Anzeiger 3/20

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anzeiger

Das Magazin für die österreichische Buchbranche Gewinnen Sie ein Weiterbildungsseminar im Wert von € 270,–

Büchertrends 2020

Ein sehr unruhiger Geist

Welche Trends sich abzeichnen und auf welche Themen Verlage und Buchhandel jetzt setzen

Die Autorin Karin Peschka über ihre Anfänge, ihre Bücher und ihre Erfolge als Schriftstellerin

z n e d i s e R i e b r u t a r e Lit Gunther Neumann | Über allem und nichts | 240 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1726 2

Elisabeth Klar | Himmelwärts | 160 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1727 9

»Ein furioses und sprachlich ausgefeiltes Buch …“« Alexander Kluy, literaturhaus.at

224 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1711 8

Hinrich von Haarens „Blaues Reich. Winterstadt“ erzählt die Geschichte einer beschädigten Kindheit.“ Susanne Messmer, TAZ

Hinrich von Haaren | Blaues Reich. Winterstadt

Jeremy Tiang | Das Gewicht der Zeit | Aus dem Englischen übersetzt von

»Das Gewicht der Zeit« erzählt eindringlich vom Widerstand einer jungen Frau und von der zerrissenen Geschichte Singapurs.

Susann Urban | 304 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1728 6

Ö ST E R R E I C H I S C H E P O ST AG F I R M E N Z E I T U N G / G Z 02Z030877 M / 152. JA H RGA N G

Bergsveinn Birgisson | Quell des Lebens | Aus dem Isländischen übersetzt von Eleonore Gudmundsson | 304 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1718 7 304 Seiten | ISBN: 978 3 7017 1718 7

»Quell des Lebens“ ist eine bewegende Liebesgeschichte …«. Barbara Echsel-Kronjäger, ORF

»Klar ist sprachlich eine der interessantesten Erscheinungen der jungen heimischen Literatengeneration.« Sebastian Fasthuber, FALTER

residenzverlag.com


Eine zutiefst persönliche und bewegende Spurensuche: die Geschichte einer Denunziation in der NS-Zeit

Hugo Paterno wurde wegen regimekritischer Aussagen ermordet. In diesem Buch geht Enkel Wolfgang Paterno dem erschütternden Schicksal seines Großvaters nach.

Wolfgang Paterno „So ich noch lebe …“ Meine Annäherung an den Großvater. Eine Geschichte von Mut und Denunziation EUR 24.90, ISBN 978-3-7099-7289-2 304 Seiten, gebunden

Haymon Verlag

www.haymonverlag.at


Buchtipps – 155. Jahrgang –

„Bleiben Sie gesund!“

: Endlich da Teil 3 ten der belieb e! ih re n Roma

Gustav Soucek

D

ie verständlichen Absagen der Buchmessen, der Literaturfestivals und generell all der Veranstaltungen aufgrund des Coronavirus treffen die Buchbranche – und die gesamte Kulturwelt – hart. Wir wünschen allen Mitgliedern und der gesamten Buchwirtschaft, dass wir diese anstrengenden und herausfordernden Wochen und Monate wirtschaftlich, aber vor allem gesundheitlich gut überstehen. Mit den HVB-Bestsellern werden knapp 90 Prozent des Scannerkassengeschäfts im österreichischen Buchhandel von media control abgedeckt. Ab sofort beruft sich auch die Austria Presse Agentur (APA) auf diese Bestsellerlisten – und schafft somit noch mehr Sichtbarkeit für Bücher in den Medien (Seite 10).

Klaus Ranzenberger Alles Gute vom Onkel Franz Die Sammlung von Anekdoten, Geschichten und Betrachtungen belegt auf höchst vergnügliche Weise, dass Feierlichkeiten nicht immer reibungslos verlaufen müssen. 160 S., ISBN 978-3-7025-0975-0, € 22,– e-Book: 978-3-7025-8073-5

Um die Auswirkungen der Messe-Absagen auf das Lizenzgeschäft in Verlagen geht es diesmal in „Kurz gesagt“ – welche Rolle Buchmessen in einer weltweit vernetzten Branche für den Austausch zum Lizenzhandel spielen und wie Werke aus anderen Sprachen heute entdeckt werden (Seite 5).

F O T O : K A T H A R I N A F. R O S S B O T H

Was bringt das Frühjahrsprogramm? Welche Themen setzen Verlage und der Buchhandel im Jahr 2020? Den Trends, besonderen Ausgaben und zukünftigen Bestsellerkandidaten widmen sich Expertinnen und Experten in dieser Ausgabe in „Essenziell“ (ab Seite 12). Für die Porträt-Reihe werden diesmal folgende HVB-Mitglieder vorgestellt: Wolfgang Hölzl und Stefan Gartler, die mit dem Leykam Verlag 435-jähriges Jubiläum feiern, Helga Nesselberger (Buchhandlung INTU.books), Georg Hauptfeld (Edition Konturen) und Willi Weiser (Buchhandlung books 4 kids & more) – ab Seite 24.

Sachlich fundierte ! nung Hochspan

Die Schriftstellerin Karin Peschka erzählt in „Selbstredend“ vom Aufwachsen im Wirtshaus, von ihrem persönlichen Weg zum Schreiben und von ihren literarischen Vorbildern (ab Seite 28).

Jago Prinz Mozarts letztes Requiem Kann Musik töten? Diese Frage steht im Zentrum einer Serie unerklärlicher Morde in Salzburg. 512 S., ISBN 978-3-7025-0969-9, € 24,– e-Book: 978-3-7025-8075-9

Gustav Soucek HVB-Geschäftsführer

Lesen Sie uns kennen. anzeiger / 3

www.pustet.at


– Inhalt –

Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at Geschäftsführung: Gustav Soucek Projektleitung: Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at Aboverwaltung: Irina Odvody, DW 12, odvody@hvb.at Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlagsgesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien T: +43 1/536 60-0 E: magazine@falter.at, www.falter.at Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Teresa Preis, DW 812 Geschäftsführung: Siegmar Schlager Anzeigenleitung: Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH. Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

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Expertinnen und Experten sprechen über Büchertrends 2020 in allen Genres

Die spannendsten und düstersten Seiten der Saison

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Buchhändler Willi Weiser im Porträt

Schriftstellerin Karin Peschka darüber, was es heißt, eine Gefeierte zu sein

KURZ GESAGT

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Leipzig fehlt uns doch Die Folgen abgesagter Buchmessen für den Lizenzhandel

HVB-MITGLIEDER IM PORTRÄT

24

Schönste Bücher, Booker International, Buchpreisbindung, Buch in Strobl, Bücher-Podcast, Schweizer Buchpreis, Leo-Perutz-Preis, Auswirkungen des Coronavirus, Nachruf Michaela Puchberger, HVB-Jahrestagung, mediakolleg, Personalia, Indie-Buchhandel, HVB-Bestseller bei der APA, Buchmonat

Willi Weiser books 4 kids & more

SELBSTREDEND

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Karin Peschka Im Gespräch

Kontinent Kinderbuch Mit allen Sinnen

Büchertrends 2020

SCHWERPUNKT

KURZ VOR SCHLUSS

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Gastkommentar Übersetzerin Karin Fleischanderl

Blanke Nerven Das Neueste aus dem Bereich Krimis und Thriller

KLASSIKER

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Leykam Buchverlag

Ö1 Buch des Monats, Platinbuch,

Expertinnen und Experten zeigen Trends und Themen auf

16

Georg Hauptfeld Wolfgang Hölzl und Stefan Gartler

Kurzmeldungen

ESSENZIELL

12

INTU Books

Edition Konturen

WISSENSWERT

6

Helga Nesselberger

Neu entdeckt Friedrich Hölderlin

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STANDARDS TITELSCHUTZ 8 MONATSBESTSELLER 20 GEWINNSPIEL 23 BUCHTERMINE 34

F O T O S : K A R I N WA S N E R ( 2 ) , U N S P L A S H I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L

IMPRESSUM

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– Kurz gesagt –

Leipzig fehlt uns doch

F O T O S : N E L E S T E I N B O R N, T Y R O L I A V E R L A G , DA N I E L WA S C H N I G

WEGEN DES CORONAVIRUS WURDEN BUCHMESSEN VERSCHOBEN ODER ABGESAGT. WAS BEDEUTET DAS FÜR DEN LIZENZHANDEL, UND WELCHE FOLGEN HAT DIE ABSAGE DER BUCHMESSEN FÜR HEIMISCHE VERLAGE?

Im persönlichen Gespräch Begeisterung wecken Buchmessen sind die Gelegenheit, viele Lizenzpartner an einem Ort zu treffen, Kontakte zu pflegen, zu intensivieren, neue zu knüpfen. Nebenbei bieten sie ideale Recherchemöglichkeiten, denn gute Annette Lechner, Kenntnisse der Märkte, der lanRechte & Lizenzen destypischen Unterschiede und im Zsolnay Verlag ein Gespür dafür, was den Lizenzpartner interessieren könnte, sind neben den Kontakten das A und O. Das alles geht dank moderner Kommunikationsmittel auch gut vom Schreibtisch aus. Trotzdem: Im persönlichen Gespräch erfährt man mehr, kann gezielter nachhaken, Begeisterung wecken und teilen und Missverständnisse aus dem Weg räumen. Alles geht besser, wenn man sich auf Messen sieht. Daher ist die Absage der Messen in London, Leipzig und Bologna, wenn auch nachvollziehbar, mehr als nur bedauerlich.

Gespür entwickeln und Zwischentöne wahrnehmen Ein Treffen ist nicht unbedingt notwendig, um Geschäfte miteinander abzuschließen. Die Kinderbuchmesse in Bologna wurde bisher „nur“ verschoben, dennoch haben bereits viele ihre Teilnahme abgesagt oder Katrin Feiner, vermelden diese als unsicher und Programmleitung regeln schon einmal alles per Mail. und Lizenzen bei Aber wir sind auch aus persönlicher Tyrolia Kinderbuch Erfahrung überzeugt: Messen sind wichtige Fixpunkte. Der persönliche Kontakt, das Kennenlernen bei einem Kaffee oder einem Glas Wein, das Gespür für das Gegenüber, die Zwischentöne und schließlich Freundschaften, alles entwickelt sich auch über die Jahre dort. Messen sind weiterhin unerlässlich für eine gute und langfristige Zusammenarbeit.

„Ein Treffen ist nicht unbedingt notwendig, um Geschäfte miteinander abzuschließen“ Katrin Feiner

„Im persönlichen Gespräch erfährt man mehr, kann gezielter nachhaken, Begeisterung wecken und teilen, Missverständnisse aus dem Weg räumen“ Annette Lechner

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Kontakt zu Südosteuropa Besonders die deutschen Messen sind für mich persönlich die Plattform für Projekte und Kontaktaufnahme zu den Partnern im südosteuropäischen Raum. Es sind die zwei Möglichkeiten, um Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen, aus denen Erika Hornbogner, dann wieder neue Buchprojekte entVerlegerin beim stehen. Drava Verlag Die Buchmesse in Leipzig gibt uns eine Bühne, um Autorinnen und Autoren zu präsentieren – das ist für uns als Verlag in der österreichischen Provinz vielleicht noch wichtiger. Wir mussten über zwanzig Lesungen und Präsentationen absagen, viele davon mit unseren Partnern. Diesen unfreiwilligen Ausbruch aus lieb gewordener Routine nehmen wir zum Anlass, in unserer langjährigen Reihe eine literarische Hommage an unsere Messeheimat Leipzig herauszugeben: „Europa Erlesen Leipziger Buchmesse“. Leipzig fehlt.


– Wissenswert –

Ö1 Buch des Monats Der neue Roman von Valerie Fritsch „Herzklappen von Johnson & Johnson“ (Suhrkamp) ist das Ö1 Buch des Monats im Monat März. In diesem Familienroman geht sie auf die verbrechische Vergangenheit der Großeltern und Traumata ein, die Generationen überdauern. Und es geht um Schmerzen, die man fühlen kann – oder auch nicht. Ein Roman, der „an den wichtigen Stellen zu berühren und zu unterhalten vermag“, heißt es etwa in der Jury-Begründung. Das Ö1 Buch des Monats ist eine exklusive Aktion für HVB-Buchhandlungen in Kooperation mit dem Radiosender Ö1. Der Siegertitel wird monatlich von der „Ex Libris“-Redaktion ausgewählt und in der Sendung besprochen.

Platinbuch Thomas Stipsits’ Krimi ausgezeichnet Für mehr als 25.000 verkaufte Exemplare wurde das Krimi-Debüt „Kopftuchmafia“ (Ueberreuter) von Schauspieler und Kabarettist Thomas Stipsits mit dem Platinbuch ausgezeichnet. Die Ehrung wird vom HVB verliehen, HVB-Geschäftsführer Gustav Soucek überreichte sie im Rahmen der feierlichen Veranstaltung. In seiner Dankesrede verriet Stipsits, bereits an einer Fortsetzung zu arbeiten.

Goldmedaille für Österreich

Das Ö1 Buch des Monats im März Jury: „500 pleasantly thin greyish pages“

Mit „Entwurf einer architektonischen Gebäudelehre“ wird eines der schönsten Bücher Österreichs 2018 mit der Goldmedaille des internationalen Wettbewerbs der Stiftung Buchkunst Schönste Bücher aus aller Welt ausgezeichnet. Das Buch wurde von CH Studio – Christian Hoffelner (Wien/ Graz) gestaltet, von Park Books (Zürich) verlegt und in der Medienfabrik (Graz) gedruckt. Insgesamt wurden 600 Einreichungen aus 31 Ländern begutachtet, alle Werke wurden zuvor bereits in ihren Herkunftsländern als schönste Bücher ausgezeichnet.

Daniel Kehlmann ist nominiert

International Der deutsch-österreichische Autor Daniel Kehlmann steht mit „Tyll“, übersetzt von Ross Benjamin, auf der Longlist für den britischen Booker International Prize. Auch Nino Haratischwili wurde für die Übersetzung von „Das achte Leben“ nominiert. Insgesamt 13 Titel sind in der Auswahl für den mit 50.000 Pfund dotierten Preis. Gefragt sind ins Englische übersetzte Romane oder Erzählbände, die in Großbritannien oder Irland erschienen sind.

Der stationäre Buchhandel bringt Sichtbarkeit für Bücher – und damit höhere Verkäufe. Eine aktuelle Studie der Universität Innsbruck zeigt, dass in Orten mit stationärem Buchhandel pro Jahr und Person um rund drei Bücher mehr gekauft werden als in Orten ohne Buchhandlungen. Untersucht wurden die Auswirkungen der Buchpreisbindung auf den stationären Buchhandel in Österreich. Dabei wurden Orte mit Buchhandlungen mit Orten ohne sowie das Buchkauf- und Leseverhalten verglichen. So konnte deutlich gezeigt werden, dass der vorhandene stationäre Buchhandel generell höhere Nachfrageeffekte erzielt. In Orten mit Buchhandlungen werden pro Person und Jahr 2,84 Bücher mehr gekauft als in vergleichbaren Orten ohne stationären Buchhandel. Auch für sich selbst kauften Kunden um 1,39 Bücher mehr als in Orten ohne Buchhandlungen.

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Das waren die Teilnehmenden 2020

Buch in Strobl Vom 9. bis 12. März fanden die jährlichen Ausbildungstage Buch in Strobl für Jungbuchhändlerinnen und Jungbuchhändler in Strobl am Wolfgangsee statt. Insgesamt 30 Teilnehmende und Mitwirkende waren vor Ort, um sich bei interessanten Vorträgen und aktiven Diskussionen zu relevanten Themen der Buchwirtschaft auszutauschen. Der Termin 2021 vom 19. bis 22. April ist bereits buchbar.

F O T O S : H E I K E H U S L A G E - K O C H , U R S U L A H U M M E L - B E R G E R , B E I G E S T E L L T, A N N E - S O P H I E S T O L Z

Buchpreisbindung sichert Buchhandel


– Wissenswert –

30 Minuten Ein Bücherpodcast kommt an: Petra Hartlieb spricht mit Autorinnen und Autoren über mehr als nur das neue Buch Alle 14 Tage eine neue Folge: Im neuen Falter-Bücher-Podcast kommen Autorinnen und Autoren mit Moderatorin Petra Hartlieb (Hartliebs Bücher) ins Gespräch über das Schreiben, das Lesen und das Leben. „Mir war wichtig, dass ich mir selbst aussuchen darf, wen ich einlade und interviewe. Das funktioniert gut, weil ich viele Autorinnen und Autoren persönlich kenne und auch gute Kontakte zu den Verlagen habe. Das macht es einfacher, interessante Gesprächspartnerinnen und -partner zu finden“, so Hartlieb. Was sie an dem neuen Projekt überrascht hat? „Wie lange dreißig Minuten sind. Dabei kann man wirklich in die Tiefe gehen. Man kann so über viel mehr als nur das aktuelle Buch reden.“ Die erste Folge mit Dominik Barta stieg direkt auf Platz eins in den österreichischen Podcast-Charts ein.

