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7. Oktober 2012 ISSN 1436-607X

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

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Glaube und Politik: Wie Amerikas Christen wählen Ungewöhnlich n

Wie eine Predigt ohne Worte funktioniert. Seite 10

Ungeduldig n

Was an unseren Schulen anders werden muss. Seite 11

Ungezwungen n

Wie wir unseren Kindern Freiräume schenken. Seite 12


2 ::: Editorial

So erreichen Sie uns: Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: unterwegs@emk.de Bestellen Sie jetzt ihr Abo unter Telefon 0711 83000-0 oder per E-Mail: info@blessings4you.de

kurz gesagt Der Methodist Frederick ­D ouglass (1818–1895)

wird durch den US-Kongress geehrt. Das Parlament hatte Mitte September beschlossen, eine Statue von Douglass im Kapitol aufstellen zu lassen. Damit werden seine Verdienste »als einer der wichtigsten Verfechter der Abschaffung der Sklaverei« gewürdigt. Douglass war in seiner Jugend selbst Sklave und schloss sich später der African Methodist Episcopal Zion Church an. Das Bundeskartellamt hat den

Zusammenschluss der diakonischen Gesundheitskonzerne Agaplesion in Frankfurt am Main und der Prodiako mit Sitz in der niedersächsischen Stadt Rotenburg an der Wümme genehmigt. Der Verbund soll unter dem Namen Agaplesion firmieren. Mit der Fusion gehöre er bei einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro zu den größten zehn Gesundheitskonzernen in Deutschland, hieß es. Mehr als 17.000 Mitarbeitende arbeiten bundesweit in etwa 100 Einrichtungen des Unternehmens. Zu Agaplesion gehören Krankenhäuser aus der EmK-Diakonie. Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuer ist in einer

der beiden großen Kirchen in Deutschland nicht möglich. Das hat das Bundesverwaltungsgericht Ende September entschieden. Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft mit dem Status einer »Körperschaft des öffentlichen Rechts« wie

der römisch-katholischen Kirche sei auch mit staatlichen Rechtsfolgen wie der Kirchensteuerpflicht verbunden (AZ: 6 C 7.12). Das Urteil wurde mit Spannung erwartet, da ein gegenteiliger Ausgang des Verfahrens das System der Kirchensteuer in Deutschland möglicherweise erschüttert hätte. Vertreter der beiden großen Kirchen begrüßten das Urteil. Keinen ethischen Unterschied

beim Einsatz bemannter oder unbemannter Drohnen sieht Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Ob der Pilot das Flugzeug in der Luft oder vom Boden bediene, sei »ethisch neutral«, sagte de Maizière bei einer öffentlichen Diskussion. Derzeit wird überlegt, ob solche Drohnen, die auch mit Waffen ausgerüstet werden können, in Zukunft auch von der Bundeswehr eingesetzt werden. Die unbemannte Drohne sei vielleicht sogar ein ethischer Vorteil, weil sie keinen ­eigenen Soldaten gefährde, sagte de Maizière. Dem neuen Islamzentrum in

Erlangen-Nürnberg fehlen noch die Studenten. Für den neuen Studiengang »Islamisch-Religiöse Studien«, der zum Wintersemester ­beginnt, hatte sich bis Ende September noch kein Interessent eingeschrieben. Die Einschreibungsfrist endet am 15. Oktober. Das Department Islamisch-Religiöse Studien wurde am 27. September eröffnet. epd

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TitelFoto: ulrich grasberger / pixelio.de

Pflichten Jetzt ist es als höchstrichterlich geklärt: Man kann in Deutschland kein Katholik sein, wenn man nicht steuerzahlendes Mitglied der römisch- katholischen Kirche ist. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden (siehe nebenstehende Meldung). Schon zuvor hatte die katholische Kirche klargestellt: Ein Kirchenaustritt ist ein Akt des Ungehorsams. Die Folgen sind der Ausschluss von den Sakramenten wie dem Abendmahl, der Entzug kirchlicher Ämter und das Verbot, ein Taufpatenamt zu übernehmen. Die evangelische Kirche formuliert es ähnlich. Als überzeugten Freikirchler irritiert mich das Urteil. Was verstehen die Leipziger Richter unter einer Kirche? Braucht man zum Christsein überhaupt eine Kirche? Und wie ist das in der EmK? Vieles hängt am Kirchenverständnis. Nach katholischer Sicht gehören Glaube und Kirche untrennbar zusammen. Das ist in der EmK ­anders. Zudem wird in der EmK niemand vom Abendmahl ausgeschlossen, weil er nicht Glied ist. Aber auch EmK-Glieder haben Pflichten – wie etwa die, ihren finanziellen Beitrag zu leisten. Was also kann uns das Leipziger Urteil sagen? Zunächst sollten wir uns bewusst sein, dass Glaube keine Frage der Institution ist – Gott kann uns überall begegnen. Aber wer sich einer Kirche anschließt, sollte das ganz tun – auch mit Geld. Volker Kiemle


Titelthema: Glaube und Politik ::: 3

Wer wird der nächste »mächtigste Mann der Welt«?

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Am 6. November wird in den USA der 45. Präsident gewählt. Der Wahlkampf polarisiert die Bevölkerung – es ist kaum möglich, nicht Stellung zu beziehen. Die Baden-Württembergerin Tabea Münz arbeitet derzeit in einer EmK-Gemeinde in Washington. Sie schildert den Wahlkampf und die Stimmung in den Kirchen aus ihrer Sicht.

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ie Aktionen und Debatten um die Präsidentschaftswahl in den USA sind um einiges spannender als eine Bundestagswahl in Deutschland. Wer kann sich schon vorstellen, ein Abendessen mit der Kanzlerin Merkel und ihrem Ehemann zu gewinnen, weil man für ihre Wahlkampagne gespendet hat? Kein Problem für Barack Obama und Mitt Romney. Beide Kandidaten wissen genau, wie man die Gunst der Wähler gewinnen kann. Und vor allem, dass man die Gunst der Wähler gewinnen kann, indem man ständig nur auf die Fehler des Gegners aufmerksam macht. Doch die ständige Ketzerei wird ermüdend, vor allem wenn sie einem tagtäglich in allen Nachrichten begegnet. Möchte man beispielsweise auf dem Internet-Dienst »youtube« ein Video anschauen, öffnet sich oft ein zehn Minuten langer Werbefilm, der auf höchst dramatische Weise zeigt, was Romney oder Obama falsch machen. Dabei geht es um Fragen wie: Wird Romney denn nun wirklich neue Arbeitsplätze schaffen? Wer kümmert sich mehr um die Lateinamerikaner im Lande? Wird die neue Krankenversicherungsreform von Obama im Keim erstickt? Das größte Problem ist meiner Meinung nach die extreme Polarisierung. Wer konservativ ist und ein gutes Einkommen hat, das er nicht durch zu hohe Steuern verlieren will, ist Republikaner. Wer eher liberal ist und zudem findet, dass auch mittellose Bürger eine Krankenversicherung brauchen, stellt sich zu den Demokraten. Doch was, wenn man sich in der Mitte bewegt? Es ist schwer, eine Balance in der »SchwarzWeiß«-Politik der USA zu finden.

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Wie gehen wir in der Kirche damit um? Ich arbeite in einer kleinen, deutsch-amerikanischen Kirche, nur drei Blocks vom Weißen Haus entfernt. Diese Gemeinde gehört gleichzeitig zwei Denominationen an: der United Methodist Church und der United Church of Christ. Obwohl der Präsident der USA praktisch unser Nachbar ist, reden wir nicht viel über ihn. Aber man weiß so unter vorgehaltener Hand, wer zu welchem »Lager« gehört. Manche sprechen ganz öffentlich von ihrem Misstrauen über Obama, andere erzählen stolz von ihrem demokratischen Picknicktreffen, aber grundsätzlich gilt das Motto: »We don’t talk about politics« (»Wir reden nicht über Politik«). Das sieht in anderen Kirchen natürlich anders aus. Ich kenne Pastoren, die einem geradezu den Wahlzettel von der Kanzel aus ausfüllen. Vor allem in den afroamerikanischen Kirchen wird oft leidenschaftlich für den »Black President« gebetet. Als Deutsche fällt es mir sehr schwer, die große Angst und Ablehnung gegenüber der Krankenversicherungsreform im Wahlkampf zu verstehen. Ich selbst habe erst in den USA erlebt, was es bedeutet, Angst vor Arztrechnungen zu bekommen. Und wenn man an unsere Steuern in Deutschland denkt, kann man nur schmunzeln, wenn sich Amerikaner über zu viel Staatseinmischung beschweren. »God bless America?« In Deutschland ein nicht vorstellbarer Leitspruch für einen Kanzler. Doch ich bete um Gottes Segen für all die Menschen, die wählen können. Ob sie eine Wahl treffen, die diesem Land weiterhelfen kann?

Wer wird nächster Präsident der USA? Amtsinhaber Barack Obama (links) oder sein Herausforderer Mitt Romney?


4 ::: Titelthema: Glaube und Politik

Die Kluft: konservative und liberale Christen in den USA Wenn man die Statistiken über Einstellungen zu Religion und religiöser Einstellungen anschaut, sieht man sehr schnell, dass die USA zu den religiösesten Staaten der Welt gehören, weit religiöser als etwa Deutschland. Dies, obwohl – oder besser: weil – in den USA Kirche und Staat wirklich getrennt sind und es keine Staatskirchen wie in Europa gibt. Margarete Payer beleuchtet die Grabenkämpfe.

Vorurteile auf beiden Seiten In der Art, wie sie antworteten, waren Aspekte der Spannungen zwischen liberalen und konservativen Gläubigen zu erkennen. Personen, die sich als liberal

bezeichneten, neigten dazu, ihre konservativen Glaubensgeschwister als intolerant, moralisch verknöchert, fanatisch, unkultiviert, engstirnig und naiv zu typisieren. Die feindseligen Äußerungen der Gegenseite waren genauso übertrieben. Diejenigen, die sich als konservativ betrachteten, beschrieben die Liberalen als Menschen mit loser Moral, die sich zu sehr auf soziale Fragen versteiften und keine Ahnung hätten, worum es im Christentum eigentlich geht, die nur eine oberflächliche Bibelkenntnis besäßen und stark durch weltlichen Humanismus beeinflusst seien. Religion ist in den USA ein wichtiger Faktor der Kommunikation – insbesondere dadurch, dass religiöse Institutionen und Gruppierungen viele Möglichkeiten der Begegnung, des gemeinsamen Handelns und so weiter bieten. Religionszugehörigkeit ermöglicht auch die Bildung von Seilschaften, die unter anderem in Beruf und Politik nützlich sind. So ist es durchaus ­ nicht unüblich, dass man etwa mit dem beruflichen Aufstieg auch die Kirche oder Synagoge wechselt, um mit einflussreichen Berufskollegen auf dieser Schiene Kontakt zu haben.

Absonderung als Gefahr Religion ist in den USA aber nicht nur kommunikationsfördernd, sie kann auch sehr kommunikationshemmend sein. Der Riss zwischen religiös Liberalen und Konservativen ist groß. Fundamentalismus und Evangelikalismus führen einerseits zu Absonderung, andererseits zu aggressiven Missionierungsversuchen sowie zu Gewalt gegen das, was man als gottlos ansieht. Auch in der faktischen Zensur, die in den USA in vielen öffentlichen Büchereien und Schulen geübt wird, spielen religiös Motivierte oft eine unrühmliche Rolle. Im Gegensatz zur Einschätzung des Pfarrers aus Chicago ergab die eingangs erwähnte Untersuchung, dass liberale und konservative Gläubige mehr oder weniger regelmäßig miteinander zu tun hatten. Die meisten Konservativen gaben an, sie hätten persönlich mit Liberalen zumindest »einigermaßen viel« Kontakt gehabt. Ähnlich viele Liberale sagten dasselbe über ih-

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Fotos: The White House / sxc.hu / darrendean

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egen Ende einer Kirchenkonferenz, die 1984 in Chicago stattfand, bekannte ein liberaler Pfarrer, die Versammlung sei für ihn eine einzigartige Erfahrung gewesen. Es sei – wie nur selten – eine echte Kommunikation zwischen liberalen und konservativen Christen zustande gekommen. Diese Bemerkung löste eine landesweite Untersuchung aus, die feststellen sollte, wie es um die wechselseitigen Beziehungen zwischen Menschen mit liberalen und mit konservativen religiösen Ansichten bestellt war. Die Ergebnisse waren bemerkenswert, wenn auch nicht ganz unerwartet. Die Mehrheit der Befragten war tatsächlich der Meinung, es gebe zwischen liberalen und konservativen Gläubigen ernsthafte Differenzen. Diese Differenzen, so erklärten sie, wurzelten in der jeweiligen Vergangenheit der Menschen und in grundlegenden Meinungsverschiedenheiten über Glaubensangelegenheiten. Auch widersprüchliche Ansichten über soziale Fragen, unterschiedliche Gottesdienstformen, historische Divergenzen und die jeweils eigenen Persönlichkeiten und das Selbstverständnis wurden für die unterschiedlichen Auffassungen verantwortlich gemacht.


