MAGAZIN FÜR DIGIT@LE UND GEDRUCKTE KOMMUNIKATION
ÖSTERREICHISCHE POST AG, MZ 12Z039233 M
Juli/August 2017 Folge 235 27. Jahrgang Euro 5,– issn 1018 8054
P&P Sommerausgabe Smarte Lösungen
17. Golden Pixel Award In Search for Excellence
Digitaldruck Bobst und Radex = Mouvent
Europapier Design Papers
www.europapier.at/shop www.desingnandpaper.com
Termine ƒ
September 2017 bis Jänner 2018
Island
Finnland
Norwegen Schw eden
Estland
Lettland Dänema rk Litauen
Niederlande
W r
Polen
Belgien
Ukraine
Tschechien
Frankreich Ungarn
Rumämien
Slowenien Kroatien
Po rt ug
al
Bosnien u. Herzegowina
M oldawien
Georgien Serbien u. Mo ntenegro
Armenien
Bulga rien Albanien
Mazedonien
Griechen-
25.09. – 28.09. Labelexpo Europe 2017 BRÜSSEL, BELGIEN
www.labelexpo-europe.com www.printsign.ro www.wan-ifra.org
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26.09. – 29.09. Print & Sign BUKAREST, RUMÄNIEN
11.10. – 14.10. Druck+Form SINSHEIM, DEUTSCHLAND www.druckform-messe.de
11.10. – 15.10. Frankfurter Buchmesse FRANKFURT, DEUTSCHLAND
www.buchmesse.de
09.10. – 11.10. IFRA World Publishing Expo
BERLIN, DEUTSCHLAND
www.printfair.at
18.10. – 19.10. print fair 17 WIEN, ÖSTERREICH
18.10. – 20.10. viscom DÜSSELDORF, DEUTSCHLAND
www.viscom-messe.com www.inprintlive.com www.paperworld.de
14.11. – 16.11. InPrint MÜNCHEN, DEUTSCHLAND
27.01. – 31.01. Paperworld FRANKFURT, DEUTSCHLAND
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ƒ Inhalt
PEOPLE &EVENTS
BUSINESS &MARKT
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MEDIEN KOMMUNIKATION DESIGN
PRODUKTION &TECHNOLOGIE
Die nächste Ausgabe und ihr Schwerpunkt
Impressum
PRINT & PUBLISHING 236 VERPACKUNGSDRUCK & VEREDELUNG
EMGroup GmbH . Testarellogasse 1/2, A-1130 Wien . Telefon +43(0)1/983 06 40 . Fax +43(0)1/983 06 40-18 . ADMINISTRATION E-MAIL office@europeanmediagroup.at REDAKTION E-MAIL edit@europeanmediagroup.at . HERAUSGEBER (e.h.) Prof. Dr. Werner Sobotka . CHEFREDAKTEUR | GESCHÄFTS-/VERLAGSLEITUNG Michael Seidl . VERLAGSASSISTENZ/PRODUKTION Rainer Gruber . AUTOREN Rainer Gruber, Stefanie Hermann, MA, Michael Seidl, Dr. Werner Sobotka, Bernd Zipper, Gerhard Bartsch . LAYOUT Zeitmassdesign, Mag. Robert Sabolovic . DRUCK »agensketterl« Druckerei GmbH, 2540 Bad Vöslau
Thema: Touch me – Lasst die Sinne sprechen Messen: Labelexpo Europe – Brüssel
Erscheinungstermin 15. SEPTEMBER 2017 Redaktions- und Anzeigenschluss 01. SEPTEMBER 2017
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Inhalt ƒ
INHALT EDITORIAL 07 _ Die smarte Ausgabe … HERAUSGEBERBRIEF 08 _ IV-Präsident Georg Kapsch: Smarte Menschen, smarte Industrie, smarte Lösungen
MEDIEN . KOMMUNIKATION . DESIGN 30 _ Hermann Nitsch: Unter den Bergen 31 _ Buchtipps 32 _ Bruce Davidson: Marginalisierte Lebenswelten und Subkulturen 34 _ Papier und Wasser: Das Buch für die Restaurierungspraxis