Zahlreiche Großveranstaltungen können nicht stattfinden Drei Folgen gibt es mittlerweile auf allen Podcast-Plattformen zu hören. Die nächste kommt am 2. April

Ein Virus beschäftigt die Branche: Was jetzt zu tun ist

Schweizer Buchpreis: Jury Die Jury für den dreizehnten Schweizer Buchpreis wurde veröffentlicht: Tommy Egger (Buchhändler in der Buchhandlung im Volkshaus Zürich), Daniel Graf (Kulturredakteur bei der Republik), Annette König (SRF-Literaturbloggerin), Christina Richard (freie Kritikerin) und Hubert Thüring (Literaturprofessor an der Universität Basel). Die Einreichfrist läuft noch bis 9. April.

I L L U S G T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L

Einreichen für den Krimipreis Bis 31. März können Verlage noch Werke für den Leo-Perutz-Preis für Wiener Kriminalliteratur mit einem Preisgeld von 5.000 Euro einreichen. Eine unabhängige Fachjury wählt aus Werken aus, die zwischen dem 1. Juli 2019 und dem 30. Juni 2020 erschienen sind oder erscheinen werden. Vergeben wird der Preis vom HVB gemeinsam mit der Stadt Wien Kultur mit freundlicher Unterstützung der Bestattung Wien.

Spätestens seitdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März aufgrund des COVID-19-Coronavirus eine Pandemie ausgerufen hat, ist klar: Die Welt steht vor großen gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Auch die Buchbranche ist ultimativ betroffen, so kam es zu zahlreichen Absagen und oft unklaren Verschiebungen. Beginnend mit der Kinderbuchmesse Bologna (erst verschoben, dann abgesagt), dem Pariser Salon du Livre, der Leipziger Buchmesse und der London Book Fair – die Zahl an Absagen dürfte aufgrund der sich zuspitzenden Situation nur noch größer werden. Aber auch zahlreiche kleinere Veranstalter mussten bereits – oft sehr kurzfristig – ihre Events zurückziehen. Damit fallen nicht nur Werbemöglichkeiten und potenzielle Umsätze für die Branche aus. Auch diverse Verluste für bereits erbrachte Dienstleistungen wie etwa Drucksorten, Standbau oder Reisekosten stehen zu befürchten oder es müssen Lösungen gefunden werden. Natürlich fürchten auch Autorinnen und Autoren um ihre Verkäufe. Was bei Redaktionsschluss immerhin schon feststeht: Zugtickets, die aufgrund von Coronavirus-bedingt abgesagten Veranstaltungen nicht mehr gebraucht werden, können bei der Deutschen Bahn rückerstattet werden. Dies gilt ebenso für Zugtickets für Reisen von und nach Italien bei den ÖBB. Eine weitere positive Nachricht ist für die Aussteller der Leipziger Buchmesse zu vermelden. Hier werden keine Messestände verrechnet bzw. die Kosten zurückerstattet. Für aktuelle Updates werden Sie auf buecher.at sowie mit dem HVB-Newsletter informiert.

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– Wissenswert –

HVB-Jahrestagung 2020

Nachruf

Nachhaltigkeit, Buchverkäufe und Innovationen für die Buchbranche

Michaela Puchberger 1960–2020

Einmal im Jahr kommen alle zusammen: Das Branchentreffen für Führungskräfte aus Österreich und den Nachbarländern der Buchbranche findet vom 6. bis 8. Mai 2020 am Grundlsee statt. Am Mittwoch startet die HVB-Jahrestagung mit Welcome Drinks und einer Begrüßung durch Grundlsee-Bürgermeister Franz Steinegger. Im Anschluss wird im Rahmen eines Begrüßungsdinners die Verdienstmedaille des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels an Maximilian Droschl verliehen. Die Vorträge beginnen am Jahrestagungs-Donnerstag mit einem Vortrag von Katharina Schell, Mitglied der APA-Chefredaktion, über den Einsatz von künstlicher Intelligenz für die Texterstellung. Danach präsentiert media control-Geschäftsführerin Ulrike Altig aktuelle Zahlen aus der Buchbranche in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Um nachhaltige Buchproduktion geht es bei Ernst Gugler, Geschäftsführer gugler*Druck.Sinn, in seinem Vortrag: „Wie Bio kann ein Buch sein?“ Ö1-Programmchef

Martin Bernhofer spricht darüber, warum Anspruch in der Programmgestaltung Hörerinnen und Hörer bindet. Um Innenansichten eines Hotelbetriebs geht es im Vortrag von Michaela Reitterer, Hotelière und Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung. Weiter geht es zur Auflockerung mit einer Schifffahrt über den Grundlsee, bevor Autor Stefan Slupetzky im Rahmen des Abendessens aus seinem neuen Buch „Im Netz des Lemming“ liest. Durch das gesamte Programm wird Christian Zillner, Chefredakteur des anzeigers, führen. Für Freitag sind die HVB-Hauptversammlung sowie die Vollversammlungen der Fachverbände für alle HVB-Mitglieder angesetzt. Die Teilnahme an den Versammlungen ist kostenlos. Für Buchungen bis zum 5. April gelten die Frühbucherpreise! Weitere Informationen finden Sie unter: www.buecher.at/hvb-jahrestagung-2020 F O T O S : S A S C H AV E N T U R I . C O M , H E R I B E R T C O R N , T Y R O L I A V E R L A G

Michaela Puchberger ist am 10. Februar 2020 nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Die Buchbranche verliert mit ihr eine der engagiertesten und vielseitigsten Mitstreiterinnen. Als gelernte Buchhändlerin und studierte Germanistin kannte und liebte sie das Geschäft und den Betrieb von allen Seiten: als Buchhändlerin (zuletzt in der Buchhandlung von Anna Jeller), als Vertriebsleiterin der Hanser Verlage und Prokuristin des Zsolnay Verlags und als Geschäftsführerin der Verlagsauslieferung Hain. Jede ihrer Aufgaben hat sie mit vollem Einsatz, großer Durchsetzungskraft und Freude an der Arbeit erfüllt. Mit ihrem untrüglichen Gespür für Literatur und Zahlen hat sie viele große Erfolge begleitet, mit ihrem Humor und ihrem Wissen Kolleginnen und Kollegen, Autorinnen und Autoren für sich eingenommen. Michaela Puchberger war eine passionierte Leserin, deren literarische Neugierde kaum Grenzen kannte. Sie erkundete die Welt in Büchern, aber auch auf ausgedehnten Reisen. Im August 2020 wäre sie sechzig Jahre alt geworden. Bettina Wörgötter

Die HVB-Jahrestagung findet vom 6. bis 8. Mai am Grundlsee statt

Titelschutzmeldungen Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeigers. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E-Mail an Doris Klinda unter klinda@hvb.at. Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–. Doris Klinda berät Sie gern unter klinda@hvb.at, Tel. 01/512 15 35 DW 14. (*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)

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Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, dass die Titel bereits geschützt sind oder durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: „Randschaften“ in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Phoibos Verlag Anzengruberg. 16/4 1050 Wien Österreich


E-Books, Pressearbeit und strategisches Planen Die aktuellen mediakolleg-Seminare zu digitalem Publizieren, Konzepterstellung und Traum und Wirklichkeit in der PR

F O T O : B E I G E S T E L LT

■ Das Digitalgeschäft ist zu einer wichtigen wirtschaftlichen Säule für Verlage geworden. Nun geht es darum, neue Geschäftsmodelle und Strategien für das digitale Publizieren zu finden und das passende digitale Lesepublikum zu erreichen.

■ Klare Ziele setzen und Strategien überlegen – in stressigen Zeiten werden diese Punkte leichtfertig gestrichen. Hier bekommen Sie Zeit und Feedback für Maßnahmensetzung und Planung.

Digital Publishing in der Praxis

Mit Konzept zum Ziel – strategisch planen, konsequent durchführen

11. Mai 2020, 9.30–17 Uhr

27. Mai 2020, 9.30–17 Uhr

■ Tägliche Aufgaben in der Pressearbeit – und doch fragt man sich, wie effektiv die eigenen Schritte eigentlich sind. Hier geht es um Selbstreflexion und PR, die Freude macht.

■ E-Books bieten zahlreiche Möglichkeiten, Inhalte aufzubereiten, sie lassen sich leichter verbreiten und stehen dem Lesepublikum sofort zur Verfügung. Hier lernen Sie, wie Sie E-Books besser vermarkten können.

PR für Fortgeschrittene. Oder: Traum und Wirklichkeit in der Pressearbeit

12. Mai 2020, 9.30–17 Uhr

Die Seminare finden in der Bibliothek des Palais Fürstenberg im ersten Stock statt. Grünangergasse 4, 1010 Wien Kosten: € 220,– (HVB-Mitglieder)/€ 270,–, jeweils zzgl. 20 % Ust. Anmeldeschluss ist jeweils vier Wochen vor Seminarbeginn Kontakt: Julia Stumvoll, 01/512 15 35 29, mediakolleg@hvb.at

Praxisworkshop E-Books

27. Mai 2020, 10–17 Uhr

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HVB-Papiertragetaschen Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels bietet seinen Mitgliedern ab sofort die Möglichkeit, neutrale Papiertragetaschen zum Selbstkostenpreis zu bestellen. Solange der Vorrat reicht.

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– Wissenswert –

Indie-Buchhandel als Vorbild

Personalia Eva Steffen, zuletzt Verlagsleiterin des Czernin Verlags, hat mit Ende Februar nach 13 Jahren das Unternehmen verlassen, um sich beruflich neu zu orientieren.

Michelle Guiboud-Ribaud verantwortet seit März den Digitalvertrieb des Brandstätter Verlags. Davor arbeitete sie im Vertriebs- und Marketingteam mit.

Florian Frei wurde ebenfalls mit März neuer Veranstaltungsleiter im Brandstätter Verlag. Seit 2018 leitete er die Tourleitung für „Stadtlesen“ durch 27 Städte.

Eine Zauberformel für erfolgreiche Buchhandlungen? Acht Jahre lang hat sich der Harvard-Professor Ryan Raffaelli quer durch die USA Buchhandlungen angesehen. Dabei stellte er fest, dass der Aufschwung von unabhängigen Buchhandlungen sogar zum Vorbild für diverse Branchen taugen könnte. Nach dem ersten massiven Aufschwung der Online-Riesen und dem tatsächlich großen Rückgang stationärer Buchhandlungen gibt es in den USA seit zehn Jahren ein unerwartetes Comeback: Die Zahl der Buchhandlungen stieg zwischen 2009 und 2018 um 49 Prozent. Die Zahl der Barnes&Nobles-Filialen hingegen war im selben Zeitraum leicht rückgängig. Raffaellis Beobachtungen lassen sich in drei zentralen Punkten zusammenfassen. Community: Der Professor sieht kleine Buchhandlungen als

Vorreiter bei der Bewusstmachung der Vorteile des lokalen Einkaufs bei Kundinnen und Kunden. So gelang es, ein Zusammengehörigkeitsgefühl für Nachbarschafts- und Grätzelunterstützung – und gegen Online-Riesen – zu erzeugen. Kuratieren: Kleinere Buchhandlungen haben schnell erkennt, dass sie mit einem sorgfältig ausgewählten Sortiment weiter kommen als mit aktuellen Bestsellern, die oftmals eher online bestellt werden. Zusammenkommen: Raffaelli stellte fest, dass erfolgreiche Buchhandlungen zu gesellschaftlichen Orten werden, mit Lesungen, Spieleabenden, Lesezirkeln, Geburtstagsfeiern etc. Letztendlich stärkten sich die Buchhandlungen gegenseitig, indem sie sich im Amerikanischen Buchhändlerverband ABA (American Booksellers Association) zusammentaten.

Kooperation: HVB-Bestseller bei der APA APA-Kulturressortleiter Wolfgang Huber-Lang über die neue Zusammenarbeit mit dem HVB

Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen der APA und dem Hauptverband? Wolfgang Huber-Lang: Herr Soucek ist an die APA herangetreten und konnte uns davon überzeugen, dass der Hauptverband über umfassende und aussagekräftige Daten über die Buchverkäufe in Österreich verfügt, die kontinuierlich erhoben werden. Interessant bei dieser neuen Kooperation sind insbesondere Fragen von „automated content“, mit denen sich die APA seit einiger Zeit besonders befasst.

Welchen Stellenwert hat die Buchbranche generell in den Ressorts der APA? Huber-Lang: Die Buchbranche wird in der APA-Kulturberichterstattung vor allem durch kontinuierliche Rezensionstätigkeit, aber auch durch Berichte über Messeaktivitäten und signifikante Veränderungen am Verlagsmarkt oder bei den Verkäufen berücksichtigt. Neben den Bestsellerlisten veröffentlichen wir auch in jedem Monat die aktuelle ORF-Bestenliste.

Buchmonat April Noch bis zum 30. März können HVBMitgliedsbuchhandlungen Förderungen für Lesungen im Monat April in der Höhe von 290 Euro (zzgl. MwSt.) beantragen, die anlässlich des Welttags des Buches stattfinden. Außerdem stellt der Hauptverband exklusiv für Mitglieder Aktionspakete mit 100 Papiertragetaschen „Buchhandlungs Liebling“/„Lieblings Buchhandlung“ und einen Poster zum UNESCOWelttag des Buches am 23. April um 29 Euro (exkl. Umsatzsteuer) zur Verfügung. Alle Informationen dazu finden Sie auf buecher.at/welttag-des-buches

Im Vergleich zum Vorjahresmonat.

+0,6% 0%

–0,6%

Umsatz

Preis

Absatz

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Weitere Marktdaten zur österreichischen Buchbranche liegen für HVB-Mitglieder exklusiv monatlich im anzeiger bei.

Erhebung: Media Control im Auftrag des HVB.

Marktdaten Februar 2020

Wie werden die Bestseller damit nun vertrieben? Huber-Lang: Seit Anfang März werden die Monats-Top-Ten in sechs Kategorien (Belletristik und Sachbuch jeweils Hardcover und Taschenbuch sowie Kinder- und Jugendbuch und E-Book gesamt) als eine gemeinsame APA-Meldung an alle Bezieher des APA-Basisdienstes versandt.

FOTOS:

Die Bestseller, die vom Marktforschungsinstitut media control im Auftrag des Hauptverbandes wöchentlich und monatlich erhoben werden, haben einen neuen Verbreitungskanal. Eine Kooperation mit der Austria Presse Agentur (APA) soll die aktuellen Bestseller noch direkter an Medien spielen.


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Druckerei FINIDR, s.r.o. zählt zu den größten Herstellern von Hard- und So coverpublikationen in Mitteleuropa. Der gesamte Herstellungszyklus verläu hier unter einem Dach. Zu den Vorzügen gehört unbestritten das Verdoppeln sämtlicher Herstellungstechnologien, qualitätsvolle buchbinderische Verarbeitung einschließlich Spezialitäten und Veredelungen. Individueller Zugang, Flexibilität, Kundenservice in 5 Sprachen, günstige Preise und nicht zuletzt kurze Liefertermine sind Hauptgründe für langfristige Zusammenarbeit mit ganzer Reihe bedeutender einheimischer sowie europäischer Verleger.

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– Essenziell – Trends 2020

Büchertrends 2020 EXPERTINNEN UND EXPERTEN ERKLÄREN, WELCHE TRENDS SICH IN DEN VERSCHIEDENEN GENRES ABZEICHNEN UND AUF WELCHE THEMEN VERLAGE UND BUCHHANDEL JETZT SETZEN Text: Teresa Preis Illustration: Georg Feierfeil

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o Buchmessen und -Festivals abgesagt oder verschoben werden, fehlt auch der Blick auf Trends. Wir haben Expertinnen und Experten zu den einzelnen Genres befragt. Hier ein Einblick in die aktuellen Trends und Themen.

