unterwegs 16/2012

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29. Juli 2012 ISSN 1436-607X

16/2012 Diese Ausgabe erscheint mit

dem Magazin für Männer

Wenn der Computer süchtig macht In der Brücke n

Wie Brasiliens Methodisten helfen. Seite 11

Näher ran n

Was britische Methodisten bewegt Seite 12

Unter die Haut n

Traumatherapie in Ruanda Seite 17


Titelthema: Wege aus der Online-Sucht 2 ::: Editorial

Ihr Volker Kiemle

So erreichen Sie uns: Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: unterwegs@emk.de Aboservice: 0711 83000-0

kurz gesagt Nur wenige Ostdeutsche i­ nteressieren sich für die

Gedenkstätte im ehemaligen zentralen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. Unter den 340.000 Besuchern, die 2011 in die Gedenkstätte ­kamen, waren nur 4.000 aus Ostdeutschland. 54.000 kamen aus dem Ausland, der Rest aus Westdeutschland. Insgesamt verzeichnet die Ausstellung wachsenden Zulauf, so dass über verlängerte Öffnungszeiten nachgedacht wird. Kritik für seine Position zum

Islam hat Joachim Gauck bekommen. Der Bundespräsident hatte unlängst der Wochenzeitung »Die Zeit« gesagt, er habe den Satz seines Vorgängers Christian Wulff, der Islam gehöre zu Deutschland, zwar nicht übernommen, seine Inten­ tion teile er aber. »Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland«, sagte Gauck. Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann entgegnete in einem Interview, sie könne die vermeintlich so klare Unterscheidung zwischen einer Religion und ihren Angehörigen nicht ganz nachvollziehen.

Schneider. Schulz will diese Tatsache mehr nutzen. So kündigte er an, mit der EKD etwa in der Frage der Flüchtlinge an Europas ­Außengrenzen künftig eng zusammenarbeiten zu wollen. Zu einem tödlichen Unglück

in der Ukraine kam es am 10. Juli bei einem Missionseinsatz der EmK. David Nevotti, Glied einer texanischen Gemeinde der EmK, und Illja Onoprienko, ein ukrainischer Student, starben, als ein Dach einstürzte, das repariert wurde. Pastor David Goran, Missionar der EmK aus Texas, wurde schwer verletzt. Er wurde aus Lwiw (Lemberg) ausgeflogen und wird zurzeit in einem Münchner Krankenhaus behandelt. Die EmK arbeitet in Lwiw unter der Leitung von David Goran mit Studierenden. SüSSigkeiten füllen die meis-

ten Schultüten der deutschlandweit rund 700.000 ABC-Schützen in diesem Jahr. Das hat eine Umfrage unter rund 1.000 Vätern und Müttern ergeben. Nur acht Prozent der befragten Eltern wollen Bargeld zur Einschulung schenken und ein Prozent ein Handy. Die Legalisierung von Drogen

Europas Kirchen erreichen

mehr Menschen als das ­Europäische Parlament. Das sagte der Präsident des Europaparlaments, der deutsche Politiker Martin Schulz, nach einer Begegnung mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus

hat der Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit gefordert. Dadurch könnten Dealerringe oder die Finanzierung von kriminellen Machenschaften durch Drogengelder bekämpft werden. bl/epd/idea

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foto: www.joachim-gauck.de / Titelfoto: istockphoto

Ins Netz gegangen Die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik sind fantastisch: Mit Mobiltelefon und Laptop kann man fast überall arbeiten und ist ständig erreichbar. Eine geschäftliche E-Mail am Samstagabend beantworten? Kein Problem. Kurz noch einen Text schrei­ ben, der morgen früh dringend zum Chef muss? Geht auch noch um 22 Uhr. Der Zug hat 15 Minuten Verspätung? Macht nichts, ich habe ja mein Büro immer in der Tasche. Viele Menschen haben heute schon so gleitende Arbeitszeiten, dass sie Privatleben und Beruf kaum trennen können. Diese Flexibilität hat viele Vorteile: Mal kurz die Kinder vom Kindergarten abholen oder zum Arzt gehen ist da kein Problem – die Arbeit kann man ja später noch erledigen. Doch wo so viel Licht ist, da gibt es natürlich auch Schatten. Immer mehr Menschen leiden unter der ständigen Erreichbarkeit – und meistens ist der Zwang sogar hausgemacht. Aus Angst davor, vom Nachrichtenstrom abgeschnitten zu sein, starren viele Menschen ständig auf ihr Telefon. Da ist die Grenze zur Sucht nur hauchdünn. Was hilft? So einfach wie wirkungsvoll ist das Abschalten. Ich habe zum Beispiel einen computerfreien Tag in der Woche eingeführt. Andere Tipps lesen Sie auf Seite 10. Und falls Sie selbst wenig damit zu tun haben, geben Sie die Tipps einfach weiter.


Titelthema: Wege aus der Online-Sucht ::: 3

Internetsüchtig – oder nicht? Viele Eltern kenne das, was eine Mutter berichtet: »Unser Sohn Philipp (14) verbringt am Tag in der Regel sieben Stunden am Computer. Allerdings spielt er nur selten, surft auch nicht im Internet herum, sondern programmiert. Mein Mann findet, dass ich mir unnötig Sorgen mache. Aber ich frage mich wirklich, ob Philipp bereits süchtig ist?« Ulrich Giesekus gibt Antworten.

Foto: sxc.hu / chidsey

U

m es gleich vorweg zu sagen: Ob Philipp als computersüchtig anzusehen ist oder nicht, hängt von der Definition ab. Obwohl es unbestritten ist, dass man auch bei den »stoffungebundenen Süchten« alle Aspekte von Suchtstörungen beobachten kann, gibt es dafür bisher keine allgemein anerkannten diagnostischen Kriterien. Aber: Testen Sie doch selbst, ob die vier Suchtkriterien, die laut der Weltgesundheitsorganisation Süchte ausmachen, zutreffen: 1 . Ein unbezwingbares Verlangen zur Einnahme und Beschaffung des Mittels. 2. E ine Tendenz zur Dosissteigerung (Toleranzerhöhung). 3. E ine psychische und meist auch physische ­Abhängigkeit von der Wirkung der »Droge«. 4. D ie Schädlichkeit für den Einzelnen und/oder die Gesellschaft. Das erste Kriterium bedeutet, dass die Person versucht hat, den Konsum zu begrenzen – aber es innerhalb relativ kurzer Zeit wieder zur hohen Dosis kommt. Also, dass man als Süchtiger nicht eine Stunde am Computer arbeiten kann, sondern dass es stets mehr werden, als man sich vorgenommen hat. Gab es solche Begrenzungsversuche? Falls nicht, probieren Sie es aus: Vereinbaren Sie mit Philipp, dass er an einem oder zwei Tagen in der Woche nur eine Stunde an den Computer darf und dass er selbst auf die Zeit achten muss. Falls es ihm nicht gelingt, nach einer Stunde von selbst aufzuhören, ist das erste Kriterium erfüllt. Das zweite Kriterium bedeutet, dass die Anfangsdosis immer wieder erhöht wurde, bis es zum maximalen Konsum kam. Da Philipp vermutlich in die Schule geht, Hausaufgaben macht und auch irgendwann essen und schlafen wird, dürfte er mit sieben Stunden täglich bereits die Maximaldosis erreicht haben. Das dritte Kriterium bringt mit sich, dass die betroffene Person sich nicht wohl fühlt, wenn das Suchtverhalten aus irgendeinem Grund nicht ausgeübt werden kann. Man ist gelangweilt, vielleicht depressiv oder gereizt, bis man wieder seine Tagesdosis »Bildschirm« bekommt. Wenn Sie Philipps Computerzeit einschränken, wird er dann unausstehlich und macht Ihnen das Leben schwer? Vielleicht liegt das daran, dass er dann Entzugssymptome hat?

