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Das Magazin für die österreichische Buchbranche

5 x eine Edition-Ö1-JazzLP zu gewinnen!

Buch Wien 21

Barmherzigkeit für Gott

Zur Einstimmung auf die Messe ein ­Interview mit einem der Stargäste der Buch Wien, dem Künstler Edmund de Waal

Forderte der 2020 verstorbene Kirchen­ kritiker Adolf Holl. Wir bringen seine Gedanken zu Spiritualität und Sinnsuche

Ö ST E R R E I C H I S C H E P O ST AG F I R M E N Z E I T U N G / G Z 02Z030877 M / 156. JA H RGA N G

DIE SPRACHE DER TIERE VERSTEHEN

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Tierstimmen zum Nachhören

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…kommt immer früher, als man denkt:

CHRISTBAUM STATT CORONA! Aktuelle Advents- und Weihnachtstitel aus der Deutschen Bibelgesellschaft.

STILLE NACHT. EIN WEIHNACHTS­ LIEDERBUCH

DIE WEIHNACHTS­ GESCHICHTE Bibelgeschichten für das erste Lesen Text: Christiane Herrlinger Illustrationen: Mathias Weber 15,3 × 21,5 cm, 40 Seiten Festeinband ISBN 978-3-438-04725-0 €(D) 7,95 €(A) 8,20

Mit Texten und Bildern von Marijke ten Cate 22 × 26,3 cm, 32 Seiten, Festeinband ISBN 978-3-438-04702-1 €(D) 14,95 €(A) 15,20

Mit CD JOHANN SEBASTIAN BACH WEIHNACHTSOR ATOR IUM Mit einer erstklassigen Ein spielung der Gaechinger Cantorey unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann, auf MP3-CD Spieldauer ca. 150 Minuten 15 × 22,5 cm, 160 Seiten ISBN 978-3-438-04841-7 €(D) 28,00 €(A) 28,80

DIE WEIHNACHTS­ GESCHICHTE. FÜR DICH! Text: Christiane Herrlinger Illustrationen: Mathias Weber 12,6 × 17,8 cm, 40 Seiten Kartoniert ISBN 978-3-438-04729-8 €(D) 3,95 €(A) 4,10

WEIHNACHTEN DAS WUNDER AUF DEM WEIHNACHTSMARK T Ein Adventskalenderbuch Bilderbuch Illustrationen: Rüdiger Pfeffer 13,5 × 21,5 cm, 108 Seiten, Festeinband ISBN 978-3-438-04703-1 €(D) 12,95 €(A) 13,20

Die schönsten Texte aus der Bibel. Gelesen von Rufus Beck Lutherübersetzung 1 Audio-CD im Digipack Spieldauer: 55 Minuten ISBN 978-3-438-02266-0 €(D) 9,95* €(A) 10,20* * unverbindlich empfohlener Preis

JESUS IST GEBOREN Die Weihnachtsgeschichte Illustrationen: Kees de Kort 20 × 20 cm, 36 Seiten Festeinband ISBN 978-3-438-04946-9 €(D) 9,90 €(A) 10,20

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Unsere Buchtipps

– 156. Jahrgang –

„Weihnachten = Geschenk = Buch. Auch auf der Buch Wien 21“ Gustav Soucek Iris Feichtinger, Jürgen Pollerspöck

Haie im Alpenvorland

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Fossile Zeugen eines verschwundenen Paradieses

enau vor einem Jahr habe ich in diesem Editorial unsere Absage der Buch Wien 20 kommentiert. Gleichzeitig habe ich versprochen, dass wir die Buch Wien 21 als Schaufenster für das Buch und als größte Auslage österreichischer Literatur zurückbringen werden. Jetzt ist es so weit, die Buch Wien 21 wird vom 10. bis 14. November stattfinden.

Vor vielen Millionen Jahren glitt eine erstaunliche Vielfalt an Haien und Rochen durch die Gewässer des Alpenvorlandes. Mit grundlegenden Informationen zur Lebensweise und Biologie, einem umfassenden Artenkatalog mit den häufigsten Haiund Rochenzähnen und wertvollen Tipps für die eigene Schatzsuche! 264 Seiten, durchgehend farbig bebildert, 21 x 24 cm, Hardcover, ISBN 978-3-7025-1023-7

Auf acht Messebühnen und in zahlreichen Locations in ganz Wien stehen an fünf Tagen Leser*innen, Autor*innen, Verlage und Buchhandel im Mittelpunkt. Zusätzlich werden auf der Buch Wien zahlreiche Preisverleihungen, die während der Corona-Lockdowns nicht durchgeführt werden konnten, inszeniert: Österreichischer Buchhandlungspreis, Die schönsten Bücher Österreichs, Christine-Nöstlinger-Preis.

€ 28,–

Zu Beginn der Buch Wien-Woche, am 8. November, wird der Österreichische Buchpreis verliehen, und nur eine Woche nach Messeende, am 21. November, verleihen wir in Krems den Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. Das Buch steht also über einen längeren Zeitraum im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, so soll es auch sein, denn es beginnt im November die wichtigste Verkaufszeit des Jahres. Weihnachten = Geschenk = Buch, das ist die Grundlage für die Buch Wien und deren Wirkungsmacht.

F O T O : K A T H A R I N A F. R O S S B O T H

Apropos Wirkung, die vier Hauptbühnen wurden aufwendig weiterentwickelt und bieten nun neben einer umfassenden digitalen Ausstattung auch die technischen Möglichkeiten für Streaming und Live-Partizipation des Publikums vor Ort und von zu Hause aus. Dennoch wünschen wir uns alle vor allem eines: ein großes gemeinsames Live-Event. Damit dies möglich wird und um für alle Besucher*innen, Mitwirkende und Mitarbeiter*innen eine sichere Messe zu gewährleisten, werden umfassende Covid-Präventionsmaßnahmen eingesetzt. Im Mittelpunkt stehen dabei die im Zeitraum der Messe erforderlichen „G-Zertifikate“. Kommen Sie gesund zur Buch Wien 21, ich hoffe, wir sehen uns!

Helmut Ardelt

Oberösterreich in der Steinzeit Eine archäologische Spurensuche Die vorliegende Publikation bietet Einblicke in archäologische Grabungsbefunde, wissenschaftliche Forschungsergebnisse, Museumsbestände und Privatsammlungen in Oberösterreich sowie selbst gefundene Artefakte des Autors. Eine aufschlussreiche archäologische Expedition in unsere Vergangenheit! 192 Seiten, durchgehend farbig bebildert, 17 x 24 cm, Hardcover, ISBN 978-3-7025-1029-9

Gustav Soucek HVB-Geschäftsführer

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Foto ©eNjoy iStyle/shutterstock.com

€ 25,– Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at  Geschäftsführung: Gustav Soucek  Projektleitung: Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at  Aboverwaltung: Paula Fabiankowitsch, DW 12, fabiankowitsch@hvb.at  Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlags­ gesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, T: +43 1/536 60-0, E: magazine@falter.at, www.falter.at  Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Thomas Askan Vierich, DW 812  Geschäftsführung: Siegmar Schlager  Anzeigenleitung: Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at  Die Offenlegung gem. § 25 Medien­gesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar  Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH., Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

Lesen Sie uns kennen. www.pustet.at

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– Inhalt –

Lockruf statt Lockdown Edmund de Waal macht uns Lust auf die Buch Wien 21, Adolf Holl auf Spiritualität und Philosophie

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Thomas Askan Vierich

Die Buch Wien 21 findet vom 10. bis 14. November in der Halle D am Messegelände statt

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WISSENSWERT Geburtstagsständchen für Herbert Ohrlinger

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Der Verleger des Zsolnay Verlags wird sechzig

Leo-Perutz-Preis Auszeichnung für Anne Goldmann

HVB-MITGLIEDER Tina Reiter Tyrolia Verlag Georg Glöckler G&G Verlag, Ueberreuter Gruppe Claus Schwarz Buchhandlung Plautz, Gleisdorf

Österreichischer Buchpreis Die Shortlist steht fest

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ESSENZIELL Buch Wien 21 Interviews mit Stargast Edmund de Waal und Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler

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EDITOR’S CHOICE

KLASSIKER Diesmal die HVB-Preispatin

SELBSTREDEND Adolf Holl Der Kirchenkritiker über Spiritualität und Sinnsuche Kontinent Kinderbuch Kinderbücher ernst nehmen

Buchempfehlungen von Thomas Askan Vierich

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SCHWERPUNKT Glaube, Ethik, Philosophie Buchhändler*innen empfehlen

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GEWINNSPIEL Diesmal: Jazzschallplatten

Christine Nöstlinger

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AUSBLICK Buchmessen Leipzig 2022 und 2023, Gastlandauftritt Österreich Die Organisatorin Katja Gasser über ihre Pläne

Chefredakteur

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TERMINE. LESUNGEN Termine auch zur Buch Wien

KURZ VOR SCHLUSS Gastkommentar Erich Klein, Übersetzer aus dem Russischen

F O T O : N I N I T S C H AV O L L , I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L

leich zwei Schwerpunkte im aktuellen anzeiger: Glaube, Ethik und Philosophie sowie die Buch Wien 21. Exklusiv und knapp nach Redaktionsschluss geführt: ein Gespräch mit einem der Stargäste auf der Buch Wien: Edmund de Waal, dessen Roman „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ zu „Eine Stadt, ein Buch“ gekürt wurde. Ich hatte Gelegenheit, mit dem Autor über Familie und die Shoa zu sprechen. Dank Zoom war das möglich. Ich freue mich schon darauf, den Briten auf der Buch Wien „real“ kennenlernen zu dürfen. In dieser Ausgabe empfehlen Buchhändler*innen Werke zu Philosophie und Spiritualität, die vielleicht zu einer Sinnstiftung in einer immer unübersichtlicheren Welt anregen. Dazu passend haben wir ein Interview mit dem 2020 verstorbenen österreichischen kirchenkritischen Priester Adolf Holl im Heft – dank unseres Autors Erich Klein, der Holl immer wieder getroffen und interviewt hat. Weiters in dieser Ausgabe: Ein Geburtstagsständchen für den Verleger Herbert Ohrlinger vom Zsolnay Verlag. In der neuen Rubrik „Editor’s Choice“ stelle ich Bücher vor, die gerade auf meinem Nachtkästchen liegen. Diesmal mit Schwerpunkt österreichische Kandidat*innen zum Deutschen und Österreichischen Buchpreis. In der Rubrik Klassiker Christine Nöstlinger, nach der ein vom HVB initierter Preis für Kinder- und Jugendliteratur benannt ist, der auf der Buch Wien erstmals verliehen wird. Beim Gewinnspiel verlosen wir diesmal fünf Vinylschallplatten des Dave Brubeck Trios. Machen Sie mit!

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– Wissenswert –

Herbert Ohrlinger, Verleger, 60 Seit einem Vierteljahrhundert leitet Herbert Ohrlinger den Paul Zsolnay Verlag. Ein Glückwunsch zu seinem sechzigsten Geburtstag von Thomas Askan Vierich

F O T O : P R I VA T

Henning Mankell, natürlich. Schreibt man über den Verleger Herbert Ohrlinger, muss auch dieser Name fallen. Unmittelbar verbunden mit ihm ist die Renaissance des vor bald einhundert Jahren gegründeten und damit ältesten durchgehend existierenden Literaturverlags Österreichs. Nach erfolglosen Versuchen bei deutschen Verlagen bedeutete Zsolnay den internationalen Durchbruch für den stillen Schweden und seinen melancholischen Kommissar Wallander. Und ein wenig auch für den jetzt sechzigjährigen Verleger, der von Hanser-Chef Michael Krüger 1996 als Programmleiter zu Zsolnay geholt wurde. Ohrlinger hatte nach dem Studium in Deutschland gearbeitet, dann als Lektor bei Otto Müller in Salzburg und vier Jahre als Literaturredakteur im Presse-Spectrum. Mit ihm, so der Plan der neuen Eigentümer, sollte, ja musste es mit dem so traditionsreichen Haus, einst Heimstätte von Franz Werfel, Heinrich Mann, Johannes Mario Simmel, Graham Greene, John le Carré usw., wieder aufwärtsgehen. Das ist dank vielseitiger Fähigkeiten, dank Fleiß und dank sehr guter Kontakte zu zeitgenössischen Autor*innen auf überzeugende Weise gelungen. Ohrlinger vermochte und vermag eine Bindung zu vermitteln, die ihnen an anderen Orten oft fehlt. „Wir entwickeln zusammen Bücher.“ Das hat die großen Namen der heimischen Literaturszene angelockt – und offenbar zufrieden gemacht, „wir haben kaum jemand verloren!“ Auch Mankell hätte bei Konzernverlagen noch höhere Vorschüsse erzielen können. „Wir haben uns um ihn gekümmert. Wäre es ihm ums Geld allein gegangen, wären wir chancenlos gewesen. Die Wiener Oper und das Sacher vis-à-vis hat er sehr geschätzt.“ Zu den ersten heimischen Autor*innen, die mit Ohrlinger zu Zsolnay kamen, zählte Karl-Markus Gauß. „Das essayistische Erzählen liegt mir als Form nach wie vor am Herzen, das Denken über das klein gewordene Österreich hinaus“, sagt

der Verleger. Martin ­Pollack, Konrad Paul Liessmann, Armin Thurnher und Franz Schuh folgten, Franzobel nicht zu vergessen und seit 2016 André Heller. Große Biografien und Autobiografien entstanden – über Gustav Mahler, Karl Kraus, Ivo Andrić, von Barbara Coudenhove-Kalergi, Heinrich Treichl, Franz Vranitzky. Die Backlist mit Leo Perutz, John Steinbeck, Torbergs „Schüler Gerber“ wird gepflegt, und nach und nach erwirbt man die Weltrechte von internationalen Autor*innen wie etwa die des rumänischen Nobelpreis-Kandidaten Mircea Cărtărescu. „So schnell sich der Buchmarkt auch dreht, um große Bücher zu schreiben und erfolgreich zu verlegen braucht es Zeit und Geduld“, sagt Ohrlinger. Er versteht Zsolnay als Auto­r*innen­ verlag. „­ Ein Phänomen wie Mankell kommt nur sehr selten vor, aber wenn ich mir unsere Autor*innen ansehe – vom wunderbaren Edmund de Waal bis zu Lisa Eckhart, vom ungemein begabten Elias Hirschl bis zu Isolde Charim und Florian Klenk, freue ich mich auf die nächsten 25 Jahre.“ Sie sind Hoffnungsträger*innen sowohl für den Verleger und das Zsolnay-Team als auch für den Buchhandel und den Literaturbetrieb. Denn auch wenn es ein Betrieb ist, so geht es dabei doch um ein besonderes Gut. Mit sechzig kann der Verleger Herbert Ohrlinger guten Gewissens behaupten, dieses Gut gehegt und gepflegt, den Autor*innen und Leser*innen einen großen Dienst geleistet zu haben. Dazu ist nicht nur ihm, dazu ist auch der Literatur zu gratulieren.