ROMANE: POLITIK, PREISTRÄGERINNEN UND STARKE STIMMEN AUS ÖSTERREICH Mit Romanen kennt man sich in der Wagner’schen Buchhandlung in Innsbruck aus. Robert Renk, Buchhändler und Literaturvermittler, verweist auf die jüngsten politischen Themen, die auch der Belletristik Ansätze bieten. „Prinzipiell kann man feststellen, dass es etwas gesellschaftspolitischer wird. Das hat mit der #MeToo-Bewegung zu tun, aber auch mit Themen wie Wirtschaftskriminalität, Brexit oder Whistleblower. Hier wird mit Sicherheit der neue Roman von Ilija Trojanow, ‚Doppeltes Spiel‘ (S. Fischer), wie eine Bombe einschlagen. Der kommt zwar erst im Juni heraus, wird aber ein Ereignis!“, ist sich Renk sicher. Auf welche Novitäten man setzen sollte? „Wie man jetzt schon sieht, auf Monika Helfer (‚Die Bagage‘, Hanser). Aber auch am neuen Dave Eggers, ‚Die Parade‘ (Kiepenheuer & Witsch), kommt man nicht vorbei. Sehr stark und schon gut nachgefragt ist die irische Autorin Anna Burns mit ihrem mit dem Man Booker Prize ausgezeichneten Roman ,Milchmann‘ (Tropen).“ Auch für neue österreichische Romane hat Renk Empfehlungen: Karin Peschka mit „Putzt euch, tanzt, lacht“ (Otto Müller) (siehe Gespräch mit der Autorin auf Seite 28) und

Michael Stavarič mit „Fremdes Licht“ (Luchterhand). „Bei den Debüts finde ich Benjamin Quaderer mit ‚Für immer die Alpen‘ (Luchterhand) sehr stark.“ Nach seinen persönlichen Favoriten der Saison gefragt, hat Renk sofort eine Antwort: „Eine Entdeckung ist sicher Ta-Nehisi Coates, den Toni Morrison schon als legitimen Nachfolger von James Baldwin bezeichnet hat. Er hat bis dato nur Sachbücher auf Deutsch vorgelegt. Sein Roman ‚Wassertänzer‘ (Blessing) dürfte sicher ein wichtiger Titel im Frühjahr werden. Das Thema und die sprachliche Kraft sind etwas, das ich schon bei Colson Whitehead bewundert habe. Außerdem hat mich der Roman ‚Die Detektive vom Bhoot-Basar‘ (Rowohlt) von Deepa Anappara schwer begeistert. Diese ,Detektivgeschichte‘ einer Gruppe von indischen Slumkindern rund um den neunjährigen Jai, der zu viele Polizeidokus schaut, die sich nun selbst auf den Weg machen, um das Rätsel von mehreren verschwundenen Kindern zu klären, ist eines der besten Debüts seit Langem.“

KRIMIS: REISEN, FORTSETZUNGEN UND NEUE REIHEN Spricht man mit Elisabeth Schippel, der Inhaberin der Buchhandlung Krimisalon in Wien, erfährt man alles über den aktuellen Stand bei Krimi und Thriller. Sie beobachtet momentan den Trend, „zeitgemäße Sachthemen akribisch recherchiert in Krimis zu verpacken. Es gibt Einblicke in neu entdeckte Lebensbereiche. Auch die geografische Verortung der Handlung bleibt ein großes Thema, sodass neben Lese- auch die Reiselust

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geweckt wird.“ Als Beispiele nennt Schippel etwa Edith Kneifls neuen Reisekrimi „Wellengrab“ (Haymon). Jean-Luc Bannalec lockt mit „Bretonische Spezialitäten“ (Kiepenheuer und Witsch) nun schon zum neunten Mal in die Bretagne, und Oyinkan Braithwaite macht mit ihrem Debütroman „Meine Schwester, die Serienmörderin“ (Blumenbar) neugierig auf die Millionenstadt Lagos in Nigeria. Außerdem verweist Schippel auf den siebzigsten Geburtstag von Håkan Nesser: „Ihm wird mit der limitierten Sonderausgabe ‚Der Choreograph‘ (btb) gehuldigt. Nessers Debütroman erscheint erstmals in deutscher Übersetzung.“ Insgesamt beobachtet Schippel: „Themen aus ganz unterschiedlichen Sachbereichen werden literarisch aufbereitet und liefern einen Mehrwert für die vielseitig interessierte Leserschaft. Darüber hinaus sind Krimis eine beliebte Urlaubslektüre geworden, weil für fast jede Weltgegend ein dazu passender Krimi gefunden werden kann.“ Etwas, worauf sie auch in ihrem Geschäft großen Wert legt: „Wir pflegen diese Kultur im Krimisalon, indem auch Reiseführer und andere einschlägige Literatur zu den jeweiligen Destinationen im Sortiment zu finden sind.“ Zu österreichischen Neuerscheinungen bemerkt die Buchhändlerin viele Serientitel: „In der heimischen Krimilandschaft geht es Schlag auf Schlag: Ursula Poznanskis ‚Vanitas. Grau wie Asche‘ (Knaur), Band zwei, mit der Wiener Blumenhändlerin Carolin; ebenfalls Band zwei mit Hanni Huber in ‚Helga räumt auf‘ (Kiepenheuer und Witsch) von Thomas Raab; oder der dritte Band mit Bummelstudent Erki von Johann »


– Essenziell – Trends 2020

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Allacher, ‚Wiener Blues‘ (emons). Auch Stefan Slupetzky lässt seinen Lemming Leopold Wallisch im aufrüttelnden sechsten Band ‚Im Netz des Lemming‘ (Haymon) durch Wiens Straßen wandeln. Eine neue Figur hingegen beschert uns Andreas Pittler in ‚Schatten aus Stein‘ (Ueberreuter) – der Auftakt für eine neue Serie?“

KINDER- UND JUGENDBÜCHER: UMWELT, BIOGRAFIEN UND ALL AGE Bei Umsatzzuwächsen von 6,5 Prozent im österreichischen Markt 2019 ist es besonders spannend zu beobachten, worauf hier gesetzt wird. Franz Lettner, Chefredakteur der Zeitschrift 1001 Buch am Institut für Jugendliteratur, weiß um die aktuellen Entwicklungen: „Politische Themen spielen eine wichtige Rolle, vor allem das Thema Umwelt, das in diesem Frühjahr noch einmal zulegt. Da kommen etwa Patrick Geroge: ‚Rettet die Erde‘ (Moritz Verlag), Patricia Maclachlan & Francesca Sanna: ‚Meine Freundin Erde‘ (NordSüd Verlag) oder Julia Neuhaus-Penzek & Till Penzek: ‚Die Klimaschweine‘ (Kunstanstifter).“

Aber nicht nur das Klima soll junge Men- Adult“-Romane, publiziert. „Dafür steht die schen beschäftigen. „Immer noch ein Trend Zielgruppe elf bis 13 Jahre stärker in den sind Biografien jener Art, wie sie im Gefolge Blick. Außerdem wächst der Bereich zwides Bestsellers ‚Good Night Stories for Rebel schen Jugendbuch und allgemeiner BelletrisGirls‘ (Hanser) ja schon in den letzten Jahren tik, das also, was etwa unter dem Label ‚All den Markt geradezu überschwemmt haben. Age‘ verkauft wird.“ Heuer im Frühjahr unter anderem ‚Young Dazu kommt verstärkt ein Trend zu Rebels. 25 Jugendliche, die die Welt verän- Büchern, „die leichter lesbar sind – also dern‘ von Benjamin Knödler und Christine eher kurz und größer gedruckt sind, einen Knödler (Hanser), ‚Stark. Rebellinnen von hohen Bildanteil haben und/oder Lesealheute. Wahre Geschichten von Mädchen ter und Lesekompetenz neu kombinieren“, aus Deutschland‘ von Kathrin Köller und etwa „Super lesbar“ bei Beltz & Gelberg oder Anusch Thielbeer (Gabriel) oder ‚Stories for ‚Loewe Wow!‘ (Loewe Verlag). Nicht zuletzt Future – 13 Jugendliche, die etwas bewegen‘ setzen Verlage auch auf Comic-Romane und von Viviana Mazza (dtv). Graphic Novels. Diese biografischen Darstellungen sind Woran wird man in der Saison nicht formal sehr unterschiedlich, oft illustriert, vorbeikommen? „An Linda Wolfsgrubers bisweilen auch als Bilderbuch erzählt, etwa ‚Die kleine Waldfibel‘, ‚Weltverbessern für in der Reihe ‚Little People, Big Dreams‘ Anfänger‘ (Gerstenberg) von Stepha Quitterer (Insel), wo im Frühjahr Hannah Arendt dran sowie ‚Nach vorn, nach Süden‘ (Rowohlt) von ist.“ Doch Lettner ist skeptisch: „Wie häufig Sarah Jäger – um nur ein paar zu nennen.“ bei Büchern, die gesellschaftlich relevante Themen der Gegenwart im Fokus haben, ist auch bei vielen Neuerscheinungen die päda- SACHBUCH: NATURWISSENgogische Absicht deutlich spürbar und man- SCHAFTEN, KLIMA UND GESCHICHTE ches weniger gut als gut gemeint.“ Beim Residenz Verlag in Wien und Salzburg Laut Lettner werden weniger Bücher für setzt man 2020 vor allem auf NaturwissenLeserinnen und Leser ab 14, also „Young schaften und historische Themen, erklärt

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– Essenziell – Trends 2020

Verlagsleiterin Claudia Romeder. „Das Buch von Nuno Maulide und Tanja Traxler ‚Die Chemie stimmt!‘ hat schon vor Auslieferung für große Berichterstattungen gesorgt. Das liegt wohl daran, dass es das erste Buch von Nuno Maulide ist, der 2018 zum ,Wissenschafter des Jahres‘ gewählt wurde“, freut sich Romeder. Einen erfolgreichen Start hat auch das Buch von Hannes Leidinger und Christian Rapp „Hitler – Prägende Jahre. Kindheit und Jugend 1889–1914“ hingelegt: „Mit seinen neuen Erkenntnissen ist das Buch ein durchschlagender internationaler Presse-Erfolg. Das spiegelt sich auch im Verkauf wider. Es sorgt für spannende Diskussionen und bietet neue Einblicke in Hitlers Jugendzeit.“ Eine Neuerscheinung, die für Gesprächsstoff sorgen wird? „Man wird sicher nicht an dem neuen Buch der ORFKorrespondenten Hannelore Veit und David Kriegleder über die politische Stimmungslage in den USA vorbeikommen. Eine lebendige Reportage und Analyse.“ Zu den Trendthemen im Sachbuch zählt die Verlagsleiterin vor allem Neuheiten aus den Bereichen Geschichte, Ernährung, Klima, Gesundheit und Gesellschaft. Das passt auch zu einem ganz speziellen Titel aus dem aktuellen Residenz-Programm. „Mir liegt besonders das Buch von Martin Grassberger ‚Das leise Sterben‘ am Herzen. Er ist Gerichtsmediziner, Anthropologe und Biologe und hat in unserer Nachhaltigkeitsreihe ‚Leben auf Sicht‘ ein so umfassendes Werk über Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit geschrieben, dass es sich zum Longseller entwickelt hat. Es ist Wissenschaftsbuch des Jahres, Grassberger ist zu zahlreichen Vorträgen eingeladen, und wir drucken und drucken …“

RATGEBER: NACHHALTIGKEIT, REGIONALITÄT UND „BIOBIOBIO“ Ratgeber konnten 2019 mit 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr umsetzen. Trends in diesem Segment kennt Katharina Schaller, Programmchefin beim Tiroler Löwenzahn Verlag. Dort setzt man etwa auf regionalen und saisonalen Anbau: „Immer mehr spüren wir, dass unsere Leserinnen und Leser wissen wollen, woher ihr Essen kommt. Klar, wer selber anbaut oder darauf achtet, hat ein Gefühl dafür, was wann wächst, also Saison hat. Viele achten darauf, was in den Produkten steckt, die im Supermarkt liegen. Aber: Wie entsteht eigentlich ein Ei? Wieso gibt eine Kuh Milch? Und wie verwandelt die sich dann in Butter und Joghurt? Fragen, die wir uns selbst oft gar nicht mehr stellen, da-

für aber unsere Kinder. Erst dann bemerken wir fallweise, dass wir keine Antwort parat haben“, sagt Schaller. Passend dazu setzt sie im Verlag etwa auf Christina Bauers neues Kochbuch „Kinder backen mit Christina. 30 einfache Rezepte, die ganz sicher gelingen, und viele spannende Geschichten rund um den Bauernhof!“. Auch der Winteranbau steht hoch im Kurs. Was das bringt? „Eigenes Gemüse auch in der kalten Jahreszeit ernten. Das klingt vielleicht im ersten Moment seltsam. Die Gartensaison verlängern? Dem Boden keine Ruhepause gönnen? Genau! Die Erde mag es nämlich am liebsten, wenn sie das ganze Jahr begrünt ist. Und wir können in knackfrische Karotten, Radieschen, Kohlrabi & Co. beißen anstatt in wässrige Tomaten, die im Gewächshaus mit immens hohem Energieverbrauch produziert wurden.“ Bei Löwenzahn gibt es dafür etwa Wolfgang Palme mit seinem Buch „Ernte mich im Winter“. Und einen Einblick ins kommende Herbstprogramm gibt Schaller auch schon. „Unsere Autorin Doris Kampas arbeitet gerade eifrig an ‚Das zauberhafte Winterhochbeet. Ernten bis zum Abfrieren‘. Auch im Hochbeet wird es diesen Winter so richtig bunt.“ Zu den Trends der aktuellen Saison gehören Pilze. „In allen Varianten! Ja, auch auf dem Teller, aber vorher vor allem: gesammelt oder angebaut. Pilze sind faszinierend, fast schon magisch: Die vielen unterschiedlichen Lebensformen und Geschmäcker … Sie werden außerdem hoch gehandelt – als Fleischersatz der Zukunft“, schwärmt Schaller. Generell sieht sie das Thema Nachhaltigkeit in der Buchbranche im Kommen, besonders im Ratgeberbereich. „Bei fast allen Verlagen findet man mittlerweile Bücher zu den Themen Klimawandel, Bio-Anbau, weniger Müll.“ Das betrifft nicht nur die Inhalte, sondern auch das Verlagsgeschäft. „Seit 2019 sind nicht nur unsere Inhalte biobiobio, sondern auch die Herstellung der Bücher!“

REISE: OUTDOORREISEN, WANDERN UND KULINARIK-TRIPS Zu Buchhändlerin Regina Proksch kommen Menschen, die sich besonders für Reiseliteratur interessieren. Sie ist Einkäuferin der Reisebuchhandlung freytag & berndt in der Wiener Innenstadt und kennt sowohl die Trends im Verlagsbereich als auch die täglichen Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden. Wie kaum eine andere ist die Warengruppe Reise auch vom aktuellen Weltgeschehen abhängig: „Sehr gefragte Reisedestinatio-

nen sind momentan Armenien und Georgien, Marokko, Mexiko, Italien, und da besonders Friaul und Istrien, genau wie Polen, Norwegen und auch Deutschland. Allerdings sind diese Ziele abhängig von der politischen Lage oder aktuellen Entwicklungen wie dem Coronavirus.“ Trends also, die sich kurzfristig stark ändern können. Dazu kommt die Erwartungshaltung, dass Reiseführer etwa immer aktuell sein sollen. „Allerdings sind Verlage vorsichtiger geworden. Gibt es eine politische Krise, sinkt die Nachfrage nach Büchern über diese Reisedestinationen natürlich – und es wird so schnell nichts Neues produziert.“ Jüngste Beispiele sind etwa der Libanon oder die Türkei. Für das laufende Jahr sind laut Proksch besonders Aktivreisen, also Wander- und Radtouren, im Trend: „Vorwiegend im Inland und angrenzenden Nachbarländern. Dabei können wir eine verstärkte Nachfrage nach Führern und Karten zu Radfernwegen und Weitwandertouren feststellen.“ Auch der Outdoorbereich gewinne dazu, etwa Kletter- und Skitourenführer für europäische Länder. Generell beobachtet Proksch in den vergangenen Jahren einen Rückgang der Kulturreisen: „Leider! Somit werden auch nur mehr wenige Kulturführer angeboten. Der Trend geht zu Shopping- und KulinarikTipps.“ An welchen Neuerscheinungen man in dieser Saison nicht vorbeikommt? „Da fällt mir die Straßenkarte für Georgien von freytag & berndt ein, die bald erscheinen wird. Wir bemühen uns im Verlag weiterhin, auch nach 250 Jahren gute gedruckte Karten zu produzieren.“ Der gleichnamige Verlag, der ebenfalls seinen Sitz in Wien hat, spielt in der Buchhandlung natürlich eine zentrale Rolle. „Wir empfehlen auch die Reiseführer aus dem Styria Verlag, etwa ‚Soča – Isonzo. Juwel zwischen Alpen, Karst und Adria‘ von Wolfram Guhl oder ganz aktuell ‚Von der Moldau zur Thaya: Südböhmen und Südtirol erleben‘ von Johanna und Erwin Uhrmann.“ Ein Buch, das ihr gegenwärtig besonders am Herzen liegt? „Der schöne Wien-Bildband ‚Wien. Portrait einer Stadt‘ (Taschen) mit vielen alten Fotos, die Christian Brandstätter gesammelt hat. Aber auch Kinderbücher, etwa ‚Ozean‘ (Gerstenberg) mit besonderen Aufklappseiten und Lasercut-Scherenschnitten“. Während Stadtpläne nicht mehr sehr gefragt sind, werden bei freytag & berndt ganz besondere Karten immer wichtiger. „Im Bereich der Straßen- und Wanderkarten verzeichnen wir Zuwächse im Verkauf“, betont die Buchhändlerin. «


– Schwerpunkt – Krimis & Thriller im Sommer

Blanke Nerven Politische Intrigen, „schwarze Witwen“, gierige Richter, mörderische Schwestern, grausige Morde und dazu sehr eigenwillige Ermittler. Die Krimis der neuen Saison wollen Leserinnen und Leser von der ungebrochenen Faszination des Genres überzeugen Text: Teresa Preis

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Im neuen Krimi von Autor und Musiker Johann Allacher „Wiener Blues“ (emons) bringt sich der Bummelstudent Erki Neubauer laufend in Schwierigkeiten. Im Sommer arbeitet er beim Radio im Keller des Wiener Funkhauses. Doch auch die Abgeschiedenheit dort schützt ihn nicht vor sich selbst. So will er einen längst aus dem Gedächtnis verschwundenen Song aus den 1970er-Jahren aufleben lassen und bringt damit alte Konflikte wieder an den Tag. Dabei muss er feststellen, dass auch Musiker im Pensionsalter für Erfolg und Geld zu töten bereit sind. Der besondere Clou: Allacher hat für den Roman eigens das Lied „Boogie Street“ komponiert und aufgenommen.

pannende Krimis und Thriller zwischen eigentümlichen Ermittlerfiguren, kaltblütigen Mörderinnen, politischen Grabenkämpfen und spektakulären Verbrechen.