PEOPLE & EVENTS PRODUKTION & TECHNOLOGIE 10 _ Vom Entwurf bis zur Vermarktung: Canon Austria als Partner für das digitale Zeitalter 12 _ Obility Anwendertreffen 2017: Wie Druckdienstleister die digitale Transformation meistern 14 _ 17. Golden Pixel Award: In search for excellence 16 _ Horizon Deutschland: Wechsel in Geschäftsführung und Vertriebsleitung 16 _ Fujifilm: Forcierung der Vertriebsaktivitäten in Österreich 16 _ Druckerei Jentzsch: 3. Familienfest bei Kaiserwetter
BUSINESS & MARKT 18 _ Drucktrends 2017: A wider shade of print 20 _ Round Table-Gespräch: Digitale Transformation braucht robuste Geschäftsmodelle 22 _ Papierhandel 4.0: E-Kanban-System misst Papierverbrauch 24 _ Art-on-Demand mit Juniqe: Bezahlbare Kunst auf Knopfdruck 25 _ Route one Print investiert in Jet Press 720S von Fujifilm 26 _ Kommentar: Prozessoptimiertes Finishing im Digitaldruck 26 _ Sunwood by Stainer: Großauftrag aus Kanada
36 _ Weltweit erste swissQprint Impala LED: Jentzsch erweitert digitales Angebot 38 _ Digitale Transformation: Bobst und Radex = Mouvent 39 _ Neues Leuchtdisplay von Plotfactory 40 _ Verpackungs- und Etikettendruckereien setzen auf Flexibilität 42 _ Dokumenten- und Plastikkartendruck: Heidelberg präsentiert Anwendungen 44 _ Autonomes Drucken mit KBA: Industrielle Druckproduktion mit ErgoTronic AutoRun 46 _ Scheiden, sammeln, stapeln: posterXXL verschlankt Produktion mit Horizon SmartStacker 48 _ Ausgelesen: Tageszeitungen werden zu hochwertigem Dämmstoff
ZEITREISE 50 _ 25 Jahre Print & Publishing: Reed als Messepartner
REMAKE – NATURPAPIER MIT 25 PROZENT LEDERANTEIL Ab sofort führt Europapier mit Remake ein Papier im Sortiment, mit dem der italienische Papierhersteller Favini neue Grenzen im Bereich Upcycling überschreitet: dieses einzigartige Papier besteht zu 25 Prozent aus recyceltem Leder. Die, für die Produktion dieses Papieres, verwendeten Lederreste stammen ausschließlich aus Italien und ermöglichen es – im Vergleich zu herkömmlichen Papieren – 25 Prozent an Zellstoff einzusparen. Dabei bleibt das Papier zu 100 Prozent recycle- und kompostierbar. Remake ist FSC-zertifiziert und wird mit 100 Prozent »grüner Energie« produziert, denn die Elektrizität stammt von Favini’s eigener Wasserkraftanlage im Werk. Die verwendeten Lederreste sind an der Oberfläche leicht zu sehen, was dem Papier ein unvergleichliches Erscheinungsbild und eine einzigartige, weiche Haptik verleiht. Remake ist damit ein idealer Begleiter für luxuriöse Druckprojekte (siehe diese Ausgabe von PRINT & PUBLISHING) sowie für den hochwertigen Verpackungsbereich. Es eignet sich für alle gängigen Druck- und Veredelungsprozesse. Das Upcycling Papier ist in 6 ansprechenden Farben verfügbar: Midnight (Schwarz), Autumn (Braun), Sky (Türkis), Smoke (Grau), Sand und Oyster (Naturweiß).Auch das Breite Sortiment an Grammaturen von 120 – 520 Gramm pro Quadratmeter sowie Kuverts in DIN Lang und 17x17 Zentimeter machen Remake zum idealen Begleiter für hochwertige Druck- und Verpackungsprojekte. Das gesamte Remake Sortiment ist bei Europapier Austria verfügbar.
DER UMSCHLAG DIESER AUSGABE WURDE GEDRUCKT AUF FAVINI REMAKE SAND 250 G/M².