Herbert Ohrlinger 1999 auf der 75-Jahr-Feier des Zsolnay Verlags mit Michael Krüger

Anne Goldmann „Alle kleinen Tiere“ (Argument Verlag)

12. Leo-PerutzPreis vergeben Anne Goldmann, die 12. Preisträgerin des Wiener Krimipreises, ist am 11. Oktober 2021 nach schwerer Krankheit verstorben. Wir sprechen allen Angehörigen und Freunden der renommierten Autorin unser tiefes Mitgefühl aus. Der Preis wurde an Vertreter des Argument Verlages im Hotel Imperial im Rahmen des Autor*innenempfangs der Wiener Kriminacht am 12. Oktober übergeben. Der mit 5.000 Euro dotierte Literaturpreis wird gemeinsam von der Stadt Wien Kultur und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels gestiftet und mit freundlicher Unterstützung der Bestattung Wien ausgerichtet. Es werden Krimis ausgezeichnet, deren Qualität und literarischer Anspruch an den namensgebenden österreichischen Literaten erinnern. Darüber hinaus sollen die ausgezeichneten Werke möglichst innovativen Charakter haben und einen Wien-Bezug aufweisen. Anne Goldmann, geboren 1961, wuchs in einer Großfamilie auf dem Land auf. Einige Zeit arbeitete sie in einer Justizanstalt, betreute dann 26 Jahre lang Straffällige nach der Haft. „Alle kleinen Tiere“ war ihr fünftes Buch. Das sagt die Jury: „Anne Goldmann führt uns eine Reihe von Außenseitern vor – und lässt die ,großen Tiere‘ auf sie los. In diesem Fall sind es Immobilienhaie. Ein paar von den ,kleinen Tieren‘ spielen nicht mit. Goldmann bleibt dabei ganz unsentimental; auch die Unterprivilegierten sind noch lange nicht deshalb moralisch erhaben, weil man auf ihnen herumtrampelt und sie bedroht. Man spürt, dass dieser Krimi von jemandem mit viel Lebenserfahrung geschrieben wurde.“

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– Wissenswert –

Ö1 Buch des Monats Das sagt die Jury: „Zugegeben, Adelheid Duvanels ,Fern von hier‘ ist mit knapp 800 (!) Seiten umfangreich. Aber die 251(!) Erzählungen der 1996 verstorbenen Schweizer Schriftstellerin Adelheid Duvanel sind wiederum jeweils nur zwei bis sechs Seiten lang. Man kann dieses Buch als eine Art Lebensbegleiter verstehen, der davon zu erzählen weiß, wie brüchig die menschliche Existenz ist, wie mächtig die Schatten unserer Herkunft, wie unüberwindbar viele unserer Ängste und Schwächen. Diese Erzählungen beweisen, dass Adelheid Duvanel eine der bedeutendsten Erzählerinnen der deutschsprachigen Literatur war.“

Klaus Magele in Geschäftsführung von Morawa Seit 1. Oktober ergänzt Klaus Magele die Geschäftsführung des Bucheinzelhandels bei Morawa Buch und Medien. Der gebürtige Grazer und ehemalige Geschäftsführer von Salamander Austria bringt mit seiner Managementerfahrung im Bereich des filialisierten Fachhandels von der Markenpositionierung bis zum Shopkonzept ein umfangreiches Know-how mit. „Es gibt kaum eine Branche, in der Kundenservice schöner gelebt wird als im Buchhandel“, sagt Magele. „Jeder, der bei Morawa ein Buch kauft, ist begeistert über das unglaubliche Fachwissen der 200 Mitarbeiter*innen.“ Neben dem Einkaufsvergnügen liegt der Fokus auf einem effektiven Supply-ChainManagement, denn eine rasche Lieferung ist heute selbstverständlich.

Adelheid Duvanel: „Fern von hier“, gesammelte Erzählungen, Limmat Verlag, 794 Seiten

Klaus Magele, Ex-SalamanderGeschäftsführer, ist ein Einzelhandelsprofi

Pia Buchner hat bislang für Bäume PR gemacht (bei den Bundesforsten), jetzt für Bücher

Frischer PresseWind für Styria Die Verlagsgruppe Styria mit ihren Imprints Molden, Pichler, Styria und Kneipp hat ihre Unit Presse, PR und Marketing neu aufgestellt: Seit 1. August ist Mag.a Pia Buchner, MAS als Leiterin mit an Bord. Buchner kommt von den Österreichischen Bundesforsten, wo sie seit 2012 Marketing und Unternehmenskommunikation leitete und zuletzt auch als Unternehmenssprecherin fungierte. „Wir freuen uns, mit Pia Buchner eine sehr erfahrene PR-Expertin gewonnen zu haben, die perfekt in unser Team passt und dafür sorgen wird, die Stars unserer Arbeit, unsere Autor*innen und Bücher, in der Öffentlichkeit zum Glänzen zu bringen“, so Matthias Opis und Elisabeth Stein-Hölzl, Geschäftsführer*innen der Styria Buchverlage. Beide kommen im nächsten anzeiger ausführlich zu Wort.

Goldenes Buch für Matthias Strolz Matthias Strolz, Ex-Neos-Chef hat ein Buch geschrieben – und prompt einen Bestseller gelandet: „Sei Plot deines Lebens. 5 Schritte zur persönlichen Entfaltung“ (Brandstätter) hat sich mehr als 15.000 Mal in Österreich verkauft. Dafür gibt‘s das Goldene Buch des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels! Die Auszeichnung wurde von Präsident Benedikt Föger in den Räumlichkeiten des Brandstätter Verlags übergeben. Als prominente Gratulant*innen haben auch Heide Schmidt und Manuel Rubey das Glas aud den frisch gebackenen Bestsellerautor erhoben. "Ich liebe die Politik", sagte Strolz. "Autor zu sein ist gar nicht so weit weg. Auch als Autor hat man eine Vermittlerriolle. In diesem Sinne: heiter weiter!"

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum

–1,8 % +5,1 % +22,3 % Umsatz zu September ’20

Umsatz Jänner–September

Umsatz Reisen 01–09

Weitere Marktdaten zur österreichischen Buchbranche liegen für HVB-Mitglieder exklusiv monatlich dem anzeiger bei.

Erhebung: Media Control im Auftrag des HVB.

Marktdaten September 2021

Matthias Strolz (Mitte mit Urkunde) im Kreise seiner Gratulant*innen

F O T O S : O R S I N I & R O S E N B E R G , M O R AWA / J Ü R G E N H A M M E R S C H M I D, S T Y R I A / H A R A L D E I S E N B E R G E R , A L E X A N D E R T H U M A

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290 neue Taschen­bücher Heuer waren es am deutschen Markt coronabedingt wieder etwas mehr, aber der Trend geht in Richtung weniger Taschenbücher

„Drastische Drosselung“ lautete vor einem Jahr der Befund beim Blick auf die Taschenbuch-Auslieferung für Oktober. Einige große deutsche Verlage hatten Titel verschoben, um den sich erholenden Markt nicht zu überfordern. Erwartungsgemäß pendelt sich das in der aktuellen Produktion wieder aus:

Mit 290 neuen Taschenbüchern liegt die deutsche Oktober-Produktion 21  % über jener des Vorjahrs. Verglichen mit 2018 und 2019 setzt sich dagegen der Langzeittrend fort, dass die Zahl der Neuerscheinungen von Jahr zu Jahr etwas zurückgefahren wird.

Schaut man auf das Gesamtjahr, so liegt die Taschenbuch-Produktion von Jänner bis Oktober nur knapp 2 % unter der des Vorjahrs. Das liegt an den kleineren Verlagen, die die Titelzahl-Reduzierungen der großen, monatlich ausliefernden Verlage (–6 %) zum Teil kompensieren.

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Im Jahr 2021 pflanzen

wir für jeden Auftrag einen neuen Baum

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Titelschutzmeldungen Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Er­schei­nungs­datum geschützt. Ihre Titel­ schutz­ meldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der ­ darauffolgen­ den Ausgabe des anzeigers­. Titel melden können Sie auf der Seite www.­buecher.at/titelschutz­ oder per EMail an Isabel Huber unter huber@hvb.at. Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–. Isabel Huber berät Sie gern unter huber@hvb.at, Tel. 01/512 15 35 DW 14. (*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Gefundenes Fressen in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Christian Brandstätter Verlag GmbH & Co KG Wickenburggasse 26/3, 1080 Wien, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für die Einzeltitel: Mein Balance Tagebuch Happiness is a choice in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Verena Enzenhofer, Werftenstraße 47, 9210 Pörtschach, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Find the power within in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Yvonne Sammer, Roseggergasse 111, 8461 Ehrenhausen, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Teigliebe in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Christian Brandstätter Verlag GmbH & Co KG Wickenburggasse 26/3, 1080 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Die Bruderschaft der heiligen Ursula in der Pfarre St. Kanzian zu Saak im Unteren Gailtal in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Mag. Brigitte Fatzi, Nötsch 151, 9611 Nötsch im Gailtal, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Gozzoburg Krems. Fragen und Antworten. in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Kulturamt der Stadt Krems, Körnermarkt 14, 3500 Krems, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Vom Underdog zum Millionär Der ultimative Leitfaden zur ersten Million in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Oscar Karem, Karl-Farkas-Gasse 22/9, 1030 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Trumpetstar Band 2: Das Abenteuer dieser Trompetengalaxie. Trompetenschule und Musiknoten für Flügelhorn, Kornett und Tenorhorn in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Buch-, Kunst- und Musikalienverlag Mario Schulter, Mogersdorf 253, 8382 Mogersdorf Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Erfolg mit Wissensmanagement Wissensorientiertes Management aus der Praxis – ein Leitfaden für kleine und große Organisationen in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Meusburger Guntram GmbH, Kesselstraße 42 6960 Wolfurt, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für die Reihentitel: Radvergnügen Endlich Erfrischung Endlich Wildnis Endlich Sonne Endlich Hüttengaudi Endlich Hoch hinaus Endlich Aufs Wasser Endlich Fahrtwind Endlich Genuss in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Kompass-Karten GmbH, Karl-Kapferer-Str. 5, 6020 Innsbruck, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Oma Bernhart erzählt von Floridsdorf, Donaustadt und ganz Wien in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Agnes Bernhart, Alfred-Nobel-Straße 47, 1210 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Von Herzen Singen Mit Stimm-Erfahrung und heilsamen Liedern Verbundenheit erleben in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Ingrid Huber, Schönbrunngasse 54g, 8010 Graz

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für die Einzeltitel: Atmen und Fliegen Die Schrecken der Liebe Regenbraut in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Christian Brandstätter Verlag GmbH & Co KG Wickenburggasse 26/3, 1080 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: The true history of the cuban photography and art collection of Schorn in allen Schreib­ weisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Thomas Schorn, Schuhmeierstraße 41, 3150 Wilhelmsburg, Österreich

Bezahlte Anzeigen. Der Verlag über­nimmt keine Haftung dafür, falls die Titel bereits geschützt sind oder falls durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

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Österreichischer Buchpreis: Shortlist Die mit Spannung erwartete Shortlist für den Österreichischen Buchpreis ist da! Folgende Bücher wurden ausgewählt: DIE JURY

Anna Baar – Nil (Wallstein) „Ein kleiner, verspielt-hintersinniger Roman über die Kraft wie die Untiefen guter Geschichten, mal traurig, mal fröhlich, nachdenklich oder sentimental, aber immer unvorhersehbar.“ Daniela Chana – Neun seltsame Frauen (Limbus) „Im Mittelpunkt dieser Erzählungen stehen Mädchen und Frauen, Beobachterinnen und Gescheiterte, es geht um Nähe und Liebe, um überraschende Begegnungen und unüberwindliche Fremdheit.“ Raphaela Edelbauer – Dave (Klett-Cotta) „Edelbauer erzählt elegant und pointiert, mit galligem Witz, Lust an der Anspielung und immer wieder verblüffenden Wendungen.“ Olga Flor – Morituri (Jung und Jung) „Die kunstvolle Sprache von Olga Flors Roman ,Morituri‘ lässt den Abgrund österreichischer Gegenwartsrealität, den sie auf das Korn nimmt, noch schauriger und tragi­ komischer erscheinen.“ Ferdinand Schmalz – Mein Lieblingstier heißt Winter (S. Fischer) „Dieser Roman ist ein Textgebilde, in dem nicht nur Folklore, Depression und existenzielle Einsamkeit zu einer Austrian Horror Story verklumpen, sondern welches auch kunstvoll Sprachmuster der Literaturgeschichte einwebt.“

Die Fachjury für den Österreichischen Buchpreis setzt sich heuer aus Tilman Eder (Buchhändler, Buchhandlung Erlkönig), Walter Grond (Schriftsteller, Leiter Europäische Literaturtage), Manuela Reichart (Literaturkritikerin, WDR), Daniela Strigl (Literaturkritikerin und Germanistin, Universität Wien) und Peter Zimmermann (Journalist, ORF) zusammen.

Preisverleihung im Rahmen der Buch Wien 21 am 8. November Erst am Abend der Preisverleihung am 8. November 2021 erfahren die fünf Autor*innen der Shortlist sowie die drei Autor*innen der Debütpreis-Shortlist, wem der Österreichische Buchpreis und der Debütpreis zuerkannt werden. Die Preisträgerin bzw. der Preisträger erhält 20.000 Euro, die vier anderen Finalist*innen bekommen jeweils 2.500 Euro. Der Österreichische Buchpreis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien ausgerichtet.

