unterwegs 25/2010

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5. Dezember 2010 ISSN 1436-607X

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

25/2010

Friede ist möglich Missionarisch n

Warum Singen zum Methodismus gehört.
 Seite 13

Willkommen n

Warum ein behindertes Kind das Leben bereichert.
 Seite 10

Umstritten n

Stuttgart 21 beschäftigt viele Leser.
 Seite 25


2 ::: Vorweg

Ihr Volker Kiemle Redaktionsleiter

So erreichen Sie uns: Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: unterwegs@emk.de Aboservice: 0711 83000-0

kurz gesagt Nach 25 Jahren hat Pastor Wilfried Bolay (Foto links) sein Amt als Leiter der EmK-Zeltmission offiziell abgegeben. Gleichzeitig wurde Hans-Martin Kienle (rechts) von Bischöfin ­Rosemarie Wenner als

Bundesrechnungshof kritisiert hatte, dass diese geförderten Stellen kaum zu ­regulärer Beschäftigung führten und teilweise in Konkurrenz zur Privat­wirtschaft stünden.

Auf die Seite der Armen ­stellen sich die Methodisten in Großbritannien. »In den letzten zehn bis 15 Jahren des Aufschwungs profitierten ­einige Teile der Gesellschaft, Nachfolger eingeführt. aber nicht die Ärmsten«, erWenner würdigte Bolays klärte Pastor Alison Tomlin, großen Einsatz, gleichzeitig der derzeitige Präsident der wünschte sie dem neuen Methodistischen Kirche, bei Leiter Gottes Segen. einer Gewerkschaftsversammlung in der Methodist Wird die Kirchensteuer Central Hall in London. Ihr abgeschafft, brechen Einkommen sei sogar gesun­große Teile unseres sozialen ken. »Wir werden die HausSektors zusammen. Das haltskürzungen der Regie­sagte der rheinland-pfälzische rung dahingehend beurteilen, Ministerpräsident Kurt inwieweit sie die VerletzlichsBeck (SPD) in einem Interten der Gesellschaft treffen.« view mit der »Welt am Für John Wesley sei es unSonntag«. Dem FDP-­ denkbar gewesen, »Christus Generalsekretär Christian nachzufolgen und das Wohl­Lindner warf Beck »schnöselergehen der Armen nicht im hafte Dummheit« vor. Herzen zu tragen«. ­Lindner hatte eine stärkere religiöse Neutralität des Erstmals zusammen tagten Staates angemahnt. leitende Gremien der Methodistischen Kirche und der Die Zahl der Ein-Euro-Jobs Vereinigten Reformierten darf nicht gekürzt werden. Kirche in Großbritannien. Das verlangt die EvangelischDie insgesamt etwa 140 lutherische Landeskirche in ­Delegierten beider Kirchen Braunschweig und ihr Diabeschlossen, gemeinsam gekonisches Werk. Eine Kürgen Armut und Ungleichheit zung könne sich auf zahlreiin der britischen Gesellschaft che Projekte wie Möbelkonvorzugehen und weitere tore, Grünpflegetrupps und kirchliche Partner dazu einSchulkantinen auswirken, zuladen. Zudem vereinbarten schreiben Kirche und sie eine Kooperation in der ­Diakonie in einem Brief an Arbeit mit Kindern und Bundestagsabgeordnete. Die ­Jugendlichen. Bundesagentur für Arbeit will die Ein-Euro-Jobs kie/epd/BMC/ Übersetzungen: ­reduzieren, nachdem der Reinhold Parrinello

Foto: privat / Titelfoto: Claus Arnold

Falls Sie schon die Mitte dieses Hefts aufgeschlagen haben, dann haben Sie sie schon entdeckt: die neue Deutschlandkarte der Evangelisch-methodistischen Kirche. Nachdem die Vorgängerkarte rund 20 Jahre alt ist und inzwischen auch nicht mehr erhältlich, war es Zeit für einen neuen Überblick über unsere Kirche in Deutschland. Und Sie als »unterwegs«-Leser erhalten die Karte als Erste: In dieser und den kommenden drei »unterwegs«-Ausgaben wird die Karte jeweils zu einem Viertel in der Mitte eingeheftet sein. Einfach zusammenkleben, aufhängen, und Sie haben den Überblick. Und falls Sie nicht kleben wollen: Die Karte wird es demnächst auch am Stück im Format DIN A1 (achtmal so groß wie ein DIN A4-Blatt) geben. Vielleicht geht es Ihnen dann auch wie mir: Als ich diese Karte zum ersten Mal in Gänze gesehen habe, war ich beeindruckt von der Präsenz, die wir als Kirche in vielen Gegenden Deutschlands haben. Gleichzeitig wurde mir bewusst, wie viele »weiße Flecke« es noch gibt – Orte, ganze Regionen, in denen unsere Kirche nicht präsent ist. Das kann ernüchtern, es kann aber auch zum Nachdenken anregen: Ist die EmK schon überall dort, wo sie gebraucht wird? Wo sind Möglichkeiten und Chancen für unsere Gemeinden? Wenn diese Karte auch dazu dienen kann, dann ist sie mehr als eine Landkarte.


foto: York schön

»Jesus trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. … Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der ­Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist!« Johannes 20,19b–22

Wort auf den Weg ::: 5

Die Wunden Jesu sprengen Unfrieden und Krieg

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ie heiligen fünf Wunden sprengen die böse Zeit!« Der Bonner Pfarrer Wilfried Schumacher meinte damit die Wunden Jesu an den Händen, den Füßen und in der Seite. Sie sprengen die Zeit des Unfriedens, des Krieges, des Tötens und der Ausbeutung. An den heiligen fünf Wunden macht sich der auferstandene Herr seinen Jüngern kenntlich, als er ihnen nach Ostern begegnet. »Friede sei mit euch«, begrüßt er sie, im Hebräischen: »Schalom alejchem.« In dem Wort Schalom begegnen sich innerer und äußerer Frieden. Frieden mit Gott, Frieden mit sich selbst, Frieden mit der Welt, Frieden in der Welt, Frieden in der Fülle des Lebens: Das ist Schalom. Das und nicht weniger spricht Jesus seinen Jüngern zu. Das ist mehr als Waffenstillstand, mehr als Gentlemans Agreement, mehr als die amerikanische Toleranzformel: »Wir stimmen darin überein, dass wir nicht übereinstimmen.« Schalom ist die Geborgenheit des Lebens in der Welt und in Gott und zugleich der Aufbruch in neues, unbekanntes, aufregendes Land.

Aufbruch in ein aufregendes Land Ja, der Schalom ist Aufbruch in ein neues, unbekanntes und aufregendes Land. Das offenbart Jesus seinen Jüngern nach seinem Friedensgruß Schalom. Er sagt ihnen nämlich: »Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch!« Christus schenkt uns also zuerst den Frieden, und dann sendet er uns aus. Wir sollen aufbrechen in ein neues, unbekanntes Land. Wir sind seine Gesandten. Ein Gesandter ist der Vertreter einer politischen Macht in einem anderen, fremden Staat. Wir sind also Vertreter der göttlichen Macht in dieser gottfernen und gottfremden Welt. Diese göttliche Macht aber ist nichts anderes als die Macht der Liebe. Wir bezeugen und vertreten in dieser Welt die

Macht der göttlichen Liebe. Das ist unser Auftrag. Es ist dieselbe Liebe, um deren Willen Jesus seine fünf Wunden empfing. Wie dieser Auftrag im Einzelnen aussieht, zeigt uns ein anderer Gesandter Gottes, auf den sich Jesus auch immer wieder bezog, der Prophet Jesaja: »Er (also Gott) hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen.« Wir sollen dorthin gehen, wo es Elende gibt, wo es zerbrochene Herzen gibt und wo es Gefangene und Gebundene gibt – es geht hier um die Gefangenen und Gebundenen aus dem Gottesvolk; nicht um nachgewiesene Kriminelle. Die werden wohl gefangen bleiben müssen. Das enthebt uns freilich nicht der Aufgabe, auch in ihnen Gottes geliebte Menschen zu sehen und uns um sie zu kümmern, wo dies möglich und nötig ist. Am Ende dieser Geschichte bläst Jesus seine Jünger an und stattet sie dadurch mit dem Heiligen Geist aus. Das ist die Kraft, in der die Nachfolger Christi ihre Aufgabe als Gesandte Gottes ausüben. Gott selbst steht hinter dem Tun seiner Gemeinde – wenn sie es tut in seinem Geiste, im Geist der Liebe und des Friedens. Wir werden dabei auch irren, Fehler machen, scheitern. Jesus wurde mit seiner Friedensbotschaft ans Kreuz geschlagen. Das macht deutlich: Mitten in unserem Scheitern kommt Gott durch die Kraft der Auferstehung zum Ziel. Nicht Macht und Gewalt sprengen die böse Zeit – es sind die fünf Wunden unseres Herrn.