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Über das vierte Kriterium werde ich nicht lange spekulieren. Sieben Stunden Computer pro Tag (zusätzlich zum Sitzen in der Schule) sind mit Sicherheit schädlich. Um die wissenschaftlichen Studien kurz aber richtig zusammenzufassen: Zu viel Bildschirm macht Kinder dumm, faul, dick und depressiv. Ein wichtiger Aspekt, den Sie nicht unbeachtet lassen sollten, ist zudem, dass Sie als Eltern sehr uneins sind, wie sie vorgehen sollen. Auch das könnte auf eine typische »Suchtfamilie« hindeuten: Oft gibt es den »besorgten« Elternteil, der versucht, das Suchtverhalten einzudämmen; der andere Elternteil hingegen reagiert mit Beschwichtigung und Zweckoptimismus. Daraufhin entwickelt der besorgte Elternteil noch größeres Verantwortungsgefühl, weil er/sie sich nicht ernst genommen fühlt, woraufhin der Partner nur noch weiter bagatellisiert – der Teufelskreis ist perfekt! Machen Sie zunächst als Eltern einen gemeinsamen Plan. Egal, ob Philipp süchtig ist oder nicht: Er braucht für seine Entwicklung auch Aktivitäten neben dem Computer. Helfen Sie ihm, diese Bereiche zu entwickeln, indem Sie den Computer einschränken. An der Reaktion auf Einschränkung werden Sie dann deutlich sehen, ob eine behandlungsbedürftige Suchtstörung vorliegt – nämlich, wenn Philipps Reaktionen heftig und nachhaltig sind. Suchen Sie dann eine Suchtberatungsstelle auf, die Computer-, Internetund TV-Sucht ernst nimmt.

Ob ein Kind computersüchtig ist, lässt sich ­klären. Foto:Privat


4 ::: Titelthema: Wege aus der Online-Sucht

Raus aus der Scheinwelt Was ist überhaupt Online-Sucht? Wie können Eltern ihren Sprösslingen helfen? Und welche Wege gibt es aus dieser Sucht heraus? Solchen und ähnlichen Fragen begegnet Tom Scheppat in seiner Arbeit häufig. Als professioneller Suchtberater kennt er auch Antworten. »Wichtig ist eine gute Beziehung zwischen Eltern und Kindern«, sagt er im Gespräch mit Volker Kiemle. Herr Scheppat, wie sind Sie dazu gekommen, sich mit Computerspielen zu befassen? Tom Scheppat: Ich bin computeraffin, habe selbst programmiert und auch ein wenig gespielt. Ich finde einfach die Geräte und ihre Möglichkeiten toll. Dadurch kenne ich das Vokabular, das man braucht, um mit computerabhängigen Menschen zu reden. Außerdem habe ich mich weitergebildet und verfolge genau, was Spielehersteller oder Firmen wie Facebook und Google eigentlich machen. Denn viele bieten ihre Dienste kostenlos an, machen aber viel Geld damit. Da frage ich mich schon, wie das funktioniert. Wann ist Ihnen das Phänomen Online-Abhängigkeit zum ersten Mal begegnet? Tom Scheppat: In nennenswertem Ausmaß vor etwa drei Jahren. Davor war es eher nebulös, keiner wusste so genau, was sich dahinter verbirgt.

komplett andere Identität, einen so genannten Avatar, zulegen. Wenn dadurch die Realität immer mehr in den Hintergrund gerät, wird man irgendwann abhängig. Das ist beim Alkohol nicht anders: Auch da trinken viele, weil sie sich mit Alkohol größer, lockerer fühlen und etwas anderes darstellen, als in Wirklichkeit ihrem Wesen entspricht. Online-Abhängigkeit ist eine Sucht wie jede andere. Wer wird online-abhängig? Tom Scheppat: Nach meiner Erfahrung ist das unabhängig von der sozialen Schicht. Allerdings haben viele Zocker beruflich mit Computern zu tun und deshalb einen höheren Bildungsgrad. Aber viele haben auch ­eine Zweitsucht – oft ist Cannabis oder Alkohol mit im Spiel. Welche Online-Süchte gibt es? Tom Scheppat: Zwei Drittel haben etwas mit Spielen zu

Warum kamen die ersten Klienten? Tom Scheppat: Das waren Extrem-Zocker, die zwischen 40 und 80 Stunden in der Woche spielen – das ist quasi ein Nebenjob, der ihre gesamte Freizeit ausfüllt, sofern sie überhaupt einer normalen Arbeit nachgehen. Manche haben durch die Sucht ihren Arbeitsplatz verloren. Ich hatte auch schon Klienten, die sich stundenlang in Chaträumen bewegt und dadurch ihre ­Sozialkontakte oder ihren Job verloren haben.

tun, der Rest teilt sich auf in Chats – wobei das alle sozialen Netzwerke umfasst, auch Flirt-Portale, pornografische Seiten oder Casinospiele. Es gibt auch Leute, die einfach exzessiv surfen. Auch da steckt oft ein Selbstwertproblem dahinter – die Leute kommen mit Leere nicht klar, können mit sich selbst nichts anfangen und flüchten in die Scheinwelt. Ab wann ist man süchtig? Tom Scheppat: Das hängt von der Dauer der Nutzung

Warum wird jemand süchtig? Tom Scheppat: Das hat ganz unterschiedliche Gründe. Es gibt allerdings bei jeder Abhängigkeit ein paar typische Merkmale: Man macht beispielsweise mehr vom Gleichen, um das fehlende Selbstwertgefühl zu kompensieren. Im Internet kann man sich zum Beispiel eine information Tom Scheppat (47) ist Sozialarbeiter und Sozialtherapeut in der psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle des Kreisdiakonieverbandes Rems-Murr-Kreis in Schorndorf. Er ist verheiratet und hat einen Sohn (2 Jahre). Vor der Anstellung in Schorndorf war Scheppat 14 Jahre in der Jugendhilfe in Wohngruppen, Betreutem Jugendwohnen und als Erziehungsbeistand tätig. Er hatte und hat mit Eltern zu tun, deren Kinder ein ausgeprägtes oder übermäßiges ­Mediennutzungsverhalten zeigen, beziehungsweise mit den betroffenen jungen Menschen selbst.

– also wie lange man nicht beruflich vor dem Rechner sitzt – und den Auswirkungen ab: wenn Sozialkontakte abbrechen, wenn Entzugserscheinungen auftreten, wenn man sich gedanklich ständig mit dem Computer beschäftigt, auch wenn er nicht läuft. Eine differenzierte Diagnostik ist notwendig, um gegen andere psychische Erkrankungen abzugrenzen. Gerade im christlichen Bereich wird derzeit häufig vor der Sucht nach Internet-Pornografie gewarnt. Wie groß ist Ihrer Erfahrung nach dieses Problem? Tom Scheppat: Das lässt sich schwer sagen. In der Regel steckt dahinter aber eine Sexsucht, das Internet ist nur das – leicht zugängliche – Medium, um diese Sucht auszuleben. Mit einer Online-Abhängigkeit hat das aber wenig zu tun.

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Was können Eltern vorbeugend tun? Tom Scheppat: Sie sollten eine gute Beziehung zu ihren Kindern halten – auch wenn es ab und zu kracht. Und sie sollten ihnen genügend Alternativen bieten. Spiele sind nicht per se schlecht, aber es muss auch was anderes geben, das attraktiv für Kinder ist. Für Kinder sind Beziehungen das Wichtigste – zu Eltern, die sie wertschätzen, die ihnen aber auch ganz klare Grenzen aufzeigen. Deshalb sind Spiele ja auch so attraktiv: Hier gibt es ganz klare Grenzen. Ein Fehltritt, und man ist draußen, muss von vorne anfangen oder verliert sogar seinen Zugang. In manchen Familien fehlen schlicht Grenzen und Zuwendung.

