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Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen

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Gremien und Team

Gremien und Team

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Mit dem WERKRAUM 21 eröffnete die ERSTE Stiftung 2021 einen anhaltenden Strategieprozess und machte sich auf die Suche nach außergewöhnlichen Lösungen in Zeiten großer Erschütterung.

Im Jahr 2006 nahm die ERSTE Stiftung im Zeichen der Biene, des historischen Wappentiers der Sparkassen, ihre Aktivitäten für das Gemeinwohl auf. Am 20. Mai 2018 riefen die Vereinten Nationen zum ersten Mal den „Internationalen Tag der Biene“ aus. Damit sollte die wichtige Rolle dieser Tiere für das Ökosystem und die Wirtschaft hervorgehoben werden. Diese Rolle ist auch uns klar. Wir wollen außerdem die besondere Bedeutung der ERSTE Stiftung, der Hauptaktionärin der Erste Group, für die Ausrichtung ihrer Bank und die gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit unterstreichen. Wir müssen umsetzbare Ideen und Lösungen entwickeln und Prozesse starten, die uns alle gemeinsam in eine gute Zukunft führen. Dieser Vision gaben wir ab März 2021 Zeit, Raum und einen Namen: WERKRAUM 21.

Der WERKRAUM 21 ist eine Initiative der ERSTE Stiftung und der erste Schritt in einem tiefgreifenden Strategieprozess, der derzeit noch nicht abgeschlossen ist. Die Ergebnisse sollen ab Mitte 2022 vorliegen. Der WERKRAUM 21 ist sowohl ein digitaler als auch ein analoger Raum. Wir wollen die historische Kernbotschaft der ERSTE Stiftung neu definieren. Aber nicht nur das, die Biene soll auch in die Zukunft fliegen. Dazu müssen wir die Programmatik der ERSTE Stiftung anpassen und neue Handlungsfelder entwickeln. Angesichts der dramatischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und ökologischen Einschnitte geht es um die Rolle der ERSTE Stiftung in der Zivilgesellschaft und gleichzeitig um ihre Rolle als Haupteigentümerin der Erste Group. Nur wenn es in dieser Doppelrolle gelingt, eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, entsprechen wir auch zukünftig dem Gründungsgedanken der Stiftung.

Der Blick und die Expertise von außen

Der WERKRAUM 21 knüpfte ein neues kognitives Netzwerk und schuf innovative Räume der Zusammenarbeit. Eine Reihe internationaler Fachleute ging mit Workshops, Lesungen und Debatten auf die Fragen ein, die wir gestellt haben. Eng begleitet wurde dieser Prozess von einer Gruppe außergewöhnlicher Persönlichkeiten aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Innovation, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema beschäftigte.

In einer ersten Serie von Lectures im Mai wurden vier Aspekte vertieft. Der Sozialwissenschaftler Wolfgang Lutz, Gründungsdirektor des Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital in Wien, sprach in einem Onlineforum vor anderen Expert:innen und Mitarbeiter:innen und Stakeholdern der ERSTE Stiftung über „The Socio-Demographic Future of CESEE in a Global Context“. Für den Umgang mit dem Klimawandel hielt er die Unterscheidung zwischen Risikominderung und Anpassung für entscheidend.

Judy Dempsey, Europe’s Futures Fellow 2020/2021 (siehe auch Seite 88), lange Jahre Journalistin unter anderem der New York Times und der Financial Times, Senior Fellow bei Carnegie Europe und seit 2012 Chefredakteurin des Strategic Europe-Blogs, versuchte in ihrer Lecture die Frage zu beantworten: „Is the Future Fitness of the EU Dependent on the Future Fitness of CEE?“ Am Ende sieht sie das Problem, aber auch die Lösung in Geschichtsvergessenheit. „Wenn die Vergangenheit nicht Thema ist, ist es unmöglich, sich mit der Gegenwart oder der Zukunft zu befassen.“

WERKRAUM 21, Offsite in Traunkirchen, Juni 2021, Fotos: Igor Bararon

Sehr konkret wurde Annamaria Lusardi, die weltweit führende Expertin im Bereich finanzieller Bildung. Sie ist Professorin für Wirtschaft und Rechnungswesen an der George-Washington-Universität und Gründerin sowie wissenschaftliche Direktorin des Global Financial Literacy Excellence Center (GFLEC). Finanzielle Gesundheit sei wie Wasser, fasste sie ihr Plädoyer „Walk the Talk: What Really Defines a Financial Health Company?“ für mehr Finanzbildung zusammen. Man brauche sie im System, damit dieses gedeihe. Sie verwendete eigentlich das Wort „erblühen“ (flourish) – das Summen der Biene schwang in ihren Ausführungen mit.

