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Zehn Denkanstöße zur Förderung unabhängiger Medien

Zehn Denkanstöße zur Förderung unabhängiger Medien

Wie kann die Philanthropie unabhängigen Journalismus in Krisenzeiten unterstützen?

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Timothy Large hat die folgenden zehn Kernpunkte einer Diskussion auf dem Weltkongress 2021 des International Press Institute (IPI) zusammengefasst.

1

Bei der Förderung unabhängiger Medien sollte ein Ökosystem-Ansatz verfolgt werden, der eine systematische Zusammenarbeit zwischen philanthropischen Institutionen, Regierungen, Investor:innen und anderen Akteur:innen vorsieht.

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Einer langfristigen, operativen Unterstützung ist vor kurzfristigen, projektbezogenen Finanzierungen Vorrang zu geben.

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In die Unterstützung unabhängiger Medien sollten vermehrt Steuergelder fließen, ohne dabei die redaktionelle Unabhängigkeit zu gefährden, laut Empfehlung des Forum on Information and Democracy 0,1 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts.

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Wohlhabende Länder sollten einen größeren Teil ihres Entwicklungshilfebudgets für die Unterstützung unabhängiger Medien aufwenden. Der International Fund for Public Interest Media empfiehlt ein Prozent des Entwicklungshilfebudgets.

5

Der bürokratische Aufwand für unabhängige Medien, die eine Förderung erhalten, soll verringert werden.

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Philanthropische Institutionen sollten Medienorganisationen dabei unterstützen, selbst für ihre Finanzierung zu sorgen.

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Es sollten mehr Mittel für Rechtshilfe bereitgestellt werden, um Rechtsstreitigkeiten entgegenzuwirken, die darauf abzielen, unabhängige Medien zum Schweigen zu bringen.

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Lokale Medien und kleinere Nischenmedien sollten nicht vernachlässigt werden.

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Philanthropische Institutionen sollten sich darum bemühen, andere Akteur:innen einzubinden, einschließlich zivilgesellschaftlicher Organisationen und ImpactInvestor:innen.

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Der Philanthropie sollte keine überhöhte Bedeutung beigemessen oder ihr Potenzial für die Nachhaltigkeit der Medien überbewertet werden, insbesondere nicht in einem Umfeld, das unabhängigem Journalismus feindlich gegenübersteht.

An der Diskussion im Presseclub Concordia im Rahmen des IPI-Weltkongresses am 16. September 2021 nahmen 17 Expert:innen sowie interessierte Gäste teil, die meisten persönlich vor Ort. Manche, wie Mira Milosevic (Global Forum for Media Development), wurden online zugeschaltet. Foto: IPI

Wie kann der philanthropische Sektor angesichts der zunehmenden Herausforderungen für unabhängige Medien dabei helfen, die Redaktionen am Laufen zu halten, ohne dabei Abhängigkeiten zu schaffen oder Kollateralschäden zu verursachen? Wie können Fördergeber:innen angesichts immer knapper werdender Budgets zu einer pluralistischen und freien Medienlandschaft beitragen?

Diese und weitere Fragen wurden von Vertreter:innen von Förderorganisationen, Journalist:innen sowie Medienentwicklungsexpert:innen auf dem Weltkongress 2021 des International Press Institute (IPI) bei einem Round Table in Wien erörtert. Ihr Ziel: Empfehlungen für Stiftungen auszuarbeiten, die sich die Journalismusförderung zur Aufgabe gemacht haben.

Moderiert wurde die Diskussion von Marius Dragomir, Direktor des Center for Media, Data and Society der Central European University, und Maribel Königer, Direktorin für Kommunikation, Journalismus und Medien der ERSTE Stiftung, Chefredakteurin des Online-Magazins der Stiftung und verantwortlich für die Programme der Stiftung zur Förderung von investigativem Journalismus in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.

Zu den Teilnehmer:innen zählten Vertreter:innen des Forum on Information and Democracy, des Global Forum for Media Development, des International Fund for Public Interest Media, der Open Society Foundations, der Stiftung Fritt Ord, der Limelight Foundation, von Porticus, Civitates, der KonradAdenauer-Stiftung, des Media Development Investment Fund, von Eurozine, des Balkan Investigative Reporting Network, von Reporting Democracy, der Europäischen Kommission und des International Press Institute.