Titelthema: Glaube und Politik ::: 5

re Kontakte mit Konservativen. Beide Lager benannten Freunde, Nachbarn und Menschen aus ihrer jeweiligen Kirchengemeinde als Anhänger der theologischen Gegenseite, mit denen sie häufig in Berührung kamen. Die Art dieser Kontakte ließ allerdings viel zu wünschen übrig: Nur ein Drittel der liberalen Gläubigen bezeichnete seinen Umgang mit Konservativen als überwiegend angenehm. Die Übrigen beschrieben ihre Kontakte als zwiespältig oder unangenehm.

Tiefe Spaltung Die Untersuchung bestätigte also, worüber schon oft spekuliert worden war: dass eine tiefe Spaltung innerhalb der amerikanischen Religion bestand, ein Graben zwischen selbsternannten theologisch »Konservativen« und »Liberalen«. Zu den wechselseitigen Vorurteilen kamen noch tiefe Unterschiede der jeweiligen religiösen, moralischen, sozialen und politischen Orientierung hinzu. Die Konservativen blieben ihrem Etikett treu und bekannten sich zu doktrinär orthodoxen biblischen und theologischen Anschauungen – etwa beim Thema Abtreibung – und zu politisch konservativen Ansichten über Staatsausgaben und Verteidigung. Außen progressiv, innen konservativ Die Liberalen hatten zu all diesen Themen völlig andere Ansichten. Darüber hinaus belegte die Untersuchung, dass die Bevölkerung sich beinahe gleichmäßig auf diese beiden Lager aufteilte: 43 Prozent der Befragten identifizierten sich als theologisch liberal, 41 Prozent

Religion spielt in der amerikanischen Gesellschaft und in der Politik eine große Rolle – auch für den Präsidenten.

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als konservativ. Nur 16 Prozent konnten sich nicht auf die eine oder andere Bezeichnung festlegen. Die Untersuchung dokumentierte auch noch viele andere Brüche in der amerikanischen Öffentlichkeit, doch keiner war nur annähernd so gravierend wie derjenige zwischen theologisch Liberalen und Konservativen. Die Ergebnisse solcher Umfragen sind natürlich mit Vorsicht zu betrachten. Die Befrager können die Ergebnisse beeinflussen, indem sie in ihre Fragen bestimmte Annahmen einbauen. Doch gibt es auch von anderer Seite genügend Belege für die Feindseligkeit zwischen konservativen und liberalen Gläubigen, die diese Ergebnisse mehr als glaubhaft erscheinen lassen. Man muss sich davor hüten, zu erwarten, amerikanische konservative Christen seien an einem konservativen Äußeren erkennbar. So schreibt etwa die Autorin Berit Bretthauer – eine Pastorentochter aus der ehemaligen DDR – über ihre Forschungsreise in die USA: »So überraschte mich beispielsweise die Nähe der ›persönlichen Fassade‹ von konservativen Christen und liberalen Amerikanern. Es wäre jedoch ein Irrtum, von der modischen Kleidung auf die liberalen Einstellungen ihrer Trägerinnen zu schließen. Eine jugendliche Interviewpartnerin mit auffällig kurzem Kleid und stark geschminktem Gesicht berichtete zum Beispiel, dass sie geschworen habe, als Jungfrau zu heiraten. Ähnliches teilte mir eine im äußeren Erscheinungsbild eher der Techno-Szene nahestehende junge Frau mit.« www.payer.de/kommkulturen/kultur1332.htm


6 ::: Titelthema: Glaube und Politik

Wie sich Christen im US-Wahlkampf engagieren Am 6. November ist großer Wahltag in den USA. Der Präsident, das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats werden neu gewählt. Der Wahlkampf ist voll entbrannt. Und mittendrin versuchen auch Kirchen und andere christliche Gruppen sich Gehör zu verschaffen.

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Foto: sxc.hu / ProLife

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ein rechtlich ist die Sache klar: Kirchen dürfen Für Christinnen und Christen bedeutet das, dass sie in den USA keinen Kandidaten bevorzugen bei Wahlen moralische Verantwortung tragen für Geoder benachteiligen. Sonst droht der Wegfall sellschaft und Staat. In ihrer Schrift beschreiben die der Steuerbefreiung für Einkünfte. Viele Kirchen mi- »Sojourners« das, was im Deutschen Wahlprüfsteine schen sich aber auch deshalb parteipolitisch nicht ein, genannt wird. Sie nehmen Stellung zu Themen wie weil ihre Mitglieder unterschiedliche Ansichten haben. wirtschaftliche Gerechtigkeit, Frieden und Zügelung Sie würden einen Teil ihrer Mitglieder vor den Kopf von Gewalt, Ethik des Lebens, Rassengerechtigkeit, stoßen und Abwanderungen befürchten müssen. Die Menschenrechte, Würde und GeschlechtergerechtigEmK gehört in den USA zu den Kirchen mit stark ge- keit, Stärkung der Familie und Erneuerung der Kultur gensätzlichen politischen Auffassungen ihrer Glieder. sowie Umgang mit Gottes Schöpfung. Dennoch suchen Kirchen und andere christliche Organisationen nach Wegen, die Politik zu beeinflussen Anrufe und Briefe für Millionen und auch Einfluss zu nehmen auf ihre Mitglieder und Auch konservative christliche Gruppen wie die »Faith Anhänger. Ist das berechtigt und ethisch zulässig oder & Freedom Coalition« (FFC, Vereinigung für Glaube sogar geboten? und Freiheit) präsentieren Wahlprüfsteine. Die FFC In der Bibel steht der Aufruf »Tu deinen Mund auf ruft nach eigenen Angaben bei Millionen von Wählern und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem an, versendet Millionen von Briefen zur WählerbilElenden und Armen« (Sprüche 31,9). Die »Sojour- dung, besucht Wähler zu Hause und hält Seminare ab. ners« sind eine progressive evangelikale Gruppe, die Für die gesamte Evangelisch-methodistische Kirche sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Sie setzt diesen kann nur die Generalkonferenz sprechen. Sie passt alle Aufruf auf die erste Seite ihrer Schrift »Why Voting vier Jahre die Sozialen Grundsätze an, die auch WähleMatters« (Warum Wählen von Bedeutung ist). Anders rinnen und Wählern als Leitlinien für ihre Wahlentals in biblischer Zeit, in der das Volk nichts zu melden scheidungen dienen können. Die Generalkonferenzbehatte, sei das UShörde für Kirche und Gesellschaft ist in Volk aufgerufen, diesem Bereich in vielfältiger Weise tädie Leute aus ihrer tig. Sie entsendet auch Personen in zwiMitte zu wählen, In den USA beeinflusst die schenkirchliche und interreligiöse Ordie die Geschicke ganisationen, die sich mit diesem TheReligion auch das Wahlverhalten. des Landes für die menspektrum befassen. nächsten Jahre beAuch Einzelpersonen der EmK wirstimmen. ken mit bei der Meinungsbildung von Wählerinnen und Wählern. Eine Gruppe von Christen mit dem Namen »Circle of Protection« (Schutzkreis), die sich mit dem Thema Armut beschäftigt, hat den Präsidenten und seinen republikanischen Herausforderer um eine Stellungnahme gebeten. Beide haben in Videos geantwortet, die die Gruppe ins Internet gestellt hat. In dieser Gruppe haben zwei Bischöfinnen der EmK mitgewirkt: Minerva Carcaño und Sharon Zimmerman Rader. Reinhold Parrinello


foto: Daniel Schmidt

Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Lasst euch vom Geist entzünden. Dient dem Herrn. Römer 12,11

Wort auf den Weg :::7

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Unterordnen oder mitgestalten?

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erkwürdig: An der einzigen Stelle, an der hat, ist zunächst eine grundsätzliche Aussage. Paulus Paulus ausführlicher über das Verhältnis der sagt nicht, wie die Vertreter der staatlichen Autorität Christen zu staatlicher Ordnung spricht, nach Gottes Willen an die Macht kommen sollen. Eine fordert er nichts anderes als Unterordnung. Was führt erbliche Monarchie ist nicht mehr von »Gottes Gnaihn zu dieser positiven Einschätzung staatlichen Han- den« als eine Demokratie. Darum muss es auch neue delns und zu einer so einseitigen Betrachtung christli- Formen des »Sich-Unterordnens« geben. Heute ist kricher Beteiligung daran? tische Mitarbeit gefragt, was zur Zeit des Paulus kaum Der Abschnitt Römer 13,1–7 steht inmitten von möglich war, schon gar nicht für Christen. Aber auch Mahnungen, die vom Liebesgebot bestimmt sind: »Eu- heute gilt, dass jede Ordnung einer größeren Gemeinre Liebe soll aufrichtig sein. Verabscheut das Böse und schaft von den Einzelnen eine gewisse »Unterordhaltet am Guten fest« (Römer 12,9). »Bleibt nieman- nung« fordert. Die Straßenverkehrsordnung ist ein dem etwas schuldig – außer der Liebe, denn die seid einfaches, aber überzeugendes Beispiel dafür. Wer nur ihr einander immer schuldig!« die Regeln befolgen würde, die er (Römer 13,8) Die Christen und gerade selbst einsieht und für hilfChristinnen werden angewiesen, reich befindet, würde ein Chaos »Gut ist nicht das, das Böse mit Gutem zu überwinauslösen. was dem Staat nützt. den. Aber Gewaltverzicht wird Paulus nennt keine inhaltlichen Gut ist das, was dem schwierig, wenn eine übergreifende Einschränkungen für die Aussage, Ordnung nicht ein gewisses Maß dass jede staatliche Gewalt von ­Leben dient.« an Schutz bietet. Deshalb spricht Gott bevollmächtigt ist. Das hat Paulus an dieser Stelle so ausführproblematische Auswirkungen gelich von der Rolle staatlicher Autorität. Menschliche habt. Auch ein verbrecherischer Staat wie NaziGemeinschaft braucht eine Ordnung, die Rechtssi- Deutschland schien eine von Gott eingesetzte Obrigcherheit gewährleistet. Darum sieht Paulus den Staat keit zu sein, der man Gehorsam schuldig war. Aber und seine Institutionen als Gabe Gottes. Trotz man- indirekt gibt Paulus doch einen klaren Maßstab für die cher negativer Erfahrungen erfüllte für ihn das römi- Rechtmäßigkeit staatlicher Ordnung. Sie ist dazu da, sche Reich diese Aufgabe. das Gute zu fördern und dem Bösen zu wehren. Der Staat hat nicht die Definitionsmacht über Gut und BöKritische Mitarbeit gefragt se. Gut ist nicht das, was dem Staat nützt. Gut ist das, Offen bleibt die Frage, wie politische Verantwortung was dem Leben dient. Daran muss sich jede staatliche und Liebesgebot zu vereinbaren sind. In der frühen Autorität messen lassen. Unser Ja zum Staat ist an die Kirche dachte man, es sei gut, dass der Kaiser kein Bedingung gebunden, dass er diese Aufgabe erfüllt. Sie Christ sei. Nur so könne er notfalls mit Gewalt für ist auch Basis und Maßstab für ein christliches EngaRecht und Ordnung sorgen. Paulus sagt nichts darü- gement in der Politik. ber, wie Christen sich verhalten sollen, die Verantwortung im Staat übernehmen. Müssen sie als Amtsperson anders handeln als im Privatleben? Oder können Christen neue Regeln entwickeln, damit der Geist des Dr. Walter Klaiber Liebesgebotes auch das bestimmt, was im öffentlichen war bis 2005 Bischof der EmK in Deutschland. Bereich getan wird? Die Antwort ist immer noch offen. Er lebt im Ruhestand in Tübingen. Dass jede staatliche Gewalt ihre Autorität von Gott

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8 ::: Reportage

Deutsch-afrikanische Wahlverwandtschaften Entwicklungshilfe mal andersrum: Liebevolle Großfamilien in Ghana übernehmen die Patenschaft für einsame Menschen aus Deutschland. Das Projekt »Adopted« spielt mit Klischees und zeigt in Afrika Utopien des Zusammenlebens. Ganz reale interkulturelle Wahlverwandtschaften gibt es in Bayern: Rentnerin Gerta Stählin ließ sich von einer Großfamilie aus dem Kosovo adoptieren.

