Praxis Gemeindepädogogik 3/2019

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72. Jahrgang // Heft 3 // Juli – September 2019

Mahlgemeinschaften Biblisches Whisky-Tasting Geschmacksbildung für die Unendlichkeit Abendmahl als Jahresthema

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Essen

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biblischen Lesungen sind unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Gottesdienstes. Gottes Wort regelmäßig zu hören, ist für jeden Christen wichtig. Denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Dennoch ist das, was da gelesen und gehört wird, manchmal nicht leicht zugänglich. Es sind Worte aus uralter Zeit, die da in den alttestamentlichen Lesungen sowie den Epistel- und Evangeliumslesungen erklingen. Was haben uns diese Geschichten und Weissagungen, Gleichnisse und Ermahnungen im 21. Jahrhundert zu sagen?

Das Buch bietet eine kurze Einführung zum sonntäglichen Proprium, also dem Thema des Sonntags mit seinen Lesungen und Wochenliedern. Darauf folgen die eigentlichen Hinführungen, die in einfacher Sprache eine Brücke vom Text in die Gegenwart schlagen.

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

Raimar Kremer Essen und Trinken am Tisch des Herrn Abendmahl mit Menschen mit und ohne Behinderungen

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ZUGÄNGE

Kuno Klinkenborg Genussvoll glauben Biblisches Whisky-Tasting und biblisches Kaffee-Cupping . . . . .

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Jonathan Leistner Essen: Ein Thema in der Gemeindepädagogik Zugänge für die gemeindepädagogische Arbeit und ein praktischer Entwurf für die Arbeit mit Konfirmanden oder Jugendlichen . . . . .

HINTERGRÜNDE

Lars Charbonnier Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Uschi Glas Essen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Christine Müller Kirchgemeinden als Lernorte für den verantwortlichen Umgang mit Lebensmitteln Grundsätzliche Gedanken und praktische Tipps für die Gemeindearbeit . .

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Jan Heilmann Frühchristliche Gemeinschaftsmähler . . . . . . . . .

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Jeremias Treu Gemeinsames Essen – ein gelungenes Experiment . . . . .

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Christina Patzig „Mach’s mal anders“ Kinderbibeltage zur Fastenzeit …

Christina-Maria Bammel Wie wir im Namen Jesu zum Abendmahl einladen Einsichten und Überlegungen der EKBO mitten im Prozess . . . . .

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Sandra Gahlmann und Friederike Barthels Orthorektisches Ernährungsverhalten – eine weitere Variante der Essstörung? . . . . . . . . .

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Christoph Sterl „Du deckst den Tisch ...“ – Geschmack finden an Sinnfragen Diakonische Bildung in den Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg . . .

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PRAXIS

KIRCHENJAHR / ENTWÜRFE

Chantal Schierbecker Aktion 7 × 7 Ein leckerer Mittagstisch von Älteren für Ältere . . . . . . . .

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Christine Ursel ErnteZeit – Was nährt mich in meiner Arbeit?

Martina Baur-Schäfer und Ulrike Verwold Gutes für Leib und Seele Evangelischer Kirchenpavillon in Bonn . . . . . . . . . . .

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Petra Müller TischGebet ist TischKultur Segen und Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Hahn „Die Wiese kommt in den Topf“ Draußen kochen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geschirrdiversität . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bernd Reuther Essen und viel mehr – Die Vesperkirche. . . . . . . . .

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Marit Krafcick Agapemahlfeier . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Friedrich Böhme … und sie fanden einen Raum in der Herberge! . . . . . .

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Kochen durchs Kirchenjahr Bräuche und Rezepte . . . . . . . . . . . . . . . .

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Marit Krafcick Ein Jahr des Abendmahls im Kirchenkreis Eisleben – Sömmerda . . . . . . . . .

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Andreas Kubik Theologisch auf den Punkt gebracht: Dankbarkeit . . . . .

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FORUM Bernd Neukirch Methodenbox: „Fishbowl“ . . . . . . . . . . . . .

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Claudia Brand Medientipps . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Petra Müller Buchtipps für die gemeindliche Praxis . . . . . . . . .

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Sandra Bils Zwischen Innovation und Tradition Der harte Job im Weinberg . . . . . . . . . . . . . .

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Info und Personen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Holger Pyka Experimentierfelder Essen und Beten . . . . . . . . .

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Lars Charbonnier PGP für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Lars Charbonnier Buchrezensionen

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Dieter Niermann Gärungsprozesse Seminare für Männer rund um männliche Lebenswege und … Bier . . Steffi Willuweit „Mittag ohne Grenzen“ Ein generationsübergreifender Mittagstisch mit Wirkung ins Quartier

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VORWORT

ESSEN Liebe Leserinnen und Leser, Wo Kirche lebendig erlebt wird, geht es immer auch um das gemeinsame Essen. So eine prägnante Beobachtung von erfolgreichen Reformprojekten und lebendigen Gemeindeformen der letzten Jahre: Eine Torte im Park, ein Feierabendmahl auf der Hauptstraße, immer wieder ein Café, Brunch-Gottesdienste, eine gemeinsame Tafel am Heiligabend, überhaupt die Tafel – die PGP hat auch schon über viele dieser Erfahrungen berichtet. Wer miteinander isst, teilt viel mehr als das, was auf dem Teller und im Glas zu sehen ist. Das Teilen von Brot und Wein gehört zu den Ursprungserzählungen des Christentums. Diese Ausgabe der PGP geht diesen Erkenntnissen nach, beschreibt die Bedeutung des Essens in der Geschichte unseres Glaubens, bietet neueste Einsichten und Formen und natürlich insbesondere Anregungen und Konsequenzen für die gemeindepädagogische Arbeit mit und rund um das menschliche Grundbedürfnis des Essens. Essen verbindet und richtet auf, Essen schafft Gemeinschaft. Wer gemeinsam isst, kann sich kaum bekriegen. Wer gemeinsam isst, muss zuhören und sich einlassen. Wer isst, genießt – dankbar für alles, was geschenkt ist – auch diese Dimension prägt diese Ausgabe.

Lars Charbonnier, PGP-Schriftleiter

Dankbar für alle Ideen, alle Autorinnen und Beiträge ist die Redaktion der PGP auch dieses Mal wieder. Und ja, auch wir essen zusammen, wie Sie sehen können. Eben weil gemeinsames Essen weit mehr ist als gemeinsames Beißen und Kauen. Ihnen wünschen wir wieder einmal eine gut bekömmliche, abwechslungsreiche, vielleicht manchmal überraschende, auf alle Fälle hoffentlich mundende Kost ganz nach Ihrem Geschmack! Für die Redaktion, Ihr

Diese Ausgabe enthä lt eine Beilage der Fa. Reise Missi on, Leipzig. Wir bit ten um freun dliche Beachtung.


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Essen? Uschi Glas

E

ssen? Ja, das muss jeder von uns, sonst verhungern wir. Das ist jedem klar. Warum also darüber reden? So haben viele früher gedacht. Nahrungsaufnahme als Mittel zum Zweck, um satt zu werden. Heute stehen gesunde Ernährung, regionale Produkte und biologischer Anbau im Vordergrund. Das ist sehr wichtig, und darauf komme ich später gern zurück. Aber wenn wir den Blick über unsere Wohlstandsregion hinaus wagen, sind Superfood und BioBananen nach Missernten in afrikanischen Krisenregionen auch heute noch der zweite Schritt vor dem ersten. Uns schockieren dann Bilder völlig abgemagerter Kinder, die erst einmal das Nötigste brauchen.

Dass wir auch in Deutschland ein großes Problem mit hungernden Kindern haben, ist mir vor elf Jahren erst richtig bewusst geworden. Da fuhr ich durch München und hörte an einem wunderschönen Herbsttag im Autoradio, jedes dritte Kind komme ohne Frühstück in die Schule und leide während des Unterrichts an Hunger. Ich war erschüttert und wollte das nicht glauben. In dieser reichen Stadt und in diesem wohlhabenden Land sollte es so viele hungernde Kinder geben? Gemeinsam mit meinem Mann habe ich dann recherchiert, wie die Lage tatsächlich ist. Und sie war genauso wie in dem Radiobericht. Danach haben wir Schulleiter


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MEDITATION

angerufen, und die haben das auch bestätigt. Wir fragten, wie wir helfen könnten. Die Antwort lautete, es wäre schön, wenn sie Zwieback für die Kinder bekämen. Zwieback! Das muss man sich mal vorstellen. Uns erschien das zu wenig. Wir packten dann „Notfallboxen“ mit Knäckebrot, Keksen, Zwieback und Müsliriegeln und brachten sie regelmäßig in 52 Klassenzimmer. Um die Geschichte abzukürzen: Daraus wurde mit „brotZeit“ dann mein Verein, der heute jeden Tag mehr als 10.000 Kinder in ganz Deutschland mit einem viel reichhaltigeren und ausgewogenen Frühstück versorgt. Damit sind wir wieder bei dem „Wie?“ der Ernährung. Gerade Kinder brauchen gesundes Essen. Denn sie wachsen. Oft höre ich den Einwand von Eltern: „Ich frühstücke doch auch nicht!“ Das ist ein gewaltiger Unterschied. Um sich körperlich und geistig gut zu entwickeln, benötigen Kinder ein Frühstück, ein Mittagessen und ein Abendbrot. Mit dem Frühstück fängt es an. Wer mit leerem Magen in die Schule geht und oft nicht einmal ein Pausenbrot dabeihat, leidet nicht nur in seiner Entwicklung. Die Kinder können sich auch nicht auf den Unterricht konzentrieren. Das hat schlechte schulische Leistungen und damit mangelnde Perspektiven im Leben zur Folge. Auch das Sozialverhalten leidet. Denn Hunger macht aggressiv. Eine fatale Spirale – dabei ist Abhilfe so leicht. Anders als das biblische „Manna“ fällt Brot heute leider nicht vom Himmel. Es braucht jemanden, der sich darum kümmert. Das sollten die Eltern sein. Doch manche haben keine Zeit, weil sie noch oder schon arbeiten, wenn ihre Kinder aufstehen. Andere wollen sich – das gehört zur Wahrheit dazu – diese Zeit nicht nehmen, weil sie schlafen wollen oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind. Ihnen geht damit auch das morgendliche Gespräch mit den Kindern verloren. Es sind traurige Geschichten, die ich von den Kindern höre. Manche trauen sich morgens nicht einmal, das Licht einzuschalten, weil sie ihre Eltern nicht wecken wollen. Unserem Verein ist es sehr wichtig, dass die Kinder zum Frühstück nicht nur Brot, Wurst und Käse, sondern auch Obst, Tomaten und Gurken bekommen. Auch hier erlebe ich Unglaubliches: Der Umgang mit Besteck ist teilweise völlig unbekannt. Und viele Kinder sehen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Pfirsich oder eine Pflaume. Sie wissen gar nicht, was das ist.

In der Welt der Fertiggerichte geht nicht nur die gesunde Ernährung verloren, sondern auch das Wissen um die Bestandteile unseres Essens. Eltern, die ihre Tiefkühlkost nur in der Pfanne oder gar der Mikrowelle auftauen, können ihren Kindern nicht zeigen, wie eine Mohrrübe oder ein Kohlrabi aussehen. Das lernen die Kleinen erst, wenn die Familie sich gemeinsam in die Küche stellt und das Gemüse selbst putzt und schnippelt. Das hat nicht nur etwas Verbindendes, sondern garantiert eine gesunde Ernährung. All der Zucker, die Gelatine, die Chemie und die Geschmacksverstärker, die dem Fertigessen beigemischt sind, fallen weg. Und das gilt nicht nur für Kinder, sondern für jeden von uns. Wasser ist das natürlichste Getränk, das wir zur Verfügung haben. Doch stattdessen gehen Hektoliter von gezuckerten Limonaden über den Scanner an der Supermarkt-Kasse. Wir müssen uns wieder daran gewöhnen, wie gut Wasser schmeckt. Und fast überall in Deutschland ist Leitungswasser mindestens genauso gesund wie Mineralwasser. Wer auf den heimischen Wasserhahn setzt und vielleicht noch einen Filter einbaut, der darf hier mal mit gutem Gewissen bequem sein: Das lästige Schleppen der Flaschen entfällt. Und zum Pfandautomaten muss auch niemand mehr. Doch stattdessen trinken wir all diese Orangen-, Zitronen- und Cola-Brausen sowie die süßen Säfte – und wundern uns, dass schon bei Kindern Diabetes und Übergewicht auf dem Vormarsch sind. Über Milch wird derzeit diskutiert. Nachdem ich viel darüber gelesen habe, vertrete ich einen klaren Standpunkt: Milch ist gut für Kinder. Jedes Säugetier braucht und bekommt in der Wachstumsphase Milch. Und wir Menschen sind Säugetiere. Was den Milchgenuss von Erwachsenen angeht, reicht ebenfalls ein Blick in die Fauna: Wer hat schon einmal einen gestandenen Bullen oder Ziegenbock gesehen, der Milch säuft? Eben. Auch wenn wir Vollkornbrot statt Toast sowie Joghurt, Quark und Eierspeisen zu uns nehmen, haben wir eine Menge für uns und unsere Kinder getan. Es muss nicht immer die Kiwi, Mango oder Avocado sein. Frisches regionales Obst hat viele Vorteile – auch mit Blick auf die Ökobilanz. Das Gute liegt viel näher, als wir denken. Die Amerikaner sagen nicht zu Unrecht: „An apple a day keeps the doctor away.“ Ich sage: Man ist, was man isst. Daher ist mir die gesunde und ausgewogene Ernährung von Kindern so wichtig. Ich freue mich über jeden, der mir und meinem Verein „brotZeit“ dabei hilft.

Die Schauspielerin Uschi Glas (75) kümmert sich seit elf Jahren um die gesunde und ausgewogene Ernährung von Schulkindern. Mehr unter: www.brotzeitfuerkinder.com

Uschi Glas ist Vorstandsmitglied von brotZeit e.V. und repräsentiert den Verein bei allen öffentlichen Anlässen.


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Kirchgemeinden als Lernorte für den verantwortlichen Umgang mit Lebensmitteln Grundsätzliche Gedanken und praktische Tipps für die Gemeindearbeit Christine Müller

Die Menschen in hoch entwickelten Industrienationen verbrauchen landwirtschaftliche Güter (und damit auch virtuelles Wasser) aus den agrarisch geprägten Schwellen- und Entwicklungsländern. Damit einher geht auch noch immer eine ausbeuterische Praxis an den Produktionsstandorten. So werden beispielsweise in vielen Regionen der Welt den landund besitzlosen Arbeitern kaum existenzsichernde Löhne gezahlt und auch Gesundheitsleistungen und soziale Absicherung vorenthalten. Darüber hinaus zeitigen die Produktion von vielen Produkten (Orangen, Bananen, Kakao) hohe ökologische Folgekosten. Viele Menschen machen sich Gedanken über die Herkunft der Produkte, die sie täglich konsumieren. Wo kommen sie her? Wie wurden sie erzeugt? Wer hat sie unter welchen Bedingungen hergestellt? Hinzu kommt die Debatte über Nachhaltigkeit und Klimawandel. Wie werden wir in einigen Jahrzehnten leben? Rauben wir uns selbst die Lebensgrundlage? Gerade Christen und Christinnen sind hier gefragt: Der Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung muss ernst genommen werden. Wir können andere nicht zu Veränderungen aufrufen, wenn wir selbst nicht dazu bereit sind. Ein Schritt kann die Vertiefung des Gedankens des Fairen Handels in der Gemeinde sein. Denn Handel sollte den Menschen dienen. Und was können wir Besseres tun, als Menschen in anderen Ländern zu unterstützen, so dass sie von ihrer Arbeit leben können?

Praxistipps Das Lernen anhand von Produkten des Fairen Handels eröffnet die Möglichkeit ■ den Umgang mit komplexen Systemen herunterzubrechen, ■ vernetztes und zukunftsorientiertes Denken zu üben, ■ die eigenen Leitbilder und Wertehaltungen und die anderer zu reflektieren, ■ und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung usw. in die Tat umzusetzen. Dazu bietet sich z. B. die Schokobox zum Thema Kakao/Schokolade an, die vom Fair Trade e.V. entwickelt wurde und fairen Handel spielerisch vermittelt. Vor Weihnachten kann das Thema Kakao/Schokolade dazu dienen, den fairen Handel in Erinnerung zu rufen und auf die Fairtrade Schokoweihnachtsmänner usw. aufmerksam zu machen. In vielen Gemeinden wird bereits fair gehandelter Kaffee und Tee getrunken und viele kennen inzwischen den fairen Handel. Mittlerweile wird immer häufiger die Frage gestellt: Wie fair ist der faire Handel? Und: Warum tun wir nicht, was wir wissen? Diese Themen könnten in Gesprächskreisen oder anderen Gemeindeveranstaltungen bearbeitet werden, so dass sich die Gemeinde vor der Adventszeit Gedanken darüber machen kann, wie ein fairer Advent und faire Weihnachten ganz praktisch in der Gemeinde und zu Hause umgesetzt werden könnten, aber auch, was uns daran hindert.

Das Thema Essen und die Verantwortung für unsere Eine Welt bieten sich an verschiedenen Stellen des Kirchenjahres an. In der Regel wird das Erntedankfest in den Gemeinden genutzt, um auf die Fülle des Lebens hinzuweisen, die unseren Alltag umgibt. Zumeist wird in den Fürbitten an die hungernden Menschen und vor allem Kinder gedacht. Die Aktion Brot für die Welt bietet in jedem Jahr einen Gottesdienstentwurf zum Erntedank an, der auf der Homepage abgerufen werden kann. In den folgenden Stunden in Christenlehre oder Kinderkirche kann die Fülle noch einmal aufgenommen und der Frage nachgegangen werden, wie sich unser Sortiment hier in Deutschland aus den Lebensmitteln anderer Länder zusammensetzt. Hilfreich dabei ist, wenn das Produkt einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen aller Altersgruppen in den Gemeinden hat.

