unterwegs 7/2010

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Palmsonntag, 28. M채rz 2010 ISSN 1436-607X

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

7/2010

Karwoche:

Der Weg zum

Leben

Die Ausgesperrten n

Eine Reise durch das Westjordanland. Seite 12

Die Zukunft im Blick n

In Zepernick / Berlin-Buch ist viel los. Seite 15

Die dritte Kraft n

Wie die Freikirchen in Deutschland agieren. Seite 18


2 ::: Vorweg

Ihr Volker Kiemle Redaktionsleiter

So erreichen Sie uns: Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: unterwegs@emk.de Aboservice: 0711 83000-0

kurz gesagt Wie Medien in Kirche und Waffen entdeckt. Unter den Gemeinde professionell einInhaftierten ist auch Dr. gesetzt werden können, da­Alexis Montes, der seit vielen rüber informierten sich rund Jahren für die United Church 120 Teilnehmer aus ganz of Christ in the Philippines Deutschland beim zweiten (UCCP) arbeitet. Die ehemaMedientag der EmK. In den lige Evangelische GemeinRäumen des Diakoniewerks schaft auf den Philippinen ist Martha-­Maria in Nürnberg Teil der UCCP. UCCP und erhielten sie in elf WorkEmK, die auf den Philippinen shops praxisnahe Tipps für stark wächst, arbeiten eng die kirchliche Öffentlichkeits­ zusammen. arbeit. Dabei reichte das ­Angebot von der perfekten Um den Methodismus in Moderation im Gottesdienst Europa nach dem Zweiten über Internetrecht und PresseWeltkrieg geht es bei der fotografie bis hin zur Frage, ­Europäischen Historischen wie Architektur für die Konferenz vom 10. bis 15. ­Öffentlichkeitsarbeit August in Budapest. Dabei ­eingesetzt werden kann. hat jeder Tag einen Schwerpunkt – vom ZusammenVollständig anerkannt sind bruch 1945 bis zur Situation jetzt der Bachelor- und der des Methodismus in den Masterstudiengang im kommunistisch regierten ­Bereich Theologie an der Staaten. Unter anderem steht Theologischen Hochschule auch der Besuch einer kleiReutlingen (THR). Diese neren ungarischen methodisStudiengänge bietet die THR tischen Gemeinde mit einer seit ihrer Akkreditierung als sozial-diakonischen Arbeit staatlich anerkannte Fachauf dem Programm. hochschule an. Die Theon Informationen per E-Mail: logische Hochschule der ulrike.schuler@emk.de Evangelisch-methodis­tischen Kirche konnte mit geringEin Jugendgebetbuch hat fügigen Anpassungen der der Deutsche Fußball-Bund Studienordnung dieses Ver(DFB) herausgebracht. Das fahren als eine der ersten Werk enthält kurze Berichte und Gebete von NationalHochschulen im Fachbereich spielern wie Arne Friedrich Theologie erfolgreich ab(Hertha BSC Berlin), Piotr schließen. Trochowski (Hamburger SV) und Bastian Schweinsteiger Weiter in Haft bleiben 43 (Bayern München). Von Ärzte und Krankenschwes­jedem verkauften Exemplar tern auf den Philippinen. Sie gehen 50 Cent an die werden verdächtigt, kommu­ Robert-­Enke-Stiftung. Enke nistische Rebellen zu sein. hatte sich am 10. November Sie waren Anfang Februar 2009 im Alter von 32 Jahren bei einer Razzia in der Stadt das Leben genommen. Morong in der Nähe von Manila festgenommen worden. Laut Militär und Polizei kie / idea/UMNS/ ­Übersetzung: R. Parrinello wurden in dem Anwesen

T itelbild: istockphoto.com

Während ich diese Zeilen schreibe, ist plötzlich der Frühling bei uns eingekehrt. Die Kinder spielen wieder auf den Straßen, viele Menschen sitzen draußen in den Cafés und genießen die Sonne. Doch schon kommen die Stimmen, die von einem »kurzen Gastspiel« sprechen. Bald, so sagen sie, kehre der Winter zurück. Doch davon lasse ich mir meine Freude nicht trüben, denn selbst der Abend ist noch lau – zu ersten Mal seit September. Nach diesem langen Winter bin ich sicher nicht der einzige, der sich nach dem Frühling gesehnt hat. Höchste Zeit für Schneeglöckchen und Märzenbecher! Höchste Zeit für neues Leben! Der Frühling ist für mich in jedem Jahr ein Zeichen dafür, dass sich das Leben letztlich durchsetzt. Dass das Absterben im Herbst und die Eisesstarre des Winters nicht das letzte Wort haben. ­­­Deshalb ist es sehr passend, dass wir genau in dieser Zeit Ostern feiern – und damit die Tatsache, dass der Tod nicht das Letzte ist. Vielmehr siegt das Leben – Gottes großes Geschenk für uns. Ein ­Geschenk, dass wir einfach so bekommen. Weil Gott uns als seine Geschöpfe liebt und er will, dass wir gerettet werden. Das ist Grund zur Freude! Und diese Freude darf in uns genauso lebendig sein wie die Freude über den Frühling. Höchste Zeit für ­neues Leben!