Den Abschluss der Vortragsreihe bildete eine aktuelle Einordnung der Pandemie. Barbara Prainsack, die Professorin und Leiterin des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Wien, ist Mitglied der österreichischen Bioethikkommission und der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien, die die Europäische Kommission berät. The Pandemic Within – Policy Making for a Better World lautete der Titel ihres aktuellen Buchs und der Präsentation, die zur Diskussion anregen sollte. Ihre Botschaft war so klar wie herausfordernd: „Es ist schwierig, die Welt zu verändern, weil unser Leben komplex und miteinander verwoben ist. Wir können die Umwelt nicht schützen, ohne die Art und Weise zu ändern, wie wir Geschäfte machen, wie wir arbeiten, wie die Regierung arbeitet.“

Nach den Lectures war der nächste Schritt eine intensive Vernetzung der weiteren Expert:innen in Workshops und Reflexionsgruppen. Die Ergebnisse flossen am Ende des Jahres in die nächste Stufe des Strategieprozesses ein, der im Jahr 2022 vorläufig abgeschlossen sein soll. Denn einen endgültigen Schlusspunkt hinter einen Anpassungsprozess werden uns die sich rasch verändernden Verhältnisse nicht erlauben. Eine Fortsetzung lesen Sie also im Geschäftsbericht 2022.

ERSTE Stiftung-CEO Boris Marte

zum aktuellen Strategieprozess der ERSTE Stiftung und der diskursiven Atmosphäre im WERKRAUM 21:

„Wir haben sehr lange darüber nachgedacht, wie so ein Prozess heute stattfinden kann. Wie können wir Menschen in diesen Prozess integrieren, die sich nicht nur auf klassische Weise ‚einbringen‘, sondern derart angesprochen fühlen, dass sie sozusagen ihr Innerstes hergeben, dass wir eine Diskussion führen, die andere Tiefen und Dimensionen erreichen kann? Denn es steht ja heute das große Ganze auf dem Spiel. Wir müssen über unsere Haltung sprechen und wir müssen uns selbst – und ich rede hier von uns als Menschen, aber auch von uns als Organisation, von uns als Stiftung oder von uns als Bank – ins Spiel bringen. Die Stiftung muss ihren Platz in der Geschichte finden, damit sie sich an die neue Situation anpassen kann. Dieser Gedankenschritt muss stattfinden. Dann ist auch Utopisches möglich. Schließlich können wir nicht davon ausgehen, dass etwas tatsächlich unrealistisch ist, nur weil es heute als unrealistisch gilt. Wenn wir zwei, drei Generationen zurückdenken, dann ist der Zustand, in dem wir heute leben, aus der Vergangenheit betrachtet totale Utopie. Aber um den Wandel wirklich auf den Boden zu bringen, müssen wir uns darauf vorbereiten, durch das Tal der Transformation zu gehen. Mich interessiert im diskursiven Austausch mit den Expert:innen, dessen Formate sich im vergangenen Jahr immer wieder gewandelt haben: Haben wir verstanden, wie wir diese Transformation bewältigen? Sind wir richtig aufgestellt? Haben wir das Material? Haben wir strukturelle Entscheidungen getroffen? Haben wir die richtigen Menschen an Bord? Und können wir das durchtragen? Diese Strukturen müssen wir bauen. Heben wir der Biene die Flügel und lassen sie ins 21. Jahrhundert fliegen.“

EXTERNE MITGLIEDER DER REFLEXIONSGRUPPE DES WERKRAUM 21

„Wir sind gefragt, einen ganzheitlich nachhaltigen Zugang zu finden: Wie können wir den Anforderungen einer wachsenden Bevölkerung auf einem Planeten mit limitierten Ressourcen gerecht werden, und zwar ökologisch, ökonomisch und spirituell?“