Die Kakaobäuerinnen in Ghana oder der Elfenbeinküste machen uns auch immer wieder deutlich, dass die Selbstverpflichtung allein nicht ausreicht. Verbraucherinnen (in dem Fall auch Kirchgemeinden) müssen gleichzeitig ihre Stimme gegenüber der deutschen Regierung und den Herstellern erheben und verbindliche Regeln für Unternehmen zum Schutz der Menschenrechte einfordern. Vielleicht hat die Junge Gemeinde Lust zu recherchieren, welche Organisationen sich auf diesem Gebiet politisch engagieren. Das ökumenische entwicklungspolitische Netz INKOTA ist Träger der Kampagne Make chocolate fair und bietet neben Bildungsmaterialien auch Aktionen und Kampagnen an. Im zweiten Schritt entwirft die Jugendgruppe einen Brief z. B. an die Bundesregierung oder an einzelne Hersteller von Kakao und Schokolade, den sie dann im Namen der Gemeinde (oder ihrem eigenen Namen) absendet. Entwürfe hierzu finden sich auch bei INKOTA.

Gottesdienstentwurf zum Erntedankfest: https://www.brot-fuer-die-welt.de/gemeinden/material/erntedank/

Ausleihe Schokobox: www.arbeitsstelle-eine-welt.de oder per Mail an christine.mueller@evlks.de

Schokobox zum Kauf: https://jugend.ekir.de/service/29DAA2EF1CDC4F08A0ED483C82 061B05.php

INKOTA: https://www.inkota.de/themen/fairer-handel


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ZUGÄNGE

Foto: Jan Glonek

Weltspiel: Schneidet aus Papier (z. B. Werbeprospekte) verschiedene Gemüse- und Obstsorten aus. Diese werden auf der Weltkarte nach ihrer Herkunft verteilt. Gelingt euch die richtige Zuordnung? Wo fällt es leicht, wo fällt es schwer? Welche Herkunft erstaunt euch am meisten? Vielleicht war schon jemand von euch in einem dieser Länder und konnte das Obst direkt dort essen? Wie sehen die Arbeits-und Lebensbedingungen der Landbevölkerung aus. Foto: Miriam Ersch

Muss das wirklich weg oder schmeckt das noch? Ideen und Aktionen, aussortiertes Essen zu verwenden Wer etwas tun möchte und nach Ideen sucht, der öffne im worldwideweb eine Suchmaschine und gebe die Begriffe „Essen“ und „retten“ ein. Die Region oder den Wohnort hinzufügen und schon kann der/die Suchende aussuchen, was zu den eigenen Bedürfnissen passt und in der Nähe des Wohnortes angeboten wird. Falls es da noch nicht viel geben sollte, könnten die Links auch dazu inspirieren, Aktionen am eigenen Ort ins Leben zu rufen.

Aus übriggebliebenen Lebensmitteln leckere Restegerichte zubereiten: Dafür gibt es die Zu gut für die Tonne!App. Sie enthält mittlerweile 550 Rezepte von Sterneköchen und prominenten Kochpaten. Regelmäßig kommen neue Rezepte hinzu: https://www.zugutfuerdietonne.de/praktische-helfer/app/ Nicht EU-normgerechtes Gemüse und Obst von Bio-Höfen wird im Münchener Umland in sogenannten „Retterboxen“ auf Bestellung geliefert: https://etepetete-bio.de/index.php

Diese App zeigt an, wo es Essen abzuholen oder zum Hinbringen gibt und die es ermöglicht, einen Beitrag gegen Verschwendung zu leisten, während man gleichzeitig leckeres Essen bekommt und Läden in der eigenen Umgebung unter- Hier findet man nahezu alles, was man über das Thema stützt. Die Betriebe schaffen es, weniger zu entsorgen und „Essen“ wissen kann: Rezepte, Lebensmittellexikon, alles können dabei neue Kundschaft gewinnen. Und gemeinsam zur gesunden Ernährung und zum Abnehmen, eine Rubrik zu wird damit die Umwelt geschont. https://toogoodtogo.de/de Themen wie die Übersicht zu Food start ups: z. B. Deutschland oder https://foodsharing.de erster Insektenburger oder Nachhaltig grillen mit Maisspindeln: https://eatsmarter.de/food-startups

Christine Müller ist Leiterin der Arbeitsstelle Eine Welt in der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens.


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Frühchristliche Gemeinschaftsmähler Jan Heilmann

Abb. Sigma-Mahl auf einem Bodenmosaik in einem Haus aus dem 3. Jh. n. Chr. in Sepphoris, Galiläa.

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ie Mahlpraxis der frühen Christen unterscheidet sich fundamental vom liturgischen Abendmahl, das aus der Kirchengeschichte und aus der gegenwärtigen christlichen Gottesdienstpraxis bekannt ist. Frühchristliche Gemeinschaftsmähler waren, entsprechend der allgemeinen mediterranen Mahlpraxis in der Antike, zweiteilig strukturiert (vgl. 1Kor 11,25; Lk 22,20) – in das eigentliche Mahl am Abend (deipnon) und das daran anschließende gemeinschaftliche Trinkgelage (symposion). Ein wichtiges Charakteristikum der antiken Mahlpraxis bestand darin, dass man beim Essen und Trinken auf Speisesofas, sogenannten Klinen lag, die normalerweise in rechteckiger Form mit einer offenen Seite angeordnet waren. Wegen dieser Anordnung wurde das Speisezimmer triklinion, lat. triklinium, genannt. Die Klinen waren Holzgestelle oder bestanden aus gemauerten Erhöhungen, die mit Polstern (vgl. Mk 14,15; Lk 22,12) ausgestattet waren. In der Kaiserzeit kam auch die Praxis auf, in halbrunder Form zu liegen. Der Beginn eines Mahles wird im Neuen Testament daher auch üblicherweise mit einem Verb gekennzeichnet, das „hinlegen“, „sich lagern“ o.ä. (vgl. z.B. Mk 2,15; Mt 8,11; Lk 7,36) bedeutet. In zahlreichen deutschen Übersetzungen wird dies jedoch nicht präzise widergegeben. Gegessen wurde mit den Händen, wobei das Brot, das zu Beginn des Mahls ausgeteilt wurde (vgl. Mk 6,41 par; 14,22 par), als „Besteck“ zum Aufnehmen der Speisen genutzt wurde.

Sowohl in paganen als auch in jüdischen und christlichen Kontexten variierten die aufgetragenen Speisen nach der wirtschaftlichen und sozialen Stellung des Hausherren oder Gastgebers bzw. der jeweiligen Gruppe. Während Brot als die Sättigungsgrundlage diente, gab es auch in ärmlichen Verhältnissen ein Zubrot (opson), das zumeist aus vegetarischen Speisen sowie Dips und Soßen bestand (vgl. Mk 14,20). In höheren sozialen Schichten sowie in der Nähe von Küste oder Seen wurde es durch Fisch (vgl. etwa Mk 6,38–43; Joh 21,9–13), gelegentlich auch durch Fleisch erweitert. Jüdische und frühchristliche Gemeinschaftsmähler unterschieden sich von paganen durch das Gebet, das am Beginn des Mahls über dem Brot bzw. während der Verteilung gesprochen wurde (vgl. 1Kor 11,23 f.). Zudem sind für die jüdische Mahlkultur (und damit auch für das Judenchristentum) Speisevorschriften konstitutiv gewesen, welche auch für die Vergewisserung der eigenen Identität wichtig waren. Nach dem Essen wurden die kleinen Tische, die vor den Klinen standen und auf denen die Speisen serviert wurden, abgeräumt, Wasser zum Waschen der Hände gebracht sowie Wein und Wasser bereitgestellt. Wein wurde in der Antike grundsätzlich nur mit Wasser gemischt getrunken. Lediglich bevor ein neuer Mischkrug vorbereitet wurde, konnte in Form des „Zu-Trinkens“ (proposis) ein Schluck ungemischter Wein (z.T. aus einem Gemeinschaftsbecher) getrunken werden. Davon zu unterscheiden ist eine religiös konnotierte Zeremonie, bei der etwas ungemischter


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ZUGÄNGE

Wein auf den Boden oder das Herdfeuer gegossen wurde. Diese sog. Libation begleitete ein Gebet und fungierte als Übergangsritual zum Trinkgelage. Dieses war stark normiert. So war der sog. Symposiarch (oder Triklinarch) dafür zuständig, das Mischverhältnis des Weins festzulegen und das Symposiengespräch zu leiten sowie das Unterhaltungsprogramm zu koordinieren, das aus Musikbeiträgen, Tanz und Spielen, ferner auch aus kurzen literarischen Beiträgen bestehen konnte. Im Neuen Testament wird Symposienunterhaltung explizit bei der Geburtstagsfeier des Herodes thematisiert (Mk 6,21–28). Literarisch wird durch den Tanz der Stieftochter des Herodes und mit der Präsentation des Hauptes von Johannes dem Täufer die Feier jedoch als Anti-Symposion markiert. Auch Paulus verweist auf die Beiträge der einzelnen Teilnehmer zum Symposion, das als Ort des frühchristlichen Gottesdienstes zu verstehen ist (1Kor 14,26).

Abb. Triklinium in Petra, Jordanien, 200 v. Chr.

Rangordnung am Tisch Das antike Gemeinschaftsmahl war mit einem Komplex von Werten verknüpft: v. a. Freundschaft, Gerechtigkeit und nicht beeinträchtigte Gemeinschaft. Es diente als Projektionsfläche für die Utopie einer idealen Gemeinschaft und war im realen Leben zugleich der Ort, an dem soziale Spannungen und Probleme sichtbar wurden. Und zwar waren die Plätze beim Mahl mit verschiedenen Wertigkeiten versehen, sodass sich in der Gelageordnung die sozialen Distinktionen manifestierten. Die unterschiedliche Wertigkeit der einzelnen Plätze ergab sich aus der Nähe zum Gastgeber und den Partizipationsmöglichkeiten am Symposiengespräch. Bei einer rechteckigen Anordnung der Klinen galt der Platz am unteren Ende des mittleren Speisesofas in unmittelbarer Nähe zum Platz des Gastgebers als Ehrenplatz. Im Neuen Testament wird die Frage nach der Hierarchie beim Gemeinschaftsmahl z. B. im Rangstreit der Jünger in Lk 22,24 angesprochen. Auch das Gleichnis vom rechten Platz als Gast in Lk 14,7–14 sowie Mt 23,6/Mk 12,39/Lk 20,46 beziehen sich auf den Ehrenplatz beim Gemeinschaftsmahl. Der prominenteste Konflikt im Neuen Testament in Bezug auf das frühchristliche Gemeinschaftsmahl findet sich im 1. Korintherbrief. In 1Kor 11,17–34 tadelt Paulus die Korinther wegen Spannungen in der Gemeinde, die durch soziale Ungleichheiten hervorgerufen wurden. Die sozialen Differenzen in der Gemeinde werden in ungleich verteilten Mahlportionen beim gemeinsamen Abendmahl (deipnon) sichtbar. Diejenigen, die viel haben, teilen nicht mit den Ärmeren, die hungrig bleiben. Dies führt dazu, dass ein zentraler Wert der antiken Mahlkultur, die unbeeinträchtigte Gemeinschaft (koinonia), verletzt wird.

Mahlgemeinschaft Jesu Paulus rechtfertigt seinen Tadel am Verhalten der Korinther theologisch: Da die Korinther nicht teilen, „nimmt ein jeder sein eigenes Deipnon ein“ (V. 21), sodass ihr Zusam-

Abb. Schemazeichnung Triklinium

menkommen kein „Herrenmahl“ ist. Dies begründet er mit einer kurzen Erzählsequenz, in der er seine Adressaten an die Worte Jesu beim letzten Mahl mit seinen Jüngern erinnert, die er ihnen schon einmal mitgeteilt habe (V. 23). Nach dem Dankgebet über dem Brot (der normale Mahleröffungsgestus, s.o.), das er an seine Jünger verteilt habe, habe Jesus gesagt: „Dies ist mein Leib für euch.“ (V. 24) Vor dem Hintergrund der späteren Entwicklung des Eucharistierituals wird dies häufig als Verweis auf das Brot verstanden, das wiederum den gekreuzigten Leib Christi repräsentieren soll. Im ursprünglichen, größeren Argumentationszusammenhang des Ersten Korintherbriefes ist das Brotwort aber ekklesiologisch zu verstehen. Es bezieht sich auf der Ebene der erzählten Welt auf die anwesenden Jünger, also auf die Mahlgemeinschaft, die den Leib Christi darstelle. Dies werde im Austeilen des von Jesus gesegneten Brotes sinnfällig zum Ausdruck gebracht. Im Hintergrund steht die Gemeinde-Leib-Metaphorik, die Paulus auch im weiteren Argumentationszusammenhang verwendet (vgl. 1Kor 12). Das damit im Argumentationszusammenhang evozierte Bild der Mahlgemeinschaft


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Aktion 7×7 Ein leckerer Mittagstisch von Älteren für Ältere Chantal Schierbecker

Innerhalb des 15-tägigen Qualifizierungskurses der Nordkirche Leinen los – Neue Wege in der Arbeit mit Älteren, den ich absolviert habe, sollte ein eigenes Projekt in der Gemeinde durchgeführt werden. Ich fühlte mich gut ausgestattet mit Informationen zum Alter und zum Prozess des Alterns. Ich habe in der Weiterbildung viele interessante Ideen gehört und innovative Projekte von Kollegen und Kolleginnen erfahren. Nun war ich dran, eine Projektidee zu entwickeln und vor Ort umzusetzen. Meine Beobachtung Damals war ich als Diakonin in der Bugenhagenkirche in Neumünster tätig, eine Gemeinde mit etwa zweieinhalbtausend Gemeindemitgliedern, von denen etwa 850 Personen über 70 Jahre alt waren. Ich nahm bei Geburtstagsbesuchen und Gesprächen zwischen Tür und Angel immer wieder wahr, dass das Mittagessen ein großes Thema für die älteren und alten Menschen war. Einkaufen, Gemüse putzen, Fleisch schneiden, kochen und dann allein essen zu müssen, bereitet den Älteren einfach keine Freude mehr. Viele wählen die Alternative, sich eine fertig zubereitete Mahlzeit ins Haus kommen zu lassen; oft sind sie aber mit Geschmack und Qualität des Produktes nicht zufrieden. Die Voraussetzung Nach einer fast einjährigen Umbauphase hatten wir in der Kirchengemeinde einen neuen Anbau in Betrieb genommen. Es entstand ein großzügiger Eingangsbereich, in dem viele Rollatoren einen Parkplatz finden, ein freundlicher Gemeinderaum von 70qm und eine großzügige Küche, in der gleichzeitig mehrere Personen tätig sein können. Mit diesen Voraussetzungen bekam meine Projektidee eine

erste Richtung. Ich wollte unsere Türen öffnen für alle Neugierigen. Die Gemeinderäume sollten erkundet und erobert werden können. Mein Wunsch Ich wünschte mir offene Türen. Das bedeutete für mich, diejenigen zu erreichen, die normalerweise nicht in die Gemeinde kommen. Ich wollte die Menschen im Haus antreffen, die ich durch meine Besuche kannte und von denen ich wusste, dass sie viel Zeit allein verbringen. Geselligkeit sollte entstehen und fröhliches Lachen, neue Begegnungen, und unsere Besucher sollten eine unbeschwerte Zeit genießen. Das Gemeindehaus und die Gemeinde sollten in einem möglichst lockeren Rahmen erkundbar sein. Dieser Wunsch verband sich dann irgendwann mit dem Gedanken des Mittagessens in diesem neuen Gemeindehaus: eine Art offener Mittagstisch für alle. Gedankliche Vorbereitung Ich wollte die Idee eines offenen Mittagstisches in einen zeitlich begrenzten Rahmen einbinden und hatte dafür das Zeitfenster vom Jahresbeginn bis Ende Mai zur Verfügung. Somit rückte die Fastenzeit stärker in meinen Fokus. Die Fastenaktion der EKD 7 Wochen ohne half mir, unseren Mittagstisch in einen Rahmen zu fassen. Die damalige Aktion hieß Sieben Wochen ohne Enge, sieben Wochen lang das Herz weit machen. Für uns als Kirchengemeinde bedeutete es, sieben Wochen lang die Türen zu öffnen und sieben Wochen lang eine gute Gastgeberin zu sein. So war die Projektidee 7×7 geboren: siebenmal leckeres Mittagsessen in sieben Wochen.


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Wir entscheiden uns für gewagte Experimente: Mittwoch Mittag zum Beispiel unterbrechen wir die essenden und sich unterhaltenden Gäste mit einem zweiminütigen Impuls, einer Art Mini-Andacht bei angezündeter Kerze, angekündigt mit einem lauten Glockenschlag. Viele finden es interessant, manche bedanken sich hinterher, die wenigsten finden es lästig oder unverschämt, ganz selten geht jemand aus Protest. Und einige kommen gezielt mittwochs, um diesen Impuls mitzuerleben. Diese Angebote schaffen innerhalb des gastronomischen Betriebs Raum für das, was uns wichtig ist weiterzugeben an Einzelne und an die Gesellschaft.

Bei unseren Themendinnern zu Ostern, zur Reformation oder zu Weihnachten verknüpft eine Kunsthistorikerin inhaltliche Appetithappen mit drei kleinen passenden Essensgängen: Zu „Herr Luder und die Martinsgans“ probieren die Gäste zum Beispiel Luthers geliebtes Erbspüree, während sie von seinem Leben erzählt bekommen.

Darüber hinaus suchen wir ausdrückliche Verschränkungen von Gastronomie und christlichem Gedankengut. „Bibel geht durch den Magen“, hieß ein Jahresprojekt, mit dem man anhand eines wöchentlichen Speiseangebots einmal durch die Bibel wandern konnte.

Das „Dinner for two“, bei dem wir mit der Evangelischen Beratungsstelle für Ehe- und Lebensfragen zusammenarbeiten, bietet ein Vier-Gänge-Menü bei Kerzenschein und Harfenmusik und regt zwischen den Essensgängen zum Zweiergespräch unter Fragestellungen an, die man im Beziehungsalltag häufig längst vergessen hat. Viele Paare gehen beflügelt und im Gefühl, den sie verbindenden Beziehungs-Schatz wieder entdeckt zu haben.

Es begann wie die Bibel mit „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, dazu wurde als Wochengericht „Himmel un Ääd“ auf die Speisekarte gesetzt. Ein kurzer Impulstext auf den Tischen bereicherte das Essen. Mit mehr als 30 Gerichten und Texten kochten wir uns durch die Bibel und das Jahr. „Himmlische Häppchen“ nennt sich unser FingerfoodAngebot, mit dem wir Gruppen bei Feiern bewirten: die Wraps mit Lachs oder mit Avocado-Creme stehen nach Psalm 139 unter dem Motto „So bist Du um mich“.