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Die Jet Press hat unser “ Unternehmen verändert.” Francisco Martinez, CEO www.straub-druck.de
Straub Druck + Medien Expansion dank neuer Geschäftsfelder Seit der Installation der ersten Jet Press 720S Ende 2014 hat Straub Druck den Anteil digital gefertigter Druckaufträge rasch erhöht und bietet nun ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als zuvor. Dank der Jet Press 720S hat das Unternehmen neue Geschäftsfelder in verschiedenen Märkten realisieren können. Zudem wechselten Kunden bei der Auftragsvergabe vom Offset- zum hochwertigen Digitaldruck. Diese Erfolge waren für Francisco Martinez der Anlass, Anfang 2016 in eine zweite Jet Press 720S zu investieren.
Jet Press 720S — richten Sie Ihr Unternehmen auf die Zukunft aus! Erfahren Sie mehr unter www.powerofinkjet.com oder per E-Mail an grafische_systeme@fujifilm.de
Editorial ƒ
Die smarte Ausgabe …
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Die vorliegende Sommerausgabe von PRINT & PUBLISHING – wieder in einem anderen Format – versucht sich in der Darstellung von smarten Lösungen, Technologien und Menschen. Und derer gibt es jede Menge in dieser Industrie, obwohl viele das oft nicht wahrhaben wollen. Smart steht für aufgeweckt, diplomatisch, erfahren, geschickt, gewandt, gewählt, geübt, kultiviert, raffiniert, routiniert, sicher, taktisch, weitläufig, weltgewandt, weltmännisch oder wendig. Eigenschaften die eine Fülle von Möglichkeiten der Interpretation zulassen. Ich erspare Ihnen die Aufzählung rund um das Wort »clever«. Der Diskurs über die unterschiedlichen Bedeutungen beider Worte könnte einiges an Zeit beanspruchen. Beim Durchblättern dieser Ausgabe werden Sie einige Geschichten über interessante Lösungen und Anwendungen bzw. das Betreiben feiner Geschäftsmodelle finden. Dahinter stehen immer Menschen. Aus österreichischer Sicht finden wir die Nachricht ganz toll, dass Stainer mit Sitz in St. Martin bei Lofer mit seiner Marke Sun Wood einen coolen Auftrag für McDonald’s Kanada an Land gezogen hat. 1.400 McDonald’s Filialen in Kanada werden neu gestaltet und umgebaut. Stainer liefert dazu Holzdekorplatten, die den strengen kanadischen Brandschutzanforderungen entsprechen. Das Unternehmen ist die einzige Firma, die reine Holzplatten mit dem Zertifikat »schwer entflammbar« produzieren kann und somit die Konkurrenz hinter sich lassen konnte. Die Sun Wood Brandschutzplatten werden durch ein spezielles und aufwendiges Verfahren mit Salz behandelt und mit lösungsmittelfreien, lasierenden Farben bedruckt. Keine Frage, dazu braucht man Know-how, dass man sich jahrelang erarbeitet hat. Dieses Beispiel soll stellvertretend gelten für eine Vielzahl von Unternehmen hierzulande, die tagtäglich Höchstleistungen bieten.