Osterkalender Ostern feiern ::: 3

Christus näherkommen warum wir die k ar- u nd o stertage be ge hen.

Warum begehen wir die Kar- und ­Osterwoche? Das Leiden und der Tod Jesu sind doch schon seit fast 2000 Jahren vorbei? Was soll da an diesen Tagen so besonders sein? Nicht die ­Tage sind das Besondere, sondern ganz besonders ist Jesus, der damals dies ­alles durchlebt hat. Er hat in diesen ­Tagen wirklich alles mitgemacht, was Menschen passieren kann. Er hat uns durch sein Handeln erlöst. Er ist unser Retter geworden. Und Retter war er nicht nur damals, son­dern er ist es jetzt. Weil Jesus jetzt und für immer unser Retter ist, denken Christen seit der frühen Kirche an diesen Tagen ganz besonders an ihn. Es geht dabei um die Gelegenheit, an Jesus zu denken. Auch der Christ heute kann ein wenig nachvollziehen, was Jesus damals getan hat. Das hilft Jesus noch ein bisschen näher

zu kommen, seine letzte Woche und die große Wendung der Auferstehung jedes Jahr neu mitzuerleben. Das hilft Jesus noch näher zu kommen, die Beziehung zu ihm noch intensiver werden zu lassen. Und diese Beziehung zu Christus ist letztendlich das, was uns trägt.

Auf den folgenden Seiten gibt der Theologe Thomas Gerold Anregungen, wie Sie persönlich die Kar- und Ostertage von Palmsonntag bis Ostermontag gestalten können. Sie enthalten Anregungen für jeden Tag. Sie sollen helfen, diesen Tagen näher zu kommen und vor allem Christus noch näher zu kommen. Denn darum geht es letztendlich auch in der Karund in der Oster­woche 2010.

Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com

»

lke von Zeugen Weil wir eine solche Wo uns ablegen alles, um uns haben, lasst d die Sünde, die was uns beschwert, un d lasst uns lauun t, uns ständig umstrick Kampf, der uns fen mit Geduld in dem en zu Jesus, dem bestimmt ist, und aufseh des Glaubens, der Anfänger und Vollen e haben könud Fre te hät der, obwohl er und die Schannen, das Kreuz erduldete gesetzt hat zur h de gering achtete und sic s. Gedenkt an tte Go es Rechten des Thron spruch gegen sich den, der so viel Wider et hat, damit ihr von den Sündern erduld den Mut nicht d un nicht matt werdet Hebräer sinken lasst.

«


Osterkalender feiern 4 ::: Ostern

pa l mso nntag

inzug E r e D lem a s u r e in J

Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ­ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und H ­ ügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des ­HERRN Mund hat’s geredet. Jesaja 40,3–5

Risiko oderKompromisse?

29. mä rz

ung des usalem folgt die Reinig Nach dem Einzug in Jer acher em äft sch Ge und Händler Tempels. Jesus wirft die der Geldche Tis Die . aus hin h aus den Vorhöfen einfac der Temtoßen. Er möchte, dass wechsler werden umges Haus des ein n der son ist, hr me pel keine Räuberhöhle ommen s die Menschen ausgen Gebets. Er will nicht, das Dabei en. egn beg ter Va em sein werden, er will, dass sie sanftht nic ist misslos vor. Er geht Jesus ganz kompro lt. wa Ge mit Händler mütig. Er vertreibt die reinigung dass es mit der Tempel Er muss gewusst haben, ten im mit lich näm er Da ist besonders ernst wird. vom gut en esterschaft. Die leb ist Machtzentrum der Pri der us, Jes wie tut t so etwas dortigen Betrieb. Wer dor Römer die h auc d Un r. fah Ge e für die Machtelite ein igung ist dulden. Die Tempelrein wollen keine Störungen uz. Kre ein weiterer Schritt zum us SchwieHärte Jesu hier durcha Auch wenn ich mit der h dieses auc ich rde wü h, ich mic rigkeiten habe, so frage ler benel sch l wäre ich nicht vie Risiko eingehen? Oder den, ufin abz it dam h mic zugehen, reit, Kompromisse ein änZw hen tlic und diese wirtschaf dass es so nun mal ist . auf wirft Fragen ge gibt? Jesu Handeln