Das „Stille Mahl“ griff klösterliche Traditionen auf: Ein schlichtes Mahl mit Suppe und Brot und einem Krug Wasser wird am gemeinsamen Tisch im Schweigen verzehrt, die Liturgin begleitet das Essen mit Textlesungen und Gebet.

Und das neueste Projekt „TortenWorte“ bietet wöchentlich einen Kuchen, anhand dessen kirchenjahreszeitliche Bezüge hergestellt und mit einem Impulstext ausgelegt werden: Eierlikör-Mandel-Kuchen für die Woche nach Ostern oder eine Buttercremetorte zur liturgischen Farbe Weiß.


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TischGebet ist TischKultur Segen und Dank Petra Müller

Vor einigen Jahren gab es mehrfach in der Fastenzeit die Aktion „TischGebet ist TischKultur“. Wer mitmachte, bekam von Aschermittwoch bis Karsamstag pünktlich zur Mittagszeit per E-Mail oder auf Facebook zwei Tischgebete zugesandt. Mit dieser Aktion wollten die Pallottiner nicht nur einen alten religiösen Brauch aufleben lassen, sondern sie wollten auch darauf hinweisen, dass so ein Ritual in hektischen Zeiten Stabilität bieten kann und einen Moment des Innehaltens, einen Augenblick der Stille und des Dankes ermöglicht. Es scheint, dass das Tischgebet aus der Mode gekommen ist. Selbst in kirchlichen Tagungshäusern ist es oft nicht mehr üblich, die Mahlzeiten mit einem gemeinsamen Gebet zu beginnen und zu beenden. Ursache dafür ist sicherlich nicht nur die zunehmende Säkularisierung, sondern auch eine veränderte Lebensgestaltung, die Auswirkungen auf unser Essverhalten und unsere Esskultur hat. Wir essen unterwegs und vor dem Fernseher. Eine tägliche Hauptmahlzeit wird durch vieles Zwischendurchessen ersetzt. Die Tagesabläufe sind verschieden, so dass Familien nur schwer Zeit fi nden, um gemeinsam zu essen. Jeder holt sich etwas aus dem Kühlschrank.

In allen Religionen spielt das Beten vor dem Essen – und auch danach – eine besondere Rolle. Es geht um den Segen über den Speisen, den Lobpreis und den Dank an Gott, der über das Essen hinausgeht und das ganze Leben umfasst. Es leuchtet mir ein: Es macht – auch außerhalb der Fastenzeit – Sinn, sich dieser TischKultur wieder bewusst zu werden, sie einzuüben und zu pflegen. Vielleicht bekommt unser Essen, unser Leben, unser Miteinander und unsere Tagesgestaltung einen anderen Geschmack, wenn wir es mit Segen und Dank würzen.

Petra Müller ist Referentin der Fachstelle Alter der Nordkircheim Hauptbereich Frauen und Männer, Jugend und Alter und Mitglied der PGP-Redaktion.


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PRAXIS

Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, oh Gott, von dir. Dank sei dir dafür.

Jedes Tierlein hat sein Essen, jedes Blümlein trinkt von dir. Hast auch du uns nicht vergessen, guter Gott, wir danken dir.

Sind die Hände gewaschen, ist der Tisch schön gedeckt. Dann wünschen wir nun, dass es allen gut schmeckt.

Segne, Vater, diese Speise, uns zur Kraft und dir zum Preise.

Lieber Gott, der Tisch ist gedeckt, danke für alles, was uns jetzt schmeckt.

Nun lasst uns Gott, dem Herren, Dank sagen und ihn ehren für alle seine Gaben, die wir empfangen haben.

Für den Honig und das Brot, für die Freunde in der Not, für das leckere Kompott, danken wir dir, lieber Gott.

Segne, Herr, was deine Hand uns in Gnaden zugewandt.

Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibest ihnen ihre Speise zur rechten Zeit, du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.

Für trocken und nass: Deo gratias!

Lieber Gott, lass deinen Segen über unseren Teller fegen.

Dir, Gott, sei Dank für Speis und Trank

Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir. Dank sei dir dafür.

Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast.

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn.

Segne, Vater, unser Essen, segne, Vater, unser Brot. Lass uns jene nicht vergessen, die da hungernd sind in Not.

Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn trauet.

Wir danken dir, Herr, für die guten Gaben, die liebe Menschen uns bereitet haben. Bleibe bei uns auf allen unseren Wegen mit deinem Segen.

Von Deiner Gnad, Herr, leben wir und was wir haben, kommt von Dir. Drum sagen wir Dir Dank und Preis, tritt segnend ein in unsern Kreis.

Heute habe ich vergessen, dir zu danken vor dem Essen! Magen voll – und Teller leer, so danke ich dir hinterher.

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„Die Wiese kommt in den Topf“ Draußen kochen Uwe Hahn

Unsere heimischen Küchen sind ausreichend mit Lebensmitteln gefüllt. Das Wasser kommt aus dem Hahn, hat Trinkwasserqualität und kann problemlos auf dem Induktionsherd erwärmt werden. Mit relativ wenigen Handgriffen können wir Essen zubereiten. Aus dem Gewohnten wächst die Sehnsucht etwas anders zu tun. Warum nicht „draußen kochen“. Nicht grillen, sondern kochen. Es kann eine kleine Erlebnisreise zu alten Lebensformen werden. Dabei stellen sich existentielle Fragen: Auf was kann ich verzichten? Was brauche ich unbedingt? Welche Alternativen gibt es? Anregung für eine Aktion: Unverzichtbar eine Hitzequelle. Feuer machen ist für alle Altersgruppen reizvoll. Aber mit Feuerzeug und Brandbeschleuniger kann es jeder. Zuerst sollten die Teilnehmenden Holz sammeln, Holz das sich gut für eine Feuerstelle eignet. Dann einen Platz für das Feuer vorbereiten. Es bieten sich öffentliche Feuerplätze oder der Pfarrgarten an. Da kann es notwendig sein eine Grasnarbe abzutragen, den Platz von leicht entzündlichen Materialien zu säubern und ein kleiner Schutzwall sollte angelegt werden, aus Erde oder Steinen. Achtet auf genügend Abstand zu Bäumen – Blätter und Nadeln können Feuer fangen. Die Regeln für den Brandschutz müssen bekannt sein und unbedingt beachtet werden. Es gibt eine Vielzahl von Feuerarten: Pyramidenfeuer, Jägerfeuer, Kaminfeuer, Gitterfeuer, Sternfeuer, Grubenfeuer oder Balkenfeuer. Nicht jedes Feuer eignet sich zum Kochen. Es ist eine schöne Übung, wenn die Teilnehmenden in Gruppen unterschiedliche Feuerarten ausprobieren und dann gemeinsam entscheiden, welches der Feuer für das Kochen besonders gut geeignet ist. Für das Entfachen des Feuers sind Streichhölzer oder Feuerzeuge tabu. Lupe, Feuerstein, Feuerstahl oder Feuerquirl können den trockenen Zunder entzünden. Dabei merken die Teilnehmenden sehr schnell, es ist mühsam eine glimmende Glut zu erzeugen. Und es benötigt Fingerspitzengefühl aus einem kleinen Glutnest ein Lagefeuer zu entfachen. Was kocht man „Draußen“? Für den Einstieg eignet sich eine Suppe. Dafür wird ein Dreifuß mit einem Topf über das Feuer gestellt. Pyramidenfeuer und Sternfeuer eignen sich gut zum Kochen. Natürlich könnte man eine Suppe aus der Dose kochen. Aber wenn schon draußen, dann richtig! Auf einer naturbelassenen Wiese fi nden sich viele leckere Zutaten: Brennnesseln, Gänseblümchen, Giersch, Löwenzahnblätter oder Sauerampfer. Ein Gang durch die Natur mit einem kräuter-

kundigen Menschen ist lohnend und zeigt den Reichtum der Schöpfung Gottes. Für eine Gierschsuppe muss nicht die gesamte Wiese in den Topf. Aber es ist erstaunlich, was sich alles für eine Suppe eignet. Wer einmal Zutaten auf einer Wiese gesammelt, diese dann in einem Eintopf verarbeitet hat, der wird ab diesem Zeitpunkt anders über Feld und Flur gehen. Man hat dann immer das Gefühl einen gedeckten Tisch zu betreten.

Rezept Wildkräuters uppe 3 Handvoll Brennnesseln und Giersc h 2 Handvoll Löwenzahnblätter etwas Liebstöckel 8 EL Öl 2 Knoblauchzehe(n), gehackt 3 Zwiebeln, gehackt 6 EL Mehl 3 Liter Wasser 3 Gemüsebrühwürfel Salz und Pfeffer 2 Becher Sahne, Milch oder Schmand Gänseblümc hen Zubereitung Die Kräuter waschen und klein schneiden. Knoblauch und Zwiebel im Öl glasig dünsten. Mehl dazugeben und verrühren. Wasser, Brühwürfel und Wildkräuter zufügen. Zum Kochen bringen und 10 min. kochen lassen und pürieren (wenn möglich), mit den Gewürzen abschmecken. Sahne oder Milch einrühren und die Suppe nochmals aufschlagen. MitBlütenvomGänseblümchendekorieren.GerösteteBrotstücken passen gut dazu.

Uwe Hahn ist Studienleiter für Gemeindepädagogik am TPI in Moritzburg und Redakteur bei der Praxis Gemeindepädagogik.


[Geschirrdiversität] Ein Blick in den Küchenschrank in Gemeindehäusern – mit Wiedererkennungseffekt?


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Essen und viel mehr – Die Vesperkirche

Bernd Reuther

Die Idee Vesperkirche wurde in den1990er Jahren in Stuttgart geboren. Eine Kirchengemeinde öffnet in der kalten Jahreszeit ihre gute Stube, also ihren Kirchenraum. Dort kann man einfach da sein und sich aufwärmen. Es gibt warme Getränke, Kaffee, Tees, bei uns eine Ausgabe der Nürnberger Zeitung, unseres Pressepartners. Es gibt ein Mittagessen zu einem symbolischen Preis, aktuell meist 1 € oder 1,50 €, am Nachmittag Kuchen. Zur Tagesstruktur gehören die Andachten. Je nach räumlichen Möglichkeiten kann man zusätzlich ärztliche Beratung, Haareschneiden oder Kreativangebote nutzen, je nachdem welche Menschen ihre Profession kostenlos anbieten. Da wir hier in Nürnbergs Süden ein in die Kirche integriertes Gemeindehaus haben, können wir in bis zu vier Räumen gleichzeitig Zusatzangebote stattfinden lassen und haben deshalb eine sehr breite Palette. In diesem Jahr haben über 3000 Gäste die 52 verschiedenen Angebote genutzt. In den 43 Tagen Vesperkirche geben wir täglich etwa 530 Essen-Bons aus und füllen mit Nachschlägen 610 Teller. Viele Menschen backen für die Vesperkirche, so können wir täglich etwa 340 Stück Kuchen ausgeben. Aktuell arbeiten etwa 530 Menschen ehrenamtlich mit.

Wir haben unsere Vesperkirche wie eine Firma strukturiert, es gibt 12 Abteilungen mit Abteilungsleitenden: Essensausgabe und Logistik, Spülküche, Kaffee und Kuchen, Empfang und Kasse, Raum und Reinigung, Service und Zusatzangebote, im Hintergrund das Leitungsteam, die Finanzabteilung, die Öffentlichkeitsarbeit mit Fundraising, das Auf- und Abbauteam und die Personalabteilung. Acht der zwölf Abteilungen werden von rein ehrenamtlichen Teams geleitet. Ein ganz normaler Vesperkirchentag beginnt bei uns gegen 9 Uhr mit Kaffeekochen, damit die erste Schicht, die um 10 Uhr mit einer Andacht am Altar beginnt, auch schon mit einer Tasse versorgt werden kann. Nach letzten Vorbereitungen öffnen wir um 10:30 Uhr die Türen. Gäste kommen in die Kirche, nehmen sich eine Zeitung, trinken Kaffee oder Tee und nutzen die ersten Zusatzangebote. Kurz vor 11:30 Uhr ist die Kirche zu zwei Dritteln gefüllt, etwa 170 Menschen nehmen im Schnitt an der Mittagsandacht teil. Nach dem Segen geht es zur Essensausgabe. Bis 12 Uhr sind meist alle 272 Plätze besetzt. Zu unserem Konzept von Vesperkirche gehört es, 6er-Tische, die schön gedeckt sind – Blumen und Kerze gehören dazu – zu verwenden und nicht mit langen Reihen auf noch mehr Plätze zu kommen. Dies zum einen aus ästhetischen Gründen, vor allem aber, weil wir uns wünschen, dass unsere Kirche ein Raum ist, in dem Menschen miteinander in Kontakt kommen, die sonst kaum miteinander reden würden. Gemeinsames Essen fördert die Kommunikation. In der Zwischenzeit läuft die Maschinerie der Mitarbeitenden auf Hochtouren, ob das im Keller in der Spülküche ist oder bei der Kuchenannahme, ob an der Kasse, im Service, am Empfang oder bei der Essensausgabe. Um 13:30 Uhr startet im Mitarbeitendenbereich die Andacht, die die zweite Schicht einläutet, der Schichtwechsel findet gleitend bis 14 Uhr statt. Die Essensausgabe endet, und ab 13:45 Uhr bildet sich eine


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PRAXIS

Schlange in der Kirche, die Kuchenschlange. Über die emotionale Bedeutung des Kuchens können die Mitarbeitenden der zuständigen Abteilung ganz viele Geschichten erzählen. Langsam lichten sich die Reihen und zur Schlussandacht um 15:20 Uhr sind noch etwa 70 Menschen in der Kirche, bis sich um 15:30 Uhr die Türen wieder schließen und die Mitarbeitenden noch alles für den nächsten Tag vorbereiten. Erster und letzter Tag der Vesperkirche sind Sonntage, an denen je ein Abendmahlsgottesdienst gefeiert wird. Alle Gottesdienste sind in sehr einfacher Form gehalten. Zehn Minuten nach dem Schlusssegen beginnt die Essensausgabe. Sonntags schließt die Vesperkirche nicht wie an den anderen Tagen, weil um 17 Uhr Zeit für das Kulturprogramm ist. Unser Kulturpartner ist das hiesige Staatstheater, das an vier Sonntagen das Programm gestaltet. Der Eintritt ist frei, am Ausgang bitten wir um Spenden. Alle Künstlerinnen und Künstler treten bei uns ohne Gage auf. Teilhabe ist für uns eines der wichtigsten Wörter, wenn wir über das reden, was in unseren Augen hinter der Idee Vesperkirche steht. Die kulturelle Teilhabe gehört hier unbedingt dazu. Mehr als die Hälfte unseres Publikums – und die Kirche ist meist bis auf den letzten Platz besetzt – hat aus fi nanziellen Gründen wenig Gelegenheit, ein Konzert zu hören. Die Rückmeldungen am Ausgang von Menschen, die etwas verschämt drei Euro geben, sind sehr berührend. Wer besucht die Vesperkirche? Etwa ein Drittel unserer Gäste sind unser Stammpublikum, die an den meisten der 43 Tage kommen und von Anfang bis zum Ende anwesend sind, die also unsere Kirche gleichsam als Wohnzimmer nutzen. Die Lebensumstände dieses Teils unserer Gäste muss meist als prekär bezeichnet werden. Armut, Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit – wir haben gerade in diesem Jahr gelernt, wie viele irgendwo in Kellern oder in Autos oder in Garagen leben. Altersarmut, psychische Krankheit sind für die meisten bestimmende Faktoren in ihrem Leben. Für uns ist gerade der Anstieg der Altersarmut in den Vesperkirchen seit 2016 sehr augenfällig geworden. Das zweite Drittel unserer Gäste nutzt unseren Raum regelmäßig, aber nicht täglich. In diesem Segment wird es schon schwerer, die Gäste zu beschreiben, es wird differenzierter. Gemeinsam ist den meisten, dass finanziell keine großen Sprünge möglich sind. Der Rest sind Menschen, die hin und wieder mal vorbeikommen, die sonntags zum Gottesdienst kommen, die kulturellen Angebote nutzen, oder dann kommen, wenn der Rechtsanwalt da ist, weil man unbedingt mal mit dem reden will, einige suchen auch dezidiert das seelsorgerliche Angebot. Vesperkirche heißt für uns, wir bereiten einen Raum, einen Raum, in dem man einander, in dem man sich selbst, in dem man Gott begegnen kann, einen Raum, in dem wir allen freundlich und dezent auf Augenhöhe begegnen, einen Raum, in dem alle an allem teilhaben

können. Wir bereiten einen Raum, in dem das, was in diesen fünf Stunden nötig ist, bereitet ist: Kaffee und Wasser, gute, liebevoll gestaltete Atmosphäre, klare Spielregeln (keine Gewalt in keiner Form, kein Alkohol, keine Drogen), viele Angebote zur Hilfe und Selbsthilfe, ein Ort des Gebets und der Seelsorge, Andachten und Kultur, aber natürlich vor allem auch das Mittagessen und der Kuchen. Das Essen ist ein wichtiger Teil der Vesperkirche. Es ist für viele ein Geschenk, nicht alleine essen zu müssen. Essen in der Kirche überwindet für mich auch die Trennung von profan und sakral, es ist sichtbares Zeichen, dass wir Leben und Alltag miteinander teilen.

Fotos: TKM

Bernd Reuther ist Pfarrer in der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche Nürnberg-Lichtenhof.