Am 14. Juli 2017 gaben der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Messe Düsseldorf, Helmut Oberholz, Geschäftsführender Gesellschafter des beauftragten Architekturbüros slapa ober- holz pszczulny sop architekten, Thomas Kleine-Kalmer, Prokurist und Bereichsleitung Großprojekte des
EDITORIAL
Generalunternehmers Köster GmbH und Werner M. Dornscheidt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf GmbH, mit dem Spatenstich den Startschuss für eines der ambitioniertesten Bauprojekte in der Geschichte der Messe Düsseldorf. Bis zum Sommer 2019 (also rechtzeitig fertiggestellt vor der drupa 2020) baut das Unternehmen neben einer neuen multifunktionalen Halle mit Konferenzräumen auch einen komplett verglasten neuen Eingang Süd mit einem transluzenten beleuchteten Vordach und angeschlossener Tiefgarage. Im Süden des Düsseldorfer Messegeländes entsteht dadurch eine der modernsten und multifunktionalsten Messe- und Eventlocations, die sowohl architektonisch als auch funktional höchste Standards erfüllt. Das Investitionsvolumen für diesen südlichen Bereich beträgt 140 Millionen Euro. Vom neuen Eingang Süd wird der Besucher auf direktem Wege in die neue Halle 1 gelangen. Mit 158 Metern Länge, 77 Metern Breite und mehr als 12.000 Quadratmetern stützenloser Fläche entspricht sie in etwa den Hallen 8 a und b und bietet insgesamt 558 Quadratmeter mehr Platz als die beiden alten Hallen 1 und 2. Es ist wieder Golden Pixel Time, der Wettbewerb um gedruckte Projekte in Szene zu setzen. Auf die Suche nach diesen Arbeiten begeben wir uns auch heuer wieder. Bis 29. September können wunderbare, faszinierende, ästhetische, clevere, smarte oder ausgeklügelte Druckprojekte von Druckereien, deren Auftraggebern, Agenturen und Designern eingereicht werden. Beachten Sie dazu bitte auch die Beilage in dieser Ausgabe. Viel Vergnügen mit dieser Ausgabe und weiterhin tolle Wochen im Sommer 2017 Herzlichst Ihr Michael Seidl m.seidl@europeanmediagroup.at
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ƒ Herausgeberbrief
IV-PRÄSIDENT GEORG KAPSCH SMARTE MENSCHEN, SMARTE INDUSTRIE, SMARTE LÖSUNGEN
Österreichs Druckgewerbe wandelt sich immer stärker zur Industrie. Neue Probleme, neue Herausforderungen: Industrie 4.0, Arbeitszeitflexibilität, internationale Wettbewerbsfähigkeit und zeitgemäße Ausbildung sind die neuen Knackpunkte, welche von der Politik nicht wirklich ernst genommen werden. Wie wir damit umgehen sollten und wo die Defizite liegen, wie eine moderne und smarte Industriepolitik in Zukunft aussehen sollte, erörtert Mag. Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung Österreichs.
»Die heimischen Industrieunternehmen brauchen den internationalen Vergleich und Wettbewerb mit Sicherheit nicht zu scheuen«, so Mag. Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung Österreichs.
PRINT & PUBLISHING: Herr Präsident, liegt
Österreichs Industrie im Spitzenfeld Europas? Die heimischen Industrieunternehmen brauchen den internationalen Vergleich und Wettbewerb mit Sicherheit nicht zu scheuen, ganz im Gegenteil: Für ein kleines Land wie Österreich beherbergen wir eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an so genannten »Hidden Champions«. Das sind Betriebe, die sich nicht durch ihre Größe auszeichnen, sondern dadurch, dass sie auf ihrem jeweiligen Gebiet Weltmarktführer sind. Wir haben insgesamt 160 solcher Mag. Georg Kapsch:
08
Unternehmen. Damit aber die österreichische Industrie zu den Besten zählen kann, muss der Wirtschaftsstandort die dafür notwendigen Rahmenbedingungen bereitstellen. Hier zeigen uns diverse Standort-Rankings Verbesserungsbedarf auf. Erst kürzlich wurde Österreich im »World Competitiveness Scoreboard 2017« des renommierten Schweizer Instituts IMD auf Rang 25 gereiht – 2007 war es noch Rang 11. Eine positive Tendenz lässt sich beim Forschungsstandort erkennen: Im diesjährigen »European Innovation Scoreboard« (EIS) konnte Österreich sich auf Platz 7 verbessern und damit den Spitzenplatz in der
Gruppe der »Strong Innovators« übernehmen. Das Ziel des »Innovation Leader« – also die Spitzengruppe der ersten sechs Länder – rückt in greifbare Nähe. P&P: Wo müssten Ihrer Meinung nach noch
besondere Akzente gesetzt werden? GK: Es sind in den vergangenen Wochen und
Monaten einige, die Qualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes verbessernde Rahmenbedingungen gesetzt worden. So ist etwa die Erhöhung der Forschungsprämie von zwölf auf 14 Prozent ein wesentliches Instrument zur Forcierung von Forschungsaktivitäten in Österreich. Mit dem Beschäftigungsbonus werden drei Jahre lang 50 Prozent der Lohnnebenkosten für zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse gefördert. Das ist ein wichtiges Signal. Aber es braucht dennoch eine generelle Lohnnebenkostensenkung – die ohnehin billiger und effizienter als der Beschäftigungsbonus gewesen wäre – für die Betriebe und insgesamt eine Absenkung der Abgaben- und Steuerbelastung unter 40 Prozent des BIP. Österreich liegt bei den Einnahmen der Sozialversicherung und sonstigen Lohnsummenabgaben immerhin 8,1 Prozentpunkte des BIP über dem OECD-Schnitt. Wir haben die sechst-
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Herausgeberbrief ƒ höchste Steuer- und Abgabenquote in der EU, die Besteuerung von Kapital- und Geschäftseinkommen ist EU-weit die neunthöchste. Die Gesamtbelastung der Unternehmen in Österreich mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ist mit 52 Prozent des Gewinns die höchste in der gesamten EU. Langfristige Wettbewerbsfähigkeit – welche eine zwingende Voraussetzung für sichere Arbeitsplätze ist – sieht anders aus.