Foto: sxc.hu / anissat

Was müssen Eltern wissen über Online-Spiele und soziale Netzwerke? Tom Scheppat: Sie sollten wissen, wie das Ganze funktioniert. Natürlich müssen sie nicht im Detail alle Spielregeln kennen – das geht gar nicht. Am besten, sie fragen ihre Kinder, was sie da eigentlich machen. Und es kann auch nicht schaden, selbst mitzuspielen. Speziell für Chats müssen Eltern ihren Kindern klare Verhaltensregeln geben: keine Klarnamen, keine Telefonnummern, keine Adressen, keine Originalbilder. Denn noch immer tummeln sich hier viele Pädophile, außerdem ist oft nicht klar, was die Anbieter mit den Daten machen. Wann ist Hilfe von außen angezeigt? Tom Scheppat: Immer wenn man das Gefühl hat, dass etwas falsch läuft. Die meisten Eltern, die sich bei uns beraten lassen, sind einfach nur unsicher, ob das Verhalten ihrer Kinder noch normal oder schon süchtig ist. Fast alle haben aber zuallererst ein Erziehungsproblem, kein Abhängigkeitsproblem. Es gibt extreme Fälle, die ich dann in spezielle Ambulanzen für jugendliche Online-Zocker nach Mainz oder Tübingen verweise.

Tun sich Onlinesüchtige schwerer, zu ihrer Sucht zu stehen? Tom Scheppat: Es kommen sehr wenige zur Beratung, nach meinen Beobachtungen müssten es viel mehr sein. Eine Online-Sucht ist schwerer von a­ ußen zu durchschauen, zumal die Sozialkontakte meist schon abgebrochen sind. Bei einer Alkoholabhängigkeit greift in der Regel irgendwann jemand von außen ein – sei es die Führerscheinstelle. Das ist bei Online-Sucht anders. Kann man Online-Sucht heilen? Tom Scheppat: Man kann gar keine Abhängigkeit hei-

len. Wer abhängig ist, bleibt das lebenslang. Das Einzige, was man tun kann, ist zu lernen, mit der Abhängigkeit zu leben. Für Online-Süchtige ist das natürlich ein großes Problem: Sie müssen lernen, mit dem Rechner umzugehen, ohne zu spielen – das ist wie ein Alkoholiker im Schnapsladen. Aber es geht nicht anders, weil die meisten beruflich mit dem Computer zu tun haben. Sie arbeiten ja in einer kirchlichen Beratungsstelle. Was müsste die Kirche bei diesem Thema tun? Tom Scheppat: Sie sollte Stellung beziehen und sich auf keinen Fall raushalten aus den Diskussionen. Kirche sollte sich auch zu allgemeinen Lebensfragen äußern und sich einmischen. Ich halte es für schwierig, Computerspiele und soziale Netzwerke zu verteufeln – im Gegenteil! Facebook etwa hat Vorteile, die kann man klar nutzen: Es ermöglicht Kontakt (schriftlich, im Chat, Austausch von Bildern, Filmen, Dokumenten) zu realen Personen, zu denen aufgrund der Entfernung Kontakt schwierig wäre, Studenten nutzen dieses Medium zur Gruppenarbeit ohne sich dafür räumlich abstimmen zu müssen – teils über Ländergrenzen hinweg. Man muss sich aber an bestimmte Regeln halten, damit die Sache nicht aus dem Ruder läuft. Wenn die Kirche eine klare Stellung hat, kann sie auch kompetent vor möglichen Gefahren im Internet warnen. http://is.gd/nIZfln

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Eltern sollten ­Bescheid wissen, was ihre Kinder am Computer ­machen. Nachfragen und vielleicht auch mal eine Runde mitspielen – das kann helfen.


6 ::: Titelthema: Wege aus der Online-Sucht

Kinder im Netz: Früh eingreifen! Dass man Kindern beibringen muss, wie sie vernünftig mit Fernsehen, Radio, CD und DVD umgehen, ist fast allen Eltern klar. Spätestens wenn es um internetfähige Handys oder Mini-Computer geht, die heute zum Teil schon Grundschulkinder nutzen, müssen Kinder über Möglichkeiten und Risiken der Cyberwelt aufgeklärt werden. Wir haben die Berater des »Sicher-Stark-Teams« um Tipps gebeten. Tipp 1:  Trauen Sie sich das nicht selbst zu, dann ­ ehmen Sie dazu Angebote von Experten wahr. Das n Sicher-StarkTeam etwa ist seit mehr als zehn Jahren spezialisiert auf die Bedürfnisse von Grundschulkindern und macht die Kleinen, aber auch deren Eltern oder Betreuer oder andere Interessierte, mit Web-Seminaren und einer Video-DVD-Serie »internetfit«. Wie lässt sich steuern, wann, wo und wie oft Ihr Kind surft, damit es vor den zahlreichen Gefahren für Internetnutzer möglichst geschützt ist? Mit der Kombination mehrerer relativ einfacher Maßnahmen können Sie die Sicherheit Ihres Kindes beträchtlich steigern und behalten überdies einen Überblick über die von Ihrem Kind besuchten Websites. Tipp 2:  Abgesehen von allen technischen Möglichkeiten gilt: Bleiben Sie mit Ihrem Kind im Gespräch über seine Internetnutzung. Je jünger, desto weniger darf es alleingelassen werden. Lassen Sie sich begeistert von seinen neuen Kontakten oder von tollen Seiten erzählen, führen Sie eventuelle Anmeldungen zu Chats, ­Foren, Freundebüchern usw. mit ihm vor und sorgen Sie für eine optimale Einstellung der Privatsphäre. Tipp 3:  Geben Sie Ihrem Kind nur Zutritt zu altersspezifischen Angeboten. Das fängt an mit der Einrichtung eines Kinderbrowsers wie etwa »Feuersalamander«, »globRob-Kinderschutz« oder »Dolphin Secure«. Eine Auswahl von Kinderbrowsern finden Sie etwa unter http://www.netzwelt.de/news/82648-uebersicht-bestekinderschutz-software.html. Wichtig ist, dass Sie mit solcher Kinderschutzsoftware Internet-Seiten für Ihr Kind eigens erlauben oder verbieten sowie ein Zeitlimit für das Surfen festlegen können. Zusätzlich kön-

infoRMATION Mehr über altersspezifische Angebote für Grundschulkinder, Schutz vor Schadprogrammen, Anmeldung auf Kinderseiten, Installation und Einstellung von Kinderschutzsoftware und die wirksamsten Maßnahmen bei Mobbing, rechtlichen ­Problemen oder der Annäherung fremder Personen an Ihr Kind erhalten Sie in den W ­ ebinaren und der Video-DVD-Serie des Sicher-Stark-Teams. www.sicher-stark-team.de/shop.cfm.

nen Sie im Nachhinein den Verlauf der besuchten Seiten Ihres Kindes abrufen, wenn Sie einmal nicht die Zeit hatten, alles selbst mitzuverfolgen.

Tipp 4:  Über Kinderbrowser erhält man auch Zugang zu Kindersuchmaschinen wie etwa fragfiinn.de, helleskoepfchen.de oder blindekuh.de. Eine sehr gute Oberseite mit vielen Kooperationspartnern, die sichere Kinderseiten anbieten, ist seitenstark.de. Von dort aus kann Ihr Kind beispielsweise auf Internetabc.de gelangen, wo es Sicherheitstipps abrufen und einen InternetSurfschein machen kann. Tipp 5:  Je mehr Sie Ihrem Kind ermöglichen, Informationen zu seinen Hobbys oder sonstigen Interessensgebieten im Netz zu finden, desto weniger läuft es Gefahr, auf reinen Spieleseiten internet- bzw. spielsüchtig zu werden. Da Sucht meistens ein Zeichen dafür ist, dass einem Menschen etwas fehlt, was er durch das Suchtverhalten ausgleichen möchte, kann generell mehr Zuwendung Ihr Kind vor einem Abgleiten in eine Sucht schützen. Gleichzeitig verringern Sie durch interessante, aber sichere Surfangebote effektiv die Gefahr von Abzocke, Abofallen oder Urheberrechtsproblemen auf Tauschbörsen oder Filmportalen.


foto: Daniel Schmidt

»Jetzt aber – so spricht der Herr, der dich geschaffen Titelthema: Wege ausWort der Online-Sucht auf den Weg ::: ::: 77 hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.« Jesaja 43,1