ng die tempe lreini gu

Und Jesus ging in den Tempel und fing an auszutreiben die Verkäufer und Käufer im Tempel; und die Tische der Geldwechsle r und die Stände der Taubenhändler stieß er um und ließ nicht zu, dass jemand etwas durch den Tempel trage. Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht ges chrieben (Jesaja 56,7): »Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker«? Ihr aber hab t eine Räuberhöhle daraus gemach t. Markus 11,15--17

29.märz » Text: Thomas gerold | foto: CC Collec tion 28.märz » Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com

mä rz

28.

Die Karwoche beginnt mit einem Tag des Jubels. Jesus zieht in Jerusalem ein. Er wird wie ein König gefeiert. Die Menschen sind voller Freude. Sie werfen ihre Kleider vor seine Füße. Es ist ein Triumphzug. Er wird wie ein neuer Herrscher begrüßt. Dennoch: Nicht alles passt. Jesus kommt nicht als Krieger auf dem Pferd, sondern er reitet auf einem Esel. Er kommt mit friedlichen Absichten. Und nicht nur das passt nicht. Die Menschen, die ihn bejubeln, werden später entweder verschwunden sein, oder gar seinen Tod fordern. Menschlicher Jubel ist schnell vorbei. Mich macht das nachdenklich: Bin ich heute so ganz anders als die Menschen damals. Wie sieht es aus, wenn Christus für mein Leben unbequem wird? Bin ich dann auch weg? Herr Jesus Christus, unter Jubel bist Du in Jerusalem eingezogen. Auch wir jubeln heute über Dich. Gib uns die Kraft, auch dann zu Dir zu halten, wenn es unbequem wird. Gib uns die Kraft, für immer zu Dir zu gehören. Amen


Osterkalender Ostern feiern ::: 5

märz

? ich

30.

rückblick auf die salbung in bethanien

Wer bin

Am Montag haben wir auf die Tempelreinigung geschaut. Doch liegen noch mehr Stufen auf dem Weg nach Golgatha. Eine Begebenheit ist die Salbung in Bethanien. Jesus ist bei vornehmen Menschen eingeladen. Da kommt eine Frau, eine stadtbekannte Sünderin. Sie wäscht Jesus mit ihren Tränen die Füße und salbt ihn mit kostbarem Öl. Sie tut alles für ihn, für seine Jünger erscheint es fast schon übertrieben.

Maria trat von hinten zu seinen Füßen, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küsste seine Lukas 7,38 Füße und salbte sie mit Salböl.

In Bethanien wurde Jesus als Lebendiger gesalbt. Wenig später wird er wieder gesalbt werden, nämlich für sein Begräbnis. Mir fällt auf, dass er damals von einer Frau gesalbt wurde, von der man es nicht erwartet hat, von einer Sünderin, von einer Außenseiterin. Die Frommen damals wollten nur mit ihm essen, vielleicht auch diskutieren, aber die Sünderin hat mehr getan. Sie hat ihn gesalbt. Sie hat soviel getan, wie sie nur irgendwie konnte.

31. märz

31.märz » Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com 30.märz » Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com

Wer bin ich heute? Einer der Pharisäer, die nur mit ihm essen und diskutieren wollen oder die Sünderin, die ihn salbt, die alles für ihn tun will? Wer bin ich?

Christus verraten, Verratener König Verratener Retter

verraten, verurteilt, Verspottet, Gef oltert

Christus verurteilt Verurteilter Richter Verurteilter Befreier Christus verspottet Verspotteter König Verspotteter Gott Christus gefoltert Gefolterter Heiler Gefolterter Herr Erbarme Dich unser oh Herr, der Du für uns verraten, verurteilt, verspottet und gefoltert worden bist.