eine großartige Möglichkeit bieten, um Innovationen zu schaffen und diese dann »von außen« ins System zu schleusen. Gleichzeitig zeigt aber dieses Beispiel, dass das System selbst es nicht ermöglicht, dass Neues entsteht und eine Breitenwirkung erzielt wird. Daran müssen wir arbeiten. P&P: Wo sehen Sie besonders bei der Ausbildung
auf allen Ebenen einen eklatanten Handlungsbedarf?
P&P: Welche Strukturen sollte eine smarte Indus-
trie in Österreich besonders forcieren? GK: Forschung, Entwicklung und Innovation sind
ausschlaggebend, um vorne dabei zu sein. Dazu braucht es einen guten Mix aus Förderinstrumenten, die sowohl themenoffene Forschungsvorhaben adressieren, als auch Industrie 4.0 und digitalisierungsspezifische Schwerpunkte abdecken. Um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der digitalen Transformation zu begleiten, braucht es vor allem Aus- und Weiterbildung, um sie für zukünftige Anforderungen am Arbeitsplatz zu rüsten. Erfolgreiche Standortpolitik für erfolgreiche Industrieunternehmen geht heute aber weit über die Themen Forschungsund Innovationsförderung oder die Sicherstellung des Innovationsnachwuchses hinaus. Auch moderne Arbeitszeitmodelle, akzeptable Lohnnebenkosten, die international konkurrenzfähige Ausgestaltung der Klima- und Energiepolitik oder die Reduktion des unternehmerischen Bürokratieaufwandes haben maßgeblichen Einfluss auf die Innovationskraft des Standortes. P&P: Hat Österreich besonders intelligente
Lösungen im industriellen Bereich hervorgebracht, und wo sehen Sie unsere Stärken aber auch unsere Schwächen?
GK: Wir müssen eine Vision von Bildung kreieren.
Das heißt Bildungsziele und Inhalte definieren und für die jeweilige Bildungsebene operationalisieren, eine schlanke Bildungsverwaltung aufsetzen, finanzielle Autonomie für Bildungseinrichtungen schaffen. Dem Stellenwert der Elementarbildung muss mit einem zweiten, verpflichtenden Kindergartenjahr Rechnung getragen werden. Es braucht eine Neukonzeption der dualen Berufsausbildung zu einer gleichwertigen, attraktiven Säule der beruflichen Ausbildung. Die Lehre mit Matura muss noch mehr zu einer fixen Größe werden. Und auch der Digitalisierung von Bildungseinrichtungen, etwa in Form von Lehr- und Lernplattformen, müssen wir zusätzliche Aufmerksamkeit schenken.