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ir könnten doch zusammenziehen.« Diese vier Worte verknoten die Lebensfäden von Gerta und Dudije fest miteinander. Wir könnten doch zusammenziehen. Wir, das sind die 78 Jahre alte Münchnerin Gerta Stählin und die halb so alte Kosovarin Dudije Gashi mit Mann und drei Kindern. »Wir könnten doch zusammenziehen, dann könnten wir viel besser füreinander da sein.« Gesagt, getan. Zwei Jahre schmieden die Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und Generationen Pläne, malen sich das gemeinsame Leben aus, suchen ein Haus. In Dachau werden sie fündig: ein Häuschen mit zwei Wohnungen, verbunden durch ein offenes Treppenhaus. Ein Garten mit Platz für Tomaten, Salat und Zucchini. »Ich kenne niemanden, der auf diesem Weg eine Familie gefunden hat«, erzählt die heute 83-jährige Gerta und wippt ihren jüngsten neuen Enkel auf den Knien. »Aber mein Mann war 20 Jahre älter als ich. Ich wusste immer, dass ich einen Plan B brauche, wenn ich nicht alleine bleiben will.« Eigentlich dachte sie an eine Senioren-WG oder ein Altenheim. Doch dann kam Dudije und bescherte der 83-Jährigen, die ihr Leben lang Kinder wollte, aber nie welche hatte, im späten Rentenalter noch eine eigene Tochter mitsamt Großfamilie. 5.000 Kilometer entfernt in der ghanaischen Hauptstadt Accra hängen Steckbriefe von einsamen Deutschen. Afrikanische Familien können sich aussuchen, für wen sie eine Patenschaft übernehmen möchten.

»Afrika beschenkt Europa mit der Erfahrung des Zusammenlebens in der Großfamilie«, sagt Adoptionsmanager Alex Antwi und bittet die Anwesenden: »Oh Afrika! Lasst uns ihnen helfen!« In einer westlichen Welt, in der in vielen Städten mehr Single- als Mehrpersonenhaushalte existieren und Geborgenheit und Zusammenhalt zumindest scheinbar abnehmen, will das Projekt »Adopted« einsame Menschen denen näherbringen, die diese Werte noch pflegen.

Aus der Kunstaktion wurde ernst Auf die Idee kam die Künstlerin Gudrun Widlok durch die Spendenaufrufe von Hilfsorganisationen, die mit traurigen afrikanischen Kinderaugen werben. »Man kann das ja mal umdrehen«, dachte sie sich: Gesellige Afrikaner übernehmen die Patenschaft für einsame Europäer. Sie eröffnete »Adoptionsbüros«, in denen sie anbot, sich von Ghanaern adoptieren zu lassen. »Eigentlich war nie das Ziel, dass das real wird«, erzählt Widlok. Sie wollte mit ihrer Kunstaktion irritieren. Doch weil die Idee zu mehr als 200 ernsten Bewerbungen führte, ging sie gemeinsam mit dem Dokumentarfilmer Rouven Rech einen Schritt weiter: Sie wählten Adoptionswillige und afrikanische Familien aus und begleiteten die Freiwilligen bei ihrem Versuch, eine Familie zu werden. Eines der hilfsbereiten Paare sind Wendy und Maxwell Oppong. Der Film zeigt, wie sie verschiedene

Experiment: Familie Oppong aus der ghanaischen Hauptstadt Accra hat die deutsche Rentnerin Gisela zu einem Austausch eingeladen.

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Reportage ::: 9

Steckbriefe sichten: »Benahli ist 35 und Manager«, lesen sie. »Steph – ein schöner Name.« »Gisela, 70, Rentnerin.« Die Kinder kichern. »Lasst uns sie nehmen, für Vater. Dann hätte er Gesellschaft«, schlägt Wendy vor. Die Entscheidung ist gefallen.

»Eine neue Lebensaufgabe« Morgens um sechs verlassen Herr und Frau Gashi ihr Haus und fahren zur Arbeit. Eine Stunde später ziehen die Kinder zur Schule. Zurück bleiben der dreijährige Elion und Oma Gerta. »Der Kleine ist eine neue Lebensaufgabe für mich«, sagt sie. Mittags kocht Gerta für sich und ihren Wahl-Enkel Kartoffeln und Zucchini. Um halb drei kommt Dudije nach Hause, dann setzen sich die beiden Frauen zusammen und trinken Kaffee. »Er will dich unbedingt dabeihaben, Gerta«, sagt die 42-jährige Kosovarin. Er, das ist Dudijes jüngster Bruder, der in wenigen Wochen im Kosovo heiratet. Gerta nickt: »Ich komme ja mit. Fahrt ihr mal vor, ich fliege nach.« Eine anstrengende Reise in ein Land mit 40 Grad Hitze. Keine kleine Sache für eine 83-Jährige. Sie passt auf den Kleinen auf und macht die Buchhaltung für Herrn Gashis Büro. Im Gegenzug putzt, kocht und wäscht Dudije, kauft ein und umsorgt ihre Zweitmutter liebevoll. »Natürlich muss man eine gute Beziehung haben, die auch Streit aushält«, sagt Gerta. Dudije nickt: »Manchmal gibt es Zoff, wenn die Oma zu streng mit ihren Enkeln ist.« Sie streichelt Gertas Arm und lächelt warm: »Aber nie schlimm.« Gerta greift die Hand ihrer Tochter: »Aber in welcher Familie gibt es keine Probleme?«

Fotos: Sonntagsblatt München

Den Eltern zu helfen ist in Ghana normal »Wenn es irgendwie geht, hilfst du deinen Eltern, damit sie nicht allein sind«, sagt Wendy. »In Ghana ist das normal.« Unsicher schaut    sie ihren Mann Maxwell an: »Aber ich habe gehört, dass das in Europa nicht geschieht.« Der nickt: »Ich habe gehört, es gibt dort Heime, wo die Alten wohnen, und der Staat kümmert sich um sie.« Der Dokumentarfilm »Adopted« zeigt, wie beide verständnislos die Köpfe schütteln. Sie freuen sich, dass sie ihr neues Adoptivkind, die Rent-

Gerta Stählin (links) hat bei Familie Gashi (im Bild Dudije und Elion) eine neue Heimat gefunden – und die Familie eine neue (Groß-)Mutter.

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nerin Gisela, davor bewahren können. Gisela fühlt sich nach dem Tod ihres Mannes einsam. »Meine Kinder würden nicht zögern, mich in ein Heim zu stecken«, sagt sie. »Adopted« zeigt, wie Gisela versucht, sich auf die Fremde und die neue Familie einzulassen. Sie lässt sich von Opa Oppong aus der Bibel vorlesen. Sie lernt, Wasser aus Plastiktüten zu trinken. Sie geht nachts im Regen aus dem Haus, wenn sie aufs Klo muss. Die Familie gibt sich große Mühe: Sie baut ein neues Haus mit einem eigenen Zimmer für Gisela. Stolz führen Wendy und Maxwell sie durch die Räume. »Wunderbar«, sagt Gisela. »Wunderbar, wunderbar«, plappern die Kinder nach. Auf dem Weg nach Hause kommen Gisela und Maxwell an einer Lichtung vorbei, auf der Menschen tanzen. »Was machen die Leute da?«, fragt Gisela. »Sie beten«, antwortet Maxwell. »Aber was ist ihre Religion?«, fragt die Rentnerin. »Sie sind Christen«, antwortet Maxwell. »Christen?«, fragt Gisela verwundert: »In unserem Land singen und tanzen Christen nicht auf der Straße.« So sehr sie sich bemüht, befremdet sie doch vieles.

Eine zweite Mama »Ich habe hier eine zweite Mama gefunden«, rief Dudije vor zehn Jahren ins Telefon, nachdem sie Gerta in einem Münchner Asylbewerberheim kennenlernte. Ehrenamtlich kümmert sich die gelernte Therapeutin Gerta dort um Kinder und Mütter, als die traumatisierte Dudije hereinschneit. Sie ist mit ihrem Mann und ihren zwei Kleinkindern aus dem Kosovo vor Brandstiftung, Überfällen und Vergewaltigungen geflohen. In ihrem Dorf lebte Dudije in einer Großfamilie. In Deutschland fühlt sie sich fremd, unverstanden und allein. Gertas Zuwendung nimmt sie dankbar an. Sieben Jahre vergehen, dann stirbt Gertas Mann. Nun kümmern sich die Gashis liebevoll um sie. »Irgendwann haben wir gesagt: Die zahlen 1.000 Euro Miete, ich zahle 1.000 Euro – warum eigentlich?«, erzählt die 83-Jährige. Als sie das Haus kaufen, empfiehlt ihnen die Notarin, ihre Verbindung offiziell zu machen. »Also habe ich Dudije nicht nur in meinem Herzen, sondern auch auf dem Papier adoptiert«, sagt Gerta. Dudijes leibliche Mutter war nicht eifersüchtig. »Sie war glücklich, weil sie sich nicht so viele Sorgen um mich machen muss und ich in Deutschland jemanden habe«, erzählt sie. »Ich bin so glücklich, dass ich mit Gerta zusammen bin. Sie ist wie eine echte Mama«, beteuert Dudije Gashi. Gerta wird rot und lächelt gerührt. »Warte nur ab, das dicke Ende kommt noch«, droht sie ihrer Tochter scherzhaft: »Meine Sorgen, was passiert, wenn ich nicht mehr so richtig kann, sind jetzt an Dudije übergegangen.« Die winkt ab: »Das machen wir schon. Warum sollte ich Angst haben? Irgendwann brauchen alle Hilfe.« Brigitte Vordermayer


10 ::: Zeitgeschehen

Ohne Worte direkt ins Herz Eine Predigt muss nicht immer gesprochen sein. Auch Musik kann predigen. Oder Tanz. Deborah Burrer praktiziert das seit einigen Jahren. Volker Kiemle hat die Pastorin aus Stuttgart-Weilimdorf getroffen.