Schauplatz Österreich: Mörderische Musiker, gierige Richter und eine „Weiße Frau“ Mordfälle und Rätsel in bekannten Gegenden bieten Regionalkrimis – in diesem Fall aus Österreich. Krimi-Autorin Claudia Rossbacher hat mit „Steirerstern. Sandra Mohrs zehnter Fall“ (Gmeiner) einen neuen Band rund um LKA-Ermittlerin Sandra Mohr und LKA-Partner Sascha Bergmann geschrieben. Die beiden sollen einen Mord im Murtal aufklären: Bassist Luigi ist bei einem Treppensturz ums Leben gekommen. Soll das wirklich ein Unfall gewesen sein? Schnell wird die Sängerin seiner Band verdächtigt, besonders von den Medien, bis plötzlich auch sie verschwindet. Hatte sie wirklich etwas mit dem Mord zu tun? Dietmar Steinbrenners „Gier auf der Waagschale“ (Leykam) bezieht sich auf eine wahre Begebenheit aus dem österreichischen Justizmilieu. Dem einst angesehenen Richter Franz-Josef Freisinn-Wartenau wird Betrug nachgewiesen. Man drängt ihn dazu, sein Amt niederzulegen. Danach arbeitet er unbezahlt ausgerechnet in jener Kanzlei, die seine Kläger vertreten hat. Dort steigt er rasch auf und erhält schließlich sogar Zugang zu den Konten seines Arbeitgebers. Nun kann er sich nicht mehr beherrschen, die Gier ist zu groß. Wie weit wird er gehen? Die Grazer Autorin Isabella Archan bringt in „Wenn die Alpen Trauer tragen“ (emons) Unruhe in die Alpenidylle. Als eine ältere Dame aus dem Ort bei einem Brand getötet wird, ahnt Mitzi, dass hier einiges nicht stimmen kann. Sie wendet sich an Inspektorin Agnes Kirchnagel. Diese deckt ein Verbrechen auf und lässt den Erben der Frau verhaften. Doch auch danach lässt die Geschichte Mitzi nicht los. Dann erfährt sie, dass sich das Mordopfer von einer geheimnisumwobenen „Weißen Frau“ verfolgt fühlte und nimmt nun selbst Ermittlungen auf. Dabei lässt sie sich auch von Inspektorin Kirchnagel nicht aufhalten, die Mitzis Thesen keinen Glauben schenkt.

Italienische Faschisten, Nazis im Nachkriegsberlin und die Russenmafia „Hundechristus. Ein Commissario-De-LucaKrimi“ (Folio) von Carlo Lucarelli spielt im Bologna des Jahres 1943. Bei einer Razzia im Schwarzhandelsmilieu entdeckt Commissario De Luca eine kopflose Leiche. Das Interesse an dem Fund ist nicht groß, schließlich fordert der Krieg viele Opfer. De Luca aber bleibt an diesem Fall dran und findet den fehlenden Schädel der Leiche. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf ein Netzwerk aus faschistischer Miliz, Lockvögeln, Kokainhändlern, Zockern und altem Adel. Dann wird mitten im Krieg Mussolini abgesetzt und eingesperrt, die neue Regierung nimmt Friedensverhandlungen mit den Alliierten auf – Italien beginnt zu hoffen. Doch deutsche Fallschirmjäger befreien den Duce und setzen ihn in Salò als Regierungschef ein. De Luca muss feststellen, dass Personen, gegen die er ermittelt, nun in wichtigen Positionen sitzen – für ihn wird es eng … „Pandora. Auf den Trümmern von Berlin“ (Droemer) von Liv Amber und Alexander Berg ist der erste Band einer neuen Thriller-Reihe über die Nachkriegszeit in Berlin. 1948 kehrt Hans-Joachim Stein in seine Heimat Berlin zurück. Die vom Krieg zerstörte Stadt ist ihm fremd. Trotzdem beginnt er in der neu gegründeten Mordinspektion West als Kommissar zu arbeiten. Hier schlägt ihm Misstrauen entgegen. Seine Lage wird nicht besser, als sein Vater in der Polizeidirektion Ost aufsteigt. Steins erster Fall gilt dem Mord an einem bekannten Schieberkönig. Bald darauf arbeitet er an einem

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– Schwerpunkt – Krimis & Thriller im Sommer

ähnlichen Fall, den sein Vorgesetzter zu vertuschen sucht. Allmählich dämmert es ihm, dass der Nationalsozialismus in Berlin noch immer allgegenwärtig ist. Es ist die Steiermark, in der Franz Preitlers erster Band „Die schönen Mordschwestern“ (Gmeiner) seiner neuen Reihe der „Mürztal-Morde“ spielt. Ein Kriminalfall aus dem Jahr 1906 beschäftigt das ganze Bundesland. Zwei Schwestern haben eine junge Frau im Mürztal auf brutale Art und Weise ermordet. Das Motiv steht schnell fest, doch welche der beiden ist es gewesen? Zu einer endgültigen Antwort kommt es nicht. Nach Jahren in Haft geht die jüngere der beiden Schwestern nach Wien. Dort trifft sie auf den Opernsänger Pokorny, der den Mord eigentlich ausgelöst hat. Als er sie mit einem Geheimnis konfrontiert, scheint die Zeit für Rache gekommen zu sein. In seinem neuen Krimi „Vier durch vier“ (Piper) setzt Arne Dahl sein Ermittlerduo Sam Berger und Molly Blom auf die Russenmafia an. Berger hat sich neun Monate lang als Privatdetektiv durchgeschlagen, während seine Partnerin Blom untergetaucht ist. Ohne ihn hat sie eine gemeinsame Tochter auf die Welt gebracht. Als eine ehemalige zwangsprostituierte Russin namens Nadja entführt wird, muss er rasch handeln. Nur 74 Stunden bleiben Berger, bis Nadja der Kopf abgeschlagen werden soll. Auf der Jagd nach den Tätern verstrickt er sich in einem Netz aus Lügen, in dem sich auch ein Hinweis auf Molly Bloms Verbleib verbirgt.

Frau sie um Hilfe bittet, damit der gewalttätige Ehemann namens Hector länger im Gefängnis bleibt, gerät Lola in einen Drogenkrieg. Wer sind darin ihre Gegner? Die konkurrierende Rivera-Gang, die Staatsanwältin Andrea oder Hector, der doch aus dem Gefängnis entlassen wurde? Lola ist bereit, alles zu tun, um ihre Liebsten zu beschützen. Katrine Engbergs Ermittler Jeppe Kørner landet in „Glasflügel“ (Diogenes) bei einem außergewöhnlichen Mordfall. Die ganze Stadt Kopenhagen ist in Aufruhr, denn in einem Brunnen mitten in der Fußgängerzone wurde die Leiche einer Frau entdeckt. Der Fall führt direkt ins dänische Gesundheitssystem – und in eine düstere Einrichtung für hilfsbedürftige Jugendliche. Ein Ort, an dem viele Leute ihre eigene Vorstellung von Fürsorge haben. Mit „Schwestern im Tod“ (Droemer) hat der Franzose Bernard Minier seinen fünften Psychothriller vorgelegt. Kommissar Martin Servaz aus Toulouse wird 25 Jahre später mit seinem allerersten Fall rund um zwei ermordete Schwestern konfrontiert, der doch nur scheinbar aufgelöst werden konnte. Dahin zurück bringt ihn der Tatort eines Mordes: Die Ehefrau des Krimiautors Erik Lang wird tot und in einem Kommunionskleid in einem Nest giftiger Schlangen gefunden. Mit Lang hatte Servaz bereits damals zu tun, als zwei Studentinnen in Kommunionskleidern ermordet und an Baumstämme gefesselt aufgefunden wurden. Sie waren Fans des Schriftstellers gewesen, doch damals mussten sie bei der Ermittlung etwas Wichtiges übersehen haben. Ein DNA-Test spricht Bände. Ein besonders grausamer Thriller kommt von der isländischen Schriftstellerin Yrsa Sigurdardóttir mit „Abgrund“ (btb). Ein Mann wird auf einer alten Hinrichtungsstätte in einem Lavafeld erhängt gefunden – in der Nähe des Präsidentensitzes. Auf dem Toten, mit einem Nagel in seine Brust gerammt, findet sich eine Nachricht. In seiner Wohnung wartet ein kleiner Junge, der schwer traumatisiert scheint und sich an nichts erinnern kann. Kommissar Huldar und Psychologin Freyja lassen sich nicht abschrecken und werfen sich in die Auflösung des schwer zu fassenden Falls.

Mörderische Schwester, weiblicher Gangboss, Dr. Angst und Nagel in der Brust In „Meine Schwester, die Serienmörderin“ (Blumenbar) erzählt die nigerianische Autorin Oyinkan Braithwaite die Geschichte zweier Schwestern. Ayoola, das Lieblingskind, dem alles im Leben zuzufliegen scheint, hat die problematische Angewohnheit, ihre Männer umzubringen. Ihre Schwester Korede arbeitet als Krankenschwester und ist neidisch auf Ayoola. Außerdem hat sie die undankbare Aufgabe, nach den Morden aufzuräumen. Als sich auch noch Ayoola in Koredes Schwarm, den attraktiven Arzt Tade, verliebt, fragt sich Korede, ob sich das Verhalten ihrer Schwester erneut wiederholen wird. Wozu ist Ayoola fähig? Und wer muss vor wem beschützt werden? In Melissa Scrivner Loves „Capitana“ (Suhrkamp) dreht sich alles um Lola Vasquez. Als hilfsbereite Nachbarin kümmert sie sich liebevoll um die Pflegetochter Lucy, andererseits ist sie eine knallharte Gangleaderin und Drogendealerin – mit einigen Leichen auf ihrem Gewissen. Sie geht mit der Staatsanwältin Andrea, die selbst in den Drogenhandel verstrickt ist, einen Deal ein, der Lola ein eigenes Gebiet einbringt. Als eine schwangere

Unkonventionell: Unterhaltungen mit Vögeln, Ermittlungen durchs Fenster und ein junger Pfadfinder In Kriminalromanen geht es so sehr um die Fälle wie um diejenigen, die sie aufklären. Für „Der gute Cop“ (Suhrkamp) lässt der Kanadier Scott Thornley Detective Superintendent MacNeice ermitteln. Ein Mann, der sich liebend gerne mit Vögeln und seiner verstorbenen Ehefrau unterhält – und gleichzeitig ein genauer und empathischer Beobachter ist. Eine Fähigkeit, die ihn zu einem guten Ermittler macht, der allerdings »

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– Schwerpunkt – Krimis & Thriller im Sommer

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Als der zehnjährige Pfadfinder Edvin beim Campen auf einer kleinen Schäreninsel Pilze sammeln will, stößt er im Wald auf einen halbvergrabenen Totenkopf. Kurzentschlossen steckt er den Schädel in einen Plastiksack und bringt ihn direkt zu seinem Nachbarn, dem berüchtigten Kommissar Evert Bäckström. Der neue Thriller „Wer zweimal stirbt“ (btb) des schwedischen Autors Leif G. W. Persson um Bäckström, den Mann für die harten Fälle, zeigt einen Kommissar, der kein Benehmen hat, dafür einen untrüglichen Instinkt. Und immer wieder selbst in seine Fälle gerät.

immer wieder riskante und unkonventionelle Wege dafür einschlägt. Gemeinsam mit seinem Team, vor allem DI Fiza Aziz, versucht er den Fall einbetonierter Leichen in Dundurn, Ontario, aufzuklären. Außerdem bekriegen sich zwei Biker-Gangs, und ein Mörder hat es auf erfolgreiche Frauen mit migrantischem Hintergrund abgesehen – auch auf Aziz. Thomas Raab hat in seinem neuen Krimi „Helga räumt auf. Frau Huber ermittelt. Der zweite Fall“ (Kiepenheuer & Witsch) die Dorfbewohner auf Urlaub geschickt. Frau Huber hat sich eigentlich nach dem Sommer gesehnt, hauptsächlich wegen der Ruhe in Glaubenthal. Doch während der flirrenden Hitze findet sich bald eine Leiche in einem Strohballen. Mit viel schwarzem Humor wird die Geschichte um Hanni Huber erzählt, die sich auf die Jagd nach Verbrechern macht. In ihrem neuen Fall führen die Spuren zu zwei verfeindeten Familien, den Praxmosers und den Grubmüllers. Aber was hat all das mit der zauberhaften jungen Helga zu tun? Hanni Huber ist beschäftigt. Die Privatdetektivin Tess Monaghan gilt mit ihren 35 Jahren bereits als Risikoschwangere, die die verbleibenden zwölf Wochen ihrer Schwangerschaft Bettruhe halten soll. Doch Laura Lippmans Heldin in „Die Frau im grünen Regenmantel“ (Kampa) hat wenig Lust, nur noch Filme zu schauen und Bücher zu lesen – stattdessen beobachtet sie von ihrem Fenster aus die Spazierenden im Park gegenüber. Besonders eine Frau in grünem Regenmantel, die täglich mit ihrem Windhund kommt, sticht heraus. Als besagter Hund plötzlich ohne seine Besitzerin durch den Park läuft, ahnt Tess ein Verbrechen. Vom Bett aus beginnt sie zu ermitteln, die beste Freundin assistiert, und Crow, der Vater ihres ungeborenen Babys, muss sich von nun an nicht mehr nur um das Essen kümmern, sondern auch Informationen beschaffen. Bald hängt der Haussegen schief, aber das ist noch lange nicht alles. Im neuen Krimi von Stefan Slupetzky, „Im Netz des Lemming“ (Haymon), versteht der Lemming die Welt nicht mehr. Der Internetsprache, die sein Sohn und dessen Freund Mario fließend beherrschen, kann er kaum noch folgen. Während einer unspektakulär scheinenden Straßenbahnfahrt überschlagen sich die Ereignisse: Der Lemming muss mitansehen, wie Mario auf seinem Handy eine Nachricht bekommt, aus der Bahn rennt und direkt von einer Brücke springt. Der Ermittler ist schockiert – und landet auch noch inmitten eines Shitstorms, als letzte Person, die mit dem Burschen vor seinem Selbstmord gesprochen hat, wird aus ihm plötzlich ein pädophiler Triebtäter gemacht. Die Welle wird immer größer, und der Lemming gerät immer tiefer in die Abgründe korrupter Politiker, die im Internet politische Hetze verbreiten. Doch erst einmal muss Marios Fall geklärt werden.