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Gärungsprozesse Seminare für Männer rund um männliche Lebenswege und … Bier Dieter Niermann

Mit Speck fängt man Mäuse, sagt der Volksmund. Und mit Bier Männer für die Erwachsenenbildung? Der Zugang über Bier und das Bierbrauen kann ein hilfreicher, ein „männergerechter“, weil handlungsorientierter Einstieg in inhaltliches Arbeiten mit Männern – in diesem Fall zu biografischen Themen – sein. Immer wieder machen wir in der Erwachsenenbildung die Erfahrung, dass sich Männer eher schwer zur Teilnahme an Seminaren motivieren lassen. Jene, die diese „Hürde“ einmal überwunden haben, werden oft zu Wiederholungstätern. Der Einstieg jedoch, erst recht in jüngeren Jahren, scheint schwer. Viele Gründe kommen da vermutlich zusammen: Das knappe Zeitbudget, die vielfältigen Aufgaben und Freizeitaktivitäten in der „Rushhour des Lebens“, die „Unbelehrbarkeit“ Erwachsener und oft auch eine gehörige Portion Skepsis gegenüber kirchlichen Angeboten. Was aber macht die Schwelle für Männer zwischen 25 und 55 tatsächlich niedriger und erleichtert das Eintreten? Was muss durch die offenstehende Tür einladend sichtbar sein? Vertrautes, Verlockendes, Übliches! Vor drei Jahren entwickelten ein Diakon aus der gesamtkirchlichen Arbeit mit Jugendlichen und ich daher das Bildungsangebot Gärungsprozesse für Männer. Ausgangspunkt für uns: Vertrautes, Verlockendes, Übliches. Wir beide hatten bereits Erfahrung im Bereich des Heimbrauens, mochten und mögen Bier und… fühlen uns dabei völlig im gesellschaftlichen Mainstream, im Bereich des „Üblichen“, da Männer und Bier eine Kombination darstellen, die selten hinterfragt wird oder erklärungsbedürftig ist. Im Kern ging es uns jedoch nicht darum, den Kreis der Hobbybrauer zu erweitern und unsere Freizeitleidenschaft anderen zugänglich zu machen. Kein Bierbrau-Seminar mit Volkshochschulcharakter sollte es werden, sondern ein Seminar der Männerbildung mit evangelischem Akzent. Wortspiele – Assoziative Zugänge zum Seminar und im Seminar selbst In der Planungsphase fielen sie immer wieder ins Auge: Worte und Formulierungen, die zum Prozess des Bierbrauens gehören und zugleich einen Bezug zum menschlichen Leben haben: „Läuterung“, „etwas schlaucht“, „was lange gärt …“, „Hopfen und Malz verloren“, „etwas ausschlagen“, „Reifezeit“, „Rast- und Ruhezeiten“. All das findet sich im Brauprozess, ist uns aber auch redensartlich bekannt – erst recht Männern „von echtem Schrot und Korn“! Die Seminargruppen sind jeweils neun bis zwölf, im Maximum bis zu sechzehn Männer stark. Wir beginnen am Freitag nach Feierabend, gegen 17 Uhr. Ort ist in jedem Halbjahr ein anderes Gemeindezentrum in wechselnden Regionen der Bremischen Evangeli-


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PRAXIS

„Mittag ohne Grenzen“ Ein generationsübergreifender Mittagstisch mit Wirkung ins Quartier Steffi Willuweit

Landliebe Unsere Kirchengemeinde hat ca. 1.650 Gemeindemitglieder auf einer Fläche von 40 km². Es gibt keinen wirklichen Ortskern bzw. Mittelpunkt. Die bäuerliche Vergangenheit prägt nach wie vor das Wohn- und Lebensgefühl der Menschen. Man lebt auf dem Land, auch wenn inzwischen die meisten einer Tätigkeit in den umliegenden Städten nachgehen. Die Menschen schätzen die gute Dorfatmosphäre, die nachbarschaftliche Verbundenheit und Hilfsbereitschaft sowie den Gemeinschaftsgeist des Landlebens. In den letzten 20 Jahren wurden drei Bankfi lialen, zwei Lebensmittelgeschäfte, die Meierei, zwei Gasthöfe, die Postfiliale sowie ein Bäckerladen geschlossen. Um Dinge des täglichen Bedarfs zu erledigen, muss man stets eine Entfernung von mindestens 8 km in Kauf nehmen. Bei zunehmender Individualisierung der Gesellschaft sind immer weniger Familienangehörige und sonstige soziale Bezüge vorhanden, die ein Netzwerk für Senioren bilden. Das hat dramatische Folgen. Obwohl sie sich dem ländlichen Leben so verbunden fühlen, müssen sie aufgrund fehlender Netzwerke und Infrastruktur im Alter ihre bisherige Heimat verlassen.

Liebe geht durch den Magen Aufgrund dessen wollte ich in der Kirchengemeinde mit einem Mittagstisch einen Raum für Begegnungen und Unterhaltung im Alter schaffen. Denn wo lässt es sich lockerer und ungezwungener begegnen als bei einem gemeinschaftlichen leckeren Mittagessen? Der Mittagstisch

sollte offen für Jung und Alt sein und sich nicht auf die kirchengemeindlichen Mitglieder beschränken. Insbesondere wollte ich Frauen und Männer im 3. Lebensalter ansprechen: Diese sogenannten fitten Alten, die gerade in ihrer nachberufl ichen Phase angekommen sind und voll Lebenskraft und Tatendrang stecken. Ich erinnerte mich an Gespräche der besagten Zielgruppe. Immer wieder hörte ich den Satz: „Ich habe keine Zeit.“ Die Freitage waren ganz besonders beansprucht. So habe ich erfahren, dass gerade freitags immer nur etwas „Schnelles“ gekocht wird, da nach dem Wochenendeinkauf nicht mehr viel Zeit für die eigene Küche bleibt. So entstand die Idee, einen offenen Mittagstisch einmal monatlich am Freitag stattfi nden zu lassen. Dadurch besteht die Möglichkeit, trotz vieler Freitagstermine, einen qualitativ gutes Mittagessen in geselliger Runde an einem gedeckten Tisch einzunehmen. Ganz bewusst sollte dieses Angebot generationsübergreifend sein. Hier habe ich die Unterstützung des Waldkindergartens gewinnen können. Die Erzieherinnen helfen mit den Kindern bei der Durchführung. So nehmen sowohl einige Kindergartenkinder als auch einige der Eltern am Mittagstisch teil. Das fördert auch eine Begegnung der Großeltern- mit der Enkelgeneration. Denn gerade im ländlichen Bereich haben es alleinerziehende Mütter und Väter nicht leicht, eine Unterbringung für ihre Kinder zu finden. Auf der anderen Seite haben Frauen und Männer im 3. Lebensalter Lust und Kraft, sich zu engagieren. Einige leben aus den unterschiedlichsten Gründen alleine. Die Familie wohnt nicht im glei-


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chen Ort und sie haben kaum die Möglichkeit, regelmäßig ihre Enkelkinder zu sehen. Hier können die Generationen sich ungezwungen begegnen und Verbindungen können geknüpft werden. Mit dem Mittagstisch wollte ich ebenfalls Frauen und Männer im 4. Lebensalter ansprechen. In diesem Lebensalter wird zunehmend gespürt, dass die Kräfte nachlassen. Manche mussten bereits den Verlust ihres Lebenspartners verkraften und leben alleine. Die Frauen kochen meist noch für sich, wobei sie daran nicht mehr viel Freude haben. Denn alleine zu essen bringt nicht viel Spaß. Die Männer kochen häufig nicht für sich alleine, sondern sie nutzen das Angebot von Essen auf Rädern oder holen sich einen fertigen Mittagstisch von einem Anbieter aus dem 8 km entfernten Ort. Einige leben bereits in Pflegeheimen des benachbarten Ortes. Sie suchen und freuen sich nach wie vor über den Anschluss an ihr Heimatdorf und würden gerne, wenn es ihnen möglich gemacht wird, an einem offenen Mittagstisch teilnehmen.

Tischlein deck dich Das Gemeindehaus wurde 2017 umfassend seniorengerecht renoviert. Es soll zu einem Haus der Begegnungen ausgebaut werden. Insofern war dies ein idealer Ort, um Mittag ohne Grenzen einzuführen. Der Mittagstisch sollte jeweils am ersten Freitag des Monats stattfinden. Das Projekt war vorerst auf drei Termine begrenzt. Sollte der Mittagstisch gut angenommen werden, wollten wir über eine Fortsetzung

und Verstetigung entscheiden. Als Team zur Unterstützung und Planung des Projektes konnte ich vier weitere Frauen gewinnen. Ein ortsansässiger qualitativ sehr hochwertiger Partyservice lieferte den Mittagstisch an. Essensausgabe und Kassieren erfolgten durch das Team. Bereits zwei Monate vorher warben wir mit dem Speiseplan. Eine verbindliche Anmeldung war bis spätestens eine Woche vor Veranstaltung im Kirchenbüro erforderlich. Eine Abmeldung wegen Krankheit o. ä. war am Veranstaltungstag bis 9 Uhr im Kirchenbüro möglich. Die Bezahlung erfolgte vor Ort in bar. Eine finanzielle Unterstützung aus einem Sozialfonds war möglich. Im Mittagstisch war zudem ein Nachtisch sowie Getränke (Mineralwasser, Apfelsaft und Kaffee) inklusive. Dies wurde aus Kollekten und Spenden finanziert. Ein Spendentopf wurde bereitgestellt. Die Essensausgabe fand von 12 bis 13 Uhr statt. Das Verweilen nach dem Essen bei einer Tasse Kaffee wurde ausdrücklich gewünscht = open end! Damit jede und jeder teilnehmen konnte, wurde ein Fahrdienst angeboten. Die Werbung für den Mittagstisch wurde gezielt generationsübergreifend verteilt. Es wurden Plakate und Flyer erstellt. Die Flyer wurden in den kirchengemeindlichen Gruppen verteilt, im Gemeindehaus und in der Kirche sowie an kommunalen öffentlichen Plätzen ausgelegt. Es wurden ebenso Artikel im Gemeindebrief als auch im regionalen Wochenblatt veröffentlicht. Zwei Wochen vor dem ersten Mittagstisch fand ein großes Frühlingsfest rund ums Gemeindehaus statt. Hier wurden nochmals gezielt der Mittagstisch beworben und Kollekten


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PRAXIS

gesammelt. Zur vereinfachten Anmeldung hatte ich Zettel vorbereitet, auf denen man sich zum gewünschten Mittagstisch anmelden konnte. Der Partyservice warb ebenfalls für die Veranstaltungen auf seiner Webseite.

Tischlein deck dich 1.0 Endlich war der Tag da und der erste Termin für Mittag ohne Grenzen konnte durchgeführt werden. Im Kirchenbüro waren 38 Essensanmeldungen eingegangen. Das war weitaus mehr, als ich erhofft hatte. Insofern war die anfängliche Angst, dass nur das Helferteam eine leckere Mahlzeit einnimmt, nicht eingetreten. Die Erzieherinnen und die Waldkinder hatten am Vormittag einen Nachtisch gezaubert. Die Helferinnen trafen sich um 11 Uhr, um das Gemeindehaus und die Küche entsprechend herzurichten. Im Sitzungsraum stellten wir fünf Tischgruppen für jeweils acht Personen. Die Tische dekorierten wir und stellten Getränke und Gläser bereit. Der Sitzungsraum hat eine Durchreiche zur Küche. Dort erfolgte die Essensausgabe. Unterhalb der Durchreiche ist eine lange Ablage angebracht. Hier haben wir das Besteck (Messer, Gabel, Löffel bereits in eine Serviette gewickelt) sowie die kleinen Salate bereitgestellt. Vor dem Sitzungsraum platzierten wir einen kleinen Tisch und Stuhl. Hier saß eine Helferin mit der Anmeldeliste und kassierte das Geld. Die ersten kamen bereits um 11:45 Uhr. Richtung 12 Uhr füllte sich der Raum. Die Essensanlieferung durch den Partyservice erfolgte zehn Minuten vor zwölf. Mit fünfminütiger Verspätung fingen wir mit der Essensausgabe an. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Alle Tische waren gut gefüllt, Gesprächsrunden entstanden. Den Teilnehmenden schmeckte es sehr gut. Für das benutzte Geschirr hatten wir im Sitzungsraum einen Servierwagen bereitgestellt. Nach der Hauptspeise gab es dann den selbstgemachten Nachtisch der Kinder des Waldkindergartens und den Kaffee. Zu dem Zeitpunkt ging eine Helferin von Tisch zu Tisch und verteilte Flyer und Anmeldezettel für den nächsten Mittagstisch. Gegen 14 Uhr verließen die letzten das Haus. Durchweg waren die Teilnehmenden zufrieden, bei guter Stimmung und gut gesättigt. Die Größe der Tischrunden war genau richtig. Es kamen Gespräche zustande und man lernte neue Menschen kennen. Für die nächsten Termine intensivierte ich die Werbung an den umliegenden Grundschulen und Kindergärten. Und wieder hatten wir ein volles Haus mit zufriedenen Gästen.

Was mich antreibt Vielfach gehören Menschen im 3. Lebensalter zu denen, die Kontakte suchen und neue Projekte initiieren wollen und die auch mit anderen zusammen etwas für andere auf die Beine stellen wollen. Das hat vor vielen Jahren die Erwachsenenbildnerin Sylvia Kade mit ihrem Engagementviereck beschrieben: Ich für mich; ich mit anderen für mich; ich mit anderen für andere; andere mit anderen für mich. Diesen Ansatz habe ich auf unser Angebot des Mittagstisches übertragen: ■ Ich möchte meinen Freitag entzerren und habe die Möglichkeit, ein gutes Mittagessen mit netten Menschen einzunehmen. (Ich für mich) ■ Ich lebe seit einem halben Jahr alleine und möchte beim Mittagstisch neue Kontakte oder Interessengemeinschaften knüpfen. (Ich mit anderen für mich) ■ Ich habe Lust, einen Backkurs für Kinder anzubieten. Dafür möchte ich beim offenen Mittagstisch werben. (Ich mit anderen für andere) ■ Ich habe so ein großes Grundstück. Vielleicht finde ich in der Mittagstischrunde jemanden, der mir helfen kann. (Andere mit anderen für mich) Durch den offenen Mittagstisch entsteht eine neue Plattform des Austausches, die, wenn es gut läuft, in das Quartier hineinwirkt. Es dauerte nicht lange und da hatte sich unser Mittagstisch etabliert.

Steffi Willuweit war 20 Jahren ehrenamtlich in der Heilig-Geist-Kirchengemeinde Bokhorst tätig. Seit zwei Jahren ist sie nun dort als Quartiersmanagerin angestellt.


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Zwischen Innovation und Tradition Der harte Job im Weinberg Sandra Bils

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aben Sie schon einmal einen Bapfel gegessen? Ein Bapfel ist eine ungewöhnliche Obstsorte, halb Birne, halb Apfel und ist zugegebenermaßen ein etwas drolliges Beispiel für das Kreuzen unterschiedlicher Obstund Gemüsesorten. Bisher habe ich das Veredeln, also die künstliche Verbindung zweier Pflanzenteile, immer etwas belächelt. Ich musste dabei immer an Rosenzüchter denken, die Farbtöne oder Blütenkonstellation um kleinste Nuancen verändern wollten. Schön und gut, nice to have, aber nicht wirklich zwingend erforderlich.

Veredelung rettet die Weinbergkulturen Veredelung kann aber auch lebensnotwenig sein. Vor 150 Jahren nagte sich die Reblaus aus Amerika durch die europäischen Weinberge. In Weingebieten, in denen die Rebstöcke nur sortenrein und in Monokulturen angebaut wurden, grassierte der Befall am stärksten. Man stellte fest, dass die heimischen Pflanzen unter den Schädlingen litten, während im Ursprungsland der Reblaus, die Weinstöcke widerstandsfähig waren. Für die Bekämpfung begann man, die amerikanischen mit den heimischen Reben zu kombinieren. Dazu wurden auf Reben aus Amerika europäische Edelreben aufgepfropft. Die Wurzeln waren somit widerstandsfähig und das Edelreis trug weiterhin die traditionellen europäischen Sorten. Eine innovative, aber resiliente Grundlage bekam somit eine traditionelle und geprägte Erweiterung. Heute werden weltweit fast ausschließlich Rebsetzlinge gepflanzt, die so vorbehandelt wurden. Natürlich gibt es im modernen Ertragsweinbau auch tausende von neuen Kreuzungen, die zum Ziel haben, neue Geschmacksnuancen zu kreieren oder den Ertrag zu steigern, aber grundsätzlich geht es immer noch um die Reblausresistenz der Unterlage. Eine lebenserhaltende Verbindung in unseren Breiten. Innovation und Tradition befruchten einander Stellen wir uns einmal unsere Kirche als Weinberg vor. Wie sieht dann dieser Weinberg aus? Wie pflanzen wir dort und vor allem was? Wie sorgen wir uns um die zarten Triebe junger Pflanzen und die alten Bestände? Um uns herum können wir eine plurale Kirchenlandschaft mit vielen Formen gemeindlichen Zusammenlebens und gottesdienstlichen Feierns entdecken. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass auch hier eine einfache Klassifizierung möglich ist: Auf der einen Seite des Weinbergs traditionelle Gemeinden mit

klassischem Gepräge und verlässlichem Zulauf: erfolgreiche Konfirmanden- und Jugendarbeit, volle Gottesdienste nach bewährter Form und traditionelle Angebote vor Ort. Auf der anderen Seite wären innovative Gemeinden zu vermuten, die kreativ und mit frischen Ideen auf den Kontext vor Ort reagieren und sich neu erfinden, frische Ausdrucksformen, die nicht nur auf klassische Kirchgebäude beschränkt sind. Dort füllen Bibelgespräche Eckkneipen oder Gottesdienste in Discos ziehen Kirchenferne an. Wer nicht genau hinschaut, läuft Gefahr zu pauschalisieren. Die Fortschreibung tradierter Stereotype führt dazu, einerseits die klassischen Gemeinden als Bollwerke der Tradition zu stilisieren und in ihnen nur Altbewährtes zu verorten: der Handarbeitskreis, der Kindergottesdienst und das Gemeindefest. Andererseits werden dann die innovativen Gemeindeformen zu Projektionsflächen der Hoffnung. Erwartungen, die in den neuen Projekten das alleinige Allheilmittel für eine zukunftsfähige Kirche sehen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass die Trennung gezwungen und künstlich ist. Denn erstens wird morgen schon auch das heute noch neue alt sein und zweitens haben auch innovative Gemeinden ihre Traditionen und andererseits gibt es unter den klassische Gemeinden außerordentlich kreative Neuaufbrüche. Gott bildet eine neue Gemeinschaft In der anglikanischen Kirche gibt es seit zwei Jahrzehnten eine interessante Entwicklung, in deren Zentrum die Fresh Expressions of Church stehen. Darunter versteht man frische Formen kirchlichen Seins, die an unterschiedlichsten Orten entstehen. Sie legen einen besonderen Fokus auf den Kontext und die Menschen, die dort leben, besonders, wenn diese bisher der Kirche nicht nahe stehen. Das klingt sehr innovativ, Fresh Expressions, hängt jedoch mit etwas ganz Traditionsreichem zusammen. In der Ordinationsformel der anglikanischen Church of England versprechen nämlich die Priester und Priesterinnen, die Verantwortung zu teilen, den Glauben in jeder Generation zu erneuern („share in the responsibility to proclaim the faith afresh in each generation“). Diesem liturgischen Versprechen liegt zugrunde, dass es nicht um das Neue oder Traditionelle an sich geht, sondern allein um das Evangelium, das auf frische Art und Weise gelebt und geteilt werden soll. Darin liegt die Erneuerung.