Osterkalender feiern 6 ::: Ostern

april

he he sc ge le il W n ei D e heh gesc ille W n Dei 1.

gründ onnerst ag

recht unspektakulär Mit dem Gründonnerstag wird es ernst: Zunächst geht es noch als zusammen mit sein, los: Jesus hält mit seinen Jüngern Mahl. Was könnte schöner hat bereits den Judas, den Freunden zu essen? Doch die Idylle trügt. Einer davon, , wenn es werden Jünger Plan, Jesus seinen Feinden auszuliefern. Und alle . bringen eit wirklich ernst ist, sich zunächst selbst in Sicherh doch den Nach dem Mahl geht es zum Ölberg. Jesus bittet den Vater: »Lass werden. htet hingeric Kelch an mir vorüberziehen!« Er will nicht grausam Aber er sagt auch: »Dein Wille geschehe!«. Judas Wenig später kommen Judas und die Männer des Hohen Rates. r eiFremde ein Wenn verrät Jesus ausgerechnet durch einen Kuss. aus jemand Aber genug. nen ans Messer liefern will, ist das schlimm ! schlimm ers dem engsten Freundeskreis? Das ist besond nicht Jesus wehrt sich nicht dagegen. Er flieht nicht und ruft auch will Er könnte. haben it die Legionen Engel zu Hilfe, die er jederze Er führt. Kreuz ans den Willen seines Vaters tun. Auch wenn dieser lässt sich gefangennehmen und verurteilen.

Heute noch, Heute noch Wirst Du mit mir im Paradies sein. So hast Du zum Schächer gesprochen Als er zu Dir flehte

In der Hoffnungslosigkeit, Im Todeskampf am Kreuz, In seinen und Deinen Qualen. Aber im Moment der Verzweiflung, Nach dem Denken der Menschen, Hast Du Heil geschaffen, Hast Du gerettet.

Danke Herr, Dass wir auch in der ausweglosesten Situation Immer zu Dir kommen dürfen. Danke Herr, Dass Du jedes Leid zum Guten wenden kannst.

2.april » Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com 1.april » Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com

apri l

2.


Osterkalender Ostern feiern ::: 7

4.april » Text: Thomas gerold | foto: static.CC Collec tion 3.april » Text: Thomas gerold | foto: static.panor amio.com

er ist wirklic h gestorben

Paul Gerhardt (1607– 1676)

Der Karsamstag ist der stille Tag der Kartage. Er ist ruhig. Woran lässt sich am Karsams­tag denken: Daran dass Jesus wirklich tot war, dass er begraben wurde und im Grab lag. Genauso wie wir eines Tages im Grab liegen werden. Er war tot. Im Glaubensbekenntnis, dass wir gelegentlich sprechen, heißt es: »Hinabgestiegen in das Reich der Toten.« Er ist wirklich gestorben. Er ist den Menschen auch im Tode ganz nahe. Er ist nicht nur den Lebenden, sondern gerade auch den Verstorbenen ganz nahe. Er, der Sohn Gottes, der aus der himmlischen Herrlichkeit auf die Erde gekommen und Mensch geworden ist, ist tot, wie die anderen Menschen auch. Das hat Jesus auf sich genommen. So nahe ist er uns Menschen gekommen.

Osters onnta g

4. april

april

3.

Erscheine mir zum Schilde, Zum Trost in meinem Tod, Und lass mich sehn dein Bilde In deiner Kreuzesnot! Da will ich nach dir blicken, Da will ich glaubensvoll Dich fest an mein Herz drücken. Wer so stirbt, der stirbt wohl.

Christus, Du bist auferstanden! Als die Frauen ans Grab kamen, War der Stein weg gewälzt. Und das Grab, Der Ort des Grauens, Der Verwesung, des Untergangs, Das Zeichen des Todes, War zum Ort des Lebens geworden. Der Engel verkündete den Triumph der Liebe, Die alle Hindernisse überwindet Und niemals endet. Christus, Du bist auferstanden,

Halleluja!


Osterkalender feiern 8 ::: Ostern

osterm ontag

Jesus ist auferstanden. Er ist zuerst den Frauen erschienen, dann dem Petrus und weiteren Jüngern, und schließlich auch den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Sie waren unterwegs. Sie gingen auf der Straße und begeg­neten einem Unbekannten, der sich schließlich als Jesus entpuppte. Sie haben lange gebraucht, das zu merken, sehr lange. Darüber schüttle ich manchmal den Kopf. Aber sind sie damit allein? Erkennen nicht nur sie Jesus nicht? Da bin ich mir nicht so sicher. Er hat uns ja versprochen, für immer bei uns zu sein. Er begegnet uns in den Armen. Er ist mitten unter uns, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen. Wir sind sogar sein Leib. Der Auferstandene ist da, vielleicht nicht mehr körperlich sichtbar, aber er ist da. Aber zu oft merke ich das nicht, und vielleicht nicht nur ich. Ist er da wirklich nicht da, oder geht es mir wie den Jüngern von Emmaus: Auch wenn wir Jesus nicht erkennen, er ist da. Er ist auferstanden und wir gehö­ren zu ihm.