Worauf wir uns verlassen können

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ucht ist immer noch ein Tabuthema. Eine Sucht zieht immer Kreise über den suchtkranken Menschen hinaus und beeinträchtigt die mit ihm lebenden Personen in einem Maß, das ebenfalls krank machen kann. Sucht macht auch vor Kirchen und gläubigen Menschen nicht halt. Sehr lange wird eine Suchtentwicklung verschwiegen. Sie soll nicht bemerkt werden, sie geht keinen was an. Wie überall, so wird auch in unseren Gemeinden weggesehen, man spricht die Betroffenen nicht an, bagatellisiert das Verhalten. Dieses wechselseitige Verheimlichen sorgt mit dafür, dass sich eine Sucht immer mehr ausbreiten kann und schier endlos dauert. Mit dieser Andacht möchte ich ganz besonders alle ansprechen, die selbst unter einer Sucht leiden oder die eine Sucht in der nächsten Umgebung erleben und somit selbst miteinbezogen sind. »Jetzt aber – so spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.« In dem Text aus Jesaja 43 fällt mir zuerst der Satz auf: »Ich habe dich beim Namen gerufen.« Wer bin ich, was macht mich aus? Welche Überschrift hat mein Leben? Wie sehe ich mich selbst, wie sehen mich andere, was glaube ich, wie mich Gott sieht? Er sagt: »Fürchte dich nicht, ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst zu mir.« Dieses »ich habe dich ausgelöst«, das heißt ja, er hat mich frei gekauft, er hat mein Lebensknäuel entwirrt, das sich so oft verknotet und verwickelt hat.

Was sind meine Fesseln? Sind es zum Beispiel meine Gedanken, die mich oft runterziehen, meine Selbstvorwürfe, wenn ich mir meine Fehler nicht verzeihen kann, sind es die Momente, in denen ich an Menschen, an mir selbst, an Gott, schuldig geworden bin? Ist es, dass mir meine Zuversicht abhanden gekommen ist oder bemerke ich es an meinem steigenden Suchtmittelkonsum? »Ich habe dich ausgelöst, fürchte dich nicht!« Eine Änderung ist möglich, sie ist nicht immer leicht, und altes Verhalten ist über Jahre hin tausende Male eingeübt und festgelegt. Trotzdem: Es ist möglich, sich zu ändern! Jetzt aber! Das heißt: Fang an, etwas zu ändern, dein Leben muss nicht so weitergehen wie bisher. Was könnte der Anfang sein, erste Schritte zu einer Änderung? Zwei Voraussetzungen haben sich oft als Hilfe erwiesen: ehrlich zu sich selbst sein und sich jemandem anvertrauen. Das gilt sowohl für Menschen mit Suchtproblemen als auch für deren Angehörige. Gott achtet uns sehr und ist gerne bereit, den Entwicklungsweg vom Jakob zum Israel mit uns zu gehen. Sein »Fürchte dich nicht« gilt an jedem Tag neu und auf sein »Ich habe dich ausgelöst« können wir uns getrost verlassen.

»Es ist möglich, sich zu ändern!«

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Arno Gerhold ist Suchtkrankentherapeut und Mitglied der AG Sucht der Süddeutschen Jährlichen Konferenz.


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Erster Spatenstich in Cambine

Ranito, ein ­Student aus dem Theologischen Seminar beim ­ersten Spatenstich für das neue Waisenhaus in Cambine.

Die Sammlung »Kinder helfen Kindern« für das Waisenhaus in ­ Cambine/Mosambik ist abgeschlossen. Ebenso die Vorbereitungen. Nun geht es endlich los. Unser Missionsehepaar Claudia und Thomas Günther berichtet vom ersten Spatenstich für die Neubauten des Waisenhauses:

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onate, ja Jahre reden wir schon darüber, dass das Waisenhaus in Cambine umstrukturiert werden soll. Aber wie so oft (nicht nur in Afrika!) brauchen wir dazu einen langen Atem. Die erste Rate aus der Sammlung »Kinder helfen Kindern« ist im April bei uns angekommen. Nun geht es

endlich los! Heute, am Freitag, dem 13. Juli, haben wir die Baustelle für das erste Gebäude abgesteckt und den ersten Spatenstich getan. Jetzt werden die Gräben für das Fundament ausgehoben. Im August kommen Freiwillige aus Virginia/USA, die uns helfen wollen, die Wände hochzuziehen. Zuerst bauen wir ein neues Lagergebäude. Das ist nötig, um während der kommenden Monate Baumaterialien sicher lagern zu können. Danach sollen neue Wohnhäuser errichtet und die vorhandenen Gebäude umgebaut werden. Die Kinder sollen künftig in familien­-ähnlichen Gruppen mit je einer Mutter in jeweils ihrem Haus leben. Dazu gibt es außer den baulichen Vorbereitungen noch viel anderes zu tun. Zum Beispiel gilt es, Weiterbildung für die Heimmütter zu organisieren. Auch geeignete Frauen müssen wir finden, die bereit sind, als zusätzliche Mütter in die Arbeit im Waisenhaus einzusteigen. Es gibt viel zu tun. Lange genug hieß es abwarten, Geduld haben. Nun dürfen wir sagen: Packen wir’s an. Gebe uns Gott dazu stets die nötige Beharrlichkeit.« Holger Würth

2.000 zum »Lauf für das Leben« erwartet A

m 21. Juli findet der 7. »Lauf für das Leben« im Enzauenpark in Pforzheim statt. Dazu werden 2000 Läufer erwartet, die für jeden gelaufenen Kilometer von möglichst vielen Sponsoren ein Kilometergeld als Spende für ein Hilfsprojekt einwerben. Mit dem Erlös des Sponsorenlaufs werden kirchliche Hilfsprojekte im Gesundheitsbereich, für Vorschulerziehung und Ausbildungsprogramme in Malawi unterstützt. Unter den zum jetzigen Zeitpunkt schon über 1300 angemelde-

ten Teilnehmern ist Martin Steiner, Bürgermeister der Pforzheimer Nachbarstadt Birkenfeld, und eine Gruppe von über 300 Läufern, die das Pforzheimer Versandhaus Klingel für den Start angemeldet hat. Die Firmenleitung hat für jeden von ihren Mitarbeitern gelaufenen Kilometer einen Spendenbetrag von fünf Euro zugesagt. Für Martin Brusius, Pastor und Organisator des Spendenlaufs, ist die breite Mitwirkung von Schulen, Firmen, Kirchen, Sportvereinen und von vielen einzelnen Personen

eine begeisternde Sache. Er betont: »Wir haben hier keine Promis. Jeder, der für die gute Sache läuft, ist ein Promi.« Der von der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Pforzheim zusammen mit umliegenden EmK-Gemeinden ausgetragene »Lauf für das Leben« wird seit 2001 durchgeführt. Insgesamt wurden seither Spendengelder für kirchliche Hilfsprojekte in verschiedenen Ländern Afrikas in einer Gesamthöhe von über 480.000 Euro erlaufen. kur www.lauf-fuer-das-leben.de

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persönlich Aufg e no mme n Clausthal-Zellerfeld ::: am 17. Juni Detlef Schneider (48) und Ramona Schneider (37). Flensburg ::: am 10. Juni Gertrude Stapelberg (63). Hamm ::: am 8. Juli Irmgard Rose (76) und Ewald Rose (77). Hannover/Wunstorf ::: am 15. Juli Arndt Hellwig (33). Hockenheim ::: am 10. Juni ­Elvira Heilmann (55). Kiel ::: am 20. Mai Judith Eilers (14) und Deborah Franklin (14). Lobenstein/Remptendorf ::: am 1. Juli Arvid Blochberger (19), Diana Eberitzsch (40), David Melle (21), Johannes Melle (17) und Maria Melle (19). Nürnberg-JesusCentrum ::: am 15. Juli Hanna Beyer (24), Cornelia Krause (29), Michael Krause (29) und Tanja Ruhe (35). Oldenburg ::: am 1. Juli Isabel Reinken-Velasco (35). Rommelshausen ::: am 10. Juni Sandra Berger (38), Margot Frick (80), Bodo Käpplinger (47), Karin Käpplinger (51), Lisa Käpplinger (18), Jonathan Maile (24) und Romina Müller (18).