Sustainable Financing of Media: How Can Philanthropy Help?

Nachhaltige Finanzierung von Medien: Was kann die Philanthropie tun? wurde gemeinsam vom International Press Institute und der ERSTE Stiftung organisiert. Der IPI-Weltkongress 2021 fand von 15. bis 17. September 2021 in Wien statt.

An der Diskussion nahmen u. a. Christoph Plate (Media Programme Subsahara Africa der Konrad-Adenauer-Stiftung) und Dragana Obradovic (Balkan Investigative Reporting Network) teil; weitere Gäste waren im Hintergrund von links nach rechts Nicholas Watson (Reporting Democracy), Kathryn Geels (European Journalism Centre), Peter Erdélyi (444.hu) und Andreas Lamm (European Centre for Press and Media Freedom). Foto: IPI

Reporting Democracy ist der Beitrag der ERSTE Stiftung zur Förderung von kritischem, unabhängigem Journalismus. Gemeinsam mit dem Balkan Investigative Reporting Network haben wir diese grenzüberschreitende journalistische Plattform gegründet. Unabhängige Journalist:innen recherchieren und behandeln Themen, Trends und Ereignisse, die die Zukunft der Demokratie in Mittel-, Ost- und Südosteuropa prägen. Reporting Democracy liefert Reportagen, Interviews und Analysen von Korrespondent:innen aus 14 Ländern. Journalist:innen vor Ort erhalten Reportageaufträge und Stipendien für ausführliche Berichte und Recherchen. Alle Artikel erscheinen in englischer Sprache. Die meisten werden zudem in die jeweilige Landessprache übersetzt und dank eines wachsenden Netzwerks lokaler Medienpartner:innen von mehreren Medien veröffentlicht. Ein breites Spektrum von Expert:innen aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft kommentiert aktuelle Themen innerhalb eines geografischen Raums, der sich über Mittel- und Osteuropa und den Balkan, von der Ostsee bis zur Ägäis erstreckt.

Ziel von Civitates ist die Etablierung eines starken, gemeinwohlorientierten, unabhängigen Journalismus, der sich für die Demokratie in Europa einsetzt, indem er Machtmissbrauch und die Ursachen der Polarisierung aufdeckt und einen Raum bewahrt, in dem alle Stimmen Gehör finden. Die Initiative soll dazu beitragen, dem Sektor erhebliche Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und den engagierten, aber überlasteten Organisationen in diesem Bereich strukturelle Unterstützung zukommen zu lassen. Civitates vergibt insgesamt 2.467.000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren an elf unabhängige, gemeinwohlorientierte journalistische Organisationen in ganz Europa. Ein Auswahlkomitee, das sich aus den Stiftungspartner:innen von Civitates zusammensetzt und von einer breit gefächerten Expertengruppe beraten wird, hat die folgenden Organisationen ausgewählt, die seit 2021 gefördert werden: 444.hu, Direkt36 (beide Ungarn), IPRI – Investigative Reporting Project Italy (Italien), Stichting Bellingcat (Niederlande), Fundacija Pismo, OKO (beide Polen), Divergente (Portugal), Átlátszó Erdély, Press One (beide Rumänien), Pod črto (Slowenien) und Civio (Spanien).

Wir glauben, dass Kultur ein zentraler Bestandteil unserer Identität ist.

Jede Gesellschaft braucht Kultur: als Labor, in dem die Vergangenheit reflektiert, die Gegenwart kritisiert und die Zukunft imaginiert wird. Kultur stärkt komplexe Identitäten in den Gesellschaften Osteuropas. Wir möchten daher, dass wichtige künstlerische Praktiken der jüngeren osteuropäischen Geschichte erforscht werden.

Das kulturelle Erbe der Dissidentengeschichte muss gesichert und einem internationalen Publikum zugänglich gemacht werden. Künstler:innen brauchen (Frei-)Räume für ihre Produktion, Theoretiker:innen internationale Anerkennung für ihre Arbeit; und beides, Werk und Interpretation, sollte zugänglich sein.

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