Charly Kleissner ist Pionier und Botschafter für wirkungsorientiertes Investieren. Der promovierte Informatiker ist Mitbegründer von Toniic, einem globalen Netzwerk von Impact-Investoren. Sein Ziel ist es, das Wirtschafts- und Finanzsystem so zu verändern, dass es der Menschheit und dem Planeten dient statt nur sich selbst. 1993 stieß Kleissner zu NeXT, wo er in enger Zusammenarbeit mit Steve Jobs das Betriebssystem OS X entwickelte, das heute noch auf AppleGeräten im Einsatz ist. „Gesundheit bedeutet: Balance finden. Die Stiftung achtet auf die Balance der Ziele: wirtschaftliche, soziale und ökologische. Balance ist aber auch wichtig zwischen Individuum und Gemeinschaft.“

Monika Hoffmann ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Unternehmens viable, das Innovation-Consulting anbietet. Als Geschäftsführerin und TurnaroundManagerin war sie für ein Unternehmen mit 2 Mrd. Euro Umsatz tätig und baute ein Strategieentwicklungsteam für OMV auf. Zudem war sie mehrere Jahre lang als Management Consultant bei McKinsey & Company tätig. Die MBA-Absolventin der Harvard Business School begann ihre Karriere als Investmentbankerin. „Wir können mit Bewegungen wie Fridays for Future nur bestehen, wenn ihre Organisation sich dezentralisiert: Flexibilität, Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit sind notwendig, weil so viel gleichzeitig passiert. Dafür muss ich zulassen, dass sich innerhalb einer Organisation kleine Bewegungen entwickeln können.“

Alois Flatz hat als Company-Builder und Venture-Investor mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bereich Private Equity, Investment-Management und Nachhaltigkeit. Er ist Mitbegründer des Dow Jones Sustainability Index und fungierte als Berater für Al Gore und dessen Firma Generation Investment Management. Er hat mehrere Finanzdienstleister, die nachhaltige Investment-Strategien verfolgen, mitgegründet und aufgebaut.

„Findet den richtigen Zeitpunkt, etwas Eigenes aufzubauen und von anderen zu lernen. Seid mutig genug, einen anderen Weg einzuschlagen. Europa braucht eine solche Stiftung.“ „Eine Marke wird künftig mehr mit Haltung als mit Auftritt identifiziert werden. Die Haltung bleibt gleich, der Auftritt ändert sich.“ „Für eine nachhaltigere Welt braucht es keine einzelnen Instrumente seitens der Politik, sondern eine Veränderung der Handlungsweise aller ökonomischen Akteur:innen. Es ist wichtig, dass wir partizipativ an das herangehen, was wir vorhaben.“

Johanna Mair ist Professorin für Organization, Strategy and Leadership an der Hertie School in Berlin. Zudem ist sie Distinguished Fellow am Stanford Center on Philanthropy and Civil Society, Academic Editor des Stanford Social Innovation Review und Co-Direktorin des Global Innovation for Impact Lab. In der Vergangenheit war sie ein sehr engagiertes Mitglied des Beirats der ERSTE Stiftung; heute sitzt sie im Beirat von Erste Financial Life Park (FLiP). Tom Wallmann ist Marketing- und Kommunikationsberater für unterschiedliche Marken wie Bogner, Red Bull oder Engel & Völkers. Von 2012 bis 2018 war er Global Marketing Director von Marc O’Polo. Seit 2018 ist er Managing Owner von Tom Wallmann Consulting sowie Founding Partner von Trampoline/Born to Protect Creativity. Tom Wallmann ist Mitglied des Board of Advisors der Vienna Contemporary. Sigrid Stagl forscht als ordentliche Professorin seit 20 Jahren in den USA, Großbritannien und Österreich zu ökologischer Ökonomie und Umweltwirtschaft, Arbeitsökonomie und Makroökonomie. Sie leitet das Department für Sozioökonomie und ist Co-Direktorin des Competence Center STaR (Sustainability Transformation and Responsibility) an der WU Wien.

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