!

Halleluja

Text: Thomas gerold | foto: istockphoto.com

april

5.

Die Jünger erkennen ihn nicht


foto: York schön

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse,sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele. Markus 10, 45

Wort auf den Weg ::: 9

Warum musste Jesus sterben?

W

arum hat Gott nicht einfach vergeben? Warum brauchte er ein »Opfer«? Das sind Fragen, die gerade heute in neuer Dringlichkeit gestellt werden. Sie sind nicht leicht zu beantworten. Die Antworten der Bibel sind meist mit Vorstellungen verbunden, die in unserer Lebenswelt selten oder gar nicht vorkommen. Dieses Wort Jesu aus Markus 10,45 hat mir in mehrfacher Weise geholfen, auf diese Fragen Antworten zu finden.

Das Wort »Lösegeld« führt uns allerdings in ein Bedeutungsfeld, das unserer Erfahrung fern ist. Für die antike Welt, in der Menschen aus Schuldknechtschaft oder Sklaverei losgekauft werden mussten, war der ­Begriff dagegen sehr lebensnah. Viele brauchten den »Löser«, einen Verwandten, der bereit war, sie aus der Sklaverei auszulösen. In der Bibel wird das zum Bild dafür, was Gott für sein Volk tut (Jesaja 43,3f.). Gott selbst tritt für die Schuld der Menschen ein. Er handelt durch seinen »Knecht«, der nach Jesaja 53,10f. sein Leben zur »Schuldtilgung gibt« und damit »den Vielen Jesus kam, um für andere zu sein Gerechtigkeit schafft; denn er trägt ihre Sünden«. So Zuerst verbindet sie Jesu Wirken mit der Bedeutung holt er die Menschen aus der Gefangenschaft unter seines Sterbens. Beides ist Dienst. Jesus ist gekommen, Schuld und Tod heraus und gibt ihnen ihr Lebensrecht um für andere da zu sein, und das zurück. Die Frage, wem das prägt seinen Umgang mit MenLösegeld zu bezahlen ist, wird schen in Not genauso wie seinen »Jesus starb nicht für Gott. nicht angesprochen. Letztlich Weg in den Tod. Im Zusammenbleibt die Aussage ein menschliches Er starb für uns.« hang dieses Wortes setzt sich Jesus Bild für das, was Gott für die vom Machtgehabe, wie es in der Menschen tut, um sie aus dem Vermenschlichen Gesellschaft üblich ist, ab. Er lässt nicht hängnis und der Verstrickung ihrer Schuld zu befreien. andere für sich schuften und schickt sie nicht für sich Wenn Jesus sagt, dass er sein Leben als Lösegeld ins Feuer, sondern setzt sich selber für andere ein und hingibt, dann sagt er damit: In Gottes Auftrag trete trägt die Konsequenzen bis in den Tod. Dass er des- ich für die Menschen ein. Ich stelle mich der tödlichen halb sterben musste, hatte ja viel mit seiner kompro- ­Realität ihrer Schuld und nehme sie auf mich. So bemisslosen Art zu leben und zu handeln zu tun. freie ich sie zu neuem Leben. Das ist der letzte und Jesu ganzes Wirken steht unter dem Vorzeichen entscheidende Dienst, zu dem Gott mich gesandt hat. dieses Dienstes. Seine Wunder sind nicht werbewirkWarum musste Jesus sterben? Nicht, weil Gott ein same Demonstrationen seiner Macht, sondern Dienst Opfer brauchte. Er starb, weil die Menschen es nicht an Menschen, die er aus der Herrschaft zerstöreri- ertrugen, dass einer ganz für andere da ist. Und gerade scher Kräfte und vom Leiden unter Krankheit und so nahm Jesus die tödlichen Folgen menschlicher sozialer Isolation befreit. Schuld auf sich, um sie uns abzunehmen. Er starb nicht für Gott. Er starb für uns. Jesus tritt für die Schuld der Menschen ein Die Bedeutung von Jesu Kommen hat aber noch eine Tiefendimension, die der zweite Teil dieses Verses ­umschreibt. Dass Jesus als der Menschensohn ganz für Dr. Walter Klaiber die Menschen da ist, findet seine Erfüllung darin, dass ist Bischof in Ruhe und hat zahlreiche Bücher und er sein Leben für sie hingibt. Den Sinn dieser LebensAufsätze zur Rechtfertigungslehre veröffentlicht. Er lebt in Tübingen. hingabe erklärt die Wendung »als Lösegeld für viele«.