»Es wird nicht überlegt, was für den Standort am besten ist, sondern, was man wogegen abtauschen kann. Der Blick auf das große Ganze fehlt.«
P&P: Ist die österreichische Politik besonders
industriefreundlich, sodass eine besonders smarte Industrielandschaft entstehen kann? GK: Ich glaube, wir müssen in Österreich generell
stellt, dass sie hochqualifizierte Menschen ausbildet?
am Verständnis für Wirtschaft, Industrie und Unternehmertum im Allgemeinen arbeiten. Wir brauchen mehr Chancenorientierung, weniger Regulierungslast und mehr Freiheit für Unternehmen und für Menschen, die unternehmerisch tätig sein wollen. Klug wäre es, sowohl im Sinne des Wirtschaftsstandortes als auch seiner Arbeitsplätze, ein solches Engagement durch Anerkennung und Unterstützung zu fördern.
GK: Noch entspricht das Bildungssystem nicht
P&P: Hat Sie die Entscheidung über die Arbeits-
dieser Erwartung. In den vergangenen Jahren ist aber einiges in Bewegung geraten. Die neu geschaffene »Innovationsstiftung Bildung« wird
zeitflexibiliät enttäuscht, und verdient sie den Begriff »besonders smart« für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sein?
P&P: Ist Österreichs Bildungslandschaft so aufge-
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lungen ist bedauerlich, da es mehr Fortschritte zum Thema Arbeitszeitmodernisierung verhindert hat. Die einseitige Einigung beim Mindestlohn kostet die heimischen Unternehmen bis zu 900 Millionen Euro. Auf der anderen Seite steht hingegen nichts. Das ist unverhältnismäßig. Wir sprechen hier von einer drängenden Standortfrage, die maßgeblich zur langfristigen Sicherung heimischer Arbeitsplätze beiträgt. Ganz abgesehen davon, dass sich auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Flexibilität für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wünschen. All das wurde nun wieder einmal auf die lange Bank geschoben. Das ist wenig motivierend. P&P: Bedeutet der Begriff »smart« nicht auch, endlich aus dem Kastendenken herauszukommen und unbeschadet seiner Herkunft und Zugehörigkeit Entscheidungen zu treffen, die einem großen Ganzen nützen? GK: Das bedeutet er ganz sicher. Und gerade wenn
man die jüngste Entscheidung zu Arbeitszeit und Mindestlohn betrachtet, wird am Beispiel der Sozialpartnerschaft deutlich, dass dort zumindest bei einigen noch das Kastendenken sehr präsent ist. P&P: Was muss in naher Zukunft passieren, dass
GK: Um im globalen Wettbewerb bestehen zu
können, müssen sich Unternehmen durch technologischen Vorsprung, Qualität, Innovation, Flexibilität und Schnelligkeit differenzieren. Österreich hat hochspezialisierte und erfolgreiche Unternehmen im Medium-Tech-Bereich und beheimatet im Hochtechnologiebereich, etwa in der Elektronik, wichtige Frontrunner. Insbesondere die ansässigen Leitbetriebe zeichnen sich durch eine hohe Innovationsdynamik aus und sind damit unsere Innovationstreiber. Tatsache ist, dass 270 Leitbetriebe für jährlich rund drei Milliarden Euro an Forschungsausgaben stehen – etwa ein Drittel der gesamten Forschungsausgaben Österreichs.
GK: Das Ergebnis der Sozialpartnerverhand-
wir in Österreich sagen können, hier leben smarte Menschen, mit guten Ideen, einer soliden Ausbildung und einem Blick für eine prosperierende und zukunftsorientierte ökologische Wirtschaft? GK: Vor allem müssen wir uns klarmachen, dass
gute wie schlechte wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen selten »schicksalhaft« sind. Ob sich Österreich in eine positive Richtung bewegt, hängt davon ab, ob wir diese Bewegung richtig gestalten. Das beginnt mit einem qualitativen Bildungs- und Ausbildungssystem, führt über die Förderung guter, innovativer Ideen und deren unternehmerischer Verwirklichung bis hin zu einem starken Standort im Bereich Forschung und Entwicklung. Wenn jemand eine gute Idee hat, dann müssen die Rahmenbedingungen deren Umsetzung begünstigen. Derzeit aber werden gute Ideen tendenziell unter Bürokratie, Überregulierung und einer enormen Steuer- und Abgabenlast begraben. Das muss sich ändern. 1 Das Interview führte Dr. Werner Sobotka.
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