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PRAXIS

Ganz egal, ob in innovativer oder traditioneller Form. Es lohnt sich im Weinberg Kirche etwas genauer hinzuschauen, um eine Vielfalt zu entdecken. Einige dominierende Hauptsorten, aber gleichzeitig auch ein Reichtum an unzähligen anderen Formen. Ein konkretes Beispiel für Vielfalt kann die Gemeinde St. Marien in Winsen sein, die vor einigen Jahren auf die wachsende Anzahl von Geflüchteten in ihrer Region mit der Gründung eines internationalen Cafés reagiert hat. Auf den ersten Blick ist St. Marien eine klassische Gemeinde, bei genauerem Hinsehen entdeckt man eine große Vielfalt, denn nicht nur die Geflüchteten bringen neue Impulse, auch Ehrenamtliche, die sich bisher wenig oder gar nicht kirchlich verbunden fühlten, bringen sich seit Gründung des Cafés ein und werden Teil der Gemeinschaft oder sind mittlerweile sogar Mitglied des Kirchenvorstands. Dies ist jedoch auch ein wechselseitiger Prozess. Die Gemeinde bleibt nicht nur bei sich, sondern sucht auch Kooperationen vor Ort. Pastor und Superintendent luden Sportvereine, Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz, Volkshochschule und politisch Verantwortliche in Stadt- und Landkreis zu einem Koordinierungstreffen ein und schafften so Verknüpfungen. Veredelung als geistlicher Prozess St. Marien ist ein Beispiel veredelter Kirche. In ihr fi nden unterschiedliche Formen zusammen, fast wie im Weinberg. Es entsteht ein fruchtbarer Mix, der die Vielfalt und Pluralität gemeindlichen Lebens verkörpert. Dieser Mix beinhaltet traditionelles und innovatives, aber besonders den Wunsch, dass sich christliche Nachfolge vor Ort ganz praktisch entwickeln kann. Dieser Veredelung liegt in der Achtsamkeit auf Gott und den Kontext vor Ort eine wahrnehmende und wertschätzende Haltung zugrunde. Die Neugier am Anderen, die Bereitschaft, sich zusammenzutun und die Erkenntnis, dass man in der Gemeinschaft mehr erreichen kann als allein. Eine Kirche, die veredelt, nimmt die Stärken anderer wahr und ernst – und mehr noch, sie rechnet damit, dass in der Gemeinschaft noch mehr entstehen kann. In ihr verbinden sich unterschiedliche Milieus, Frömmigkeitsformen und Gepräge. So bekommt auch Ökumene hier eine ganz neue Bedeutung. Diese Veredelung ist weniger ein kirchenpolitischer Akt als ein geistlicher Prozess. Veredelung ist nicht nur im Weinberg ein aufwendiges Handwerk. Auch in der Kirchenlandschaft braucht sie für einen Paradigmen- und Haltungswandel Ausdauer und Kraft. Die Umstellung verspricht jedoch eine ausgewogenere Lebensgemeinschaft aus vielen Arten von Pflanzen: Schnellwachsenden oder sich eher langsam entwickelnden, Kranken und Gesunden – und eben keine reine Monokultur. Dieser Haltungswandel verändert das Miteinander im eigenen Nahbereich, aber auch im gesamten Kontext Kirche.

Dr. min. Sandra Bils ist Kirchenentwicklerin und als Pastorin der Ev.Luth. Landeskirche Hannovers für die ökumenische Bewegung Kirchehoch2 tätig. Berufsbegleitend hat sie sich als Sommelière ausbilden lassen und liebt es, beides miteinander zu verbinden.

„Die Veredelung ist weniger ein kirchenpolitischer Akt als ein geistlicher Prozess.“

Mehr Infos zum erwähnten Praxisbeispiel: https://www.st-marien-winsen.de/int-cafe


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Essen und Trinken am Tisch Herrn Abendmahl mit Menschen mit und ohne Behinderungen Raimar Kremer

1. Grundsätzliche Überlegungen zum Abendmahl mit Menschen mit Behinderungen a. Gottesdienstraum Ein festlich gedeckter Tisch, ein schön gestalteter Raum und die passende Musik gehören zu jeder Abendmahlsfeier dazu. Diese Aufgaben können Menschen mit und ohne Behinderung übernehmen und erfüllen. Dadurch wird der Gemeinschaftscharakter dieser Feier nicht nur im Vollzug, sondern schon im Vorfeld betont. So wird nicht nur der inklusive Gedanke der Teilhabe, sondern auch der der Teilgabe umgesetzt. Die Bedürfnisse der Menschen und die räumlichen Gegebenheiten bestimmen entscheidend, wie die Feier gestaltet wird. Gibt es Stufen in dem Raum? Kann ein Kreis oder Halbkreis um den Altar bzw. Tisch gebildet werden? Wie können Menschen mit Gehbehinderung und/oder Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen in den Kreis einbezogen werden? Wichtig ist: Niemand soll aufgrund der räumlichen Situation vom Abendmahl ausgeschlossen werden.

B

ehinderte und nichtbehinderte Menschen feiern – ganz im Sinne des inklusiven Gedankens – in Einrichtungen der Behindertenhilfe, in Förderschulen, in diakonischen Einrichtungen, aber auch in Gemeindegottesdiensten regelmäßig Abendmahl. Im Vordergrund der Abendmahlsfeier stehen Festlichkeit und Heiligkeit, aber auch die Gemeinschaft mit Christus und untereinander. Die Theologie dieser Gottesdienste ist eine elementare Theologie der Gnade: Alle sind eingeladen, auch wenn nicht alle alles verstehen (müssen). Diese Theologie nimmt ernst, dass Menschen mit Behinderungen in einem hohen Maß unter Sinnes-, Wahrnehmungs-, Bewegungs- und kognitiven Verarbeitungsunsicherheiten leiden. Sie nimmt aber auch vor allem das unmittelbare und spontane Gemeinschaftsempfinden und -erleben vieler Menschen mit Behinderungen auf. In der Vorbereitung der Gottesdienste und Abendmahlsfeiern ist dieser Theologie Rechnung zu tragen. Auf ein paar allgemeine und grundsätzliche Punkte möchte dieser Beitrag zunächst hinweisen. In einem zweiten Schritt soll auf die Spezifika von drei unterschiedlichen Formen der Behinderung im Zusammenhang mit dem Abendmahl näher eingegangen werden.

b. Abendmahlsliturgie Das Abendmahlsgeschirr kann kurz vor der Mahlfeier von Menschen mit Behinderung auf den Altar gestellt werden. Die Erfahrung zeigt: Sie werden das vorsichtig und mit viel Würde tun. Die Einsetzungsworte sollten in leichter Sprache erfolgen. Jesus ist in der Stadt Jerusalem. Er feiert mit seinen Freunden und Freundinnen ein Fest. Es ist der Abend vor seinem Tod. Sie singen Lieder. Sie essen miteinander. Sie trinken miteinander. An diesem Abend nimmt Jesus das Brot. Er dankt Gott. Er bricht das Brot. Jesus gibt das Brot seinen Freunden und Freundinnen. Er sagt zu allen: Nehmt und esst. Das ist Brot zum Leben. Das ist für euch. Das Brot macht euch satt. Es stärkt euren Körper und eure Seele. Dann nimmt Jesus den Kelch. Er dankt Gott. Jesus gibt den Kelch seinen Freunden und Freundinnen. Er sagt zu allen: Nehmt und trinkt. Das ist der Kelch zum Leben. Der ist für euch. Der Saft der Weintraube stärkt euch. Er löscht euren Durst nach Gemeinschaft. Ihr alle seid verbunden mit mir. Und ihr seid verbunden mit Gott im Himmel. Für immer.


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PRAXIS

c. Austeilung Hier gilt: je normaler – desto besser. Das „Normale“ sollte jedoch individuell variierbar sein (z. B. Brot in die Hand legen oder in den Mund), um so den Menschen mit unterschiedlichem Assistenzbedarf gerecht zu werden. Es empfiehlt sich, bei Menschen mit Einschränkungen im Ess- und Schluckbereich, kurz leise mit der begleitenden Person abzuklären, ob ein großes oder kleines Stück (Fladen-) Brot gereicht wird oder ob bei einer Schluckbehinderung keine Speise gereicht werden darf. In diesem Fall kann die Person durch Handauflegung gesegnet werden. Das Abendmahl mit Brot/Fladenbrot, Traubensaft und Kelch zu feiern, hat sich als gute Form herausgestellt. Es ist jedoch zu bedenken, dass viele Menschen mit Behinderung die kleinen Kelche nicht richtig halten können. Auch hier besteht Assistenzbedarf. Dort wo es geht, können auch abendmahlserfahrene Menschen mit Behinderung bei der Austeilung mithelfen. d. Körpersprache des Liturgen/der Liturgin Wichtig für Abendmahlsgottesdienste mit Menschen mit und ohne Behinderung ist, dass der Liturg oder die Liturgin authentisch ist, eine echte Ausstrahlung hat und die Worte, die er/sie spricht, auch gut verkörpert. Der Körper verkündigt mit: durch Mimik, Gestik, Haltung und Klang der Stimme. Eine offene und zugewandte Körpersprache kann vieles nonverbal verdeutlichen, was vielleicht sprachlich nicht verstanden wurde. So kann zum Beispiel der Zuspruch der Vergebung mit ausgebreiteten Armen (ähnlich der Segenshaltung) gesprochen und ausgedrückt werden. Oder: Bei kleineren Abendmahlsgemeinden kann jede/jeder in den Arm genommen werden. Gott vergibt dir. Was du getan, gedacht oder geredet hast, ist nicht mehr wichtig. So wie ich dich umarme, so umarmt dich auch Gott mit seiner Liebe und Vergebung. Amen

2. Spezielle Überlegungen zum Abendmahl mit Menschen mit Behinderungen a. Sehbehinderte und Blinde beim Abendmahl Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Sehbehinderte und Blinde kommen zum Gottesdienst, gehen aber selten zum Abendmahl. Das hat verschiedene Gründe. Ein Grund sind die sehr unterschiedlich gestalteten Gottesdiensträume. Für Sehbehinderte und Blinde ist es schwierig, sich dort alleine zurechtzufinden. Zum Abendmahl stellt man sich meist im Halbkreis oder Kreis um den Altar auf. Bei den damit verbundenen Wegen sind Sehbehinderte und Blinde auf Hilfe angewiesen. Sie brauchen eine Begleitperson, die sie im wahrsten Sinne des Wortes „an die Hand nimmt“. Fehlt diese, bleiben sie dem Abendmahl fern. Ein zweiter Grund sind die oft zu komplizierten und unterschiedlichen Austeilungsformen (Einzelkelch, Gemeinschaftskelch, Wein, Traubensaft).

Diese Unsicherheit führt dazu, dass Sehbehinderte und Blinde lieber sitzenbleiben. Trotzdem können Sehbehinderte und Blinde zum Abendmahl ermutigt werden. Folgendes ist dabei zu bedenken: 1. Der Ablauf der Abendmahlsfeier sollte deutlich erklärt werden. 2. Gesangbücher in Großdruck sollten in jeder Kirche vorhanden sein, so dass Sehbehinderte die (Abendmahls-) Lieder mitsingen können. Die Lieder sollten jeweils mit Nummer und der ersten Textzeile laut angesagt werden. Blinde können viele Gesangbuchlieder auswendig! 3. Bitte, fragen Sie den sehbehinderten oder blinden Menschen, falls er/sie alleine kommt, ob Sie (oder jemand aus der Gemeinde) ihn zum Abendmahl begleiten soll. Tun Sie dies schon im Vorfeld des Gottesdienstes und nicht unmittelbar vor dem Abendmahl. 4. Kommt ein sehbehinderter Mensch mit einer Begleitperson zum Abendmahl, sprechen Sie ihn mit seinem Namen an (wenn Sie ihn kennen) oder berühren Sie leicht seinen Arm oder seine Schulter. So weiß er, dass er jetzt bei der Austeilung an der Reihe ist. 5. Brot/Hostie und Kelch sollten direkt in die Hand gegeben werden. Der sehbehinderte und blinde Mensch erwartet diese Berührung. 6. Benutzen Sie bei der Liturgie ruhig das Wort „sehen“ (z. B. beim „Sehet und schmecket wie freundlich der Herr ist“). Auch Sehbehinderte und Blinde benutzen dieses Wort in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch! b. Schwerhörigkeit und Abendmahl Nach einer wissenschaftlichen Studie haben rund 20% der Menschen in Deutschland Schwierigkeiten beim Hören. Sie sind dadurch in unterschiedlicher Weise in der Kommunikation mit ihrem Umfeld beeinträchtigt. Bedenkt man, dass der größte Teil unserer Gottesdienstbesuchenden ältere Frauen und Männer sind, liegt der Anteil der Schwerhörigen in unseren Gottesdiensten viel höher; im Schnitt sind 80% der 70-Jährigen zumindest mittelgradig schwerhörig. Diese Hörschädigung grenzt viele Menschen aus – auch vom Abendmahl. Aus Angst, etwas misszuverstehen oder etwas falsch zu machen, weil sie es nicht richtig gehört haben, bleiben sie lieber sitzen und berauben sich damit selbst der Teilnahme am Sakrament bzw. der Mahlfeier und einer elementaren Erfahrung. Die Möglichkeiten, wie Schwerhörige am Abendmahlgeschehen teilnehmen können und damit nicht von vornherein ausgegrenzt werden, sind einfach: 1. Um die Hörbehinderung für Menschen mit einem Hörsystem zu verringern, sollte der Gottesdienstraum mit einer Induktionsschleife ausgerüstet sein, denn selbst gute Lautsprecher alleine nützen Hörgerätetragenden selten. 2. Gesprochene Worte sollten visualisiert werden, z. B. mit einer Power-Point-Präsentation oder Overhead-Folien, so dass hörgeschädigte Menschen das Abendmahl „mitlesen“ können. Wichtig ist dies nicht nur bei den Regieanweisungen (Einzelkelch, Gemeinschaftskelch, Traubensaft, Wein). Hier sind Schwerhörige am unsichersten.


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3. Wo das nicht möglich ist, kann schwerhörigen Gottesdienstbesuchern die Abendmahlsliturgie ausgedruckt und als Handout zur Verfügung gestellt werden. 4. Darüber hinaus sind für das bessere Verstehen eine deutliche Artikulation und gute Lichtverhältnisse hilfreich. Geübte können einen erheblichen Anteil der Sprache vom Mund ablesen. c. Gehörlose in einem Gottesdienst für Hörende Gehörlosigkeit ist eine unsichtbare Behinderung. Man bemerkt sie erst, wenn man eine betroffene Person anspricht. Vielleicht reagiert sie nicht, weil sie nichts verstanden hat. Oder sie antwortet in Gebärdensprache. Diese Sprache ist eine visuelle Sprache, in deren Mittelpunkt Handzeichen (Gebärden) stehen, in der aber auch Mimik, Körperausdruck und tonlos gesprochene Worte (Mundbilder) eine große Rolle spielen. Gebärden werden zu Folgen und Sätzen verknüpft, jedoch mit einer anderen Reihenfolge als Lautsprache, mit eigenständiger, visueller Grammatik. Aus diesem Grund werden Gehörlose nur in Ausnahmefällen (wie z. B. Konfi rmation) den Gottesdienst einer hörenden Gemeinde besuchen und dort zum Abendmahl gehen. Nimmt aber nun eine Gehörlose oder ein Gehörloser an einem solchen Gottesdienst teil, und ist diese dem Liturgen/ der Liturgin bekannt, kann und soll die betreffende Person am Gottesdienstgeschehen und am Abendmahl beteiligt werden. Dies erfordert im Vorfeld eines Gottesdienstes einige wenige Vorbereitungen. Eine Einbindung von Menschen mit Gehörlosigkeit in einen hörenden Gottesdienst kann durch einen Dolmetscher

oder eine Dolmetscherin erfolgen. Hier ist zu bedenken, dass sich manche Dolmetschenden vorbereiten müssen. Deshalb muss er/sie frühzeitig die Texte des Gottesdienstes haben, auch die Abendmahlliturgie. Ist dieser Idealfall nicht umsetzbar, können Gehörlose dennoch am Gottesdienstgeschehen und am Abendmahl beteiligt werden. 1. Der ganze Gottesdienst (mit allen liturgischen und homiletischen Texten) kann in kopierter Form zur Verfügung gestellt werden. 2. Werden Gottesdienstzettel gemacht, so kann mit Piktogrammen von Brot und Kelch auf das Abendmahl hingewiesen werden. Solche Visualisierungen helfen Gehörlosen sich zu orientieren. Kostenlose Symbole/Sinnbilder zum Downloaden fi nden Sie im Internet. 3. Wenn zum Abendmahl eingeladen wird, kann dies auch in Gebärdensprache geschehen. Mit beiden Zeigefi ngern kann die Liturgin oder der Liturg zunächst das eigene Herz nachzeichnen. Diese Gebärde steht für „herzlich“. Danach werden die Arme vor der Brust ausgetreckt, die Handflächen zeigen nach oben. Beide Arme werden anschließend langsam Richtung Körper gezogen. Diese Gebärde steht für „willkommen“. 4. Die Sprache, die verwendet wird, sollte möglichst einfach sein, wie z. B. die Einsetzungsworte, da eine nicht geringe Zahl von Menschen mit Gehörlosigkeit Probleme beim Lesen hat.

Dr. Dr. Raimar Kremer ist Pfarrer und Studienleiter am Zentrum Seelsorge und Beratung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Foto: Dagmar Brunk


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Di e b ewä h rt e Arb eits h i lfe f ü r d e n ge l u n ge n e n Ki n d ergot tes d i ens t Kopiervorlagen und weitere Materialien als Download zum Buch Sabine Meinhold (Hrsg.)