Diederich Lüken ist Pastor im Bezirk Stuttgart-Bad Cannstatt.


Frieden ::: 9

Wie es »Friede auf Erden« wird

Foto: Volker Kiemle

Ist ein umfassender »Friede auf Erden« zu erreichen? Und wie? Darüber hat Volker Kiemle mit Stephan von Twardowski gesprochen. Er hat sich eingehend mit Friedensfragen beschäftigt.

Was ist eigentlich »Frieden auf Erden«? hungen, in Gemeinschaften, in unseren Gemeinden, Stefan von Twardowski: »Frieden auf Erden« erinbei gesellschaftlichen Fragen bis hin zu den Fragen nert mich an einen zentralen Vers in der Weihnachts- hinsichtlich der Kriege in unserer Welt. geschichte im Lukasevangelium: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Derzeit wird immer wieder die »Gefahr für den gesellWohlgefallens« (Lukas 2,14). Diese Friedensbotschaft schaftlichen Frieden« beschworen. Wie groß ist sie? ist nicht zu trennen von der Ehre Gottes, und sie wird Stefan von Twardowski: Wenn auch nach den zuerst den Ärmsten verkündet, mitten in einer Welt der Erfahrungen einer dramatischen Finanzkrise, den von der römischen Weltmacht geprägten Unterdrü- Finanzspekulationen und fragwürdigen Geldgeschäfckung und Ausgrenzung. Für Lukas ist der »Friede auf ten staatlicherseits kaum Einhalt geboten wird und Erden« tatsächlich an das Kind im Stall gebunden, das stattdessen durch ein Sparpaket radikale Kürzungen keiner beherbergen möchte und das fernab von jedem an den einkommensschwächsten Teilen der GesellWohlstand und jedem Sicherheitsverlangen als Gottes schaft vorgenommen werden, ist tatsächlich der gesellSohn geboren wurde. In diesem schaftliche Frieden in Gefahr. Die Kind liegt für Lukas die Umkehr (finanz-)politischen Maßnahmen »Frieden beginnt verfestigen eine soziale Schieflage. aller festgefahrenen Verhältnisse. Dahinter steht auch der umfassenin menschlichen In einigen europäischen Ländern – de alttestmentliche Begriff des Griechenland – ließ sich im Beziehungen.« wie »Schalom Gottes«. Schalom ist vergangenen Jahr erkennen, zu Stephan von Twardowski, kein zu erreichender Status oder welchen Reaktionen eine solche Pastor auf Probe allein die Abwesenheit von Krieg, Schieflage und die Folgen der sondern bezieht sich umfassend auf Finanzkrise führen können. Beziehungen – Beziehungen zu Gott, der Menschen untereinander und zur ganzen Schöpfung. Schalom Wird die Welt in zehn Jahren bedeutet Wohlsein, Ganzsein, Heilsein – Leben in ge- friedlicher oder kriegerischer sein? lingenden, gerechten und versöhnten Beziehungen. Stefan von Twardowski: Für Europa hängt dies sehr von der Frage ab, ob das europäische Projekt gelingt Wie können Menschen Frieden schaffen? oder nicht. Darin verflochten sind viele Fragen wie die Stefan von Twardowski: Wenn der »Friede auf Erder Wirtschaft, der Sozialpolitik, der Integration, der den« mit der von Gott geschenkten Versöhnung mit Bildung und der Umwelt. Weltweit wird es davon abund in der Welt im Zusammenhang steht, dann gehört hängen, wie die knapper werdenden Ressourcen gedie leidenschaftliche Suche und Gestaltung von ge- recht verteilt und ausgetauscht werden können. Notrechten und gelingenden Beziehungen zu unseren Ant- wendig ist eine stärkere und mutigere internationale worten auf Gottes Liebe und Versöhnung mit uns Regelung von Finanztransaktionen. In den verschiedeMenschen. »Frieden schaffen« bedeutet also Umkehr, nen Herausforderungen bedarf es eines demokratiNeuausrichtung auf die von Gott geschenkte Versöh- schen Gleichgewichts und eines Ausgleichs der gesellnung – in all unserer Begrenztheit und eigener Ver- schaftlichen Akteure. Kirche ist dabei herausgefordert, flochtenheit. Konkret beginnt dies in unseren Bezie- ihren Platz als ein Akteur wahrzunehmen.


Interview Frieden ::: 13

Mission durch das Lied Singen gehört seit den Anfängen zum Methodismus. »Im Lied geboren« heißt deshalb auch ein neues Buch, das die Eigenheiten methodistischer Lieder und methodistischen Singens beleuchtet. Volker Kiemle hat mit dem Herausgeber des Buches, Pastor Hartmut Handt, über methodistische Hymnologie gesprochen. Warum wurde der Methodismus »im Lied geboren«? Hartmut Handt: Der Methodismus hat sich mit Hilfe seiner Lieder ausgebreitet – in Großbritannien, dann auch in den USA. Lieder waren ein ganz starkes missionarisches Instrument. John und Charles Wesley haben nicht von ungefähr gemeinsam 63 Liederbücher herausgegeben. John Wesley hat das Singen stark befördert und Anleitungen für das Singen gegeben – etwa, dass man nicht brüllen soll, sondern auf die anderen hören. Er hat auch eine kleine Musiklehre geschrieben, in der er den Leuten das Singen anhand der Tonleiter nahebringt. Es ging also nicht nur um zeitgemäßes, sondern auch um qualitativ gutes Singen. Zudem gründet sich der Methodismus – im Unterschied zu Konfessionskirchen – nicht auf Bekenntnisse oder Lehrsätze. Das grundlegend Theologische, auf das sich die Methodistinnen und Methodisten noch heute beziehen, sind die 53 Lehrpredigten John Wesleys und die Liedtexte von Charles Wesley.

Welchen Stellenwert hat das Lied heute im deutschen Methodismus? Hartmut Handt: Musik spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Es gibt in jeder Jährlichen Konferenz Beauftragte und Arbeitskreise für Kirchenmusik. Die meisten Gemeindechöre sind Mitglieder im Christlichen Sängerbund (CS), im CS gehören der erste und zweite Vorsitzende, der Kantor, der Geschäftsführer/Verlagsleiter zur EmK. Entsprechendes gilt auch im Bund christlicher Posaunenchöre Deutschlands. Den hohen Stellenwert des Liedes in der EmK zeigt unser aktuelles Gesangbuch: Es ist in unseren Gemeinden sehr positiv aufgenommen worden, und ich hoffe, dass es das lebendige Singen gefördert hat. Dazu kommt: Es gilt bei Gesangbuchkundlern aus verschiedenen Kirchen als das beste, das derzeit im deutschsprachigen Bereich im Gebrauch ist – vor allem wegen des breiten stilistischen und aktuellen Spektrums und der Qualität seiner Texte, Melodien und Sätze.

Hatten die Wesleys geplant, ihre Mission durch das Lied voranzubringen? Hartmut Handt: Im Hause der Wesleys wurde bei den Hausandachten viel gesungen. Man sang aber nicht die in der Kirche von England üblichen Psalmlieder, sondern qualitativ höherwertige, etwa die von Isaac Watts. Besonders wichtig war eine Erfahrung, die die Brüder Wesley während ihrer Überfahrt in die USA gemacht haben: Als das Schiff in einen Sturm geriet, setzte eine Gruppe von Herrnhutern ihre Singstunde unbeirrt fort. John war tief beeindruckt von dieser Glaubensstärke: Er wollte die Lieder kennenlernen. Deshalb begann er, Deutsch zu lernen. Schon wenige Monate nach seiner Ankunft im US-Bundesstaat Georgia brachte er sein erstes Gesangbuch heraus, das auch einige eigene Übersetzungen von deutschen Liedern enthielt. Dabei hatte er die Übersetzungen metrisch so angelegt, dass man nur sechs Melodien beherrschen musste, um alle Lieder singen zu können. Wesley wollte die Menschen zum Singen bringen, deswegen hat er es ihnen leicht gemacht.

