umgebung, ihren Klang und ihr unvergleichliches Publikum. Man fühlt sich den Zuschauern unglaublich nahe, in alle Richtungen. Das kann schon be­ ängstigend sein. Es verleiht dem Ort aber auch eine besondere Dramatik.«

YARON HERMAN: IM RAUMSCHIFF

»Keine Angst zu haben, Risiken einzugehen – das ist die Essenz des Jazz«, erklärt der Pianist Yaron Herman. Seine Musik entsteht völlig spontan – aus einer Stimmung, einer einzigen Note, einer Regung im Publikum. Sie sucht den Kitzel im Ungewissen. Wer sich so öffnet, braucht einen Ort, der ihn umarmt wie ein warmes Wohnzimmer. Wie schneidet da der Große Saal mit seiner steinernen »Weißen Haut« ab? »Bei meinem ersten Auftritt hatte ich noch das Gefühl, ein Raumschiff zu betreten«, erinnert sich Herman. »Letztes Mal war es genau das Gegenteil, so hei­ melig und intim. Als wäre der Saal wärmer und lebendiger geworden. Vielleicht hat er ja seine eigene Persönlichkeit und reift mit der Zeit wie ein guter Wein. Oder nur ich. Oder wir beide.«

STATUS


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s t ud i o d r i f t

CECI N’EST PAS UN BLOC DE BÉTON Abdriften in die Welt der Wunder: Zum Jubiläum der Elbphilharmonie gestaltet Studio Drift eine Open-Air-Installation. ­V ON MARC PESCHKE

Schwebende Illusion: »Drifter« im Stedelijk Museum Amsterdam (2018)


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Löwenzahn und LED: »Fragile Future« im Ca’ d’Oro Venedig (2019)

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ine Lichtinstallation aus hunderten von Puste­ blumen, die, sanft von innen heraus leuchtend, in einem Bronze-Gitter zu schweben scheinen: Mit »Fragile Future« haben Lonneke Gordijn und Ralph Nauta ein Design-Meisterstück aus Schaltkreisen und Löwenzahnsamen, Phosphorbronze, LED-Lampen und Plexiglas geschaffen, das typisch ist für das Selbstver­ ständnis ihres Studio Drift: Die ganze Natur steckt voll ausgeklügelter Technik. Jeder Löwenzahn ist ein winziges Kunstwerk. Dass es eine Heidenarbeit ist, Löwenzahn­ blüten an kleinen LED-Glühbirnen zu befestigen, sieht man dem Werk nicht an – es strahlt endlose Leichtigkeit aus. Doch die Arbeiten von Drift baden nicht in der eige­ nen Schönheit. Sie denken über die Zukunft nach, über Natur und Technik – und stellen die Frage, ob technolo­ gischer Fortschritt das Gleichgewicht der Natur gefährdet. Als »kritische und zugleich utopische Vision über die Zukunft unseres Planeten« haben die beiden Designer ihre »Fragile Future«-Serie beschrieben. Zum Jubiläum der Elbphilharmonie gestalten sie nun eine performative Installation für den Außenbereich des Hauses. Parallel dazu präsentiert das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg Drift in einer großen Einzel­ ausstellung. NATUR, TECHNIK, MENSCH

Im Amsterdamer Stedelijk Museum war das Gesamtwerk von Drift 2018 zum ersten Mal in einer großen Einzel­ ausstellung zu sehen. Unter dem Titel »Coded Nature« wurde hier der Kern dieses 2007 in Amsterdam gegrün­ deten Studios offenbar: Die Objekte und Installationen des Duos sind nicht nur von berauschender Schönheit,

sondern situieren sich schwebend, frei und irrlichternd im Zentrum zwischen den Begriffen Natur, Technik und Mensch. Im Grunde funktionieren alle Arbeiten ähnlich: Es ist die Simulation von Vorgängen aus der Natur, die Drift zur schillernden Kunst machen. Damit reihen sie sich ein in eine lange Tradition, die Kunst und Natur nicht erst seit den Blüten des Jugendstils als zusammengehörig sieht. 2004 war im Hamburger Museum für Kunst und Gewer­ be die Ausstellung »Natur ganz Kunst« zu sehen, in deren Katalog damals zu lesen stand, wie uns die Natur ein Leben lang gefangen hält: »Wohl jeder kennt aus seiner Jugend den Umgang mit Kastanien, Bucheckern, Tannen­ zapfen, am Strand gesammelten Muscheln oder bunten Steinen. Es scheint, als begleite uns die Nostalgie nach diesen einfachen Dingen ein Leben lang.« Eben das ist das Prinzip von Drift, wie auch an der Lichtinstallation »Shylight« deutlich wird: eine Art Ballett schüchterner leuchtender Blüten, die sich steuerbar öffnen und wieder schließen, die sich via Lichttechnologie ständig entblättern und wieder zurückziehen. Auch hier ist die Natur mit ihrer hochentwickelten Technik der Nyktinastie Vorbild für ein Werk aus vielen Lagen dünner Seide, dessen Eingängigkeit nicht dazu führen sollte, es in seiner Tiefe zu unterschätzen. ›


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s t ud i o d r i f t

300 Drohnen: »Franchise Freedom« beim Burning Man Festival in Nevada (2018) 16 Kilometer Schnur: »Ego« bei einer »L’Orfeo«-Inszenierung der Niederländischen Reiseoper (2020)

Eine andere faszinierende Arbeit ist »Ego«, eine Opern­ installation, die 2020 für eine Inszenierung der Nieder­ ländischen Reiseoper von Claudio Monteverdis »L’Orfeo« (siehe S. 66) entwickelt wurde: Aus 16 Kilometern feiner Fluorcarbon-Schnur entstand eine silbrige Wolke, die über dem Ensemble schwebt, sich in ihrer Form stetig ver­ ändert und so Teil der Handlung wird – eine flexible Struktur, eine wandelbare Installation, die über Motoren mittels Software gesteuert wird. Doch die ganze Technik sieht und hört man nicht: Man betrachtet das räumliche Netz, das sich mal fein und leicht, mal schwer und massiv präsentiert – glänzender, glitzernder, silbriger Illusionis­ mus. DIALOG DER GEGENWELTEN

Die Philosophie hinter den Werken von Drift ist stets der »Dialog der Gegenwelten«. Das Künstler-Duo findet eine originäre Sprache, indem es Natur und Technik, Ratio und Intuition, Wissenschaft und Poesie kreuzt.

So wie noch der Geist der Romantik aus diesen Werken zu strömen scheint, eine romantische Natur­vorstellung, ein jugendstilhafter Sinn für das Dekorative, eine reine Sehnsucht nach dem Schönen, Unvergänglichen, so steckt doch auch immer jede Menge Science-Fiction in diesen Werken, die Lust an der Technik, ein großes Ja zur Zu­ kunft. Eines der größten Projekte bisher war »Franchise Freedom«, das erstmals 2017 am Strand von Miami Beach realisiert wurde: ein Schwarm von 300 leuchtenden Drohnen, eine Flugskulptur, die den natürlichen Flug eines Vogelschwarms nachahmt: die Imitation des Lebens, schon 2001 besungen von der Band R.E.M., gesteuert von dezentralisierten Algorithmen, die sich ein Beispiel an den Flugbewegungen der Stare nehmen. Was ist wichtiger? Die Freiheit des Einzelnen oder die Sicherheit in der Gruppe? Auch das fragt Drift in diesem Werk, das im vergangenen Jahr in einer großen Schau im Mint Museum in Charlotte, North Carolina, zu sehen war.


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»Immersed in Light: Studio Drift at the Mint« war die erste Museumspräsentation für Drift außerhalb Euro­pas und zeigte die großen Installationen des Duos, das heute 40 Mitarbeiter beschäftigt, mit univer­sitären Forschungs­ einrichtungen zusammenarbeitet und sich gleicher­ maßen als Künstlerkollektiv wie als technisches Startup versteht. Annie Carlano, die leitende Kuratorin für Design und Mode am Mint Museum, resümiert das Werk der Niederländer: »Ihre Erkundungen von natürlichen und über­natürlichen Phänomenen nehmen uns mit auf eine emotio­nale Reise von ›Wow‹ bis ›Wunder‹.« Dieses Staunen über die Welt hat auch Lonneke Gordijn selbst immer wieder als Motor ihrer Arbeit identifiziert: »Die Leute finden die Zeit, sich Kunst in einer Galerie anzusehen, aber die Welt selbst ist eine große Ausstellung. Sie müssen nur hinsehen. Bei Studio Drift möchten wir die Wunder darstellen, die uns in unserer Natur umgeben.« Und weiter: »Unser Ziel ist es, einen Dialog zwischen Natur und Technik zu schaffen, eine perfekte Kombination aus Wissen und Intuition, ScienceFiction und Natur, Fantasie und Interaktivität. Wir hoffen, die Menschen zu ermutigen, Dinge zu bemerken, die sie nicht mehr bemerken … Wenn die Leute auch ohne künstlerischen Hintergrund verstehen können, was wir ausdrücken wollen, dann sind wir erfolgreich.«

»Sie müssen nur hinsehen«: Lonneke Gordijn und Ralph Nauta

»Unser Ziel ist es, einen Dialog zwischen Natur und Technik zu schaffen.«

REALITÄT UND SIMULATION

Eine der überraschendsten Arbeiten des Duos war jüngst im New Yorker The Shed zu sehen: der große »Drifter«, ein riesiger schwebender und sich dabei langsam drehen­ der Betonblock. Wie geht das? Ist es Zauberei? Wie kann etwas so Schweres so leicht wirken? Auch dieses Werk berührt grundlegende Fragen: Mit dem Voranschreiten der technischen Möglichkeiten der Digitalisierung ist das illusorische Erlebnispotenzial immer umfassender gewor­ den. Die Rolle, welche die Kunst hierbei spielt, wird in der Kunstszene derzeit vehement diskutiert: Bildet sie die neuen technischen Möglichkeiten nur ab, lässt sie uns in virtuelle Welten abgleiten – oder formuliert sie Kritik und zeigt Alternativen auf? Die Arbeit von Drift hat utopisches Potenzial. Sie rührt an zentralen Fragen der Conditio humana: Wie findet man sich in einer simulierten Welt zurecht? Wie unterscheidet man Realität und Simulation? Befindet sich die Natur in einem Wettstreit mit digitalen Systemen? All diese Fragen kann man sich beim Staunen über den »Drifter« stellen. Drift lässt uns abdriften in die Welt der Wunder. Wie der »Drifter« funktioniert, wissen wir nicht. Womöglich ist er federleicht. Natürlich gibt es eine technische Erklärung, doch wir müssen sie nicht kennen. In Helsinki, im Amos Rex Art Museum, wurde das Werk von Drift vor Kurzem gemeinsam mit dem des belgischen Surrealisten René Magritte (1898–1967) gezeigt. Und das nicht ohne Grund: Auch Drift erschafft Träume, evoziert Ungläubigkeit. Ein Betonklotz, der schwebt, das gibt’s doch gar nicht. Oder doch? Frei nach Magritte: Ceci n’est pas un bloc de béton.

STUDIO DRIFT Di, 11.1.2022 | Elbphilharmonie Immersives Kunstwerk für den Außenraum Die Installation wird gefördert vom Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e. V. AUSSTELLUNG Fr, 7.1. bis So, 8.5.2022 Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg »Moments of Connection«


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M u s i kl e x i ko n

Es gibt nichts, wozu die Musik nichts zu sagen hätte. Diesmal …

­STICHWORT: »JUBEL« VON CLEMENS MATUSCHEK ILLUSTRATIONEN LARS HAMMER

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL: HALLELUJA

Ist das nun Segen oder Fluch? 42 Opern und 32 Oratorien schrieb Georg Friedrich Händel und dominierte das Londoner Musikleben gut 40 Jahre lang so gründlich, dass ihm schon zu Lebzeiten Statuen errichtet wurden. Doch am Ende erinnern sich alle nur an diese vier Minuten aus seinem »Messiah«, in denen der Chor »Halleluja« schmettert. Das One-HitWonder kaschiert auch Händels eigentlichen dramaturgi­ schen Clou: ein Oratorium über Jesus Christus zu schrei­ ben, ohne ihn selbst auf der Bühne erscheinen zu lassen (was damals in England streng verboten gewesen wäre). Kleiner Nebeneffekt: Der alttestamentliche hebräische Jubelruf – wörtlich übersetzt »Lobet den Herrn« – ist heute aus dem alltäglichen Sprachgebrauch nicht mehr wegzu­ denken und hat dank Leonard Cohen auch Eingang in die Popkultur gefunden. Altgriechisches »Heureka«, barockes »Frohlocket« und preußisches »Hipp Hipp Hurra« hin­ gegen verstauben im Kuriositätenkabinett der Jubelruf­ geschichte.

ROLF LIEBERMANN: FURIOSO

BLUR: SONG 2

Immer, wenn es für Spieler und Fans des FC St. Pauli im heimischen Stadion am Millerntor ein Tor zu bejubeln gibt, dröhnt dieser Song von Blur aus den Boxen. Er ist die perfekte Hymne für alle, die ein Maximum an Siegesund Biertrunkenheit mit einem Minimum an Textsicher­ heit verbinden müssen, denn ihr Refrain besteht lediglich aus einem einzigen Wort – oder besser Laut: »Woo-hoo!« Kraftvoller, kompakter, unmittelbarer lässt sich Jubel nicht artikulieren. Dabei gerät leicht ins Hintertreffen, dass der krachige Grunge-Sound nur einen stilistischen Zwischen­ schritt der äußerst wandelbaren Band darstellt. Beginnend beim Britpop der Neunziger, arbeitete sie sich über die mainstreamigeren US-Charts in experimentelle IndierockGefilde vor. Frontmann Damon Albarn (siehe S. 52) hat sogar schon mehrere Opern geschrieben und wurde vom »Daily Telegraph« als einer der 20 bedeutendsten briti­ schen Kulturschaffenden bezeichnet. Woo-hoo!

Als Leiter der NDR-Musikabteilung und Intendant der Hamburgischen Staatsoper prägte Rolf Liebermann (1910–1999) über Jahrzehnte das Musikleben der Stadt. Allein in den 17 Jahren seiner Opern-Amtszeit brachte er mehr als 25 große Uraufführungen von Komponisten wie Kagel, Henze und Penderecki heraus und machte die Hansestadt zu einem weltweit bedeutenden Standort der zeitgenössi­ schen Musik. Daneben sorgte er auch selbst als Komponist für Furore – im wahrsten Sinne des Wortes. »Furioso« heißt sein erstes Orchesterwerk aus dem Jahr 1947, das auch auf dem Programm des ElbphilharmonieEröffnungskonzerts stand und mit seinen jubilie­ rend-virtuosen Streicher­ kaskaden zum heimlichen Höhepunkt des Abends avancierte.


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EDWIN HAWKINS: OH HAPPY DAY

Eigentlich ging es nur darum, etwas Geld für eine Chor­ fahrt aufzutreiben, als der 24-jährige Jugendchorleiter Edwin Hawkins seine knapp 50 Sänger 1967 ins Aufnah­ mestudio bat. Die Erlöse der Platte sollten die Reise aus dem kalifornischen Oakland zu einem Chorwettbewerb in Washington DC finanzieren. Doch wie es der Zufall wollte, fiel das Album einem Radio-DJ in die Hände, der sich den Gospelsong »Oh Happy Day« heraussuchte – der Start eines Welt-Hits. Die Wurzeln des Liedes reichen bis ins Jahr 1704 zurück, allerdings änderten sich Melodie und sogar Taktmaß mehrfach, bis Hawkins sein Arrange­ ment für die Ewigkeit schrieb. In der Folge schmetterten es unter anderem Joan Baez, Aretha Franklin und Nana Mouskouri ins Mikro – und natürlich Whoopi Goldberg in »Sister Act 2«.

LUDWIG VAN BEETHOVEN: HA, WELCH EIN AUGENBLICK!

Schon blöd, wenn man sich als Gefängnisdirektor dabei erwischen lässt, dass man Unschuldige zu Unrecht eingekerkert hält. Doch Don Pizarro, der Bösewicht in Beethovens »Fidelio«, hat schon einen Ausweg gefunden: den menschlichen Beweis seiner Willkür, den Gefangenen Florestan nämlich, kurzerhand zu beseitigen. Und so zückt er den Dolch und singt eine der schönsten fiesen Triumpharien der Musikgeschichte: »Ha, welch ein Augenblick! Oh Wonne, großes Glück! Schon war ich nah, im Staube, dem lauten Spott zum Raube dahingestreckt zu sein. Nun ist es mir geworden, den Mörder selbst zu morden; in seiner letzten Stunde, den Stahl in seiner Wunde, ihm noch ins Ohr zu schrei’n: Triumph! Der Sieg ist mein!« Nicht gerechnet hat er allerdings mit der Tapferkeit von Flores­ tans Ehefrau, die ihm in den Arm fällt und dafür sorgt, dass in Beetho­ vens einziger Oper am Ende die Richtigen jubeln.

DMITRI SCHOSTAKOWITSCH: SINFONIE NR. 5

1936 brach für Dmitri Schostakowitsch die Welt zusam­ men. Josef Stalin hörte eine seiner Opern, verließ entrüstet die Vorstellung und ließ Schostakowitschs Stil öffentlich als »Chaos statt Musik« denunzieren. Monatelang schlief der Komponist voll bekleidet, weil er jede Sekunde damit rechnete, verhaftet und in den Gulag deportiert zu werden, wie es schon seiner Schwester ergangen war. Unter diesem Druck schrieb er im Folgejahr seine 5. Sin­fonie, offiziell als Abbitte und Bekenntnis zu den Regeln des erwünschten sozialistischen Realismus. Ihr scheinbar triumphales Finale lässt sich allerdings auch anders verstehen, wie es seine (in ihrer Echtheit allerdings um­strittenen) Memoiren nahelegen: »Was in der Fünften vorgeht, sollte meiner Meinung nach jedem klar sein. Der Jubel ist unter Drohungen erzwungen. Als schlage man uns mit einem Knüppel und verlange dazu: Jubeln sollt ihr, jubeln! Man muss schon ein kompletter Trottel sein, um das nicht zu hören.« CAMILLE YARBROUGH: TAKE YO’ PRAISE

»Allen Menschen, die sich für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung eingesetzt haben, für Wahrheit und Gerechtigkeit« widmete Camille Yarbrough 1975 ihren groovigen Soul-Funk-Song. Ein Lobpreis, den sich die heute 83-Jährige gleich selbst ans Revers heften könnte, trat sie doch zeitlebens als Aktivistin, Autorin, Schauspie­ lerin und Sängerin in ebendieser Mission auf. Weltweite Bekanntheit erlangte ihre Stimme allerdings erst 1998, als sie der britische DJ und Hit-Produzent Fatboy Slim als Sample für seinen Track »Praise You« nutzte. Ein besonde­ res Schmankerl ist übrigens das dazugehörige, mit ver­ steckter Kamera gefilmte Musikvideo, das eine vermeint­ liche blutige Amateur-Selbsthilfe-Tanztruppe beim Guerilla-Auftritt vor einem Kino zeigt. Ihre gekonnt unbe­ holfene Perfor­ mance kann auch der generv­ te Sicherheits­ mann nur kurz unterbrechen.