W ir g ratu li e r e n Friedrichroda ::: Renate und Werner Gerlach zur goldenen Hochzeit.

Gomaringen ::: Karin und Wilhelm Bürker zur goldenen Hochzeit. Kassel ::: Elfriede Krüger zum 90. Geburtstag. Langenau ::: Babette Unseld zum 90. Geburtstag. Lohra ::: Liselotte Brusius zum 90. Geburtstag. Magdeburg ::: Elfriede Wittrin zum 90. Geburtstag; Gerdfried Wittrin zum 90. Geburtstag. Murrhardt ::: Ingeborg und Karl-Heinz Mader zur goldenen Hochzeit. Niefern-Öschelbronn ::: Edith und Günter Kreutel zur goldenen Hochzeit. Ostfildern-Nellingen ::: Ruth und Hugo Elsässer zur diamantenen Hochzeit. Pirmasens ::: Lydia Jockers zum 101. Geburtstag. Tuningen ::: Anna und Ewald Hanssmann zur diamantenen Hochzeit. Weinsberg ::: Hilde und Karl Kleinbach zur goldenen Hochzeit. Zschorlau ::: Hanna Lorenz zum 90. Geburtstag. Zwickau-Planitz ::: Ruth Ebert zum 90. Geburtstag. Zwönitz ::: Elfriede und Sieghard Keller zur diamantenen Hochzeit; Irmtraud und Walter Naumann zur goldenen Hochzeit.

wowannwas Rund f u n k

Foto: Rolf van Melis / pixelio.de

im Internet radio m kompakt: Aktuell und kritisch. radio m gespräch: Glaube im Dialog. radio m ­andachten: Impulse für jeden Tag. radio m themen: Berichte und ­Reportagen. radio m bei Klassik Radio (bundesweit) Andachten »Carpe diem«: 6. bis 11.8., 6.20 Uhr, mit Anja Kieser; Sonntagsmagazin »Klassik und ­Kirche«, sonntags, 7–8 Uhr, mit Anja Kieser. Radio AREF – sonn- und feiertags von 10-12 Uhr. www.aref. de und UKW 92,9 MHz (Großraum Nürnberg) B2 Radio 5.8., 6.30 bzw. 6.45 bis 7 Uhr Positionen, mit Friedemann Burkhardt. unterwegs 16/2012 ::: 29. Juli 2012

Heim geg angen Bietigheim ::: Ingeborg Thiel am 7. Juli, 76 Jahre. Crottendorf ::: Esther Wendrock geborene Peter am 1. Juli, 81 Jahre. Eberswalde ::: Gertrud Engel am 10. Juli, 99 Jahre. Fellbach/Stuttgart-Wangen ::: Gertrud Frey am 7. Juli, 89 Jahre. Hundshübel ::: Max Alfred Voigt am 23. Juni, 88 Jahre. Karlsruhe ::: Ruth Österle am 2. Juli, 85 Jahre. Leipzig-Bethesdakirche ::: ­Judith Haustein am 7. Juni, 87 Jahre. Leipzig-Kreuzkirche ::: Rolf ­Becker am 13. Juni, 70 Jahre. Mildenau ::: Willy Mauersberger am 10. Juli, 87 Jahre. Minden ::: Kurt Meier am 10. Juli, 82 Jahre. Nürnberg ::: Diakonisse Oberin i.R. Erna Werner am 1. Juli, 91 Jahre. Pirmasens ::: Klaus Schaaf am 1. Juli, 78 Jahre. Pliezhausen ::: Friedrich ­Hoffmann am 9. Juli, 80 Jahre. Rodewisch ::: Konrad Pasedag am 9. Juli, 81 Jahre. Ronshausen ::: Elisabeth ­Rohrbach am 8. Juli, 82 Jahre. Schwarzenberg/Neuwelt ::: Magdalene Lang am 5. Juli, 80 Jahre. Sehma ::: Renate Augustin am 5. Juli, 79 Jahre. Stützengrün ::: Herbert Lakaw am 8. Juli, 84 Jahre. Waiblingen-Hegnach ::: ­Elisabeth Jeremias geborene Burkhardt am 6. Juli, 79 Jahre. Waltersdorf ::: Hanna Kögler am 10. Juli, 88 Jahre. Zwickau-Friedenskirche ::: Walter Päßler am 28. Mai, 88 Jahre. Zwickau-Planitz ::: Christa ­Weidensdörfer am 6. Juli, 82 Jahre.

N ACHRUF Am 26. Juni wurde Pastor i. R. Gustav Kemper im Alter von 95 Jahren von Gott heimgerufen. Er wurde am 13. Oktober 1916 in Methler-Kaiserau (heute ein Stadtteil von Dortmund) geboren. Die Rückstellung bei der Musterung zum Wehrdienst 1938 war für ihn Bestätigung seiner Berufung ins Predigtamt. Als Praktikant war er in den Bezirken Bebra und Schmalkalden. ­Anfang 1942 wurde er zum Wehrdienst eingezogen und in Nachrichtentechnik in Gießen ausgebildet. In dieser Zeit lernte er ­Elfriede Simmermacher kennen. 1947 floh er aus der Gefangenschaft. Wegen Pastorenmangels studierte er nur sechs Semester in Reutlingen. 1950 heiratete er Elfriede, dem Ehepaar wurden zwei Söhne, ­Thomas und Andreas, geschenkt. Weitere Dienstorte waren Hamburg-Eimsbüttel und Detmold. 1975 bis 1984 leitete Kemper das Haus Höhenblick in Braunfels. Schwerpunkte seiner Arbeit waren neben der intensiven Gemeindearbeit zunächst Jugendfreizeiten, später für Senioren, Seelsorge und Evangelisation. Außerdem hatte er an jeder Stelle seines Dienstes auch mit Bau- und Grundstücksaufgaben zu tun. 1984 trat er in den Ruhestand, das Paar zog nach Detmold. 1994 starb seine Frau Elfriede, die ihn sehr intensiv unterstützt hat und sowohl im Frauenwerk als auch in der Weltmission aktiv tätig war. 1995 vertiefte sich der Kontakt zu Frau Hildegard Lange, (seit 1985 verwitwet, 105 Jahre alt), einer langjährigen gemeinsamen Freundin des Ehepaars Kemper. Die Beziehung gestaltete sich für beide sehr wohltuend, sie haben noch viel unternommen. Psalm 103,1–8 und 23 leitete uns bei der Trauerfeier und war ein überzeugendes Spiegelbild seines ­langen Lebens. Hans-Ulrich Stein