Was ist der methodistische Beitrag zum zeitgenössischen Kirchenlied? Hartmut Handt: Wir können vor allem den internationalen Blick und die internationale Praxis einbringen – sowohl methodistisch als auch darüber hinaus. Unser Gesangbuch hat viel mehr internationale Lieder als alle anderen deutschsprachigen Gesangbücher. Das liegt nicht nur an dem »globalen Dorf«, in dem wir leben, sondern daran, dass wir als Methodistinnen und Methodisten ständig Kontakte in alle Welt haben und sie auch leben. Viele nach 2002 erschienene Liederund Gesangbücher nehmen davon inzwischen etwas auf. Das ist neu: Es gab zwar schon immer einen Transport von Liedern aus anderen Gesangbüchern in unsere; der umgekehrte Weg ist aber ebenso neu wie die Tatsache, dass sich die deutschsprachige Gesangbuchkunde auf Tagungen und Seminaren mit methodistischer Hymnologie beschäftigt. Hartmut Handt (Hg.): »... im Lied geboren.« Beiträge zur Hymnologie im deutschsprachigen Methodismus. EmK-Geschichte Monografien Bd. 54, Medienwerk der EmK, Frankfurt am Main 2010, 26,50 Euro. ISBN: 978-3-940463-01-2


unterwegsinfo

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Carlsfeld: Kirche feiert 85. Geburtstag Unter dem Motto »Gott baut ein Haus, das lebt« feierte die Gemeinde Carlsfeld am 31. Oktober ihr 85-jähriges Kirchbaujubiläum.

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och schon vor dem Bau der Kirche gab es in Carlsfeld eine methodistische Gemeinde. Leider liegen die Anfänge der Gemeinde im Dunkeln. Es gibt keine Jahreszahl und kein Datum der Gemeindegründung. Es wird vermutet, dass die Anfänge etwa auf das Jahr 1910 zurückgehen. Die Gemeinde traf sich zu ihren Gottesdiensten in den Wohnungen der Geschwister. Bald aber reichte der Platz nicht mehr aus, sodass der Wunsch nach einem Kirchbau immer dringender wurde. Im Spätherbst des Jahres 1925 wurde die Kirche eingeweiht und die Gemeinde hatte ein neues Zuhause gefunden. Im Rückblick wurde deutlich, welch großer Segen von der Gemeinde ausging. 1992 begann die Arbeit mit deutschstämmigen Aussiedlern, die bis 2007 getan wurde. Viele von ihnen kamen regelmäßig zu den Gottesdiensten, einige wurden auch getauft.

kurz &bündig Zum Abschluss der »MollyAktion der Süddeutschen Jährlichen Konferenz« gab es neben dem ansehnlichen Ergebnis von rund 27.000 Euro auch drei glückliche ­Gewinner. Die Gewinnerin des 2. Preises, Friedhilde Ebler, hat ihren Preis jetzt eingelöst. Sie schrieb uns: »Ein schönes ­Wochenende in Norddeutschland erlebte ich mit meinem Mann. Die Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns war uns bis dahin völlig

Die Kirche in Carlsfeld ist 85 Jahre alt geworden.

Es wurde eine Kleiderkammer im Aussiedlerheim in Carlsfeld eingerichtet. Dort halfen Geschwister des Gemeindebezirks mit. Jeden Montag gab es eine Stunde der Begegnung. Im Festgottesdienst erinnerten wir uns an Gottes Treue zu seiner Gemeinde. Gott hat seinen Sohn Jesus Christus zum Eckstein einer Gemeinschaft gemacht, die zuerst nach Gottes Willen fragt und bereit

unbekannt. Daher wählten wir Graal-­Müritz, einen Ort in der Nähe von Rostock, für den kurzen Aufenthalt. Es war ein einzigartiges Erlebnis. Gerne werden wir uns an diese Tage erinnern. Dem Spender danken wir ganz herzlich für das großartige ­Geschenk!« Die »MollyAktion« läuft zum Jahresende aus. Christine Flick www.5000x1000.de Von der Kindermusikwoche in Friedrichroda im Haus der Stille berichtet der zehnjährige Vincent Mauersberger aus

Foto: privat

ist, verantwortlich vor Gott und den Menschen zu leben. Dann wird sie in aller Verschiedenheit, in aller Vielfalt ihrer Lebendigkeit vereint sein – nämlich in einem gemeinsamen Ziel: ein Tempel Gottes zu werden, so wie Gott selbst ihn will – ein Haus des Friedens, des Lebens und der Freiheit, mit Jesus Christus als Eckstein und mit uns als vielen verschiedenen, einzigartigen und lebendigen Steinen. Klaus Leibe

­ abarz: »Wir waren 15 Mädchen T und sechs Jungen. Das Thema der Woche lautete: Jesus spricht: ›Ich bin …‹. Bis zum Mittagessen probten wir jeden Tag mit Uwe Nürnberger für unseren Auftritt am Sonntag in der EmK-Christuskirche in Friedrichroda. Wir sangen verschiedene Lieder und unser großes Projekt war das Einstudieren der Kinderkantate Bartimäus. Nachmittags hatten wir Freizeit mit verschiedenen Unternehmungen. Der Auftritt im Gottes­dienst hat uns, unseren ­Eltern, Großeltern, Geschwistern und ­allen anderen sehr gefallen.«


unterwegs info ::: 17

»Dienst in der EmK: klasse!« Rund 30 junge Menschen waren Ende Oktober nach Braunfels gekommen, um sich über den hauptamtlichen Dienst in der EmK zu informieren. »Gottes Berufung entdecken – und leben« war das Motto der »exploration«. Uwe Onnen hat Teilnehmern und Mitarbeitern drei Fragen gestellt. g Warum bist du hergekommen? h Wie hast du das Wochenende erlebt? j Was bedeutet es für dich, ­ in der EmK zu arbeiten?

Foto: privat

Pastorin Heidrun Hertig g Ich war bei der Explo 2008 als Mitarbeiterin dabei. Schon da fand ich die Begegnung mit Menschen, die auf der Suche nach ihrer Berufung und ihrem Platz im Leben sind, sehr wertvoll. Es hat mir auch diesmal wieder viel Freude gemacht, mit ihnen gemeinsam zu fragen und zu beten, ihnen von meiner Geschichte mit Gott zu erzählen und gemeinsam ein Stück des Weges zu gehen. h Das Wochenende war reichlich gefüllt mit vielen Gesprächen und Begegnungen, Herausforderndem und toller Musik. Ich fand es spannend und sehr schön zu erleben, wie viele junge und auch schon ein wenig ältere Leute doch darum ringen, den Ruf zu entdecken, den Gott für sie bereithält, und den Lebensweg zu gehen, der ihnen Sinnerfüllung schenkt. Also unterm Strich: sehr ermutigend. j Nach so einem Wochenende: sehr viel! Teilnehmerin Sinaa Blei g Ich hatte gehofft, eine Möglichkeit für einen Beruf zu finden, herauszufinden, was es alles für Berufsmöglichkeiten gibt. h Sehr interessant, und es hat mir viel weitergeholfen. Ich hatte hohe

Erwartungen, die sogar ­übertroffen wurden. j Das wäre klasse!

noch

Teilnehmer Jan Sören Reil g Ich suche nach einer Alternative zum Pastorenamt in der EmK. h Meine Erwartungen wurden nicht in dem Sinne erfüllt, wie ich es gehofft habe. Ich habe aber Klarheit über den momentanen Lebensweg bekommen. Der nächste Schritt steht fest. j Ein Traum würde in Erfüllung gehen. Student (THR) Daniel Schopf g Die Explo liegt mir sehr am Herzen. Sie ist eine gute Plattform für alle Interessierten, miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Teilnehmer haben alle dieselbe Frage: Was hat Gott mit mir vor?« h Sehr vielseitig, nachdenklich aber mit viel Witz und Charme. Es gab viel Zeit, über ernsthafte Fragen nachzudenken; und über allem stand viel Freude. j Der Weg in der EmK ist offen, es gibt viele Möglichkeiten, was auch eine Herausforderung ist. Es gibt viele Möglichkeiten, meine Gaben einzubringen.