­M DIE PLAYLIST ZUM LEXIKON FINDEN SIE IN DER MEDIATHEK UNTER WWW.ELBPHILHARMONIE.DE / MEDIATHEK


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Y U J A WAN G

ES JUCKT SIE NICHT


Y U J A WAN G

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Yuja Wang war von klein auf mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Eine fantastische Pianistin ist sie trotzdem geworden. VON RENSKE STEEN

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öchte man von Yuja Wang erzählen, muss man auch über Schubladen sprechen. Nicht über die Schubladen in Schränken oder Kommoden, sondern über jene in den Köpfen der Men­ schen. Davon gibt es definitiv mehr als genug auf dieser Welt – und ganz besonders in Yuja Wangs Leben. Ver­ mutlich keine andere Künstlerin im Klassikgeschäft wurde und wird so häufig, so vorschnell und oft auch so wider­ sprüchlich in diverse Schubladen gesteckt wie die chinesi­ sche Pianistin. Natürlich, die Gesellschaft funktioniert so, ein gewisses Maß an Schubladendenken ist wesentlich fürs soziale Miteinander, ohne Abgrenzung geht es nicht. Aber die entschiedene Heftigkeit, mit der, nur beispielsweise, von manchen über die Kürze von Yuja Wangs Kleidern lamentiert wird, und die Vorurteile, die als Konsequenz daraus gezogen werden, sind schon verblüffend dumm. »Viel Haut = wenig Tiefe«: Schublade auf, Yuja Wang rein, fertig. Die gute Seite: Yuja Wang juckt es nicht – sie steht über solchen Vorurteilen. Die schlechte Seite: Yuja Wang juckt es nicht – sie äußert sich auch nicht zu schlicht übergriffigen Kommentaren, die ihr Äußeres betreffen. Wobei es im Sinne der aktuellen Feminismus-Debatten manchmal durchaus wünschenswert wäre, sie würde all jenen Kritikern Kontra geben. Aber in die FeminismusSchublade gehört die Künstlerin nun mal auch nicht. Die erste Schublade, die in Wangs Leben eine Rolle spielte, war die mit dem Etikett »Wunderkind«. Als sie 1994 im Alter von sieben Jahren zum ersten Mal am Musikkonservatorium ihrer Heimatstadt Peking auftauch­ te, wurde sie von ihren Jung-Kommilitonen argwöhnisch beäugt. »Alle anderen Kinder sahen mich an, als wäre ich eine andere Spezies in einem Zoo«, erinnerte sie sich in einem Interview mit dem »New Yorker«. »Ich war als Wunderkind ziemlich berühmt, aber wenn ich gut gespielt habe, war die Reaktion immer: ›Wer weiß schon, was die Zukunft bringt.‹ Es gab nur Zweifel, nie Ermutigung.« Ihre Eltern – auf die Wang nichts kommen lässt, die sie inzwischen aber nur noch selten sieht – waren in dieser

Hinsicht keine große Stütze. Sie lebten und leben in einem von kommunistischen Idealen geprägten System, das sie komplett absorbiert. Früher versuchten sie, in dieser Umgebung künstlerisch tätig zu sein: Wangs Mutter war Tänzerin, ihr Vater Jazz-Schlagzeuger. »Sie sind sehr naive Menschen. Extrem konservativ und traditionell, sehr kommunistisch«, sagt Yuja Wang. »Dostojewski und Tolstoi beschreiben in ihren Büchern genau solche Personen. Einfache, freundliche Menschen. Beide waren sehr talentiert, sehr künstlerisch – oder eher autistisch? Ihre Umgebung ließ sie jedenfalls nicht die Menschen sein, die sie hätten sein können.« All das ist nichts Ungewöhnliches in der Volksrepu­ blik China, aber eben auch nicht für jeden ein passendes Modell. Man lebt und arbeitet für die Gemeinschaft und nicht für sich selbst – alles andere wäre Egoismus. »So fühle ich nicht, das bin ich nicht«, sagt Wang. »Es ist ein Glück, dass ich mich diesem System früh entziehen konnte.«

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atsächlich nutzte Wang die erste sich bietende Ge­ legenheit, China zu verlassen. Im Alter von 12 Jahren besuchte sie eine Summer School in Kanada, um Eng­ lisch zu lernen; zwei weitere Sommer dieser Art folgten. 2001 begann sie ein Studium am Mount Royal College in Calgary, ein Jahr später gewann sie das Vorspiel am berühmten Curtis Institute in Philadelphia. Da war sie 15, lebte alleine in den USA – und wurde in die nächste Schublade gepackt. »Über mich heißt es oft: Das ist Lang Lang in einem Kleid«, erzählt sie über den Vergleich mit ihrem fünf Jahre älteren, damals bereits berühmten Pianistenkollegen. »Wir kommen ja beide aus China und hatten dieselben Lehrer, in Peking wie auch am Curtis Institute. Aber wir sind ganz unterschiedlich.« Das interessierte die meisten offenbar nicht, lieber bedienten sie sich der Schublade mit dem Etikett »chine­ sisches Fließband-Technik-Wunder«: Schublade auf (in der Lang Lang schon steckte), Yuja Wang rein, fertig. Da beweist eine grade mal 15 Jahre junge Frau Mut, Selbst­ ständigkeit, Neugier, zieht ganz alleine aus China in ›


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Y U J A WAN G

»Da beweist eine junge Frau Mut, Selbstständigkeit, Neugier, zieht ganz alleine aus China in die USA und hätte doch alleine dafür alle Hochachtung verdient.«

die USA und hätte doch alleine dafür Anerkennung, wenn nicht Hochachtung verdient. Stattdessen: das böse Asiaten-Klischee. Dabei hatte Wang daheim in China ganz andere Erfahrungen gemacht. Die längste Zeit ihrer Ausbildung genoss sie bei ein und derselben Klavierlehrerin, Ling Yuan. Die Beziehung zwischen beiden war sehr eng, der Unterricht umfasste nicht nur Klavierstunden, sondern auch Museums-, Theaterbesuche und gemeinsames Essen. Yuja und ihre Lehrerin verbrachten ganze Tage miteinander. Das kann man als zu eng empfinden, für Wang aber war es ein kontrollierter, sicherer Raum mit Entfaltungsmöglichkeit. Wenn sie den Anweisungen ihrer Lehrerin folgte, war alles gut, war sie gut. Und die junge Pianistin verstand es, innerhalb dieser strengen Regeln eigene Wege zu gehen. Orientierungspunkt in dieser Lehrumgebung war die russische Kultur, die russische Klaviertradition, die Ling Yuan bewunderte. Die Lehrerin verehrte Jewgenij Kissin, Vladimir Horowitz und Sergej Rachmaninow, aber auch Martha Argerich, Alfred Cortot. Das waren die europäischen Vorbilder, mit denen Wang als Pianistin heranwuchs – wohlgemerkt in einem leistungsorientierten Umfeld, in dem es vorrangig um Wettbewerbe und Preise ging. Womit Wang freilich kein Problem hatte und hat, wie sie heute sagt: »Mir hat das damals gefallen, auch wenn es wie in einer Zwangsjacke war. Es hat mir eine gute Grundlage gegeben, damit ich später frei sein konnte, und es gab immer eine Balance zwischen beidem.« Dieses Gleichgewicht kam durch den Umzug in die USA kurzzeitig in Schieflage. Der Klassikbetrieb funktio­ niert dort anders, er hat andere Bezugspunkte, legt andere Maßstäbe an. »Als ich nach Amerika kam, war ich scho­ ckiert, wie viel Aufmerksamkeit ich der Partitur widmen musste. Meine Lehrerin in China war sehr fantasievoll gewesen und hatte Wert auf die persönliche Interpretation und den Klang gelegt, statt Note für Note der Partitur zu folgen.« Wieder eine Schublade, diesmal auf der anderen Seite, in Yuja Wangs Kopf. Aber sie passte sich schnell an, beschäftigte sich zum ersten Mal mit Kammermusik, die in China kaum eine Rolle gespielt hatte, fand Lehrer wie Gary Graffman und Leon Fleisher, die ihre Anker in

dieser anfangs so unbekannten Welt wurden. Fleisher war einst Student von Arthur Schnabel, Gary Graffman hatte bei Vladimir Horowitz gelernt, und so rückten die Vorbil­ der von früher ein bisschen näher. Wang war beeindruckt und saugte alles auf wie ein Schwamm. Und während sie noch am Curtis Institute studierte, kamen bereits die ersten großen Engagements als Solistin mit berühmten Orchestern, dazu spektakuläre Last-Minute-Einspringer für Radu Lupu, Martha Argerich und Murray Perahia. Mit der Zeit wurden dann die viel Haut zeigenden Kleider, wie man sie eher von Eiskunstläuferinnen kennt, zu Yuja Wangs Markenzeichen, ebenso ihre sehr, sehr hohen Plateaupumps – und das beförderte Wang schluss­ endlich in die seichte Ecke, in die Schublade mit dem Etikett »viel Haut = wenig Tiefe«. Dass sie technisch immer herausragend spielt, stellt niemand in Abrede, ihre Virtuosität ist unbestritten. Doch schwingt immer noch bei zu vielen Klassikfreunden das böse Vorurteil mit, dass, wer zu viel Oberfläche zeige, wohl zu wenig Inhalt biete.

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nd schon befindet man sich gefährlich nah an jenen Vorverurteilungen, die darauf abzielen, Yuja Wang habe nicht das intellektuelle Format für die »großen Werke« der Klaviermusikgeschichte, sie könne eben nur sehr schnell sehr viele Noten spielen (was, nebenbei bemerkt, durchaus auch ein bemerkenswertes Talent wäre). Dabei trägt sie einfach nur die Kleidung, in der sie sich wohlfühlt, die sie schön findet. Sie ist körper­ lich klein und möchte durch die hohen Schuhe größer wirken. Fair enough – und wie cool, dass sie damit spielen kann! Natürlich mag es in vielen Bereichen sinnvolle Konventionen und Vorgaben zur Kleidung geben; doch ist eine Künstlerin keinesfalls dafür verantwortlich, dass sich ihr Publikum durch ein kurzes Kleid auf der Bühne von der Musik ablenken lässt. Yuja Wang hat nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch in vielen Interviews und eigenen Videoclips bewie­ sen, wie viel Tiefe und Klugheit hinter ihren vordergrün­ dig rein technischen Fähigkeiten stecken. Bedauerlicher­ weise werden diese Textstellen nicht so häufig gelesen, diese Videos nicht so oft geklickt. Die Künstlerin selbst hat anderes zu tun, als sich mit viel Kraft- und Zeit­ aufwand aus diesen Schubladen zu befreien. Zum Beispiel ein Aquarium anlegen, Bücher lesen, Blumen pflanzen. Genau das hat sie in den vergangenen Pandemie-Monaten in ihrem Zuhause in New York getan. Und dabei fast gar kein Klavier gespielt, ganz bewusst Pause gemacht, Platz für neue Gedankenräume und für neue Musik geschaffen. Schubladen leergeräumt. Man könnte sich ein Vorbild an ihr nehmen.


Y U J A WAN G

YUJA WANG Do, 9.12.2021 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Rotterdams Philharmonisch Orkest Lahav Shani Sergej Rachmaninow: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 So, 27.2.2022 | 11 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal NDR Elbphilharmonie Orchester Alan ­Gilbert Franz Liszt: Konzert für Klavier und ­Orchester Nr. 1 Fr, 11.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Tschechische Philharmonie Semyon Bychkov Igor Strawinsky: Konzert für Klavier und Bläser Do, 12.5.2022 | 20 Uhr Laeiszhalle Großer Saal Klavierabend (Programm wird später bekanntgegeben) Sa, 28.5.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Gewandhausorchester Leipzig Andris Nelsons Richard Strauss: Burleske für Klavier und Orchester

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Reflektor

DER STRUKTURFEUERWERKER


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Unvergleichlich, unvergesslich, unerträglich, unersättlich: die Konzerte des John Zorn. Vier Erlebnisse aus vier Jahrzehnten und ein Bonustrack. VON ULRICH STOCK

E

s fühlt sich merkwürdig an, etwas Größeres über einen zeitgenössischen Jazzmusiker zu schreiben, ohne ihn je gesprochen zu haben, weder persönlich noch telefonisch oder in der heute unvermeidli­ chen Videoschalte. Eigentlich sollte es einem umtriebigen Musikreporter über die Jahrzehnte hinweg doch gelingen, jemandem wie John Zorn jenseits der Bühne einmal zu begegnen und ihn nach seiner schillernden Kunst zu befragen. Aber mit der Bezeichnung »zeitgenössischer Jazz­ musiker« geht es schon los. Zorn lehnt sie ab, und in der Einsatzzentrale der Jazzpolizei leuchtet auch gleich eine Warnlampe auf. Ist dieser Mann nicht eher ein Jazz­zerreiber, -zerstäuber, -zermahler? Als der Saxofonist 1989, damals war er 36, auf dem Album »Spy vs. Spy« Stücke von Ornette Coleman durch einen Teilchen­ beschleuniger jagte, da schrien viele Kritiker und Jazz­ bewahrer auf. Gotteslästerung! Drei Jahrzehnte früher waren es die Vorgänger jener Kritiker und Jazzbewahrer gewesen, die dem jungen Saxofonisten Ornette Coleman Stümperhaftigkeit und Nervtöterei attestiert hatten. Jazz, in seiner gut hundertjährigen Geschichte stets dem Neuen verpflichtet, tut sich mit jenem Neuen oft schwer, weil es Vertrautes zu relativieren, überwinden, entwerten scheint. Dabei spiegeln die Veränderungen nur das Wesen einer Welt, die sich permanent wandelt und beschleunigt, und Jazz als Genre ist da seismografisch sensibler als etwa die klassische Musik. John Zorn, der aus der Ferne spröde, scheu, ja harsch erscheint, ist der Zurückweisung auf seine Art begegnet. »Perfume of a Critic’s Burning Flesh« nannte er eine Komposition, was sich mit »Duft eines Kritikers brennenden Fleisches« angemessen torturesk übersetzen ließe. Den Namen eines anderen Zorn-Stückes, »Jazz Snob: Eat Shit«, mag sich jeder selbst übersetzen. Interviews gibt er so gut wie nie. Wenn sehr ge­ legentlich doch, sind sie so überbordend, dass seine Portraitisten noch Jahre danach daraus zitieren. Eine sehr ökonomische Form der Pressearbeit, die ihm die Zeit lässt, sich mit Wesentlichem zu beschäftigen. Er arbeitet unermüdlich.

Die Bühne betritt er typischerweise in einer Tarnfleck­ hose, wie Soldaten sie tragen, die sich im Gelände unsicht­ bar machen wollen. Im Konzert stellt sich der gegen­ teilige Effekt ein, da die grün-braune Buschwerk-Mimikry zwischen Kabeln und Verstärkern alle Blicke auf sich zieht. Man kann das verschroben finden. Andererseits passt es, denn Ambivalenz ist eine Grundzutat seines Werks: das eine und das andere zu tun und noch ein Drittes, Viertes oder Fünftes, also eigentlich Polyvalenz. Das Gleichzeitige des Widersprüchlichen, die Frontal­ kollision der Absichten, das spektakuläre Funkensprühen, wenn vermeintlich Unvereinbares aufeinandertrifft. SPÄTE ACHTZIGER, NEW YORK: ZEICHEN UND GESTEN

Erstmals in Aktion erlebt habe ich John Zorn in den späten Achtzigern in New York, in einem Loft, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere. Das Setting war für damalige Verhältnisse sensationell. Die Musiker – es mögen sieben, acht gewesen sein – standen im Halbkreis um Zorn, das Publikum verteilte sich an den Wänden und auf dem Boden. Es wurde improvisiert, aber nicht frei. Zorn hatte ein Dutzend Karten auf dem Tisch vor sich ausgebreitet, aus denen er sich bediente. Jede Karte zeigte ein Symbol. Hielt er eine Karte hoch, war das eine Spiel­ anweisung. Laut, leise, langsam, schnell, sanft oder so etwas. Die jeweilige Bedeutung mochte sich das Publikum erschließen oder auch nicht; es wurde nichts erklärt. Mit Handzeichen ließ Zorn die Spielanweisung für ein, zwei, drei, vier oder auch alle Musiker gelten. Die Kom­ mandos kamen so rasant wie permanent. Obwohl den Musikern kein Material, keine Komposition vorgegeben war, erhielt ihre Improvisation eine von außen gesteuerte Gestalt. Dabei schien die Steuerung des Geschehens ebenfalls improvisiert zu sein. Zorn reagierte auf das, was er hörte. Gelegentlich forderte er per Handzeichen einen Musiker auf, selber einen anderen oder mehrere andere für ein Intermezzo zu bestimmen, was ebenfalls durch Handzeichen geschah. Ein Konzert der Zeichen und Gesten. Auf diese Weise war das gesteuerte wie sich selbst steuernde Kollektiv davor geschützt, in die Klischees freier Improvisation ›


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Reflektor

abzurutschen. Wichtig schien noch ein anderer Aspekt zu sein: Zorn war auf dem Weg, Musik nach außermusika­ lischen Prinzipien zu organisieren. Das ging so weit, dass er Spielregeln wie für einen Wettkampf entwarf, als wären die Musiker Sportler, die eine Partie austragen mit Anpfiff, Seitenwechsel, Freiwurf und Dribbeln bei jedem dritten Schritt. Solchem Musiksport zuzusehen, war mitreißend. Die Wirkung steigerte sich noch, wenn man ihm beim Entstehen nicht zusah. Dann hörte man ein frenetisches Sound-Puzzle, dessen innere Ordnung ganz und gar rätselhaft blieb. Die Inspiration dazu könnte dem Fern­ sehen geschuldet sein. Zorn, der mit Zeichentrickfilmen aufwuchs, soll gern das Bild weggedreht und der Begleit­ musik gelauscht haben, die an Intensität gewinnt, wenn das, was sie untermalen soll, nicht mehr zu sehen ist.

Die Musik der Band fuhr auf das Publikum nieder wie eine Dampframme. John Zorn, 1988 in Amsterdam

SOMMER 1991, MÜNSTER: ALLES, FAST GLEICHZEITIG

Ende Juni 1991 trat John Zorn in Münster beim Jazz­ festival auf. In seiner Band Naked City hatte er, wie stets, äußerst versierte Musiker versammelt. An den Tasten Wayne Horvitz, an der Gitarre Bill Frisell, am Bass Fred Frith, am Schlagzeug Joey Baron, am Mikrofon Mike Patton, den Sänger der amerikanischen Hardcore-PunkMetal-Band Faith No More. Die Musik der Band fuhr auf das Publikum nieder wie eine Dampframme. Nie vorher, nie nachher habe ich Vergleichbares gehört. Die sechs Musiker holten kurz Luft und spielten ein streng zugeschnittenes Stück von vielleicht 40 Sekunden Dauer, in dem alles enthalten war. Alle Rhythmen, alle Stile, Jazz, Country, Blues, Hardcore, Reggae, Pop, Filmmusik wechselten sich quasi Takt für Takt ab. Mike Patton fiel auf die Knie und schrie aus Leibeskräften. Ein artistischer Punk-Eklektizismus, der den Ausführenden völlige Enthemmung bei äußerster Disziplin abverlangte. War ein Stück vorbei, holten die Musiker wieder kurz Luft und sammelten sich, bevor es weiterging. Die Pausen zwischen den Stücken waren länger als die Stücke selbst, wobei hier von Sekunden und Minuten zu sprechen wäre. Das Staunen über das Tempo wurde noch über­ troffen vom Staunen über die Bandbreite des Gespielten. Hier war gewissermaßen alles zu hören, was in der west­ lichen Welt gerade und in den zurückliegenden Jahrzehn­ ten an Musik zu hören war, nur gleichzeitig, nein, nicht gleichzeitig: fast gleichzeitig. Denn die Stile überlagerten sich nicht, sondern blieben getrennt durch unhörbare Trennstriche; sie rückten einander nur auf einen Quanten­ abstand nahe. Es war ein Konzert, das man sein Leben lang nicht vergisst, eine Sternstunde des Unglaubens wie der Verstörung, denn in der Jazzwache blinkten natürlich alle Warnlampen. Wiewohl das Zornsche Verfahren eine Obsession jedenfalls der männlichen Jazzfans bediente, nämlich die Bewunderung von Virtuosität (»Boah, wie schnell sind die denn?«), war das zu Hörende kaum noch als Jazz an­ zusprechen. Es war ja eigentlich alles. Und indem es alles war, in seiner spukhaft utopischen Verdichtung, war es wie nichts, das man je gehört hätte. BONUSTRACK: GLAMROCK UND KLEZMER

Über viereinhalb Jahrzehnte hinweg hat John Zorn zigtausende Kompositionen geschrieben (viele ganz kurz) und sich in der Vielfalt der uns umgebenden Klänge ge­ra­ dezu gesuhlt. Wobei »suhlen« so wohlig und nach ani­ malischem Genuss klingt: So sieht es nicht aus, wenn er zu Werke geht. Mit Raspelhaarschnitt und Nickelbrille erinnert sein Look mehr an den radikalen Ernst von Bert Brecht, über dessen von Kurt Weill vertonten »Der kleine Leutnant des lieben Gottes« er sich auch einmal hergemacht hat. Während ich diesen Text schreibe, läuft ein von John Zorn produziertes und auf seinem Tzadik-Label erschienenes Album aus dem Jahr 1998. »Great Jewish


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Mit Chris Cochrane, 1992 in New York

Music: Marc Bolan«. Intensiv hat sich Zorn mit dem eigenen Judentum und dem anderer Musiker beschäftigt. Und so ertönen nun plötzlich Titel von T. Rex in ver­ blüffenden Coverversionen, »Jeepster«, »Get It On«, »Telegram Sam«, »Children Of The Revolution«, gespielt von groovenden Avantgardisten wie Arto Lindsay und Marc Ribot, dem Groove-Trio Medeski, Martin & Wood oder auch von Sean Lennon, dem Sohn des John. Und wenn’s mit dem Glamrock der Siebziger gut ist, kommt gleich danach herzergreifend-intellektueller Neo-Klezmer von Zorns Quartett-Album »Masada« aus dem Jahre 1994. Die Stücke tragen Titel wie »Tzofeh«, »Ashnah«, »Tahar« oder »Kanah« und sind Ascher Ginsberg gewidmet, der um das Jahr 1900 die Erneuerung der jüdischen Kultur forderte und den Kulturzionismus begründete. Es wäre mühsam, alle Genres aufzuzählen, die Zorn im Laufe seiner Karriere durchpflügt hat. Leichter fiele es zu sagen, dass etwas, das in einer solchen Aufzählung fehlte, vielleicht bald drankommt. Zorn unterscheidet nicht zwischen vermeintlich guten und schlechten Stilen, zwischen politisch und unpolitisch, zwischen Under­ ground und Hochkultur. Musik ist ihm ein Steinbruch, Abenteuerspielplatz, Experimentallabor. Und zwischen­ durch hat er eine Kirche betrieben.

Jazz – war das nicht Rauchen und Trinken gewesen? War Jazz nicht immer auch schmutzig und Sex?