Gottesdienste mit Kindern Handreichungen von Neujahr bis Christfest 2020 352 Seiten | 14,5 x 21,5 cm mit zahlr. Abb. | Paperback EUR 19,00 (D) ISBN 978-3-374-05912-6

Für jeden Sonntag des Jahres 2020 bietet diese praxiserprobte Handreichung komplett ausgearbeitete Kindergottesdienste nach dem Plan des Gesamtverbandes für Kindergottesdienst. In fünfzehn thematischen Einheiten finden sich Anregungen für unterschiedliche Altersstufen und Gruppenstärken. Außerdem sind enthalten: Gestaltungsvorschläge für Familiengottesdienste, für Gottesdienste zur Jahreslosung und zum Schulbeginn, Entscheidungshilfen für monatliche Kindergottesdienste sowie Hinweise zu den Bibeltexten und Themen, Liturgievorschläge, Erzähl- und Anspieltexte, Gesprächsimpulse, Anregungen für kreative Gestaltung, Spielanleitungen, Lieder und Kopiervorlagen. Die Kopiervorlagen sowie weitere Materialien sind als Download verfügbar. Neu mit AudioDateien und Powerpoint-Präsentationen!

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Genussvoll glauben Biblisches Whisky-Tasting

und biblisches Kaffee-Cupping Kuno Klinkenborg

Am Anfang stand die Idee, ein kirchliches Angebot zu erarbeiten, das Menschen anspricht, die sonst eher selten in der Gemeinde auftauchen. Es sollte in das Lebensgefühl der Menschen von 25 bis 55 Jahren passen und die Bibel ins Gespräch bringen. Es sollte auch möglichst ohne großen Aufwand für Gemeinden durchführbar sein und dennoch qualitativ hochwertig bleiben. Dazu hat das Institut für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste der Ev. Kirche von Westfalen (igm) genussvoll glauben erfunden. Das Thema Genuss steht im Vordergrund. Laut Defi nition1 ist Genuss „eine positive Sinnesempfi ndung, die mit körperlichem und/oder geistigem Wohlbehagen verbunden ist“. Was man genießen kann, tut gut und baut auf. Nicht umsonst hat ja auch der Kirchenvater Augustin das frui deo in den Mittelpunkt seiner Ethik gestellt: Gott genießen. Augustin war es wichtig, dass wir nicht Gott gebrauchen, um das Weltlich-Irdische genießen zu können, sondern dass wir im Gegenteil das Weltlich-Irdische gebrauchen sollen, um Gott zu genießen. Genuss hat eine religiöse Dimension. So sagt es auch der 1. Timotheusbrief 6,17: „Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen.“ Natürlich folgt dann in V. 18 auch die Aufforderung zum Gutes tun. Aber die Formulierung ist schon schön: Gott bietet uns alles reichlich dar, um es zu genießen. Es heißt nicht zuerst: um es zu nutzen, um es zu sammeln, um es zu horten. Genuss steht im Vordergrund.

„Gott sagt: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offb. 21,6) 1 https://de.wikipedia.org/wiki/Genuss – (Stand: 11.05.2019)

Biblisches Whisky-Tasting In der Folge entstand dann 2018 das biblische Whisky-Tasting. Die Jahreslosung 2018 passte perfekt. „Gott sagt: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offb. 21,6) Whisky passte so gut, weil für das lebendige Wasser in der gälischen Bibelübersetzung uisge beatha steht. Dieses ist der Ursprung des Begriffes Whisky. Whisky heißt: Lebenswasser bzw. lebendiges Wasser. Es gab natürlich auch einige (überraschend wenige) kritische Nachfragen: Alkohol und Kirche, geht das? Darf man das? Wir meinen: Ja. Denn es geht bei einem Whisky-Tasting um alles andere als um ein Besäufnis. Sogar das Gegenteil ist der Fall. Es geht um den Genuss. Es geht um die Sorgfalt, mit der Whisky hergestellt wird, um die Zeit, die man ihm zur Reifung lässt. Wer Alkohol nur konsumieren will, für den ist der Weg, dieses mit Single Malt Whisky zu machen, ein teures Vergnügen. Auch sind die Mengen gering, die beim Whisky-Tasting verköstigt werden. Der Abend sollte auch nie umsonst sein, sondern sich durch eine Teilnahmegebühr selber finanziell tragen. Überhaupt ist die Geschichte des Alkohols in Europa eine mit der christlichen Geschichte verknüpfte. Die Klöster als Horte der medizinischen Kunst und Wissenschaft verbreiteten die Kunst der Destillation. Die erste schriftliche Erwähnung von Whisky hängt mit dem Kauf von Gerste zur Destillation durch einen Mönch zusammen. Genussvoll glauben bringt genussvolle Bibeltexte mit genussvollem Essen und genussvollem Whisky zusammen. Es ist ein ganzheitlicher Abend, der auch für Nicht-Whiskytrinker spannend sein kann. Es wird gesehen, gehört, gerochen, geschmeckt. Austausch und Begegnung stehen im Vordergrund. Überaschend gut kam dieses Projekt in ganz Deutschland an. Wir bekommen etwas davon mit, weil wir für die Durchführung vor Ort Glencairn Nosinggläser ausleihen. Schließlich braucht man für eine Durchführung ca. 80 Gläser. Unser Paket reist durch die Republik und war schon in Ostfriesland, im Breisgau, bei Hamburg, in Franken und natürlich an vielen Orten in Westfalen.


PRAXIS

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ABWEGIG?!

Fotos: Lichtbildmanufaktur Oliver Ackers für jungepartner.de

Biblisches Kaffee-Cupping Aufgrund des Erfolges haben wir uns nun für ein zweites Projekt entschieden, das den Zusammenhang von Genuss und Glauben aufnimmt: das biblische Kaffee-Cupping. Offiziell vorgestellt wurde es das erste Mal auf dem Kirchentag in Dortmund. Kaffee ist ja nicht nur Wachmacher, sondern gerade auch Genuss. Und dabei denken wir nicht nur an Latte Macchiato oder Cappuccino oder Espresso. Besonders die vielen kleinen Röstereien, die wie Pilze aus dem Boden schießen, erschließen ganz neu die vielfältigen Kaffeegenüsse. Von der Kaffeekirsche bis zur fertigen Röstung sind die Möglichkeiten ähnlich groß wie beim Whisky. Je mehr wir uns bei der Vorbereitung in die Materie vertieften, desto begeisterter wurden wir selbst. Kaffee passt gut zur Bibel und zum Glauben. Wo kommt Kaffee in der Bibel vor? Gleich am Anfang, im ersten Kapitel: Am dritten Tag schuf Gott die Pflanzen, Bäume, Sträucher. Also auch den Kaffee. Und schmerzlich vermisst wird er im Evangelium nach Markus 14,37–41. Petrus, Jakobus und Johannes, die drei engsten Jünger von Jesus, schaffen es nicht, auch nur eine Stunde wach zu bleiben. Dreimal schlafen Sie ein. Mit Kaffee wäre das (vielleicht) nicht passiert. Bis zum Redaktionsschluss für diesen Text war aber leider noch nicht klar, ob das Kaffee-Cupping ähnlich viele Freunde findet wie das Whisky-Tasting.

Kuno Klinkenborg ist im Arbeitskreis Perspektiventwicklung am Institut für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen tätig.

Bei beidem ist auch das Essen wichtig. Zum Whisky-Tasting gehören vier kulinarische Leckerbissen, damit auch die NichtWhiskytrinker etwas zum Kosten haben, beim Kaffee-Cupping – da es normalerweise wohl nicht abends stattfinden wird – geht es etwas bescheidener, aber nicht weniger genussvoll lecker zu. Und die biblischen Genüsse? Das vor allem hat uns bei diesen Projekten geleitet, auch Bibeltexte genussvoll beizusteuern. Vier (Whisky-) bzw. drei (Kaffee-) Impulse werden ähnlich portioniert beigesteuert. Mal eher meditativ, mal mit kleinen Gesprächsimpulsen begleiten sie die Veranstaltungen. Visuell aufbereitet, niederschwellig und nie länger als zehn Minuten. Lebensbereichernde Genussimpulse aus dem Wort Gottes.

Das Buch zum Projekt „genussvoll glauben“ ist im igm-Verlag für 19,50 € zu bestellen und bietet auch den Zugang zu den Präsentationen für die Bibeltexte. Das Begleitheft für Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostet 2,50 €. Mehr Informationen: https://www.amd-westfalen.de/begegnen-einladen/ genussvoll-glauben/


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Wie wir im Namen Jesu zum Abendmahl einladen Einsichten und Überlegungen der EKBO mitten im Prozess Christina-Maria Bammel

W

ie laden wir im Namen Jesu zum Abendmahl ein? Kommen wir darüber ins Gespräch! So etwa lautete die synodale Verabredung in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz im Herbst 2018: Landeskirchenweit miteinander zu beraten, das war die Absicht. Ihr war bereits ein Sommer mit verschiedenen Abendgesprächen in den drei Sprengeln der Landeskirche vorausgegangen. Insbesondere eine Frage interessiert: Wer ist zum Abendmahl zugelassen? Passt es zu unserem Glaubensund Kirchenverständnis, von Zulassung zu sprechen? Oder engt dies die Weite der Einladung zum Mahl am Tisch des Herrn unnötig ein? Eine Redaktionsgruppe aus dem Synodalen Ausschuss für Theologie, Liturgie und Kirchenmusik erarbeitete Thesen als Gesprächsimpuls und auch die Kirchenleitung widmete sich dem Thema. Die Landessynode beschloss schließlich, an allen Orten unserer Landeskirche Gelegenheit zur Diskussion der zum Teil kontroversen Fragen zu geben. Kann denn eine ganze Landeskirche darüber ins Gespräch gehen? Und wer ist Wir – die Gemeindeleitenden, die mittlere Ebene, die Kreissynoden, alle Gemeindemenschen? Und wo verlaufen in diesem Themenfeld die Konfliktlinien in diesem Wir? Es haben viele Gespräche in den Pfarrkonventen, auf Fachkonferenzen, auf Kreissynoden, in Gemeinde- und GKR-Abenden, mit den Verantwortlichen der Landeskirchlichen Gemeinschaften stattgefunden. Begleitet wurden diese Aussprachen von der Möglichkeit, sich online zu äußern. Rund 180 Menschen haben diesen Weg gewählt. Man spürt es in den Diskussionen immer wieder: Es geht um einen wesentlichen Punkt des kirchlichen Handelns! Persönliche Erfahrungen, erinnerte positive Erstbegegnungen, aber auch erfahrene Zurückweisung und Enttäuschung rund um die Gemeinschaft am Tisch des Herrn wollten zur Sprache gebracht werden. Das Thema ist vielschichtig und wirft gleich mehrere Fragen auf, z.B.: Wie halten wir es mit der Teilnahme von Kindern am Abendmahl? Was ist mit den Menschen auf dem Weg zur Taufe? Spielt Kirchenzucht in diesen Zusammenhängen eine Rolle? Am Beispiel der ersten Frage will ich die Diskussionen etwas anschaulicher werden lassen:

Wie halten wir es mit der Teilnahme von Kindern am Abendmahl, die getauft, aber noch nicht konfirmiert sind? Die in der EKBO zur Diskussion gestellte These lautete: Alle getauften Menschen sollen von Anfang an auch vertraut werden können mit dem Sakrament des Abendmahls – unab-

hängig von Alter oder individuellen intellektuellen oder körperlichen Zugangsmöglichkeiten. Auf dem Boden der Schrift, theologisch und entwicklungspsychologisch spricht alles dafür, Kinder deutlich vor dem Beginn der Pubertät mit dem Abendmahl vertraut zu machen. In einem Alter, das von Neugier geprägt ist, bestehen gute Möglichkeiten, Kinder altersgerecht vorzubereiten und selbstverständlich in die gottesdienstliche Feier einzubinden. Kinder sollten von Beginn an – auch affektiv – lernen, dass sie genauso zu Christus gehören wie ihre Eltern und Verwandten. Wenn wir das Abendmahl so diskutieren, stehen selbstverständlich die unterschiedlich geprägten Schriftverständnisse mit zur Diskussion. Sei denn biblisch eindeutig bezeugt, dass Kinder am Abendmahl teilgenommen hätten? Begleitet war dieser Einwand auch von der Sorge, dass das angemessene Sündenverständnis fehlen könnte. Sorge um die würdige Teilnahme von Kindern wurde geäußert. Dass Paulus in seiner Rede vom würdigen und unwürdigen Essen keine Kinder vor Augen hatte, musste immer wieder neu betont werden. Die Mehrheit spricht sich bislang dafür aus, Kinder aktiv einzubeziehen und teilhaben zu lassen. Begründet wird dies damit, dass auch Erwachsene das Geheimnis der Gegenwart Gottes nicht vollständig erfassen können. Argumentiert wird auch, dass die Konfirmation keine Zäsur setzen sollte im Sinne einer Hürde, die zu nehmen sei. Vielmehr möge die Konfirmation der Höhepunkt einer liebevoll und behutsam eingeübten Praxis sein. Dabei wird allerdings auch auf den Eltern- und Patenwillen hingewiesen. Insgesamt wird unter den befürwortenden Stimmen eine nachhaltige gemeindepädagogische Begleitpraxis für das Hineinwachsen der Jüngsten in die Tischgemeinschaft gefordert. Ausdruck der Wertschätzung der kommenden Generationen sei dies allemal. Übrigens äußerte sich bisher die Hälfte der Online-Teilnehmenden ausgesprochen positiv und bejahend zur Frage, ob Kinder, die noch nicht getauft sind, die sich durch Eltern, Familien und Gemeinde begleitet auf dem Taufweg befinden, ebenfalls zum Abendmahl zugelassen sein sollten. Es wurde argumentiert, dass Gotteskindschaft nicht von der Taufe abhänge, dass dagegen ein Ausschluss in jungen Jahren nachhaltigen negativen Eindruck hinterlassen würde. Darüber hinaus sei eine Abweisung nicht evangeliumsgemäß und käme einer Anmaßung gleich, die Christen nicht zusteht. Ein Viertel der Befragten lehnt hingegen die Abendmahlseinladung von Kindern auf dem Taufweg ab: Wer mit der Taufe wartet, müsse auch mit dem Abendmahl warten – und: eine solche Weitung der Einladung würde letztlich alle und keinen


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HINTERGRÜNDE

Foto: epd-bild / Jens Schulze

erreichen. Und was sei mit der eigenen Mitgliedschaft? Sei diese denn nichts mehr wert? Zudem müsse das Ritual der Taufe gestärkt werden. In den Diskussionen wurde hin und wieder ein Unterschied gemacht zwischen Ungetauften unter 14 und ungetauften Erwachsenen. Kindern sei schwerer ein Ausschluss zu vermitteln, und zudem könnte er auf Jahre hinaus tief prägend sein. Erwachsene sollten das Ritual der Taufe nach angemessener Vorbereitung erfahren, um eben erst danach Gast am Tisch der Abendmahlsgemeinschaft zu werden. Somit äußerten sich bislang knapp unter 50% der Befragten zugunsten einer Abendmahlsteilnahme von erwachsenen Menschen auf dem Weg zur Taufe.

Ein Prozess mit offenem Ausgang Bei der Auseinandersetzung mit diesen Fragen wurde deutlich: Gemeindekulturen und -traditionen stoßen aufeinander: Während in einigen Gemeinden und Kreisen die Sorge formuliert wird, dass das Abendmahl missionarisch verzweckt werden soll, dass Bekenntnis und Ernsthaftigkeit relativiert würden, plädiert eine Mehrheit für ein erneuertes Anknüpfen an die verschiedenen frühchristlichen Mahlgemeinschaften in Weite und konsequent einladender Haltung. Kritisch

wurde gefragt, ob liturgische und geistliche Fragen derart mit Kirchenrechtsfragen verbunden werden könnten? Sind sie ja schon. Und darum geht es ja gerade – Praxis und Ordnung miteinander abzugleichen. Die sichtbare Gemeinschaft am Tisch kann schnell Zankapfel werden und widerspricht dann dem, worum es geht: Gemeinschaft. Kann eine ganze Kirche so ins Gespräch kommen, dass nicht allein demokratisch Mehrheiten über Kernfragen der Glaubenspraxis entscheiden, sondern dass ein Konsens gefunden ist? Die kommende Herbstsynode wird dazu beraten. Wie auch immer das Resultat sein wird, wir wissen: Nicht wir laden ein, der auferstandene Christus lädt an den Tisch der Gemeinschaft mit Gott. Wir geben diese Einladung weiter. Die Gemeinschaft am Tisch zeigt, was wir sind und was wir sein werden: Kinder Gottes, Glieder am Leib Christi. Das ist die Grundeinsicht unseres Glaubens – und es ist unsere Verantwortung, immer wieder zu fragen, ob unsere Abendmahlspraxis dieser Grundeinsicht entspricht und ob die Regelungen dazu, die notwendigen kirchlichen Ordnungen, angemessen sind, das heißt: ob sie die Einsicht in den Segen und in das bleibende Geheimnis dieser Gemeinschaft verdunkeln oder befördern.

Dr. Christina-Maria Bammel leitet das Referat Kirchliches Leben im Konsistorium der EKBO in Berlin.


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30 köstliche Rezepte laden dazu ein, sich durch die Bibel zu kochen und zu backen. Manchmal ganz klassisch, manchmal lehnen sich die Gerichte aber eher an biblische Geschichten an und übertragen sie in die heutige Küche – ein Kochbuch mit Genussgarantie! Gewürzt ist dieses Kochbuch mit Impulsen von Ulrike Verwold, die zum Nachdenken darüber anregen, was die biblischen Geschichten mit unserem Lebensalltag zu tun haben. Gutes für Leib und Seele – im besten Sinne wohltuend und gut verdaulich.

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Agapemahlfeier Marit Krafcick

Gastmähler und Mahlfeiern waren in der Antike gang und gäbe. Menschen pflegten dort Gemeinschaft, sättigten sich, genossen Speis und Trank, besprachen wichtige Dinge und feierten dabei oft religiöse Riten. So hielten auch die frühen Christen Mahlfeiern zur Stärkung ihrer Gemeinschaft, zur Erinnerung an Jesus sowie zur Regelung praktischer Fragen des Gemeindelebens. Anfangs war mit diesem Mahl auch der besondere Ritus verbunden, den Jesus bei seinem letzten Mahl gefeiert hatte. Daraus entwickelte sich später die Eucharistiefeier. Das Mahl zur Stärkung der Gemeinschaft in

solidarischer Liebe, daher Agapemahl, gab es zwei, drei Jahrhunderte lang. Dann verschwand es, wohl auch weil sie mitunter ausuferten. Im 20. Jahrhundert wurde die Agapefeier wiederentdeckt. Eine solche Feier kann zu Menschen passen, die liturgisch eher ungeübt, aber am christlichen Glauben interessiert sind. Ebenso zu Christen, die ihre Verantwortung als Getaufte ernst nehmen und ihrem Glauben hin und wieder in einer anderen liturgischen Form Ausdruck geben wollen. Die wiederentdeckte Mahlfeier der frühen Christen lässt sich gut auf Anlass und Teilnehmende zuschneiden.