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leich links am Eingang, noch vor der Spielhölle, steht der Ballsaal. Das bekannte und unter Christen lange Zeit verbreitete Bild vom »breiten und schmalen Weg« macht unmissverständlich klar: Wer tanzt, landet in der Hölle. Deborah Burrer kennt diese Vorstellungen – nicht nur weil sie ihre Magisterarbeit über »Tanz und Spiritualität« geschrieben hat und dazu in der Kirchengeschichte der Tanzfeindlichkeit nachgegangen ist. Sondern auch aus der eigenen Biografie. »Ich habe lange gebraucht, bis ich Tanzen als selbstverständlichen Ausdruck des Glaubens sehen konnte«, erzählt die Pastorin. Auslöser war eine Glaubenskrise im Theologiestudium. »Mir war das oft zu verkopft, mir hat der lebendige Glaubensinhalt gefehlt«, erzählt sie. Dann entdeckte sie für sich den Tanz – zunächst afrikanischen, der kraftvoll und geerdet ist. Kurz darauf lernte die Theologin den spirituellen Ausdruckstanz kennen. »Da wurde mein Glaube plötzlich lebendig.« Verändert hat sich aber nicht nur der Glaube, sondern auch die Körperwahrnehmung. »Der Umgang mit Gefühlen ist selbstverständlicher, die Lust am Körper darf sein.« Inzwischen tanzt Deborah Burrer auch Bibeltexte – als Predigt ohne Worte. Die Vorbereitung unterscheide sich dabei nicht von der Wortpredigt. »Ich lese den

Text, gehe mit ihm um, hole mir bei Bedarf Hintergrundwissen ein und spüre nach, welche Gefühle er in mir auslöst und welche Themen mir in den Sinn kommen.« Dabei liebt sie die Kreativität, das Spontane, das Improvisieren. »Der Tanz ist ein unmittelbares Medium, weil er den Menschen anspricht.«

»Bewegung ist menschlich« Natürlich ist das nicht jedermanns Sache – vielen falle es nicht leicht zu tanzen, sagt Burrer. Zudem sei die Körperfeindlichkeit bei Christen bisweilen anerzogen und deswegen tief verwurzelt. Beim Tanzen komme auch Erotik und Sexualität ins Spiel. Wer sich vor anderen im Tanz bewege, sei immer ganz Frau oder ganz Mann. »Gott hat beide mit Leib, Seele und Geist geschaffen«, sagt Burrer, »und das fand Gott sehr gut. Es ist menschlich, sich zu bewegen – wie man es schon bei Kindern sehen kann – und es macht Freude.« Auch in der christlichen Gemeinde habe der Tanz deshalb seinen Platz. »Tanz ist eine Form, um Erfahrungen mit sich und mit Gott zu machen«, sagt Burrer. Früher habe sie versucht, Menschen vom spirituellen Tanzen zu überzeugen. »Inzwischen weiß ich, dass es nicht allen gefällt.« Aber sie wolle dazu beitragen, dass Menschen, die gerne tanzen, ihren Glauben in der Bewegung entdecken können und dass die anderen den Tanz als Medium der Verkündigung wie Wort und Musik tolerieren lernen. Inzwischen leitet Burrer selbst Tanzworkshops und hat sich zur Leiterin für therapeutischen Tanz weitergebildet. Auch in diesen Seminaren liebt sie – bei aller nötigen Vorbereitung – das Spontane: »Es ist sehr spannend zu beobachten, was entsteht, wenn sich eine Gruppe überlegt, wie ein Bibeltext getanzt werden kann.« Volker Kiemle

Einl ad ung zum Tanzprojekt

Tanz als Predigt, die mitten ins Herz trifft: Deborah Burrer (rechts) bei einer Aufführung im Stuttgarter Katharinenhospital.

»Sehnsucht nach erfülltem Leben - Die Frau am Brunnen«, Tanzprojekt, Leitung: Deborah Burrer, vom 19. bis 21. Oktober, Christuskirche Stuttgart-Weilimdorf. Thematisiert wird die Erzählung von der »Frau am Brunnen« (Johannes 4). Tanzkenntnisse werden nicht vorausgesetzt, jedoch die Bereitschaft, am Sonntag im Gottesdienst mit der Gruppe das gemeinsam entwickelte Tanzprojekt aufzuführen. Informationen unter Telefon 0711 886591, E-Mail: deborah.burrer@emk.de unterwegs 21/2012 ::: 7. Oktober 2012


Porträt ::: 11

»Deutschland hat ein Bildungsproblem« 1995 gründete Bernd Siggelkow die erste Arche – ein christliches Zentrum, in dem Kinder aus prekären Verhältnissen eine warme Mahlzeit und Hilfe bei den Hausaufgaben erhielten. Mittlerweile gibt es »Archen« in fast allen größeren deutschen Städten. Der freikirchliche Theologe Siggelkow hat in zahlreichen Büchern über seine Erlebnisse in den Archen berichtet; er prangert die Sexualisierung und den Alkoholismus unter Kindern und Jugendlichen an. Jetzt spricht sich Siggelkow unter anderem für eine radikale Umgestaltung des deutschen Bildungswesens aus: bundeseinheitliche Lehrpläne, mehr Pädagogen in den Schulen und mehr aufsuchende Sozialarbeit sind nur einige seiner Forderungen. Benjamin Lassiwe hat mit ihm gesprochen. Herr Siggelkow, Sie haben schon mehrere Bücher über arme Kinder geschrieben. Bedienen Sie damit nicht auch einen gewissen Voyeurismus – den Mittelstandsbürger, der sich beim Lesen ihrer Bände wohlig gruselt? Bernd Siggelkow: Mit Voyeurismus hat das nichts zu tun: Ich hoffe, dass sich der Mittelstandsbürger beim Lesen nicht gruselt, sondern mit der Realität konfrontieren lässt. Denn wir haben ein Zeitproblem: Wir bezeichnen unsere Kinder zwar immer als Zukunft der Gesellschaft. Aber wir haben sie ja schon. Wir sind in der Gegenwart. Wir müssen uns heute um die Kinder kümmern, wenn wir etwas gegen Kriminalität und Drogenabgängigkeit tun wollen.

Fotos: Die Arche / privat

Warum hat Deutschland ein Bildungsproblem? Bernd Siggelkow: Wir haben immer mehr Kinder, die die Schulen als funktionale Analphabeten verlassen. Sie bekommen in den Schulen nicht die nötige Förderung. Eigentlich müsste sich das Bildungssystem nach den Kindern richten – tatsächlich verlangen wir von unseren Kindern, sich ans Bildungssystem anzupassen. In den Schulen orientieren sich die Lehrer am Durchschnitt, statt auf den einzelnen Schüler Rücksicht zu nehmen. Und viele Kinder bleiben deswegen auf der Strecke. Wenn Sie Politiker wären: Was würden Sie ändern? Bernd Siggelkow: Wir müssen uns vom föderalen Bildungssystem verabschieden. Für alle Kinder in

Deutschland muss das Gleiche gelten, sie müssen die gleichen Chancen haben, egal wo sie leben. Ein Abiturient aus Berlin muss die gleichen Chancen haben wie ein Abiturient aus Bayern – es darf nicht sein, dass man auf sein Zeugnis herabguckt, weil es aus Berlin ist. Und wir brauchen mehr Lehrer für eine bessere Förderung. Wir könnten die Förderschulen und das Sitzenbleiben abschaffen, wenn wir mehr Lehrer hätten, die sich individuell um die Kinder kümmerten. Warum kümmert sich gerade ein Pastor darum? Bernd Siggelkow: Wenn ich mir heute namhafte Prominente ansehe, dann haben die alle Personenschützer. Aber wer schützt eigentlich unsere Kinder vor dem System? Ich sehe mich als Sprachrohr der Kinder. Und als Christ und Pastor nehme ich mir das Recht für die Kinder einzustehen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. So, wie es auch schon Jesus tat. Und was soll Ihr Buch bewirken? Bernd Siggelkow: Ich hoffe, dass die Politiker endlich einmal anfangen, über die Rechte von Kindern zu sprechen. Dass wir ein Bildungsproblem haben, ist in Deutschland streng genommen schon lange bekannt – aber keiner packt es an. Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, das Thema auf die Tagesordnung zu heben. Bernd Siggelkow / Wolfgang Büscher: Deutschlands verlorene Kinder. Warum unser Bildungssystem Verlierer produziert, ­Rowohlt Verlag, Reinbek 2012, 14,95 Euro. ISBN: 978-3-498-06424-2


12 ::: Familie

Wie man den Kindern Ungezwungenheit schenkt Früher war alles besser. Wirklich? Zumindest war der Alltag von Kindern vor 30 Jahren noch nicht so durchorganisiert wie heute. Kein Wunder: Auch der Alltag der Eltern ist heute viel straffer getaktet. Wie man Kindern wieder ein Stück Freiheit und Spontanität zurückgeben kann, dazu hat Franziska Feinäugle Experten befragt.

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rüher, in der Kindheit derer, die inzwischen selbst Eltern sind, hatte Kindsein etwas ausgesprochen Ungezwungenes. Kind zu sein, das bedeutete noch in den 1980er Jahren, einfach bei den Freunden zu klingeln und zu fragen: Kommt der Markus, kommt die Kathrin zum Spielen raus? Es bedeutete, unbeaufsichtigt draußen herumzuspringen, auf sich selbst gestellt zu sein und über viel unverplante Zeit zu verfügen, die man vertrödeln oder fantasievoll gestalten konnte. Dass der Kindheit heute oft nicht mehr diese Ungezwungenheit innewohnt, hat verschiedene Gründe. Ganztagsbetreuung in der Grundschule und verkürzte Gymnasialzeit füllen inzwischen auch Kindern den Terminkalender; Berufstätigkeit beider Eltern macht exakteres Planen notwendig und ersetzt so das Ungeordnete, Freie durch das Vorgesehene; Schlagworte wie Flexibilität und Mobilität treten nicht selten an die Stelle des Verwurzeltseins in einer bestimmten Stadt, in einer gewachsenen Struktur aus Nachbarschaft und Freundeskreis, also an die Stelle jenes Netzes, das ebenso unsichtbar wie verlässlich genau die Sicherheit bietet, die die ungezwungene Freiheit der Kindheit überhaupt erst ermöglicht. Nicht wenige, die heute Eltern sind und sich an ihre eigene Kindheit erinnern, wünschen sich für ihre Kinder wieder etwas von dieser befreienden Unkompliziertheit zurück. »Familien sind heute eher verinselt«,

Nachahmenswert: Gute Nachbarschaft Von einer nachahmenswerten Nachbarschaftsinitiative berichtet der Erziehungsexperte Albert Wunsch: Ein Kind hatte sich verlaufen und wusste nicht, wohin es sich wenden sollte. Überall verschlossene Türen, und nirgends traute es sich zu klingeln. Diese Nachricht rüttelte die Menschen im Ort auf: Schnell war die Idee geboren, ein Emblem zu entwickeln, das sich seither alle an die Tür kleben können, die gute Nachbarn sein wollen. »Hier kannst du klingeln«, signalisiert das Symbol den Kindern. Wer sich verlaufen hat, wer zur Toilette muss oder auf andere Weise Hilfe braucht, findet hinter diesen Türen Erwachsene, die weiterhelfen. »Eine großartige Idee«, lobt Albert Wunsch und wünscht viele Nachahmer.

ist die Empfindung von Petra Baumgärtner-Mader, Erzieherin und Mutter einer fünfjährigen Tochter, »Gemeinschaft ist seltener geworden.« Wenn ihre Tochter Amelie sich mit einem anderen Kind treffen möchte, »muss man das heute erst ausmachen«, schildert die 39-Jährige. Umgekehrt wird ihr – was in ihrer eigenen Kindheit undenkbar gewesen wäre – ein wenig unbehaglich, wenn ein anderes Kind ohne vorheriges Telefonat zwischen den Familien einfach zum Spielen bei ihrer Tochter auftaucht: »Du, weiß deine Mama, dass du hier bist?«, fragt sie dann sicherheitshalber. Eine Frage, die früher quasi von Natur aus nie in Betracht gekommen wäre.