IRGENDWANN 2012, EAST VILLAGE: IM ALLERHEILIGSTEN

Diese Kirche war The Stone in Manhattan, von Zorn initiiert und geführt, von ihm geöffnet für jede Form musikalischer Suche. Als ich zum ersten Mal hinging, es muss 2012 gewesen sein, konnte ich den Ort zunächst gar nicht finden. Ich stand an der angegebenen Adresse im East Village und sah nichts. Blinde Fenster an einer abgerockten Straßenecke, kein Schild, keine Tür. Sollte das wirklich hier sein? Dann war da doch eine Tür – zu sehen, als sie sich öffnete. Man musste hineinwollen, sonst war man hier nicht richtig. Drinnen schon alles voll und voller Hinweise: keine Fotos, keine Tonaufnahmen, keine Getränke. Nur hören. War die Musik einst aus dem Ritus in die Welt gekommen, kehrte sie hier in John Zorns Allerheiligstes zurück. The Stone war eine Schuhkartonkirche des Klangs. Siebzig Klappstühle, zwei Baumarktstrahler, damit man wusste, wo die Musiker sind. Alles Weltliche fehlte. Jazz – war das nicht Rauchen und Trinken gewesen? Waren die Musiker 1918 nicht von New Orleans nach Chicago gezogen, weil die Bordelle, in denen sie spielten, von Amts wegen geschlossen wurden? Woher kam noch mal das Wort »Funk«? War Jazz nicht immer auch schmut­ zig und Sex? Vielerlei ging mir durch den Sinn und auch gar nichts, als sich im Flügel – an dem, zu Gast aus der Schweiz, Irène Schweizer saß – die ersten Strudel bildeten, Strom­ schnellen des Boogie-Woogie, die sich in die Savanne wühlten, was für ein Sepia, welch eine Umbra, und man spürte von fern die Trommeln, gerührt von Andrew Cyrille, dem Free-Jazz-Veteranen. ›


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Reflektor

Mit Trevor Dunn, Tyshawn Sorey und Marc Ribot, 2017 in Hamburg

Nach einer Stunde Beifall, frohes Lachen, Gespräche in Grüppchen, dann entließ The Stone die versammelte Gemeinde. Draußen in der großen Stadt gab es ja alles, um weiter zu reden, beer and pretzels. Im Stone gab es nur Musik und nichts als Musik. Amen. 30. MÄRZ 2017, HAMBURG: MARATHON

Vor viereinhalb Jahren, im März 2017, kam John Zorn für einen Abend in die Elbphilharmonie und brachte 27 (!) Musiker aus New York mit, unter ihnen die GitarrenRevolutionärin Mary Halvorson, die sprühende Pianistin Sylvie Courvoisier, den süffigen Hammond-Orgler John Medeski, den fabelhaften Trompeter Dave Douglas – ach, man möchte alle Namen nennen. Aus der Truppe setzten sich bunt gemischt vier Quartette, drei Trios und drei Duos zusammen, zusätzlich gab es zwei Solo-Sets. Zwanzig Minuten pro Auftritt, dazwischen minutenkurze Umbaupausen, ein Meisterwerk der Bühnentechnik. Das Spektrum des Dargebotenen reichte von swingenden Cocktailklängen bis hin zu neuer E-Musik und krachen­ dem Hardcore-Speed-Metal. Stunde um Stunde verstrich, und während die einen Zuschauer aufstanden und das Rund des Großen Saals verließen, weil ihre Ohren überliefen oder sie die letzte U-Bahn erwischen wollten, rutschten die anderen Reihe um Reihe nach unten, um dem irrwitzigen Spektakel näher zu kommen. Bis nachts um eins dauerte der Ton­ marathon. Wer noch da war, applaudierte, was das Zeug

hielt. »Keine Zugabe!«, schrieb ich damals in meiner Be­ sprechung. »Das ist natürlich schade.« Während einige der Abwesenden froh sein konnten, einen solchen Abend verpasst zu haben, hat er sich den Anwesenden auf ewig eingeschrieben, mit welchen Gefühlen auch immer. Dieser John Zorn aus New York, ein in seinem siebten Jahrzehnt immer noch zierlicher Mann, ist und bleibt der wildeste Strukturfeuerwerker der Tonkunst. Demnächst kommt er wieder in die Elbphilhar­ monie. Diesmal wird es ein viertägiger Marathon, mit 15 Konzerten, vielen Gästen und Freunden. Er will Orgel spielen, seine Streichquartette vorstellen. ULRICH STOCK ist als Reporter bei der »ZEIT« zuständig für Jazz und benachbarte Gebiete.

REFLEKTOR JOHN ZORN Do, 17.3. – So, 20.3.2022 Elbphilharmonie 15 Konzerte mit John Zorn (Orgel, Saxofon), Masada, Bill Frisell (Gitarre), Brian Marsella Trio, Jack Quartet, Stephen Gosling (Klavier), Barbara Hannigan (Sopran) u. v. a. ­­P DAS GENAUE PROGRAMM FINDEN SIE UNTER WWW.ELBPHILHARMONIE.DE


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DIE URFAUST Unser Kolumnist jubelt gern im Verborgenen, nur für sich selbst und mit einer ganz bestimmten Geste. Liebeserklärung an ein nur scheinbar lächerliches Ritual. ­V ON TILL RAETHER ­ILLUSTRATION NADINE REDLICH


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ir wird selten von anderen Menschen zugeju­ belt. Zuletzt vielleicht, als ich vor einigen Jahren zum letzten Mal beim Hamburger Halbmara­ thon mitlief. Dort stehen am Ende, wenn die Familienangehörigen längst nach Hause gegangen sind, noch vereinzelt Kinder am Straßenrand. Sie haben Freude daran, wildfremden Leuten zuzujubeln, die der Kehr­ wagen vor sich hertreibt, darunter zum Beispiel ich. Tat­ sächlich hat es meine Schritte in dieser Situation immer beflügelt. Ich glaube, aus Rücksichtnahme: Weil ich den Jubelnden gegenüber Verantwortung empfand und ihnen das Gefühl geben wollte, sie würden mich zu Recht anfeuern – seht, ich beschleunige sogar meine Schritte, dank euch. Zugleich wollte ich die aus meiner Sicht für beide Seiten etwas unangenehme Situation abkürzen. Man jubelt doch eher Menschen zu, denen man etwas verdankt, und was hatte ich diesen Kindern am Straßenrand schon beschert als den Anblick eines schwitzenden Mannes mittleren Alters mit kurzem Atem und glasigem Blick, Kilometer 19,5. Zwar gibt es im von mir ausgeübten Beruf hin und wieder Anlass, sich höflich beklatschen zu lassen, etwa nach einer Lesung. Das ist aber mehr ein kurzes Ritual und kein Gefühlsausbruch. Jubeln aber ist genau das: eine Eruption der Emotion. An dieser Stelle kommt, was mich betrifft, die so genannte Beckerfaust ins Spiel. Zwar ist es in verschiede­ nen Kulturkreisen üblich, durch die vor der Brust mit angewinkeltem Ellenbogen geballte Faust Jubel auszu­ drücken, aber ich verbinde mit dieser Geste bis in alle Ewigkeit Boris Becker, der in den Achtziger- und Neun­ zigerjahren eine Reihe großer Tennisturniere gewann und dabei immer die Beckerfaust zeigte. Ich habe keine Ahnung, ob er, obwohl er keine Turniere mehr gewinnt und oft pleite ist, die Faustgeste für sich beibehalten hat. Ich jedenfalls schon. Da ich wenig Anlass zu öffentli­ chem Jubel habe, mache ich die Beckerfaust ausschließ­ lich im privaten Raum, bevorzugt, wenn ich alleine bin, denn meine Familie macht sich darüber lustig, wenn ich den Anblick der von mir hergestellten Lasagne oder das Finden einer Parklücke mit der Beckerfaust kröne. Allein jedoch genieße ich, wie diese Geste mein Glücks­ gefühl verstärkt oder überhaupt erst herstellt.

Ich mache also die Beckerfaust, wenn ich einen Briefum­ schlag öffne und statt einer Heizkostennachzahlung eine Rückzahlung mitgeteilt bekomme. Komplett ist die Geste nur mit dem fast ekstatischen Einbeißen der Unterlippe, probieren Sie es aus, es gehört unbedingt dazu. Wenn ich eine länger aufgeschobene E-Mail geschrieben und abgesendet habe: Beckerfaust. Wenn die Redaktion sagt, ich kann ruhig über die Beckerfaust schreiben: Becker­ faust. Also, vielleicht ein bis zweimal am Tag, und in schlechten Wochen immerhin jeden dritten oder fünften Tag. Man muss ein bisschen haushalten, die Beckerfaust nutzt sich sonst ab.

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ine Zeit lang fand ich meine private Jubelgeste etwas albern, aber dann fing ich an, sie als etwas zu begrei­ fen, das ich im besten Sinne allein für mich selbst tue. Es ist insgesamt eher unüblich, dass Menschen außerhalb von Konzertsälen oder Hochzeiten oder Parteitagen einander zujubeln, aber eigentlich ist es doch heilsam, einen Moment lang eine solche sehr emotionale An­ erkennung zu erfahren. Warum also nicht durch mich und für mich selbst? Der Selbstjubel ist self-care, achtsamer Umgang mit mir selbst. Seit einigen Jahren beobachte ich allerdings, wie mein Jubel kämpferischer und aggressiver wird. Wenn ich in einem Text einen für meine Begriffe besonders gelun­ genen Satz geschrieben habe, mache ich die Beckerfaust und zische halblaut: »Ich mach euch fertig!« Wenn ich einen komplizierten Überweisungsvorgang abgeschlossen habe, untermale ich die Faust mit einem lauten »So!!!«, bei dem man, obwohl das o ganz kurz gekläfft wird, alle drei Ausrufezeichen hört. Es reicht mir auf Dauer offenbar nicht, die Mini-Erfolgserlebnisse in meinem Alltag zu bejubeln, ich muss sie zu Siegen in einem Wettkampf gegen unsichtbare Gegner hochstilisieren. Vielleicht bin ich eine Art Don Quijote der Banal-Erfolge, wenn ich gegen die Windmühlenflügel des Haushalts- und Büro­ lebens siege. Vielleicht übe ich aber auch einfach nur für den Fall, dass ich eines Tages einen wahrhaft bejubelns­ werten Erfolg erringe, der über das Öffnen von Fenster­ post hinausgeht. Meine Faust ist bereit.

TILL RAETHER, 1969 in Koblenz geboren, arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg, u. a. für das »SZ-Magazin« und die »Brigitte«Gruppe. Er wuchs in Berlin auf, besuchte die Deutsche Journalistenschule in München und studierte Amerikanistik und Geschichte in Berlin und New Orleans. Seine Kriminalromane um Kommissar Adam Danowski (erschienen bei Rowohlt) spielen in Hamburg.


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DAS BEWEGTE HAUS Zu ihrem 5. Geburtstag lässt unser Fotograf die Elbphilharmonie tanzen – und das ganz ohne digitale Tricks: Mit einer analogen Spiegelreflexkamera und dem einst üblichen Kleinbildfilm schafft er seine durchkomponierten Kontaktabzüge, die ihrerseits den Motiven ihren Rhythmus geben – Takt für Takt, Bild für Bild. FOTOS THOMAS KELLNER


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M U SI K G ES C H I C H TE

AUS

DER

NEUEN WELT

Typisch amerikanisch: ein Schnelldurchlauf durch die Geschichte der musikalischen Moderne in den USA. VON JULIANE WEIGEL-KRÄMER

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as ist typisch amerikanische Musik? Rock ’n’ Roll? Jazz? Hip-Hop? Der Soundtrack zu »Star Wars«? Samuel Barbers »Adagio for Strings«? Natürlich kann die Antwort nur lauten: All das, und noch viel mehr. Die Zahl der Musik­ stile, die im Schmelztiegel der USA eine Heimat fanden, ist mindestens so groß wie die der Herkunftsländer seiner Bewohner. Engländer, Schweden, Russen, Italiener, Iren, Deutsche siedelten sich im Laufe der Jahrhunderte hier an. Dazu kamen Hunderttausende afrikanischer Sklaven sowie die – von den europäischen Einwanderern stark dezimierten – amerikanischen Ureinwohner. Und die Musik all dieser Menschen beeinflusste in unterschied­ lichem Grad jede Musik, die in den USA entstanden ist – eben das, was wir heute als typisch amerikanische Musik kennen.

Und was ist typisch amerikanische Klassik? Da fällt die Antwort nicht viel einfacher aus. Ironischerweise blieb der dafür am stärksten prägende Faktor lange Zeit die Musiktradition Europas. Selbst als am Ende des 19. Jahr­ hunderts gezielt eine »nationale amerikanische Musik« geschaffen werden sollte, holte man für diese Aufgabe einen Europäer: Von 1892 bis 1895 arbeitete der Tscheche Antonín Dvorák am New Yorker Konservatorium daran, einen solchen neuen Stil zu finden. Heraus kam dabei großartige Musik wie sein »Amerikanisches Streichquar­ tett« oder seine 9. Sinfonie »Aus der Neuen Welt«; aber stilprägend für die kommenden Generationen US-ameri­ kanischer Komponisten wurde er damit nicht. Bis zum Urknall der amerikanischen Moderne sollte es noch ein paar Jahre dauern.


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EINSAMER WOLF

Während in Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts Arnold Schönberg die Grenzen der Tonalität austestete und schließlich überwand, ging auch in den USA ein Mann ganz neue, eigenständige, radikale musikalische Wege: Charles Ives (1874–1954). Dessen kompositorischen Rang brachte wohl niemand besser auf den Punkt als Igor Strawinsky, der seinem Kollegen attestierte, Stilmittel der musikalischen Moderne wie Polytonalität, Atonalität, Clusterklänge und Mikrointervalle schon verwendet zu haben, bevor die besagte Moderne »offiziell« überhaupt existierte. Dabei war Ives die meiste Zeit seines Lebens nicht einmal hauptberuflich Komponist. Direkt nach seinem Kompositionsstudium entschied sich der Sohn eines Armee-Kapellmeisters für eine Laufbahn als Versicherungs­ makler. Seit 1902 schrieb er Musik nur noch in seiner Freizeit. Grund für diese Entscheidung war möglicher­ weise Ives’ ausgeprägter Sinn für künstlerische Un­­ab­ hängigkeit: Da er nun nicht mehr darauf angewiesen war, mit seiner Musik Geld zu verdienen, hatte er es auch nicht nötig, sich dem Geschmack des Publikums anzupassen. Und so schuf Ives bis 1918 – mehr oder weniger unbeachtet von der Öffentlichkeit – eine Fülle wegweisen­ der Vokal-, Kammer- und Orchesterwerke, die heute als stilbildend für die amerikanische Musik der Moderne gelten. Eine breitere Öffentlichkeit nahm sein Schaffen erst ab den späten 1920ern zur Kenntnis – da hatte Ives das Komponieren bereits weitgehend eingestellt. In seiner künstlerischen Bedeutung wirklich erkannt, wurde Charles Ives erst nach seinem Tod.

Henry Cowell

Charles Ives

MIT DER FAUST

Ähnlich wie Ives spielte auch der deutlich jüngere Henry Cowell (1897–1965) eine wichtige Rolle bei der Ent­ stehung der amerikanischen modernen Musik – und wie Ives steht auch er mit seinem Stil und Schaffen einzig da. In extremer Armut aufgewachsen und beinah ohne reguläre Schulbildung, entwickelte sich der hochbegabte Cowell bereits als Teenager zu einem Komponisten mit einer bemerkenswerten eigenen Stimme, und schon Mitte der 1930er galt er als ein bedeutender Protagonist der internationalen Neue-Musik-Szene: Unter anderem Béla Bartók und Arnold Schönberg zeigten sich beeindruckt von Cowells Kompositionen. Darüber hinaus ebnete er als Lehrer und Publizist jüngeren Komponisten wie Philip Glass, Steve Reich, George Crumb und John Cage den Weg. Charakteristisch für Cowells Schaffen sind die un­orthodoxen Wege, die er auf der Suche nach immer neuen musikalischen Ausdrucksmitteln beschritt. So schockierte er bereits in den 1920ern Presse und Publi­ kum damit, dass er die Tastatur des Klaviers mit der Faust oder beiden Unterarmen malträtierte oder – am offenen Flügel stehend – mit den Händen direkt über die Saiten strich und kratzte, womit er dem Instrument ausgespro­ chen ungewohnte Klänge entlockte. Inspiration fand Cowell zudem in der Musik so unterschiedlicher Länder wie Japan, Java, Indien oder dem Iran. ›


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Mit dem »Untitled Event« des Jahres 1952 beschritt Cage noch einmal ganz neue Wege: Als erstes multimediales Konzert stieß dieses Happening mit Live- und elektroni­ scher Musik, Tanz und Bildender Kunst eine Entwicklung an, die sich in den Werken der Fluxus-Bewegung fort­ setzte: einer Kunstrichtung, die in oft genreübergreifen­ den Aktionen die Grenzen zwischen Kunst und Alltag, Künstler und Zuschauer zu verwischen versuchte. Auch in den spektakulären multimedialen Konzert-Events der Gegenwart lebt Cages Idee weiter, Musik mit anderen Künsten zu einer umfassenden Erfahrung für alle Sinne zu verbinden. WENIGER IST MEHR

John Cage

DIE MACHT DES ZUFALLS

Einer von Cowells Schülern hat der Musik nicht nur in den USA, sondern weit darüber hinaus eine ganz neue Richtung gegeben: John Cage (1912–1992) erweiterte inspiriert von seinem Lehrer, das Klangspektrum des Klaviers, indem er Gegenstände aus verschiedenen Mate­ rialien auf und zwischen den Saiten befestigte – ein Prinzip, das unter dem Begriff »präpariertes Klavier« Schule machte. Daneben interessierte er sich für fern­öst­li­ che Philosophien und hatte ein Faible dafür, kompositori­ sche Prozesse nach zahlenmäßigen Ordnungsprinzipien ablaufen zu lassen. Beides führte ihn dazu, sein Schaffen mehr und mehr von subjektiven Entscheidungen zu befreien.

John Cage und die Minimalisten waren die ersten US-Komponisten, die sich in Europa etablieren konnten. Und so machte er spätestens mit seiner »Music of Changes« aus dem Jahr 1951 den Zufall zum bestimmenden Ele­ ment: Münzwürfe und das chinesische Orakelbuch I Ging entscheiden hier (und in vielen nachfolgenden Komposi­ tionen Cages) über die Reihenfolge, in der die musika­ lischen Ereignisse eintreten, so dass keine Aufführung der anderen gleicht. Am radikalsten setzte Cage die Idee des Zufalls in dem legendären »4‘ 33“« um – einem Werk, in dem gar keine Musik mehr gespielt wird. Stattdessen lässt der Interpret für die Dauer von vier Minuten und 33 Sekunden in Stille die natürlichen Geräusche der Um­ gebung auf sich und das Publikum wirken.

In den 1960er-Jahren entstand, beeinflusst von John Cage und dem New Yorker Avantgardisten Moondog, der Minimalismus. Charakteristisch für diesen Stil ist die Reduktion des musikalischen Geschehens auf die Wieder­ holung sich nur minimal verändernder musikalischer Bausteine, sogenannter Patterns. Als Hauptvertreter des Minimalismus gelten die – allesamt Mitte der 1930er geborenen – Komponisten Terry Riley, La Monte Young, Philip Glass und Steve Reich; im weiteren Sinne zählt auch der ein Jahrzehnt jüngere John Adams zu dieser Gruppe. Mit seinen klaren Strukturen, der meist tonalen Harmonik und seiner geradezu hypnotischen Wirkung machte der Minimalismus in breitenwirksamer Weise Schule. Zusammen mit dem Werk von John Cage war er die erste Strömung der musikalischen Klassik, die von den USA aus den Weg nach Europa fand und sich hier wie dort als Gegenentwurf zum Serialismus in der Nachfolge Schönbergs etablierte. Daneben überwand der Minima­lis­ mus auch die – in Amerika ohnehin nicht sehr starre – Grenze zwischen Klassik und Pop: Bis heute ist sein Einfluss in vielen Bereichen der populären Musikkultur unverkennbar, ob in Techno oder Hip-Hop, Medita­ tionsmusik oder Werbung.

Steve Reich


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Die musikalischen Sphären sind hier nicht so streng getrennt, die Grenzen zwischen Klassik und Pop weniger starr.

George Gershwin

GRENZÜBERSCHREITUNGEN

Der Minimalismus ist aber nur ein Beispiel für den regen Austausch zwischen den in den USA eben gar nicht so streng getrennten musikalischen Sphären der E- und U-Musik – was womöglich an der vergleichsweise jungen Musikgeschichte der USA liegt. Schon im 19. Jahrhundert jedenfalls bedienten sich amerikanische Komponisten bei Volkslied, Gospel und Marschmusik, um einen nationalen Ton zu finden. Und spätestens in den 1930er-Jahren, als die Große Depression das Land fest im Griff hatte, wuchs bei den von Wirtschaftsmisere und Arbeitslosigkeit ge­ beutelten Menschen das Bedürfnis nach leicht verständ­ licher Musik, dem sich auch die »klassischen« Komponis­ ten nicht verschlossen. Paradigmatisch für diesen Zugang steht etwa Aaron Copland (1900–1990), der in seinen Werken Folksongs, Cowboylieder und Erweckungshymnen verarbeitete und damit eine Musik schuf, die bis heute als Inbegriff des Amerikanischen betrachtet wird. Ein weiteres großartiges Beispiel für die künstlerisch fruchtbare Verbindung von Klassik und populärer Musik ist das Werk von George Gershwin (1898–1937), der immer wieder aus den reichen musikalischen Traditionen der afroamerikanischen Musik schöpfte. Und selbst wenn heutzutage gerade in Bezug auf Gershwins Oper »Porgy and Bess« diskutiert wird, ob es nicht eine unzulässige kulturelle Aneignung gewesen sei, als wohlsituierter Weißer das Leben der schwarzen Unterschicht auf die Bühne zu bringen, gilt das Werk doch nach wie vor als Meilenstein des US-amerikanischen Musiktheaters.

Übrigens ließen sich von den offenen Genregrenzen in den USA auch viele der aus Europa vor den Nazis geflohe­ nen Komponisten inspirieren: Hanns Eisler, Kurt Weill und Erich W. Korngold feierten mit Broadway-Musicals und Soundtracks zu Hollywoodfilmen große Erfolge. Last but not least ist natürlich auch Leonard Bern­ stein (1918–1990) unter den Komponisten zu nennen, die unbekümmert über die Grenzen zwischen »hoher« und »niederer« Kultur hinweggingen: Musicals wie die »West Side Story« (1957) oder »Candide« (1974) wurden am Broadway uraufgeführt, während Bernsteins Sinfonien die Konzertsäle der Welt eroberten. Auch in der aktuellen klassischen Musik der USA bleiben die Grenzen zwischen den musikalischen Sphären weiterhin unscharf – und öffnen sich zudem in Richtung nicht-musikalischer Themen: Junge Komponisten wie Nico Muhly (geb. 1981), Mohammed Fairouz (geb. 1985) oder Arlene Sierra (geb. 1970) schöpfen Inspiration nicht nur aus Indie-Pop und arabischer Musik, sondern auch aus außermusikalischen Quellen wie Militärstrategien und den Migrationsbewegungen von Schmetterlingen. ›

Leonard Bernstein


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M U SI K G ES C H I C H TE

experimentelle Werke in der Tradition von George Crumb komponiert und eigene Instrumente erfindet, um seine Klangvorstellungen zu realisieren. Oder Raven Chacon (geb. 1977), der immer wieder mit aufsehenerregenden musikalischen Happenings von sich reden macht. Keine dieser jungen Stimmen gehört einer bestimm­ ten Schule, Bewegung oder Traditionslinie an. Aber sie alle eint die Offenheit für das Arbeiten mit den unter­ schiedlichsten Stilen – und eine sich immer weiter öffnen­ de Vision der amerikanischen Identität.