FOTO: FIZKES/SHUTTERSTOCK

Crashkurs Marketing – Von der Kunst, in Verbindung zu bleiben Marketing bietet viele Möglichkeiten, mit seinen Kund*innen und Leser*innen in Kontakt zu bleiben und neue Interessierte dazuzugewinnen. Der Werkzeugkasten ist groß und manchmal unübersichtlich. Aber es ist auch für jeden ein Werkzeug dabei, egal ob wir mit großem oder kleinem oder ganz ohne Budget agieren. Das Seminar bietet einen Überblick über die Werkzeuge und hilft, die für Sie passenden Instrumente auszuwählen  – von der klassischen Werbung über Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Social Media bis hin zur POS-Präsentation und dem Bereich Veranstaltungen und Content Marketing.

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Sie haben einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten des Marketings. ■  Sie kennen die jeweiligen Besonderheiten und können einschätzen, welches Instrument für Sie am passendsten ist. ■  Sie lernen eine Methode kennen, Ihre Zielgruppe zu definieren und genauer zu beschreiben.

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250 € Kursgebühr für HVB-Mitglieder (zzgl. 20 % Ust.) 280 € Kursgebühr für Nichtmitglieder (zzgl. 20 % Ust.)

Neu- und Quereinsteiger*innen, Volontär*innen, Marketinginteressierte aus Verlag, Buchhandel und (Self-)Publishing

Wer?

Theresa Bolkart, Marketingexpertin und Coach, Publisher Consultants Wie viel?

Wann?

18. 11. 2021, 10.00–17.00 Uhr

www.buecher.at --> Seminare

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BUCH WIEN 2021 Stimmen zur Einstimmung auf die wichtigste Buchmesse Österreichs: der Schriftsteller und Künstler Edmund de Waal und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Außerdem die wichtigsten Informationen zur Messe

Interviews: Thomas Askan Vierich Illustration: Georg Feierfeil

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– Essenziell – Buch Wien 21

„Ich habe mein Leben lang mit den Toten geredet“

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Herr de Waal, was bedeutet es Ihnen, dass Ihr erster Roman für „Eine Stadt, ein Buch“ ausgewählt wurde? Edmund de Waal – Das ist ein unfassbarer Moment: Für mich als sozusagen enteigne­ ten Menschen, für meine Familie, die einst aus dieser Stadt geworfen wurde, der man ihr Bürgerrecht geraubt hat, ihr Familienle­ ben, ihr Zuhause. Das ist der Kern meiner Geschichte, die ich erzähle. Jetzt ist die Fa­ milie zurück in dieser Stadt – so bewegend für mich. Ich hatte nicht geglaubt, dass das möglich ist.

FOTO: BERNHARD HOLUB/WIKICOMMONS

Hat sich der Kreis für Sie und Ihre Familie, die Ephrussis, geschlossen? De Waal – Ich glaube nicht an Kreise, auch nicht an Katharsis. Ich halte mich an den Wiener Jean Amery: Das Erinnern ist ein Prozess. Das hat nie ein Ende. Ich bin sehr glücklich, dass mein Vater das noch erleben kann. Aber es ist nicht zu Ende. Ich kann die Geschichte meiner Familie erzählen, das ist ein Geschenk. Dass ich eine Geschichte habe, Gegenstände, die ich berühren kann, die Häuser in Wien und Paris, Erbe der Ephrus­ sis und Camondos, die noch stehen. So viele Familien haben das nicht. Kennen Sie die Stolpersteine in Wien? De Waal – Eine tolle Sache. Aber es muss weitergehen, für jede Generation aufs Neue. Mein ganzes Leben lang habe ich mit den To­ ten geredet. Ich bin in Kirchen, Kathedralen und mittelalterlichen Häusern aufgewachsen, mein Vater war der Dekan der Kathedrale von Canterbury. Ich habe immer in und mit der Vergangenheit gelebt. Und ich hatte das Glück, Menschen nah zu sein, die mir ihre ­Geschichte mitgegeben haben, meiner Groß­

jüdische Angelegenheit, eher eine Generati­ onenfrage. Mein Vater hat viele Jahre lang geschwiegen, meine Großmutter nicht.

Edmund de Waal ist bei der Buch Wien 21

mutter Elisabeth, meinem Großonkel Iggy in Japan, der mir den Hasen und viele andere Netsukes, japanische Keramikfiguren, vererbt hat. Du brauchst Menschen, die am Ende ih­ res Lebens mit dir reden. Und ich war glück­ lich, zuzuhören. Manchmal bekommt man den Eindruck, dass die Leute es leid sind, immer wieder erinnert zu werden. Und die Menschen, die den Holocaust erlebt haben, sterben. De Waal – In „Camondo“ schreibe ich: Wa­ rum macht es mich so wütend, erzählt zu bekommen, dass ich aufhören soll? War­ um diese Hinwendung zur Vergangenheit?! Come on! Die Erinnerung weiterzureichen ist unsere Verantwortung. Das kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das ist hart. Aber das ist meine Aufgabe. Ich habe die Gabe, Geschichten zu erzählen, Dinge herzustellen. Es ist nicht einfach, Bücher zu schreiben, das wissen Sie ja selbst. Das ist kein Spaziergang. Auch nicht, eine Ausstellung vorzubereiten wie die im Museum Camondo in Paris, von wo ich gerade komme. Ihr Erzählen entzündet sich an Skulpturen, Teppichen, Bildern, an der Pracht in den Häusern Ihrer Familie. Warum sind Sie von Dingen so fasziniert? De Waal – Das ist mein Leben. Ich begann mit fünf zu töpfern, jetzt bin ich 57 und töpfere immer noch. Meine Vorstellung der Welt ist beherrscht von der Idee, dass man ein Objekt in die Hand nehmen kann und so mit der Person in Verbindung tritt, die es gemacht hat, besessen hat, damit umgegan­ gen ist. Für viele Menschen ist die Vergangenheit nicht so wichtig. Zumindest sprechen sie nicht darüber. De Waal – So viele Menschen sind einfach verstummt. Dieses Schweigen kann sehr schmerzhaft sein. Das ist auch keine speziell

Warum haben Sie Ihr erstes Buch geschrieben? De Waal – Darauf habe ich eine ganz einfa­ che Antwort: Weil mir diese Geschichte ge­ geben wurde. Weil ich diese Keramiksamm­ lung geerbt habe. Ich hätte nicht sieben Jahre damit verbringen müssen, zu recherchieren und aufzuschreiben und einen Verleger zu suchen. Niemand in England wollte das ver­ dammte Buch verlegen! Nicht schon wieder ein jüdisches Erinnerungsbuch! Aber diese Geschichte hat meine Familie wieder zusam­ mengebracht. Am Ende hat sie auch meinen Vater zum Reden gebracht. Sind Ihre Bücher auch etwas, was Sie den Opfern der Shoa zurückgeben? De Waal – Ja, absolut. Es geht ums Heim­ kommen, darum, die Geschichten an ihren Ursprung zurückzubringen. Bei der Buch­ premiere des „Hasen“ im Palast der Ephrus­ sis in Wien sagte ich: „Wir wollen gar keine materielle Restitution. Restitution ist, die Familien zurückzubringen.“ Die Villa der Camondos in Paris ist ein Museum. Man kann da hineinspazieren, ohne auch nur zu ahnen, was da passiert ist. Dass man alle in Auschwitz umgebracht hat, Camondo, seine Frau Beatrice, seine Kinder. Obwohl er die­ ses Haus dem französischen Staat vermacht hatte, weil er so gern Franzose gewesen wäre. Paris ist ein Beispiel dafür, wie man KEINE Verantwortung übernimmt. In Paris gibt es keine Stolpersteine. Im Camondo-Museum hing immer eine Plakette, die auf Ausch­ witz hingewiesen hat. Die hat aber niemand wahrgenommen. Jetzt habe ich zur neuen Ausstellung in den Hof riesige Steinblöcke platziert. Und schöne Steinbänke, auf die man sich setzen und nachdenken kann. An diesen Steinblöcken kommt keiner vorbei. Das sind meine Stolpersteine. Beschäftigen sich die Juden zu sehr mit der Shoa? De Waal – Wenn man die alten Texte liest, geht es fast immer über das Exil, die Diaspora. Darüber eine Heimat zu suchen, herumzu­ wandern. Aber diese Texte sind voller Poesie. Die jüdische Kultur ist voller Klagen (lacht). Ein endloser Strom Lamento. Aber wissen Sie was? Es ist wundervoll traurig.

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er Künstler und Autor Edmund de Waal tritt bei der Buch Wien 21 auf. Sein erster Roman, "Der Hase mit den Bernsteinaugen" ist im Rahmen der Akti­ on "Eine Stadt. Ein Buch" das Gratisbuch der Stadt Wien 2021. Kunstkeramiker und Autor von „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ so­ wie „Camondo. Eine Familiengeschichte in Briefen“ (beide bei Zsolnay erschienen), er­ zählt de Waal Teile seiner Familiengeschich­ te von jüdischen Menschen, die sich fast schon verzweifelt in die Gesellschaft, sei es die von Wien oder Paris, eingliedern wollten und ihre Kultur aufgesogen haben. „Lohn“ ihrer Bemühungen war der Holocaust.

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– Essenziell – Buch Wien 21

Bei Interesse an den Fachbesucher*innen-Events wenden Sie sich bitte an Lesley Kirnbauer: kirnbauer@buchwien.at Creative Europe – Supporting European Stories Das Programm Creative Europe unterstützt die europäische Zusammenarbeit im Literaturbereich, die Übersetzung und Verbreitung literarischer Werke, spartenübergreifende Kooperationen im Bereich Kultur und Audiovisuelles sowie die Entwicklung von Koproduktionen von Film- und Serienprojekten. Der Creative Europe Desk Austria bietet Beratungen für europäische Projekte im Bereich Kultur und Audiovisuelles und informiert über die Fördermöglichkeiten des Programms. Donnerstag, 11. November 11.30 — 13.00 Uhr HVB-Lounge, Stand Nr. A19 JUBU-Treffen auf der Buch Wien Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels lädt herzlich alle Jungbuchhändler*innen am Sonntag, 14. 11., um 15 Uhr, zu einem kleinen Umtrunk auf der Messe, Halle D in der HVB-Lounge, Stand Nr. A19 ein.

Sonntag, 15. November 15.00 Uhr Anmeldung: kirnbauer@buchwien.at

Veronica Kaup-Hasler, Kulturstadträtin

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ie Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler über ihre gegenwärtige Buchlektüre, die österreichische Literatur und die Bedeutung der Buch Wien. Frau Kaup-Hasler, welches Buch hat für Sie gerade Bedeutung – und warum? Veronica Kaup-Hasler – Ich lese gerade zwei Bücher parallel – morgens ein Sachbuch und am Abend Belletristik. In der Früh ist es „The Rest Is Noise“ des amerikanischen Autors Alex Ross. Er ist Musikkritiker des New Yorker und versteht es, packend von der Musik des zwanzigsten Jahrhunderts zu schreiben. Mit einem gewaltigen Spürsinn für geschichtliche Konstellationen kommen da – ausgehend von der beschriebenen Musik – kulturpolitische, philosophische und gesellschaftliche Zusammenhänge ins Spiel. Dieses profunde Wissen kombiniert mit einem Blick weit über den eigenen Tellerrand hinaus finde ich inspirierend. Am Abend lese ich im neuen Roman des französischen Autors Mathias Enard: „Das Jahresbankett der Totengräber“. Da verschlägt es einen blasierten Pariser Ethnologen ins dörfliche Westfrankreich. Enard kennt das Land und seine Leute und weiß sie mit viel Witz so originell wie aus dem Leben gegriffen zu beschreiben. Gleichzeitig vermittelt er sprachgewaltig spannende Einblicke in vergangene Lebenswelten. Was erwarten Sie sich an Wirkung von österreichischer Literatur? Kaup-Hasler – Wenn Literatur, ob österreichisch oder international, zentrale Fragen der Gegenwart verhandelt, wenn sie gesellschaftspolitische Utopien entwickelt, dann trägt sie wesentlich zur Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft bei. Die österreichische Literatur speziell ist sehr vielfältig, hat sich aber seit den Nachkriegsjahren als besonders widerständig und sprachmächtig erwiesen. In Heimatbeschimpfung, Misan-

thropie und Sprachexperiment fanden Autorinnen und Autoren Ausflüchte aus provinzieller Enge. Ambitioniert und der greifbaren Wirklichkeit zugewandt fand dann eine neue Generation große Lust am Erzählen, welches dezidiert politische Haltungen und Stellungnahmen zur Welt umfasst. So vermag uns österreichische Literatur immer wieder aufzurütteln, hält uns schonungslos den Spiegel vor, nimmt uns aber auch mit auf inspirierende Reisen durch fiktionale Welten. Wien hat keine Stadtschreiber*in – warum? Kaup-Hasler – In Wien gibt es zahlreiche Arten der Förderungen und Preise, um die Vielfalt in der Literatur zu garantieren. Eine Stadtschreiber*in haben wir nicht, dafür spricht Wien mit zu vielen Stimmen. So hat die Stadt Wien mit den Arbeitsstipendien jüngst ein sehr wirkungsvolles Mittel neu geschaffen, um künstlerische Produktion frei von finanziellen Zwängen zu ermöglichen: Je zwölf Autor*innen erhalten ein Jahr lang monatlich je 1.500 Euro. Damit verbunden ist auch das Commitment der Stadt, künstlerisches Schaffen als für die Gesellschaft relevante Arbeit anzuerkennen. Was erhoffen Sie sich von der Buch Wien für den Kulturstandort Wien? Kaup-Hasler – Die Stadt Wien hat eine lange Tradition als Buchstadt. Neben den international wahrgenommenen Festivals der Frankfurter Buchmesse und der Leipziger Buchmesse ist die Buch Wien das wichtigste Ereignis der österreichischen Buchbranche und mit vielen ausstellenden Verlagen ein Ort des Austausches. Die Kraft dieser Veranstaltung strahlt weit über die Branche hinaus aus in die Stadt und das Land. Durch ihre spezifischen Schwerpunkte und die vertretenen Verlage nimmt die Buch Wien auch einen besonderen Stellenwert in der internationalen Landschaft ein. Was kann Politik zur Stärkung der Buch Wien im Buchmessereigen beitragen? Kaup-Hasler – Die Stadt Wien steht hinter der Buch Wien, das wird schon allein dadurch deutlich, dass die Förderung in den vergangenen Jahren angehoben wurde. Auch die Präsenz der Politiker*innen auf der Messe selbst ist ein klares Bekenntnis zu der Bedeutung der Messe – und so freue ich mich, die Buch Wien auch heuer wieder persönlich eröffnen zu dürfen!