Reiselust: Mörderische Algarve, Erholung in Schottland und eine Leiche vor Capri Spannende Fälle an Urlaubs- und Sehnsuchtsorten haben einen besonderen Reiz. In Gil Ribeiros neuem Band „Schwarzer August. Lost in Fuseta“ (Kiepenheuer & Witsch) an der portugiesischen Algarve versucht der deutsche Austauschkommissar Leander Lost Fälle zu lösen. Der ungewöhnliche Ermittler hat endlich Mal Zeit, den Strand zu genießen, und auch Soraia Rosado, die Schwester seiner Kollegin, zieht endlich bei ihm ein. Doch die Ruhe hält nicht lange an, als ein Kommunalpolitiker von einer Briefbombe verletzt wird. Zwei weitere Bomben, die einem Konzernchef und einem Baulöwen galten, explodieren nicht. Das Team steht vor einem Rätsel, bis sie feststellen, dass der Täter überall dort zuschlägt, wo die Behörden in den letzten Jahren versagt haben. Susan Hill lässt Detecteve Chief Inspector Simon Serrailler in „Phantomschmerzen. Auszeit für Inspector Serrailler“ (Kampa) direkt nach dem letzten Fall weitermachen. Den hat er psychisch und körperlich angeschlagen nur knapp überlebt. Um Abstand zu gewinnen und sich zu erholen, reist er von der gemütlichen Stadt Lafferton im Süden Englands auf die idyllische schottische Insel Taransay. Doch die Ruhe hält nicht lange an: Eine Frau wird unter mysteriösen Umständen ermordet und Serrailler ist der einzige Polizist vor Ort. Natürlich muss er den Fall übernehmen. Bald holt ihn außerdem ein alter Fall in Lafferton ein. Auf einer anderen Insel spielt Luca Venturas neues Werk „Mitten im August“ (Diogenes): Der Inselpolizist Enrico Rizzi ist auf Capri üblicherweise nur mit kleineren Delikten beschäftigt. So hat er auch Zeit, seinem Vater in den familieneigenen Obst- und Gemüsegärten zu helfen. Rizzi ist überzeugt, am schönsten Ort der Welt zu leben. Eines Tages wird ein Toter in einem Ruderboot an den Strand getrieben: Jack Milani, Sohn einer Industriellenfamilie und Ozeanologie-Student. Der junge Rizzi ist mit seinem ersten Mordfall konfrontiert und muss sich dabei mit seiner neuen Kollegin Antonia Cirillo aus Norditalien arrangieren. «

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– Bestseller Februar 2020 –

Empfehlungen Am Rande der Stadt Zwischen vergessenen Kindheiten und brutaler Ausbeutung. Drei Taschendiebe wider Willen kämpfen um ihre Zukunft – dabei hilft nur eine tägliche Ration Feenstaub. „Feenstaub“ – Cornelia Travnicek. Picus

Mütter und Töchter Eine komplizierte Beziehung von Mutter und Tochter zwischen Liebe und Hass bindet die beiden Frauenfiguren in Ferrantes neuem NeapelRoman schicksalshaft aneinander. „Lästige Liebe“ – Elena Ferrante. Suhrkamp

Alters-WG Eigentlich wollte Daniel nur seine Verwandten auf dem Land besuchen. Mit seinem dementen Onkel Alfred konfrontiert, wird schnell klar, dass sein Besuch länger dauern wird.

Bestseller Februar 2020 Belletristik Hardcover

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MONIKA HELFER Die Bagage NEU Hanser, Carl € 19,60 THOMAS STIPSITS Kopftuchmafia 1 Ueberreuter Sachbuch € 16,95

2

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HERA LIND Vergib uns unsere Schuld Diana € 10,30

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ANDRZEJ SAPKOWSKI Das Erbe der Elfen DTV Verlagsgesellschaft

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Kinderbuch

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Reiche Familie Nicks Großmutter Su Yi liegt im Sterben. Um sich zu verabschieden, reist er zurück nach Singapur in die Welt der Superreichen – wo man bereits um das Milliardenerbe kämpft.

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„Leichte Böden“ – David Fuchs. Haymon

Belletristik Taschenbuch

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JOHN STRELECKY Das Café am Rande der Welt 1 DTV Verlagsgesellschaft € 9,20 CAROLINE CRIADO-PEREZ Unsichtbare Frauen NEU btb € 15,50

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CHRISTINA VON DREIEN Christina, Bewusstsein schafft Frieden Govinda € 20,50

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BAS KAST Der Ernährungskompass 6 C. Bertelsmann € 20,60 JONATHAN FRANZEN Wann hören wir auf, uns etwas NEU vorzumachen? Rowohlt TB € 8,30

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JEREMY DRONFIELD Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte Droemer HC € 17,50

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JOHN STRELECKY The Big Five for Life DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 JOHN STRELECKY Auszeit im Café am Rande der Welt DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 JOHN STRELECKY Wiedersehen im Café am Rande der Welt DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 BRACHT, LIEBSCHER-BRACHT Die Arthrose-Lüge Goldmann € 14,40 DANIEL KAHNEMAN Schnelles Denken, langsames Denken Penguin € 14,40 YUVAL NOAH HARARI 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert C.H. Beck € 15,40

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CHRISTINE FERRARI Die Safranfrau NEU Knaur Taschenbuch € 15,50 ICHIRO KISHIMI, FUMITAKE KOGA Du musst nicht von allen gemocht 10 werden, Rowohlt TB € 10,30

MARTIN GRASSBERGER 10 Das leise Sterben

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Sachbuch E-Book

Ratgeber Hardcover

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Residenz

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CAROLINE CRIADO-PEREZ Unsichtbare Frauen NEU btb € 12,99

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JOHANNES HUBER Die Anatomie des Schicksals Edition A € 18,00

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ZACHENHOFER, SCHINDLER Abnehmen für hoffnungslose Fälle Edition A € 18,00

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CHRISTINE FERRARI Die Safranfrau Knaur eBook € 9,99

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STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden Kailash/Sphinx € 11,99

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JEREMY DRONFIELD Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte Droemer eBook € 12,99

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MICHAEL LEHOFER Alter ist eine Illusion NEU Gräfe und Unzer € 15,99

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GÜNTHER LOEWIT 7 Milliarden für nichts Edition A € 16,00

YUVAL NOAH HARARI Eine kurze Geschichte der Menschheit 5 DVA € 14,99 SUSI SAFER Wenn dir das Leben Zitronen gibt ... NEU Edition A € 20,00

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STRAUBINGER, FENSL, KARRÉ Der Jungbrunnen-Effekt 5 Kneipp Verlag In Verlagsgruppe Styria GmbH & Co. Kg € 22,00 MICHAEL LEHOFER Alter ist eine Illusion NEU Gräfe und Unzer € 20,60

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Marian Moschen

Mann backt Heimat

Österreichische Klassiker neu interpretiert. Erweiterte Neuauflage. Feine Torten, Strudel, Kuchen, Blätterteig- und Germteigkreationen – in Österreich findet man in Cafés und Konditoreien eine wahrhafte Fülle an süßen Köstlichkeiten. Die außergewöhnlichsten Rezepte der österreichischen Mehlspeisenkultur hat Kultblogger Marian Moschen in diesem Buch festgehalten. Einfache Erklärungen lassen auch Anfänger Klassiker wie Linzer- oder Sachertorte, Apfelstrudel oder Kirchtagskrapfen in Perfektion aus dem Ofen holen. 176 farb. Abb., geb. ISBN 978-3-7022-3774-5 224 Seiten, € 24.95

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REINHARD HALLER Das Wunder der Wertschätzung 3 Gräfe und Unzer € 18,50 STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden 4 Kailash € 15,50 CHRISTINA BAUER Backen mit Christina 6 Löwenzahn ALEXANDER HOFSTETTER Marcel Hirscher 1 Egoth-Verlag € 29,90 STRAUBINGER, FENSL, KARRÉ Der Jungbrunnen-Effekt. Mein Praxis8 buch, Kneipp Verlag CHRISTINA BAUER Brot backen mit Christina 7 Löwenzahn MATTHIAS K. THUN Aussaattage 2020, Maria Thun® 2 Aussaattage-Verlag MARCUS TÄUBER Gedanken als Medizin. NEU Goldegg Verlag € 22,00

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– Klassiker – neu entdeckt

„Nur zu Zeiten verträgt göttliche

Fülle der Mensch“

Text: Erich Klein Illustration: Katharina Klein

FRIEDRICH HÖLDERLIN: 250. GEBURTSTAG

Eigentlich hätte Friedrich Hölderlin (1770–1843) Pfarrer werden sollen. Als er stattdessen im „Schwäbischen Musenalmanach“ erste Gedichte publiziert, beschließt die Mutter, das beträchtliche Erbe des früh verstorbenen Vaters dem Dichter ein Leben lang vorzuenthalten. Nur wenige Details aus dem Leben des größten Lyrikers Deutschlands sind verlässlich überliefert. Was aber in seinem Fall auch wenig zur Sache tut. Poesie war für Hölderlin Lebensmittel – ein Umstand, den auch seine Studienkollegen Schelling und Hegel zur Kenntnis nahmen, als sie zu dritt über eine Philosophie der Zukunft nachdachten. Für Hölderlin war Dichtung wichtiger als Philosophie: „Die Poesie bekommt dadurch eine höhere Würde, sie wird am Ende wieder, was sie am Anfang war – Lehrerin der Menschheit.“ Das erste größere literarische Projekt des ein Leben lang zwischen diversen Hauslehrerstellen herumgeisternden „pauvre Holterling“ ist der durch den griechischen Freiheitskampf inspirierte Briefroman „Hyperion“ mit der berühmtesten aller Deutschland-Schelten: „Ich kann kein Volk mir denken, das zerrissener wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine

Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen.“ Zum Erfolg wurde die „Geschichte eines exzentrischen Lebensversuches“ ebenso wenig wie das Fragment gebliebene Drama „Tod des Empedokles“. Hölderlin hielt das nicht davon ab, seine württembergischen Mitbürger republikanisch aufzustacheln: „Diß ist die Zeit der Könige nicht mehr … Schämt euch, daß ihr noch einen König wollt.“ Als Dichter beschwor er hingegen in „vaterländischen Gesängen“ den Geist von Landschaften und Flüssen, um in poetischer Mythologie die Gottlosigkeit der Gegenwart zu überwinden. Dionysos galt ihm als der kommende Gott einer zur Liebe befreiten Menschheit – seinen hymnischen Überschwang zu zügeln gelang Hölderlin nur selten, auch wenn er wusste: „Nur zu Zeiten verträgt göttliche Fülle der Mensch.“ Eine zweimonatige Fußwanderung ins südfranzösische Bordeaux als Reaktion auf die gescheiterte Liebe zu einer Frankfurter Bankiersgattin, die Hölderlin als „Diotima, edles Leben, Schwester heilig mir verwandt!“ bedichtet, stellt die tragische Wende zum jahrelang hinausgezögerten geistigen Ende dar. Doch entstehen noch zwei der schönsten HölderlinGedichte – „Andenken“ und „Hälfte des Lebens“. Dort heißt es: „ Weh mir, wo nehm’ ich, wenn / Es Winter ist, die Blumen, und wo / Den Sonnenschein, / Und Schatten der Erde? / Die Mauern stehn / Sprachlos und kalt, im Winde / Klirren die Fahnen.“ Darauf folgte eine fast vierzigjährige, geistige Umnachtung.

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Friedrich Hölderlin: „Sämtliche Werke und Briefe in drei Bänden“ Carl Hanser Verlag, München 2019

Karl-Heinz Ott: „Hölderlins Geister“ Carl Hanser Verlag, München 2019

Rüdiger Safranski: „Hölderlin. Komm! Ins Offene, Freund!“ Carl Hanser Verlag, München 2019


– Gewinnspiel –

Jetzt mitspielen! „SEHR GEEHRTE/R MEDIENVERTRETER/IN! DA SIE WIE IMMER ZU WENIG RÜHRIG SIND, UM SICH DIE RICHTIGEN INFORMATIONEN SELBST ZU BESCHAFFEN, ERLAUBEN WIR UNS, IHNEN ALLES ZU SCHICKEN, WAS SIE FÜR EINE GUTE BERICHTERSTATTUNG IN IHREM MEDIUM BRAUCHEN. “ AUFGABE: FINDEN SIE DEN FEHLER!

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Jetzt mitspielen und gewinnen auf:

www.falter.at/anzeiger Teilnahmeschluss: 20. April 2020

anzeiger

Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Schriftverkehr, Rechtsweg und Barablöse sind ausgeschlossen. Der Gewinn ist nicht übertragbar oder auszahlbar. Die GewinnerInnen werden schriftlich verständigt. Bei Nichtzustandekommen des genannten Seminars wird dem Gewinner ein alternatives Seminar angeboten. Teilnahmeschluss: 20. April 2020. Datenschutz: Für die Teilnahme am Gewinnspiel ist eine Angabe von personenbezogenen Daten erforderlich. Die Teilnehmer erklären sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die von ihnen übermittelten Daten von der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, für die Durchführung und Abwicklung des Gewinnspiels erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach vollständiger Durchführung des Gewinnspiels umgehend und unwiederbringlich gelöscht.

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– HVB-Mitglieder im Porträt – INTU Books, Wien

Text: Elisabeth Stuppnig Foto: Claus Böswarth

„Kindern die Scheu vor Naturwissenschaften nehmen“

Helga Nesselberger W

er die Gegend um den Karlsplatz kennt, dem sind wohl auch die knallpinken Lettern bei der Technischen Universität Wien vertraut. Die drei Filialen des Buch- und Papierhändlers INTU an der Wiedner Hauptstraße stechen gleich ins Auge. Und das aus gutem Grund. Schließlich war die Buchhandlung vor über sechzig Jahren gegründet worden: als Servicezentrum für Studierende und Lehrmittelstelle für Fachliteratur, erklärt Helga Nesselberger, die INTU-Geschäftsführerin. „Heute sind wir außerdem im Bezirk aktiv. Wir versorgen die Wieden mit Büchern für die ganze Familie und fördern mit Projekten zu MINT-Themen zum Beispiel an Schulen schon früh den TU-Nachwuchs.“ Lange bevor Nesselberger in die Wiedner Hauptstraße kam, war sie als „Produzentin“ literarischer Werke tätig. Sie arbeitete bei der Tageszeitung Der Standard, bei Monatszeitungen und schließlich in Buchverlagen.

Jetzt leitet die bekennende Krimiliebhaberin die drei INTU-Buchhandelsfilialen. Während INTU.books in der Wiedner Hauptstraße 13 eine spezielle Auswahl an Belletristik, Sachbüchern und Literatur für Studierende der Architektur und des Bauingenieurwesens bietet, handelt es sich bei INTU.paper in der TU um ein klassisches Papierfachgeschäft, mit den Schwerpunkten Modellbau, Technisches Zeichnen und Künstlerbedarf. INTU.books & shop im TUBibliotheksgebäude führt ein wohlkuratiertes Sortiment an naturwissenschaftlicher Fachliteratur, das sich manche Universität in Deutschland wünschen würde. zudem exklusive Fanartikel der TU und Artikel, die in die Serie „Big Bang Theory“ passen würden. Auch Nesselberger ist traditionell erzogen worden, erinnert sie sich. Als „Mädchen, das sich nicht für Mathematik zu interessieren braucht“. Jedoch: „Jedes Kind ist ein Forscher und Entdecker, egal ob Bub oder Mädchen. Man nimmt den Mädchen so viel weg, indem man ihr Interesse an Naturwissenschaften nicht fördert. Dabei sind sie faszinierend!

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Musik ist mathematisch erklärbar, Chemie äußert sich im Leben.“ Als Bindeglied zwischen der TU Wien und dem Bezirk sind die Buchhändlerinnen und Buchhändler jedes Jahr mit MINT-Büchertischen an der Kinderuni Technik vertreten und „versuchen, mit unserem engagierten Team die Neugier der Kinder und Jugendlichen durch altersgerechte Buchtipps zu wecken.“ Privat ist Nesselberger ein „Krimifreak durch und durch“, sagt sie lachend. „Ich behaupte sagen zu können, ich habe bei mir zuhause die bestsortierte Krimibücherei Wiens.“ Von den geschätzten 5.000 Büchern seien zwei Drittel ausschließlich von Frauen geschrieben, bevorzugt von englischen oder amerikanischen Autorinnen.