Teilnehmerin Stefanie Parlar g Durch ein persönliches Gespräch mit Uwe Onnen, in dem es um die Frage ging, welche Möglichkeiten ich nach dem Theologischen Grundkurs habe, weiterzumachen. h Das Wochenende war sehr inspirierend. Es gab viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und Fragen zu stellen. Besonders gefallen hat mir – neben den Workshops – die Arbeit in den Kleingruppen. Es gibt noch viele Fragen. Aber ich für mich persönlich durfte an diesem Wochenende wieder erfahren, dass ich »auf dem Weg« bin und Fragen und Zweifel dazugehören, wenn es darum geht, Gottes Berufung leben zu wollen. Es ist gut, seine Nähe immer wieder neu zu spüren und zu wissen, dass er mitgeht. j Dazu habe ich mir bisher noch keine wesentlichen Gedanken gemacht. Ich befinde mich in der Phase der Orientierung. Mit Anfang 40 ist es für mich zunächst einmal ein großes Geschenk, mich hinsichtlich meiner Berufung noch einmal neu ausrichten zu dürfen. Wohin die Reise geht, wird Gott mir zeigen. Ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann und darf!

Fragen und Zweifel mit anderen Teilnehmern diskutieren – auch das gehört zur »exploration«.


Frieden 12 ::: Gemeindeporträt

Gemeinde im Zeichen der »Brombeere«

Wer sind wir? Die EmK in unserem 500-SeelenDorf Brombach ist »konkurrenzlos«, wobei sich unsere Gemeinde bis Frankfurt verteilt. Kaum 30 Kilometer von Frankfurt entfernt, befinden wir uns mitten im Hochtaunus. Mit den landeskirchlichen und katholischen Geschwistern aus den Nachbarorten verbinden uns seit Jahrzehnten gute ökumenische Beziehungen. Wo kommen wir her? Mit mehreren Hauskreisen im 20 Kilometer entfernten Friedrichsdorf hat es 1851 angefangen. Unter den hier im 17. Jahrhundert angesiedelten Hugenotten setzte sich eine Erweckung

der 1820-er Jahre mit Hilfe der ersten Methodistenprediger »hügelaufwärts« fort. 1862 nahmen einige Brombacher an »methodistischen Versammlungen« in Wehrheim teil. Wenig später gab es diese auch in der Brombacher Mühle. 1894 begann Brombach mit dem Bau einer Kapelle. 1960 wurde der Bezirk von Friedrichsdorf unabhängig sowie die Kapelle 1965 und 1994 zu einem attraktiven Gemeindezentrum erweitert.

Was ist um uns herum los? Anspruchsvolle Ausbildungen haben die Jugendlichen immer schon zum Verlassen der Region gezwungen. So fehlen in Brombach vor allem junge Erwachsene! Starke berufliche Beanspruchung ist überall zu spüren. Gemeindefusionen und das Zusammenlegen von ganzen pastoralen Räumen bestimmen derzeit das Klima in der Ökumene. Was machen wir? Trotz der genannten Belastungen blühen in Brombach vor allem die Jungschar- und Jugendarbeit (25 bis 50 Kinder, 15 bis 25 Jugendliche), weil das Engagement der Leitenden und die Möglichkeiten des Gemeindezentrums sich herumgesprochen

Bezirk Brombach n Zum Bezirk gehören 158 Mitglieder sowie 140 Angehörige, Zugehörige und Freunde. n Brombach ist ein Ortsteil der Gemeinde Schmitten und liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Frankfurt am Main im Naturpark Hochtaunus. n Gottesdienst: Sonntag, 10 Uhr, Merzhausener Straße 5, Schmitten-Brombach. n Kontakt: Telefon 06084 3348, E-Mail: info@emk-brombach.de

haben. Mehr als 95 Prozent davon sind nicht aus der EmK, auch die Leitungsteams rekrutieren sich überwiegend aus der Ökumene! Seit mehreren Jahren wird die Musik von Gemischtem Chor und Männerchor vom Lobpreis- und Musikteam bereichert. Von der gesunden Luft im Hochtaunus profitieren jährlich 10 bis 12 Kinder aus Tschernobyl, die zu Gast bei uns sind.

Warum machen wir das alles? Mit dem Bild vor Augen »ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« zu sein, helfen uns beim Navigieren folgende Sätze: Weil Gott uns liebt und Leben schenkt, setzen wir uns zum Ziel: einzuladen zu dieser Liebe Gottes, Gottesdienste zu feiern, die Orientierung zu geben, miteinander im Glauben zu wachsen, für Menschen da zu sein, die unseren Einsatz brauchen. Dass es dabei auch stürmische Zeiten gibt, ist für niemanden wirklich neu. Aber unser Glaube beruht auf der Zusage Gottes, dass Er unser »Steuermann«, unser Vater und Hirte ist! Was haben wir in den nächsten Jahren vor? 1. Öfter noch erleben, was persönliche Lektüre, Kleingruppenarbeit und Gottesdienst in Verbindung bewirken können. 2. Gästegottesdienste gestalten, die nicht nur Gästen »Fundamente« vermitteln. 3. Unseren Jugendlichen Begegnung mit Christus und untereinander in der Region ermöglichen. Ralf Gründler

Foto: Privat

Mehr als 260 Bezirke gibt es in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Alle haben ihre eigene Prägung. Um diese Vielfalt zu zeigen, stellen sich in »unterwegs« regelmäßig EmK-Bezirke vor. In dieser Ausgabe geht es nach Brombach.


LEBENSZENTRUM EBHAUSEN

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde! Mit Scheitern leben lernen, Krisen bewältigen, nehmen wir ein Thema auf, das uns in der täglichen Arbeit im Lebenszentrum beschäftigt. Die Biographien unserer Bewohner sind vielfach gezeichnet von Lebensbrü­ chen, Verletzungen, Ab­ brüchen und Rückfällen. Scheitern, Krisen, Rückfälle sind im LZE keine Seltenheit, auch wenn sie manchmal geleugnet, verschwiegen, gedeckt, bagatellisiert oder als Katastrophe an­ gesehen werden. Wer selbst suchtkrank ist oder mit suchtkranken Menschen arbeitet und ihnen helfen will, der er­ lebt einen Rückfall häufig als Scheitern oder Vertrauensverlust. Oft verbirgt sich auch ein Hilfeschrei dahinter.

Früher wur­ den unsere Bewohner (auch in den Fachkliniken) nach einem Rückfall entlas­ sen. Seit vielen Jahren praktizieren wir einen anderen Umgang mit Rückfälli­ gen. Bei klarer Motivation versuchen wir mit rückfälligen Bewohnern inten­ siv an ihrer Problematik zu arbeiten und haben dazu ein extra Rückfallpro­ gramm erarbeitet. Dennoch belastet und lähmt jeder Rückfall die Gruppe sowie die Mitarbeiter und wir müssen bei Gewaltanwendung, starker Aggres­ sivität oder fehlender Motivation Ein­ zelne doch entlassen. Ein »Rückfall muss keine Katastrophe sein«. Eine ehrliche und offensive Auseinander­ setzung kann zu einer ermutigenden Perspektive führen. Ein Scheitern sollte über die erste Betroffenheit hinaus als

Chance zum Neuanfangen gesehen werden: • nicht weglaufen vor der Krise, • sie als Hilfe zu neuen Veränderungs­ prozessen sehen, • aushalten von Spannungen und Konflikten, • wachsen und an Reife und Stärke gewinnen. Für uns Mitarbeiter ist es wichtig, unsere Grenzen zu sehen, Mut zu machen und Perspektiven aufzuzeigen. Zu wissen, dass Gott unsere Arbeit begleitet, befreit uns dazu, loszulassen und hilft uns, gelassen und besonnen zu reagieren. Mit herzlichen Grüßen Pastor Kurt Wegenast

Mit Scheitern leben lernen »Mit Scheitern leben lernen« ist vielleicht die schwierigste Lektion, die im Lebenszentrum Ebhausen zu lernen ist. Zur Vergangenheit Ja-Sagen können, die Gegenwart aushalten und für die Zukunft Hoffnung bekommen. So könnte das tägliche Mühen unserer therapeutischen Arbeit umschrieben werden. Oft ist es für unsere Bewohner ein langer und auch mühsamer Weg, sich diesem Prozess zu stellen. Dr. Reiner Knieling beschreibt in seinem Buch: »Mit Scheitern leben lernen« konkrete Schritte, die dazu beitragen, mit der komplexen Erfahrung eigenen Scheiterns konstruktiv umzugehen.