FOTO: CHRISTIAN JOBST

Aldus Up presents the future of publishing Künstliche Intelligenz im Verlagswesen: Vortrag von Christoph Bläsi mit anschließender Diskussion, Austausch und Netzwerken mit Branchen-Kolleg*innen. Aldus Up baut auf den erfolgreichen Erfahrungen von Aldus – dem europäischen Netzwerk der Buchmessen – auf, das die Internationalisierung des Buchsektors und die Innovation von Buchmesseformaten fördert. Donnerstag, 11. November 10.00 — 11.00 Uhr HVB-Lounge, Stand Nr. A19

„Der greifbaren Wirklichkeit zugewandt“

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HVB-Termine

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– Essenziell – Buch Wien 21

Das Programm und die wichtigsten Themen der Buch Wien 21 KINDER- UND JUGENDPROGRAMM

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ie Entscheidung, die Buch Wien 2021 stattfinden zu lassen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität. Buchmenschen sind auf persönlichen Austausch angewiesen. Das weitläufige Messegelände wird mit einem durchdachten Hygienekonzept zu einem sicheren Ort für Begegnungen. Zentral dabei ist die Kontrolle der geltenden G-Regeln sowie ein umfassendes Crowd­ management, das vor allem durch den Einsatz modernster Technik ermöglicht wird. AUFTAKT MIT KONZERT Die Halle D wird zum Ort der Begegnung. Die Eröffnungsrede hält die renommierte Philosophin Isolde Charim. Anschließend startet wie gewohnt die „Lange Nacht der Bücher“. Zu den Fixpunkten des Eröffnungsabends gehören der internationale PoetrySlam-Wettbewerb und das Eröffnungskonzert mit Attwenger. STARS DER SZENE Neben dem britischen Bestseller­ autor ­Edmund de Waal treten Rumena Bužarovska, Ayelet Gundar-Goshen, Eva Menasse, Nick Thorpe und österreichische Literat*innen auf. Publikumslieblinge wie Marc Elsberg, Sebastian Fitzek, Michael Niavarani, Ursula Poznanski und Eva Rossmann sorgen für Unterhaltung. Vollständiges Literaturprogramm: buchwien.at/programm

Publikum bei der Messe Buch Wien NEUES FORMAT: DIE DEBATTE

„Wir werden erstmals hochkarätige Podiums­ diskussionen haben“, sagt Programmleiter Günter Kaindlstorfer. „Vom Klimawandel und der rechtspopulistischen Herausforderung bis zum Aufstieg Chinas, von der kulturpolitischen Situation in Ungarn bis zu ‚Wokeness‘ und ‚Political Correctness‘.“ Mit dabei die Journalistin Ciani-Sophia Hoeder, Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl oder Migrationsforscher Aladin El-Mafaalani. Live von der UN-Klimakonferenz in Glasgow bringen Luisa Neubauer und Bernd Ulrich Analysen. „Wir werden interaktiver! Egal ob mitten im Geschehen oder online via Livestream – das Publikum hat erstmals die Möglichkeit, sich auch digital an den Diskussionen zu beteiligen“, freut sich Verena Müller, verantwortlich für die Gesamtleitung Programm & Veranstaltungen. Buch Wien Debatte: buchwien.at/debatte

700 m2 der Veranstaltungsfläche stehen im Zeichen des Nachwuchses. Für F ­amilien bietet die Buch Wien am Wochenende Vorstellungen und Events zum Mitmachen für Erstleser*innen ab ca. drei Jahren bis hin zu erfahrenen Bücherwürmern. Alice Pantermüller gibt einen exklusiven Einblick in Lottas Leben, Michael Stavarič lädt in die faszinierende Welt der Kraken ein, und Thomas Brezina bringt sein Schwein Frida mit. Kinder- und Jugendprogramm: buchwien.at/kinderbuch WILLKOMMEN, RUSSLAND Die Buch Wien freut sich, Russland als erstes Gastland in der Geschichte der Messe begrüßen zu dürfen. Ein architektonisch beeindruckender Stand mit Bühne und Ausstellungsfläche spiegelt die wichtigsten Publikationen der zeitgenössischen sowie klassischen russischen Literatur wider. Einer der Höhepunkte ist die Veranstaltung in der Nationalbibliothek zu Fjodor Dostojewski als Seismograf der Moderne mit Erich Klein, Dimitri Ljubinski und Vadim Polonski. Programm: buchwien.at/gastland HYGIENE-MASSNAHMEN Für Besucher gilt die 2-G-Regel: geimpft oder genesen. Kinder unter zwölf Jahren mit Antigen-Schnelltest oder PCR-Test möglich, Kinder unter sechs Jahren auch ohne Test.

„Wir hatten schon länger den Wunsch, einen Gastlandauftritt auf der Buch Wien zu etablieren“, erklärt Patrick Zöhrer, Geschäftsführer der Buch Wien. „Damit wollen wir uns als Ort des Dialogs und der Vernetzung auch für internationale Gäste positionieren.“ Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Schwerpunkte mit unterschiedlichen Ländern. Ein Gastlandauftritt ist aber wesentlich umfassender als die bereits bekannten Schwerpunktpräsentationen. Davon hat sich nun Russland überzeugen lassen, die in diesem Jahr den ersten Gastlandauftritt seit Bestehen der Buch Wien ausrichten werden. Entstanden ist die erste Idee zu diesem Auftritt im Rahmen des 2019 geführten SotschiDialogs, ein zivilgesellschaftliches Forum

mit dem Ziel, den Meinungs- und Ideenaustausch zwischen Bürger*innen und Persönlichkeiten aus den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Wissenschaft und Sport zu fördern. Danach folgten weitere intensive Gespräche, auch mit dem Sondergesandten für kulturelle Angelegenheiten des russischen Präsidenten, Mikhail Shvydkoy, der dazu eigens nach Wien reiste. Finanziert wird der Gastlandauftritt vom russischen Kulturministerium, das Institut für Literaturübersetzungen Moskau wurde mit der Gesamtorganisation beauftragt. WIE „POLITISCH“ IST DAS? „Die russischen Kolleg*innen haben unsvon Anfang an in die Programmgestaltung

eingebunden, unsere Perspektive war ihnen sehr wichtig. Von unserer Seite wurde mit den Expert*innen des österreichischen Außenministeriums kooperiert, die in Detailfragen eine wichtige Stütze waren. In diesem vertrauensvollen Dreiklang hat die Vorbereitung problemlos geklappt und es konnte ein ausgeglichenes Programm auf die Beine gestellt werden.“, sagt Zöhrer. Da man für Gastlandauftritte zielgerichtet internationale Kontakte aufbauen muss und das eine gewisse Herausforderung darstellt, geht man in der Buch Wien Geschäftsführung derzeit von einem zweijährigen Rhythmus einer Gastlandpräsenz auf der Messe aus.

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FOTO: RICHARD SCHUSTER

Die Premiere der Buch Wien: Russland als erstes Gastland

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– Editor’s Choice –

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ie Erzählung, klassischerweise auch die Novelle, wirft ein Schlaglicht auf ein bestimmtes Ereignis oder eine Person. Letzteres machen die Erzählungen von Daniela Chana („Neun seltsame Frauen“, Limbus, Shortlist Öst. Buchpreis) und von Christopher Wurmdobler („Ausrasten“, Czernin) auf vorbildliche Weise. Beide präsentieren häufig schräge Menschen in schrägen Situationen. Da ist Chanas junge Tellerwäscherin, die vom Leben noch nicht viel mitbekommen hat und glaubt, sie könne mit einem roten Lippenstift mehr Selbstbewusstsein bekommen. Am Ende traut sie sich aber nicht, den Lippenstift aufzulegen. Dafür möchte der frustrierte Chefkoch mit ihr ein Lokal aufmachen. Und sie glaubt, der habe sich in sie verliebt. Ein weiteres Missverständnis. Wie Chana hier die Verhältnisse in der gehobenen Gastronomie beschreibt, zeugt von tiefer Kenntnis der Materie. Ihr gelingt es in wenigen Worten, menschliche Dramen sichtbar zu machen. Ähnlich großartig verfährt Wurmdobler: Bei ihm ist allerdings der Freakfaktor noch höher: Da geht es um polyamouröse Polizisten oder alternde Theaterdiven, deren Wohnung von der Farbe Pink dominiert wird. Bei Wurmdobler sitzt jedes Wort. Man fragt sich, woher er so komische Leute kennt. Oder hat er sich das etwa alles nur ausgedacht …? Witzig ist Anna Felnhofer in ihrem Debütroman „Schnittbild“ (Luftschacht,

In dieser neuen Rubrik möchte ich auf einige Bücher eingehen, die sich auf meinem Nacht­ kästchen drängen. Dies­ mal sind es vor allem österreichische, die zum Deutschen oder Öster­ reichischen Buchpreis nominiert waren Text: Thomas Askan Vierich

Elias Hirschl: Salonfähig. Roman, Zsolnay Bislang das Highlight des Herbstes. Ein Porträt unserer Eliten – fast so böse wie damals Bret Easton Ellis.

­ ominiert zum Öst. Debütpreis) eher nicht. n Bei ihr geht es viel um Schmerzen, und diesen versucht sie sprachlich näherzukommen. Es gelingt ihr – auch wenn das aufmerksame Leser*innen voraussetzt. Es geht um einen Vierzigjährigen, der sich auf die Liebe zu einer Zwanzigjährigen eingelassen hat. Was „natürlich“ einen eher unglücklichen Verlauf nimmt – für den Vierzigjährigen. Sehr genau beobachtet und bis ins Detail fein ziseliert aufgeschrieben. Um Lebenskrisen geht es auch bei Peter Karoshis „Zu den Elefanten“ (Leykam, Long­list Dt. Buchpreis). Der Ton ist lakonisch, das Geschehen auch. Ein intellektuell unterforderter Wissenschaftler ist seiner Ehefrau und dem Leben nicht gewachsen und bricht mit seinem Sohn aus dem Urlaubsidyll auf, um auf der Spur eines legendären Elefanten durch Österreich zu wandern. Ein bisschen ist man an die komplizierte Unverbindlichkeit der Novellen von Musil erinnert, aber nur ein bisschen. Mit sprachlich deutlich höherem Aufwand stellt sich der Theaterautor ­Ferdinand Schmalz mit seinem ersten Roman „Mein Lieblingstier heißt Winter“ (S. Fischer, Long­list Dt. Buchpreis) in die große Tradition der anspruchsvolleren österreichischen Literatur. Das überdeckt leider die ziemlich abstruse Handlung, wo es um einen Selbstmörder und einen Tiefkühlkostvertreter geht, der Sterbehilfe leisten möchte, dann aber keinen Sterbenden

I L L U S T R AT I O N : I S T O C K

Feine Lektüre, preiswürdig

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Einige der erwähnten Bücher Ferdinand Schmalz: Mein Lieblingstier heißt Winter. Roman, S. Fischer Etwas aufgesetzt wirkende Sprache, aberwitzige Handlung, unterhaltsam.

Christopher Wurmdobler: Ausrasten. Erzählungen, Czernin Sehr genau gebaute Porträts von schrägen Typen. So was kann man sich gar nicht ausdenken.

mehr antrifft. Wenn man sich auf Schmalz’ Kunstsprache, eine Art überregionalen österreichischen Dialekt, einlassen kann, verspricht das eine unterhaltsame Lektüre. Auf gar nichts einlassen muss man sich beim Altmeister Norbert Gstrein. Der kennt die Kniffe der realistischen US-amerikanischen Erzählkunst und nimmt uns mit in die Welt eines sechzigjährigen Schauspielers, der Probleme mit seiner Tochter, seinem Geburtstag und seinem Biografen hat. Und seiner Vergangenheit. Das baut ­Gstrein herrlich gelassen und genau auf: Ein Lesevergnügen mit vielen Zwischen­ tönen: „Der zweite Jakob“, (Hanser, Longlist zum Deutschen Buchpreis). Kommen wir zu zwei ganz anders gelagerten Büchern. Keine großen Tragödien werden hier aufgeblättert, sondern eher Alltägliches. Die Arbeitswelt zum Beispiel. Ein Thema, dem die „große“ Literatur – außer bei Martin Walser, der wieder nicht den Nobelpreis bekommen hat – häufig lieber aus dem Weg geht. Anders bei Clemens Bruno Gatzmaga, dessen Roman „Jacob träumt nicht mehr“ (Karl Rauch, Shortlist Debüt Österreichischer Buchpreis) ganz tief in die Arbeitswelt eines Werbers eintaucht. Schon die Anfangsszene ist großartig: Ein Mann steckt fest, nämlich bis zur Hüfte in einem Sumpf. Wie er in diese groteske Situation gekommen ist, erzählt der Roman. Und entwirft dabei ein nur allzu realistisches Bild von

heutigen Erfolgsmenschen um die dreißig: Überstunden bis zum Erbrechen, schnöselige Vorgesetzte, die ihn mit typischem Managementsprech vor sich herjagen, immer im Anzug, immer Vollgas. Weil es nicht anders geht, weil man sonst nichts wird in dieser wunderbaren Medienwelt. Wofür man das Ganze macht, darüber denkt man nicht nach. Ach so, ja: Man möchte natürlich „erfolgreich“ sein. Und erfolgreiche Menschen arbeiten viel, um viel Geld zu verdienen, für das sie dann gar keine Zeit haben, es wieder auszugeben. Ist egal, Geld ist Fetisch. Gruselig. Gruselig ist auch die Welt, die Elias Hirschl in seinem Erstling „Salonfähig“ beschreibt (Zsolnay). Hirschls Protagonist könnte einer aus der Entourage des „Altkanzlers“ sein, der seinen Chef anhimmelt, ihn in seiner perfekten Inszenierung kopiert und dabei implizit offenbart, dass das alles eine einzige menschenverachtende, im Grunde sich selbst verachtende Inszenierung ist. Ohne Moral, ohne größere Erzählung, außer – wie bei Gatzmaga – Erfolg. Oder Macht. Dem Autor Elias Hirschl ist ein „Austrian Psycho“ gelungen. Wenn Bret Easton Ellis die hedonistischen 1980er-Jahre aufgespießt hat, tut das Hirschl für die beginnenden 2020er-Jahre. Das Beste: Auch wenn die Welt, die Hirschl beschreibt, eine gruselige ist, sein Buch ist trotzdem höchst unter« haltsam.