INTU Books

Wiedner Hauptstraße 6, 8–10 und 13 1040 Wien


– HVB-Mitglieder im Porträt – Edition Konturen, Wien und Hamburg

Georg Hauptfeld

Text: Lisa Schöttel Foto: Nini Tschavoll

„Für mich ist Idealismus ein Hochgenuss“

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och vor ein paar Jahren wurde Georg Hauptfeld als idealistischer Einzelkämpfer wahrgenommen – das hat sich geändert. Mit seiner Idee, hochwertige Bücher mit qualitätsvollem Inhalt für die breite Öffentlichkeit herauszubringen, hat er mit der Edition Konturen eine Lücke gefüllt. Ein riskanter Schritt, aber nach fünf Jahren fühlt sich der Verleger im Buchhandel angekommen. „Für mich ist Idealismus ein Hochgenuss. Es gibt viel zu wenig Idealisten wie uns und viel zu viele Kommerzielle, die nur aufs Geld schauen“, beschreibt er die zwei Lager der Branche. Ein schwieriges Pflaster, um sich als Nischenverlag zu etablieren. Umso größer war seine Freude, der Philosophin Agnès Heller zu begegnen und ihr Buch „Die Welt der Vorurteile“ und noch einige andere von ihr herausbringen zu können.

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Hellers Bücher sowie die deutsche Übersetzung von „Politik mit der Angst“ der Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak haben dem Verlag schon in den Anfangsjahren Aufmerksamkeit eingebracht und dem Verleger das Selbstbewusstsein vermittelt, „verlegerisch ein gutes Gespür zu haben“. Vier Bücher erschienen in den ersten Jahren, heute sind es jährlich sechs bis sieben. Der Verlag Edition Konturen steht für schöne Bücher sowie Autorinnen und Autoren, die zentrale Fragen unserer Kultur verständlich aufarbeiten und damit Brücken zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit bauen. „Wir wollen der Wissenschaft eine neue, verständliche Sprache geben“, meint Hauptfeld, „und an die Vernunft des Menschen appellieren.“ Neu im Programm ist unter anderem die Reihe „Kanten“: Kurze Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Themen, die buchstäblich quergelesen werden. Ein besonderes Anliegen ist es Hauptfeld, dem „Häppchenlesen“ im Internet das haptische und optische Leseerlebnis entgegenzustellen. „Bücher sind das einzig narrative Medium, das wir in einem eigenen Tempo mit einer ganz persönlich definierten Tiefe konsumieren können“, streicht er das Alleinstellungsmerkmal des Buches hervor. Mit Hilfe engagierter Vertreterinnen und Vertreter, einer guten Vernetzung im Buchhandel und Bekanntheit bei der Presse hat es der Verleger geschafft, dem Verlag auch zu einer unternehmerischen Basis zu verhelfen. Auf dem neuen Gleichgewicht zwischen Finanziellem und Sinnvollem möchte Hauptfeld aufbauen. Das Wichtigste sei es im Moment, gute Autorinnen und Autoren zu finden. Auch für den Hauptverband findet Hauptfeld viele positive Worte. Haben doch Vertreter des Vorstands bei der BUCH WIEN sogar den Bundespräsidenten an seinen Stand gebracht. Nur „ein bisschen agiler könnten sie noch sein“, bemerkt er mit einem Schmunzeln.


– HVB-Mitglieder im Porträt – Leykam Buchverlag, Graz und Wien

Wolfgang Hölzl und Stefan Gartler Porträt: Hannah Jutz Fotos: HENX/Leykam Verlag, Sissi Furgler Fotografie

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eit 1585 gibt es den Buchverlag Leykam in der Steiermark. Das macht ihn zum ältesten aktiven Buchverlag Österreichs. Zu Beginn seiner 435-jährigen Geschichte druckte der Verlag für den Kaiser und brachte das erste Kochbuch Österreichs heraus. Inzwischen ist Leykam auf Literatur sowie Wissenschafts- und Sachbücher fokussiert. Auf den Literatur- und Sachbuchbereich möchte sich der Verlag nun am Sitz in Wien stärker fokussieren. „Die bestehenden Kooperationen mit Bildungseinrichtungen möchten wir fortsetzen und intensivieren. Gleichzeitig wollen wir uns in der Zukunft im Sachbuchbereich auf Themen wie Klimawandel, neue Technologien, Innovationen und Gesundheit fokussieren“, erklärt Wolfgang Hölzl (Foto links), der als Verlagsleiter für die Programmgestaltung und inhaltliche Linie von Leykam verantwortlich ist. „Wir müssen jetzt darüber nachdenken, wie es weitergeht, beispielweise mit der Modernisierung des Verlags.“ Neben einem überarbeiteten Onlineauftritt und einer anderen Form der Autorenund Autorinnenbetreuung geht Leykam neue Wege im Social-Media- und MarketingBereich. Hölzl ergänzt: „Außerdem haben wir neue Autoren, die wir durch die Stärkung des Standorts in Wien unterstützen.“ Stefan Gartler (Foto rechts) sitzt in Wien und ist für die strategischen und finanziellen Belange

„Die Buchbranche ist eine sehr schöne Branche“ von Leykam zuständig. Er kam durch seinen Vater, der 2012 mit der Medienfabrik Graz Leykam übernahm, nach Wien und in den Verlag. Zuvor war Gartler eine Zeit lang im Finanzwesen in der Schweiz tätig gewesen. „Die Buchbranche ist eine sehr schöne Branche“, sagt Gartler. „Man trifft spannende Persönlichkeiten, es herrscht ein angenehmer Austausch. Das ist ein guter Kontrast zur Finanzbranche.“ Wolfgang Hölzl hingegen war über die „klassische“ Schiene nach einem Germanistik- und Kunstgeschichtestudium in die Buchbranche gekommen, hat über Peter Rosegger gearbeitet, einen der wichtigsten Autoren des Verlags: „Die Arbeit mit Büchern und Autoren ist für mich eine Herzensangelegenheit.“ Stefan Gartler stimmt ihm zu: „Durch die unterschiedlichen Werdegänge der Autoren und Autorinnen entstehen spannende, horizont-

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erweiternde Diskussionen. Diese Vielfalt begeistert mich!“ Jeden Tag gibt es um neun Uhr ein Abstimmungsgespräch im Verlag, damit alle bei wichtigen Entscheidungen eingebunden sind. Stefan Gartler erklärt: „Es ist wichtig, dass Menschen mit unterschiedlichen Meinungen mitentscheiden und sich austauschen.“ Wolfgang Hölzl schätzt den Austausch unterschiedlicher Interessen auch im Hauptverband: „Man ist in ein gutes Netzwerk eingebunden und kann auf den diversen Veranstaltungen Probleme und Strategien diskutieren.“ Privat sind Stefan Gartler und Wolfgang Hölzl beide gern an der frischen Luft und in den Bergen. Und das natürlich nur, wenn ihre Nase nicht gerade in einem Buch steckt.

Leykam Buchverlag Dreihackengasse 20 8020 Graz


– HVB-Mitglieder im Porträt – Buchhandlung books 4 kids & more, Gänserndorf

Willi Weiser Porträt: Elisabeth Stuppnig Foto: Karin Wasner

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s duftet nach Pizza. Kein Wunder, neben Willi Weisers Buchhandlung befindet sich eine Zustellpizzeria. Auf der anderen Seite der Buchhandlung liegt eine Apotheke. Darauf setzte der Branchenprofi, als er sich an die Standortsuche für die Kinder- und Jugendbuchhandlung machte. Doch „was unsere Laufkundschaft betrifft, ist definitiv Luft nach oben. Vom Standort habe ich mir mehr erhofft“, sagt der Buchhändler seufzend. Erst im Juli des Vorjahres haben Willi Weiser und sein Partner Harald Raffelsberger die auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisierte Buchhandlung gegründet. Weiser bezeichnet sich selbst als „Verlagsmenschen“. Neben der Kinder- und Jugendbuchhandlung betreibt er eine regionale Gratiszeitung mit einer Auflage von knapp 110.000 und ein Mitgliedermagazin des österreichischen Seniorenbundes. Von den 1980er-Jahren bis Mitte der 1990er war Weiser Journalist gewesen. „Ich habe nie einen richtigen Beruf gehabt. Meinen Job bezeichne ich als Leidenschaft. Es macht mir Spaß, Dinge zu bewegen.“ Mit seiner Buchhandlung bietet er Kinder- und Jugendliteratur. Eine vor allem wirtschaftliche Entscheidung erklärt er so: „Kinderbücher sind das letzte

„Meinen Job bezeichne ich als Leidenschaft. Es macht mir Spaß, Dinge zu bewegen“

wachsende Segment im stationären Handel. Zudem ist Gänserndorf eine wachsende Stadt mit vielen Schulen und Kindergärten.“ Doch die Buchhandlung liegt nicht an der Haupteinkaufsstraße in Gänserndorf, sondern abseits des hochfrequentierten Stadtzentrums. Also hat Weiser das Geschäftsmodell angepasst: Mehr als anfänglich geplant, geht er in Kindergärten und Schulen und bietet dort Büchertische an. Getreu dem Motto: „Kommen die Kunden nicht zu uns, gehen wir eben zu den Kunden.“ Seit Gründung im Juli 2019 bis Dezember hat Weiser bereits 26 dieser Termine absolviert. In Zukunft will er noch enger mit der Stadt kooperieren und Veranstaltungen ausrichten. Weiser zeigt sich hoffnungsfroh: „Unser

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Bestellbuch geht unglaublich gut. Als Buchhandlung haben wir im Vergleich zu anderen Branchen den großen Wettbewerbsvorteil der Buchpreisbindung. Kunden bekommen bei uns dasselbe wie bei großen Ketten, nur persönlicher und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Außerdem waren die von uns organisierten Büchertische ein Erfolg, mit dem wir nicht gerechnet hätten – das wollen wir künftig forcieren.“ Im Geschäft selbst Lesungen zu veranstalten sei aufgrund der Größe von knapp 40 Quadratmetern „ein sinnloses Unterfangen“, meint der Buchhändler. Doch, sagt er lächelnd, andere Veranstaltungen als „trojanisches Pferd“ zu nutzen sei in Zukunft durchaus vorstellbar. „Steter Tropfen höhlt den Stein. Die Kunden der Pizzeria haben uns mittlerweile entdeckt und verbringen die Wartezeit bei uns im Geschäft.“

books 4 kids & more Hans-Kudlich-Gasse 11/3 2230 Gänserndorf


– Selbstredend –

Ein sehr unruhiger Geist SIE HAT IMMER SCHON IM KOPF GESCHRIEBEN, SAH ABER LANGE KEINE NOTWENDIGKEIT, DAS AUFZUSCHREIBEN. WAS HEISST ES FÜR KARIN PESCHKA NUN, EINE GEFEIERTE AUTORIN ZU SEIN? Text: Erich Klein Fotos: Karin Wasner

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arin Peschka (Jg. 1967) wuchs in Eferding auf und unterstützte als Sozialarbeiterin arbeitslose und alkoholkranke Menschen. Nach ihrer Übersiedlung 2002 nach Wien war sie bei ORF-Online tätig. Ihr Debütroman „Watschenmann“ (2013) wurde vielfach ausgezeichnet. Bislang sind drei weitere Bücher erschienen, darunter ihr jüngster Roman „Putzt euch, tanzt, lacht“. Frau Peschka, Sie waren weit über vierzig, als Sie Ihren ersten Roman veröffentlichten. Warum so spät? Karin Peschka — Weil sich kein Verlag dafür interessiert hat und ich keinen gesucht habe. Sie haben für die Schublade geschrieben? Peschka — Nein. Aber einige Texte gab ich nicht aus der Hand. Außerdem war ich mit anderen Dingen beschäftigt. Einen Roman zu schreiben ist etwas anderes als eine Kurzgeschichte oder eine Erzählung. Dazu kommt noch, dass ich die Kürzestprosa sehr mag, die aber niemand druckt. Mit einigen Freunden und Freundinnen habe ich vor vielen Jahren einen kleinen Literatursalon gegründet. Eines Tages haben wir beschlossen, beim Wartholzer Literaturpreis einzureichen. Drei von uns sind auf die Bühne gekommen, ich habe mit zwei Kapiteln eines möglichen Romans gewonnen. Dann hat sich der Otto Müller Verlag gemeldet: Man wolle mehr von mir lesen. Ich sagte, ich habe nicht mehr. Darauf meinten die: Schreiben Sie mehr, und wir schauen uns das an. Daraus wurde dann Ihr Romandebüt „Watschenmann“. In rascher Abfolge erschienen drei weitere Bücher. Kein Bedauern, dass Sie so spät begonnen haben?

Peschka — Egal, wann man beginnt, ist es sehr schwer, in dieser Branche zu reüssieren und sich dann auch zu halten. Wenn ich mir vorstelle, als Autorin ganz jung zu beginnen und nicht wirklich erfolgreich zu sein … sehr schwierig. Ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte. Vielleicht tue ich mir jetzt mit 53 leichter – wer weiß. Ich möchte auf jeden Fall noch einige Bücher schreiben. Ihre Bücher verraten aber zumindest eine gewisse Lebenserfahrung, auch wenn das kein Kriterium für Literatur sein mag. Sie schreiben über Menschen … Peschka — Wenn es um Lebenserfahrung geht, hatte ich schon mit Anfang zwanzig einiges auf meinem Konto: Ich wurde sehr früh ungeplant Mutter. Nach dem Besuch einer für das Schreiben nicht unbedingt richtigen Schule musste ich arbeiten und wurde noch vor dem Kind sehr krank. Mit dem Leben war ich also sehr früh konfrontiert – was das Schreiben betrifft, war das Können noch nicht da, wenn man bei Schreiben von Können sprechen will. Ihrer Homepage kann man entnehmen, dass Sie schon seit Langem schreiben. Peschka — Es gab schon damals Schreibversuche, ich spürte auch, dass da etwas ist, aber um einen Roman zu schreiben, brauchte es bei mir noch ein weites Stück Lebensweg. Keine Ahnung, wie das bei anderen ist – es gibt viel jüngere Autorinnen und Autoren, die großartige Bücher schreiben. Natürlich hatte ich Erfahrung: Ich habe in einem Sozialberuf gearbeitet, auch in etlichen anderen Bereichen, was sicher nicht schadet. Sie würden daraus aber keine Ideologie machen wollen? »

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„Es war mir nicht immer wichtig, das, was ich im Kopf geschrieben habe, auch auf Papier zu bringen“ Karin Peschka


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Peschka — Absolut nicht. Das Selbstbewusstsein, Geschriebenes herzuzeigen, habe ich erst seit Kurzem. Früher hätte ich das nicht gewagt – ich hätte nie gedacht, dass das durchgeht.

Das ist eine sonderbare Formulierung! Peschka — Für mich auch, ich denke beim Reden. (lacht) Was war letztlich der Antrieb, zu publizieren? Peschka — Ich habe immer geschrieben, zumindest im Kopf. Aber es war mir nicht immer wichtig, das, was ich im Kopf geschrieben habe, auch auf Papier zu bringen. Ich habe einen sehr unruhigen Geist. Man würde das heute als ADS klassifizieren Was ist darunter zu verstehen? Peschka — Ein AufmerksamkeitsdefizitSyndrom. In manchen Fällen kommt noch Hyperaktivität dazu. In der Schule hatte ich oft Konzentrationsschwierigkeiten. Meine Schulzeit war von Lehrern geprägt, die vor meinem Gesicht „herumwachelten“ und sagten: „Karin, komm zu uns.“ Sie versanken in Luftschlössern? Peschka — Ja, bei den ersten Schneeflocken war ich dahin. Das ist auch später sehr oft passiert. Durch das Formulieren eines Satzes im Kopf fokussiere ich mich besser. Es hat etwas Beruhigendes, wenn man durch den Tag treibt und sich dann plötzlich ein Gedanke in Worte übersetzt. Man muss dabei nicht alles niederschreiben. Was waren Ihre ersten großen Leseerlebnisse in der Kindheit oder während der Schulzeit? Peschka — Das Buch, das mich während meiner Zeit an der Handelsakademie am meisten beschäftigt hat, war Erich Kästners „Fabian“. Ich habe das Buch bis zum Alter von dreißig sicher sechs oder sieben Mal gelesen und später noch die unzensurierte Ausgabe mit dem Titel „Der Gang vor die Hunde“, die erst vor einigen Jahren erschienen ist. Das Buch hat mich als Jugendliche absolut fasziniert. Ich habe sehr viel Dostojewski gelesen, „Die Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“ gleich vier Mal, sehr viel Isaac Bashevis Singer, William Saroyans „Tracy’s Tiger“. Im Geschäft um die Ecke gab es eine billige Taschenbuchreihe: Zuckmayer war da dabei und Bücher von Joyce Carol Oates. Gab es wichtige Deutschlehrer in der Schule? Peschka — Es war in meinem Fall nicht vorgesehen, dass ich Matura mache. Meine Schwester hat zuhause »

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– Selbstredend –

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Köchin gelernt, auch ich sollte eine Lehre machen. Um an ein Gymnasium zu gehen, was für das Interesse an Literatur wichtig gewesen wäre, hätte ich jeden Tag sehr früh aufstehen müssen, um mit dem Bus zur Schule zu fahren. Hingegen war die Handelsakademie in Everding in drei Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen. Und in der HAK hatte ich den besten Literaturprofessor überhaupt: Hermann Obermüller, selbst auch Autor. Mit ihm habe ich viel über Literatur diskutiert. Sein Buch „Der verlorene Sohn“ wurde kürzlich wieder aufgelegt. Er selbst hat sich offenbar ganz aus dem Literaturbetrieb zurückgezogen.