EVANGELISATIONSWE WE EVANGELISATIONS RRKK

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Evangelisch-methodistischen Kirche derder Evangelisch-methodistischen Kirche

Ziemlich kompliziert und eigentlich doch ganz einfach

Sie hat sich gelohnt, denn es hat sich gelohnt … und Sie würde sich lohnen, denn es würde sich lohnen … Im Januar war ich unterwegs zu Gemeindeseminaren in Skaftung, Kristinestad und Jakobstad an der mittelfinnischen Westküste, dem mehrheitlich schwedischsprachigen Teil Finnlands. Es war das dritte Mal in drei Jahren. Besonders von Jakobstad war ich sehr beeindruckt. Dort hat der Gottesdienstbesuch von 2008 durchschnittlich 21,4 bis 2009 auf durchschnittlich 28,9 Personen zugenommen, das sind 25 Prozent in einem Jahr. Die Gemeinde öffnete sich zunächst bewusst für ausländische Studierende aus ganz verschiedenen Ländern der Welt mit besonderen Angeboten, eine an sich schon großartige Leistung für eine kleine Gemeinde mit relativ hohem Durchschnittsalter. Der Effekt dabei: Inzwischen kommen vermehrt auch junge »Einheimische« und sogar zwei junge, sehr missionarische Familien sind dazu gestoßen. Im Gottesdienst hatte ich 35 Erwachsene, er dauerte etwa zweieinhalb Stunden, wobei eine Stunde offenes Singen war, zu dem die Besucher nach und nach dazukamen, bevor es »offiziell« losging. Im Gebetsteil wurden Anliegen gesammelt und Namen aus einem Gebetsbuch vorgelesen und zu jedem Namen kurz etwas gesagt. Persönlich war ich sehr bewegt, dass auch mein Name seit einem Jahr in diesem Buch steht und jeden Sonntag konkret für mich gebetet wird.

Sie hat sich gelohnt, denn es hat sich gelohnt… Es hat sich gelohnt, dort Zeit, Liebe, Kraft und viel Geld zu investieren und durch Gemeindeseminare die klein und alt gewordene Gemeinde neu zu missionarischem Gemeindeaufbau zu motivieren und zu trainieren. Sie hat sich gelohnt, die Spende mancher treuen Freunde des Evangelisationswerkes, denn ohne diese Unterstützung könnten wir Sekretäre diese Arbeit in Deutschland und ganz Europa nicht tun. 7950 Kilometer war ich im Januar in Norddeutschland, Schweden und Finnland unterwegs. Die Gemeinden im Ausland, aber auch zunehmend unsere deutschen Gemeinden können die durch unsere Schulungen und Seminare entstehenden Kosten immer öfter nicht mehr aufbringen. Sie würde sich lohnen, denn es würde sich lohnen… Es würde sich lohnen, uns als Sekre­ täre im Evangelisationswerk noch wesentlich stärker finanziell aber auch im Gebet mitzutragen und zu unterstützen. Auch die finanzielle Decke der Gemeinden in Nord- und Ostdeutschland wird immer dünner. Auch hier muss das Evangelisationswerk die anfallenden Kosten unserer Arbeit vor Ort meist selber tragen. Sie würde sich lohnen, die Spende, denn der Zuschuss aus der Kasse der Zentralkonferenz über die Umlage der Gemeinden reicht jetzt schon nicht und dürfte wohl mittel- bis langfristig sogar noch kleiner werden.

»Tack so mycke!« (»Danke so vielmals!«) soll ich allen sagen, die unsere Arbeit unterstützen und viele Grüße aus Jakobstad und von Pastor Frederik Wegelius und natürlich auch von meinen Kollegen Christhard ­Elle, Eberhard Schilling und Barry Sloan DMin. Wilfried Bolay, Pastor Sekretär für Evangelisation