Clemens Bruno Gatzmaga: Jacob träumt nicht mehr. Roman, Karl Rauch Erschreckend realistische Beschreibung unserer modernen Arbeitswelt. Leicht und witzig.

Daniela Chana: Neun seltsame Frauen. Erzählungen, Limbus Toll geschriebene Porträts junger Frauen im Wahnsinn unserer Welt.

Norbert Gstrein: Der zweite Jakob. Roman, Hanser Ein alternder Schauspieler hadert mit sich, der Tochter, seinem Beruf und einer dunklen Vergangenheit. Routiniert gut.

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Sarah

Foto: © Patrice Normand

Biasini

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Eine Frau schreibt an ihre neugeborene Tochter. Sie erzählt ihr von ihren Freuden, ihren Leiden, ihren Ängsten und von einer Abwesenden, ihrer eigenen Mutter: der großen und unvergessenen Romy Schneider. »Die Lektüre hat etwas enorm Berührendes, weil einem die Autorin nahegeht mit ihrem Schicksal.« Johanna Adorján, Süddeutsche Zeitung Aus dem Französischen von Theresa Benkert. 192 Seiten Gebunden. 22,70 € [A]*. ISBN 978-3-552-07261-9 Auch als E-Book. zsolnay.at

Erscheint am 25. Oktober 2021

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André

Foto: © Suzy Stöckl

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Der schönste Tag des Jahres ist für Tullio sein Geburtstag. Da bekommt er von seinen Eltern ein Fest geschenkt. Seine liebsten Freundinnen und Freunde darf er dazu einladen. Diesmal jedoch ist alles anders.

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Erscheint am 25. Oktober 2021

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– Die aktuellen Bestseller –

Krimis und kein Ende? Man hört es immer wieder: Die Krimiwelle sei am Verebben. Jeder Hype komme eines Tages an sein Ende. Wirklich? Schaut man auf die Bestsellerlisten, stellt man fest: Beim Hardcover sind unter den ersten zehn sechs Krimis beziehungsweise Thriller, davon immerhin fünf deutschsprachige, darunter drei ­österreichische. Bei den Taschen­ büchern sieht es ähnlich aus. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe nichts gegen Krimis, habe ja selber einige geschrieben. Aber das ist jetzt schon ein paar Jahre her. Jetzt denke ich über süffisante Komödien nach. Im Stile von Carl Hiaasen, Nick Hornby oder John Niven. Von denen findet man nichts auf den aktuellen Listen. Nicht einmal was annähernd Ähnliches. Außer vielleicht Michael Köhlmeiers „Matou“ – die Weltgeschichte aus der Sicht eines Katers. Warum? Mögen wir keine Komödien? Die Zeiten wären doch reif dafür. Vielleicht auch Tragikomödien, Farcen oder Satiren. Sally Rooneys „Schöne Welt, wo bist du“ geht in diese Richtung – aber lachen konnte ich nicht wirklich. Immerhin schaffen es auch Bücher mit „ernsten“ Themen in die Hitlisten. Wie Eva Menasses „Dunkelblum“ – ­obwohl der Roman auch etwas von einem Krimi hat. Thomas Askan Vierich

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HAPE KERKELING  Pfoten vom Tisch! – Piper  € 22,70

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KATHARINA ROGENHOFER, FLORIAN SCHLEDERER  Ändert sich nichts, ändert sich alles  Zsolnay, Paul  € 20,60

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ANDERS INDSET Das infizierte Denken NEU Econ  € 20,60

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JOHN STRELECKY  Das Café am Rande der Welt  Aspen Light Publishing   € 9,99

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Und doch sind alle Äpfel rund …

Was Judentum, Christentum und Islam gemeinsam haben. Eine besondere Familiengeschichte Dieses Sachbilderbuch begleitet Jojo auf seiner Entdeckungsreise durch die verschiedenen Religionen seiner Familie, die interkultureller und interkonfessioneller kaum sein könnte. Eins wird dabei klar: Es eint uns deutlich mehr, als uns trennt. durchg. farb. illustriert, geb. ISBN 978-3-7022-3919-0 32 Seiten, € 16.95

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– Klassiker – neu entdeckt

Gretchen

Sackmeister, woke Text: Erich Klein Illustration: Katharina Klein

CHRISTINE NÖSTLINGER (1936–2018): „BES ODER BLED? WAUNI DES WISSN DED …“ Es war einmal ein kleines Mädchen. Es hieß Frie­ derike. Es hatte sonderbare Haare. Und weil die feuerrote und ziemlich dicke Friederike von den anderen Kindern ständig gemobbt wird, müs­ sen geheimste Kräfte mobilisiert werden. Die alte Katze namens Kater beginnt zu sprechen und drängt Tante An­ natante zu verraten, wie sie selbst einst mit ihrem An­ derssein umging. Der Zauberspruch der Tante zeigt Wirkung: „Rota­ rotagingingin feia­ brenntinottakring“, sagt Friederike und die Quälgeister zischen ab. Das ist nur der Anfang von Christine Nöstlin­ gers erstem, an freund­ licher Fantastik kaum zu übertreffendem Buch „Die feuerrote Friederike“ aus dem Jahr 1970. Klar ist: Über derart wundersame Kräfte verfügen nur ­Bücher, wie sie die Nöstlinger schrieb! Eigentlich hatte die 1936 in Wien-Hernals als Tochter einer Kindergärtnerin und eines Uhrma­ chers geborene Nöstlinger „Gebrauchsgrafik“ an der „Angewandten“, der heutigen Universität für angewandte Kunst, studiert. Nach dem Erfolg ihres Debüts entstanden zirka einhundertfünfzig weite­ re Bücher für Kinder- und Jugendliche. Die „EinMann-Buchstabenfabrik“, wie sie sich selbst einmal bezeichnete, aufgrund ihrer sozialdemokratischen Sozialisation immer schon politisch hellwach, stell­ te Außenseiterinnen und das Remedium Aufmüp­ figkeit ins Zentrum ihrer Geschichten. Zu ihren bekanntesten Figuren wurden Gret­ chen Sackmeister, deren Aufwachsen sie in gleich

drei Bände verfolgte, Rosa Riedl, Franz Frösl oder zuletzt Dani Sachs. Eine von Nöstlingers (auch ver­ legerisch) größten Erfolgen, „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“, geriet vor einigen Jahren in die Dis­ kussion wegen Verwendung des N-Worts, das sie nicht gestrichen, sondern anmerkend erklärt wis­ sen wollte, und der zufälligen Namenswahl „Kumi Ori“ für den Protagonisten, der nur durch Miss­ interpretation Antisemitismus zu unterstellen ist. War es doch gerade Christine Nöstlinger, die als eine der ersten deutschsprachigen Jugendbuch­ autorinnen in ihrem autobiografischen Roman „Maikäfer, flieg“ (1973) mit dem bezeichnenden Untertitel „Mein Vater, das Kriegsende, Cohn und ich“ ihre Erfahrungen und Erinnerungen an Natio­ nalsozialismus und Kriegs­ ende reflektierte. Der Nachfolgeband „Zwei Wochen im Mai“ (1981) schildert die unmittelbare Nach­ kriegszeit. Nöstlin­ gers Erinnerungen „Glück ist was für Augenblicke“ (2013) schlagen den großen Bogen von den Groß­ eltern im Ersten Welt­ krieg bis in die 2000erJahre. Christine Nöstlinger schrieb Kolumnen für Tageszei­ tungen, sie erfand den Ö3-Radiofreak „Dschi Dsche-i Wischer Dschunior“. Viel zu wenig bekannt sind ihre Dialektgedichte für Erwachse­ ne in drei Bänden: „Iba de gaunz oaman Kinda“ (1974), „Iba de gaunz oaman Fraun“ (1982) und „Iba de gaunz oaman Mauna“ (1987). Diesbe­ züglich Abhilfe schafft der posthum erschienene schmale Gedichtband „Ned, dasi ned gean do wa­ rat“ (2019). Kurz gesagt: „I frog mi imma: Wos is schlimma. Bes oder bled? Wauni des wissn ded, warat i ned so danem in dem Scheislem. D Besn liagn dauand d Leid au, de Bledn glaum jedsmoi drau. D Besn woin fiad Oabeid nix zoin, d Bledn lossn sis seifzad gfoin. D Besn haums Finga in jeda Gaunarei, de Bledn glaum, des muas so sei.“

Ausstellung Im Karikaturenmuseum Krems sind ab 14. November unter dem Titel „CHRISTINE NÖSTLINGER UND IHRE BUCHSTABENFABRIK“ Nöstlingers eigene originale Buch-Illustrationen und die Arbeiten ihrer Töchter zu sehen. Christine Nöstlinger und ihre Buchstabenfabrik – Karikaturmuseum

ChristineNöstlinger-Preis: Die Verleihung des im April 2021 erstmals vergebenen Christine-Nöstlinger-Preises für Kinder- und Jugend­ literatur an Michael Roher ­f indet im Rahmen der Buch Wien am 10.  November statt.

Bücher von Christine Nöst­ linger im Residenz Verlag: Glück ist was für Augen­ blicke: Erinnerungen Ned, dasi ned gean do warat. Gedichte Christine Nöstlinger, Michael Köhlmeier, Gerald Votava, Barbara Wald­ schütz. Residenz Verlag

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– Leipziger Buchmesse –

„Der Möglichkeitssinn Robert Musils ist überlebensnotwendig“ Wichtige Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Österreichs Auftritt als Gastland auf der Leipziger Buchmesse

FOTO: ARNOLD PÖSCHL

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atja Gasser ist die künstlerische Leiterin des Gastlandauftritts Österreichs auf der Leipziger Buchmesse 2023. Wir wollen hier ihre Ideen und Pläne regelmäßig vorstellen: Frau Gasser, Sie übernehmen Ihre Aufgabe von Mirjam Unger – setzen Sie andere Schwerpunkte? Katja Gasser – Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei Mirjam Ungar für die Vorarbeiten bedanken, die mir in der jetzigen Phase eine große Hilfe sind. Was jedenfalls unverändert bleibt: der Wunsch danach, die Literatur in unserem Land in ihrer ganzen formalen und inhaltlichen Vielfalt zu zeigen. Woran mir gelegen ist: Dass wir uns in Leipzig mit großer Selbstverständlichkeit als mehrsprachiges und multikulturelles Land präsentieren. Ein Umstand, der in der Literatur dieses Landes – ganz klar – Spuren hinterlässt. Und: herauszuarbeiten, dass Österreichs literarisches Selbstverständnis ein mit der literarischen Avantgarde und damit mit einer langen

und reichen Tradition an sprachkritischen, experimentellen Ansätzen eng verbundenes ist. Worauf kommt es Ihnen im Programm an? Gasser – Die Diversität unabhängig von sogenannten Marktbedürfnissen radikal ernst zu nehmen und sie sichtbar zu machen in unterschiedlichsten Formen. Mir ist es wichtig, dass wir diesen Schwerpunkt nachhaltig anlegen und nicht allein eventbezogen. Die viel beschworene „Kulturnation Österreich“ soll nach dem Leipziger Auftritt 23 als progressive, offene, großzügige, nicht rechthaberische europäische Schule des Denkens in Erinnerung bleiben. Das wäre schön.

Katja Gasser, ORF-Journalistin

Wie lässt sich „österreichische Literatur“ verstehen? Gasser – Es gibt unzählige literaturwissen-

schaftliche Abhandlungen zu dieser Frage. Fest steht: Die Experimentierfreude, die sprachkritische Tradition ist in der Literatur Österreichs besonders stark verwurzelt. Grundsätzlich aber bin ich der Meinung, dass man jedes nationale Konstrukt – auf welcher Ebene es sich auch zu realisieren versucht – kritisch befragen sollte. Überhaupt erachte ich die Frage, wer wir sein wollen, für gewichtiger als die, wer wir sind. Wer weiß das schon? Der Möglichkeitssinn Robert Musils ist überlebensnotwendig. Was wäre ein typisch österreichisches Gegenwartsbuch? Gasser – Alois Hotschnigs „Der Silberfuchs meiner Mutter“: Der Text zeichnet sich durch ungeheure formale wie inhaltliche Präzision aus: Sprachkritik, Autoreflexivität, hohe Erzählkunst und gesellschaftspolitische Brisanz greifen hier so ineinander, dass man lesend ins Denken und Empfinden stürzt.

Ein gutes Buch gewinnt in Zeiten wie diesen wieder an Bedeutung. Nur der Vertriebsweg ist neu. Qualitative Bücherverpackungen bei Pressel.