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Sich dem Scheitern stellen Das bedeutet zunächst: Zulassen, wahrnehmen, genau anschauen, realisieren, was passiert ist. Dazu braucht

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es viel Mut! Es kann ziemlich weh tun, sich eingestehen zu müssen: Es gelingt nicht, was ich mir so sehr wünsche und vorgenommen habe. Sich eigenem Scheitern stellen bedeutet: Unangenehme Gefühle können hochkommen und mancher Schmerz ist nochmals zu durchleben.

Bewertungen überprüfen Scheitern hat viel mit persönlichen Bewertungen und unseren eigenen Maßstäben zu tun. Ob wir etwas als gelungen oder als gescheitert betrachten, hängt von den Maßstäben ab, an denen wir etwas messen. Woran scheitere ich?

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• An meinen eigenen Idealen und Zielvorstellungen? • An den Werten und Normen unserer Gesellschaft?

Gefühle zulassen – Inneres aussprechen Zum Scheitern gehören Schmerz und Ohnmacht, Hilflosigkeit und Unsicherheit, Trauer und Traurigkeit, Ärger und Wut, Scham und Angst. Zerbrechen tut weh und die eigene Ohnmacht dabei ist schwer auszuhalten. Hilfreich ist es, einen Menschen zu finden, der zuhört, Schmerzen und Tränen teilt und auf billigen Trost verzichtet.

Das Leben, der Glaube, die Hoffnung, die Liebe und die Barmherzigkeit sich selbst und anderen gegenüber, die aus dem Scheitern erwachsen, sind tragfähig und widerstandsfähig, weil sie sich in den dunklen Seiten des Lebens bewährt oder neu entzündet haben.

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20 18 ::: Lebenszentrum Ebhausen

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Im Nicht-Perfekt-Sein-Müssen gemeinschaftsfähig werden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Realisieren und Annehmen eigenen Scheiterns und der Offenheit für andere Menschen, für ihre Schmerzen und ihr Ergehen. Menschen erzählen im Rückblick: »Durch mein Scheitern und die Auseinandersetzung damit, bin ich barmherziger geworden.« Oder: »Ich habe angefangen, nachzufragen statt den Kopf zu schütteln.« Wenn Menschen ihr Scheitern realisieren und sich damit auseinander setzen (statt es zu verdrängen oder zu kultivieren), werden sie in der Regel barmherzig(er) und damit gemeinschaftsfähig(er), weil Verstehen, auch für die dunklen Seiten und Zeiten im Leben wächst.

Ausflug zum »Karlsruher Grat«

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Biblische Texte (Psalmen) zu Hilfe nehmen »Gott hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.« So fleht David in Psalm 69,1. »Meine Ruhe werde ich nur finden, wenn ich mich hinabwage in meine Schattenseiten. Du Gott wirst mich begleiten, auf dich setze ich mein Vertrauen« (Gebet nach Psalm 55, Du hast mir Raum geschaffen, P. Stutz).

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Vergebung wagen Wo es um persönlich zu verantwortende Schuld geht, ist die angemessene Form damit umzugehen: Eigene Schuld einzugestehen und betroffene Menschen und Gott um Vergebung zu bitten oder anderen Vergebung zu gewähren. Loslassen und Weggeben hieße dann: Ich lasse meine Vorwürfe anderen gegenüber los.

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Auf den vertrauen, der Menschen liebt, wie sie sind – nicht wie sie sein sollten. Jesus als Menschenfreund kennen zu lernen, ist uns im LZE ein wichtiges Anliegen.

Darauf verzichten können, mich vor mir selbst oder vor anderen zu rechtfertigen, entfacht eine beglückende Dimension des Lebens. So erleichtert Gottes unwiderrufliches Ja zu den Menschen auch das anzuschauen, was besonders unangenehm ist.

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Gegebenheiten ertragen lernen nach dem Motto von F. C. Oetinger: »Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«

Menschen können in christlicher Gemeinschaft die Erfahrung machen: Hier darf ich sein (und andere auch!) mit meinen Fehlern und meinen Macken. Ich kann es wagen, zu mir und zu meinem Versagen und Scheitern zu stehen. Gerhard Vogelgsang, Mitarbeiter im LZE Dieser Artikel bezieht sich auf das Buch: »Mit Scheitern leben lernen« von Reiner Knieling, Dr. theol., Dozent an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal.

Studienbeginn Mit dem Beginn meines FSJs im Lebenszentrum begann für mich auch ein neuer Weg in meinem Leben. Wohin mich dieser Weg führen sollte, konnte und wollte ich damals noch nicht wissen. Im Laufe des Jahres reifte bei mir der Entschluss, dass ich mit Menschen, die ein Suchtproblem haben, arbeiten möchte, ihnen helfen möchte, ihr Leben wieder leben zu können. Jetzt habe ich mich wieder auf den Weg gemacht und absolviere mein Studium der Sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen sowie meine Praxisphasen im Lebenszentrum, um meinem Ziel ein Stück näherzukommen. Florian Mißler


Lebenszentrum Ebhausen ::: 19 21

Chance Krise

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rise bedeutet aus dem griechischen übersetzt (Ent-)Scheidung, Beurteilung oder auch Wendepunkt. Im Lebenszentrum erleben wir häufig, dass durch Krisen ein Wendepunkt eingeleitet wird. Gerade bei Rückfällen, wenn erneut Alkohol oder Drogen konsumiert wurden, stehen unsere Bewohner sowie die Mitarbeiter des LZE vor einem Wendepunkt. Ein individueller Umgang mit Rückfällen ist uns wichtig, um eine für den Betroffenen sowie die Mitbewohner adäquate Lösung zu erarbeiten. Innerhalb der Krisenintervention betrachten wir die auslösende Situation, die zu Rückfallgedanken bzw. einem Verlangen nach dem Suchtmittel geführt hat. Neben dem Hergang des Rückfalls werden auch der Abstinenzwunsch und die Ziele des Klienten erfragt. Mit dem Wissen, dass Rückfälle zur Sucht dazugehören und auch Chancen sein können, bedeutet ein solcher nicht unmittelbar den »Rausschmiss« aus der Einrichtung. Dennoch ist uns eine ernsthafte Auseinandersetzung

mit dem rückfälligen Verhalten wichtig, so dass der Bewohner einen Verweis mit gezielten Auflagen erhält und sich während einer erneuten Probezeit intensiv in Einzel- und Gruppentherapie mit seiner Abstinenzmotivation und entsprechenden Schutzmaßnahmen auseinandersetzt. Ist der Betroffene hierzu nicht bereit, wird die Therapie und somit der Aufenthalt im LZE beendet. Immer wieder erleben wir, dass Bewohner nach einem Rückfall über eine realere Selbstwahrnehmung und Einschätzung ihrer individuellen Risikosituationen verfügen und ihr Umfeld mit möglichen Gefährdungen sensibilisierter wahrnehmen. Auch Leichtsinn und Selbstüberschätzung werden bewusster empfunden und können zu einer Verhaltensänderung führen. »Krisis als Entscheidungsschritt vom Alten zum Neuen ist typisch menschliche Form des Wachstums, ist also nicht Katastrophe, sondern Aufgabe« (Zitat Margret Wanner). Sarah Mohrlok, Mitarbeiterin im LZE

Junge Männer für FSJ und Zivi gesucht Seit September absolvieren Marvin Dreger und Jan Reil (v. links) ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im LZE. Alexander Gogolin (rechts) hat seinen Zivildienst im November beendet. Um ein adäquates Freizeitangebot sowie das tägliche Arbeitstraining innerhalb des Therapieplans für unsere Bewohner anbieten zu können, ist das LZE auf Diakonische Helfer, Zivis bzw. Bundesfreiwilligendienstleistende angewiesen. Bewerbungen für das Jahr 2011 / 2012 nehmen wir gern entgegen.

Nachfolge geregelt Pastor Herbert Link zum Leiter des Lebenszentrum Ebhausen gewählt. Die Mitgliederversammlung des Vereins Lebenszentrum Ebhausen e.V. hat im Frühjahr diesen Jahres Pastor Herbert Link zum neuen Leiter des Lebenszentrum ab 2012 / 2013 gewählt. Bischöfin Rosemarie Wenner und das Kabinett der Süddeutschen Jährlichen Konferenz haben der Wahl zugestimmt. Zur Zeit ist Herbert Link noch Pastor im Gemeindebezirk Schönaich (Kreis Böblingen). Neben seiner Tätigkeit in der Gemeinde hat er bereits mit der Einarbeitung im Lebenszentrum begonnen. Nach dem jetzigen Stand der Planung wird er ab Herbst 2012 eine vollzeitliche Dienstzuweisung für das LZE erhalten. Zu seiner Vorbereitungsphase gehört wesentlich die Weiterbildung zum Sozialtherapeut / Sucht, die drei Jahre dauern wird. Vorstand und Mitgliederversammlung sind zuversichtlich, dass mit dieser Entscheidung in den nächsten Jahren ein guter Übergang in der Leitung des Lebenszentrum hier in Ebhausen möglich sein wird.