Stammtisch, wo die alten Männer einander Kriegsgeschichten erzählten, denen ich mit großen Ohren folgte. Das Wirtshaus war Ihr Privattheater? Peschka — Theater – na ja. Wir mussten recht viel arbeiten. Es war nicht das schönste Theater, aber es war eine Bühne, das stimmt. Auch mein Vater, der während des Kriegs in Eferding war, konnte von jener Zeit viel erzählen. War der Großvater im Krieg gewesen? Peschka — Nein, dafür war er schon zu alt und zu dünn gewesen. Aber er wäre ganz zu

aber so war es. Mich hat schon als Jugendliche immer interessiert, was an den Menschen hängen bleibt. Jeder dieser Schauspieler hatte den Krieg in irgendeiner Form hinter sich, aber warum haben alle derart glatte Gesichter? Außerdem ging es mir um das Thema der Gewalt und wie man damit umgeht. Spielte dabei das Thema von Österreichs Umgang mit seiner Geschichte eine Rolle? Peschka — 1954 war eine Übergangszeit: Österreich war nicht frei, der Wohlstand zeichnete sich aber schon ab, und dennoch blieben zahlreiche Menschen auf der Strecke.

Sie haben bisher keine Frauen genannt … Peschka — Ich habe „Eine Zierde für den Verein“ von Marieluise Fleißer gelesen. Auch an Veza Canetti erinnere ich mich gut. Wer ist besser – Elias oder Veza Canetti? Peschka — Veza! In Ihren Büchern trifft man auf Ausdrücke wie „Kredenz“ oder „Semmelkren“, Wörter, die fast verschwunden sind. Peschka — Das ist Teil meiner Sozialisation. Ich bin in einem sehr alten Haus in Eferding aufgewachsen. Unser Haus ist im Kern sicher mehrere Hundert Jahre alt. Ich kannte noch meine Urgroßmutter, meine Großeltern hatten großen Einfluss auf mich, und bei ihnen gab es halt eine „Kredenz“. Wenn in der Wohnung einer alten Ärztin eine Kredenz vorkommt, dann ist das eine „Kredenz“ und kein „Vitrinenschrank“, ein im Vergleich dazu hässliches Wort. Ich mag solche Wörter einfach – gewisse Wörter hören sich gut an und haben einen guten Rhythmus. Ihr erstes Buch „Watschenmann“ … Peschka — … ist eine Geschichte mit starken, schrägen Charakteren, die aus der Gewalt herauskommen. Ein „Männerbuch“? Peschka — Es ist ein Buch, das mir in seiner Denkweise sehr nahe ist. (lacht) Aber vor allem geht es um die Zeit – die Figuren kommen aus einem Krieg, aus Hunger, Leiden und Aggression. Ich wollte, dass man das auch in der Sprache spürt. Das Buch spielt im Wien des Jahres 1954. Inwiefern hat es mit Ihrer Herkunft zu tun? Peschka — Ich wurde 1967 geboren. Die Großeltern waren alte Wirtsleute in einem Familienbetrieb von mehreren Generationen. Ich saß oft neben dem Großvater am

„Mich hat schon als Jugendliche immer interessiert, was an den Menschen hängen bleibt“ Karin Peschka

Kriegsende, als die ganz Alten und die ganz Jungen auch noch mobilisiert wurden, beinahe eingezogen worden. Er war schon bei der Musterung und hatte einen Karabiner bekommen, der dann allerdings in der Senkgrube versenkt wurde. Solche Geschichten habe ich gehört. Es war eine Art Abenteuerspielplatz. Erinnerung ist immer trügerisch, aber wenn ich mich an die Filme erinnere, die man damals sah – also die Franz-AntelFilme, die Wachau und Sisi – ich stelle mir immer eine Frage: Das sind doch Schauspieler, die den Krieg erlebt haben. Warum sehe ich ihnen das nicht an? Wen man das so erzählt, klingt das vielleicht affektiert –

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Wie Ihre Figuren in der Zeit hängen bleiben. Sie wollten den düsteren Teil der Welt klären? Peschka — Den kann man ohnehin nicht klären. Aber man kann genauer hinschauen. Das Düstere ist normalerweise auch viel spannender. Ist das Böse banal oder radikal? Peschka — Da wäre ich eher vorsichtig. „Watschenmann“ spielt nach dem Krieg – könnten Sie über den Krieg selbst auch schreiben? Peschka — Jetzt plaudere ich ein wenig aus dem Nähkästchen, weil es mit meinem nächsten Buch zu tun hat. Krieg ist ja auch in


Kontinent Kinderbuch der Abwesenheit interessant, wenn sich zum Beispiel ein Teil der Familie im Kriegsgebiet befindet, man selbst aber außerhalb lebt. Das wird Thema meines nächsten Buches sein. Über Kriegshandlungen selbst zu schreiben wäre ein Experiment, aber Schreiben sollte ohnehin in jedem Roman ein Experiment sein. Andernfalls wäre es mir zu langweilig. Mein nächstes Buch schließt an „Watschenmann“ an: an die Geschichte des Dragan, der sich nicht zufällig in diesem Buch befindet. Waren Sie eigentlich über den Erfolg Ihres Romandebüts überrascht? Peschka — Ja, durchaus. Ich bin noch immer überrascht. Auch darüber, dass ich mit Ihnen hier sitze. Im Unterschied zu vielen Autorenkollegen wirken Ihre Bücher ziemlich unprätentiös, Sie kommen ohne die neuerdings wieder moderne Künstlerpose aus … Peschka — Ich hoffe, dass in meinen Büchern kein Kalkül erkennbar ist – es ist ja auch keines vorhanden. Alle meine Bücher haben persönliche Gründe – „FanniPold“ noch am wenigsten. Aber ich wollte immer etwas Spezielles wissen. Was wollten Sie in „FanniPold“, die nach einem Fallschirmsprung in einem Baum landet, wissen? Ob man ein ganzes Buch lang so slapstickartig in misslicher Lage verharren kann? Peschka — Das hat sich so ergeben, trotzdem habe ich eine Ärztin gefragt, ob das tatsächlich möglich sein könnte. (lacht) Ich habe „FanniPold“ eigentlich nicht so angelegt, wie Sie es beschreiben. Wenn diese Waldszene slapstickhaft wirkt, ist das passiert. Man findet ja auch im Alltag tragische Szenen oft komisch. Ich habe eher versucht, mich tief in diese Situation hineinzuversetzen: Wie ist es, wenn man im Baum hängt und dahinschwindet? Das klingt jetzt fast katholisch. Peschka — Ich bin zwar katholisch aufgewachsen, nicht streng katholisch, aber ich war mit den Großeltern in der Kirche. Als junges Mädchen war ich sehr gläubig, doch das ist dann recht bald verpufft. Aber ich weiß noch immer, was man wo macht, wann man aufsteht oder niederkniet. Beim Schreiben habe ich daran allerdings nicht gedacht. Ich bin halt kein alter, weißer Mann, auch wenn ich jetzt etwas zusammenkonstruieren könnte, sodass es bedeutsam klingt. (lacht) Wie schreiben Sie an einem Buch – jeden Tag ein bestimmtes Pensum?

Peschka — Unterschiedlich. Ich versuche je nach Phase der Romanwerdung dranzubleiben. Beim neuen Buch war das schwieriger als bei den andern. Der erste Satz in „Putzt euch, tanzt, lacht“ lautet: „So hatte etwas Neues begonnen: Ich war nicht zur Therapie erschienen, zum vereinbarten Erstgespräch.“ Wie entsteht so ein Romananfang? Peschka — Der kommt einfach. Aber in diesem Fall war es so, dass ich mit einem späteren Kapitel begonnen hatte. Ich wollte damit vor allem zurück an den Anfang des Romanschreibens. Beim „Watschenmann“ habe ich in der Zeit zwischen Arbeit und Nach-Hause-Gehen geschrieben, jeweils zwei Stunden lang. Ich war dabei sehr frei: Es gab kein Publikum, nur eine Geschichte, die ich erzählte. Dieses Gefühl der Freiheit des Schreibens wollte ich nun auch wieder erleben. Du hast eine Idee, fang an und schau, was kommt, ohne alle formalen Korsette, ohne darauf zu achten, wie das Publikum reagieren könnte. Die Protagonisten des Buches sind ganz „normale“ Menschen, die sich in einer Art WG im Pinzgau zusammenfinden, wobei sich diese neue „Familie“ als ganz schöne Familienbande erweist … Peschka — Vielleicht geht es überhaupt nur darum, sich Menschen zu suchen, die einem guttun, die als Gegenüber etwas erfüllen, was man braucht. Das ist das zentrale Thema des Buches: Aus einem System hinausund in ein anders hineinzukommen. Geradezu eine klassische Utopie … Peschka — Ich habe darauf gewartet, dass das jemand sagt. (lacht) Ist Ihre Alm-WG keine Parodie? Peschka — Nein, das finde ich nicht. Und warum soll es eine Utopie sein? Der Erste hat das Geld, der Zweite den Raum, der Dritte die Zeit. Das ist nur utopisch, weil die Menschen zu verknöchert sind, um sich Derartiges zuzutrauen. Der Roman entstand nach „Autolyse Wien“ mit dem bezeichnenden Untertitel „Erzählungen vom Ende“. Hat es Spaß gemacht, Wien erzählend in Schutt und Asche zu legen? Peschka — Ja, schon ein wenig. Aber nicht, weil ich Wien nicht mag! Ich mag Wien sehr gern. Aber es war schon amüsant, wie Freunde, die wussten, woran ich gerade schreibe, ab einem bestimmten Zeitpunkt sagten, dies und jenes könntest du auch noch »

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Karin Haller Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Mit allen Sinnen „Wir beobachten in der Buchhandlung, dass Kinderbücher immer schöner werden“, meinte Michael Kratochvil in einem vergangenen anzeiger. Ein Eindruck, den ich glücklich bestätigen kann. Im Bilderbuchbereich erscheinen immer wieder auch Prachtexemplare in aufwendiger Gestaltung, ästhetisch herausragend illustriert, mit liebevoll ausgewählten Vorsatzblättern, alles in hoher Druckqualität und haptisch überzeugender Papierstärke. Es ist eine der besonderen Qualitäten von analogen Bilderbüchern, wenn sie nicht nur überzeugende Texte und Illustrationen bieten, sondern auch andere Sinne wie eben den Tastsinn ansprechen. Im Marketing würde man von einem „USP“ (unique selling point) gegenüber den digitalen Medien sprechen – ich weiß noch gut, wie besonders sich mein erster dtv-Dünndruck beim Umblättern angefühlt hat. Ein wunderschönes, aktuelles Beispiel für hochqualitative Ausstattung ist in diesem kinderliterarischen Frühjahr Linda Wolfsgrubers „Die kleine Waldfibel“ (Verlag Kunstanstifter) in der Buchgestaltung von Christiane DunkelKoberg. Da will man öfter über das strukturierte Cover mit Prägung streichen, das passend zum Inhalt Assoziationen zu Baum und Holz weckt. Man stößt überrascht auf durchscheinende Zwischenblätter. Bleibt nur zu hoffen, dass eine Buchproduktion, die sich auch buchstäblich gut anfühlt, mit guten Umsatzzahlen belohnt wird.


– Selbstredend –

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schreiben. Interessanter ist aber eine andere Frage: Welche Sprache braucht eine Geschichte, welche Färbung braucht ein bestimmtes Bild? Manche Geschichten schweben wie unter dem Kreuzgewölbe einer Kirche dahin – ich meine die Sprache –, bei anderen ist es so, als würde die Sprache über den Boden geschleift, durch den Dreck und über Steine. Das Faszinierende am Schreiben ist die Frage: Welcher Rhythmus, welche Sprache kommt da daher? Sind Ihnen schreibende Frauen oder schreibende Männer wichtiger? Peschka — Das spielt keine Rolle. Mir ist die Geschichte wichtig. Aber es gibt natürlich Unterschiede. Ich las kürzlich „The Watch Tower“ oder „Die Träume der anderen“ von Elizabeth Harrower, nachdem ich eine Besprechung davon gehört hatte. Dieses Buch der australischen Autorin aus den 1960erJahren las ich auf Englisch. Es geht darin um das Schicksal einer Frau, die sich selbst all das schönredet, was ihr widerfährt. Dabei ist eine unglaubliche Gewalt im Spiel. Die Autorin verkürzt ständig und erliegt nie der Versuchung, auszuerzählen – das ist auch gar nicht nötig. Indem Dinge ausgelassen werden, wird alles viel direkter. Und daraus entsteht wiederum eine Art von Sprachlosigkeit. Es wäre jetzt die Frage zu klären, ob mich dieses Buch so berührt hat, weil es von einer Frau verfasst wurde. Wäre es von einem Mann geschrieben worden, wäre ich vermutlich ein wenig skeptischer gestimmt. Das heißt nicht, dass es einem männlichen Erzähler nicht gelingen kann, so etwas zu schreiben, aber ich hätte es ihm vermutlich nicht abgenommen.

Praktische Frage zum Schriftstellerleben: Welche Bedeutung haben Lesungen für Sie? Peschka — Ich lese sehr gern. Außerdem ist es ein Teil des Einkommens, denn vom Buchverkauf allein kann man nicht leben. So ist man darauf angewiesen, zusätzlich Geld zu verdienen. Ich lese auch deshalb gern, weil ich dadurch noch einmal in eine Geschichte hineinkomme. Und ich mag den Austausch mit dem Publikum: Wenn Menschen beginnen, sich über das Gelesene miteinander oder mit mir zu unterhalten. Sie schreiben in Ihrem Blog regelmäßig über Ihre Lesereisen. Ihre Bücher spielen allesamt in Österreich. Wie wichtig sind Ihnen diese „fremden“ Eindrücke? Peschka — Ich hatte früher als Kind, das in einem Familienbetrieb aufgewachsen war, nicht viele Gelegenheiten zu reisen.

Sie mussten aber nicht in den Stall gehen, um Kühe zu melken … Peschka — Nein, aber bei uns wurde im Sommer nur für zwei Wochen zugesperrt. Ganz früh sind wir einmal nach Südtirol gefahren, daran kann ich mich noch vage erinnern. Aber üblicherweise hieß es: „Heute ist das Wetter schön, fahren wir zum Attersee.“ Am Abend ging es dann wieder zurück. Ich bin erstmals bei der Maturareise weggefahren: nach Griechenland. Dann war ich krank und dann schwanger. Meine Reisen begannen erst mit dem Schreiben. Aber auch das Reisen will gelernt sein. Ich war immer nur im Kopf unterwegs, erst mit den Büchern ging es wirklich los. Ich war mit „Watschenmann“ in Teheran und in Polen, in Bulgarien, letztes Jahr vier Wochen in Belgrad und im Kosovo. Ich finde das großartig! Aber ich bin eine langsame Reisende und mag es nicht, irgendwo hinzufahren, um gleich wieder zurückzukommen. Ich brauche Zeit.

Bücher von Karin Peschka: Erschienen im Otto Müller Verlag: Watschenmann (2014) Dragan, Lydia und Heinrich, die Maridi-Tant’ und Helene sowie Paul, der amerikanische Besatzungssoldat Elmer und diverse Wirtshausbesucher stolpern durch das Wien des Jahres 1954: kriegsgeschädigt und voller Erwartung. In dieser Welt der Mörder und Opfer geschieht fast nichts. Sicher ist nur, es handelt sich bei diesem Roman um eines der besten Debüts der letzten Jahre.