Planen, organisieren, nachfragen »Man muss immer nachfragen, planen, organisieren«, fasst Petra Baumgärtner-Mader die Rolle zusammen, die Eltern heute in der Kindheit ihrer Kinder spielen. Und weiß auch um den Druck, der dadurch auf den Kindern und den nun eben nicht mehr ganz so ungezwungenen Treffen mit Freunden lastet. »In den vereinbarten Stunden muss es dann funktionieren zwischen den Kindern – es war ja ausgemacht«, sagt die 39-jährige Mutter und bedauert: »Das müssen die Kinder heute aushalten.« Wie kann man dem etwas entgegensetzen? Was muss sich ändern, um Kindern auch im 21. Jahrhundert etwas von der Ungezwungenheit zurückgeben zu können, die zu den Privilegien des Kindseins gehört? Die Antwort von Albert Wunsch ist einfach: Die Eltern sollten sich aus der Nachmittagsgestaltung ihrer Kinder weitestgehend heraushalten. Dass alles, was Kinder tun, immer erst vereinbart wird, »das muss nicht sein, und das sollte auch nicht sein«, sagt der Psychologe, Erziehungswissenschaftler und Autor. Kindheit könnte noch heute weitgehend unbeschwert sein, »wenn sich die Eltern nicht erschwerend einbringen würden«. Wenn ein Kind sagt: Ich gehe raus zum Spielen, sollen die Eltern nicht fragen: Wohin und mit wem? »Das kann man abends noch fragen«, sagt Wunsch. Wer sein

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Kind überbehütet, macht es letztlich unfähig, später ein verantwortungsvolles Leben als Erwachsener zu leben. Ein abschreckendes Beispiel sind für ihn die sogenannten Helikopter-Eltern, »diese ständig über ihren Kindern kreisenden Eltern«, die per Handy alle paar Minuten den Aufenthaltsort ihrer Kinder erfragen wie ein Navigationsgerät: »Das ist Unfug«, sagt Albert Wunsch. Natürlich kann Kindern etwas passieren – aber das war früher nicht anders. Um sich körperlich und seelisch gesund zu entwickeln, müssen Kinder Luft zum Atmen haben, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Foto: Jennifer Kolling / pixelio.de

Die Nachbarschaft ist entscheidend Das gelingt am besten, wenn Kindheit eingebettet ist in eine gute Nachbarschaft. Und die wiederum können die Eltern maßgeblich mitgestalten. »Kontakt aufnehmen mit Familien, die auch Kinder haben, unkompliziert zum Apfelkuchenessen in den Garten einladen«, schlägt Albert Wunsch vor: »Dann lernen sich die Kinder kennen und spielen miteinander.« Auch Kinderlose können mit einfachen Mitteln signalisieren, dass sie kinderfreundliche Nachbarn sind und ebenso unaufdringlich wie verlässlich ein Auge darauf haben, dass alles in Ordnung ist: Wer beim Plätzchenbacken eine halbe Tüte übrig hat, geht hinaus und teilt die Plätzchen an die spielenden Kinder aus – dank solcher Gesten wissen die Kleinen, dass sie auch ohne Eltern nicht alleingelassen sind, falls sie in Notsituationen kommen. Die Eltern wiederum sind erleichtert, weil sie spüren, dass sie nicht dauernd eingreifen müssen. Unbeschwerter wird Kindheit auch dann, wenn auf das inzwischen weit verbreitete zwanghafte Perfektionieren der Kinder verzichtet wird. Dass Kinder früher »mehr Kind sein konnten« und heute weniger Gelegenheit haben, einfach so in den Tag hineinzuleben: Dafür macht beispielsweise die Montessori-Erzieherin Erika Steenberg unter anderem »unser ganzes Gerede von frühkindlicher Bildung« verantwortlich. »Früher waren die Kinder auch gebildet«, sagt die 60-Jährige. »Wer über Baumstämme klettert, herunterspringt, im unbeaufsichtigten, unverzweckten Spiel Naturgesetze am eigenen Leib erfährt, ist gebildeter, als jemand, der Wissen theoretisch eingetrichtert bekommt.« Bildung am Baumstamm Das sieht auch Psychologe Albert Wunsch so. Wer nur für die Schule paukt, sich nie dreckig macht, immer gute Noten heimbringt und möglichst perfekt funktioniert, dem wird es später höchstwahrscheinlich an eigenständigem Urteilsvermögen fehlen. Erika Steenberg ist schon häufig aufgefallen, dass Kinder, die auf dem Land aufwachsen, in der Regel ruhiger, positiver, in sich gefestigter sind. Stadtkinder, denen das unbeaufsichtigte Draußensein öfter fehlt, seien oft sehr verunsichert in vielen Dingen. Hier könnte das aktive Gestalten guter Nachbarschaft abhelfen. Damit Raum geschaffen wird für kindliche Lebendigkeit. Denn Kinder, sagt Erziehungsexperte Albert Wunsch, haben etwas Besseres verdient, als Statussymbole ihrer Eltern zu sein, denn Kinder sind nicht Ausstellungsstücke für eine Vitrine: »Kinder sind Lebewesen.«

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Einfach mal tun, was gerade Spaß macht: Dazu haben viele Kinder kaum eine Möglichkeit. Umso wichtiger ist, dass Eltern Freiräume schaffen.


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Ruhrgebietstag in Essen: Glaube am Montag Mit einem Rekord konnte der Ruhrgebietstag der EmK in Essen aufwarten: Seit 1990 waren nur einmal mehr Besucher gekommen. 135 Gottesdienstbesucher aus Dortmund, Bochum, Essen, Mülheim-Eppinghofen und -Speldorf, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Duisburg und Hamm kamen in die frisch renovierten Räume der Gemeinde Essen.

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er Ruhrgebietstag stand unter dem Motto: »Glaube am Montag – Den Glauben in den Alltag bringen.« Der Tag begann mit einem knapp 90-minütigen Gottesdienst mit viel Musik und einem Anspiel passend zum Tagesthema und zum Predigttext aus Matthäus 5,13: »Ihr seid das Salz der Erde.« Durch den Glauben der Christen wird das Leben für die Welt schmackhaft und geschmackvoll. Das Leben hat Bestand. Zur Erinnerung gab es für jeden Gottesdienstbesucher eine kleine Karte mit dem Aufdruck: »Ihr seid das Salz der Erde« und einem angehefteten kleinen Salztütchen. Ein Chor aus mehreren Gemeinden sang gegen Schluss zwei Lieder. Die Kinder erlebten in der Sonntagsschule Geschichten vom See Genezareth.

kurz &bündig In die Verlängerung geht die

Landesgartenschau in Nagold – und damit auch das Engagement der EmK. Bis jetzt haben 17.500 Besucher die Ausstellungen in der Friedenskirche besucht, die letzten beiden Ausstellungen – eine Ikonenschau sowie biblische Erzählfiguren – finden sehr regen Zuspruch.

135 Besucher feierten beim Ruhrgebietstag in der frisch renovierten Essener EmK.

Nach dem Gottesdienst gab es beim Essen reichlich Gelegenheit, neue und vertraute Gesichter zu entdecken und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Karaoke, Sitztanz und Kränze Der Nachmittag begann mit zwei Programmpunkten für Jugendliche: Karaoke-Singen und eine Gesprächsgruppe zum Thema »Christsein in der Schule«. Für die Kinder gab es ebenfalls ein Singprogramm und ein Bastelangebot. Die Erwachsenen trafen sich in der Sitztanzgruppe oder konnten sich unter Anleitung in einer Kreativgruppe als Floristen mit Blumenkränzen und Gestecken üben.

Die Landesgartenschau geht nach dem offiziellen Ende am 7. Oktober in eine Verlängerungswoche, bei der die Kirchen ihr Gartenschau-Angebot erweitern. So gelten am 8., 10, und 12. Oktober verlängerte Öffnungszeiten von 17 Uhr bis 20 Uhr mit freiem Eintritt. In dieser Zeit werden Sonderführungen durch die Ausstellungen angeboten. www.im-wachsen.de

Der thematische Schwerpunkt des Ruhrgebietstages »Christsein im Alltag« wurde in insgesamt drei Gruppen aufgegriffen: Die Mülheimer Eben-Ezer-Kirche mit einem Pavillon auf dem Wochenmarkt, »Christsein im Krankenhaus« und »Lydias Suppenküche«, ein Angebot für Bedürftige. Die vielfältigen Angebote und das gute Wetter, das Gott geschenkt hat, ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Mit einem Duett, bestehend aus Orgel und Trompete, und dem Sendungslied »Ich, der Meer und Himmel schuf« neigte sich ein gelungener Tag mit ganz unterschiedlichen Facetten seinem Ende zu. Ute Hartmann

die Zukunft der Weltmission

haben Anfang September Verantwortliche aus den methodistischen Kirchen in Europa in Dublin in den Blick genommen. Dabei stellten die Teilnehmer fest, dass die Missions-Konzepte und -Ansätze durchaus zukunftsfähig sind. In der Praxis habe die Umsetzung derselben aber noch mit großen Problemen zu kämpfen, teilte die deutsche Weltmission mit.


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Pforzheim: In alter Frische A us dem ganzen Gebiet der Süddeutschen Jährlichen Konferenz kamen sie am 15. September angeknattert: fünf alte Käfer, etliche betagte Modelle und sogar ein »Pinzgauer« (Steyr Puch Militärsanitätsfahrzeug). Alle wollten mit dabei sein: bei der ersten EmK-Oldtimerfahrt aus Anlass des 150-jährigen Gemeindejubiläums der Pforzheimer Gemeinde. Insgesamt 14 Fahrzeuge mit rund 40 Personen starteten schließlich und folgten dem von Organisator Andreas Borrmann gesteuerten Saab. Bei zunehmend freundlichem Wetter führte die Route durch den nördlichen Schwarzwald, dann Richtung Heimsheim und Weissach und von dort zurück nach Pforzheim. Acht EmK-Gemeinden, die alle von Pforzheim aus gegründet worden waren, bereiteten dem OldtimerTross einen begeisternden Emp-

fang. Bei den Stopps gab es manches zu erfahren über die Entstehungsgeschichte der Gemeinden und über die aktuelle Arbeit und vor allem viel Gelegenheit zu Begegnung und zum Gespräch. Natürlich kamen auch die »Benzinge-

spräche« unter den Oldie-Fans nicht zu kurz. Die Verbundenheit innerhalb unserer Kirche wurde durch die Rundfahrt auf eine ganz besondere Weise »erfahrbar« und gestärkt. Martin Brusius

Pliezhausen: Rasante Kisten Nachdem es im vergangenen Jahr wegen Regens ausfallen musste, fand Mitte September in Reutlingen-Mittelstadt (Bezirk Pliezhausen) das 21. EmK-Seifenkistenrennen statt.

Fotos: privat

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rganisiert und durchgeführt wurde das Rennen wie immer von der Bubenjungschar. Bevor die heißen Kisten an den Start gingen, begann die Veranstaltung mit einem Gottesdienst an der Rennstrecke. Bei strahlendem Sonnenschein gab es die Möglichkeit, ein Mittagessen und anschließend Kaffee und Kuchen einzunehmen – organisiert von der Mädchenjungschar. Beim diesjährigen 21. Rennen traten 20

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Rennfahrer/Rennfahrerinnen an, um auf das Siegertreppchen zu kommen und um den begehrten Pokal zu erhalten. Die Rennfahrer kamen nicht nur aus der eigenen Gemeinde, sondern auch aus umliegenden Jungscharen

und aus Weissach / Leonberg (CVJM und EmK). Das gesamte Rennen wurde von vielen Zuschauern begleitet. Das sommerliche Wetter hat für ein gutes Durchführen dieser Veranstaltung gesorgt. Hilde Schwaiger


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persönlich Au f g enommen Aue ::: am 30. September ­Sabine Albani (48). Burgstall ::: am 9. September Hartmut Scheel (39). Chemnitz-Friedenskirche ::: am 2. September Kathrin ­Edelmann (46), Bringfriede ­Hillert (71) und Martin Kutter (25). Delmenhorst ::: am 9. September Werner Oefele (56), Birgit ­Schütte-Kunz (49), Stephan Streit (26) und Swetlana Streit (24). Dresden-Emmauskirche ::: am 9. September Johanna Kerber (20), Richard Kerber (20) und Maria Tschipke (18). Hamburg-Hamm ::: am 16. September Kay-Michael Bauer (58), Andreas Jandl (38) und Danielle Kühne (62). Langenau ::: am 2. September Michael Knetsch (27). Metzingen ::: am 23. September Jonathan Rauch. Wiesa ::: am 26. August Lutz Höppner(36) und Ulrike Süß (36).

W ir g r atu l ie ren Ammerbuch-Entringen ::: Else und Rudolf Renner zur goldenen Hochzeit. Berlin-Mitte ::: Ingrid und Reinhold Steinbacher zur ­goldenen Hochzeit. Büdingen ::: Emma Hirt zum 90. Geburtstag; Ursula und ­Dieter Bach zur goldenen ­Hochzeit; Theresia und Reinhold Leo zur goldenen Hochzeit. Ellefeld ::: Marianne Drabek zum 95. Geburtstag. Esslingen ::: Lydia und Günter Kobus zur diamantenen ­Hochzeit. Hamburg-Eimsbüttel ::: Inge und Hans-Heinrich Herrmann zur goldenen Hochzeit. Nagold ::: Hannelore und Georg Theurer zur goldenen Hochzeit. Nürnberg ::: Diakonisse Therese Zach zum 95. Geburtstag. Saar/Zweibrücken ::: Erna und Werner Fischer zur diamantenen Hochzeit. Schwarzenberg ::: Jutta Groß zum 90. Geburtstag. Werdau ::: Lieselotte Martin zum 90. Geburtstag; Friedegard und Joachim Hennig zur ­diamantenen Hochzeit.