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Buchhandlung Plautz

Text: Elisabeth Krenn-Stuppnig Foto: beigestellt

„Wir haben die Krise als Chance genutzt, um neue Strategien zu entwickeln und unsere Kunden noch besser kennenzulernen“

Claus Schwarz E

in nostalgisches Bild: Die SchwarzWeiß-Aufnahme zeigt einen Mann auf einem Fahrrad. Stolz und beschwingt liefert er einen Stapel Zeitungen aus. Der Mann ist Karl Plautz, Großvater von Claus Schwarz und Gründer der gleichnamigen Gleisdorfer Buchhandlung. Seit 2015 ist Schwarz Inhaber des Geschäfts und tat es während der Lockdowns seinem Großvater gleich: Er schwang sich aufs Rad und belieferte seine Stammkunden persönlich. „Wissen Sie, wir haben die Krise als Chance genutzt, um neue Strategien zu entwickeln und unsere Kunden noch besser kennenzulernen.“ Claus Schwarz hat nicht nur persönlich zugestellt, sondern auch eine kontaktlose Abholstation eingerichtet. Viele seiner Kund*innen wurden im Onlineshop fündig, den er mit seinem Team Ende 2019 „mit viel Engagement“ eingerichtet hat. Schwarz wurde der Beruf des Buchhändlers in die Wiege gelegt. Schon als kleiner Bub, erinnert er sich, begleitete er seine Mutter in die Buchhandlung, die damals von seiner Tante Helga Plautz geführt wurde. „Meine Mutter nahm mich jeden Tag vor Schulbeginn mit. Ich durfte in der Buchhandlung Prospekte stempeln oder Zeitschriften ord-

nen. Mit zwölf Jahren habe ich zugestellt und so mein erstes Taschengeld verdient.“ Eines war ihm klar: Er wollte es Tante und Mutter gleichtun und in den Buchhandel. „Vor allem das Organisieren lag mir“, sagt Schwarz, der mit 17 Jahren als Verkäufer in die Buchhandlung einstieg und sich nebenbei als Leiter des örtlichen Schachclubs in die erste Bundesliga spielte. Vor dem Schachbrett sitzt Schwarz heute nicht mehr. „Nach acht bis zehn Stunden täglicher Schreib­ tischarbeit brauche ich etwas Bewegung beim Wandern oder Nordic Walken“, sagt er. Das Denken der Schachspieler kommt Schwarz aber auch heute noch zugute. „Wie beim Schach geht es auch beim Wirtschaften darum, kreativ zu denken, zu strukturieren und Pläne zu verwirklichen.“ Und die sehen folgendermaßen aus: „Ich möchte den Kontakt mit den Bibliotheken ausbauen und mich als Kulturinstitution

Buchhandlung Plautz Sparkassenplatz 2 8200 Gleisdorf

noch stärker positionieren.“ Angekündigt sind im Herbst etwa Lesungen mit Erwin Steinhauer und Bernhard Aichner. Am Sortiment seiner Buchhandlung, die 2017 den Buchhandelspreis gewonnen hat, möchte Schwarz nichts ändern. Vor allem auf das Kinder- und Jugendbuch sowie auf Belletristik und hochwertige Geschenkartikel spezialisiert, soll das Geschäft auch weiterhin gut und breit sortiert bleiben. Schwarz setzt dabei auf die Expertise seiner Buchhändler*innen, die auf Buchmessen einkaufen und das Sortiment teilweise selbst zusammenstellen. Die insgesamt 19 Mitarbeiter*innen scheinen sich wohlzufühlen. „Wir feiern jetzt das 25-jährige Dienstjubiläum einer Mitarbeiterin, eine andere war 45 Jahre bis zu ihrer Pension bei mir.“ Was macht er, um die Stimmung zu halten? „Ich habe eine tolle Verkaufsleiterin, Petra Schaller, die das Verkaufsteam umsichtig und liebevoll lenkt, und mit Gerald Almer einen tüchtigen Büroleiter für das Team in der Administration/Warenübernahme und Schulbuch“, sagt er bescheiden. Claus Schwarz selbst setzt auf Vertrauen und Motivation. Der mit 10.000 Euro dotierte Buchhandelspreis etwa wurde in einen Firmenausflug nach Triest investiert. „Das war schließlich unser aller Sieg.“

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Marketing Kinderbuch, Tyrolia Verlag

Tina Reiter W

illi Virus ist ein illustrierter Schnupfenvirus, der Kinder auf die Reise durch den menschlichen Körper begleitet. Zu einem passenderen Zeitpunkt kann ein Titel kaum erscheinen, oder? „Das Buch ist allerdings schon seit 2015 im Programm des Tyrolia Verlags. Mittlerweile sind wir, anlassbedingt, sogar schon in der vierten Auflage, so groß war das Interesse“, sagt Tina Reiter vom Tyrolia Verlag stolz. „Dieses Buch ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich viele unserer Titel über Themen verkaufen und sich zu Longsellern entwickeln. Dass sich Bücher durch Vermittlung und Auszeichnungen langfristig gut verkaufen können und nicht nur der Erstverkauf zählt  – das ist durchaus ein Charakteristikum für unser Segment im Kinder- und Jugendbuchmarkt“, erklärt Reiter. Die Germanistin und Publizistin ist für Öffentlichkeitsarbeit und Kooperationen im Kinderbuchbereich des Verlags zuständig und brennt für ihren Job. Das spürt man bei jedem Satz, den sie sagt. „Ich war schon immer Fan des Tyrolia-Programms, hier zu arbeiten ist für mich ein Riesengeschenk.“ Bevor Reiter sich dem Buch und speziell dem Kinderbuch widmete, arbeitete sie als Journalistin. Den Umschwung brachte ein Aufenthalt in Nicaragua. Über ein Jahr arbeitete sie dort im Bereich der Lese- und Literaturförderung sowie in der Literaturvermittlung. Sie leitete eine Bibliothek und fuhr mit dem Bücherbus Bertolt Brecht unter anderem in Gefängnisse, wo sie Insassen mit Lesematerial versorgte. „Ich erlebte hautnah, was Bücher für die seelische Gesundheit und das Menschsein bedeuten. In der Fantasie sind alle frei. Das war sehr prägend für mich.“ Zurück in Wien war ihr klar: In den Journalismus wollte sie nicht zurück. Ihr Weg führte sie zunächst in den Büchereiverband, dann zur Leseförderungsorganisation Zeit.Punkt.Lesen. Als sie von der offenen Stelle im Tyrolia Verlag erfuhr, bewarb sie sich. Seit 2017 betreut sie gemeinsam mit Katrin Feiner vom Wiener Stephansplatz aus das Kinder- und Jugendbuchprogramm des Verlags, in dem jährlich zehn bis 15 Titel

Text: Lisa Schöttel Foto: Nini Tschavoll

„Ich erlebte hautnah, was Bücher für die seelische Gesundheit und das Menschsein bedeuten. In der Fantasie sind alle frei. Das war sehr prägend für mich“ erscheinen – vom Bilderbuch bis zum Jugendroman. „Als einziger Verlag in Österreich bieten wir auch ein umfangreiches und qualitätvolles Pappbilderbuchprogramm“, ist Reiter wichtig zu betonen. Denn man könne nicht früh genug mit Leseförderung starten  – am wichtigsten sei das Vor- und Miteinanderlesen in der Familie, denn wie zahlreiche Studien zeigen, werde hier der Grundstein für Lesekompetenz, aber vor allem für die Lesefreude und die positive Beziehung zu Büchern gelegt. In Kindergärten und Schulen könne dann ganz anders darauf aufgebaut werden. In Tina Reiters Zuhause im 23. Wiener

Gemeindebezirk wird täglich vorgelesen. „Unsere Wohnung ist voll mit Büchern. Ich muss zugeben, ich lasse einiges von meinem Gehalt in unserer Wiener Filiale“, sagt sie schmunzelnd. Was macht in ihren Augen ein gutes Kinderbuch aus? „Angenehme Haptik, stimmiges Layout, kitschfreie Illustrationen, und auch für die Jüngsten muss die Geschichte eine Wertigkeit haben.“ Erst kürzlich wurde Reiter zur Vorsitzenden der ARGE Kinder- und Jugendbuchverlage ernannt. Per 1. Jänner 2022 folgt sie damit Hildegard Gärtner vom Jungbrunnen Verlag nach. Auf diese zusätzliche Tätigkeit freut sich Reiter ganz besonders: „Die Arbeitsgemeinschaft ist eine wunderbare Einrichtung. Hier herrscht ein wertschätzender und konkurrenzloser Austausch. Wir kämpfen alle für dasselbe, für die Wahrnehmung österreichischer Kinder- und Jugendliteratur.“ Es gebe nämlich durchaus Gemeinsames in der heimischen Produktion, meint Reiter – z. B. Autor*innen mit feinem, oftmals schwarzem Humor und Illustrator*innen, die „mutig sind, neu zu denken“. Tyrolia Verlag Filiale Wien Stephansplatz 5, 1010 Wien

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– HVB-Mitglieder im Porträt – G&G Verlag, Ueberreuter Verlagsgruppe

Georg Glöckler Text: Lisa Schöttel Foto: Georg Wilke

„Ich hatte schon immer ein besonderes Gespür für Zahlen. Sie sprechen zu mir“

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ie große Liebe zu Büchern und Zahlen entdeckte Georg Glöckler sehr früh. Als zweitältester Sohn einer Unternehmerfamilie kam er schon als junger Mensch mit der Buchbranche in Berührung. Neben dem Schulbuchverlag hpt umfassten die Geschäftsgebiete der Familie auch eine Druckerei und eine Buchbinderei. Nach seiner Lehre als Flachdrucker stieg Glöckler in den Familienbetrieb ein und baute 1983 zusammen mit seinem Bruder die Buchbinderei Brüder Glöckler auf. Ein paar Jahre später übernahm er die Leitung der Auslieferung und des Rechnungswesens des hpt Verlags. Nebenbei schloss er eine Ausbildung zum Buchhalter am Wifi ab. „Ich hatte schon immer ein besonderes Gespür für Zahlen. Sie sprechen zu mir“, erklärt Glöckler seine Freude am Unternehmertum. Der nächste Karrieresprung wartete 1996, als Glöckler die Leitung des hpt-breitschopf Verlags antrat. Sein „erster Berührungspunkt“ mit dem Kinderbuch, erzählt er. Der Verlag hatte mit Thomas Brezina die Stimme der österreichischen Jugendliteratur an Bord und konnte sich so an hohen Verkaufszahlen erfreuen. Als 1998 der Verlag aufgelöst wurde, entschied sich Glöckler entgegen allen Ratschlägen der Branche, im Kinderbuchsektor weiterzumachen, und gründete 1998 den G&G Verlag. Die ersten Jahre waren ­herausfordernd. „Verwöhnt von den

hohen Umsätzen eines Thomas Brezina, wurden wir schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt“, so Georg Glöckler über die Anfangsjahre. Der Verkauf der Auslieferungshallen verschaffte ihm finanziellen Spielraum, und so gelang es ihm, den G&G Verlag als größten Kinder- und Jugendbuchverlag Österreichs zu etablieren. Ein weiterer Coup gelang ihm mit dem Ankauf des Ueberreuter Kinder- und Jugendbuch Verlags, der Bilderbuchmarke Annette Betz und des Sachbuchverlags Carl Ueberreuter. „Wir versuchten, aus dem verstaubten Image des Verlags eine moderne Marke zu machen.“ Dieser „Turnaround“ ist

G&G Verlag Ueberreuter Verlagsgruppe

www.ggverlag.at www.ueberreuter.de

ihm gelungen. Trotz des neuen Standorts in Deutschland räumt Glöckler dem österreichischen Kinderbuch einen sehr wichtigen Platz ein und ergänzte zudem 2015 mit dem Kauf der Marke Nilpferd den G&G Verlag mit dem künstlerischen Kinderbuch. Mittlerweile ist die Glöckler-Gruppe unter den Top 100 der deutschsprachigen Verlage. Mit einem großen Unternehmen wie der Glöckler-Gruppe stehe man immer wieder vor neuen Herausforderungen. Das aktuelle Problem der Papierknappheit beschäftigt auch Georg Glöckler. Er spricht sich für eine lokale Produktion aus und hofft in der Zukunft, die Lizenzverlage davon zu überzeugen, ihre Produktion nach Europa zu verlegen. Neben der Nachhaltigkeit ist auch die Digitalisierung eines der Schlagwörter der Zukunft. Wer sich dieser Fragen zukünftig annimmt und das Erbe der Glöckler-Gruppe antritt, ist schon geklärt. „Die Firma bleibt in Familienbesitz“, so Glöckler. Tochter Gisela steht schon in den Startlöchern und wird das Unternehmen in ein paar Jahren übernehmen.

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– Schwerpunkt – Glaube, Ethik & Philosophie

Von der Pflicht, der Einsamkeit und der Lust in Ewigkeit Angelika Tulacs von der Buchhandlung Moser

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„Die Menschen brauchen jetzt neue Orientierungshilfen – da hilft die Philosophie“ Angelika Tulacs

was die Pflicht des Fürsorge- und Vorsorgestaates gegenüber seinen Bürger*innen ist und welche diese haben. Der Pandemie und der Religion widmet sich auch Bestseller­ autor Marco Politi, der in seinem Buch „Im Auge des Sturms. Franziskus, die Pest und die Heilung der Welt“ (Herder) die Chancen des Papsts in der Pandemie analysiert. Eine neue Sicht auf die Geschichte der Philosophie findet sich in „Die Ermordung des Professor Schlick“ (C.H. Beck) von David ­Edmonds, der sich mit dem Wiener Kreis rund um den Philosophen Moritz Schlick beschäftigt. Er stellt die geistige Welt dieser Gruppe vor und verknüpft sie mit der Stadt Wien im Schatten der ökonomischen Krise und des Aufstiegs der Nationalsozialisten. „Ein brillantes Buch“, findet Angelika Tulacs. Den zentralen Fragen des menschlichen Lebens nähert sich Konrad Paul Liessmann in „Alle Lust will Ewigkeit. Mitternächtliche Versuchungen“ (Zsolnay Verlag). Der Philosoph holt zwölf zentrale Fragen aus Nietzsches „Zarathustra“ in die Gegenwart. Liessmann zeigt, welche zentrale Dimension dieser Text für unser politisches und kulturelles Selbstverständnis darstellt, und führt sie auf provozierende Weise in unsere Gegenwart und in unser Leben weiter. Insgesamt merke man, dass der Umbruch in der Gesellschaft auch in den Neuerscheinungen aufgegriffen wird. „Die Menschen brauchen jetzt neue Orientierungshilfen – da hilft die Philosophie“, so Tulacs. Auch für das physische Literaturerlebnis sorgt die Buchhandlung Moser. „Im Herbst werden wieder viele Autor*innen ihre Bücher vorstellen und daraus lesen.“ Damit lassen sich die Fragen, die Autor*innen in ihren Büchern aufwerfen, mit ihnen diskutieren.