22 ::: Lebenszentrum Ebhausen 20

Abschiedsbrief an den Alkohol lang nicht konnte viel zu h Ic t. rs hö n mir den Platz in Hallo, l, dass du vo r mit dir leben. Du hast a M te tz le s eh her ohne das ist da ill ich nicht m das ganz sic w d t un tz n je a , n eu be n nz fällt mir ohne dich le n. Ich fange ga igste meines Lebens und re o rl ve n be zu sehr icht meinem Le n haben mich dir ist der w n ge vo un d ch ie re p ch s s und bald en Ver dich! Der Ab rlieren lassen ht. Deine süß ve ic g n le tu ht ic eu n ed trotzdem oren. h herum an B h selbst verl vieles um mic ic d m h un ic bist, wenn t ck be lo ha ge lernen für mich da u en d n s en s K a d em t, t der Welt. geglaub nach unser gen den Res ir noch alles ge d t h bs ic gi be lt a ha und so habe mir H Anfangs mehr weiter ht. Dass du ht ge t ic us n a ht ft ge ra e, es st umgebrach mir die K was mich fa wenn ich glaub , n t, s be lf hi ge es , ir ge m n te Dass du er mein Lebe heute behaup erade los Macht üb gen, wenn ich lü be dir. G t bs el s ich dir kritik chtig toll mit ri de mich r ür a . w w h ic es , n er . Nei e vergessen hätte. Ab n Lebensend it dir gewesen ei m m n rö n ö a ch K s s bi en ht ein wäre nic erde ich nie rme durch m ten mit dir w ll deiner Wä a t und alles it hl m u fü d ge die guten Zei n t chtig gu sen, wen ri s o h n ic gl ge n es fä n e ich a ag war kein Ich hatt t. Ich habe m tress im Allt s S bi er en s d l s o Al . ch nen e nicht per ges wältigen kön it deiner Hilf be m e h ilf ic H e er d d , n genommen. uatio ohne frem en Problemen für alles, n gab keine Sit ei s m E r r. vo eh t m Problem mir die Angs dich so sehr, äre. Du hast n. Ich HASSE be lie r as starke eh gewachsen w m ich nicht igkeit und d s d o h tl ic ch n n ur F ka die auer. Heute von langer D n hast. Denn ta ht ic ge n n a d ir un m n s es mir beSchei was du ach dir bin. Al n waren nur n ei h ts s Allic s ig us ht ew üc , wie s n. Mein ganze . Selbstb kt be er le m h ic be d t e ä p hn zu s dich machen nicht mehr o Ich habe viel h mehr ohne te ich schon ic n n te n ko n nsucht e, ko d s ur wusst w uer. Die Seh ngig. Nicht a ä D bh er a rz ir d ku n n er r vo h dir hinterh mmen war vo tagsleben wa n dir loszuko für Tag bin ic e ich mich zu g vo a h T . uc s ck er rü V Jeder wieder zu dafür hatt b mich immer noch etwas, um ka ionieren. ir m nach dir trie u d ter zu funkt nntest ei ko w e en um eb h G ic . d hte da. Ich hass gelaufen hnt. Ich brauc nichts mehr l ö er w el n rp ge ö ch h s K ic r d a en n n w sehr a Gefühl l du mei n ei w lle d to h un ic t gl es fän n dir, hatt Von dem an Trennung vo einen Willen m he er lic üb um t rä ch Ma te, durch die auch das dich, weil du wolltest. Heu n und wenn n ke re en tö d rs ch a ze n l h dic bleibt auch radika s Schlechte m Kopf über a re d a ll kl a it t, m is h t n kann ic eingebran ! einem Kopf der frei sein Schöne in m ill endlich wie w h . ic n en s en es d , unverg r suchen ich nicht meh Ich werde d D.H.

Heilig Abend

Neuer Mitarbeiter in der Außenwohngruppe Pfullingen Seit Juni 2010 bin ich, Winfried Schwab, im Jakob-Albrecht-Haus in Pfullingen vier Tage pro Woche tätig. Schwerpunkte sind hier die Betreuung einzelner Bewohner sowie Freizeit- und Beschäftigungsangebote. Einen weiteren Tag arbeite ich im Lebenszentrum in Ebhausen und betreue auch hier Bewohner im Ambulant Betreuten Wohnen. Aufgewachsen bin ich in Überberg bei Altensteig und habe nach der Schule und einer Berufsausbildung in Hamburg Sozialpädagogik studiert. Nach einigen Jahren Berufstätigkeit bin ich mit meiner Frau nach Portugal umgesiedelt, wo wir in den vergangenen 14 Jahren in der Jugendhilfe tätig waren. Wieder zurück in Überberg mit meiner Frau und drei Kindern, stellt mein neues Arbeitsfeld in der Nachsorge für suchtkranke Menschen eine interessante Herausforderung für mich dar, der ich mich gerne mit Freude stelle. Winfried Schwab, Mitarbeiter im Jakob­Albrecht­Haus

Herzliche Einladung Am Donnerstag, 16. Dezember um 18.30 Uhr lädt das Lebenszentrum Ebhausen e. V. Bewohner, Ehemalige sowie Vereinsmitglieder zur jährlichen Weihnachtsfeier ein. Ein leckeres Essen sowie ein buntes Programm werden wieder für einen gemütlichen und abwechslungsreichen Abend sorgen.

2010 feiern wir zum letzten Mal in der Wohnung von Familie Wegenast in Ebhausen Heiligabend. Diese gemeinsame Feier ist seit vielen Jahren ein Erlebnis für Bewohner, Ehemalige und Wegenasts. Keiner soll an diesem Abend allein sein. Mit einem leckeren Essen, Bescherung, Geschichten, Erzählungen aus früheren Zeiten, Weihnachtserlebnissen aus Kindheit, Haft oder Suchtzeit wird diese Feier zu einem wertvollen Weihnachtsfest. Einige nehmen vorher an der Nagolder Christvesper und dem traditionellen Ebhausener Weihnachtsfeuer teil. IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNG

Herausgeber: Lebenszentrum Ebhausen e.V. • Verantwortlich: Pastor Kurt Wegenast • Anschrift: Carl-Schickhardt-Straße 27, 72224 Ebhausen, Telefon (0 74 58) 99 92-0 Fax (0 74 58) 99 92-22, E-Mail: lebenszentrum@emk.de • Internet: www.emk.de/lebenszentrum Spendenkonto: Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel (BLZ 520 604 10), Konto-Nr. 100 417 092 • Fotos: Lebenszentrum Ebhausen e.V.


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Evangelisch-methodistischen Kirche derder Evangelisch-methodistischen Kirche

Spiritualität und die Gabe der Evangelisation

Eine spannende Erlebnisreise in weithin unbekanntes Gebiet…

wird das Thema eines der Workshops sein. Dabei soll es unter anderem um die Erklärung verschiedener Begriffe und das Ausräumen zahlreicher Missverständnisse auf diesem Gebiet gehen. Dann soll es ganz konkret werden: »Habe ich vielleicht die Gabe der Evangelisation? Und wenn ja bzw. nein, was bedeutet das dann jeweils?«

… soll das »Forum E« vom 3. bis 5. Februar 2011 in Braunfels werden. Bei vielen Auswertungen der NGE-Ergebnisse (»Natürliche Gemeindeentwicklung«) landete Spiritualität, also geistliches Leben, ganz oder sehr weit unten. Das hat uns als Sekretäre im Evangelisationswerk nachdenklich gemacht, waren doch geistliches Leben und Evangelisation Kernstücke und Markenzeichen der methodistischen Kirche und Theologie. Das hat uns dazu bewogen, das »Forum 2011« unter dieses Thema zu stellen, denn wir stellen gleichzeitig fest, dass der Hunger nach Spiritualität auch in vielen unserer Gemeinden groß ist.