Ablauf Votum Liturg/Liturgin: Wir feiern dieses Agapemahl im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wir vertrauen Gott, denn unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Lied: Gelobt sei deine Treu Psalm (im Wechsel zu lesen) Alle: Zu dir komme ich als Gast Du lädst mich ein an deinen Tisch. Liturg/Liturgin: Du sorgst für mich, Gott. Du gibst mir zu essen und zu trinken. Du deckst mir den Tisch, so dass kein Mangel ist. Du gibst mir, was ich zum Leben brauche. Alle: Zu dir komme ich als Gast. Du lädst mich ein an deinen Tisch. Liturg: Du lässt mich bei dir ausruhen, Gott, Du stärkst mich und gibst mir neue Kraft. Bei dir kann ich Atem schöpfen. Bei dir finde ich Stärkung für Körper und Seele. Alle: Zu dir komme ich als Gast Du lädst mich ein an deinen Tisch Liturg/Liturgin: Bei dir kann ich mich geborgen fühlen und finde Zuflucht, wenn es nötig ist. Von deinem Tisch gehe ich gestärkt wieder fort. Denn du sorgst für mich, Gott. Dank sei dir dafür!

Alle: Zu dir komme ich als Gast Du lädst mich ein an deinen Tisch. Lied: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt Eingangsgebet Liturg/Liturgin: Hier sind wir, Gott, genauso wie du uns kennst: Stark und schwach, hoffnungslos und mutig, mal überwiegt der Glaube, mal ist der Zweifel größer. Wir sind nicht abgrundtief schlecht, aber auch keine Heiligen. Du kennst uns. Vor dir müssen wir uns nicht größer machen, als wir sind. Hier sind wir, Gott Genauso, wie du uns kennst. Und dennoch glauben wir, dass so unter uns dein Reich aufleuchtet. Amen Die einzelnen Gegenstände können von verschiedenen Teilnehmenden in die Mitte zu einem Tisch gebracht und von den folgenden Worten begleitet werden: Weiße Tischdecke Wir sind von Gott eingeladen und feiern gemeinsam. Der Tisch soll festlich gedeckt sein. Wir erwarten viel – wir bekommen viel. Gottes Fest beginnt nicht eines Tages am Ende der Zeit, sondern heute und hier bei uns. Blumen Gottes Fest feiern wir auf dieser Erde. Die Gaben der Erde schmücken diesen Tisch. Wir sind an diese Erde gebunden und Gottes Erde ist auf uns angewiesen. Wir erbitten Gottes Segen für unsere Erde. Aktuelle Zeitung Ich habe diese Zeitung mitgebracht. Wir feiern Gottes Fest heute und hier, eingebunden in all das, was Menschen ein-


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KIRCHENJAHR / ENTWÜRFE

Glaubensbekenntnis Liturg/Liturgin: Ich glaube an dich, Gott, du bist die Quelle des Lebens. Du sorgst dich um uns. Von der Geburt bis über den Tod hinaus bleibst du unser Halt.

ander antun. Gott hört die Schreie nach Gerechtigkeit und Frieden, auch während wir uns an diesem Tisch versammeln. Und wir vergessen nicht, was uns auf der Seele liegt, wenn wir gleich miteinander teilen.

Ich glaube an dich, Jesus Christus, du bist das Brot des Lebens. Du bringst uns Gott ganz menschlich nah. In guten und schweren Zeiten stellst du uns Gottes Gerechtigkeit und Frieden vor Augen.

Bibel Ich lege die Bibel in unsere Mitte. Sie erzählt von Gott, von Jesus und von Menschen mit ihren besonderen Erfahrungen. Aus der Bibel hören wir Worte, die uns trösten und Mut machen. Sie ist Gottes Wort für uns.

Ich glaube an dich, Heiliger Geist, du bist der Atem unseres Lebens. Du lockst uns über unsere Grenzen hinaus. Gegen Ohnmacht und Mutlosigkeit leihst du unserer Kraft deine Flügel. Amen

Kreuz Ich stelle das Kreuz in unsere Mitte. Das Kreuz erinnert uns an Jesus, an seinen Tod und an sein neues Leben.

Lied: Bist zu uns wie ein Vater

Brot Ich habe Brot gebracht. Symbol des Lebens und des Überlebens. Symbol für den Leib und die Hingabe Jesu Christi. Wenn wir es brechen, so wird es zum Symbol der Gemeinschaft und des Teilens. Brot gibt es und dazu Worte, die wir uns nicht selber sagen können: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, du bist mein. Jes 43,1

Liturg/Liturgin: Gott, wir danken dir für dieses Mahl der Liebe. Wir danken dir für das Brot und die Weintrauben, für das Zusammensein und die Vergewisserung, dass du uns versorgst mit Brot vom Himmel. Im Zusammensein erkennen wir die Zeichen deiner Liebe.

Weintrauben Ich habe Weintrauben mitgebracht. Viele Trauben werden zu Wein, zu Saft, belebend, funkelnd, begeisternd, zu Zeichen der Leidenschaft für das Leben. Symbol für Jesus Christus, pulsierendes Leben, in Besitz genommen von der Liebe Gottes und der Vision von einer neuen Welt. Wenn wir Trauben essen, Saft trinken, so wird das zum Gleichnis für Jesu Einkehr in uns.

Dankgebet

Gott, wir bitten dich für alle, die wir lieb haben in der Nähe und in der Ferne, für die Menschen, mit denen wir in unseren Gemeinden und an unseren Arbeitsstellen zusammenleben, für unsere Freunde und für Menschen, mit denen wir es schwer haben. Lass uns die gegenseitige Liebe nicht vergessen, füreinander sorgen und daran denken, dass wir mit deiner Liebe leben. Vater unser Lied: Wenn das Brot, das wir teilen

Gebet Segen Liturg/Liturgin: Segne uns dieses Liebesmahl, das wir aus deiner Schöpfung bereitet haben. Lass uns daraus Kraft und Fröhlichkeit schöpfen. Segne uns, Gott, in unserem Zusammensein hier am Tisch, damit wir in Frieden miteinander leben und aufeinander Acht geben. Lied: Lobe den Herrn meine Seele Mahlzeit

Liturg/Liturgin: Gottes guter Segen sei mit euch, wenn ihr das Leben teilt, sei um euch, wenn euch Schwierigkeiten des Alltags bedrängen, sei unter euch, wenn ihr das Gefühl habt, den Halt zu verlieren, sei über euch heute und morgen und an allen Tagen eures Lebens. Amen.

Liturg/Liturgin erklärt den Ablauf der Mahlzeit Die Gaben – Brot und Trauben – werden weitergereicht an den Nachbarn mit den Worten: Gott schenkt sich dir. Er hat dich lieb. Biblischer Text LK 8,4–8 und Text „Ein Mensch wie Brot“ (Lothar Zenetti, Auf Seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht, Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag 2000, Topos plus Taschenbücher 327.)

Marit Krafcick ist Kreisreferentin für die Arbeit mit Kindern und Familien im Kirchenkreis Eisleben – Sömmerda und Leiterin des christlichen Jugendund Kulturzentrums TheO’door.


58 Am Anfang ist die Stimmung meist angespannt. Nach der Vorstellungsrunde, in der sie erzählen, was sie mit der Christophoruskirche verbindet, lockert sich viel. Manche wurden hier getauft, konfirmiert, getraut, haben Konzerte genossen, andere schauen am Kirchturm, wie spät es ist, oder trinken ihr Bierchen am liebsten auf der Bank vor der Kirche. Einige sind heute zum ersten Mal hier. Das Alter ist bunt gemischt zwischen 9 und 89 Jahren. Mit der Zeit ist uns klar geworden, dass das gemeinsame Essen am Heiligen Abend vor allem Anlass für Seelsorge bietet. Daher ist es wichtig, Menschen im Team zu haben, die ausschließlich zum Zuhören und für Gespräche da sind.

… und sie fanden einen Raum in der Herberge! Friedrich Böhme

Am Heiligen Abend feiern wir die Geburt unseres Herrn Jesus Christus – in den verschiedenen Gottesdiensten wie gewohnt. Und was geschieht dazwischen? Viele gehen nach Hause, feiern dort mit ihren Familien und Freunden, manche sind weggefahren. Einige aber sind allein oder können nicht feiern, weil ihnen dafür die Menschen, die Mittel oder einfach die innere Kraft fehlen. Sie alle laden wir herzlich zu einem gemeinsamen Weihnachtsessen ein!

Ich kann Sie nur ermuntern, ähnliche Angebote in Ihrer Gemeinde zu schaffen. Sie können nur beschenkt werden! Gern gebe ich Ihnen bei Bedarf weitere Informationen. Wir setzen mit unserem Handeln wertvolle Zeichen im Kiez, in der Region und in den Menschen, die sich eingeladen fühlen. Gerade zu Weihnachten strahlt unsere Botschaft in die Welt. Das größte Geschenk ist die Dankbarkeit in den Gesichtern, die echte Freude über einen schönen Abend mit neuen Leuten. Trauen Sie sich, Menschen zum Essen einzuladen. Guten Appetit!

Wer ist allein? Sind es vorwiegend Obdachlose? Wie viele kommen tatsächlich? Haben wir für alle Platz? Wer hilft uns an diesem Hochfest der Familie? Kaum war die Einladung raus, meldete sich eine Familie mit ihren Kindern an. „Wir würden das Essen gern mit dem musikalischen Talent unserer Kinder bereichern.“ In einem Restaurant unterhalte ich mich mit Interessierten über das Weihnachtessen. Vom Nebentisch klinkt sich eine junge Frau ins Gespräch ein: „Ich bin Kellnerin und hätte große Lust Sie bei Ihrem Vorhaben zu unterstützen. Endlich kann ich Weihnachten mal was Sinnvolles tun!“ Sogar der Inhaber des Restaurants war schließlich dabei und spendete die Zubereitung des Essens. Zudem gingen finanzielle Spenden für das Angebot im Kirchenbüro ein. Es entstand in kürzester Zeit ein gutes Team aus Gastronomen, Einzelhändlern und Ehrenamtlichen. Bei Vorsuppe, Hauptgang, Nachspeise und Bescherung genießen wir seit fünf Jahren drei kostbare Stunden mit Menschen, die wir sonst nicht kennengelernt hätten. Eine 85-jährige Teilnehmerin sagte einmal, dass sie sich das ganze Jahr über auf diesen gemeinsamen Abend freut und dass es sie bestärkt weiterzuleben. Eine Gruppe von acht Menschen aus dem Wohnungslosenheim, zehn ältere Verwitwete, ein Ehepaar, eine Familie und das Team. Sich allein zu fühlen ist viel häufiger, als wir anfangs dachten. Freunde, die wegsterben, Kontakte, die sich zurückbilden, Streit in der Familie, Tod, Scheidung, Kündigung, Depression, Überforderung – all das passiert manchmal einfach zu schnell hintereinander.

Friedrich Böhme ist Kreisjugendreferent im Berliner Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree und war bis Januar 2019 Gemeindepädagoge in Berlin-Friedrichshagen.


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KIRCHENJAHR / ENTWÜRFE

Kochen durchs Kirchenjahr Bräuche und Rezepte

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Angelika Thol-Hauke, Kochen durchs Kirchenjahr Wichern-Verlag GmbH, Berlin 2011, 132 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-88981-323-7, € 7,50

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ideen und Informationen zum Kirchenjahr zu einer kulinarischen Entdeckungsreise ein. Einige wenige Gerichte aus dem Buch haben wir in der nachfolgenden Abbildung des Kirchenjahreskreises zusammengestellt. Wer hungrig geworden ist, kann die über 50 Rezepte und Informationen zum christlichen Brauchtum im Buch nachlesen.

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In der Bibel lassen sich viele Geschichten entdecken, in denen vom Essen und Trinken die Rede ist. Aus diesem Schatz und den Legenden, die sich mit der Ausbreitung des Christentums entwickelten, entstand ein vielfältiges kulinarisches Brauchtum: Lebkuchen in der Adventszeit, Fisch am Karfreitag, Lutherbrötchen und die Martinsgans. Im Laufe eines Jahres entfaltet das Kirchenjahr den christlichen Glauben. Man kann darüber nachdenken, aber man sollte sich manches auch auf der Zunge zergehen lassen, schreibt die leidenschaftliche Köchin Angelika Thol-Hauke im Vorwort ihres Buches „Kochen durchs Kirchenjahr“. Theologische Gedanken leben von Bildern und Gleichnissen, warum nicht auch vom Gleichnis eines duftenden Apfelkuchens? So lädt die Autorin mit Rezept-

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Ein Jahr des Abendmahls im Kirchenkreis Eisleben – Sömmerda Marit Krafcick

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er Kirchenkreis Eisleben-Sömmerda begeht das Jahr 2019 als Jahr des Abendmahls. Vor einigen Jahren gab es bereits ein Jahr der Taufe. 2017 haben wir uns auf das Reformationsjubiläum vorbereitet. Und mit uns selber und Strukturfragen beschäftigen wir uns ja ständig. Das war für den Innerkirchlichen Ausschuss des Kirchenkreises Anlass und Motivation, endlich wieder ein Thema zur innerlichen Erbauung zu suchen. In der Diskussion kamen wir ziemlich schnell auf das Thema Abendmahl. Einige aus unserer Gruppe hatten sich schon länger mit dem Thema beschäftigt. Im Gespräch wurden die unterschiedlichen Sichtweisen, Standpunkte, Erfahrungen und Erlebnisse ausgetauscht. Schnell waren wir uns in der Gruppe einig, WAS wir wollen und WARUM. Danach war auch ziemlich schnell klar, WIE wir das Thema Abendmahl im Kirchenkreis gestalten wollen. Zum einen geht es uns darum, die Gemeinden zu ermutigen, sich auf unterschiedliche Art und Weise und in verschiedenen Gruppen mit dem zweiten uns geschenkten

Sakrament zu beschäftigen. Zum anderen war es uns wichtig, das Abendmahl auch zu feiern und wieder mehr in den Focus des Gemeindelebens zu rücken. Uns ist wichtig, die Feier des Abendmahls als Stärkung für den eigenen Lebens- und Glaubensweg zu entdecken, wiederzuentdecken. Zu beiden Aspekten hatten wir viele Ideen. Einige stellten wir auf der Synode auf eindrückliche Weise vor und begeisterten die Synodalen und machten sie neugierig. So kam es zum Beschluss, ein Jahr des Abendmahls ab Gründonnerstag 2019 zu initiieren. In allen Gemeinden wird das Abendmahl gefeiert und das Thema in den verschiedenen Gruppen und Kreisen besprochen. Dabei geht es beispielsweise um die Abendmahlspraxis, die Zulassung zum Abendmahl oder das Abendmahl mit Kindern. Für die Mitarbeitenden ist das Thema bei den Konventen präsent. Alle kirchlichen Gruppen wie Gemeindekirchenräte, Frauenkreise oder Kindergruppen werden thematisch darüber nachdenken. Im Ausschuss gingen wir nun in die Vorbereitung, um Ge-


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KIRCHENJAHR / ENTWÜRFE

Informationen und Materialien finden Sie auf unserer Homepage: https://www.kirchenkreis-eisleben-soemmerda.de/ glaube-und-leben/jahr-des-abendmahls-2019/

meinden und unseren Kollegen so viel Unterstützung wie möglich zu geben, um mit Lust und Freude diese Aktion in den Gemeinden umzusetzen. Zur Idee und zu Inhalten entwarfen wir einen Flyer. Darüber hinaus wird es im Kirchenkreis, der sich in drei große Regionen unterteilt, eine Abendmahlskette von Sonntag zu Sonntag geben. Ziel ist es, in den einzelnen Gemeinden das Abendmahl zu feiern und der Gemeinde wert zu machen – möglichst in jeder Kirche des Kirchenkreises. Zeichen der Verbundenheit sind dabei die Abendmahlsgeräte, die aus verschiedenen Gemeinden stammen und dann jeweils von Sonntag zu Sonntag im Abendmahlskoffer weitergegeben werden. Dafür wurde ein Plan erstellt, der in Gemeindebriefen und online zu finden ist. Für die inhaltliche Arbeit in den Gemeinden ist es unser Ziel, die Vielfalt des Themas zu entfalten. Wir haben einen Arbeitshefter zusammengestellt. Dort fi ndet man Anregungen für die Arbeit mit den Gemeindekirchenräten und für die verschiedenen Zielgruppen Gestal-

tungsformen vom Gottesdienst bis hin zur thematischen Gestaltung einer Freizeit. Dieser Hefter wurde allen hauptamtlichen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt. In Konventen gab es Vorträge und Diskussionsrunden zu Perspektiven, Ursprüngen und aktuellen theologischen Diskursen sowie Ideen für die Praxis. In einer Fortbildung im Zentrum Taufe Eisleben gemeinsam mit dem Pädagogisch-Theologischen-Institut Neudietendorf beschäftigten wir uns mit Gestaltungsformen des Abendmahls mit Kindern. Eröffnet wurde das Jahr mit feierlichen Abendmahlsgottesdiensten, zum Beispiel in einer Region mit einem Kindermusical zur Passionsgeschichte. Wir sind gespannt, welche Früchte unsere Idee tragen wird, und hoffen bei aller Unterschiedlichkeit, dass das sinnstiftende Sakrament auch unsere Gemeinschaft stärkt. Als Kirchenkreis hoffen wir, dass das Jahr des Abendmahls dazu beiträgt, das Abendmahl in unseren Gemeinden fröhlich zu feiern, sich mit dem Thema zu beschäftigen und Gemeinschaft und Gottes Gegenwart zu erleben.

Marit Krafcick ist Kreisreferentin für die Arbeit mit Kindern und Familien im Kirchenkreis Eisleben – Sömmerda und Leiterin des christlichen Jugendund Kulturzentrums TheO’door.