William Grant Still

EIGENE STIMMEN

Dass afroamerikanische Künstler wie Duke Ellington, Miles Davis oder Charles Mingus grandiosen Jazz kom­ ponierten, ist weithin bekannt. Darüber hinaus jedoch rücken in den letzten Jahren zunehmend die vielen hervorragenden klassischen Komponisten afroamerikani­ scher Herkunft ins Blickfeld. Der bekannteste unter ihnen ist vermutlich Scott Joplin (1867–1917), der nicht nur den populären Ragtime »The Entertainer« komponierte, sondern auch mit seiner Oper »Treemonisha« Geschichte schrieb. Als Grandseigneur der afroamerikanischen KlassikKomponisten gilt William Grant Still (1895–1978), dessen Werk neben Solokonzerten, Balletten, Vokal- und Kammer­ musik auch fünf Sinfonien und acht Opern umfasst. William Levi Dawson (1899–1990) wiederum bereicherte nicht nur die Chorliteratur um zahlreiche wunderbare Werke, sondern wurde 1934 durch die triumphale Auf­ führung seiner »Negro Folk Symphony« im ganzen Land bekannt. In der Gegenwart machen Künstler wie Jessie Montgomery (geb. 1981) oder Nkeiru Okoye (geb. 1972) von sich reden und gestalten die musikalische Land­ schaft der USA mit starker Stimme mit. Auch die amerikanischen Ureinwohner haben einige bemerkenswerte Komponisten hervorgebracht. Exem­ plarisch sei hier die Cellistin und Komponistin Dawn Avery genannt, die sich von der Musik ihres Volkes, der Mohawk, ebenso inspirieren lässt wie von Beethoven und Sting. Oder Brent Michael Davids (geb. 1959), der

Jessie Montgomery

AGE OF ANXIETY – AN AMERICAN JOURNEY Fr, 11.2. – So, 20.2.2022 Elbphilharmonie NDR Elbphilharmonie Orchester Alan Gilbert, Marin Alsop NDR Vokalensemble NDR Bigband Ensemble Musikfabrik Leonidas Kavakos (Violine) Jean-Yves Thibaudet (Klavier) Sechs Konzerte mit Werken von Charles Ives, Aaron Copland, Erich W. Korngold, John Cage, Leonard Bernstein, John Adams, Miles Davis u. a. DAS GENAUE PROGRAMM FINDEN SIE UNTER WWW.ELBPHILHARMONIE.DE ­M MEHR ZUR MUSIK SCHWARZER KOMPONISTEN IN DEN USA HÖREN UND LESEN SIE IN DER MEDIATHEK UNTER ELPHI.ME/SONGOFAMERICA


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Hier spielt die Musik.

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F L U SS G ES C H I C H TE

MOLDAUPHILHARMONIE Alle kennen, alle lieben Smetanas »Moldau«. Aber gerade in Hamburg sollte man sie noch besser kennen, noch mehr lieben. VON CARSTEN FASTNER

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m Lake Victoria, im Osten Afrikas, erzählt man sich eine Geschichte, die immer noch für Lacher sorgt, obwohl sie schon vor 150 Jahren passiert sein soll: Damals sei der britische Forschungsreisende David Livingstone in der Gegend vorbeigekommen, auf der Suche nach der Quelle des Nil … Die Pointe? Na ja, da war sie schon: Dass natürlich nur ein Weißer auf die Schnapsidee kommen kann, jedes Ding in dieser Welt auf einen einzigen Ursprung, eine eindeutige Ursache, einen logischen Grund zurückzuführen, und sei es etwas so Komplexes wie ein Fluss. Ziemlich genau zur gleichen Zeit, im Sommer 1872, war auch Bedrich Smetana auf Expedition in der Wildnis. Auf dem Höhenzug des Böhmerwalds, hart an der südlichen Grenze des Königreichs Böhmen, besuchte er jene entlegene Stelle, die gemeinhin als Ursprung der Moldau gilt. Doch anders als dem armen Livingstone dürften ihm die kundigen Einheimischen verraten haben, dass die Dinge in Wahrheit nicht so eindeutig sind: Von all den unzähligen Waldbächen, die sich hier auf kurzer Strecke vereinigen, tragen allein fünf den künftigen Fluss im Namen – Moldaubach und Warme Moldau, Grasige, Kleine und Kalte Moldau. Wer wollte da von einer Quelle sprechen? Smetana hat die Sache dann in künstlerischer Frei­ heit wieder etwas vereinfacht, aber immerhin: Als er wenig später seine »Moldau« (»Vltava«) komponierte, ließ er sie eben nicht nur aus einer, sondern aus zwei Quellen sprudeln – aus zwei glitzernd und plätschernd einander umspielenden Sechzehntel-Motiven, eines in den »war­ men« Flöten, eines in den »kalten« Klarinetten, die sich bald darauf in den tiefen Streichern zu einem dunkelweichen Flussbett vereinigen, aus dem schließlich das weltbekannte Hauptthema auftaucht, zum Heulen schön in seiner umwerfenden Schlichtheit.

Dieses Thema – kaum mehr als ein Auf- und Wiederabsteigen auf einer Moll-Tonleiter – ist so brillant einfach gebaut, dass es geradezu universell sein muss. Und tat­sächlich findet es sich in altösterreichischen Lied­ sammlungen aus dem 18. Jahrhundert ebenso wie in der israelischen Nationalhymne und in dem schwedischen Volkslied »Ack Värmeland du sköna«; über diesen Umweg taucht es bei Stan Getz und Miles Davis auf (»Dear Old Stockholm«), direkt von Smetana inspiriert bei Hanns Eisler (»Das Lied von der Moldau«) und – nach Dur gewendet – in dem tschechischen Kinderlied »Kocka leze dírou«, das zur gleichen Melodie im Deutschen kein Kätzchen, sondern »Alle meine Entchen« besingt.

Kaum hat die »Moldau« Prag passiert, berührt sie kurz vor ihrem Verklingen doch noch einen wunden Punkt der böhmischen Seele. Natürlich hat diese wunderschöne, eingängige, leicht zu merkende, für jeden jederzeit nachsingbare Melodie ganz entscheidend zu der außergewöhnlichen Popularität der »Moldau« beigetragen. Aber auch der naturnahe Realis­ mus dieser Tonmalerei ist ein wichtiger Grund für ihren welt­weiten Erfolg: Takt für Takt lässt Smetana uns hörend nachvollziehen, wie der böhmische Strom durchs Land fließt. So plastisch, wie die beiden Quellen im Böhmer­ wald erklingen, werden auch die weiteren Stationen auf dem mäandernden Weg der Moldau deutlich: Waldjagd und Bauernhochzeit, der Nymphenreigen im Mondschein, die Passage durch wilde Stromschnellen, die alte Burg Vyšehrad, die prächtige Königsstadt Prag …


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Von links ein Flüsschen namens Elbe, von oben die majestätische Moldau und ihr Kanal: der Zusammenfluss bei Mělník

Eben darum war es Smetana ja in erster Linie gegangen, mit der »Moldau« ebenso wie mit den fünf weiteren sinfonischen Dichtungen, die er über die Jahre in dem Zyklus »Mein Vaterland« (»Má vlast«) zusammenfasste: um allgemein verständliche Bilder aus der Natur, der Geschichte, den Mythen Böhmens; um einen emotionalen Beitrag zum gerade erwachenden Nationalbewusstsein der Tschechen; um ein tönendes Nationaldenkmal, das nicht (wie in späteren, unseligen Zeiten so oft) plärrend und prahlend und pathetisch daherkommt, sondern patriotisch und dennoch poetisch. Smetanas »Moldau« ist musikalisch so gut, dass dem Rest der Welt all diese nationalen Aspekte letztlich egal sein können. Im Land selbst genießt sie seit ihrer Urauf­ führung 1875 beinahe Heiligenstatus und gilt ganz offiziell als inoffizielle Nationalhymne – obwohl sie kurz vor ihrem Verklingen doch noch einen wunden Punkt der böhmi­ schen Seele berührt. Denn kaum hat die Moldau Prag passiert, so schildert es Smetana selbst in seinen Anmer­ kungen, »verschwindet sie schließlich in der Ferne in ihrem majestätischen Lauf in der Elbe«. Halt, Moment – es müsste doch gerade umgekehrt sein! Beim Rendezvous der beiden Flüsse, gleich unterhalb der Weinhänge des Städtchens Melník, ist die Moldau nicht nur breiter und wasserreicher als die Elbe, sondern hat auch den fast

doppelt so weiten Weg hinter sich. Gemäß allen hydrolo­ gischen Usancen müsste sie es sein, die mit Fug und Recht ihren Namen behält. Warum dem in diesem Falle nicht so ist? Die Dinge sind nun einmal nicht so eindeutig, wie wir sie gerne hätten. Aber gerade die Hamburger mit ihrem Stolz auf ihre Stadt, ihren Hafen, ihre Elbe – sie sollten wissen, an welchem Fluss sie in Wahrheit leben.

MEIN VATERLAND Do, 10.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Tschechische Philharmonie, Semyon Bychkov Bedřich Smetana: Má vlast / Mein Vaterland DIE MOLDAU So, 13.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Jewgenij Kissin & Sir András Schiff (Klavier) Bedřich Smetana: Vltava / Die Moldau (Fassung für Klavier zu vier Händen) sowie Werke von Mozart, Schumann und Dvořák

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IM ANBLICK DES VULKANS


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Damon Albarn ist jetzt Isländer, bringt von dort sein neues Programm mit – und bleibt doch der Chef-Melancholiker Englands. VON JAN PAERSCH

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on mir wird man nie etwas bekommen, das nicht mit Melancholie und Niedergeschlagenheit zu tun hat«, sagte Damon Albarn erst kürzlich in einem Interview, nur halb im Scherz. Der 1968 in eine künstlerisch geprägte Familie geborene Sänger und Komponist ist das derzeit vielleicht erfolgreichste Beispiel für das weit verbreitete Vorurteil, dass große Kunst durch Traurigkeit befeuert wird. Albarns Talent? Das Leiden in schönste Moll-ge­ tünchte Dreieinhalb-Minuten-Formen zu gießen. Sein Solo-Song »Lonely Press Play« von 2014 etwa: ein re­ duzierter Drum-Computer, ein karger Bass, dahingetupfte Klavierakkorde – und diese sanfte Stimme mit dem unverkennbaren britischen Akzent. So kann ein Melan­ cholie-Hit klingen. Aber auch so: ein satter Beat, verzerr­ ter Gesang, virtuose Raps und ein dem Funk entlehnter Basslauf, der einen noch im Schlaf verfolgt. Der GorillazHit »Feel Good Inc.« (2005) mag das Wonnegefühl im Titel tragen, der Song bleibt doch geprägt von einer wehmütigen Grundstimmung – und ist bis heute Albarns erfolgreichste Komposition. Der Londoner wurde von Journalisten schon ein ­»Polymath« genannt – was deutlich weniger professoral klingt als das deutsche Wort »Universalgelehrter«. Keine Frage, der Mann, der einst Schauspiel, aber nie wirklich Musik studierte, ist ein Multitalent. Albarn hat in seinem Leben schon viele Ecken von E- und U-Musik ausge­ leuchtet. Er nahm Alben in Mali auf, komponierte eine Oper, schuf ein neues Arrangement für Terry Rileys Minimal-Music-Klassiker »In C« und gründete mit Helden seiner Jugendzeit das Quartett The Good, The Bad and The Queen, unter anderem mit dem legendären AfrobeatDrummer Tony Allen. Aber letztlich waren es zwei Bands, die sein Leben verändern sollten. Damon Albarn war gerade 20 Jahre alt, als er Ende der Achtzigerjahre Seymour gründete. Der Sänger und seine College-Kumpels tauften die Band in intellektuellem Überschwang nach einer Novelle von J. D. Salinger; unter dem Namen Blur spielen die vier bis heute in unveränder­ ter Besetzung. »Britpopper« wurden sie bald genannt – ein Wort, das eng verknüpft war mit der enormen Popu­ larität, die britische Gitarrenbands in den Neunzigern erfuhren. Jedes Blur-Album seit 1994 erreichte die Num­ mer Eins der englischen Pop-Charts. Anders als Bands wie Oasis jedoch entfernten sich Blur am Ende des Jahrzehnts

von ihrem typischen Sound, experimentierten mit Electro­ nica, Gospel und Psychedelic Rock. Der Gitarrist Graham Coxon verließ zwischenzeitlich die Band, die Zukunft von Blur war ungewiss. Eine schwierige Phase für Albarn. Die Presse war ihm beständig auf den Fersen, sein Privat­ leben litt. Gleichzeitig befand sich das Musikfernsehen auf seinem Höhepunkt. Das Debüt der Gorillaz im Jahr 2001 war Albarns Kommentar zum alltäglichen Irrsinn auf MTV: eine Band, die offiziell aus vier animierten ComicFiguren besteht. Albarn empfand das als Befreiung, so konnte er sich hinter den fiktiven Bandmitgliedern verstecken. Für jedes der bisher sieben Gorillaz-Alben lud er sich eine Schar musikalischer Gäste ein, vermischte mit leichter Hand eingängigen Pop, Hip-Hop und Dub. Seine Rolle als Kopf des Projekts wurde bald aufgeklärt, und die Cartoonband machte ihn nun auch auf den amerikanischen Kontinen­ ten zum Superstar.

»Es ist keine morbide Platte. Aber eine, die sich der Sterblichkeit bewusst ist.« Überhaupt das Reisen. Konzerttouren und Recherche­ trips in fremde Länder waren, nach dem Musizieren, stets Albarns liebste Beschäftigung. »Ich versuche, diese ursprünglichen, ganz grundlegenden Erfahrungen auf Reisen zu verarbeiten und sie in etwas formellere Pop­ songs zu verwandeln«, sagte er einmal. Schon als Neun­ jähriger verbrachte er einen ganzen Sommer in Istanbul, konnte die Stadt teils alleine erkunden – die Initialzün­ dung für ihn als Songwriter. Später war er auf einem Schüleraustausch im hessischen Wetzlar, bis heute spricht er ein passables Deutsch. Albarn hat Wochen und Monate in Guinea, im Iran, sogar in Nordkorea (»Ein magischer Ort; es scheint, als wären die Menschen dort von einem Bann gefesselt«) verbracht, doch an keinem Ort war er so oft wie auf Island. Seit mehr als 20 Jahren besitzt er ein Haus auf der Insel; aus seinem Wohnzimmerfenster blickt er auf den Vulkan Snæfellsjökull, an dem Jules Verne seine »Reise zum Mittelpunkt der Erde« beginnen ließ. Kein Wunder, dass er jüngst auch die isländische Staatsbürger­ schaft angenommen hat. ›


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D o n a u e s ch i n g e r M u s i k ta g e

amon Albarns neues Soloalbum, das erste seit sieben Jahren, trägt den rätselhaften Titel »The Nearer the Fountain, More Pure the Stream Flows«. Was ursprüng­ lich als orchestrales Stück konzipiert war und in Island hätte aufgenommen werden sollen, wurde durch den Lockdown im Frühjahr 2020 zum Bandprojekt. Albarn sah sich gezwungen, in England zu bleiben und lud alte Weggefährten wie den The Good, The Bad and The Queen-Gitarristen Simon Tong in sein Studio in Devon. Er begann, Texte zu komponieren, die Naturbeobach­ tungen mit existenziellen Gedanken und Erfahrungen bei islamischen Beerdigungen verbinden. »Es ist keine morbi­ de Platte«, sagt Albarn, »aber eine, die sich der Sterblich­ keit bewusst ist.« Ohne Island gäbe es »The Nearer the Fountain …« dennoch nicht. Die Grundlage der Tracks entstand schließlich in Albarns Haus nahe Reykjavík, wo man um ein einziges Mikrofon herum spielte. Lokale Blasmusiker und sogar eine aufwendig hergestellte »Slate Marimba«, eine Steinharfe, sind zu hören – und die isländische Natur: Vogelkreischen, Wellenrauschen, Wasserfälle. »Jede Musik ändert sich durch die Jahreszeiten und die Umgebung. Mein Album ist das beste Beispiel dafür – es wurde anfangs nur durch verschiedene Wetterlagen beeinflusst.« Doch die Musik ist keineswegs ätherisch und abgehoben. Streicherflächen werden durch Synthie-Fanfaren ge­ brochen, es gibt Klavierballaden, einen Noise-Jazz-Track und mit »Polaris« mindestens einen echten Ohrwurm. Bei aller Internationalität der Beteiligten (darunter der deutschstämmige Dirigent und Geiger André de Ridder) ist »The Nearer the Fountain …« ein durch und durch englisches Werk. Der Albumtitel ist einem Poem des 1864 verstorbenen Naturdichters John Clare entlehnt. Damon Albarn und sein Geburtsland – eine Hassliebe, die seit den Anfangsjahren von Blur und deren zynischen Kommentaren über das Leben der englischen Mittelklasse

immer wieder aufblitzt. Der Künstler sprach sich regel­ mäßig gegen den Brexit aus, kündigte gar an, das Land nach dem EU-Austritt dauerhaft verlassen zu wollen. So weit ist es bislang nicht gekommen – und vermutlich gilt noch immer, was Albarn 2018 im Song »Merrie Land« mit warmem Timbre intonierte: »This is not rhetoric / It comes from my heart / I love this country«. Albarn verspürt Hoffnung trotz aller Umwälzungen der vergangenen Jahre. Er spricht über den neuen Song »Particles«, der sich auf die Partikel der Sonnenwinde bezieht, die an den Polkappen der Erde die Polarlichter entstehen lassen: »Diese Partikel sterben in dem Moment, in dem sie auf die Erdatmosphäre treffen. Aber sie erzeugen mit einer chemischen Reaktion dieses unglaub­ liche Schauspiel. Und das scheint mir wichtig. Verände­ rungen mögen manchmal verheerend sein, sie sind aber notwendig. Wir müssen manchmal nur darauf warten, dass die Schönheit folgt.« Der englische Chef-Melancholiker bleibt rastlos – in seiner Suche nach Anmut und Inspiration wie in seinem ungezügelten Schreibfluss. »Songwriting ist weniger eine Routine als eine Notwendigkeit«, hat er erst kürzlich gesagt. Ist das seine große Stärke? Da zeigt der Mann, der seit 2016 Träger des Order of the British Empire ist, typisch britisches Understatement: »Es gibt eigentlich nichts, in dem ich besonders gut bin. Ich liebe einfach das, was ich tue, und das reicht. Wenn mich die ganze Welt da draußen zu sehr aufregt, setze ich mich einfach wieder ans Klavier.«

DAMON ALBARN Mo, 7.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal »The Nearer the Fountain, More Pure the Stream Flows«


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VERNEIGUNG

Als die „Letzte Assoluta“ wurde Edita Gruberová kultisch verehrt, war Liebesobjekt der Opern-Hysterie.

UNBEKANNT

Jeder kennt Napoleon, aber nur wenig bekannt ist, wie er die Musikwelt geprägt hat.

KLANGVEREDELUNG

Der lettische Dirgent Mariss Jansons animierte zu beseeltem Spiel und hielt dabei die Balance zwischen drastischem Ausdruck und Schönklang.

VOLLENDUNG

Dirigent Antonello Manacorda hat sich der Aufgabe gestellt, die drei letzten Sinfonien Mozarts aufzunehmen.

KI UND MUSIK

Wie ein Expertenteam mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Beethovens 10. Sinfonie vollendete.

WELTSTAR

Sofia Gubaidulina – zum 90. Geburtstag einer Komponistin von Weltrang.

UNERMÜDLICH

Rudolf Buchbinder mit den neuen Gesamteinspielungen der Konzerte und Sonaten von Beethoven.

LEIDENSCHAFTLICH

SPEZIALABO-ANGEBOT * 3 Ausgaben lesen, 2 bezahlen + Gratis-CD

Lea Desandre über Mozarts „Cosi“-DVD, ihr Debüt-Album – und warum Singen eine Form des Küssens ist.

„VIELSAITIG“

Théo und Valentin Ceccaldi mischen mit Geige, Cello und schrillen Projekten die Jazzszene auf.

www.fonoforum.de fonoforum.de/spezialabo2021eph Der Abo-Preis im Inland für drei Hefte beträgt *inklusive Porto 16,50 Euro (Ausland auf Anfrage).

Zusatzangebote & Dienstleistungen für Abonnenten gelten nur für Kunden der Reiner H. Nitschke Verlags-GmbH

FONO FORUM erscheint jeden Monat für 9,80 Euro in der Reiner H. Nitschke Verlags-GmbH. Nähere Infos, Abos und Heftnachbestellungen finden Sie auf unserer Internetseite www.nitschke-verlag.de oder telefonisch unter 02251 650 46 0. service.nitschke@funkemedien.de


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NAH AM LEBEN Das Maria Schneider Orchestra feiert die Schönheiten der Natur – und wütet über die Zumutungen der digitalen Welt. VON TOM R. SCHULZ

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or rabenschwarzem Hintergrund leuchtet ein einzelnes Blatt. Aufrecht steht es, wie übrig geblieben, das letzte seiner Art, filigran und von der Jahreszeit schon gezaust. Es wirkt dünn und kostbar, wie pures, fein bearbeitetes Gold. Ein Memento mori, eine Erinnerung an die Sterblichkeit. Dem Jazz­ freund geistern bei seinem Anblick die »Feuilles mortes« durch den Kopf, die Toten Blätter aus dem Gedicht von Jacques Prévert, das in schlichten Zeilen eine vergangene Liebe beweint. Joseph Kosma machte mit Melodie und Akkorden ein Lied daraus, das in den Kanon des Jazz unter dem Namen »Autumn Leaves« einging.