Heim geg angen Abstatt-Happenbach ::: Ludwig Föll am 5. September, 78 Jahre. Annaberg-Buchholz ::: Armin Frank am 16. August, 60 Jahre; Elfriede Springer am 30. August, 89 Jahre. Berlin-Oberschöneweide ::: Ann Perris Reynolds am 23. August, 68 Jahre; Gisela Hübner am 14. September, 76 Jahre; Günter Straube am 16. September, 92 Jahre. Bielefeld ::: Ingeburg Thümmler am 8. September, 90 Jahre. Crottendorf ::: Erhard Fritzsch am 10. September, 77 Jahre. Dornhan ::: Fritz Bleibel am 16. September, 72 Jahre. Esslingen ::: Hanna Huhle am 18. September, 90 Jahre. Finsterrot ::: Hans-Martin ­Reichert am 10. September, 62 Jahre. Heidelberg ::: Waltraud Uhden geborene Saßnowski am 14. September, 82 Jahre. Karlsruhe ::: Maria Flamm ­geborene Mohrenstein am 27. August, 100 Jahre. Murrhardt ::: Margot Symens am 19. September, 73 Jahre. Mylau ::: Curt Spindler am 9. September, 97 Jahre.

Neuhütten ::: Erika Ebert am 26. August, 80 Jahre. Neuschoo/Aurich ::: Elise Dorothea Janssen am 19. September, 81 Jahre. Öhringen ::: Angelika Neber am 2. September, 53 Jahre. Oelsnitz ::: Esther Weiß am 24. August, 79 Jahre. Pliezhausen ::: Helmut Kugel am 8. August, 78 Jahre. Reutlingen-Betzingen ::: Manfred Krauß am 21. September, 76 Jahre. Schöneck ::: Irene Hahn am 8. August, 84 Jahre. Tübingen-Pfrondorf ::: Ingeborg Wunder am 1. September, 90 Jahre. Vaihingen/Enz ::: Josef Haberstroh am 8. September, 72 Jahre. Waiblingen-Hegnach ::: Elfriede ­Fischer am 5. September, 84 Jahre. Weitefeld ::: Elke Baran geborene Lenz am 2. September, 68 Jahre. Wildeck-Obersuhl ::: Erika Weyh ­geborene Triebstein am 8. September, 91 Jahre. Winnenden ::: Gerhard Hilt am 15. August, 78 Jahre. Wüstenrot ::: Achim Schaumann am 10. August, 55 Jahre. Wuppertal-Elberfeld ::: Siegfried Kühl am 1. August, 87 Jahre. Zittau ::: Emil Kunze am 10. September, 95 Jahre.

wowannwas S emin a r Sehnsucht nach erfülltem ­Leben ::: Tanzprojekt, EmK Christuskirche, Stuttgart-Weil­ imdorf, Landstuhler Straße 17, 19. bis 21. Oktober, Informationen und Anmeldung: Deborah Burrer, Telefon 0711 886591, E-Mail deborah.burrer@emk.de

T e r mine Birkenfeld-Gräfenhausen ::: Sixthalle, Schulstraße 37, 14. Oktober, 17 Uhr,

Jauchzet dem Herrn alle Welt, Sängerfest des CS-Sängerkreis Karlsruhe-Pforzheim. Fürth ::: EmK Gemeindezentrum, Angerstraße 21, 13. Oktober, 17 Uhr, Das Wunder in der Löwengrube, Erzählkonzert für Kinder und Erwachsene mit Windwood & Co, Eintritt frei, Kollekte wird erbeten. Pforzheim ::: EmK, Maximilianstraße 28, 150 Jahre EmKPforzheim, 21. Oktober, 14 Uhr, Großer Festgottesdienst, mit ­Bischöfin Rosemarie Wenner.

Rund funk im Internet radio m kompakt: Aktuell und kritisch. radio m gespräch: Glaube im Dialog. radio m ­andachten: Impulse für jeden Tag. radio m themen: Berichte und ­Reportagen. radio m bei Klassik Radio (bundesweit) Andachten »Carpe diem«: 15. bis 20.10., 6.20 Uhr, mit Anja Kieser;

Sonntagsmagazin »Klassik und ­Kirche«, sonntags, 7–8 Uhr, mit Anja Kieser. Radio AREF – sonn- und feiertags von 10-12 Uhr. www.aref.de und UKW 92,9 MHz (Großraum Nürnberg)

ERF Plus Jeden Donnerstag, 20 Uhr, Bilanz – Leben im Rückblick, mit Horst Marquardt im Gespräch mit Männern und Frauen 60+.

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EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WOR T

Prägt der christliche Glaube das Hausklima positiv? Nur einer von acht Mitarbeitenden in evangelischen Krankenhäusern erlebt das. So das traurige Ergebnis einer aktuellen Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Diese Ausgabe von »Helfen und Heilen« stellt deshalb beispielhaft zwei geistliche Angebote für Mitarbeitende der EMK-Diakonie vor, das Seminar »Aufatmen und Loslassen« auf dem Schwanberg und die »Tage gemeinsamen Lebens für Auszubildende«. Außerdem geht es darum, ob ein Leitbild zum geistlich angemessenen, menschlichen Arbeitsklima verhelfen kann. Und nicht zuletzt lohnt ein Blick auf die Schwesternschaften: Was leben sie im Alltag, welcher Rückhalt sind sie für die inzwischen »fast häubchenfreie« Diakonie?

Helfen und Heilen

Auf dem Berg der Verwandlung Seminar für Mitarbeitende auf dem Schwanberg zum Aufatmen und Loslassen Seit 2005 leiten Pastor Burkhard Seeger (Bethesda Stuttgart) und die Ulmer Tanz- und Atemtherapeutin Monika Leyendecker das jährliche Seminar »Aufatmen und Loslassen« im Haus St. Michael auf dem Schwanberg in Mainfranken, nahe Würzburg. Dort lebt die Communität Casteller Ring, eine geistliche Gemeinschaft von Frauen innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Peter Dietrich hat Pastor Seeger befragt. Worum geht es in diesem Seminar? Im Gesundheitsbereich brennen viele aus. Wir können zwar kein Seminar für bereits an Burn-out-Erkrankte anbieten, da gehört fachliche Hilfe dazu mit therapeutischer und eventuell auch medikamentöser Begleitung. Unser Ziel ist es aber, einem Ausbrennen vorzubeugen, also zu einer Art »Burn-outProphylaxe« einzuladen. An wen richtet sich das Angebot? Es steht allen Mitarbeitenden von Agaplesion-Einrichtungen offen. Das sind mehr als 12.000 Menschen. Der

nächste Termin ist der 19. bis 23. Juni 2013. Es gibt maximal 14 Plätze, inzwischen ist die Nachfrage groß. Am Anfang hatten wir die Befürchtung, ob sich jemand outet: »Ich bin vor dem Ausbrennen.« Das ist ein Makel, keiner will so etwas im Arbeitszeugnis haben. Aber viele sind tatsächlich erschöpft, und es spricht sich herum: »Da kann man mal raus, fünf Tage zum Aufatmen.« Raus aus der eigenen Einrichtung, weg von Chefs und Kollegen? Wir bieten einen geschützten Raum an, aus dem es keine Rückmeldungen an Vorgesetzte gibt. Man kann sich alles von der Seele reden, wenn man möchte. Das bleibt unter der Schweigepflicht. Es tut den Mitarbeitenden gut, zu sehen: Ich bin nicht allein, es geht anderen genauso. Wer meldet sich bevorzugt an? Erstaunlich ist: Noch nie war ein Mann dabei. Vielleicht schrecken Körper- und Atemarbeit und der meditative Tanz ab. Doch es ist auch eine große Chance, wenn Frauen unter sich sind. Es gibt Themen, bei denen ich mich herausnehme. Die Altersspanne reicht von etwa 30 bis 60 Jahre. Meist aus Pflegeberufen, auch aus der Verwaltung. Wir hatten leider noch keine Ärztin dabei. Wie läuft ein typischer Seminartag ab? Wir beginnen mit meditativem Tanz. Manche wollen das anfangs nicht, doch durchs Zuschauen spüren sie die

Pastor Burkhard Seeger

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Helfen und Heilen

EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WOR T

Befreiung. Wir lachen sehr viel, auch über manches erste Stolpern. Beim anschließenden Impuls arbeite ich thematisch, bringe den Burn-outKreislauf ins Gespräch, hole die Leute mit Fragen ab. Oder ich arbeite mit bibliodramatischen Elementen. »Da lagen die Lahmen, Blinden und Kranken am Teich Bethesda.« Die Leute spielen sich in eine der Rollen ein. Schnell ist eine Brücke geschaffen: Wo fühle ich mich gelähmt, auch wenn ich laufen kann? Für welche Dinge bin ich blind geworden? Wo komme ich mir vor wie eine Aussätzige? Nachmittags ist großer Freiraum für Schlaf, Sport, Spaziergang, Malen und Werken, für Einzelgespräche mit mir und Einzelbehandlungen durch Monika Leyendecker. Danach beginnt nochmals eine Stunde Körperarbeit in der Gruppe.

es: Zu entdecken, Gott hat den Menschen auch als Leib geschaffen. Wir schließen den Tag mit einer Meditation ab, mit Sitzen in Stille.

Da machen alle bereitwillig mit? Monika Leyendecker hat eine gute Art, Zurückhaltende mitzunehmen. »Tue deinem Körper Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen«, hat Theresa von Avila gesagt. Darum geht

Wie wird das Seminar finanziert? Die Bethanien-Bethesda-DiakonieStiftung trägt rund Dreiviertel der Kosten. In der Regel werden zwei Tage als Arbeitszeit angerechnet. Solche Anreize gibt es sonst selten.

Was ist das Besondere dieses Ortes? Der Schwanberg erweist sich als offener, heller, freundlicher Ort. Die Gäste sind zu den Stundengebeten der Schwestern eingeladen. Wer möchte, lässt sich zum Beispiel mitnehmen in den alten Schatz der Psalmen, die schon Jahrhunderte gebetet werden. Auch an Segnungsfeiern oder Gottesdiensten nehmen wir teil. Wir wollen St. Michael als Haus der Stille respektieren. Es herrscht aber keine Zwangsstille wie bei Exerzitien. Wer reden möchte, kann das im Café oder im Wald tun – oder abends beim gemütlichen Zusammensitzen.

Was bringt das Seminar den Teilnehmern? Das sieht man bis ins Körperliche hinein. Leute kommen müde, verhärmt in Gesicht und Haltung. Oft ist es wunderbar zu sehen, wie die Leute gehen: Sie sind befreit, haben wieder Lachen und den aufrechten Gang gelernt. Da stützen sich die Teilnehmer untereinander, manche Kontakte bleiben. Auch mit Kirchendistanzierten haben wir schon viel Positives erlebt, bis hin zur Frage: Wie kann ich wieder in die Kirche eintreten? Worauf freuen Sie sich, wenn Sie ans nächste Seminar denken? Auf diesen Prozess bei den Teilnehmern. Manche erleben den Schwanberg wie einen Berg der Verwandlung. Dies zu begleiten und zu beobachten, ist für mich ein Geschenk.