F O T O : B E I G E S T E L LT

it mehr als 75.000 Titeln bietet die Buchhandlung Moser das umfangreichste Sortiment in Graz. Drei Etagen voller Bücher warten auf lesebegeisterte Kund*innen. „Der Moser“ ist eine Institution in Graz. Seit 17 Jahren arbeitet ­Angelika Tulacs in der Buchhandlung und betreut die Bereiche Medizin, Recht, Psychologie, Philosophie, Naturwissenschaft, Lebenshilfe, Soziologie und Esoterik. Für die Sortimentsauswahl holt sie sich Inspiration bei den Kolleg*innen. „Das ist der Vorteil einer großen Buchhandlung. Es gibt bei uns Buchhändler*innen, die auf unterschiedliche Themen spezialisiert sind. So können wir auf viel Know-how zurückgreifen und unsere Kund*innen perfekt beraten“, sagt sie. In der Sektion Glaube, Ethik und Philosophie sieht sie in diesen Zeiten der Veränderung verstärkt den Trend zu Büchern, die praktische Hilfestellungen geben, aber auch aktuelle Fragen in einen philosophischen Kontext stellen. Die Frage nach dem Alleinsein hat sich im letzten Jahr in unser Alltagsleben gedrängt. Rüdiger Safranski nähert sich in seinem neuen Buch „Einzeln sein“ (Hanser) der Frage, wie weit wir es ertragen, Einzelne zu sein. Mit unterschiedlichen philosophischen Ansätzen macht er sich Gedanken zu den beiden Polen unserer Existenz: dem Individuum und der Gemeinschaft. Ein sehr aktuell gewordenes Thema ist auch die Frage nach der Pflicht. „Vor allem in Bezug auf Diskussionen über die Impfpflicht stellen sich Fragen nach der Freiheit und den gesellschaftlichen Pflichten“, so Tulacs. Dazu empfiehlt sie das Buch von Richard David Precht, „Von der Pflicht“ (Goldmann), der in der Zeit von Covid-19 dazu anregt, darüber nachzudenken,

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– Schwerpunkt – Glaube, Ethik & Philosophie

Spirituelle Orientierungshilfen und christliche Mystik Gerhard Bauer von facultas Dombuchhandlung, Stephansplatz, Wien

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„Neue Bücher liefern universelle Anstöße, um Vertrauen, Gelassenheit und innere Weisheit zu erlangen“ Gerhard Bauer

es Dasein zu erreichen. „Orientierung finden“ (Tyrolia) von David Steindl-Rast biete ebenfalls einen interessanten Ansatz. Der 95-jährige Wiener ist Benediktiner, lebt in den USA und hat buddhistische Elemente in die eigene Spiritualität übernommen. Er widmet sein Leben und Schreiben dem Gespräch zwischen den Religionen und dem Entdecken einer gemeinsamen Weisheit. Auch die Mystik rücke, laut Bauer, immer mehr ins Zentrum des Interesses. Volker Leppin erzählt in seinem Buch „Ruhen in Gott“ (C.H. Beck) die Geschichte der christlichen Mystik und zeigt, wie wichtig diese für das Überleben des Christentums in der Moderne ist. „Der Christ der Zukunft ist ein Mystiker“, zitiert Gerhard Bauer den Theologen Karl Rahner. In diesem Zusammenhang empfiehlt er das Buch „Öffne deine Augen. Jeder kann Mystiker werden“ (Verlag Herder) von Nother Wolf, einem katholischen Abt, und Corinna Mühlstedt, einer evangelischen Journalistin. Beide sind überzeugt davon, dass die Mystik ein entsprechender Zugang zur Spiritualität für alle Gläubigen sein kann. Auf den sieben Schritten, die dem Weg der mystischen Erkenntnis entsprechen, laden sie die Leserschaft ein, diesen Weg auch in ihrem eigenen Leben zu finden. Insgesamt bietet die Auswahl der Bücher verschiedene Entwürfe, die einerseits aus der Tradition des Christentums schöpfen, diese aber mit der heutigen Lebenswelt moderner Menschen verbinden. Nach wie vor, so Bauer, sei die Frage nach dem guten Leben eine zentrale. Neue Bücher liefern universelle Anstöße, um Vertrauen, Gelassenheit und innere Weisheit zu erlangen.

F OTO:ST E FA N K N I T T E L

itten im Herzen Wiens bietet die facultas Dombuchhandlung eine reiche Auswahl an Kinder- und Jugendliteratur sowie an Romanen und Sachbüchern mit Fokus auf Religion und Spiritualität. ­Gerhard Bauer, Leiter der Dombuchhandlung, bemerkt ein verstärktes Interesse nach Orientierungshilfen, um einen Weg zur eigenen Spiritualität zu finden. „Wie komme ich zu einem Leben, das mir entspricht? Mit dieser Frage beschäftigen sich viele Autor*innen in den neu erschienenen Büchern“, sagt Bauer. Einer der Schriftsteller, die sich schon seit Jahren auf christliche Spiritualität im Alltag spezialisiert haben, ist der Benediktinermönch Anselm Grün. Sein neues Buch „Inseln im Alltag. Benediktinische Exerzitien“ (Vier-TürmeVerlag) lädt dazu ein, das Göttliche im Alltag zu finden. Mit kurzen Auslegungen und Meditationen die eigene Spiritualität jeden Tag zu entdecken und zu üben, dieser Aufgabe widmet sich auch der katholische Moraltheologe Matthias Beck, der in seinem Buch „Gott finden – wie geht das?“ (Styria Verlag) nicht die Kirche in das Zentrum des Christentums stellt, sondern sich der persönlichen Suche des Menschen nach Gott widmet. Diese Suche nach der eigenen Spiritualität bildet, so Bauer, den zentralen Aspekt des Buches. „Es geht immer um das eigene Leben. Matthias Beck zeigt auf, wie sich Gott in den kleinen und großen Dingen des Lebens finden lässt.“ Eine weitere Empfehlung ist Melanie Wolfers neues Buch „Trau dich – es ist dein Leben“, das im bene! Verlag erschienen ist. Die Theologin und Seelsorgerin beschreibt spirituelle Wege, um ein mutiges, angstfrei-

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Gott bedarf unserer So dachte der kirchenkritische Priester und Autor Adolf Holl zu seinen Lebzeiten. Was er sonst noch dachte, findet sich in der zwölfbändigen Gesamtausgabe seiner Werke, deren erster Band gerade im Residenz Verlag erschienen ist. Das Gespräch wurde vor Holls Tod und nicht im Himmel geführt

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dolf Holl war Theologe, Schriftsteller und Fernsehmoderator. 1954 zum Priester geweiht, brachte ihn das Buch „Jesus in schlechter Gesellschaft“ 1971 in Konflikt mit der Kirchenobrigkeit. Nach Entzug der Lehrbefugnis wurde Holl 1976 auch vom Priesteramt suspendiert. Er verfasste zwei Dutzend Bücher, darunter Klassiker wie „Mystik für Anfänger“ (1977), „Die linke Hand Gottes. Biographie des Heiligen Geistes“ (1997) oder „Braunau am Ganges“ (2015). Mit „Jesus in schlechter Gesellschaft“ eröffnet der Residenz Verlag jetzt seine zwölfbändige Holl-Ausgabe. Das Gespräch wurde einige Jahre vor Holls Tod 2020 geführt.

ren Rede ging es um die Theologie der Kommunikation, dafür durfte ich nach Amerika fahren. Das Jesus-Buch, in dem ich schrieb, die katholische Kirche könne sich nicht auf den Willen Christi berufen, war ihm zuwider. Eine Kommission im Jahre 1971 befand das Buch für „kaum noch katholisch“, eine zweite sagte, es sei „gerade noch katholisch“. 1973 erhielt ich trotzdem ein Schreiben, dass ich nicht mehr predigen und an der Universität Vorlesungen halten darf. Die zuständige Ministerin meinte, es tue ihr leid, aber das Konkordat halte eisern. Deshalb müsse sie mich von den Vorlesungen an der Fakultät für Katholische Theologie suspendieren.

Herr Holl, Sie gerieten in Konflikt mit der ­Kirchenobrigkeit – wie kam es dazu? Adolf Holl – Ich bin nie aus der Kirche ausgetreten, gehöre noch immer dem Klerus der Erzdiözese Wien an, bin dort auch nach wie vor krankenversichert. 1973 wurde mir die kirchliche Lehrbefugnis entzogen, 1976 folgte das Verbot, die Messe zu lesen. Ich bin nach wie vor Priester und fühle mich als amtsbehinderter Kleriker sehr wohl. Der Konflikt begann mit meinen Sonntagspredigten als Kaplan der Pfarre Neulerchenfeld in Ottakring. Am Ende der Predigt folgt das „Amen“, die Leute sagen „Vergelt’s Gott.“ Ich begann die Sache kritisch zu beleuchten, predigte immer wieder über das Johannesevangelium und sagte den Leuten, Jesus war gegen die Familie, gegen die Obrigkeit, die Behörden und die Priesterschaft. Die Leute antworteten trotzdem mit: „Vergelt’s Gott.“ Als ich dasselbe in einem Buch schrieb und „Jesus in schlechter Gesellschaft“ 1971 zu einem Besteller wurde, begannen die Behörden, nervös zu werden. Kardinal König setzte zwei Kommissionen ein.

Damals wurde doch Eintracht zwischen Rot und Schwarz gepredigt! Holl – Was die damalige Eintracht betraf – ja, es gab die „Mariazeller Erklärung“ der österreichischen Bischöfe, in der man sich für Äquidistanz als Grundlage im Verhältnis von Kirche und Parteien aussprach. Wir werden den Leuten nicht mehr sagen, ihr müsst Schwarz wählen, hieß es. Kreisky und König schüttelten einander die Hände, und König wurde wegen eines Auftritts vor der Gewerkschaft als „roter Kardinal“ beschimpft. Ich habe aber als Kaplan in sogenannten Arbeiterbezirken, 1953 bis 1959 in Favoriten und 1959 bis 1965 in Ottakring, von all dem nichts bemerkt. Die Leute strömten nicht in die Kirche, sondern machten weiterhin das, was man am Sonntag tut – Bier trinken oder einen Ausflug machen. Ich muss schmunzeln, wenn ich da­ ran denke, dass ich in der allgemeinen Versöhnungsbereitschaft mit meinem Buch zu einem Störenfried wurde. Kardinal König legte mir nahe, ein „klärendes Nachwort“ zu schreiben, wogegen ich natürlich bockig meinte, man solle mich widerlegen. Das geschah nebenbei in ziemlich entspannter Atmosphäre in einem Gespräch mit Prälat Ungar und Pater Zeininger, der von den Hitlerschergen zum Tod verurteilt worden war. Kardinal König fragte, wie ich eine Messe lesen wolle, wenn Jesus das nicht gewollt hat. Ich erklärte ihm meine Sicht der Dinge, worauf er meinte, ich müsste eine

Wie war Ihr Verhältnis zu Kardinal König? Holl – Ich habe immerhin zwei Reden für ihn geschrieben: die Rede vor den Nobelpreisträgern in Lindau, die ein Jahr später auf Russisch abgedruckt und von einem sowjetischen Ideologen widerlegt wurde. (lacht) Ich gestehe, darauf bin ich noch heute stolz. In einer ande-

FOTO: REINHARD ÖHNER

Interview: Erich Klein

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Barmherzigkeit neue Kirche gründen, wovon wiederum ich nichts hielt.

Adolf Holl (1930–2020)

Sie wurden 1930 geboren. Können Sie die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beschreiben? Holl – Als ich 1948 die Matura machte, habe ich noch geschwankt, ob ich Journalist oder Priester werden soll. Dem Priestertum hatte ich mich im Mühlviertel genähert, wohin ich während des Krieges evakuiert worden war. Es war langweilig dort, der Pfarrer fragte mich, ob ich ministrieren wolle. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, all das Rituelle hat mich bezaubert, das Gewand, der Weihrauch, die geflüsterten Worte während der heiligen Wandlung, wenn aus einer Oblate Gott wird. Ich verstand zwar nicht genau, was, aber es passierte dabei etwas Unglaubliches. Ich wollte das auch können und tun dürfen. Aus heutiger Sicht: Ich wollte zaubern dürfen. Ab 1945 ging ich fleißig in die Kirche, hatte meine Tätigkeit als „Jungzugführer“ ad acta gelegt, obwohl mir gerade diese Karriere später nützlich wurde: Eine Kommandostimme war in der Katholischen Jugend wie in der Schule gut. 1948 trat ich ins Priesterseminar ein. Damals besaß die katholische Kirche großen Elan – wir haben gesungen, Fackelzüge gemacht, die Fahnen sind geflattert, Abzeichen wurden getragen und Versprechen abgelegt. Das klang ungefähr so: „Wir sind bereit / Rufen es weit / Gott ist der Herr / einer neuen Zeit.“ Es gab die katholische Landjugend, die Mittelschuljugend, die Arbeiterjugend, „Sehen – Urteilen – Handeln“ war die Losung, später der Grundsatz der Befreiungstheologie. Im Seminar in der Bolzmanngasse 9 wohnten neunzig Mann, darunter befanden sich Kriegsteilnehmer, auch solche, die in Stalingrad gewesen waren, einer hatte Wasser in den Füßen. Was den Zölibat betraf, so meinten wir, das werden wir schon irgendwie schaffen – das war kein Thema. Wir wollten vor allem, dass in der Kirche etwas weitergeht! In jedem Jahrgang befanden sich zwanzig bis fünfundzwanzig Mann. Wir bestärkten uns gegenseitig, aufgestanden wurde »

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Bücher von und über Adolf Holl (Residenz) Jesus in schlechter Gesellschaft (2021) Das vor fünfzig Jahren

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um sechs Uhr morgens. Wenn wir im Talar über die Währinger Straße gingen und uns die Leute nachschauten – das war uns egal! Wir wussten, dass wir eine Truppe des Herrn sind. In den Jahren der Seelsorge – Kardinal König sprach es immer als „Sällsorge“ mit Umlaut und Doppel-l aus – kam die Ernüchterung.

erstmals erschienene Außenseiter, sanften Revolutionär und Sozialreformer, der Dogmen infrage und seine Moralvorstellungen gegen rigide Machtstrukturen stellt. Kardinal König forderte den aufmüpfigen Kaplan öffentlich auf, sich zu Jesus zu bekennen oder „als Mann die Konsequenzen zu ziehen“. Holl bekannte öffentlich, dass er „an Jesus Christus als Sohn Gottes glaube“. Und schrieb: „Mit der Vergottung ist mithin eine Entfremdung, Entfernung des Stifters geleistet; als jenseitig Distanzierter wird er wohl angebetet, nicht aber ernstlich nachgeahmt.“ Braunau am Ganges (2015) Adolf Holl träumt von

Warum? Holl – Als das Wichtigste galt damals, die Stephanskirche wiederaufzubauen. Zuerst wurde ein Teil wiederhergestellt, dann konnten dort wieder Hochämter abgehalten werden, schließlich kam die Pummerin, und die Stephanskirche war so wie immer. Ich habe mich damals als junger Priester gewundert, dass man so schnell über die Geschehnisse der Hitlerei hinwegturnt. Mir war das schon damals nicht recht – man tat so, als wäre nichts geschehen. Der Stephansdom stand in alter Pracht und Herrlichkeit wieder da. Es wäre weitaus klüger gewesen, wenn man die Stephanskirche gelassen hätte, wie sie im April 1945 war. Es hätte den Leuten hie und da beim Gebet auf den Kopf geregnet, damit sie sich erinnern, dass sie 1938 die Juden mit dem Zahnbürstel das Pflaster hatten säubern lassen. Ich war mit dieser Auffassung relativ allein.