Doch dieses Herbstblatt hier ist keine Nature morte, nicht einfach ein Stillleben der Vergänglichkeit. Seine rechte Hälfte erweist sich bei näherem Hinsehen als grauenhaft futuristisch, als Pflanze gewordener Cyborg: Das organi­ sche Aderwerk der linken Seite verwandelt sich unauffällig in parallel verlegte, schmale Linien, wie man sie von den Platinen auf Mikrochips kennt. Wir Menschen schauen von links nach rechts; der Blick geht also von der zarten Regellosigkeit der Natur zur strengen, effizienten Linea­ rität des digitalen Zeitalters. Das von Aaron Horkey geschaffene Bild illustriert perfekt das Doppelgesicht des letzten Albums von Maria Schneider, dem es als Cover


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dient: »Data Lords« verhandelt auf zwei CDs nacheinan­ der die von der Komponistin als solche empfundenen Monstrositäten der digitalen Großkonzerne und die unzerstörbaren, von keinem Behemoth der Tech-Welt je eroberbaren Schönheiten der (menschlichen) Natur. »Data Lords« ist ein Meisterwerk – wie eigentlich alles, was Maria Schneider seit bald 30 Jahren künstlerisch zur Welt bringt, immer mit langen Pausen dazwischen. Nur acht CDs hat sie seit 1994 mit ihrer Band veröffent­ licht, die am Anfang noch Maria Schneider Jazz Orchestra hieß, ehe sie um die Jahrtausendwende das Wort »Jazz« daraus strich. Das war nur konsequent. Denn so ver­ gleichsweise konventionell Bigband-haft ihr Orchester auch besetzt sein mag, koloriert Schneider den Notensatz doch immer wieder mit klanglichen Subtilitäten, die sich besonderen Instrumentenkombinationen verdanken. Und dazu spielen ihre Musiker derart frei und souverän über alle stilistischen Grenzen nicht nur des Bigband-Jazz, sondern des Jazz überhaupt hinweg, dass die Kunst der Maria Schneider und ihrer handverlesenen Schar getreuer Mitspieler ein Genre sui generis bildet.

Nur konsequent, dass aus dem Ensemblenamen mittlerweile das Wort »Jazz« verschwunden ist.

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anze drei Frauen haben sich als Orchesterleiterinnen und Komponistinnen in die Geschichtsbücher des Jazz eingeschrieben: Carla Bley, Toshiko Akiyoshi und Maria Schneider. Tatsächlich war Toshiko Akiyoshi eine wichtige Ermutigerin für Maria Schneider, einfach durch ihr Beispiel. Sie hat ihr gezeigt, dass auch eine Frau in der männerdominierten Jazzwelt eine Chance hat, wenn sie sich vor eine Truppe von Kerlen hinstellt und sie dirigie­ rend durch ihre eigenen Kompositionen leitet. In seinen warmherzigen Liner notes zum Debütalbum »Evanescence« (1994) schrieb Schneiders Mentor Bob Brookmeyer noch launig-patriarchalisch, das Auftreten von Maria Schneider sei auch deshalb ein Segen, weil »nach all den Jahren, in denen ich auf der Bühne mit anderen hässlichen Kerlen in einer Reihe saß, das Erschei­ nen eines hübschen Gesichts da vorn so belebend ist wie frische Luft«, nur um rasch hinzuzufügen, dass Musiker (selbstredend männlichen Geschlechts) entgegen landläu­ figer Überzeugung durchaus Güte, Können, Musikalität und Talent zu schätzen wüssten, egal, von wem es komme. »Zudem erkennen sie Blender rasch.« Falls Schneider jemanden blendet, dann nur deshalb, weil sie selbst eine originäre, warm und hell strahlende Lichtquelle in der zeitgenössischen (Improvisations-)Musik ist. Sie hat ein singuläres Talent für die Gestaltung von

Klang und Textur, und sie sättigt ihre Partituren mit einem Reichtum an melodischen, harmonischen und rhythmischen Gedanken, die sie so lange redigiert und verfeinert, bis jeder Moment in jedem ihrer Stücke organisch wirkt, genau richtig, zwingend. Ihre Musik leuchtet vor Schönheit und Raffinement, Sanglichkeit und Tiefe, die sich manchmal auch zu einem faszinierenden, kaum durchhörbaren Geflecht aus einander umschlingen­ den musikalischen Linien verdichtet.

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nders als Carla Bley und Toshiko Akiyoshi, die in ihrer künstlerischen Laufbahn immer ein Parallel­ leben auch als Pianistinnen geführt haben, verlegte sich Maria Schneider von Anfang an ganz aufs Komponieren und Dirigieren. Ihre Konzentration aufs Erschaffen einer Welt, die andere zum Leben erwecken, geht einher mit einer Eigenschaft, bei deren Nennung unter Jazz­ kennern stets der Name Duke Ellington fällt: das Ver­ mögen, beim Komponieren die ausführenden Spieler im Ohr und im Sinn zu haben und ihnen perfekt auf sie zugeschnittene Improvisationsvorlagen zu liefern. ›


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Die Welten, die die Chefin erschafft, erweckt ihre handverlesene Schar getreuer Mitspieler dann zum Leben. Das Maria Schneider Orchestra ist ein Ereignis, und ein Ereignis von Seltenheitswert. Denn Schneider selbst wird zwar überall auf der Welt gebucht – aber in aller Regel als temporäre Leiterin einer lokalen Bigband, für die sie ein paar ihrer Stücke passgerecht bearbeitet. So gut diese Bands und die Chemie mit der Gast-Chefin im Einzelfall auch sein mögen: Ihr eigenes Orchester spielt dieselben Stücke nochmal auf einem ganz anderen Level. Deshalb löste die Ankündigung, das Maria Schneider Orchestra breche auf Einladung der Elbphilharmonie und einiger befreundeter Konzerthäuser nach Ewigkeiten wieder ein­ mal zu einer Europatournee auf, in etwa so viel Vorfreude aus, als würde sich der komplette Cast der britischen TV-Serie »Downton Abbey« für ein paar Vorstellungen in die Niederungen des kontinentaleuropäischen Tournee­ theaters begeben.

S Es ist deshalb kein Zeichen von Koketterie, wenn Schnei­ der die beiden Grammys, die sie 2021 für »Data Lords« bekam (nach fünf solchen Trophäen für frühere Alben), mindestens so sehr ihren Musikern zurechnet wie sich selbst. Was die Chefin erdacht und aufgeschrieben hat, wird zu einem unverwechselbaren Werk erst dank der ausschweifenden improvisatorischen Fantasie und inter­ pretatorischen Klasse ihrer Solisten. Teilweise schon seit 30 Jahren beschäftigt Schneider in ihrer Band Spitzen­ musiker wie den Baritonsaxofonisten Scott Robinson, den Gitarristen Ben Monder, den Pianisten Frank Kimbrough, den Altisten Steve Wilson oder den Tenoristen Donny McCaslin, deren Persönlichkeiten sich auch über lange Solostrecken mit nie versiegendem Nuancenreichtum entfalten. Sie arbeitet mit Leuten, die immer noch etwas Neues zu sagen haben und das so zu artikulieren ver­ mögen wie niemand sonst. Zentralgestirne im Orchesterkosmos der Maria Schneider sind auch der Bassist Jay Anderson und der Schlagzeuger Johnathan Blake: Sie wissen sich meilenweit entfernt von jeder Rhythmusknechtschaft und spielen erregend eigensinnig. Und mit dem Akkordeonisten Gary Versace hat Schneider den vielleicht extravagantesten Glücksgriff getan. Der Mann ist ein flirrend leichter Vir­ tuose, der mit einem einzigen Ton die ganze Atmosphäre eines Songs in eine Anmutung von Paris, von Mu­sette, von heiterer Melancholie umprägen kann.

o imaginativ und vollkommen ihre Kunst erscheint, so nah ist Maria Schneider doch an unser aller Lebens­ wirklichkeit. Ihrer saftigen Wut über Data Lords vom Schlage Google, Facebook, Amazon & Co., die sich an Daten von Abermillionen Individuen bereichern und gleichzeitig jeder steuerlichen Verantwortung aus dem Wege gehen, macht sie immer wieder auch in Interviews, Artikeln und Essays Luft. Logische Folge im Denken und Handeln einer Künstlerin, die sich schon vor 20 Jahren aus der liebevollen Umarmung der Musikindustrie frei­ gestrampelt hat und seither mithilfe der Internet-Platt­ form ArtistShare ihr eigenes Ding macht. Der Name ArtistShare spielt auf den Anteil an, den Künstler vom Musikgeschäft abbekommen – oder eben nicht. Und er verweist auf die Bereitschaft jener Künstler, die ihr Werk über diese Plattform vertreiben, sich um­ fänglich mit ihrem Publikum auszutauschen und es tei­l­ haben zu lassen am künstlerischen Prozess, und sei es nur als Geldgeber. Wäre man schnell genug gewesen, man hätte im Vorfeld der Veröffentlichung von »Data Lords« für 125 Dollar einen der 100 von Aaron Horkey handsignier­ ten Drucke mit seinem tollen Covermotiv erworben – und damit auch noch sein Scherflein beigetragen zur Finanzie­ rung dieses selten grandiosen Albums.

MARIA SCHNEIDER ORCHESTRA So, 30.1.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal »Data Lords« ­M WEITERE SPANNENDE BEITRÄGE RUND UM DEN JAZZ GIBT ES IN DER MEDIATHEK UNTER WWW.ELBPHILHARMONIE.DE/MEDIATHEK


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engagement


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ICH BIN EIN FAN Der Medienunternehmer Nikolaus Broschek weiß genau, warum er sich für die Elbphilharmonie engagiert.

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s war schon immer mein Wunsch, mit Musikern zusammenzuarbeiten, obwohl ich kein professio­ neller Musiker bin. Als junger Mensch habe ich angefangen, Klavier zu spielen. Allerdings wurde das Klavier schon bald entsorgt, weil es den Nachbarn zu viel Lärm machte. Daraufhin habe ich mit dem Banjo ein leiseres Instrument gewählt. Es war die Zeit des Dixieland-Jazz, und ich habe in vielen Bands gespielt, nicht immer zur Freude meiner Mutter. Schon damals habe ich viel gelesen, und ein Buch hat mich besonders beeindruckt: »Doktor Faustus« von Thomas Mann. Die Musik spielt in diesem Künstler­ roman eine zentrale Rolle, insbesondere die Zwölfton­ musik. Dieser Bruch mit der Tonalität faszinierte mich. Das Infragestellen des Alten, den Aufbruch in unbe­ kanntes Terrain fand ich ungeheuer spannend. Auch Adornos »Philosophie der neuen Musik« beeinflusste mich damals bei meiner Auseinandersetzung mit Musik. Es ist ein komplexer Text, in dem Adorno konstatiert, das historische, klassisch-musikalische Material sei erschöpft und deswegen eine Veränderung angezeigt. Ich habe mich damit identifiziert, es war für mich auch ein interes­ santer intellektueller Prozess. So entstand mein Interesse an neuer Musik – wobei ich auch weiterhin alte Musik schätze. Insbesondere Bach ist für mich unantastbar. Die Musik hat mich nicht mehr losgelassen. Ende der Achtziger erteilte ich erstmals zwei Auftragskomposi­ tionen an den Komponisten der polnischen Moderne, Augustyn Bloch, für den transzendentalen Bilderzyklus meiner Frau und – Menschenrechte sind für mich zentral – für den ermordeten Arbeiterpriester Jerzy Popiełuszko. Einer Auftragskomposition verdanke ich auch meinen ersten Kontakt zu Christoph Lieben-Seutter. Gleich nach seiner Ernennung zum Generalintendanten von Elbphil­ harmonie und Laeiszhalle suchte ich ihn in Wien auf. Ich wollte mit seiner Unterstützung eine Auftragskompo­ sition von Matthias Pintscher in den ersten Elbphilhar­ monie-Wochen zur Uraufführung bringen. Lieben-Seutter gefiel das Projekt, und so kam es im April 2017 tatsäch­ lich zur Aufführung des Werks (»Shirim für Bariton und Orchester«) mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter der Leitung von Christoph Eschenbach, der Solist war Bo Skovhus. Ich war von Anfang an im Umfeld der Elbphilhar­ monie tätig, u. a. im Freundeskreis. Begeistert war ich auch von der Initiative der damaligen Kultursenatorin Karin von Welck, die für die Stiftung Elbphilharmonie

viele Geldgeber gewinnen konnte. Seit 2012 gehöre ich dem Aufsichtsrat an. Die Elbphilharmonie war zunächst eine Fiktion, unter der sich viele nicht wirklich etwas vorstellen konn­ ten. Christoph Lieben-Seutter und sein Team haben es verstanden, schon lange vor der Eröffnung die künstle­ rische Idee, die programmatische Vision in der Stadt ­sicht­bar zu machen. So fanden schon früh »Elbphilharmo­ nie Konzerte« an den verschiedensten Orten in Hamburg statt, von St. Pauli bis Steilshoop. Bereits vor ihrer Fertig­ stellung kam die Elbphilharmonie zu den Menschen, stellte sich vor und weckte Neugier. Mir hat das sehr ge­ fallen, es war innovativ und beweglich, von einer großen künstlerischen Intention getrieben. Ich bin ein leidenschaftlicher Konzertgänger, für mich ist ein Konzertbesuch ein aktiver Vorgang: Ich nehme teil, höre zu und gewinne dadurch ein Gefühl für mich selber. Vielleicht lässt man sich manchmal zu sehr von der Musik mitreißen, aber man lernt immer dazu und erweitert sich, wenn man wirklich zuhört. Die entschei­ dende Frage ist: Verschließt oder öffnet man sich beim Hören? Geht man in die Musik, in die Themen hinein? Fast jedes Konzert ist für mich ein Höhepunkt, wobei ich wie gesagt nicht nur neue Musik schätze, denn in erster Linie zählen die Inhalte, nicht das Gewand. Bedingt durch meine Geschichte und den Wunsch, mich dem Neuen zu öffnen, suche ich in Kompositionen aber immer gerne nach Zeichen von Umbruch und Veränderung. Ich freue mich, dass von der neuen Lust an Musik auch die Laeiszhalle profitiert: Ich kenne sie von frühester Jugend an, mag ihren Klang und die schöne neobarocke Ausstattung. Doch der weite, freie Raum über der Musik und dem Publikum in der Elbphilharmonie und ihre singuläre Lage gefallen mir besonders gut: der große und gleichzeitig intime Saal, die Nähe zum Geschehen auf der Bühne, aber auch die Abstraktion. Ich sitze auch gern einmal hinter dem Orchester, wo ich dem Dirigenten ins Gesicht schauen kann. Es ist fantastisch, dass mit dem neuen Konzert­ haus nicht nur eine weitere Musik-Veranstaltungsstätte ent­standen ist, sondern ein pulsierendes Kulturzentrum unserer Stadt, das umfassend und über Genregrenzen hinaus dem Publikum Angebote macht und neue Wege geht. Ich wünsche mir, dass es immer so weitergeht. AUFGEZEICHNET VON CL AUDIA SCHILLER FOTO CHARLOTTE SCHREIBER


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MUSIK ALS HEIMAT Mit ihrem neuen Programm »Hedûr«    spendet die kurdische Sängerin   Aynur Doğan Trost – sich selbst,   ihrem Volk und uns.   VON STEFAN FRANZEN


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uflucht in der Musik finden – wer von uns hat das nicht schon irgendwann einmal erlebt? Gerade während der letzten beiden Pandemie-Jahre war der Trost in Klängen für viele von uns wesentlich. Es gibt aber Menschen, für die dieses Bedürfnis nach Zuflucht ein permanentes ist: für Flüchtlinge, Vertriebene oder ganze Völker, die keine Heimat, keinen eigenen Staat haben. Die Geschichte der Kurden ist dafür eines der prominentesten Beispiele. Für dieses über Gebiete in der Türkei, im Iran, in Syrien und im Irak verteilte Volk ist Musik identitätsstiftende Heimat. Eine der größten Stimmen des modernen kurdischen Liedes heißt Aynur, und ihr neues Album hat sie passenderweise »Hedûr« genannt. In ihrer Landessprache ist es das Wort für »Trost«. Kurdische Kultur hatte und hat immer hohe Hürden zu nehmen, musste und muss sich nicht nur gegen geo­ grafische Zersplitterung zur Wehr setzen, sondern erfährt – vor allem in der Türkei – auch Zensur. Gelingt es einem Musiker, nicht nur in der Heimat, sondern gar interna­ tional Aufsehen zu erregen, hat das gleich hohe Symbol­ kraft für dieses Volk, das durch willkürliche Grenzziehun­ gen der Westmächte in vier Teile zerrissen wurde. Da wäre der Liedermacher und Menschenrechtler Ferhat Tunç zu nennen, der vor allem auf politischem Feld aktiv ist, oder das vor wenigen Jahren entstandene pan-kurdische Projekt Nishtiman um Hussein Zahawy, das erstmals Musiker aus dem irakischen, iranischen und türkischen Teil Kurdistans zusammenführt. Doch wie keine andere Stimme aus der kurdischen Diaspora verkörpert die charismatische Sängerin Aynur mit ­ihrer betörenden Kopplung von Folklore und modernen Klangperspektiven die Öffnung Kurdistans hin zur Welt. Aynur wächst in einer musikalischen Familie auf; Lieder und Gedichte der kurdischen Bardentradition, unbegleitet gesungene Epen bilden einen festen Bestand­ teil des Alltags. In ihrem Dorf in der Provinz Tunceli (kurdisch: Dersim) herrscht pastorale Abgeschiedenheit, es ist eine alevitische Gemeinschaft, die von Schafzucht geprägt ist, man verbringt Monate auf den Hochebenen bei den Tieren. Für die Aleviten hat Musik eine omniprä­ sente spirituelle Bedeutung, zudem ist sie Trägerin der Geschichte und des Wissens.

Das junge Mädchen mit der auffälligen Stimme singt bereits mit dreizehn Jahren bei Schulfeiern. Es ist eine Zeit großer Restriktionen für die Kurden in der Türkei: Nach dem Militärputsch von 1980 schränkt die neue Regierung auch die Rechte der Minderheiten ein. Die kurdische Sprache wird für einige Jahre verboten, die Abwesenheit kurdischer Kultur in den Medien wird bis ins neue Jahr­tausend anhalten. »Wir sprachen heimlich«, erinnerte sich Aynur 2005, als der Regisseur Fatih Akin sie portrai­ tierte. »Als wir nach Istanbul kamen, konnten wir gar kein Kurdisch mehr.« Wegen der Kämpfe zwischen Türken und Kurden in der Heimatregion sieht sich die Familie zur Flucht gezwungen. Den Wechsel aus der ländlichen Atmosphäre mitten hinein in die Millionenmetropole am Bosporus erfährt sie zunächst als Schock. Doch dann taucht die damals Siebzehnjährige intensiv in den musikalischen Kosmos Istanbuls ein, studiert Gesang und das Spiel auf der Laute Bağlama an der Musikschule des berühmten Virtuosen Arif Sağ. Als Vorbild für ihren Stil dient ihr der Innovator Erkan Oğur, der die türkische Musik für eine junge Generation erschlossen hat. Gegen vielerlei Widerstände und Zensurgebaren hält sie an ihrem kurdischen Erbe fest. »In meiner An­ fangszeit als Musikerin sang ich bei einem Konzert auf Kurdisch. Dreimal wurde mir auf der Bühne die Laute aus der Hand gerissen«, erinnert sie sich. Ihre Widmung an die kurdischen Mädchen im Stück »Keçe Kurdan« wird von der türkischen Strafkammer in Diyarbakır wegen vermeintlich »aufrührerischen« Charakters vorübergehend verboten: Angeblich ermutige es Frauen, sich den Separa­ tisten anzuschließen. Die Bedrohungen werden sich wei­ ter durch ihre Karriere ziehen, und sie münden schließ­lich darin, dass Aynur 2011 verängstigt die Türkei verlässt: Nach­dem Nationalisten sie beim Istanbuler Jazzfestival angeschrien hatten, sie solle doch gefälligst türkisch singen, entschließt sie sich, fortan in den Niederlanden zu leben. ›


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»Alles, was ich erlebe und empfinde, fließt in meine Musik ein«: Aynur in der Elbphilharmonie (August 2018)


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abei war es nie ihr Ziel, politischen Aktionismus zu betreiben: »Ich sehe meine Songs nicht als politisch an. Doch die Gefühle in ihnen sind natürlich auch von poli­ tischen Ereignissen verursacht«, hat sie einmal in einem Interview klargestellt. »Alles, was ich empfinde und erlebe, fließt in meine Musik ein. Das Besondere an der kurdi­ schen Musik sind ihre Klagelieder. Das sind alles erlebte, erfahrene Schmerzen – Schicksalsschläge, Kriege, Tren­ nungen, Liebschaften, Zerstörungen.« Der steinige Weg hat sich gelohnt, heute ist die 46-Jährige eine der ganz wenigen kurdischsprachigen Sängerinnen, die weltweit wahrgenommen werden. Zu ihrer internationalen Popularität trägt bei, dass der Regisseur Fatih Akin sie 2005 in seinem musikalischen Istanbul-Portrait »Crossing The Bridge« auftreten lässt. Ihre Stimme wird dort in der Akustik eines türkischen