Liebe Freunde! Menschen zu Jesus zu bringen, dafür brennt unser Herz! Ob Freunde, Familie, Kollegen oder rund um unsere Kirchen, diesen Menschen eine Tür zum Glauben zu öffnen, das ist unsere ganz große Sehnsucht. Ihre auch? Wir vom Evangelisationswerk der EmK unterstützen Sie und Ihre Gemeinde durch Beratungen, Seminare und Einsätze vor Ort. Gerne helfen wir auch, indem wir Kontakte herstellen, Trends für Sie beobachten und auswerten und indem wir ­Ihnen Arbeitsmittel bereitstellen. In der Hoffnung, mit Ihnen zusammen einiges ­bewegen zu können, grüßen Sie Ihre Pastor Wilfried Bolay

Sekretär für Evangelisation/ Theologischer Leiter der Zeltmission

Pastor Eberhard Schilling Sekretär für Gemeindegründung

Pastor Christhard Elle

Sekretär für Missionarischen Gemeindeaufbau

Pastor Barry Sloan DMin

Sekretär für Missionarischen Gemeindeaufbau


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Das »Mission Statement« des Evangelisationswerks lautet: »Es gehört zum Auftrag der Kirche Jesu Christi, Menschen mit dem Evangelium bekannt zu machen und sie zu einem Leben mit Jesus Christus und in seine ­Gemeinde einzuladen. Darum vernetzt das Evangelisationswerk der EmK ­Evangelisation, Gemeindeaufbau und Gemeindegründung durch zahlreiche ­Angebote und Dienstleistungen.«

Ziele und Maßnahmen Früher reichte es aus, den Gemeinden evangelistische Hilfestellung zu geben. Weil die Gemeinden und die äußeren Bedingungen sich geändert haben, reicht das heute nicht mehr aus. Das Umfeld der Gemeinden ist Glaubensdingen gegenüber gleichgültiger oder sogar ablehnend geworden. Das Zelt auf dem Festplatz und eine Einladung im

Briefkasten sind schon lange kein Garant mehr dafür, dass »die Leute kommen«. Das Ziel bleibt unverändert: Reich Gottes zu bauen und den Auftrag Jesu Christi zu erfüllen. Die Wege und Mittel – und die Herausforderungen – haben sich geändert. Das Evangelisationswerk nimmt die Herausforderung an und bietet den Gemeinden Hilfestellung an.

Die Aufgaben Impulsebene

Geistliche Impulse

Kontakte

Visionsebene

»Marktbeobachtung«

EmK in Deutschland

Vision

Gemeinden werden befähigt, ihren missionarischen Auftrag zu leben, indem wir inspirieren, bevollmächtigen, unterstützen, begleiten

Kommunika­ Gremien tionsebene • Kommissio­

nen und Ausschüsse der jeweiligen Konferenzen

Transforma­ tionsebene

Angebote • emk-mobil • emk-spiel-mobil • Zelte • forum e, forum g • regionale Gemeindeaufbautage • mission europe

Modelle • Teaching Church

Wir bieten zu folgenden Themen Schulungen und Seminare an: • Missionarischer Gemeindeaufbau • Natürliche Gemeindeentwicklung • Zeitströmungen von 1900 bis heute • Gottesdienst • Geistliche Leitung • Gemeindegründung • Evangelisation • Seelsorge bei Evangelisationen • Persönliche Evangelisation • Glaubensgrundkurse • Seminare von »ProChrist« • Arbeit mit emk-mobil und Zelten

Öffentlichkeitsarbeit

EmK in Mittel- und Südeuropa EmK in Nordeuropa, dem Baltikum und Eurasien Weitere methodistische Kirchen in Europa

• Homepage • Newsletter • Spendenwerbung • Zeitschrift »unterwegs«

Hilfe zur Transformation von Kirche und Welt • Menschen zum Glauben an Jesus Christus führen • den Nöten der Menschen begegnen • Tochtergemeinden gründen • in kulturell relevanten Formen arbeiten • Mitarbeitende gabenorientiert einsetzen • geistliches Wachstum ermöglichen

Zusammenarbeit in Europa Das Evangelisationswerk arbeitet in allen Ländern Europas, in denen methodistische Kirchen tätig sind. Die elf Zelte und das emk-mobil sind unterwegs von Nord-­ Skandinavien bis ans Schwarze Meer und von Estland bis Spanien. In fast allen Konferenzen in Europa finden regelmäßig Pastorenseminare des Evangeli­ -sationswerks statt. Impressum für diese Einheftung Herausgeber: Evangelisationswerk der Evangelisch-methodistischen Kirche • Redaktion: Pastor Wilfried Bolay, Sekretär für Evangelisation Fotos: Evangelisationswerk • Geschäftsstelle: Im Brühl 28–32, 89150 Laichingen, Telefon 07333 50-61/-62, Telefax 07333 21186 Spendenkonto: EmK Evangelisationswerk, Volksbank Laichingen, BLZ 63091300, Konto 8570000 • www.evangelisationswerk.de


24 ::: Portrait

Die Kunst der Wörter Buchstaben sind Maya Hubers Leidenschaft. Aber ganz besondere: Die Kalligraphin gestaltet die Zeichen so, dass auch bekannte Wörter überraschende Bedeutungen entfalten. Viele kennen ihre Gestaltungen der Jahreslosung. Ab Ostern sind in Lüneburg ihre Interpretationen der Seligpreisungen Jesu zu sehen.