22 ::: Familie

Zu Besuch bei den Lakotas Haben Menschen das Spielen für sich entdeckt und gleichgesinnte Bekannte oder Freunde dazu gefunden, dann steht einem ereignisreichen, spannenden oder lustigen Zusammensein nichts mehr im Wege. Dies ist auch die jahrelange Erfahrung der Heidelberger Spieletest-Gruppe. Ihr Leiter Hartmut Elsässer stellt eine kleine Auswahl neuer Spiele vor. Santa Cruz Der Untertitel des Spiels »Entdecke die Insel« lässt die Seefahrer ihre Aufgabe schon erahnen: Nach Betreten des noch menschenleeren Eilands wollen die Abenteurer neue Rohstoffe erschließen, fruchtbare Landschaften und exotische Tiere entdecken. Dazu gibt es eine große, bunte »Landkarte« als Spielplan. Doch ganz ungetrübt ist das Siedlerglück nicht, bedroht doch immer wieder ein schlafender Vulkan die Inselbewohner. Zu Beginn werden die gemischten Gebäudeplättchen verdeckt auf bestimmte Orte des Spielplans gesetzt. Lediglich die blauen Küstenorte werden offen ausgelegt. Dabei entscheidet sich jeder Spieler für einen solchen Ort als Startpunkt und errichtet dort das angegebene Gebäude jeweils in seiner Farbe. Dafür erhält er enstrepchede Siegpunkte. Zudem bekommt jeder Spieler ein Set an Bewegungskarten sowie eine bestimmte Anzahl an Aufträgen. Wer an der Reihe ist, wertet entweder einen Auftrag oder er spielt eine Bewegungskarte aus. Diese ermöglichen dem Spieler unterschiedliche Aktionen und verschaffen ihm damit auch besondere Vorteile. Spielt ein Spieler in einer Runde eine Auftragskarte aus, so gilt diese für alle Spieler. Wurden alle Karten ausgespielt, endet die erste Runde. Sämtliche Gebäude werden vom Spielplan entfernt, während die Plättchen offen liegen bleiben. Wer nach der zweiten gespielten Runde zusammen mit den gesammelten Vogelplättchen die meisten Siegpunkte erringen konnte, hat sich damit auch als erfolgreichster Siedler herausgestellt. Bei Santa Cruz handelt es sich um ein schönes, leicht zu erarbeitendes Familienspiel. Den Wertungsmechanismus hielten die Spieletester für besonders gelungen. Der sich im Verlauf des Spiels entwickelnde Spannungsbogen fällt nach Meinung der Testgruppe mit Abschluss der ersten Runde etwas abrupt ab, weil fast alles wieder auf Null gesetzt wird. Zusammengefasst ist Santa Cruz auch durch das schöne Spielmaterial ein empfehlenswertes »SpielentdeckerVergnügen« für Familien und Gelegenheitsspieler. Spieler: 2 bis 4, Alter: ab 8 Jahren Autor: Marcel Andre Casaola Merkle Verlag: Hans im Glück, Preis: ca. 25 Euro

VIDI Ein Wort aus dem wohl bekanntesten Zitat des römischen Feldherrn Caesar »veni, vidi, vici«, – »ich kam, sah, siegte« gab dem Spiel seinen Namen. So geht es hier auch um das rasche, genaue Hinsehen auf die großen, zuvor am Tisch geworfenen Würfel. Vor Spielbeginn müssen allerdings gemäß den Anweisungen der Spielregel die 18 Würfel mit kleinen Bildern beklebt werden. Auf Würfel 19, den VIDI-Würfel, kommen noch die Begriffe »Blitz« und »Zeitlupe«. Wenn die Spielfiguren auf dem Startfeld stehen, die Sanduhr bereit steht, jeder Spieler mit Schreibzeug und Papier versehen ist, dann kann es losgehen. Der Startspieler würfelt mit allen Würfeln. Jetzt versuchen die Spieler möglichst rasch aus den auf den Würfeln sichtbaren Bildern Wortkombinationen zu bilden beispielsweise aus Haus und Schuh einen »Hausschuh«. Dies können sie so lange tun, bis die gedrehte Sanduhr abgelaufen ist. Zeigt der VIDI-Würfel die Aufschrift »Blitz«, nehmen die Spieler jeweils die beiden Würfel heraus, mit denen sie ein Wort gebildet haben und sagen es laut für alle hörbar. Solange noch Würfel auf dem Tisch liegen, können weitere Wortpaare gesucht werden. Am Ende darf jeder Spieler vorwärts ziehen. Zeigt der VIDI-Würfel »Zeitlupe«, notieren die Spieler möglichst viele Wortkombinationen. Die Würfel bleiben liegen. Hierbei können die Bilder öfters verwendet werden. Im Wechsel von »Blitz- und Zeitlupen-Spielrunden« macht das Spiel richtig Spaß. Bei einem Testspiel konnte sogar ein Siebenjähriger mitspielen, wenn er seine Wortkombinationen einem »Schnellschreibassistenten« in’s Ohr flüstern durfte. Ratsam bei VIDI ist, die nicht immer sofort eindeutig erkennbaren Bilder der Würfel vorher einmal genauer anzusehen. Eine großzügige Auslegung einzelner Abbildungen ist empfehlenswert und könnte vorab an einzelnen Beispielen besprochen werden. So gehandhabt verschafft VIDI fröhlichen Worttüftlern einiges an Spielvergnügen. Spieler: 2 bis 6, Alter: ab 10 Jahren Verlag und Autorenteam: University Games Preis: ca. 18 Euro unterwegs 16/2012 ::: 29. Juli 2012


Familie ::: 23

Fotos: Verlag

LAKOTA Ein nordamerikanischer Indianerstamm – übersetzt »Verbündete« – hat dem Spiel seinen Namen geliehen. Dabei geht es hier weniger um Verbündete, als um das Ablegen und Verbinden von Holzstäbchen. Wer nämlich als Erster seinen Vorrat verbaut hat, gewinnt das Spiel. Zu Beginn werden die Hölzchen verteilt. Der Startspieler legt eines seiner Stäbchen waagerecht auf das runde Spielbrett. Die nachfolgenden Spieler platzieren ihr Hölzchen so, dass keines der bereits liegenden Stäbchen berührt wird. Dabei sollte jeder Spieler darauf achten, dass er möglichst dem Nachfolger keine Vorlage für eine Brücke legt. Kann man in seinem Zug nämlich noch zwei unbelegte Hölzchen mit seinem Stäbchen gleich einer Art Brücke verbinden, ist man sofort nochmals am Zug. Gleichzeitig entsteht nun eine neue Ebene und das Spiel wächst in die Höhe. Dabei dürfen die Stäbchen weder schräg über verschiedene Ebenen gebaut werden, noch darf auf einem Hölzchen mehr als ein Stäbchen liegen. Stürzt beim Einbauen eines Spielteils eine vorhandene Brücke ein, muss der Spieler alle heruntergefallenen Stäbchen in seinen Vorrat nehmen. Ist ein Spieler alle seine Holzsteine losgeworden, darf er sich als Häuptling der Lakotas feiern lassen. Es ist wirklich erstaunlich wie mit einem runden Spielbrett und einem darauf dezent abgebildeten Indianderkopf, dazu 60 Holzstäbchen ein so reizvolles Spiel zum Knobeln, Suchen, Experimentieren entstehen konnte. Dabei kann zu dem vorausschauenden Planen und Denken das Training feinmotorischer Fähigkeiten als positiver Nebeneffekt gesehen werden. Nach einer kniffelig, vielleicht zu rasch gespielten Partie fühlen sich die unterlegenen Stammesmitglieder vermutlich geradezu in der Pflicht, ihren stolzen Siegerhäuptling zu einer weiteren spannenden Spielrunde herauszufordern. Spieler: 2 bis 6, Alter: ab 8 Jahren, Autor: Philippe Proux Verlag: Kosmos, Preis: ca. 23 Euro Kingsburg Eine Stadt Kingsburg gibt es in Kalifornien tatsächlich. Doch hier im Spiel geht es um das Fantasiereich von Kingsburg. König Tritus, der geheimnisvolle Herrscher, hat soeben zwei bis fünf hoffnungsvolle Gouverneure ernannt. Sie sollen in seinem Namen die kürzlich hinzu gewonnenen Provinzen an den Grenzen des Reiches aufbauen und sie mit Hilfe des Königs und seiner Berater erfolgreich verwalten und verteidigen. Nach insgesamt fünf Jahren (fünf Spielerunden) wird der König den Erfolg seiner Gouverneure (Spieler) überprüfen. Jede Runde besteht aus acht Phasen (Jahreszeiten).