»Es ist schwierig, Musik, die in einer verbotenen Sprache gesungen wird, jungen Leuten zu vermitteln.« Bades in Szene gesetzt. Sie erobert das Publikum von den USA bis nach Singapur, tritt auf dem wichtigen Welt­ musikfestival Womad auf, repräsentiert 2010 das Gastland Türkei auf der Frankfurter Buchmesse und singt für die Kulturhauptstadt Istanbul. Vom Cellisten Yo-Yo Ma lässt sie sich einladen, ihre kurdischen Mosaiksteine in das berühmte Seidenstraßenprojekt einzubauen. Auf Aynurs CDs sowie in ihren Konzerten erstehen die bardischen Melodien in der Tradition großer Vor­ bilder wie Asik Veysel majestätisch und vielfältig zu neuem Leben. Mal geschieht das a cappella, mal zur luftigen Begleitung eines Folkensembles mit Flöte, Laute und Geige, dann wieder hochdramatisch mit packendem Unterbau der Rahmentrommeln und zu mächtigen Chören. Aynur singt in den kurdischen Dialekten Kur­ manji, Zazaki und Sorani, sie erzählt schwermütig von der unmöglichen Liebe einer Frau zu einem Alevitenführer, oder sie feiert den Einzug einer Braut mit fröhlicher Beschwingtheit. Ihre Stimme tönt dabei immer zutiefst berührend, getragen von einem Timbre, das zugleich schneidend-kraftvoll und innig-melancholisch wirkt. Mehr und mehr schafft sie neben dem traditionellen Material, das sie den Alten abhorcht und in Archiven aufstöbert, auch eigene Kompositionen. Und sie öffnet sich im Laufe der Jahre stilistischen Wagnissen, die die Klangsprache des kurdischen Heimatterrains erweitern, etwa mit dem spanischen Starproduzenten Javier Limón, der die Farben des Orients neben den Flamenco stellt. Oder indem sie mit dem Projekt »Hawniyaz« des Osnabrü­ cker Morgenland-Festivals ein persisch-kurdisch-aser­ baidschanisches Quartett auf die Beine stellt, das zwischen

nahöstlicher Tradition und westlicher Klassik vermittelt. »Es ist schwierig, Musik, die in einer verbotenen Sprache gesungen wird, jungen Leuten zu vermitteln«, sagte sie kürzlich. »Daher meine Motivation, immer neue Formen auszuprobieren, kurdische Musik mit Jazz und klassischen Elementen zu kombinieren.«

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n ihrem neuen Werk »Hedûr« hat Aynur drei Jahre lang gearbeitet, erstmals nicht nur als Sängerin, sondern auch als Produzentin. Auf der Bühne der Elbphil­ harmonie wird sie die neuen Songs in konzentrierter Quintett-Besetzung präsentieren; das Album hingegen ist geprägt von opulenten Streichorchesterklängen. An sanften, träumerischen Klavierlinien reiben sich die nach wie vor kraftvollen, auch mal hart klingenden Melodien. Etwa wenn in »Rabe Hîv E« der Mond angerufen wird und sich eine Romanze zwischen einem Schafhirten und einem Mädchen entspinnt. Es ist eines von mehreren Liedern, die Aynur der Sammeltätigkeit des Schriftstellers Hüseyin Erdem zu verdanken hat. Aynur greift auch auf die älteste Substanz kurdischer Klangkultur zurück: auf Wiegenlieder, die erste Musik, die sie als junges Mädchen lernte. Und immer wieder strömt viel Melancholie aus den Songs, etwa im herz­ zerreißenden »Ezim Ezim Eziliyor«, ein Klagegesang über den verschwundenen Geliebten. Doch es gibt auch lichte Momente: Dann, wenn das Ensemble sich zu mitreißen­ den Rhythmen vereinigt und ein tanzendes Mädchen in all seiner Schönheit und mit all seinem Geschmeide besungen wird. Aynurs eigene Kompositionen fassen die Gemüts­ lage des kurdischen Volkes treffend zusammen: Im Finale »Kal Î Kal Ϋ wird einem alten Mann, dessen Zukunft leer erscheint, Mut zugesprochen: »Hör auf zu seufzen, steh auf, die Welt dreht sich weiter, Berge und Steine sind nicht stumm, geh mit deinen eigenen Füßen weiter.« Und im Titelstück »Hedûr« heißt es: »Lamentiere nicht, meine Nachtigall, halte dich nicht mit Sorgen auf. Manch­ mal bin ich niedergeschlagen, manchmal frohgemut, meine Stimme, meine Laute sind ein Wiegenlied, und manchmal finde ich Trost in ihnen.« Trost fänden wir in der Zeit, die vorübergeht, schreibt Aynur im Begleittext zu ihrem Werk. »In diesem Moment, in dem es uns gelingt, eine Pause von der Brutalität zu nehmen, und in dem wir spüren, dass wir eins werden mit dem Universum. In diesem Bruchteil der Zeit erkennen wir, dass wir trotz allem vollkommen sind.«

AYNUR Sa, 26.3.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal »Hedûr«


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DER

VERBOTENE BLICK

Zwischen Gewalt und Begehren, Leben und Tod, Schmerz und Kunst: In Claudio Monteverdis »L’Orfeo« betritt das moderne Individuum die Opernbühne VON REGINE MÜLLER

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as ist der Ur-Mythos der Musik: Orpheus, thrakischer Musensohn, rührt mit seinem Ge­sang Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen, ja sogar die Steine. Als seine Frau Eurydike an einem Schlangenbiss stirbt, steigt er, auf die Kraft seiner Kunst vertrauend, in die Unterwelt hinab, um Hades zur Rückgabe der geliebten Toten zu bewegen. Und tatsäch­ lich lässt sich der Gott erweichen, unter der Bedingung, dass Orpheus beim Aufstieg vorangehe und sich nicht nach Eurydike umschauen dürfe. Doch Orpheus missach­ tet das Gebot – und Eurydike verschwindet vor seinen Augen für immer in der Unterwelt. Kaum ein antiker Mythos ist so unerschöpflich wie der Orpheus-Mythos. Das liegt zum einen daran, dass die Paar-Konstellation zwischen Orpheus und Eurydike von geheimnisvoller Vieldeutigkeit ist und im Vagen lässt, was mit der Metapher – oder ist es gar keine Metapher? – des verbotenen Blicks eigentlich gemeint sein könnte. Ist es Orpheus’ Schwäche, sein Begehren, oder ist es Gewalt, die Eurydike ein zweites Mal tötet? Unerschöpf­ lich ist der Mythos aber auch deshalb, weil der heiße Kern dieser uralten Erzählung der Musik eine elementare Macht zuspricht: Im Mythos vermag Orpheus’ Gesang »Nackter Jüngling (Orpheus)«: Fotografie von Fred Holland Day (1907)

sogar den Tod zu überwinden – ein starkes Bild für die Musik, ja für die Kunst schlechthin, für ihre überdauernde und transzendierende Kraft. Einen weiteren, selten gesehenen Aspekt des Mythos beleuchtete jüngst das Orkester Nord aus Trondheim in sechs kurzen Videoclips unter dem Titel »Orpheus Uncut«. Das Ensemble las den bei Ovid wiedergegebenen Mythos weiter als nur bis zum tragischen Ende der sattsam bekannten Eurydike-Episode. Nach dem zweiten Verlust seiner Frau geht der Sänger nämlich zurück nach Thrakien und wendet sich dort der Knabenliebe zu. Daraufhin wird er von den dionysischen Mänaden aus Rache dafür, dass er sich von den Frauen abwandte, zerrissen. Sein Kopf, an die Leier genagelt und in den Fluss geworfen, singt schwimmend weiter, und auch seine Leier klingt fort. Ein gespenstisches Bild für die Unsterblichkeit von Kunst, erkauft mit einem Menschenopfer. Und noch eine vielschichtige Deutung gibt es: Vor mehr als dreißig Jahren nahm der Literaturwissenschaftler Klaus Theweleit den Orpheus-Mythos zum Anlass, in seinem dreibändigen »Buch der Könige« kritisch über die Macht- und Geschlechterverhältnisse in der Kunstpro­ duktion zu reflektieren. Der erste Band, »Orpheus und Eurydike«, untersucht die Entstehungsgeschichten von Kunst anhand der Strukturen des Orpheus-Mythos, den Theweleit als zutiefst patriarchalische Erzählung begreift. ›


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Der mythische Sänger verwandelt seinen Schmerz in unsterbliche Kunst; das Opfer schweigt und stirbt.

Angeregt durch Jean-Pierre Ponnelles und Nikolaus Harnoncourts legendäre Zürcher Inszenierung von Claudio Monteverdis »L’Orfeo«, schreibt Theweleit: »Die Oper im TV war ein ziemlich glatter Mordfall. Eine störende Frau wurde beseitigt, damit zwei Typen, ein Künstler und ein Gott, Orpheus und Apoll, besser miteinander klarkämen.« Theweleit deutet den Mythos als Blaupause für die Machtverhältnisse bei der Kunst­ produktion im Patriarchat, die laut seiner Analyse auf Menschen- bzw. bevorzugt Frauenopfern basiere, indem Künstler ihre Beziehungen zu Frauen systematisch instrumentalisierten und für das eigene Werk bedenken­ los anzapften. Der mythische Sänger verwandelt seinen Schmerz in unsterbliche Kunst, während Eurydike als Opfer schweigt und stirbt. Angesichts all dessen ist es gewiss kein Wunder, dass der Orpheus-Mythos in der Geschichte des Musik­ theaters eine zentrale Rolle spielt, ja sogar die Gattung selbst begründete. Von Monteverdis 1607 uraufgeführtem »L’Orfeo«, der als erste Oper überhaupt gilt (was historisch nicht ganz richtig ist, aber dazu gleich mehr), reicht die Beschäftigung mit diesem Stoff bis in die unmittelbare Gegenwart: von Luigi Rossi, Telemann und Gluck, von Charpentier, Rameau und Pergolesi bis zu Haydn, Berlioz und Offenbach. Auch Beethovens langsamer Satz aus dem 4. Klavierkonzert wird mit dem Gesang des Orpheus an die Furien assoziiert. Schubert und Liszt besangen den mythischen Sänger ebenso wie Krenek, Strawinsky, Henze. Und weiter reicht die Orpheus-Spur bis hin zu Zeit­ genossen wie Philip Glass, Harrison Birtwistle und Beat Furrers Musiktheater »Begehren«.

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ber wie fing es an? Obwohl Monteverdis »L’Orfeo« gemeinhin als erste veritable Oper der Musik­ geschichte gilt, gab es tatsächlich etliche Vorläufer. Die erste vollständig überlieferte Oper stammt aus der Feder von Jacopo Peri, und es ist kein Zufall, dass sie den gleichen Stoff behandelt: Peris »L’Euridice« wurde 1600 als festliche Begleitung einer königlichen Hochzeitszere­ monie im Florentiner Palazzo Pitti uraufgeführt. Bei dem Spektakel anwesend war auch der Herzog von Mantua, Vincenzo Gonzaga, der offenbar Gefallen sowohl an der neuen Kunstform als auch am Sujet fand. Er beauf­ tragte daraufhin seinen Hofkomponisten Claudio Monte­ verdi mit der Vertonung desselben Sujets und veranlasste so die Entstehung des »L’Orfeo«. Wichtig dabei dürfte auch die Theaterbegeisterung der beiden Herzogssöhne Ferdinando und Francesco Gonzaga gewesen sein. Der Jüngere von beiden, Ferdi­

nando, verfolgte mit Interesse die musiktheatralischen Bemühungen, die in Florenz zu beobachten waren: In einem Zirkel gelehrter Musiker, Dichter und Denker, der Camerata Fiorentina, experimentierte man mit musikalischen Formen theatralischer Darstellung, um an der Wiederbelebung der antiken Tragödie zu arbeiten – saß dabei aber einem Missverständnis auf, das sich für die neue Gattung der Oper als höchst produktiv erweisen sollte. Die Gelehrten der Camerata stellten sich vor, dass in den antiken Theaterarenen die Texte der Dramen nicht gesprochen, sondern in Gesängen artikuliert worden waren. Aus dieser Annahme heraus entwickelte sich eine neue Art des Sprechgesangs, der vollkommener Ausdruck des Affekts sein sollte. Und um die dafür wesentliche Textverständlichkeit garantieren zu können, musste sich auch die Art der Musik ändern: von der bislang vor­ herrschenden Vielstimmigkeit, der Polyphonie, hin zu einem nur vom Generalbass begleiteten Sologesang. Der zukunftsträchtige Vorteil dieser »Seconda pratica«, wie Monteverdi sie nannte: Mit ihr ließ sich menschliche Emotion viel unmittelbarer ausdrücken als mit den kunstvoll verschlungenen Stimmgeflechten der alten Schule. Am 24. Februar 1607 kam es im Palazzo Ducale zu Mantua schließlich zur Uraufführung von Monteverdis favola in musica »L’Orfeo«. Eine Woche nach dem Ereignis berichtete Francesco Gonzaga seinem musikbegeisterten Bruder Ferdinando davon in einem Brief: »Die Favola wurde mit so viel Freude für alle, die sie hörten, aufge­ führt, dass der Fürst, obwohl er sie auch bei den Proben viele Male gehört hatte, nicht zufrieden war und anordne­ te, dass sie noch einmal aufgeführt wird; und das wird heute in Anwesenheit aller Damen der Stadt geschehen.« Die erste Oper der Musikgeschichte war also so­gleich nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein (adels-) gesellschaftliches Ereignis. Und Orpheus war von nun an das singende Individuum der Neuzeit, das die Welt mit seiner Kunst rührt – der Archetyp der neuen Gattung Oper.

L’ORFEO Mi, 16.2.2022 | 20 Uhr Elbphilharmonie Großer Saal Europa Galante, Fabio Biondi Ian Bostridge (Orfeo), Monica Piccinini (Euridice), Roberta Invernizzi (Prosperina) u. v . a. Claudio Monteverdi: L’Orfeo / Favola in musica Konzertante Aufführung in italienischer Sprache


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PLATZ


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ES BRUMMT IN DER CHEFETAGE

Zurücklehnen ist nicht: Für die Assistentin und die Persönliche Referentin des Intendanten bleibt der Alltag auch nach vielen Jahren am Haus ein Abenteuer. VON FRÄNZ KREMER FOTOS GESCHE JÄGER


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Initiativ seit 14 Jahren dabei: Claudia Schiller

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enn Claudia Schiller und Elena Wätjen am 11. Januar 2022 mit einem Gläschen auf den fünften Geburtstag der Elbphilharmonie anstoßen, dann werden ihnen die feierlichen Bilder des Eröffnungskonzerts 2017 sicher noch einmal durch den Kopf gehen. Aber sie werden sich vielleicht auch an andere, noch ältere Bilder erinnern: an Kräne, Bauhelme und Krisensitzungen, an Konzertreihen und Festivals, die große Vorfreude entfachten – und an ein kleines, euphorisches Team, das über Jahre an einer ziemlich großen Sache schraubte. Schiller und Wätjen gehören zu jenen Mitarbeitern, für die die Elbphilharmonie nicht erst seit fünf, sondern seit mehr als zehn Jahren Arbeitsplatz und Lebensprojekt ist: Schiller fing 2007 als Assistentin des damals frisch bestimmten Generalintendanten Christoph Lieben-Seutter an, Wätjen kam 2010 ins Team und ist heute Lieben-­ Seutters Persönliche Referentin. Als engste Mitarbeiterin­ nen des Chefs haben sie ihr Büro neben ihm und arbeiten ihm direkt zu. Will man die beiden in der Chefetage besuchen, braucht man mit dem Aufzug nicht bis ganz nach oben in den 26. Stock der Elbphilharmonie zu fahren. Man braucht auch keine eigene Etage anzusteuern. Das Büro und das Vorzimmer des Intendanten sind im 10. Ober­

geschoss mitten im Geschehen angesiedelt: Links piepen die Walkie-Talkies im Techniker-Büro, rechts plant das Education-Team die nächsten Kinderkonzerte. Die Wand von Schillers und Wätjens Büro ist zum Flur hin komplett aus Glas, die Tür fast immer offen. »DAS BRAUCHT JETZT NICHT DIE GANZE WELT ZU HÖREN«

Auch die dahinter liegende Tür zum Intendanten-Büro steht meistens auf und gibt den Blick auf Lieben-Seutters Schreibtisch frei. »Das ist bewusst auch von ihm so ­gewollt«, klärt Schiller auf, »es soll da keine Schranken geben.« Es sei eher sie selbst, die mal aufsteht, um die Tür des Chefs zu schließen: »Etwa bei Telefonaten, bei denen ich denke: Das braucht jetzt vielleicht doch nicht die ganze Welt zu hören.« Schiller lacht. Es ist ein herz­liches Lachen, man erkennt es sofort wieder, wenn man es einmal gehört hat. Christoph Lieben-Seutter kennt es vermutlich schon seit ihrem ersten Gespräch. 2007 war das, im Hotel Vier Jahreszeiten: »Ich war begeistert von dem Projekt Elbphilharmonie, suchte eine neue Herausforderung und habe mich initiativ auf die Stelle beworben«, erinnert sich Schiller. Sie hatte zuvor an der Hamburgischen Staatsoper gearbeitet, als Assistentin des Generalmusikdirektors, ›


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Kam 2010 für die Elbphilharmonie aus München: Elena Wätjen

später des Operndirektors. Dann klopfte sie in ihrer direkten Art bei Lieben-Seutter an, bekam den Job – und zog von der Oper einmal um die Ecke, in einen Bürokom­ plex am Valentinskamp. Dort wartete eine andere Welt: »Unser Team bestand zu Beginn aus vier Leuten, wir arbeiteten in Agenturräumen, um uns herum nur Anwälte und Unternehmensberater. Wir waren dort so etwas wie die bunten Hunde.« In den turbulenten Jahren, die dann folgten, blieb Schiller stets als Assistentin an Lieben-Seutters Seite. Bis heute plant sie seinen Terminkalender, nimmt Anrufe entgegen, begleitet ihn durch den Tag. »Unser Chef ist selbst sehr gut organisiert und strukturiert«, sagt Schiller. Sie übernimmt daher auch viele andere Aufgaben: Als Redakteurin verantwortet sie die Monatsprogramm-­ Broschüre von Elbphilharmonie und Laeiszhalle, für das Magazin portraitiert sie Konzertbesucher (siehe S. 60), und bis zur Coronakrise organisierte sie im Elbphilhar­ monie Kulturcafé die Reihe »Talk im Kulturcafé«, bei der sich namhafte, von Schiller ausgewählte Künstlerinnen und Künstler im Gespräch vorstellten. Nah dran an wichtigen Leuten ist sie auch in ihrem Büroalltag. »Solche Größen wie Claudio Abbado oder Mariss Jansons aus der Nähe erlebt zu haben, ist natürlich toll.« Auch an Brian Eno und Laurie Anderson denkt sie gern zurück; und an ein unerwartetes Treffen mit dem

Viel Zeit für Rückblicke oder gar für Nostalgie werden die beiden rund ums Jubiläum nicht haben.

Schauspieler John Malkovich: »Er war in dem Stück ›Just Call Me God‹ in einer Szene als Putzfrau verkleidet. Und in dieser Aufmachung, mit Kittel und Plastikschlappen, stand er dann in einer Pause plötzlich neben mir in der Cafeteria.« »Aber ich will das mit diesen Stars gar nicht so hoch aufhängen«, sagt Schiller, »das ist nicht das Wichtige.« Das Büro des Intendanten sei als Drehscheibe des Hauses vielmehr mit allen möglichen Leuten in Kontakt: »Ob Mitarbeiter, Politik, Sponsoren, Publikum, wir sind für alle da – und antworten grundsätzlich auch jedem. Aber es ist auch meine Aufgabe, zu entscheiden, wie dringend ein Anliegen ist, die Dinge für den Intendanten vorab zu filtern. Um die Eröffnung war es gewaltig, was hier auf­ gelaufen ist, aber auch jetzt brennt hier täglich die Luft. Man muss flexibel sein, schnell entscheiden, gleichzeitig mit viel Fingerspitzengefühl agieren.« »WIESO MACHEN WIR DAS?«

Die vielen Anfragen und Themen zu priorisieren, ist das denn für Schiller nach vierzehn Jahren ein Stück weit … Routine? »Nein«, sagt sie entschieden, »das auf keinen Fall.« Sie mag das Wort nicht – und überhaupt scheint es ein Reizwort zu sein hier in der Chefetage. »Dinge auf eine bestimmte Art zu machen, nur weil sie schon immer so gemacht wurden, das gibt es hier eigentlich nicht«, sagt Elena Wätjen. »Das schätze ich auch an unserem Chef und


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Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liege aber, nicht zuletzt wegen ihrer Historie im Haus, auf der Kommunikation: »Zuletzt ging es viel um Corona, wie man die Leute bestmöglich über die vielen Änderungen informiert. Ich habe mich etwa um Kunden- und Abonnentenanschrei­ ben gekümmert oder um Formulierungen auf der Web­ site.« Ein nächstes großes Thema ist der anstehende fünfte Geburtstag: »Aus Kommunikationssicht gibt es viele ­Parallelen zur Eröffnung, da es wieder ein Thema mit internationaler Ausstrahlung und mehreren Akteuren ist: der Stadt, den Künstlern, die ein spezielles Projekt zum Jubiläum planen, den Agenturen, vielen Beteiligten im Haus. Ich bin in den Runden mit drin, höre zu, berate, behalte die Zeitpläne im Blick.« »MILLIONENGRAB! SKANDAL! SCHANDE!«

Routine scheint hier in der Chefetage ein Reizwort zu sein.

an unserer Herangehensweise – dass wir immer wieder einen Schritt zurücktreten und uns fragen: Wieso machen wir das? Und können wir es noch besser machen?« Einen breiten, auch kritischen Blick auf das Ganze zu bewahren – das gehört für Wätjen zur Stellenbeschrei­ bung. 2010 zog sie von München, wo sie für den Gasteig gearbeitet hat, nach Hamburg und begann ein Volontariat in der Pressestelle der Elbphilharmonie. »Mit Konzerten und Festivals wollten wir damals zeigen, was die Elb­ philharmonie der Stadt bringen würde. Wir mussten viel Akquise betreiben, immer wieder anrufen, nachfragen, damit darüber berichtet wird«, sagt Wätjen, »und dann gab es natürlich viele Baustellenführungen, viel Krisen-PR. Es war ein Volontariat, ich habe nicht damit gerechnet, dass ich bis zur Eröffnung bleibe.« Sie blieb – und schlug sich sechs Jahre später so einige Nächte um die Ohren, als sie als Projektleiterin die große Eröffnungs-PR verantwortete. Nach der Eröffnung wurde sie stellvertretende Marketing-Leiterin, 2018 dann Lieben-Seutters Persönliche Referentin. »Es reizte mich, noch tiefer in andere Bereiche, die der Intendant verantwortet, einzutauchen«, sagt sie. »Es geht darum, ihn im Tagesgeschäft zu entlasten, Dinge vorzubereiten, zu recherchieren, Themen weiterzuverfolgen, die in den ver­ schiedenen Abteilungen aufkommen, ob im Marketing, Vertrieb, Development oder in der Künstlerischen Planung.«