Alle im gleichen Boot Wenn 48 Auszubildende der Alten- und Krankenpflege ins Kloster gehen »Ab ins Kloster!« So hieß es für die 48 neuen Auszubildenden der Alten- und Krankenpflege an der Evangelischen Berufsfachschule Chemnitz gleich zu Beginn der Ausbildung. Drei Tage haben die Auszubildenden in der Bildungs- und Begegnungsstätte des Klosters Wechselburg verbracht, um sich kennenzulernen und von Anfang an eine Gemeinschaft zu werden. »Bereits seit einigen Jahren ist es gute Tradition, die Schulzeit nicht nur

mit einführendem Unterricht in der Berufsfachschule zu beginnen, sondern sich einmal an einem ganz anderen Ort drei Tage lang zu begegnen«, erklärt Gunnar Grossert, Kursleiter der Altenpflegeklasse. Das fördert die Gemeinschaft und den Zusammenhalt in der Klasse. Die 23-jährige Nicole Wetzel (Foto), die sich zur Krankenpflegerin ausbilden lässt, bestätigt: »Gleich zu Beginn nicht nur die Klassenkameraden der eigenen Krankenpflegeklasse, sondern auch die Schüler der Altenpflegeklasse näher kennenzulernen und so als Gruppe der Auszubildenden richtig zusammenzuwachsen, war eine sehr gute Erfahrung.« Das Programm für die 16- bis 45-Jährigen war keineswegs von der sprichwörtlichen Ru-

he hinter Klostermauern geprägt. Mit vielen praktischen Übungen konnte die erfahrene Trainerin Adelheid Frost die Auszubildenden beim Thema »Der gute Ton« oder in Sachen Teambildung begeistern. Inspiriert durch den neu angelegten Kräuter-, Gewürzund Blumengarten haben die Auszubildenden duftendes Kräuteröl hergestellt. Eine besondere Teamerfahrung war der Ausflug in Schlauchbooten auf der Zwickauer Mulde. Wenn man – im wahrsten Sinne des Wortes – im gleichen Boot sitzt, ist man darauf angewiesen, sich miteinander zu verständigen und auch bei schwierigem Gewässer gemeinsam in eine Richtung zu rudern. In der Klosterkneipe konnten die Auszubildenden mit ande-


DAS LEITBILD VON MARTHA-MARIA

Helfen und Heilen

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Mehr als ein Papiertiger

Andreas Cramer, Vorstandsvorsitzender des Diakoniewerks Martha-Maria, zur Leitbilddiskussion Die Zeit dafür war reif, als vor rund zehn Jahren viele Diakoniewerke ihre Leitbilder vorgestellt haben. Die Leitbildaussagen von Martha-Maria sind eine bleibende und besondere Herausforderung für den Arbeitsalltag – und zwar für alle Mitarbeitenden, egal wie nah oder fern sie dem christlichen Glauben stehen. Ist ein solches Leitbild nur ein Papiertiger oder hat es etwas mit der konkreten diakonischen Praxis zu tun? Im »Unternehmen Menschlichkeit« Martha-Maria unternehmen wir Menschlichkeit in aller Unvollkommenheit. Das Miteinander von Mitarbeitenden und der angemessene Umgang mit den uns anvertrauten Menschen gelingen nicht immer. Wir müssen mit Konflikten leben lernen. Wir können Fehler eingestehen. Wir bleiben offen für die Selbstreflexion. Vieles gilt es zu akzeptieren und anzunehmen, weil es so ist, wie es ist. Geradezu Schlüssel zur Menschlichkeit sind der Humor und unsere Fröhlichkeit. Beide kosten nichts. Wir praktizieren nicht das abwartende, passive Verhalten mit dem im Nachhinein besser wissenden »Ich hab’s doch gleich gesagt«, sondern das aktive Aufeinander-Zugehen im Sinne der Goldenen Regel von Jesus: »Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.«

ren Schülern und den Lehrern, aber auch mit den Mönchen reden. »Einmal mit einem Pater über die Gründe zu sprechen, warum jemand Mönch wird, das war ganz spannend«, sagt der 16-jährige Jonas Jahn (Foto), Auszubildender in der Krankenpflegeklasse. Fragen gab es viele: Was macht ein Mönch den ganzen Tag? Gibt es eigentlich verschiedene Kutten für Sommer und Winter? So konnten sich die Auszubildenden bei den diesjährigen »Tagen gemeinsamen Lebens« ein Bild über andere Lebensformen machen. Nun können sie ihre dreijährige Ausbildung als eine bereits zusammengewachsene Gruppe gemeinschaftlich angehen. Michael Veihelmann, Personalreferent edia.con, Chemnitz

19 1. Unsere Arbeit ist geprägt von der Wertschätzung für den Menschen. 2. Wir wollen unsere fachliche Kompetenz mit persönlicher Zuwendung verbinden. 3. Die Zufriedenheit der Menschen, für die wir uns einsetzen, ist uns ein wichtiger Maßstab. 4. Der Sicherung und Verbesserung der Qualität unserer Arbeit räumen wir eine hohe Priorität ein. 5. Fortbildung und Weiterbildung sichern unsere fachliche und soziale Kompetenz. 6. Ein gutes Miteinander ist eine unersetzbare Grundlage für unser diakonisches Handeln. 7. Wir praktizieren einen Führungsstil, der klare Zielvereinbarungen mit kooperativem Verhalten verbindet. 8. Mitarbeitervertretungen und Leitungen der Einrichtungen arbeiten vertrauensvoll zusammen. 9. Die Wirtschaftlichkeit unserer Einrichtungen ist Voraussetzung für die Erfüllung unseres diakonischen Auftrags. 10. Um zukunftsfähig zu bleiben, brauchen wir das Engagement und die Kreativität aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Auf die Einstellung kommt es an So sind die zahlreichen mehrtägigen Leitbildseminare für die Mitarbeitenden von allen Martha-Maria-Standorten im Hotel Teuchelwald in Freudenstadt überschrieben. Es geht um Aufrichtigkeit. Es darf nicht taktiert werden, wenn wir versuchen, Mitarbeitende so vielfältig wie möglich in die Arbeitsabläufe einzubeziehen. Beispiele: ■ Wir können uns aufeinander verlassen, etwa in der Andreas Cramer Termintreue. ■ Das Mitarbeitenden-Jahresgespräch ist eine Dank- und Motivationserfahrung. ■ Eine unbeschwerte Feedback-Kultur wird selbstverständlich. ■ Kleine Aufmerksamkeiten erhalten die Freundschaft. ■ »Martha-Maria – Meine Idee« heißt unser Ideenmanagement. ■ Wir achten auf die Gesundheit der Mitarbeitenden. ■ Wir laden zu biblisch orientierten Hohenschwangauer Tagen ein. ■ Die Mitarbeitervertretung ist wesentlicher Bestandteil unserer Dienstgemeinschaft und ist in die Prozesse und Abläufe einzubeziehen. Nun gibt es immer wieder gegenteilige Erfahrungen. Das »Unternehmen Menschlichkeit« wird einem als Spiegelbild der Kritik vorgehalten. Der Prozess des Einbeziehens jedoch geht weiter, weil Gott uns die Kraft, die Stärke und die Bescheidenheit gibt, eine vertrauensbildende Kommunikation täglich neu zu praktizieren. Wir sind überzeugt: Vertrauen ist die höchste Form der Motivation. Im »Unternehmen Menschlichkeit« kommt es auf die Einstellung an! Mitarbeitende bei einem Leitbildseminar zum Thema »Menschlichkeit«.


20 22

Helfen und Heilen

EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WOR T

Das kleine Einmaleins Eine Oberin berichtet: Ein Tag im Leben einer Schwesternschaft

Oben: Unverzichtbar: das gemeinsame Gebet Oben rechts: Schwester im »Ehrenamt«: Tragen helfen Rechts: Schwestern gehen zu den Menschen, hier bei einem Stadtteilfest

Unser diakonisches Engagement gilt kleinen Projekten in überschaubaren Arbeitsfeldern. Schon an einem einzigen Tag kommt viel zusammen, was unser Leben und unseren Dienst ausmacht. Einige Schwestern haben sich um 6.15 Uhr zu einem kurzen Frühgebet getroffen. Das Vertrauen zu Gott bekräftigen, ihm alles anbefehlen für den Tag – das ist uns wichtig, so starten wir. Eine Schwester hat die Morgenandacht gehalten, auch für das Seniorenzentrum, in dem viele unserer Schwestern leben. Zwei Schwestern hatten später Dienst im SecondHand-Laden. Im Mittagsgebet wurden die Anliegen aus dem Fürbittebuch des Krankenhauses genannt. Am Nachmittag haben Diakonissen etliche Senioren zum Gottesdienst gefahren, eine Schwester hat Orgel gespielt. Eine andere Schwester hat mit einem Hauptamtlichen unserer Kirche Kaffee getrunken und ihm ein offenes Ohr geschenkt. Eine Diakonisse machte im Krankenhaus ehrenamtlich Empfangsdienst, eine Schwester hatte einen Einsatz im Hospizdienst. Die Gästeschwestern haben das Haus aufgeräumt und hergerichtet. Eine über 80-jährige Schwester, selbst pflegebedürftig, ging zu einer alten Nachbarin, die immerzu verzweifelt nach ihrer Mama rief, und hat sie in den Arm genommen. Das ist das kleine Einmaleins der Diakonie. Nichts Besonderes. So ist IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNG

unser Leben. Ja, und dann haben wir noch Möbel für somalische Flüchtlinge bereitgestellt, mit Senioren gesungen und Andacht gehalten, Mineralwasser verschenkt, weil es heute so heiß war und am Schluss noch einen Geburtstag gefeiert, denn unser Leben besteht nicht nur aus Arbeit.

Wir beten regelmäßig für diakonische Einrichtungen und Gemeindeinitiativen, für unsere Gemeinden, für die Haupt- und Ehrenamtlichen. Wir bitten Gott um Berufungen in kirchliche Dienste. Wir beten für die Leitenden unserer Kirche und wissen uns dieser sehr verbunden. Informieren Sie sich, besuchen Sie uns, nehmen Sie an einem Oasentag im Gästehaus teil, schenken Sie uns einen Teil Ihrer Arbeitskraft. Oder laden Sie uns in Ihre Gemeinde ein, wir kommen gerne! Es gibt unter uns auch Laienpredigerinnen. Und sagen Sie es bitte weiter: Wir sehen massenhaft Aufgaben in dieser verwundeten Welt und bei bedürftigen Menschen, um die sich keiner kümmert. Wir haben jede Menge Ideen, was zu tun wäre. Es fehlen Frauen, die mitmachen wollen und sich berufen wissen, in Gemeinschaft Zeichen der Hoffnung zu setzen. Wer sich fragt, ob das der Weg sein kann, ist willkommen bei uns, um es herauszufinden. Wir haben Zimmer frei. Schwester Elisabeth Dreckhoff, Oberin der DiakonissenSchwesternschaft Bethesda e. V.

WENIG UND VIEL

Drei kurze Fragen, drei kurze Antworten von Schwester Elisabeth Dreckhoff Was bedeuten die Schwesternschaften für die Diakonie? Der Rückhalt, den wir anderen geben können, sind eine Portion Glaubensmut,unsere tragende Gemeinschaft und unser Gebet. Wie verstehen die Schwestern ihre Rolle? Wir üben uns im einfachen Gehorsam. Was wir aus Gottes Wort und aus der Not in der Welt als Auftrag verstehen, wollen wir ausführen, soweit die Kräfte reichen. Alles andere soll zurückstehen. Wo sind ihre Grenzen? Diakonie war noch nie flächendeckend. Schön ist es, wenn wir Anstifterinnen zum diakonischen Engagement sein können. Das ist wenig und viel.

Herausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) · Redaktion: Pastor Frank Eibisch, Direktor des Evangelisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien e.V., Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz, Telefon 0731 430 1000, E-Mail: f.eibisch@emdw-bethanien.de • Peter Dietrich, Freier Journalist, E-Mail: peter.dietrich@journalist-pd.de • Fotos: Archiv Agaplesion Bethesda Krankenhaus Stuttgart (17ul), Michael Veihelmann (18ul), Gunnar Grossert (18ur/19l), Archiv Martha-Maria (19or/19ur), Bettina Osswald (20alle), privat


gastkommentar

Meine Meinung ::: 21

Mohammed-Film: Welche Bilder sehen wir? Muslime in vielen Ländern haben teilweise gewalttätig gegen ein Schmähvideo über den Propheten Mohammed protestiert. Das verstärkt im Westen das Klischee vom intoleranten Islam. Doch es gibt auch andere Zeichen, sagte Wolfgang Kessler. Wichtig ist, welche Bilder wir sehen wollen. Es scheint ein unvermeidlicher Teufelskreis: Irgendjemand ­zwischen San Francisco und Berlin dreht einen umstrittenen Film oder zeichnet eine umstrittene Karikatur über Mohammed – und wie auf Knopfdruck setzt sich die Spirale des Hasses in Gang: Muslime demonstrieren gewalttätig gegen den Westen. Es gibt Tote. Die Medien bringen die Hassbilder. Darauf empören sich Westler über die Gewalt und sehen in jedem Muslim einen Terroristen. Da scheint kein Platz mehr für eine differenziertere Betrachtung. Natürlich ist die Frage berechtigt, wann in islamischen Staaten endlich eine Freiheit respektiert wird, die die Religion hinterfragt – auch mit deftigen Karikaturen, Filmen oder Worten? Diese Frage werden viele Muslime aber so lange nicht ernst ­nehmen, wie der Westen islamische Länder selbst mit Gewalt überzieht: Wer stattet islamische Diktaturen mit Waffen aus? Wer bombardiert Zivilisten in islamischen Ländern? Wer stützt die israelische Regierung, obwohl sie Palästina widerrechtlich besetzt hält? Sind das glaubwürdige Beweise für die Liebe des Westens zu Freiheit und Toleranz? Weltweit fordern Imame zu Toleranz auf. Ist die Spirale des Hasses erst einmal in Gang, dann gehen jene Zeichen der Hoffnung unter, die es auch gibt. In Libyen demonstrierten Tausende gegen ihre Vereinnahmung durch radikale ­Fanatiker. In Bengasi starben zehn einheimische Polizisten, als sie das US-Konsulat vor Terroristen schützen wollten. Weltweit fordern Imame ihre Glaubensbrüder auf, den umstrittenen Film zum Anlass zu nehmen, um über Toleranz im Islam zu sprechen. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi, ein Muslimbruder, sagt: »Unser Volk lehnt solch ungesetzliche Handlungen ab.« Und nicht zuletzt setzte auch Papst Benedikt XVI. ein Zeichen mit einem gemeinsamen Gebet von Christen und Muslimen im multireligiösen Libanon. So mischen sich in die Bilder des Hasses auch Bilder von Hoffnung. Ob Freiheit und Toleranz eine Zukunft haben, hängt auch davon ab, welchen Bildern mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Kein Verständnis! Nein, ich habe kein Verständnis für die vielen tausend Muslime, die seit Wochen auf die Straße gehen und gegen den Westen demonstrieren. Nein – ich finde keinen vernünftigen Grund dafür, dass jetzt wieder westliche Botschaften von Islamisten bedroht, bestürmt oder angezündet werden. Der antiislamische Film, der diese Ausschreitungen in vielen Städten der arabischen Welt und in Europa veranlasst haben soll, mag wohl geschmacklos und dumm sein, aber die Provokation eines extremen Spinners aus Kalifornien kann doch kein Grund sein, allen westlichen Ländern (vielleicht auch allen Christen) die Kollektivschuld dafür zu geben und gegen sie zu protestieren! Für mich sind diese Nachrichten eine ziemliche Enttäuschung. Ich sehe in den Protesten einen empfindlichen Rückschlag im Prozess der schwierigen Annäherung zwischen den islamischen und den westlichen Staaten. Mit einseitigem Schwarz-WeißDenken (auf beiden Seiten) wird man nicht weiterkommen. Durch solche Aktionen gibt es letztlich nur Verlierer. Ein wenig Hoffnung habe ich aber doch noch. Das liegt daran, dass ich in einer Stadt lebe, wo mir die Muslime völlig anders begegnen, nämlich als offene und gesprächsbereite Mitmenschen. Sie respektieren zum allergrößten Teil unsere Religion und unseren Staat und wollen nichts anderes, als mit uns zusammen in Frieden leben. Vielleicht sind die schreienden und drohenden Demonstranten unter den Millionen von Moslems also doch nur eine kleine Minderheit, die unser Bild von diesen Menschen nicht bestimmen darf, und vielleicht setzen sich auch in den islamischen Ländern immer mehr die anderen durch, die nicht schwarz-weiß denken und den friedlichen Dialog suchen.

Wolfgang Kessler ist Chefredakteur der Zeitschrift »Publik-Forum«. Aus: Publik-Forum, kritisch – christlich – unabhängig Oberursel, Ausgabe 18/2012. Abdruck mit freundlicher Genehmigung

Volker Seybold ist Pastor im Bezirk Teck.

Was meinen Sie?

unterwegs 21/2012 ::: 7. Oktober 2012

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22 ::: Rätsel Auflösung des Rätsels aus dem letzten Heft 20/2012

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VEREIN FÜR

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Der Verein für Freikirchenforschung befasst sich auf seinen Symposien und Arbeitstagungen seit 1990 mit theologischen und kirchengeschichtlichen Fragen aus freikirchlichen Perspektiven. Die Fachkenntnisse der Mitglieder aus mehr als zwanzig Kirchen bzw. Denominationen dienen wie die vereinseigene Fachbibliothek dem Ziel, freikirchenbezogene wissenschaftliche Arbeiten zu fördern. Darüber hinaus unterstützt der Verein die Freikirchen bei der sachgerechten Archivierung von Quellenmaterial. Im Jahrbuch des Vereins werden Tagungsbeiträge, Forschungsberichte, Aufsätze, Rezensionen und eine laufende Freikirchen-Bibliographie veröffentlicht. Ein Inhaltsverzeichnis finden Sie auf der Homepage des Vereins. Das Jahrbuch kann über die Geschäftsstelle des Vereins oder im Buchhandel bestellt werden.

Die Gründerin und langjährige Oberschwester der Kinderklinik Martha-Maria in Halle (Saale), Diakonisse Elisabeth Lange, hat in eindrücklicher Weise ihre Erlebnisse und Erfahrungen in mehr als 30 Jahren diakonischen Dienstes im Osten Deutschlands niedergeschrieben. Die Christliche Akademie Halle, die heute in den Häusern der ehemaligen Kinderklinik tätig ist, hat das Büchlein im Selbstverlag neu aufgelegt und mit zahlreichen historischen Fotos illustriert. Ihre Bestellungen richten Sie bitte an: Christliche Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe Halle Geschäftsführung | Fährstraße 6 | D-06114 Halle (Saale); Tel.: +49 (0)345 5 24 26 34 | Fax: +49 (0)345 5 24 26 32 Email: info@christliche-akademie-halle.de Unkostenbeitrag: € 7,00 zzgl. Porto und Versand.

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unterwegs Herausgegeben von der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland Ludolfusstraße 2-4 60487 Frankfurt am Main Zeitschriftenredaktion im Medienwerk der EmK: Redaktionsleiter Volker Kiemle Stellvertretender Redaktionsleiter Michael Putzke Ludolfusstraße 2-4 60487 Frankfurt am Main Telefon 069 242521-150 Telefax 069 242521-159 E-Mail: unterwegs@emk.de Vertrieb • Anzeigen- und Abonnementsverwaltung: Blessings 4 you GmbH Postfach 31 11 41 · 70471 Stuttgart Telefon 0711 83000-51 Telefax -50 Anzeigendisposition: E-Mail: anzeigen@blessings4you.de Es gilt der Anzeigentarif 2011. Bezugspreise: Bei Bezug über die EmK-Gemeinde: im Quartal € 13,75. Bei Direktlieferung durch die Post: jährlich € 55,– + Versandkosten. Direkt gelieferte Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September keine schriftliche Kündigung vorliegt. DTP-Produktion: Grafisches Atelier Arnold, 72581 Dettingen an der Erms Herstellung: frechdruck GmbH, 70499 Stuttgart Einheftungen in dieser Ausgabe: helfen & heilen Beilagen in dieser Ausgabe: Brunnen, Gerth Medien

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24 ::: Portrait

Eine Frage der Werte Im Gegensatz zu den USA spielt die Religionszugehörigkeit bei Politkern hierzulande eine untergeordnete Rolle. Statt in großen Reden zeigt sich der christliche Glaube eher im Alltag. Das sagt auch Christof Bolay, Oberbürgermeister der württembergischen Stadt Ostfildern.

Steile Karriere Seit 2005 ist der Politiker mit SPD-Parteibuch Verwaltungschef der 37.000-Einwohner Stadt südöstlich von Stuttgart. Der damals 36-Jährige erzielte mit 51,44 Prozent gleich im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Auch zuvor war es schnell bergauf gegangen: Kaum den Abschluss als Diplom-Germanist in der Tasche, wurde er im Stuttgarter Wirtschaftministerium persönlicher Referent des Staatssekretärs. Danach nahm er im Ministerium verschiedene Aufgaben wahr, ehe er für ein Jahr nach Berlin in die Parteizentrale wechselte – als persönlicher Referent des Bundesgeschäftsführers. Von dort zog es ihn wieder zurück nach

Stuttgart. »Das sieht von außen nach strenger Karriereplanung aus«, sagt Bolay. Aber es seien immer wieder auch Zufälle gewesen. Allerdings gehört Bolay schon zu den zielstrebigen Menschen mit einer klaren Arbeitsethik. »Ich habe von meinen Eltern vermittelt bekommen, dass man etwas aus seinen Talenten machen soll, um das Bestmögliche zu erreichen.« Man müsse nicht alles erreichen, betont er. »Aber man muss es wenigstens versuchen.« Seine eigenen Talente kennt der Oberbürgermeister gut. »Es fällt mir leicht, öffentlich zu reden. Außerdem kann ich Dinge schnell erfassen.« Das hilft ihm, vieles in einen Arbeitstag zu packen, ohne dabei die Menschen zu vergessen, für die er arbeitet. »In Ostfildern leben Menschen aus 104 Nationen. Es ist meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass ein gutes Zusammenleben möglich ist.« So sei er selbstverständlich auch mit allen Religionsgemeinschaften in gutem Kontakt. Rat holt sich Bolay gerne – von Kollegen, Mitarbeitern, auch von Pfarrern. Und in der Stille jeden Morgen, wenn die Tag­es­ losung per E-Mail kommt. Volker Kiemle

Man sollte aus seinen Talenten das Bestmögliche machen, sagt Christof Bolay.

Foto: Stadt Ostfildern

W

as macht einen christlichen Politiker aus? Christof Bolay überlegt nur kurz. »Es geht mehr um grundlegende Werte, die meine Entscheidungen beeinflussen«, sagt der Oberbürgermeister. »Nicht unbedingt die ganz großen Entscheidungen, sondern die vielen kleinen, oft nicht öffentlich sichtbaren.« Als eine Art Geschäftsführer habe er zum Beispiel auch Personalverantwortung für die 650 städtischen Angestellten. »Da passieren auch Fehler. Und es ist immer die Frage, wie wir mit Fehlern umgehen.« Ihm selbst sind Lösungen am liebsten, die Menschen direkt helfen – auch bei den vielen Anfragen, die ihn erreichen. »Ich bin angetreten mit dem Anspruch, ein offenes Ohr für die Bürger zu haben«, sagt Bolay. »Die Bürger nutzen das.« Das sei natürlich Arbeit, aber die mache er gerne – und mit zuverlässigen Mitarbeitern. »Bevor ich mich zur Wahl gestellt habe, habe ich überlegt, was für eine Art von Bürgermeister ich gerne hätte«, sagt Bolay. »Und das war vor allem einer, der bürgernah und greifbar ist.« Das praktiziere er. »Die Menschen wissen, dass sie mich erreichen können und respektieren meine Privatsphäre.« So stehe seine private Telefonnummer im Telefonbuch, zuhause angerufen habe ihn bisher kaum ein Bürger. »Ich bin nun mal eine Person des öffentlichen Lebens, und das ist für mich nichts Ungewöhnliches.« Geholfen habe ihm dabei sicher auch, dass er als Sohn eines EmK-Pastors aufgewachsen ist. »Da lernt man mit der Tatsache umzugehen, dass man von der Gemeinde nie ganz unbeobachtet ist«, sagt Bolay. »Das ist jetzt genauso: Wenn ich aus dem Haus gehe, sieht das immer jemand.«

unterwegs 21/2012 ::: 7. Oktober 2012


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