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Das Spielbrett zeigt in der Mitte den Königshof mit dem König und seinen 17 Beratern. Weitere Spielbereiche befinden sich im oberen Teil des Königshofes sowie die Jahreszeitenanzeige dann im unteren Bereich. Den Spielplan umgibt noch eine Punkteleiste, die am Spielende den tüchtigsten Gouverneur anzeigt. In das Spiel kann man gut hineinfinden und hat den Spielablauf dann auch nach ein bis zwei Runden verinnerlicht. Doch ist es zu vielschichtig, um es hier in seinen einzelnen Spielzügen zu beschreiben. Das reichliche Spielmaterial ist sehr ansprechend und passend gestaltet. So besitzt jeder Spieler eine Provinzkarte. Hier kann er im Verlauf des Spiels von der Kneipe bis zur Kirche, von der Schmiede bis zum Bauernhof die unterschiedlichsten Gebäude mit den unterschiedlichsten Funktionen und Wirkungen erwerben. Eine besondere raffinierte Spielfunktion haben die Würfel. Sie stehen jedem Spieler in seiner Farbe zur Verfügung. Gemäß seines Wurfes kann jeder Gouverneur sein Würfelergebnis aufteilen oder addieren und sich der Hilfe einzelner Berater versichern. Das gibt oft noch zusätzliche Überraschungsmomente, die weiter für Spannung sorgen, die bis zum Ende anhält. Natürlich beinhalten Würfel immer einen gewissen Glücksfaktor. Aber so, wie sie hier im Spiel eingesetzt werden, dazu passend der Spielmechanismus ausgetüftelt ist und die Spieler damit taktisch agieren können, ist es einfach großartig. Ein spannendes, stimmungsreiches Spiel mit hohem Wiederspielwert, das der Heidelberger Spieleverlag dankenswerterweise in einer Neuauflage heraus gebracht hat. Spieler: 2 bis 5, Alter: ab 10 Jahren Autoren: Andrea Chiarvesio und Luca Lennaco Verlag: Heidelberger Spieleverlag, Preis: ca. 21 Euro

Eine weitere Empfehlung: Space Mission »Space Mission« ist ein tolles Spiel für die ganze Familie und auch für eingefleischte Spielefans, die zwischendurch etwas Kurzes und dennoch Knackiges spielen möchten. Kinder, die »Space Mission« spielen wollen, können dies problemlos tun, wenn sie Zahlen lesen und kombinieren können. Die kurze Spieldauer jedoch erlaubt nur bedingt ein Taktieren, vieles hängt vom Zufall und vom Kartenglück ab. Wen das nicht sonderlich stört, der wird dieses Spiel aber, besonders als Science-Fiction-Fan, lieben. Das Material ist liebevoll gestaltet, allein es könnten Spielund Wertungsübersichten für alle Spieler beigefügt werden, statt dass man sich durch verschiedene Sprachen quälen und sich eine Übersicht mit anderen Spielern auch noch teilen muss. Auch wenn das »Jump­ gate« verdächtig an ein »Stargate« erinnert: Daumen hoch, für zwischendurch gern kaufen! n Einen ausführlichen Test finden Sie unter www.spielkult.de


24 ::: Nachruf

Befreiungstheologie von Wesley geprägt Am 30. Juni starb im Alter von 88 Jahren in Argentinien der methodistische Befreiungstheologe, Ökumeniker, Menschenrechtler und Präsident des Ökumenischen Rates der Kirchen, José Míguez Bonino. Pastor Ulrich Jahreiß, ehemaliger Missionar der EmK in Brasilien, stellt seine Theologie vor.

Die »Theologie der Befreiung« Die lateinamerikanischen Gesellschaften waren Jahrhunderte lang durch Kolonisation, Imperialismus und Sklaverei bestimmt – Versklavung der indigenen Ureinwohner und der zwangsweise aus Schwarzafrika importierten Menschen. Vereinzelte Versuche katholischer Priester, das Elend dieser brutal unterdrückten Menschen zu lindern, blieben Episoden. Erst die 1972 veröffentlichte Schrift des peruanischen Priesters Gustavo Gutiérrez »Theologie der ­Befreiung« gibt solchem Streben kräftigen Auftrieb und dieser Bewegung ihren Namen. Diese Befreiungstheologie geht von einer schonungslosen Analyse der Lebensumstände der »Armen« aus – sie stellen den größten Bevölkerungsanteil in Lateinamerika. Die Theologie kommt zu dem Schluss, das aufgrund der biblischen Propheten und Jesu Lehre und Leben an dieser Stelle kräftig gegengesteuert werden müsse. Hilfreich sind ­ dabei die Beschlüsse der katholischen lateinamerikanischen Bischofskonferenzen von Medellin 1968 und Pueblo

1979 gewesen, die die »Option für die Armen« zu einem Hauptanliegen der Kirche erhob: »... die leidenden Züge Christi erkennen, ... des Herrn, der uns fragend und fordernd anspricht in den Gesichtern von Kindern, … den Gesichtern der Indios und häufig ­Afroamerikanern, … der Landbevölkerung, ...« Diesem Anliegen hat sich Bonino zeitlebens verpflichtet gefühlt, mit deutlicher Betonung der Spiritualität der Befreiung und ihres Rückbezugs auf die Verkündigung und das Handeln von Jesus Christus.

Wesley, Marx und Bonino Eine typisch methodistische Ausprägung seiner Theologie findet Bonino in der Verknüpfung von Wesleys Betonung von vorauslaufender, rechtfertigender und heiligender Gnade mit dem Handeln des dreieinigen Gottes: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dabei weist er auf Manfred Marquardts und ­Walter Klaibers Buch »Gelebte Gnade« hin. Bonino setzt sich sehr früh und klug mit Karl Marx auseinander: Marx geht aus von einer Entfremdung des Menschen von sich selbst durch erzwungene Lohnarbeit. Bonino hingegen nimmt seinen Ausgang beim Auftrag Gottes an den Menschen zur Arbeit (1. Mose 2,15) und die damit verbundene Menschenwürde. Die Menschenrechte sind davon abzuleiten. Er entkräftet damit die häufig geäußerte Unterstellung – später auch durch die römische Glaubenskongregation –, die Befreiungstheologie sei nur eine Spielart des Marxismus. Letztlich ging es José Mígez Bonino um einen von Wesley oft geäußerten Grund-Satz unserer methodistischen Theologie aus Galater 5,6: »Der Glaube ist durch die Liebe tätig« – mit Betonung auf dem letzten Wort! (Unter Mitarbeit von Reinhold Parrinello) Foto: privat

B

onino war Pastor der Methodistischen Kirche in Argentinien und Theologieprofessor, bevor er 1975 für acht Jahre Präsident des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) wurde. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist José Míguez Bonino mit Büchern der deutschen Theologenzunft bekannt. Der Sohn spanischer und italienischer Einwanderer kommt in Argentinien mit der Methodistischen Kirche in Kontakt. Er wird Theologe und widmet sein Lebenswerk der theologischen Aufarbeitung der lateinamerikanischen Befreiungstheologie – in einer unübersehbar methodistischen Ausprägung. Bonino gilt bald als der herausragende protestantische Befreiungstheologe.

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Meine Meinung ::: 25

Für Sie gelesen Erinnerungen Christa Wolf: Unter den Linden. Erzählung mit Aquarellen von Harald Metzkes, Insel Verlag Berlin 2012, Insel Bücherei 1355, 80 Seiten, Hardcover, 13,95 Euro. ISBN: 978-3-458-19355-5 Wie in allen Büchern von Christa Wolf spielt in dieser großen Ich-Erzählung die Erinnerung an Vergangenes und seine Vergegenwärtigung eine große Rolle. Es geht um den Verlust einer leidenschaftlichen Liebe und um den Kampf einer Frau, sich selbst nicht zu verlieren – ausgelöst durch einen Traum, der ihr das Schweigen löst. In der Darstellung verschränken sich – auch das ist aus Christa Wolfs Werken vertraut – die verschiedenen Handlungs-, Gedanken- und Empfindungsebenen auf kaum entwirrbare Weise. Doch macht gerade dies einen Teil der Faszination ihres literarischen Schaffens aus. Die Erzählung wurde bereits erstmalig 1974 in der DDR veröffentlicht. Hier liegt sie nun mit eigens dafür neu gemalten Aquarellen vor, die einen recht anspruchsvollen Text nach meiner Sicht eher entspannt illustrieren. Hartmut Handt