Hier ein kurzer Aufriss des Workshops: A Reisevorbereitungen 1. Paradigmenwechsel: Gabenorientiertes Denken in der Gemeinde 2. Systemwechsel: Gabenorientiertes Arbeiten in der Gemeinde B Reisebeginn 3. Spurensuche: Was ist die Gabe der Evangelisation? • Welche biblischen Personen z. B. hatten sie? • Wie können wir sie beschreiben? • Was gehört dazu? 4. Entdeckungsreise: Habe ich selbst vielleicht die Gabe der Evangelisation? Vorstellung zweier bekannter Gabentests: • Die drei Farben deiner Gaben (NGE/Ch. Schwarz) • D.I.E.N.S.T. (Willow Creek) C Reisestrecke 5. Test-Stress: Ein Fragebogen wird ausgefüllt 6. Das Test-Ergebnis wird ausgewertet 7. Mache ich etwas falsch? • Ignorieren der Gabe • Projektion der Gabe • Einsatz der Gabe ohne Begleitung und Schulung 8. Fehlerkorrektur: Lebendiges geistliches Leben vermeidet Fehler • durch die Liebe • durch die vier »G« D Reiseziel 9. Reiseziel: Herausforderungen erkennen und annehmen 10. Zielbahnhof: Anwendung in der Praxis der Ortsgemeinde: • Folgende Schritte möchte ich persönlich in den nächsten Tagen gehen … • Auswertung und Schlussrunde


Evangelisationswerk 2 ::: Ökumene 24

Pastor Christhard Elle, Sekretär für Gemeindeaufbau, schreibt: … Gemeinsam mit Hartmut Kraft und mir entdecken Sie »9 Wege, um Gott zu begegnen« auf eine sehr praktische Weise. Jörg Ahlbrecht lässt uns teilhaben an den Erkenntnissen der »Reveal-Studie« (Willow Creek Deutschland): Wie werden Menschen geistlich erwachsen?…

Maren Herrendörfer wird uns in der Anbetung leiten, Simone Focke konnten wir für die Bibelarbeiten gewinnen … Als Sekretäre des Evangelisationswerkes laden wir Sie ganz herzlich ein und freuen uns auf die Begegnung mit Ihnen. Wilfried Bolay, Pastor; Sekretär für Evangelisation

In diesem Jahr mit dabei:

Weitere Workshops:

Jörg Ahlbrecht ist verheiratet mit Andrea und Vater von Ronja und Hanna. Er hat in Hamburg und London studiert, war elf Jahre lang Pastor einer Baptistengemeinde und hat parallel für verschiedene Rundfunksender als Autor und Sprecher gearbeitet. Seit 2004 ist er für Willow Creek Deutschland als Referent tätig. Er lebt mit seiner Familie in Weimar (Lahn). Wilfried Bolay, 60 Jahre, lebt in Laichingen. Er ist Pastor und Sekretär für Evangelisation im Evangelisationswerk.

Christhard Elle, 44 Jahre, lebt mit seiner Frau Karin und seinen beiden Kindern an der Nordsee. Er ist Pastor im Bezirk Bremerhaven und Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk

Simone Focke, 36 Jahre, seit September 2010 Gemeindereferentin in Leipzig, davor Missionspartnerin in der Gemeinde in Bangor (Nordirland)

Maren Herrendörfer ist Pastorin in Osnabrück, 36 Jahre alt, beschäftigt sich gerne mit Mystikern, sammelte selbst Erfahrungen mit besonderen Einkehrzeiten in Norwegen.

Hartmut Kraft, 48 Jahre, verheiratet mit Irene Kraft, 2 Söhne, Pastor in den Bezirken Minden und Hannover, Sekretär für Evangelisation der Norddeutschen Konferenz.

Eberhard Schilling ist Pastor des von ihm mit gegründeten JesusCentrums Nürnberg und Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk.

Barry Sloan (D.Min.), verheiratet, 2 Kinder, Missionspartner der irischen Methodistenkirche, seit 10 Jahren Pastor in Chemnitz-Erlöserkirche, Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk.

Hans-Hermann Schole, 45 Jahre, verheiratet, 3 Kinder, ist Leiter von Haus Höhenblick und weiterer Pastor im Bezirk Braunfels.

Workshop 1: Komm in die Stille (Maren Herrendörfer) Das Gebet ist für die Begegnung mit Gott ein ganz wichtiger Schlüssel. In diesem Workshop soll es darum gehen, den Segen des hörenden Gebets (neu) zu entdecken und die biblische Praxis der Lectio Divina (eine Form des hörenden Betens) kennen zu lernen. Durch Beiträge verschiedener christlicher Autoren, Gespräche, Übungen und Anregungen zum persönlichen Nachdenken wollen wir lernen, Gottes Stimme in unserem Alltag besser zu hören.

Workshop 2: Fragt nach den Wegen der Vorzeit: Keltische Spiritualität und unsere Mission heute (Barry Sloan) Der heilige Patrick legte das Fundament des christlichen Glaubens in Irland so gründlich, dass es durch die Arbeit von Patricks Nachfolgern die gesamte mittelalterliche Kultur in Europa prägte. Von der Spiritualität dieser früh-keltischen Missionare mit ihrer Art, Gott gerade in den alltäglichen Dingen zu begegnen, können wir viel lernen.

Workshop 3: Mitarbeiter zu geistlichen Leitern heran bilden (Eberhard Schilling) Stichworte wie Mitarbeiterförderung, Mentoring oder Coaching sind heute in aller Munde. Aber es geht dabei nicht nur um Weitergabe von fachlichem Know-How und Persönlichkeitsbildung. Zumindest im Kontext von Kirche und Gemeinde ist die Frage, was wir tun können, um Menschen geistlich zu fördern und ihr Potential als geistliche Leiter auszuschöpfen. Eberhard Schilling, Sekretär im Evangelisationswerk und Pastor im JesusCentrum Nürnberg, gibt grundsätzliche Prinzipien weiter, gemischt mit Anschauungsmaterial aus der Praxis.

Workshop 4: Gebetsträume – mit allen Sinnen beten (Simone Focke) Wie haben Gebetsräume und die 24/7 Gebetsbewegung die Methodistische Kirche in Irland verändert? Ich werde von Erfahrungen und Erlebnissen in Irland berichten, praktische Hilfen/kreative Ideen zum Einrichten von Gebetsräumen weitergeben und wir werden Zeit für eigenes Gebet und das Erleben eines Gebetsraumes haben.

Workshop 5: Begeistert Gemeinde leben (Hans-Hermann Schole und Team) Begeistert Gemeinde leben – das geht nur, wenn wir in der Gemeinde Raum und Zeit haben, uns miteinander für Christus zu begeistern. Gemeinsames Beten, Zeiten der Anbetung, ein klarer Blick für den Auftrag der Gemeinde und aufrichtige Gemeinschaft in Kleingruppen sind u.a. wichtig, um diese Begeisterung zu leben und zu fördern. Der Workshop will zu einer – vielleicht ganz neuen – Begeisterung für Christus und seine Gemeinde führen. Persönliche Erfahrungsberichte aus verschiedenen Gemeinden tragen dazu bei.

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNG Herausgeber: Evangelisationswerk der Evangelisch-methodistischen Kirche • Redaktion: Pastor Wilfried Bolay, Sekretär für Evangelisation Fotos: Evangelisationswerk • Geschäftsstelle: Im Brühl 28–32, 89150 Laichingen, Telefon 07333 50-61/-62, Telefax 07333 21186 Spendenkonto: EmK Zeltmission, Volksbank Laichingen, BLZ 63091300, Konto 8570000 • www.evangelisationswerk.de


Aus Briefen an die Redaktion ::: 25

Fakten wurden geschönt! Zu »Stuttgart 21 – ja!« (21/2010) Eines steht schon heute fest – das hat schon die erste Schlichtungsrunde gezeigt: Alle Zahlen und Fakten wurden in der Vergangenheit geschönt. Wir als Bürger wurden nach Strich und Faden belogen. Ich frage mich wie man als Privatmann reagieren würde, wenn die Gesteinsstrukturen Gipskeuper aufweisen würden? Man würde nicht bauen! Der Engelbergtunnel vor Stuttgart muss jedes Jahr mit über 70.000 Euro saniert werden, da der Gipskeuper die Fahrbahn anhebt und dieser Tunnel ist nur etwa zwei Kilometer lang. Wer gegen Stuttgart 21 ist ist kein Trendsetter, sondern der macht sich ernsthafte Gedanken über Sinn und Unsinn eines solchen Megaprojektes. Hermann Beck, Stuttgart Möhringen Obrigkeitsgläubig Es ist in höchstem Maße ärgerlich, das hier einer seine sehr einseitige Meinung zu Stuttgart 21 exponiert darstellen darf, ohne dass ein begleitender, ausgewogenerer Hintergrundartikel in derselben Nummer erscheint. Da erwarte ich, wenn das Thema schon angeschnitten wird, eine ganz andere Themenpräsenz. Hier soll wohl der Eindruck erweckt werden, dass man in der EmK eher gegen die meiner Meinung nach sehr verantwortungsbewussten Proteste gegen dieses milliardenverschlingende Großprojekt ist und im Zweifel obrigkeitsgläubig zu sein hat. Unser soziales Bekenntnis lehrt mich da etwas anderes. Karl Ernst Kreutter, Hochdorf Machtspiele Der Beitrag von Pastor Volker Seybold kann nicht unwidersprochen bleiben. Nach dem Besuch des Informationszentrums zu »Stuttgart