Viel Zeit, zurückzublicken, oder gar in Nostalgie zu ver­ fallen, werden Schiller und Wätjen auch rund um die Fünf-Jahres-Feierlichkeiten nicht haben. Aber wenn sie in einem ruhigen Moment in den Großen Saal blicken, dann kommen doch ab und zu Erinnerungen hoch: »Ich sehe mich manchmal noch in meiner ersten Woche im Dezem­ ber 2010 hier stehen: auf Stahlträgern, in Winterjacke und mit Bauhelm, der Saal nach oben hin offen, ein hohler Zahn, in den es zu dem Moment gerade hineingeschneit hat«, sagt Wätjen. Die Baustelle bleibt auch Schiller präsent: »Ich erin­ nere mich gern daran, wie wir die Kultursenatorin Karin von Welck 2010 verabschiedet haben«, sagt sie. »Als Überraschung wurde sie damals im Förderkorb von oben herunter in die Baugrube gelassen – während wir ihr als Baustellen-Chor ein Ständchen gesungen haben. Toll war auch, als wir mal als Statisten in einer Folge ›Bella Block‹ mitspielen durften. Es gab eine Szene, in der eine Führung über die Baustelle ging. Wir Mitarbeiter spielten die schimpfende Besuchergruppe und mussten ›Millionen­ grab! Skandal! Schande!‹ rufen. Es war zum Piepen.« Aber nicht nur das Gebäude mit seiner Geschichte, sondern vor allem auch das Team ist den beiden ans Herz gewachsen. »Es wurde mit der Zeit zu einer echten Familie«, sagt Wätjen. »Und wir haben immer schon rauschende Feste gefeiert«, ergänzt Schiller. Dass dies hoffentlich bald wieder möglich ist, darauf freuen sie sich besonders. Und was wünscht man sich nach vierzehn Jahren sonst noch so, Claudia Schiller? »Dass das Haus so lebendig bleibt. Ich mag Irritation. Das Zeitgenössische, das Neue, das muss hier seinen Platz behalten. Das wird es mit diesem Intendanten auch. Und wenn ich am Ende noch einen persönlichen Wunsch aus meiner Fan-Ver­ gangenheit platzieren darf, dann wäre es, hier eines Tages nochmal Van Morrison und Bob Dylan zu hören.« ­M MEHR SPANNENDE GESCHICHTEN RUND UMS TEAM DER ELBPHILHARMONIE FINDEN SIE IN DER MEDIATHEK UNTER WWW.ELBPHILHARMONIE.DE/MEDIATHEK


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UND NU, DIE HERREN? Klar soll man Geburtstage feiern. Aber der Bau der Elbphilharmonie hatte nicht bloß Freunde. Wie beurteilen drei der schärfsten Kritiker von damals das Ding heute? VON ANDREA THOLL UND STEPHAN BARTELS FOTOS JEWGENI ROPPEL

SCHORSCH KAMERUN: MIT GOLDENEN ZITRONEN GEHANDELT

Er nennt sie: das Ding. »Wenn ich auf mein Hausdach klettere und mich dann noch ordentlich strecke, kann ich das Ding sogar sehen«, sagt Schorsch Kamerun. Dabei klingt die Stimme des Sängers einer Punkband irgendwie sanft, beinahe, na ja: liebevoll. Aber kann das sein? Denn mit dem Ding meint er die Elbphilharmonie, Hamburgs großes Konzerthaus mitten in der Norderelbe – und Kamerun gehörte zu den Prominenten, die ihre Kritik an dem Bau nie vornehm-hanseatisch zurückhielten, nee, er wetterte laut und tüchtig gegen das Projekt. Das ging dann so: »Die Elbphilharmonie ist ein ohrfeigenbelastetes Paradebeispiel für eine gescheiterte, bürgerabgewandte Leuchtturm-Stadtpolitik.« Oder auch so: »Das ist ein Selbst­ spiegelklotz, der vom Wellenreiten träumt.« Seitdem ist viel Wasser die Elbe Richtung Cuxhaven geflossen, die Elbphilharmonie wird nun auch schon fünf Jahre alt. Kamerun ist zwar immer noch kein richtiger Fan von ihr, aber auch nicht mehr nur dagegen. »Ich sehe sie ambivalent«, sagt er und schaut aus dem Fenster in den Hinterhof, müsste vage die Richtung sein, wo das Ding steht. Er sitzt in der herbstsonnendurchfluteten Wohn­ küche seines sehr aufgeräumten und sehr farbenfrohen Hauses mitten auf St. Pauli. Außen ist die Fassade freund­ lich himmelblau, innen nimmt ein sattgrünes Wohlfühl­ sofa den Raum ein, in der Küche glitzern buntgelbe Mo­saikkacheln von den Wänden. Und ein bunter Vogel ist ja auch der Hausbesitzer: Kamerun ist Sänger der Punk­ band Die Goldenen Zitronen, Theater­regisseur und Autor. Seine Auftritte: schräg. Seine Stücke: umstritten. Aber das war die Elbphilharmonie ja auch. Das, was ihn

an dem Megaprojekt von Anfang an gestört hat, was ihn immer noch stört: dass das Ding über die Köpfe der Menschen hinweg geplant worden sei. »Man hat nicht versucht, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt mitzu­ nehmen«, findet er. Es sei nicht ausreichend gefragt wor­ den, was sich die Menschen von dem neuen Bau wün­ schen, es »wurde einfach etwas sehr Teures hingeknallt«. ›


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»Ich verstehe, dass solche krassen Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie funktionieren.«


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»Mit Freuden habe ich dafür gekämpft, dass der Besuch der Aussichtsplattform gratis bleibt.«


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Und das sei vornehmlich nicht für die Anwohner gedacht gewesen, sondern sollte weitere Touristen anziehen und gleichzeitig das Hamburg-Image aufpolieren, meint er. Diese mangelnde Partizipation hat ihn wütend gemacht. Autoritäres Verhalten mag er nicht, es führt bei ihm fast automatisch zu einer Gegenreaktion. Das hat auch mit seiner eigenen Kindheit zu tun. Kamerun hat nämlich einen »ultraautoritären familiären Hintergrund«. Eigentlich heißt er Thomas Sehl, geboren 1963 in Timmendorfer Strand. Sein Stiefvater war streng, seine Mutter zu schwach, um ihn zu beschützen. Der Jung’, der taugt nix, sagte sein Stiefvater oft. Schläge wurden nicht angedroht, sondern verabreicht. »Hab’ da irgendwie Pech gehabt«, sagt Kamerun. Er wehrte sich auf seine Weise. »Ich war ein Zündelkind. Nur dadurch konnte ich meine Haut retten.« Als die Familie von der Ostsee in die östliche Hamburger Vorstadt Reinbek zog, zündete Kamerun vielerlei Sachen an, Briefkästen und so. Fast hätte er auch mal eine Chemiefabrik abgefackelt. »Wenn man in solch einer Umgebung aufwächst, in der kein Urvertrauen entstehen kann, hat man einfach sein Leben lang ein Problem«, sagt er, »habe ich irgendwie auch.« Später hat er verschiedene Therapien gemacht, hat seine Vergangenheit so richtig durchgearbeitet. Mit Erfolg: Kamerun ist seit Jahrzehnten physisch betrachtet zündel­ frei. Anfang der Achtziger zog er weg aus der Enge der Vorstadt auf den Hamburger Kiez. Damit wechselte er zwar das Umfeld, die Rebellion aber blieb. 1984 gründete er mit drei weiteren Musikern die politische Punkband Die Goldenen Zitronen, die leidenschaftlich gern chaoti­ sche Bühnenauftritte hinlegte und auch heute nicht wirklich zahm daherkommt. »Die Punkkultur war ideal für mich«, sagt er, »damit konnte ich das Antimäßige in mir richtig ausleben.« Als er mit Rocko Schamoni den Golden Pudel Klub aufmachte, war da noch ganz viel Anti. Der Club sollte ein Gegengewicht zur bestehenden Club­ kultur schaffen: kein Eintritt, keine Türsteher, keine teuren Drinks und mehr Frauen am DJ-Pult. Seit Mitte der Neunziger hat der Pudel seinen Stammplatz in Fisch­ marktnähe, eine Straßenbreite von der Elbe entfernt. Eine »Erste-Sahne-Lage« sei das, lacht Kamerun. Er geht auf die 60 zu, nur plattes Dagegen-Sein ist da keine Option mehr. Nicht mal beim Ding. »Ich ver­ stehe, dass solche krassen Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie funktionieren«, sagt er. Er selbst schaue sich doch auch die riesigen Kulturtempel in anderen Städten an, Sydney, Bilbao, Valencia. Und natürlich findet auch der Künstler in ihm ein weiteres Kulturhaus in Hamburg »grundsätzlich begrüßenswert. Und dieses ist schon gelungen spektakulär«, sagt er und ergänzt: »Das Lustige ist, dass man vom Pudel voll auf die Elphi gucken kann.«

»Das sind so die kleinen Erfolge, wenn man laut meckert.«

NORBERT HACKBUSCH: KNICK IN DER ELBE

Norbert Hackbusch hat sich ein gutes Stück von der Elb­ philharmonie entfernt, zumindest räumlich: Vor andert­ halb Jahren ist der Linken-Politiker aus seiner Wohnung im Schanzenviertel ausgezogen, nach über 45 Jahren. Ging nicht anders, das Alter, fünfter Stock ohne Fahr­ stuhl, das war irgendwann nicht mehr drin. Jetzt wohnt der 66-Jährige in einem Wohnprojekt im Quartier Neue Mitte Altona. »Das gefällt mir schon auch«, sagt er. Sei ebenso angenehm Multi-Kulti wie die Schanze, sehr viele Kinder wohnen dort, vor allem eins von seinen beiden eigenen: Seine Tochter mitsamt dem Enkelkind lebt unten im Haus. Er wieder oben unterm Dach, aber jetzt mit Aufzug. Der fährt Hackbusch nicht nur in seine sechste Etage, sondern sogar bis zu einer Gemeinschaftsdach­ terrasse hinauf. Da steht Hacki nun, wie ihn seine Parteifreund:innen gern nennen. Die Ärmel seines roten Hemdes sind hochgekrempelt, man sieht ihm an, was man weiß: Das ist einer, der anpackt. Nie laut ist, aber immer bestimmt. Seit über zehn Jahren sitzt er für die Partei Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft, stets bereit, sich für die sozial Schwachen und weniger Privilegierten der Hansestadt einzusetzen. ›


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Und das hat auch mit der Elbphilharmonie zu tun. »Mit Freude habe ich beispielsweise dafür gekämpft, dass der Besuch der Aussichtsplattform der Elphi gratis bleibt«, sagt er. »Die Steuerzahler haben so viel Geld für den Bau bezahlt, dass es auf keinen Fall sein darf, dass man auch noch für den Besuch der Plaza bezahlen muss.« Dabei spricht Hackbusch die beiden Anfangskonsonanten des Wortes »S-teuerzahler« wie «S-t« aus. Hanseaten, die tatsächlich noch über s-pitze S-teine s-tolpern, sind heutzutage selten geworden. Hacki gehört zu dieser auss-terbenden S-pezies. Er ist eben ein echter Hamburger Jung. Seine alte Heimat ist Neuenfelde im Alten Land, am Südufer der Elbe. Sein Vater arbeitete dort bei der Sietaswerft, seine Mutter war Verkäuferin. Geld war ein Thema bei Hack­ buschs, vor allem seine Abwesenheit. Als Norbert als Jugendlicher drauf und dran war, der neue Schützenkönig von Neuenfelde zu werden, als er zum letzten, siegbrin­ genden Schuss ansetzte, stieß sein Vater ihn an. Norbert versemmelte das Ding und verlor. Wenn der Sohn ins Schwarze getroffen hätte, hätte Vater Hackbusch die gesamte Zeche für die Schützenkumpanen übernehmen müssen. War finanziell einfach nicht drin. Eigentlich war so einiges nicht drin. Dass ein Werft­ arbeiterkind Abi macht zum Beispiel, es bedurfte der gesammelten Überredungskunst des Lehrkörpers, den begabten Norbert Mitte der Sechziger aufs Gymnasium zu schicken. Und dann studierte der anschließend auch noch! Zog in eine WG! Und heuerte 1986 als Dokumen­ tationsjournalist beim Verlag Gruner + Jahr an; später leitete er die Abteilung sogar. Aber er fühlte immer auch politisch. Protestierte jung gegen den Vietnamkrieg, demonstrierte gegen Brokdorf und Krümmel, blockierte Straßen, um die

Castortransporte nach Gorleben zu verhindern, war in der Friedensbewegung aktiv. Wechselte 1984 von den Marxis­ ten zu den Grünen, saß ab 1993 fast sechs Jahre lang für die GAL in der Bürgerschaft, um sich 1999 enttäuscht ab­ zuwenden. Zu angepasst, so sein damaliges Fazit. Aber 2008 kehrte er zurück ins Stadtparlament, diesmal für Die Linke. Und krempelt in deren Namen die Hemdsärmel hoch, wenn er sich am Rednerpult angriffslustig für seine Lieblingsthemen rund um Haushalt, Hafen und Kultur einsetzt. Heute auf der Dachterrasse braucht er kein Mikro­ fon, um deutlich zu werden. Der Bau der Elbphilharmonie sei ein »großer Skandal« gewesen, findet er. Erst wurde sie mit 50 Millionen Euro angekündigt, dann wurden es 77 Millionen, dann 103, am Ende landete man bei 860 Millionen, finanziert fast ausschließlich mit Steuer­ geldern. Aber nicht nur die Sache mit dem Geld störte ihn, als es losging mit den Arbeiten auf dem Kaispeicher A. »Als mein Vater von dem Bau erfuhr, sagte er: Das ist nix für uns, das ist nur was für die anderen«, erzählt Hackbusch, dessen Lieblingskonzertstätten der Stadtpark und das Hafenklang sind. Vaters Meinung war jedenfalls auch sein erster Eindruck: Die Elbphilharmonie sei als »marktkonformes Imponier-Projekt für Touristinnen und Touristen« geplant worden. Und nicht als Konzerthaus für alle Menschen der Stadt, wie sie es verdient hätten. Mittlerweile ist der Politiker Hackbusch etwas versöhnt. In der Bürgerschaft wurde durchgesetzt, dass die Elbphilharmonie über die jährlichen Betriebskosten Rechenschaft ablegen muss. Außerdem sei das kulturelle Angebot sehr breit, es gebe ja nicht nur Klassik hier, sondern sogar Bands wie Die Einstürzenden Neubauten. Ihm gefällt auch das ausgeweitete Education-Programm für Schülerinnen und Schüler. »Das sind so die kleinen Erfolge, wenn man laut meckert«, meint er. Und so ganz persönlich beeindruckt ihn die Elbphilharmonie ja schon. Er mag den Großen Saal mit seinem 360-Grad-Audito­ rium rund um die Bühne herum. »Das wirkt erstaunlich familiär.« Er guckt sich leidenschaftlich gern die Pauke an. Und dann der Blick von der Plaza! Großartig! Gelernt hat er da oben auch was. »Ich habe ja lange an der Elbe gewohnt«, sagt Norbert Hackbusch. »Aber dass der Fluss genau da einen Knick hat, habe ich nicht gewusst.« TIMO BLUNCK: SO KOPFSCHÜTTELLUSTIG

»Ich bin fragwürdig«, sagt Timo Blunck. »Und die Elphi ist es auch.« Na, das ist ja mal eine Begrüßung. Erst die Corona­ faust in einem lichtgesättigten Büroloft, beste Lage in der Hamburger Innenstadt, gegenüber ein Fünf-SterneHotel. Und dann gleich Klartext hier im Dachgeschoss, in dem die Musikproduktionsfirma BLUT sitzt. Und wie sie sitzt. Sieht ein bisschen aus wie auf der Brücke der »Raum­patrouille Orion«. Und mittendrin der Chef in der aus­ladenden Sitzgruppe. Timo Blunck ist einer der ›


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»Ich bin politisch ziemlich links. Und nicht besonders pfeffersackfreundlich.«


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»Für mich hat der Kleine Saal keinen Charakter. Aber die Garderobe ist die beste, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.« Geschäftsführer, 59 soll er sein, schwer zu glauben, wie er da so sitzt in Pulli, Jeans, Sneakern und Ringelsocken. Und er beschreibt gleich mal in einem Wort sein Verhält­ nis zur Elbphilharmonie: »gespalten«. Das war durchaus nicht immer so. »Ich bin politisch ziemlich links. Und nicht besonders pfeffersackfreund­ lich«, sagt er. Als er das erste Mal von dem Bau gehört habe, sei er »voll sauer« gewesen, dass sie den »geilen Kaispeicher kaputt machen wollten«. Den kannte er vom Feiern, krasse Partys fanden dort statt. Und an verkaterten Sonntagnachmittagen hat er sich dort gern entspannt auf den Couches sein Frühstücksbier reingezogen. »Und dann habe ich mich tierisch geärgert, dass die Stadt so viel Geld in die Elphi stecken wollte, anstatt es an Hamburger Kulturstätten zu verteilen«, sagt Blunck. Und wo wir gerade vom Geld reden: Dass der Bau viel teurer wurde als angekündigt, habe er gleich geahnt. »Politiker sagen immer, so und so viel kostet es, wissen aber schon, dass das nicht stimmt«, meint er. »Dann wird die Sache durch die Gremien gewinkt. Und am Schluss kommt der dicke Hammer.« Dass die Kosten dann gleich so viel höher waren, fand er »absurd«. Aber auch irgendwie schon wieder lustig, »so kopfschüttellustig«. Okay, das also ist aus seiner Sicht fragwürdig an der Elbphilharmonie. Und er selbst? Wieso – wir erinnern uns an die Begrüßung – ist er es? »Ich bin fragwürdig, weil ich so viele verschiedene Sachen mache«, sagt er. Einerseits ist er erfolgreicher Musikproduzent für Werbekunden wie Aston Martin oder McDonald’s, andererseits spielt er Bass in der Avantgarde-Punkband Palais Schaumburg. »Das bedingt schon eine gegenseitige Fragwürdigkeit«, findet er. Seit einigen Jahren schreibt er auch Bücher, zum Beispiel »Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?«. Das ist ein quasi-autobiografischer Roman, bei dem es ordentlich zur Sache geht. Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll auf mehr als 450 Seiten. Wer Details über Bluncks bewegte Vergangenheit wissen möchte, wird hier fündig. Zwar ist nicht alles darin wahr, »es wird an vielen Stellen hemmungslos geblun­ ckert«, wie er das kreativ-lustvolle Ausschmücken wahrer Tatsachen nennt; aber wer Buch und Autor kennenlernt, kann schwer zwischen dem echten und dem literarischen T-Bone unterscheiden. In beiden Fällen handelt es sich um ein Leben voller Exzesse. Die mit Drogen fingen allerdings erst in fortgeschrittenem Alter an. Mit 28 Jahren trank Blunck sein erstes Bier, mit 39 nahm er die erste Nase Kokain. Mit dem Rock ’n’ Roll war er früher dran, schon mit 19 hatte er musikalisch den Höhepunkt seiner

Karriere erreicht, als Palais Schaumburg als Vorgruppe von Depeche Mode und in der legendären New Yorker Danceteria auftrat. Das mit den Büchern – aktuell: »Die Optimistin« – hat angefangen, als beinahe alles vorbei war. 2014 gab er mit Die Zimmermänner, seiner anderen Indie-Band, ein Comeback-Konzert. Plötzlich sackte er auf der Bühne zusammen, hatte krampfartige Schmerzen. Während seine Bandkollegen weiterspielten, wurde Blunck mit akutem Darm­verschluss ins Krankenhaus gefahren. »Sieben Stunden haben sie an mir rumgeschnippelt«, sagt er, »das war knapp, eine Nahtoderfahrung.« Als er auf­ wachte, sei er »total gaga« gewesen und habe als erstes die Krankenschwester angebaggert. »Ich habe mich einfach so gefreut, noch hier zu sein.« Und dann nahm er sich vor, besser mit sich umzugehen, sein Talent nicht mehr zu verschwenden. Noch im Krankenhaus begann er die be­ sagte Autobiografie. »Das Schreiben war wie eine Selbst­ therapie«, sagt er. Seitdem hat sich Bluncks Leben um 180 Grad gedreht. Er macht viel Sport, achtet auf seine Ernährung, säuft kaum noch. Auch den Drogen hat er seit vielen Jahren abgeschworen. Und noch etwas hat sich verändert: Sein Blick auf die Elbphilharmonie. 2019 gab er im Kleinen Saal sogar ein ausverkauftes Konzert mit Palais Schaumburg. Als die Einladung kam, fühlte er sich »schon ein bisschen ge­ bauchpinselt«. Er freute sich auch auf den Sound, war dann aber doch enttäuscht vom Klang seiner Punkband in dem Saal. »Die schönen Akustikwände aus Holz schlucken die Töne, die machen die Musik so wahnsinnig neutral. Für mich hat der Raum keinen Charakter«, sagt er. Aber wie gesagt: Er ist gespalten in seiner Haltung. Den Auftritt damals hat er nämlich trotzdem in guter Erinnerung. »Das Licht war professionell gesteuert und die Garderobe die beste, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe«, sagt er, »eine Wand ist komplett verglast, der Blick auf den Hamburger Himmel war dramatisch schön.« Und überhaupt, sagt Blunck, bei aller Infrage­ stellung der Elbphilharmonie: Rein architektonisch sei sie der Hammer. Einmal ist er mit dem Flugzeug bei Sonnen­ aufgang über sie hinweg geflogen. »Da habe ich nur gedacht: Das Ding sieht ja geil aus.« Und wenn er Gäste zu Besuch hat, geht er gern mit denen auf die Aussichts­ plattform. Wenn dann alle von dort über die Elbe gucken und staunen, ist er schon ein bisschen stolz auf das neue Hamburger Wahrzeichen. »Hannover«, sagt Timo Blunck, »hat so was nicht.«


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Große Visionen brauchen ein starkes Fundament. Deswegen ­­unterstützen namhafte Partner aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik die Elbphilharmonie. Gemeinsam bilden sie ein Netzwerk, das die Elbphilharmonie auf dem Weg zu einem Konzerthaus von Weltrang begleitet. So ermöglichen sie ein Konzertprogramm mit einem unverwechselbaren musikalischen Profil, Musikvermittlungsideen für alle Generationen sowie innovative Festivalkonzepte, die ­Maß­stäbe im internationalen Konzertbetrieb setzen.