Mannsein und Männerthemen aus Sicht der Bibel Reiner Knieling, Andreas Ruffing (Hrsg.): ­Männerspezifische Bibelauslegung. Impulse für Forschung und Praxis. Biblisch theologische Schwerpunkte Bd. 36. 2012 Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, kartoniert, 255 Seiten, 24,95 Euro. ISBN: 978-3-525-61617-8 Dieses Buch ist ein Meilenstein. Hier findet sich die Grundlage für das Weiter-Forschen und für die Umsetzung in die Praxis von Verkündigung und Männerarbeit. Im Gegensatz zur feministischen Theologie gehören »männerspezifische Blicke« (noch) nicht zu den Selbstverständlichkeiten. Der Untertitel des Buches zeigt Zielsetzungen und Zielgruppen an: Es ist für Theologen gedacht und für »Praktiker«, die die wissenschaftlichen Erkenntnis in die Lebenspraxis von Männern und Gemeinden umsetzen. Die Autoren betreten mit akribischer Feinarbeit oft Neuland und decken Forschungslücken auf. Es ist ein »Stadium der Annäherung«. Klar, dass Jakob nicht fehlen darf, aber es gibt auch so interessante Themen wie Gewalt gegen Männer in der Genesis oder das Mann-Frau-Verhältnis in den Büchen Richter, Rut und Samuel. Das Hohelied und Jeremia sind weitere alttestamentliche Stationen. Die Beiträge im Bereich Neues Testament finde ich interessanter. Besonders spannend: »Der Ruf in die radi­kale Nachfolge in den synoptischen Evangelien«. Ein Praxisteil mit Impulsen für Bibelarbeit und Predigt schließt das Buch ab. Die detaillierte Materialsammlung richtet sich hauptsächlich an Theologen. Es ist ein hervorragendes Arbeitsbuch, unentbehrlich für eine qualifizierte, biblisch orientierte Männerarbeit in den Gemeinden. Matthias Walter

unterwegs 16/2012 ::: 29. Juli 2012

Weil du am falschen Ort wohnst ... Wir leben in einem reichen Land und geben viel Geld für ein Gesundheitswesen aus, das in offiziellen Reden als vorbildlich bezeichnet wird. Die Wirklichkeit sieht vielerorts anders aus. In großen Teilen Ostdeutschlands, aber zunehmend auch in ländlichen Gebieten westlicher Bundesländer finden Ärzte, die in den Ruhestand gehen, keine Nachfolger mehr. Die Wartezeiten für einen Facharzt­ termin betragen mehrere Monate, wenn denn überhaupt noch Patienten angenommen werden. Einem Bekannten wurde in einer Praxis neulich empfohlen, es doch in einer 60 Kilometer entfernten Großstadt zu versuchen, hier im Umkreis würde kein Arzt dieser Fachrichtung neue Patienten aufnehmen. Für ­Berufstätige kostet das jedesmal einen Tag Urlaub, wenn es sich denn überhaupt organisieren lässt. Dabei gibt es in Deutschland insgesamt gesehen keinen Ärztemangel. In Großstädten und ihren »Speckgürteln« gibt es eine Überversorgung. Die höchste Ärztedichte gibt es um den Starnberger See. Mit betuchten Privatpatienten lässt sich eben mit viel weniger Mühe viel mehr Geld verdienen als ein Landarzt in Mecklenburg für einen 14-Stunden-Tag erhält. So funktioniert nun einmal die Marktwirtschaft. Nur: Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Grundrecht. Wenn die Standesvertretungen dazu nicht willens oder in der Lage sind, muss der Staat die Niederlassungsfreiheit so regeln, dass die ärztliche Versorgung gewährleistet ist. Als die methodistische Bewegung sich in England ausbreitete, war eines ihrer Kennzeichen, sich um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu kümmern. Mir scheint es an der Zeit, sich diesem Thema aufs Neue zuzuwenden. Wir sollten die Kirchen der Ökumene aktivieren, sich zur Stimme der Benachteiligten zu machen.

Dr. Ulrich Meisel war Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR, im Europarat und Europäischen Parlament. In der EmK ist er Laienprediger und lebt im Ruhestand in Dessau.

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28 ::: Porträt

Menschliche Dramen und die große göttliche Liebe Die Bilder von Martin Gießbeck sehen aus, als habe er sie mit einem Strich gemalt. Doch hinter der vermeintlichen Leichtigkeit steckt eine gründliche Auseinandersetzung mit biblischen Texten und mit den Gedanken. Derzeit stellt der Pastor seine Bilder zur Bibel in der Konstanzer EmKFriedenskirche aus.

Pastor Martin Gießbeck zeigt in der Konstanzer Friedens­ kirche seine Bilder zur Bibel.

zur Bibel, die in den vergangenen zehn Jahren entstanden sind. Die Bilder des Pastors strahlen eine besondere Dynamik aus. In allen Werken ist Bewegung, selbst wenn nur stehende Figuren zu sehen sind. Möglicherweise spielt bei diesem besonderen Ausdruck Gießbecks Körperbewusstsein eine Rolle. Er ist ausgebildeter Physiotherapeut und fand erst später zum Theologiestudium. Zwar habe er zuletzt vor 15 Jahren als Physiotherapeut gearbeitet, aber das besondere Verständnis für Bewegungen habe er nicht verloren, sagt er. Gießbeck ist seit dem Jahr 2003 im pastoralen Dienst. Schon sehr viel länger malt er. Als Jugendlicher entdeckte er diese Leidenschaft für sich und bildete sich in diesem Fach zunächst autodidaktisch, später auch im Studium weiter. In seinen Acrylbildern setzt er auf starke Farben, die oftmals auch symbolisch zu lesen sind. Die Figuren sind abstrahiert. Der Pastor zeigt Szenen aus dem Neuen und dem Alten Testament. Es geht um Jesus und seine Zuwendung zu den Menschen, um den haltgebenden Jesus, um biblische Schlüsselszenen.

Ideen beim Bibellesen Die Motive für seine Bilder findet der Pastor, wenn er in der Bibel liest oder Predigten vorbereitet oder auch die Predigt eines Kollegen hört. Oftmals hält er Zeichenideen in einer kleinen »Kritzelei« am Rande eines Blattes fest. Auch wenn die Bilder vielfach aussehen wie in einem Strich gemalt – hinter den Werken steckt ein längerer Prozess des Nachbesserns. »Manchmal bleibt ein Bild ein halbes Jahr auf der Staffelei, weil noch etwas zu fehlen scheint«, sagt der Pastor. Die Acrylfarben, mit denen Gießbeck gern arbeitet, lassen es zu, immer wieder neue Akzente zu setzen. Der 42-Jährige freut sich über die Ausstellung in der Friedenskirche. Regelmäßige Ausstellungen sind auch künftig in der Friedenskirche geplant, eventuell auch zur Erinnerung an das Konzil von Konstanz, das sich im Jahr 2014 zum 600. Mal jährt. Claudia Rindt n Friedenskirche Konstanz, Am Briel 43, geöffnet bis 31. August,

mittwochs, samstags und sonntags 15 bis 18 Uhr sowie zu ­Gemeinde­veranstaltungen und auf Vereinbarung. Telefon 07531 62264.

Foto: Claudia Rindt

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eiße Schwunglinien vor loderndem RotSchwarz markieren das Drama: Kain erschlägt Abel. Das Bild zeigt den Moment, in dem Kain zum tödlichen Schlag ausholt und der Bruder vergeblich versucht, ihn abzuwehren. Nur die Konturen der Figuren sind zu sehen. Durch sie scheint bei Kain das Rote, das Wütende, bei Abel ein Hauch von Blau, der Farbe für Ruhe und Passivität. Die Konturen der beiden Brüder-Figuren gehen ineinander über, sie scheinen zu sagen, dass die Personen mehr verbindet als der tödliche Schlag. Die Schlagbewegung dominiert das ganze Bild. Sie ist auch noch im Hintergrund ablesbar. Der Maler dieser ergreifenden Szene ist Martin Gießbeck, Pastor der Konstanzer Friedenskirche. Noch bis zum 31. August zeigt er dort Bilder


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