21« und eigenen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn sind wir zur völlig gegenteiligen Einschätzung gekommen. Gewiss ist »Stuttgart 21« bereits seit etlichen Jahren geplant. Allerdings wurde die Alternative »K 21«, Kopfbahnhof Stuttgart 21, nicht wirklich als Alternative ins Auge gefasst. Angesichts einer mehrjährigen Planungsphase mag es einem doch erstaunlich vorkommen, dass der Statiker gegenüber seinen Berechnungen Bedenken äußert, dass der Architekt Zweifel bekommt und dass technische Notwendigkeiten nicht in ausreichendem Maße in Betracht gezogen worden sind. Oder sind das wirklich nur alles Machtspiele der von den Gegnern von »Stuttgart 21« in Anspruch genommenen Medien? Ann-Marie, Sarah, Hans Martin Renno, Dorothee Schäfer-Renno, Lahr

Ausgewogen berichten Zu »Warum das Bürgertum ­protestiert« (22/2010) Sicher viele schweigsame Menschen meinen, dass Sie die Politik den Politikern überlassen und nicht in unser kirchliches Organ hineinziehen sollten. Viele »unterwegs«Leser finden die Texte unseres Kirchenblattes richtungsweisend, und da haben Sie schon das erste Prob­ lem, wenn Sie nicht gleichwertig über beide Seiten des Vorganges berichten. Ich möchte das an drei Beispielen Ihres Berichte verdeutlichen: • Sie erwähnen, dass der Veranstalter der Demonstration von 100.000 Teilnehmern spricht. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Zählweise der Veranstalter aus verständlichen Gründen eine andere ist als die der Polizei, die höchstens auf die Hälfte kommt. • Das Beispiel des Managers, der 30 Jahre CDU gewählt hat und nun im kommenden Jahr die Grünen wählen will, suggeriert dem Leser, dass er ein ähnliches Verhalten in Erwägung ziehen könnte.

leserbriefe • Die von Ihnen geschmähte Polizei hat meiner Meinung nach in dem einen oder anderen Fall überreagiert. Ich habe aber im Fernsehen selbst gesehen, wie sich Polizisten Steinwürfen und Pfefferspray-Attacken radikaler Demonstranten zu erwehren hatten. Harald Nündel, Heidenheim

Märtyrer heute Zu »Märtyrer« und »Warum das Bürgertum protestiert« (22/2010) Ergänzend zu dem Bericht über frühchristliche Märtyrer ist zu erwähnen, dass weltweit 200 Millionen Christen verfolgt werden; viele Tausende werden jährlich wegen ihres Glaubens getötet (nach »Wort und Weg« in den neunziger Jahren) 160.000 Menschen pro Jahr. Es gab noch nie so viele Märtyrer wie heute. Das nur lokal interessierende Stuttgart 21-Problem gehört in keine Kirchenzeitung; es wird mehr als genug in der Tages- und der Boulevardpresse behandelt. Stattdessen gibt es doch geeignetere Themen, wie etwa: Warum verliert die EmK in der BRD prozentual mehr Mitglieder als die anderen Kirchen? Warum gibt es heute mehr Leibeigene als Sklaven zu Wesleys Zeiten? Warum nimmt die ACK in der Öffentlichkeit nie zu ethischen und sozialen Fragen Stellung? Manfred Schneider, Nußloch

Ihre Leserbriefe erreichen uns am schnellsten per E-Mail: unterwegs@emk.de Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Ein Anspruch auf Veröffentlichung von Leserbriefen besteht nicht.


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»Wir wollen Kindern Halt geben«

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onzentriert sitzen die Kinder im ersten Stock des Gemeindehauses der evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde Berlin-Neukölln. Auf den Tischen liegen Schulhefte, Ehrenamtliche sprechen mit den Jungen und Mädchen die Hausaufgaben durch. Ann-Christin Puchta ist beschäftigt: Bilal aus der siebten Klasse braucht Hilfe bei seinen EnglischVokabeln. Die Hausaufgabenhilfe für die Kinder aus dem Kranoldkiez, einer nicht unbedingt zu den Villenvierteln der deutschen Hauptstadt zählenden Wohngegend Berlins, gehört seit einigen Jahren zum festen Angebot der dortigen EmK-Gemeinde. Und Ann-Christin Puchta wollte sich ursprünglich nur ehrenamtlich im Kindertreff »Delbrücke« engagieren. Hauptberuflich war die studierte Theologin am Institut für »Kirche und Judentum« der HumboldtUniversität zu Berlin beschäftigt. Doch als ihre Universitätsstelle auslief und die hauptamtlichen Stellen im Kindertreff wegen fehlender Fördergelder gestrichen werden mussten, entschied sich die Diplom-Theologin zum Weitermachen. Sechs Jahre später hat Ann-Christin Puchta eine 35-Prozent-Stelle, die die Gemeinde aus Spenden finanziert. Nebenher arbeitet sie an anderer Stelle noch als Sekretärin, um über die Runden zu kommen. »Natürlich ist es eine ständige Ungewissheit, ob es hier weitergeht«, sagt Ann-Christin Puchta. »Aber man sieht eben auch, welchen Fortschritt die Kinder machen.« Mittlerweile hat die Leiterin des Kindertreffs ein Vertrauensverhältnis sowohl zu Lehrern der benachbarten Silberstein-Grundschule als auch zum Jugend-

amt aufgebaut. Gemeinsam ließen sich Probleme lösen und Hilfen organisieren, bevor es in den Familien brennt, sagt Puchta. »Wir haben hier in der Gegend beides: Ganz großartige Eltern, die sich wirklich um ihre Kinder kümmern, und Eltern, bei denen man sich fragt, warum um alles in der Welt sie sich Kinder ›angeschafft‹ haben.« Die Mitarbeiter im Kindertreff versuchen, für diese Kinder und Jugendlichen »ein Anker außerhalb der Katastrophe« zu sein. Ihnen geht es um Beziehungen, auch um solche, die länger dauern. Manchmal zahlt es sich aus: »Wir haben eine Gruppe Kinder, die nur deswegen auf der Realschule bleiben konnte, weil wir mit ihnen gebüffelt haben«, sagt Puchta. Heute machen zwei davon ihr Berufspraktikum im Kindertreff, ein Mädchen will später Sozialpädagogin werden. »Und ich zweifele nicht daran, dass sie es schaffen kann.« Doch oft genug weiß auch Ann-Christin Puchta nicht mehr weiter. Manchmal muss das Jugendamt Kinder aus Familien holen. Weil sie zu Hause geschlagen oder vernachlässigt werden. »Dann versuchen wir, den Kindern Halt zu bieten«, sagt Puchta. Nicht immer gelingt es. »Da bin ich froh, dass es in der Gemeinde zwei, drei Frauen gibt, mit denen ich selbst in solchen Situationen reden kann«, sagt Sie. Denn auch die Betreuerin braucht zuweilen einfach nur ein offenes Ohr. »Und ich bin froh, dass es in der Kirchengemeinde so viele Menschen gibt, die für uns im Kindertreff beten«, sagt Ann-Christin Puchta. »Gerade dann, wenn irgendetwas richtig aus dem Ruder läuft, hilft es, das zu wissen.«

Foto: Benjamin Lassiwe

Der Berliner Stadtteil Neukölln stellt die Kirchen vor besondere Aufgaben: Viele Menschen leben dort in schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen. Die Gemeinde der Evangelisch-methodistischen Kirche hat diese Aufgabe angenommen und bietet Kindern einen beschützten Raum. Benjamin Lassiwe hat Ann-Christin Puchta, die Leiterin des Kindertreffs Delbrücke, besucht.


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