M

Maya Huber gestaltet Worte, die sie begeistern.

ihre Werke schon an verschiedenen Orten zu sehen, hinzu kommen Auftragswerke wie etwa die Gestaltung der Jahreslosung in »unterwegs« im vergangenen Jahr. Seit vielen Jahren erteilt Maya Huber Kalligraphie-­ Kurse, seit 2004 gibt es einen Ferienkurs im Kurhaus Teuchelwald. »Da hat sich schon eine feste Gruppe von Leuten zusammengefunden die spüren, dass Kalligraphie für sie wertvoll ist«, erzählt die Künstlerin. Nach Worten, die sie gestalten kann, muss Maya Huber nicht lange suchen. »Ich hatte schon zu Beginn so viele Texte in mir, dass ich die Menge richtiggehend abarbeiten musste«, erzählt sie. Diese Begeisterung will sie weitergeben: »Ich will Worte, die mir wichtig sind, so gestalten, dass sie auch andere Menschen beeindrucken.« Ein besonderes Projekt hat Maya Huber im vergangenen Jahr ausgeführt: Für die Lüneburger Kirche St. ­Nicolai gestaltete sie die Seligpreisungen nach Matthäus. Und zwar richtig groß: fast vier Meter hoch und 70 Zentimeter breit. »Als ich mir die Kirche angeschaut habe. war sofort klar: Da muss man etwas Großes machen«, erzählt sie. Acht Monate arbeitete sie an den Fahnen, die Schau kam gut an. Ab Ostern werden sie nochmal zu sehen sein. Bei der Arbeit daran hat Maya Huber übrigens auch Gefallen an der großen Fläche gefunden. In ihrem Kopf arbeitet es schon. Volker Kiemle

Fotos: Volker K iemle

anchmal sind es nur ein paar Worte. Eine Liedzeile, ein Spruch, ein kurzes Gedicht. Dann arbeitet es in Maya Huber. Bis sie sich hinsetzt und schreibt. Nein, sie malt. Oder zeichnet sie? Eigentlich macht sie alles zusammen. Maya Huber ist Kalligraphie-Künstlerin – eine Kunst, von der »viele gar nicht wissen, dass es sie überhaupt gibt«, wie die 63-Jährige erzählt. Auch für Maya Huber war die Kalligraphie eine besondere Entdeckung. Zwar hatte sie Grafische Zeichnerin gelernt und damit schon immer ein Faible für Schriften – nicht zuletzt ererbt von ihrem Vater. Durch Heirat und Familiengründung verlor sie diese Kunst 20 Jahre lang aus den Augen. Eine persönliche Krise nach der Versetzung ihres Mannes, weg aus dem geliebten Heidelberg nach Offenbach, brachte sie zur Kalligraphie. »Ich musste mir eine Heimat schaffen, die mit mir geht«, erzählt sie. Erste Station auf dem Weg zu dieser Heimat war die »Schreibwerkstatt Klingspor« in Offenbach – der Stadt, in der der berühmte Schriftgestalter Rudolf Koch (1876–1934) gelebt hatte. Maya Huber besuchte Workshops. Und als hätte ihre Seele nur darauf gewartet, erwachte ihre Leidenschaft für Kalligraphie. »Die Kursleiter haben mich sehr ermutigt«, erzählt sie. Maya Huber begann, sich vom exakten Schriftzeichnen zu lösen und experimentierte mit freien Formen. Die »Heimat Kalligraphie« zog auch 1990 mit nach Bauschlott, dem nächsten Dienstort von Pastor Rolf Huber. Maya Huber arbeitete zunächst in einer Werbeagentur und entwickelte nebenher ihre KalligraphieKunst weiter. Bald wurden andere auf sie aufmerksam. Es folgte die Einladung zur ersten Ausstellung, aus der sich dann rasch mehr entwickelte. Inzwischen waren


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