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Methodenbox: „Fishbowl“ Bernd Neukirch

In der Mitte schwimmen ein paar „Goldfische“.

Aufgabe der Moderation gegen Ende der Diskussion, diese Drumherum sitzen viele Menschen, die still das Gesche- thematisch zu verdichten, indem Gesprächsergebnisse, -stänhen in der Mitte – das Aquarium mit den Goldfischen – be- de zusammengefasst werden; vielleicht vor einer bündelnden trachten. Meditative Ruhe herrscht im Raum? Nein, nicht Schlussfrage an alle Diskutierenden. ganz. In der Mitte wird konzentriert diskutiert, außen herum wird aufmerksam zugehört. Das ist das Grundprinzip Die Grundform kann variabel erweitert werden, wobei alle der Diskussionsmethode „Fishbowl“. Ihr Name ist von der Varianten auch miteinander kombinierbar sind. Beliebt ist Sitzordnung abgeleitet. Um fünf bis sechs Stühle in der Mit- z. B. der Einsatz eines freien Stuhles, der in der Mitte (im te sind im Rund die Stühle von Teilnehmenden aufgestellt, „Aquarium“) zu Beginn nicht besetzt ist. Im Laufe des Gegegebenenfalls in mehreren konzentrisch um die Mitte an- sprächsganges kann jetzt jemand aus dem umgebenden Plegeordneten Reihen. num auf diesem Platz nehmen, um seine eigene Meinung in die Diskussion einzubringen. Der gerade sprechende gesetzte Nicht nur wegen der Sitzplatzordnung ist diese Methode für „Goldfisch“ führt seinen Beitrag noch zu Ende, dann ist sofort größere bis sehr große Gruppen geeignet. Auch wenn nur der Gast dran. Nach Verdeutlichung seines Standpunktes wenige ausdrücklich miteinander diskutieren, sind alle so- begibt sich der Gast wieder zurück ins Plenum, macht den zusagen „dabei“, denn die verschiedenen Perspektiven bilden Stuhl wieder frei. sich durch die Diskutierenden ab. Das geschieht auf zwei Weisen. Zum einen werden die Stühle in der Mitte mit Per- Eine andere Variante besteht darin, dass die Stühle des insonen besetzt, die je verschiedene wesentliche Expertisen neren Diskussionskreises nicht von vorneherein mit Persozu einer kontroversen Fragestellung einbringen. Zum an- nen besetzt, sondern am Anfang durch die Moderation mit deren schwingen bei ihnen die Einschätzungen/Haltungen/ (erfragten) Meinungsstichworten gekennzeichnet werden. Positionen des sie umgebenden Plenums mit – ein typisches Anschließend werden die Teilnehmenden des Plenums aufgruppendynamisches Phänomen, das die Methode ganz be- gefordert, einen der Meinungsstühle im Weg informeller Dewusst nutzt. Denn auf diese Weise können Themen mit gro- legation von Positionen oder individuell selbstbestimmt zu ßen Meinungsunterschieden im Plenum in kleiner Runde besetzen. Sind alle besetzt, kann die Diskussion losgehen. in der Mitte trotzdem gründlich und umfassend bearbeitet werden. Eine weitere Variante ist das „Abklopfen“. Möchte sich jemand der Herumsitzenden in die Diskussion einbringen, Zudem werden Beratungen für nachfolgende Entscheidungen kann diese Person eine diskutierende aus dem inneren Stuhldurch die Methode von emotionalen Aufladungen entlastet. kreis „abklopfen“. Er/sie tritt hinter die betreffende Person Voraussetzung dafür ist eine gute Moderation, die stringent und klopft ihr kurz auf die Schulter. Der/die „Abgeklopfte“ auf die Einhaltung der Gesprächsregeln achtet: In der Fish- kann noch einen letzten Beitrag abgeben und muss dann bowl-Diskussion dürfen ausschließlich die Personen des in- die innere Runde verlassen. Bei dieser Variante gibt es auch neren Stuhlkreises diskutieren. Jeder Beitrag darf zeitlich die Möglichkeit, dass Personen des inneren Kreises von sich gern kürzer, aber niemals länger als die verabredete Zeit aus freiwillig diesen verlassen, etwa wenn sie das Gefühl (längstens drei Minuten) dauern. Die Diskutierenden las- haben, nichts mehr zum weiteren Gespräch beitragen zu sen sich ausreden, fallen sich nicht wechselseitig ins Wort können. Dann kann dieser Stuhl wieder von außen neu beund gehen in ihren Beiträgen aufeinander ein. Neben einer setzt werden. Die Diskussion im inneren Kreis geht dabei kurzen Einleitung in die Fragestellung zu Beginn ist es die aber weiter.

Bernd Neukirch ist in der Gemeindeberatung und Organisationsentwicklung beim Amt für kirchliche Dienste der EKBO tätig.


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FORUM

Medientipps Claudia Brand

Essen bestimmt unser Leben. Doch was holen wir uns täglich auf unsere Teller? Robert Kenner zeigt in seiner Doku Food, Inc. – Was essen wir wirklich? am Beispiel der USA, was Menschen in Industrienationen an „Nahrungsmitteln“ zu sich nehmen. Der 2009 für den Oscar für den besten Dokumentarfilm nominierte Film hat an seiner Aktualität nichts eingebüßt: Noch immer halten wir Tiere in Massenhaltung, noch immer werden Antibiotika in großen Mengen eingesetzt, noch immer ist Glyphosat zugelassen, noch immer dominieren einige wenige Großkonzerne den internationalen Lebensmittelmarkt. Es ist höchste Zeit, dass noch mehr Menschen sich dafür interessieren, was sie essen und welche Auswirkungen ihr Konsumverhalten auf Umwelt, Wirtschaft und vor allem ihre eigene Gesundheit hat. Ganz konkrete Lösungsmöglichkeiten für den Umgang mit unseren Nahrungsmittelüberschüssen recherchiert Valentin Thurn in seiner Dokumentation Die Essensretter von 2013. Auf der Suche nach Alternativen begegnet er in ganz Europa Initiativen, Einzelpersonen, aber auch Unternehmen, die sich mit nachhaltigen Projekten gegen die Massenproduktion stellen: Sei es die Karottenfabrik, die auch kleine Möhren vermarktet, das Modelabel, welches neue Sachen aus Resten herstellt oder die Familie, die versucht, Essenmüll ganz bewusst zu verringern. Ein Film, der schon in der Jugendarbeit zum eigenen Handeln anregen kann. Im Bereich des globalen Lernens zum Thema ist das Arbeitsmaterial So essen sie! – Fotoporträts von Familien aus 15 Ländern. Ein Erkundungsprojekt rund um das Thema Ernährung aus dem Verlag an der Ruhr zu empfehlen. Anhand der 16 Bildkarten im A3Format lassen sich die Ernährungsgewohnheiten in anderen Ländern der Welt erkunden, mit der eigenen Ernährung vergleichen und Parallelen ziehen zwischen dem Hunger in Afrika und unserem Konsumverhalten. Ein Begleitbuch ergänzt das Material für den Einsatz in Unterricht und Jugendarbeit.

Alle Filme finden Sie mit den öffentlichen-nichtgewerblichen Vorführrechten im Verleih der Evangelischen und Katholischen Medienzentralen unter www.medienzentralen.de.

Um einen Teller Suppe geht es im gleichnamigen 6-minütigen Kurzspielfilm von Fred R. Willitzkat (2010). Eine ältere Dame kauft sich an einem Imbiss einen Teller Suppe und stellt ihn auf einen Tisch. Sie läuft zurück zum Imbiss, um sich einen Löffel zu holen, doch als sie zurückkommt, löffelt ein dunkelhäutiger Mann an einer Suppe. Sie ist zunächst irritiert, gesellt sich dann jedoch zu ihm und löffelt mit ihm gemeinsam die Suppe. Am Ende wird die alte Dame überrascht, dass sie sich wohl doch im Tisch geirrt hat. Eine Geschichte für Kinder ab 8 Jahren über Miteinander, Toleranz und Vorurteile. Der Film ist zu finden auf der DVD „Kurzfilme für Kinder – Mit Prädikat!“ des Bundesverbands Jugend und Film e.V. Essen ist immer gemeinschaftsstiftend. Das erlebt im Spielfilm Babettes Fest (1987) auch Babette, eine junge Französin, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei zwei pietistischen jütländischen Schwestern auftaucht und von ihnen als Dienstmädchen aufgenommen wird. Als Babette im Lotto gewinnt, will sie sich bei ihren Gastgebern und dem Dorf bedanken und kocht ein Festmahl für alle. Zunächst skeptisch von Nachbarn und den Schwestern beäugt, wird ihr Fest zu einem intensiven Erlebnis für die dörfliche Gemeinde. Durchaus ein Impuls auch für das eigene Gemeindeleben. Für kleinere Gemeindegruppen bis 13 Personen eignet sich das Biblische Krimi-Dinner (Jürgen Krückel, 2018). Die Gäste schlüpfen während des gemeinsamen Essens in die Rolle einer biblischen Gestalt und müssen einen biblischen Mordfall lösen. Jede Figur hat ihre Geheimnisse und nur im gemeinsamen Gespräch lässt sich erfahren, wer Opfer und wer Täter ist. Neben der Freude am gemeinsamen Essen vermittelt das Spiel Informationen zu biblischen Gestalten auf niederschwellige Art und Weise.

Claudia Brand ist Leiterin des Medienzentrums der EKM.


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Ralf Frisch: Alles gut. Warum Karl Barths Theologie ihre beste Zeit noch vor sich hat, Zürich: TVZ ²2019, 204 S., pb, ISBN 978-3290-18172-7, EUR 19,90

Im Karl-Barth- Jahr braucht es natürlich Monographien über den größten Theologen des 20. Jahrhunderts. Ralf Frischs Monographie hebt sich auf anregende und sympathische Weise von dieser typischen Gattung historisierenden Glorifizierens ab, indem hier eine neue Lesart Karl Barths vorgeschlagen und konsequent ausgeleuchtet wird: Barth sei im Sinne des linguistic und aesthetic turn zu interpretieren als ein Denker in der Welt der Narrationen der (Post-)Moderne, der mit seiner großen Erzählung eine neue Wirklichkeit schaffen wollte, allein durch das Wort: „Die Kirchliche Dogmatik, die eine Geschichte erzählt, ist – philosophisch gesprochen – eine sogenannte Metaerzählung, deren Held Gott ist. Vor dem Forum der modernen Wissenschaft kann eine solche Gottesstory nicht als glaubwürdig erscheinen – es sei denn, man wäre von ihrer welterschließenden, also mythischen Kraft überzeugt, auch, wenn man sie wissenschaftlich betrachtet nicht für wahr hielte. Unter den Bedingungen neuzeitlicher Welterkenntnis muss Barths Gottesstory aufgrund ihrer inakzeptablen Verfahren geradezu wie eine theologische Fantasygeschichte anmuten.“ (68) Und genau dieser Geschichte der von Barth geschaffenen Erzählung traut Frisch es zu, die wirkliche Wirkungskraft erst noch zu entfalten. In elf Abschnitten plus einer Einleitung geht Frisch seiner These nach, informiert und begründet sie in einem beeindruckenden Dialog mit der Theologie der Gegenwart und stellt Barths Theologie vor mit pointierten Überschriften wie „Radikal modern“, „Gottestheater mit Zuschauer“, „Freigelassener der Schöpfung“ sowie „Freigelassener der Theologie“, „Gott statt Religion“ oder „Kirche und Theologie nach ihrem Ende“, um schließlich selbst mit der „Melodie der Versöhnung“ zu enden, die ihm „Zu schön [ist], um nicht wahr zu sein“. Frisch schreibt klar, pointiert, ansprechend, geistreich, die Lektüre des Buches macht Spaß und regt an und stellt wirklich eine spannende Neuinterpretation Barths dar – auch wenn ich den Thesen am Ende doch nicht folgen mag. Meine Skepsis zumindest wächst mit der Lektüre – ob wirklich die Geschichte vom guten Ende durch Jesus Christus in einer so unerlösten, existentiell gefährdeten Gegenwart wie der unseren diese Wirkung kritisch wie konstruktiv zu entfalten mag, wage ich zu bezweifeln. Und dass es gerade in den Jahrzehnten, in denen diese Theologie prägend war, zum größten Relevanzverlust der Kirche und ihrer Theologie in unseren Gefilden und zu den verheerenden Klimaressourcen-Verbrechen gekommen ist, wird in diesem Sinne im Buch nicht sonderlich ausführlich berücksichtigt. Mir scheinen das schon Fragen zu sein, die einmal ernsthaft verfolgt werden müssten, gerade im Jubiläumsjahr. Frisch freilich hat seine Antwort darauf gefunden: Für ihn hat Karl Barths Theologie „ihre beste Zeit noch vor sich. Womöglich ist diese Zeit erst dann wirklich

Vorschau 4/2019

gekommen, wenn nichts in der Welt mehr an Gott erinnert und alle kultur-, religions-, moral- und existenztheologischen Rettungsversuche der christlichen Wahrheit endgültig ins Leere laufen“ (192).

Michael Meyer-Blanck: Zeigen & Verstehen. Skizzen zu Glauben und Lernen, Leipzig: EVA 2018, 248 S., pb., ISBN 978-3-37405422-0, EUR 28,00

Nicht selten haftet Sammelbänden mit zusammengestellten Aufsätzen eines Autors eine gewisse Schwere und Langeweile an, weil sich Gedanken wiederholen, Zugänge ähneln, das Innovative marginalisiert ist. Es sei denn, gerade in der Zusammenstellung wird etwas klarer, anschaulicher, tiefer und breiter erfassbar, als es in den einzelnen Aufsätzen der Fall ist. Aus meiner Sicht gehört dieser Sammelband des Bonner Religionspädagogen Michael Meyer-Blanck zu genau dieser Kategorie: Sein heuristisches wie darstellendes Leitmotiv für die Beschreibung von Glauben und Lernen von „Zeigen und Verstehen“ wird in diesem Band auf sehr anschauliche und gerade in der Zusammenschau der Perspektiven informative Weise zum Ausdruck gebracht. Die sein Denken und Schreiben der letzten Jahrzehnte prägende Einsicht, dass es gerade beim religiösen Lernen nicht allein um den Intellekt geht, nicht allein um Wissensvermittlung, sondern um Prozesse des Vorlebens, Zeigens, Nachahmens und darin mehrschichtigen Verstehens, wird in diesem Buch ausgeleuchtet und spannend plausibilisiert. Unterschiedliche Dimensionen werden durch die Aufsätze thematisiert: Grundlegende Reflexionen über Glauben und Lernen in der Spätmoderne ebenso wie Verhältnisbestimmungen von Theologie und Pädagogik oder die Frage, inwiefern Religion überhaupt lernbar sei. Klare thematische Schwerpunkte und die Frage ihrer unterrichtlichen Verortung: Kreuzestheologie und die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, das Böse oder die Frage nach einem angemessenen Verständnis von Wahrheit und Wirklichkeit. Und schließlich der Dialog mit Formen der Praxis wie der Schulseelsorge, dem Umgang mit Konfessionslosigkeit oder dem Dialog mit Kunst und den darin liegenden Perspektiven auf die Autonomie der Bildungssubjekte. Alles das findet seine konzeptionelle Mitte in seinem Verständnis von Unterricht als Symbolisierungsund Zeichendidaktik, die er als „bestimmte Weiterführung“ (61) der klassischen Symboldidaktik versteht und in der er eine besondere Aufmerksamkeit auf die Subjektivität der Lehrenden wie der Lernenden legt. Er selbst fasst seinen Ansatz so zusammen: „Die Zeichendidaktik fragt nach der christlichen Religion, die sich über den Zeichengebrauch erschließt und sucht diesen Zeichengebrauch (darum der etwas umständliche Hilfsbegriff ,Symbolisierungsdidaktik‘) didaktisch fruchtbar zu machen.“ (62) Wer Lust bekommt, dieses Konzept auszuleuchten, dem sei dieser Band sehr empfohlen!


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Lassen Sie sich durch unsere Reisevorschläge inspirieren. Die Reisepreise basieren auf einer Gruppengröße von mind. 40 zahlenden Personen und beziehen sich auf die preisgünstigste Saison. Selbstverständlich veranstalten wir unsere Reisen schon ab 10 Teilnehmern. Das Programm und die Reisedauer gestalten wir maßgeschneidert gemäß den Wünschen und Bedürfnissen Ihrer Gruppe. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Unser kompetentes Team berät Sie gern.

Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser Vorankündigung - Informationsreise vom 19.04. - 24.04.2020

Gemeinsam mit dem Gustav-Adolf-Werk und der Europäischen Kulturroute Hugenotten und Waldenserpfad e. V. laden wir Geistliche, GAW-Mitglieder, Referenten, Gemeinde-, Vereins-, Bildungs- und Chorleiter mit ihren Mitarbeitern herzlich ein, auf den Spuren evangelischer Diaspora in Europa zu wandeln.

6 Tage DEUTSCHLAND - SCHWEIZ - FRANKREICH

Hugenottenkreuz Hertingshausen - Copyrights: Christina Schneider

Reiseleitung: Diakon Ulrich Hirsch (ehemaliger Geschäftsführer des GAW-Württemberg) Abfahrt: Offenbach Reiseroute (Änderungen vorbehalten): Offenbach - Oberderdingen - Grossvillars - Kleinvillars Kloster Maulbronn (UNESCO-Welterbe) - Schaffhausen - Rheinfall - Rheinau - Lenzburg Lyss - Genf - Fort Barroux - Chancy - Valleiry - Chambery - Bern - Calw u.v.m. Wanderungen: Rheinfall-Rheinau, Chancy | Für Nicht-Wanderer: alternative Besichtigungen

Begegnungen bereichern diese Reise. Erleben Sie mit uns historische Orte, die alten Fluchtwege der Hugenotten und Waldenser sowie waldensische und hugenottische Traditionsbetriebe. Reisen Sie binnen 3 Jahren mit uns in das gleiche Land mit mind. 21 Personen, erstatten wir Ihren Kostenanteil. Weitere Informationen auf Anfrage.

ReiseMission - ökumenisch und weltweit • Telefon: 0341 308 541-0 • Fax: 0341 308 541-29 Jacobstraße 8-10, D-04105 Leipzig • www.reisemission-leipzig.de • info@reisemission-leipzig.de Studienreisen • Pilgerreisen • Gemeindereisen • Begegnungsreisen • Chor- und Konzertreisen


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