FanniPold (2017) Der Wunsch der Filialleiterin eines Supermarktes, einen Tandemsprung zu absolvieren, erfüllt sich, doch die

Es besteht also nicht die Gefahr, dass auch Sie beginnen, diese Art von Auslandsstipendiatenliteratur zu schreiben? Drei Wochen Japan und ein Roman über den Freitod … Peschka — Natürlich beeinflussen mich die Reisen. Im neuen Buch kommt ja auch Bukarest ganz kurz vor. Außerdem nutze ich die neuen Bilder, die sich dabei ergeben. Doch ich glaube, es ist schwierig, über Dinge zu schreiben, die man nicht wirklich gut kennt. Deshalb bin ich vor allem dort unterwegs, wo ich gerade unterwegs bin: Der Balkan ist für mich ein großes Thema. Für das nächste Buch lerne ich im Moment Serbisch. Trotzdem: Da ich nicht von dort komme, nehme ich alles sehr vorsichtig in Angriff. Ich saß bis zu meinem dreißigsten Lebensjahr in einer oberösterreichischen Kleinstadt – von der großen weiten Welt zu schreiben wäre eine Anmaßung. Abschließende Frage, die man einer Autorin von Prosa stellen muss: Wie halten Sie es mit der Lyrik? Lesen Sie, schreiben Sie auch gelegentlich Gedichte? Peschka — Wenn sie mir über den Weg laufen, ja. Schreiben ist ein einsames Geschäft. Aber ich arbeite auch seit vielen Jahren mit einem Künstler und einem Musiker zusammen. Wir haben in einer ganzen Reihe von Projekten zusammengefunden – diese Menschen schwingen mit mir mit. Einer wirft ein Wort in die Runde, dem Nächsten geht etwas anderes durch den Kopf – es ist jedes Mal ein Experiment, und ich finde es schön, auf diese Weise gefordert zu sein. Dabei entstehen auch Gedichte. «

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Landung endet in einem Baum. Und in der Brust der Protagonistin steckt ein Ast. In wechselnden Zeitsprüngen wird an einem mutmaßlichen bitteren Ende erzählt, was zwischen „Arbeitstag, Geschäftsroutinen und Checklisten“ vorher geschah.

Autolyse Wien: Erzählungen vom Ende (2017) Einundvierzig Versionen von Wien nach einer nicht näher ausgewiesenen Katastrophe: In der Stadt bleiben nur Überlebende, die sonderbare Dinge treiben, wie umgeknickte Sträucher aufzurichten. Ein Ich bereitet seine Selbstbeerdigung vor. Und schließlich ist da noch ein „Wiener Kindl“ als Herrin über verwilderte Hunde.

Putzt euch, tanzt, lacht (2020) Statt beim Erstgespräch ihrer Therapie zu erscheinen, fährt Fanni, Filialleiterin eines Supermarktes, weg. Auf einer Berghütte im Pinzgau findet sich eine Handvoll von Personen zu einem unerwarteten Experiment mit Wohngemeinschaft in alpinem Ambiente zusammen, in dem auch ein Band mit Gedichten von Arthur Rimbaud eine Rolle spielt.


– Kurz vor Schluss – Gastkommentar

„Ein realistischer Umgang mit dem Übersetzen wäre unter Umständen die Grundlage für adäquate Bezahlung und Würdigung“

Nicht bloß einzelne Wörter Die Übersetzerin Karin Fleischanderl über das Übersetzen von Literatur und den Kampf für eine faire Bezahlung sowie gegen die maschinelle Konkurrenz Karin Fleischanderl

I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L , F O T O : L U I Z A P U I U

D

ie Arbeitsrealität literarischer Übersetzerinnen und Übersetzer war nie rosig und wird es auch nie sein. Literatur ist chronisch unterfinanziert, gespart wird vor allem bei jenen, deren Arbeit als austauschbar gilt: bei Übersetzenden, Lektorinnen und Lektoren … Maßnahmen wie die neuen Vertragsmuster sind zwar wichtig, doch niemand garantiert, dass die darin festgelegten Regeln auch eingehalten werden. Die bundesdeutschen Übersetzerinnen und Übersetzer haben vor Jahren durchgesetzt, dass der Urheberrechtsanspruch in die Verfassung aufgenommen wird. Kein Verlag hält sich daran. Um den Anspruch geltend zu machen, müssten die Übersetzenden bei jedem Buch aufs Neue klagen. Zu Anfang der 1980er-Jahre zwar die Branche im Aufbruch. Übersetzervereine wurden gegründet, die Verlage achteten auf

gute Übersetzungen, Rezensenten bemühten sich, in ihren Kritiken auch auf die Arbeit der Übersetzenden einzugehen oder wenigstens deren Namen zu nennen. Mittlerweile ist das keine Selbstverständlichkeit mehr. Übersetzende sind das kleinste Rädchen im System des Literaturbetriebs, gewürdigt werden sie nur im Falle herausragender Leistungen, etwa bei Klassikerneuübersetzungen – die sich, nebenbei gesagt, auch besonders gut vermarkten lassen. Wie bei Schreibenden, die keine Bestsellerauflagen erzielen, wird die Lage der Übersetzenden durch das österreichische und bundesdeutsche Fördersystem etwas verbessert. In Österreich werden Übersetzerprämien vergeben, einmal im Jahr wird der „Österreichische Staatspreis für Übersetzer“ verliehen, in Deutschland (wo die Zahl der Übersetzenden natürlich ungleich größer ist) hat der Deutsche Übersetzerfonds ein

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beeindruckendes Netzwerk geschaffen, in dessen Rahmen Stipendien und Preise verliehen und Fortbildungen angeboten werden. Die wenigsten Übersetzenden literarischer Werke können ausschließlich von ihrer Arbeit leben. Die meisten müssen zusätzliche Jobs übernehmen: Lukrativ sind Übersetzungen für Museen und Kunstgalerien. Ich habe eine Zeitlang nebenbei für die Zeitschrift Vogue gearbeitet. Viele von uns unterrichten, geben Nachhilfestunden, lektorieren oder arbeiten journalistisch – bei manchen ist Übersetzen der Nebenjob. Meiner Meinung nach werden maschinelle Übersetzungen allmählich übernehmen. Sie sind in den letzten Jahren sehr viel besser geworden, erfassen nicht mehr bloß einzelne Wörter, sondern größere Sinneinheiten. Ich könnte mir vorstellen, dass Texte, die keine außergewöhnliche sprachliche Komplexität aufweisen, von Maschinen übersetzt und dann von menschlichen ÜbersetzerInnen/ LektorInnen redigiert werden. Im Bewusstsein der Übersetzenden wie der Öffentlichkeit schwankt das Übersetzen stets zwischen Über- und Unterschätzung. Das Übersetzen ist meiner Meinung nach keine Urheberrechtsleistung wie das Werk einer Schriftstellerin. Andererseits handelt es sich beim Übersetzen um eine qualifizierte und anspruchsvolle Tätigkeit, die Ausbildung und Erfahrung erfordert. Ein realistischer Umgang mit dem Übersetzen wäre unter Umständen die Grundlage für eine adäquate Bezahlung und Würdigung..

Karin Fleischanderl ist Übersetzerin und Herausgeberin


– Buchtermine –

Veranstaltungen April 2020 MITTWOCH, 1. 4.

FREITAG, 17. 4.

Aleida Assmann & Max Czollek: Lesung mit Gespräch – „Im Wandel“ (Treibhaus, Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck, 19:00) Eser Akbaba & Jürgen Pettinger: Sie sprechen ja Deutsch! Traum und Wirklichkeit einer anatolischen Österreicherin (Thalia Buchhandlung 1060, Mariahilfer Straße 99, 1060 Wien, 19:15)

Andrej Nikolaidis, Felix Mitterer (Stift Göttweig, Stift Göttweig 1, 3511 Furth bei Göttweig, 18:00) Stefan Slupetzky: Im Netz des Lemming (Krimisalon, Magdalenenstraßen 21, 1060 Wien, 19:00) Simone Lappert, Norbert Gstrein (Stift Göttweig, Stift Göttweig 1, 3511 Furth bei Göttweig, 19:30)

DONNERSTAG, 2. 4.

Internationaler Kinderbuchtag: Ellie & Arko: Abenteuer in Oaktown (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 15:00) Lucia Leidenfrost liest aus „Wir verlassenen Kinder“/Benjamin Quaderer liest aus „Für immer die Alpen“ (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00) Omar Khir Alanam: Sisi, Sex und Semmelknödel – Ein Araber ergründet die österreichische Seele (Thalia Buchhandlung Linz, Landstraße 41, 4020 Linz, 19:00) Marcus Wadsak: Klimawandel. Fakten gegen Fake & Fiction (Buchhandlung Morawa, Wollzeile 11, 1010 Wien, 19:00) Verlagspräsentation: Otto Müller Christine Haidegger, Dietmar Krug (Stifter Haus Linz, Adalbert-Stifter-Platz 1, 4020 Linz, 19:30) Salzburger Frühlingsfest mit Xaver Bayer, Malte Borsdorf, Elisabeth Klar, Christian Schacherreiter, Dorothee Hanke, Herbert Berger & Hermann Linecker (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) Martin Grassberger: Das leise Sterben. Warum wir eine landwirtschaftliche Revolution brauchen, um eine gesunde Zukunft zu haben (Montanuniversität Leoben, Franz Josef-Str. 18, 8700 Leoben, 20:00) Cornelia Travnicek: Feenstaub (Cinema Paradiso St. Pölten, Rathausplatz 14, 3100 St. Pölten, 20:15)

Zum Welttag des Buches spricht Theodora Bauer mit Christian Rainer am 23. 4.

MONTAG, 6. 4.

Michael Stavarič: Fremdes Licht – im Gespräch mit Thomas Eisenmenger (Hauptverband d. Österr. Buchhandels, Grünangergasse 4 / 1. Stock, 1010 Wien, 19:00)

Wie Humor und gute Gefühle Ihr Leben verändern (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 19:00) Monika Helfer: Die Bagage (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00)

DIENSTAG, 7. 4.

DONNERSTAG, 16. 4.

SAMSTAG, 18. 4.

Paolo Rumiz: Der unendliche Faden. Reise zu den Benediktinern (Stift Göttweig, Stift Göttweig 1, 3511 Furth bei Göttweig, 15:30) MONTAG, 20. 4.

Johannes Huber: Die Anti Aging Revolution (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 19:00) Saša Stanišić: Herkunft (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) Michael Stavarič: Fremdes Licht (Posthof Linz, Posthofstraße 43, 4020 Linz, 20:00)

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n g an erde h en gt w m a am bges s. s i a Zu m gen ändn i n k t Die italienische Autorin Dacia Maraini mi taltu Vers a stellt am 28. 4. ihr neues Buch in Graz vor n DIENSTAG, 21. 4. s Dy erThomas an nBrezina: um Besser als du denkst – Von n e e (Buchchder sterben wollte und das Glück fand (Buch nd alle V seinem e u handlung Morawa, Wollzeile 11, 1010 Wien, 19:00) h r c s rrs , das ir e Wolfgang Paterno: So ich noch lebe … Meine e W h s Annäherung an den Großvater. (Literaturhaus Graz, ng n au lter. Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00) u eg avo nsta l Herbert Dutzler: Letzter Jodler (Buchhandlung k uc ir d Vera Morawa Bruck/Mur, Mittergasse 18, 8600 Bruck r r D en w die an der Mur, 19:00) e d h e e t t nk us g e bit DONNERSTAG, 23. 4. u p i S it a-Vir DIENSTAG, 60 Jahre Literaturzeitschrift manuskripte: e 14. 4. Z en Bitter: Kennzeichnung/ n r Wie es mit der Literatur weitergeht. Symposium o e Claudia Kennzeichnung/Erika Wimmerm u Cor kti Mazohl: Löwin auf einem Bein (Österr. Gesellschaft z des Franz-Nabl-Instituts. (23.–24. 4., Literaturhaus FREITAG 3. 4. r Beleuchtung/ ta s eund n e Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 10:00) Peter Sloterdijk: Lichtung d für Literatur, Herrengasse 5, 1010 Wien, 19:00) d ko gMinoritenkirche, nd Krems l Welttag des Buches Gespräch Theodora Bauer Nordic Affect (Klangraum l n Ian McEwan liest über Johann Sebastian Bachs u r fa 19:00) tu an derlsDonau, g i mit Christian Rainer, anschl. Verleihung der EhMinoritenplatz 4, 3500 Krems f Pilgerreise zu Dietrich Buxtehude (Konzerthaus, e eJohnson & u r f i b rennadel des HVB an Peter Klein (Hauptverband d. Valerie A Fritsch: Herzklappen von s Lothringerstraße 20, 1030 Wien, 19:30) uLinz, we 43, 4020 A Z Österr. Buchhandels, Grünangergasse 4 / 1. Stock, Johnson (Posthof Posthofstraße er Im 1010 Wien, 18:30) Linz, 20:00) d MITTWOCH, 15. 4. t mi Roman Szeliga: Hirn mit Herz hat Hand und Fuß.

MONTAG, 13. 4.

Wilde Worte mit Regine Koth Afzelius. Gastgeber: Richard Weihs (Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien, 20:00)

Bettina Balàka: Die Tauben von Brünn (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 19:00) Fest poetischer Stimmen Festivaleröffnung mit Martina Spitzer, Christoph W. Bauer & Oliver Welter, Klaus Zeyringer und Christoph Mauz (Unabhängiges Literaturhaus NÖ, Steiner Landstraße 3, 3500 Krems an der Donau, 19:00)

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Dacia Maraini: Die stumme Herzogin (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00) Michael Horowitz, Otto Schenk: Schenk. Das Buch – Ein intimes Lebensbild (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 19:00) MITTWOCH, 29. 4.

Johann Allacher: Wiener Blues (Krimisalon, Magdalenenstraße 21, 1060 Wien, 19:00) Helena Adler: Die Infantin/Xaver Bayer: Geschichten mit Marianne (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00)

F O T O S : C H R I S T O P H E R M AV R I C , PA U L F E U E R S Ä N G E R

Stefan Slupetzky: Im Netz des Lemming (Thalia Buchhandlung Linz, Landstr. 41, 4020 Linz, 19:00)

DIENSTAG, 28. 4.


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Mit Beiträgen zur Filmarbeit von Barbara Albert Kurdwin Ayub Miriam Bajtala Nathalie Borgers Magdalena Chmielewska Katharina Copony Tizza Covi Katrina Daschner Sabine Derflinger Carola Dertnig Barbara Eder Karin Fisslthaler / Cherry Sunkist Tina Frank Veronika Franz Nora Friedel Samira Ghahremani Ulli Gladik Barbara Gräftner Michaela Grill Valeska Grisebach Elke Groen Leni Gruber Jessica Hausner Sabine Hiebler Heidrun Holzfeind Ruth Kaaserer Annja Krautgasser / n:ja Gudrun Krebitz Marie Kreutzer Martina Kudláček Nina Kusturica

Claudia Larcher Maria Luise Lehner Tina Leisch LIA Ivette Löcker Ruth Mader Sabine Marte Gabriele Mathes Sudabeh Mortezai Katharina Mückstein Lydia Nsiah Astrid Johanna Ofner Christiana Perschon Sasha Pirker Ella Raidel Billy Roisz Constanze Ruhm Anja Salomonowitz Elisabeth Scharang Jo Schmeiser Viktoria Schmid Lotte Schreiber Nikki Schuster Michaela Schwentner Eva Spreitzhofer Edith Stauber Clara Stern Mirjam Unger Anna Vasof Antoinette Zwirchmayr

Im September 1999 feierte Nordrand von Barbara Albert im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig seine Uraufführung – als erster Film einer österreichischen Regisseurin, der in diese prestigeträchtige Sektion eingeladen wurde. Der vorliegende Band nimmt dieses Ereignis als Ausgangspunkt einer Erfolgsgeschichte mit internationaler Resonanz. In Form von Werkporträts, Thementexten und Gesprächen hält er Rückschau auf das, was in den zwei Jahrzehnten seither geschah. Im Zentrum stehen jene zeitgenössischen Filmemacherinnen, deren Arbeiten um die Jahrtausendwende, zeitgleich oder gemeinsam mit Albert, erstmals öffentlich wahrgenommen wurden und die die heimische Filmlandschaft auch für nachkommende Kolleginnen nachhaltig umkrempelten.

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