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­D IE FÖRDERER DER STIFTUNG ELBPHILHARMONIE

MÄZENE ZUWENDUNGEN AB 1.000.000 EURO

SILBER ZUWENDUNGEN AB 10.000 EURO

Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut und Prof. Dr. h.c. Hannelore Greve Dr. Michael und Christl Otto Hermann Reemtsma Stiftung Christine und Klaus-Michael Kühne Körber-Stiftung Peter Möhrle Stiftung Familie Dr. Karin Fischer Reederei Claus-Peter Offen (GmbH & Co.) KG Stiftung Maritim Hermann & Milena Ebel Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung Christiane und Klaus E. Oldendorff Dr. Ernst und Nataly Langner

Ärzte am Markt: Dr. Jörg Arnswald, Dr. Hans-Carsten Braun Baden-Württembergische Bank Familie Belling Marlis u. Franz-Hartwig Betz Stiftung Prof. Dr. Hans Jörn Braun Robert Brinks Hans Brökel Stiftung für Wissenschaft und Kultur Jürgen und Amrey Burmester Gisela Friederichsen

PLATIN ZUWENDUNGEN AB 100.000 EURO Ian und Barbara Karan-Stiftung Gebr. Heinemann SE & Co. KG Bernhard Schulte GmbH & Co. KG Deutsche Bank AG M. M. Warburg & CO Hamburg Commercial Bank AG Lilli Driese J. J. Ganzer Stiftung Claus und Annegret Budelmann Berenberg – Privatbankiers seit 1590 Mara und Holger Cassens Stiftung Christa und Albert Büll Christine und Heinz Lehmann Frank und Sigrid Blochmann Else Schnabel Edel Music + Books Dr. Markus Warncke Berit und Rainer Baumgarten Christoph Lohfert Stiftung Eggert Voscherau Hellmut und Kim-Eva Wempe Günter und Lieselotte Powalla Martha Pulvermacher Stiftung Heide + Günther Voigt Gabriele und Peter Schwartzkopff Dr. Anneliese und Dr. Hendrik von Zitzewitz GOLD ZUWENDUNGEN AB 50.000 EURO Rainer Abicht Elbreederei Christa und Peter Potenberg-Christoffersen HERISTO AG Christian Böhm und Sigrid Neutzer Amy und Stefan Zuschke

FRoSTA AG

Dr. Utz und Dagmar Garbe Susanne und Karl Gernandt Anna-Katrin und Felix Goedhart Adolph Haueisen GmbH Katja Holert und Thomas Nowak Isabella Hund-Kastner und Ulrich Kastner Knott & Partner VDI Hartmut † und Hannelore Krome Christian Kupsch Detlev Meyer PJM Investment Akademie GmbH Riedel Communications GmbH & Co. KG Rotary Club Hamburg-Elbe Dr. Gaby Schönhärl-Voss und Claus-Jürgen Voss Melanie und Stefan Wirtgen BRONZE ZUWENDUNGEN AB 5.000 EURO Dr. Ute Bavendamm / Prof. Dr. Henning Harte-Bavendamm Rolf Dammers OHG Ilse und Dr. Gerd Eichhorn Ansgar Ellmer, Ellmer Group Deutschland GmbH Hennig Engels Kiki Fehlauer & Dr. Fabian Fehlauer, Strahlenzentrum Hamburg Dr. T. Hecke und C. Müller Marga und Erich Helfrich Korinna Klasen-Bouvatier Dr. Claus und Hannelore Löwe Georg-Plate-Stiftung Carmen Radszuweit Colleen B. Rosenblat Rölke Pharma GmbH Ute und Jörn Schmitt Hannelore und Albrecht von Eben-Worlée Stiftung


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Förderer

DIE KURATOREN

DES FREUNDESKREISES ELBPHILHARMONIE + LAEISZHALLE E. V.

Jürgen Abraham | Rolf Abraham | Andreas Ackermann |  Heike Adam  | Anja Ahlers  |  Margret Alwart  |  Karl-Johann Andreae  |  Dr. Michael Bamberg  |  Undine Baum  | Rainer und Berit Baumgarten  |  Gert Hinnerk Behlmer  |  Michael Behrendt | Robert von Bennigsen | Joachim von Berenberg-Consbruch | Peter Bettinghaus | Marlis und Franz-Hartwig Betz  |  Ole von Beust  | Wolfgang Biedermann  |  Alexander Birken  |  Dr. Frank Billand  |  Dr. Gottfried von Bismarck | Dr. Monika Blankenburg | Ulrich Böcker | Birgit Bode | Andreas Borcherding | Tim Bosenick | Vicente Vento Bosch | Jochen Brachmann | Gerhard Brackert | Maren Brandes | Verena Brandt | Prof. Dr.­Hans Jörn Braun |  Beatrix Breede | Heiner Brinkhege | Nikolaus Broschek |  Carolin Bröker | Marie Brömmel | Claus-G. Budelmann |  Peter Bühler  | Engelbert Büning  | Amrey und Jürgen Burmester | Stefanie Busold | Dr. Christian Cassebaum |  Martina Cleven | Dr. Markus Conrad | Dr. Katja Conradi |  Dierk und Dagmar Cordes | Familie Dammann | Carsten Deecke | Jan F. Demuth | Karl Denkner | Dr.  Peter Dickstein | Heribert Diehl | Detlef Dinsel | Kurt Dohle |  Benjamin Drehkopf  | Thomas Drehkopf  |  Oliver Drews  |  Klaus Driessen  |  Herbert Dürkop  |  Christian Dyckerhoff  |  Hermann Ebel | Stephanie Egerland | Hennig Engels |  Dr. Michael Ensser  |  Claus Epe  | Norbert Essing  |  Heike und John Feldmann  | Alexandra und Dr. Christian Flach  |  Dr. Peter Figge  |  Jörg Finck  |  Gabriele von Foerster  |  Dr. Christoph Frankenheim  |  Dr. Christian Friesecke  |Manhard Gerber  |  Birgit Gerlach  |  Dr. Peter Glasmacher  |  Prof. Phillipp W. Goltermann  | Inge Groh  |  Annegret und Dr. Joachim Guntau  | Amelie Guth  |  Michael Haentjes | Petra Hammelmann | Jochen Heins |  Dr. Christine Heins  |  Dr. Michael Heller  |  Dr. Dieter Helmke  |  Jan-Hinnerk Helms  | Rainer Herold  |  Gabriele und Henrik Hertz | Günter Hess | Prof. Dr. Dr. Stefan Hillejan | Bärbel Hinck | Joachim Hipp | Eberhard Hofmann | Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt | Christian Hoppenhöft | Prof. Dr. Dr. Klaus J. Hopt | Dr. Stefanie Howaldt | Rolf Hunck | Maria Illies | Dr. Ulrich T. Jäppelt | Dr. Johann Christian Jacobs | Heike Jahr  |  Martin Freiherr von Jenisch  | Roland Jung  |  Matthias Kallis  |  Dr. Klaus Kamlah  | Ian Kiru Karan  | Tom Kemcke  |  Klaus Kesting | Prof. Dr. Stefan Kirmße | Kai-Jacob Klasen |  Renate Kleenworth  |  Gerd F. Klein  |  Jochen Knees  |  Matthias Kolbusa | Prof. Dr. Irmtraud Koop  |  Petrus Koeleman  |  Bert E. König  |  Dr. Tiemo Kracht  | Susanne Krueger  |

VORSTAND: Christian Dyckerhoff (Vorsitzender), Roger Hönig (Schatzmeister), Henrik Hertz, Bert E. König, Magnus Graf Lambsdorff, Dr. Ulrike Murmann und Irene Schulte-Hillen EHRENMITGLIEDER: Dr. Karin Fischer †, Manhard Gerber, Prof. Dr. Helmut Greve †, Prof. Dr. h. c. Hannelore Greve, Nikolaus H. Schües, Nikolaus W. Schües, Dr. Jochen Stachow, Dr. Michael Otto und Jutta A. Palmer †

Sebastian Krüper | Jörg Kuhbier | Arndt Kwiatkowski |  Marcie Ann Gräfin Lambsdorff  |  Dr. Klaus Landry  |  Günther Lang | Dirk Lattemann | Per H. Lauke | Hannelore Lay |  Dr. Claus Liesner | Lions Club Hamburg Elbphilharmonie |  Dr. Claus Löwe | Prof. Dr. Helgo Magnussen | Dr. Dieter Markert | Sybille Doris Markert | Franz-Josef Marxen | Thomas J. C. und Angelika Matzen Stiftung  |  Helmut Meier  | Gunter Mengers  | Axel Meyersiek  | Erhard Mohnen  | Dr. Thomas Möller | Christian Möller  | Karin Moojer-Deistler  |  Ursula Morawski  |  Katrin Morawski-Zoepffel  |  Jan Murmann  |  Dr. Sven Murmann  |  Dr. Ulrike Murmann  | Julika und David M. Neumann | Michael R. Neumann | Franz Nienborg |  Frank Nörenberg  |  Dr. Ekkehard Nümann  | Dr. Peter Oberthür | Thilo Oelert | Dr. Andreas M. Odefey | Dr. Michael Ollmann  |  Dr. Eva-Maria und Dr. Norbert Papst  | Dirk Petersen | Dr. Sabine Pfeifer | Sabine Gräfin von Pfeil |  Martin Philippi  | Aenne und Hartmut Pleitz  |  Bärbel Pokrandt | Hans-Detlef Pries | Karl-Heinz Ramke |  Horst Rahe | Dr. Martin Reitz | Ulrich Rietschel |  Ursula Rittstieg | Thimo von Rauchhaupt | Prof. Dr. Hermann Rauhe | Prof. Dr.-Ing. Dr. Ing. E. h. Heinrich Rothert |  Prof. Michael Rutz | Bernd Sager | Siegfried von Saucken | Birgit Schäfer  |  Dieter Scheck  |  Mattias Schmelzer |  Vera Schommartz | Katja Schmid von Linstow | Dr. Hans Ulrich und Gabriele Schmidt  | Nikolaus H. Schües  |  Nikolaus W. Schües | Kathrin Schulte | Gerd Schulte-Hillen |  Prof. Dr. Volker Schumpelick  | Ulrich Schütte  |  Dr. rer. nat.  Mojtaba Shamsrizi  |  Dr. Susanne Staar  |  Henrik Stein  |  Prof. Dr. Volker Steinkraus  | Wolf O. Storck  |  Greta und Walter W. Stork  | Reinhard Stuth  | Ewald Tewes  |  Ute Tietz  |  Dr. Jörg Thierfelder | Dr. Jens Thomsen | Tourismusverband Hamburg e. V.  |  John G. Turner und Jerry G. Fischer  |  Resi Tröber-Nowc  |  Hans Ufer  |  Dr. Sven-Holger Undritz  |  Margarethe Wacker-Frankenberger  |  Markus Waitschies  |  Dr. Markus Warncke | Ulrike Webering | Thomas Weinmann | Marianne Wessel | Dr. Gerhard Wetzel | Erika Wiebecke-Dihlmann | Dr. Andreas Wiele | Dr. Martin Willich | Ulrich Winkel | Nina Kathrien Winterling |  Dr. Andreas Witzig  |  Dr. Thomas Wülfing  |  Christa Wünsche  |  Stefan Zuschke Sowie weitere Kuratoren, die nicht genannt werden möchten.


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­E LBPHILHARMONIE CIRCLE DER UNTERNEHMERKREIS DER ELBPHILHARMONIE

ABACUS Asset Management Addleshaw Goddard LLP AHN & SIMROCK Bühnen- und Musikverlag GmbH Allen Overy LLP Arnold Hertz Immobilien a-tour Architekturführungen Bankhaus DONNER & REUSCHEL Barkassen-Meyer BBS Werbeagentur BC Beach BDV Behrens GmbH bmk Hamburg cosy architecture BNP Paribas Real Estate BONNING2 GmbH Bornhold Die Einrichter Braun Hamburg British American Tobacco Germany C.A. & W. von der Meden Capgemini Deutschland GmbH Carl Robert Eckelmann Clayston Company Companions DNW Dr. Aschpurwis Gmbh & Co. KG Drawing Room Engel & Völkers AG Engel & Völkers Hamburg Projektvermarktung Esche Schümann Commichau Eventteam GmbH Flughafen Hamburg Fortune Hotels FRANK-Gruppe Freshfields Bruckhaus Deringer Garbe Gerresheim serviert GmbH Groth & Co. GmbH & Co. KG Grundstücksgesellschaft Bergstrasse Hamburg Team Hanse Lounge, The Private Business Club HBB Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungs­gesellschaft mbH Heinrich Wegener & Sohn Bunkergesellschaft Hermann Hollmann GmbH & Co. HHLA Hotel Wedina Hamburg Igepa group IK Investment Partners

INP-Holding Iris von Arnim ISA-Traesko GmbH Jäderberg & Cie. JARA HOLDING GmbH Joop! Kesseböhmer Holding KG KLB Handels GmbH Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette GmbH Lehmann Immobilien Lennertz & Co. GmbH loved Lupp + Partner Madison Hotel Malereibetrieb Otto Gerber GmbH Miniatur Wunderland Nordgetreide GmbH & Co. KG Notariat am Gänsemarkt Notariat an den Alsterakaden Otto Dörner GmbH & Co. KG Plath GmbH print-o-tec GmbH Robert C. Spies Gewerbe & Investment Rosenthal Chausseestraße GbR ROXALL Group Schlüter & Maack GmbH SHP Primaflex GmbH Steinway & Sons Stolle Sanitätshaus GmbH Strebeg Verwaltungsgesellschaft mbH Taylor Wessing The Fontenay Hotel THE STUDIOS Trainingsmanufaktur Dreiklang UBS Europe SE Hamburg Unger Hamburg Vita Apotheke Vladi Private Islands Weischer.Media Worlée Chemie WTS Steuerberatungsgesellschaft Wünsche Handelsgesellschaft

Sowie weitere Unternehmen, die nicht genannt werden möchten.

FÖRDERKREIS

INTERNATIONALES MUSIKFEST HAMBURG

Jürgen Abraham Ingeborg Prinzessin zu Schleswig-Holstein und Nikolaus Broschek Annegret und Claus-G. Budelmann Christa und Albert Büll Birgit Gerlach Ulrieke Jürs Ernst Peter Komrowski Dr. Udo Kopka und Jeremy Zhijun Zeng Helga und Michael Krämer Sabine und Dr. Klaus Landry Marion Meyenburg

Zai und Edgar E. Nordmann Christiane und Dr. Lutz Peters Änne und Hartmut Pleitz Engelke Schümann Martha Pulvermacher Stiftung Margaret und Jochen Spethmann Birgit Steenholdt-Schütt und Hertigk Diefenbach Anja und Dr. Fred Wendt Constanze und Christian Wriedt Sowie weitere Förderer, die nicht genannt werden möchten.


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Förderer

SPONSOREN UND FÖRDERSTIFTUNGEN

DIE PARTNER DER ELBPHILHARMONIE

PRINCIPAL SPONSORS

PRODUCT SPONSORS


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CLASSIC SPONSORS

FÖRDERSTIFTUNGEN


Imp r e s s um

Die nächste Ausgabe des Elbphilharmonie Magazins erscheint Mitte April 2022.

Herausgeber HamburgMusik gGmbH Geschäftsführer: Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jochen Margedant Platz der Deutschen Einheit 4, 20457 Hamburg magazin@elbphilharmonie.de www.elbphilharmonie.de Chefredakteur Carsten Fastner Redaktion Katharina Allmüller, Melanie Kämpermann, Clemens Matuschek, Tom R. Schulz; Gilda Fernández-Wiencken (Bild) Formgebung GROOTHUIS. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH für Kommunikation und Medien, Marketing und Gestaltung; groothuis.de Gestaltung Janina Lentföhr (Leitung), Lars Hammer, Miriam Kunisch, Sandra Gerstenfeldt, Susan Schulz; Bildredaktion Angela Wahl; Herstellung Carolin Beck, Steffen Meier; Projektleitung Alexander von Oheimb; CvD Rainer Groothuis Beiträge in dieser Ausgabe von Stephan Bartels, Till Briegleb, Laura Etspüler, Carsten Fastner, Stefan Franzen, Lars Hammer, Gesche Jäger, Thomas Kellner, Fränz Kremer, Clemens Matuschek, Regine Müller, Jan Paersch, Marc Peschke, Till Raether, Nadine Redlich, Jewgeni Roppel, Claudia Schiller, Charlotte Schreiber, Tom R. Schulz, Renske Steen, Ulrich Stock, Andrea Tholl, Juliane Weigel-Krämer, Julika von Werder, Bjørn Woll Lithografie Alexander Langenhagen, edelweiß publish, Hamburg Korrektorat Ferdinand Leopold

Druck gutenberg beuys, Feindruckerei GmbH, ­Langenhagen Dieses Magazin wurde klimaneutral auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft produziert.

Anzeigenleitung Antje Sievert, Anzeigen Marketingberatung Sponsoring Tel: 040 450 698 03, antje.sievert@kultur-anzeigen.com Vertrieb PressUp GmbH, Hamburg Leserservice  / Abonnement Elbphilharmonie Magazin Leserservice PressUp GmbH Postfach 70 13 11, 22013 Hamburg leserservice@elbphilharmonie.de Tel: 040 386 666 343, Fax: 040 386 666 299 Das Elbphilharmonie Magazin erscheint dreimal jährlich. ­ ild- und Rechtenachweise B Cover: Thomas Kellner; S. 1 Michael Zapf; S. 2 linke Spalte: Annick Ramp, mittlere Spalte: Linda Brownlee, rechte Spalte: Muhsun Akgün; S. 3 oben: Manuela Jans, mitte: EGO Foto Ossip van Duivenbode, unten: Claudia Höhne; S. 4 Claudia Höhne, S. 7 oben: Egbert Zinner, unten: Jewgeni Roppel; S. 10 oben: Nicolas Brodard, unten: Mika Ranta, S. 12 Clive Barda, S. 13 oben: picture-alliance / dpa | Lehtikuva Pirkko Tanttu, unten: picture-alliance / dpa | Lehtikuva Hannes Heikura, S. 14 Benjamin Suomela; S. 16 oben: Jann Wilcken, mitte: Daniel Dittus, unten: Claudia Höhne, S. 17 Daniel Dittus (4); S. 18 Drifter (2017) at Stedelijk

Museum Amsterdam, 2018. Foto Ronald Smits, S. 19 links: Fragile Future (2007) at Venice Dysfunctional 2019 Foto Carpenters Workshop Gallery, rechts: Fragile Future (2007) Foto DRIFT, S. 20 oben: Studio Drift Burning Man (2018) Foto Rahi Rezvani, unten: EGO (2020) at the Royal Theatre Carré Amsterdam 2021 Foto Ossip van Duivenbode, S. 21 Teska van Overbeeke; S. 22–23 Illustrationen: Lars Hammer; S. 24 Geoffroy Schied, S. 27 Claudia Höhne; S. 28 Scott Irvine, S. 30 Frans Schellekens / Redferns / Getty Images, S. 31 Hiroyuki Ito/Getty Images, S. 32 Claudia Höhne; S. 34 Illustration: Nadine Redlich; S. 36–43 Thomas Kellner; S. 44 Bernard Decaudin / akg-images, S. 45 oben: akg-images, unten: Bettmann / Kontributor / Getty Images, S. 46 Marion Kalter/akg-images (2), S. 47 oben: Album/akg-images, unten: akg-images, S. 48 links: Granger Historical Picture Archive / Alamy Stock Foto, rechts: Jiyang Chen; S. 51 Jirka Jiroušek; S. 52 Steve Gullick, S. 54 Matt Cronin; S. 56 Briene Lermitte (2), S. 57 oben: siimon, unten: Gustav Eckart, S. 58 Briene Lermitte; S. 60 Charlotte Schreiber; S. 62–63 Muhsin Akgün, S. 64 Claudia Höhne (2); S. 66 akg-images; S. 70–73 Gesche Jäger; S. 74–79 Jewgeni Roppel; S. 82 Tuba Acik / iStock, S. 84 Todd Powell / iStock, S. 86 beijingstory/iStock; S. 88 Jewgeni Roppel Redaktionsschluss 24. November 2021 Änderungen vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet. Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Träger der HamburgMusik gGmbH:


Manche Träume hat man nur eine Nacht lang. Andere begleiten einen das ganze Leben. Denn sie bestehen aus etwas Besonderem. Aus Sehnsucht, Mut und Ambition. Wer jemals einen solchen Traum hatte, ruht nicht. Sondern folgt ihm rund um die Uhr. Und gibt Tag und Nacht alles. So wie wir alles geben. Lassen wir diese Träume gemeinsam Wirklichkeit werden.

Dreamers. On. Ob es um Musik geht, um Sportwagen oder um etwas ganz anderes: Träume haben die Kraft, die Welt zu verändern. Erfahren Sie mehr über unsere Träumer unter porsche.de/dreams


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