Hitler, der ihm seine Telefonnummer bekannt gibt. Holl sitzt als Mitglied der Hitlerjugend auf einer Parkbank, die für Juden verboten ist. „Hitler steckt uns in der Gurgel“, sagt der streitbare Theologe und Religionssoziologe. Holl besteigt ein Flugzeug nach Indien und sieht dort einen Vogel: „Das ist Hitler.“ Im unverkennbaren Holl-Sound und als thea­ trale Inszenierung innerer Stimmen treffen der Gott Schiwa, der indische Faschist Subhash Chandra Bose auf die Philosophinnen Hannah Arendt und Simone Weil. Harald Klauhs: Holl. Bilanz eines rebelli-

Die Kirche bekam zwar ein Dach, es ging aber bald keiner mehr hinein. Hängt das miteinander zusammen? Holl – Sicher! Man kann dies natürlich auch mit einer langfristigen Entwicklung in ganz Europa seit dem 18. Jahrhundert erklären, auf den Rückgang der bäuerlichen Bevölkerung hinweisen. Damit dürfen sich die Professoren zufriedengeben. Aber warum ging das so rasch? Ich glaube, der dramatische Rückgang an Kirchenbesuchen, an dogmatischer Gläubigkeit, die Frage des Priesternachwuchses, all das hat damit zu tun, dass sich der Katholizismus nicht mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt hat. Dafür ist er bestraft worden – von wem, lassen wir offen.

schen Lebens (2018) Der Theologe Adolf Holl hat durch seine geistreichen, aber nicht kirchenkonformen

Von wem eigentlich? Holl – Wenn wir mit einem Atheisten sprechen: vom Weltgeist. Wenn es kein Atheist ist, sagen wir Gott.

Fragestellungen große Bekanntheit erreicht. Ohne Zweifel verstand sich der ehemalige Priester in der Nachfolge eines „lachenden Christus“, wie der Titel eines späten Holl-Buches lautet. Ein Parforceritt durch die abendländische Geistesgeschichte und zugleich ein Sittenbild der Zweiten Republik.

Was hält Sie noch immer bei der Religion? Holl – Wenn mir zum Thema Religion jemals der Stoff ausgehen sollte, werde ich mich ausschließlich meiner Lebensgefährtin und meinen Katzen widmen. Aber ich sitze, wie Franz Schuh einmal sehr richtig schrieb, in der Religionsfalle. Es handelt sich um eine Obsession, ein Le-

„Die Altlinken wurden nach dem September 2001 ganz schön munter: Auch wenn es grauslich ist, dachten sie, jetzt müssen wir uns mit dem Islam auseinander­ setzen, mit dem christlichen und dem jüdischen Fundamen­­ta­ lismus“ Adolf Holl bensprojekt, wobei ich eigentlich eine andere Metapher bevorzuge: Ich hänge an der Angel, an deren anderem Ende der Herr Jesus sitzt. Ich biss an und komme davon nicht mehr weg. Ein Lyriker wie Celan, der immer wieder mit Gott hadert, interessiert Sie? Holl – Ja. Kürzlich bekam ich von einer Frau aus Tirol, Mitte fünfzig, die drei Kinder großgezogen hat und in einem Altersheim arbeitet, einen langen Brief: Sie meinte, ich müsse ihr nicht antworten, es ginge nur darum, ihr Schreiben zu lesen. Sie erzählte mir, dass sie in ihrer Arbeit auch mit Klosterfrauen zu tun hat, es gab irgendeinen Konflikt, sie ging hinaus, um eine Zigarette zu rauchen, und dabei erinnerte sie sich an den Spruch „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“. Ihr kam plötzlich in den Sinn, dass es dabei nicht, wie allgemein angenommen, darum geht, dass wir zur Barmherzigkeit angeleitet werden, sondern dass Gott unserer

FOTO: RAINER FRIEDL

Buch zeigt Jesus als

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Barmherzigkeit bedarf. Sie erschrak über ihren Gedanken. Ich schrieb ihr zurück, dass dieser Gedanke auch beim Philosophen Hans Jonas zu finden ist, der ihn von einer Jüdin übernommen hat, die Folter durchgemacht und überlebt hatte. Am Schluss hatte sie den Gedanken: Gott bedarf unserer Barmherzigkeit.

Neuerscheinung

Damit sind wir beim Kreuz in der Schule. Soll es dort hängen bleiben? Holl – In meiner Zeit als Kaplan habe ich der Bevölkerung das Aschenkreuz auf die Stirn gemacht. Die Asche sollte aus den verbrannten Palmzweigen vom Vorjahr gewonnen werden. Sie wurde gesiebt, die Leute kamen zur Kommunionsbank, ich machte das Aschenkreuz und sagte dazu: „Du bist von Staub und wirst zu Staube werden.“ Daran knüpft sich die Erinnerung an die Grundlektion, die ein Priester beherrschen muss, bevor er sein Amt antritt, etwas, das nie verbalisiert wird. Du musst die Menschen ständig daran erinnern, dass sie sterben müssen. Dann kommen sie auch gern in die Kirche. Das weiß man als Priester einfach. Es geht immer um den Tod, um das Versagen des Körpers, der einmal schön und begehrenswert war, der Lust empfand, skilaufen ging, er wird einmal welk. Aber, sagt der Priester, die Seele ist wichtig, nicht der Körper. Das gelernt zu haben, gehört nicht zu den wirklich guten Dingen! Auch erfuhr ich, wie glücklich Menschen waren, wenn ich ihnen das Aschenkreuz machte. Merkwürdig, aber sie schauten glücklich drein. Dieses Selige – es war ja auch ein Segen – bekommen sie außer in Form des Leibes des Herrn nicht so oft. Im gesamten Abendland, im ganzen griechisch-römischen Philosophieren, haben wir keinerlei Tradition für eine eingehende und freundliche Auseinandersetzung mit unserer Endlichkeit und Körperlichkeit. Das kommt in dieser Männerphilosophie nicht vor. Das Seelenvöglein, der Geist, das Höhere, all das gibt es, aber nicht den Körper. Warum eigentlich? Er ist eine Terra incognita. Wenn ich den Körper schlecht mache, bin ich ein schlechter Christ, weil ich das Corpus Christi, die Körperlichkeit Gottes, außer Acht lasse. Wir müssen darauf achten, dass der Körper nicht mehr diffamiert wird, er gehört vielmehr angeschaut. Die Kruzifix-Frage ist noch offen … Holl – Damit habe ich mich vor einiger Zeit lächerlich gemacht. Ich wollte mich als einzelne Person, als Schriftsteller, der beim Fenster hinausschaut, gegen die Nekrophilie des Abendlandes und des abendländischen Christentums zur Wehr setzen. Seit den Kreuzzügen schaut es auf den toten Mann am Kreuz und erhofft Erlösung. Das kann doch nicht wahr sein! Die allerersten Christengenerationen dachten im Schlaf nicht daran, den toten Mann am Kreuz anzubeten. Sie haben einen Hermes oder einen Zauberer an die Wand gezeichnet, einmal sogar einen Zauberer mit einem Zauberstab. Dann kam der gute Hirte in den Katakomben, und natürlich Orpheus, der die Seelen aus dem Totenreich holt. Später stößt Jesus auf dem Thron dazu, er bekommt einen Bart, in Ravenna ist er ein Herrscher – aber er denkt nicht daran, am Kreuz zu hängen. Ich spreche von der Gefühlskultur her. Die Germanen stellen ihn aufs Kreuz, das wurde ihnen offenbar eingeredet, aber er schaut noch immer recht zufrieden drein. Er hat ein Stockerl, ein kleines Brett unter den Füßen, ist der sogenannte Vier-Nagel-Christus, der eine

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Kontinent Kinderbuch Karin Haller Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Eine Klasse für sich Heute wird es ein bisserl missionarisch. Der Anlass: Im Programmheft zum aktuellen Wiener Staatsopern„Otello“ ist davon die Rede, dass Kiplings „Kim“ ein „lange Zeit als Jugendroman ­deklassiertes Buch“ sei. Aha. Es ist die Selbstverständlichkeit, mit der Literatur für junge Leser*innen immer noch als ­Literatur zweiter Klasse bezeichnet wird, die mich doch etwas ärgert. Was gegen diese pauschalurteilende Ignoranz helfen könnte? Information. Die Bereitschaft, sich vorurteilsfrei auf Bücher einzulassen, auch wenn sie mit einer Leseempfehlung ab einem bestimmten Alter versehen sind. Manchmal bedeutet „ab zwölf Jahren“, mit der Betonung auf dem kleinen Wörtchen „ab“, dass man den Text auch als 50-Jährige mit großem Vergnügen und Gewinn lesen kann. In dem Zusammenhang darf ich Ihnen den aktuellen Kinderroman von Polly Horvath ans Herz legen. „Marthas Boot“. (Der übrigens von Geistesleben ab elf Jahren empfohlen ist, vom amerikanischen Originalverlag Ferguson ab acht Jahren. So viel nur zum Thema eindeutige Alterseinstufung.) Sie werden diese Figuren lieben und das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollen, ganz egal, wie alt Sie sind. Manche Bücher sind eine Klasse für sich.

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Krone trägt und wie ein Herrscher dreinschaut. Erst seit dem 12. Jahrhundert kommt die Bluttheologie ins Spiel – Bäche an Blut beginnen zu fließen, er hat geschlossene Augen, eigentlich ist er jetzt tot. Man muss traurig sein – Christi Mutter steht in Schmerzen da. Die Kirchen wurden wie in einem Comicstrip ausgemalt: vom Palmsonntag bis zur Kreuzigung, aber man muss lange suchen, bis man einen Auferstandenen sieht. Sie haben in Ihren Büchern immer wieder auf die „liturgische Einbettung“ der Menschen hingewiesen, die in der westlichen Welt mittlerweile verloren gegangen ist. Wie verstehen Sie das wiedererwachte Interesse an Religion? Holl – Ohne Liturgie ist die ganze Religionsdebatte eine Professorengeschichte. Allerdings wurden die Altlinken nach dem September 2001 ganz schön munter: Auch wenn es grauslich ist, dachten sie, jetzt müssen wir uns mit dem Islam auseinandersetzen, mit dem christlichen und dem jüdischen Fundamentalismus. Sie lachen darüber? Holl – Ja sicher, ich darf mich deshalb erheitern, weil all das Leute sind, die in keine Kirche und keine Moschee gehen. Auch die Islamwissenschaftler tun das nicht. Sie sind alle liturgisch abgebrannte Gestalten, gottesdienstlich unerfahren. Sie haben keine Ahnung, was es bedeutet, wenn der Pope sagt: „Chrestos Woskrese“, „Christus ist auferstanden“ – und die Leute antworten: „Wahrlich, er ist auferstanden.“ Sie haben diesbezüglich einen blinden Fleck. Wenn ich zum Beispiel das Glaubensbekenntnis „Ich glaube an den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn …“ auf meinen Schreibtisch lege und mir zu Gemüte führe, bekomme ich ständig Probleme: Ich muss mich fragen, was das denn heißen soll, „geboren aus der Jungfrau Maria“, oder „auferstanden“. Die letzten dreihundert Jahre der abendländischen Geistesgeschichte sind am Schreibtisch und nicht gottesdienstlich passiert. Die Leute haben sich gelangweilt, sie führten lieber Kriege, gingen lieber schwimmen, sie komponierten und malten Bilder – jedenfalls taten sie Dinge, die das Herz leichter machten. Verrichte ich das Glaubensbekenntnis im liturgischen Zusammenhang, dann denke ich nicht mehr an all diese wörtlichen Dinge, das ist ein ganz anderer Habitus als die Einsamkeit des kritischen Intellekts. Nehmen Sie Karl Marx, der in der British Library sitzt und vierzig Jahre an seinem Buch schreibt, und dann verfasst er noch seine Religionskritik. Sein Großvater

war Rabbiner, der Gottesdienste abhielt – oder nehmen Sie Heine, und dasselbe gilt für C. G. Jung, für Sigmund Freud. Für mich sind das alles liturgisch enttäuschte Männer. Robert Musil meinte einmal, das 20. Jahrhundert werde von drei Dinge dominiert: von Gott, dem Sozialismus und Sex. Was wäre Ihre ­Formel? Holl – Ich bekam kürzlich eine Dissertation, in der es um Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes“ geht. Aus Höflichkeit und um meinen Alltag zu erheitern, habe ich das durchgeblättert. Ich kann nicht umhin, derartige Unternehmungen, die ganze Jahrtausende im Handumdrehen auf den Begriff bringen wollen, zu belächeln. Vielleicht ist das eine Alterserscheinung, für mich ist es jedenfalls komisch. Das abgelaufene Jahrhundert, das ich zum Teil erlebt habe, bietet mit den bekannten Ergebnissen jedenfalls keinen Grund zur Heiterkeit. Zum Glück war es, wie der Historiker Eric Hobsbawm meinte, das kürzeste aller Jahrhunderte, und dauert nur von 1914 bis 1989. Die sogenannten großen Erzählungen haben ausgedient, wir stehen heute auf der Bühne wie Clowns, denen die Witze ausgegangen sind. Das Publikum wird unruhig. Wie sollen wir jetzt über uns reden? Früher sprach man von „Altertum“, „Mittelalter“, „Neuzeit“, dann wurde alles schneller, wir sagten „Moderne“, schließlich „Postmoderne“. Was machen wir in den nächsten fünfzig Jahren? Wir könnten zur Abwechslung einmal sagen, wir leben in einer alternden Welt. Das ist eine Anknüpfung an den Heiligen Augustinus – die hatten damals so ein Gefühl. Das ganze Imperium war mit dem Christentum auf den Kopf gestellt worden, das Weltalter erschien als greisenhaft. Gerade in der gegenwärtigen Debatte um die sogenannte Krise fällt mir ein Begriff aus Jacob Burckhardts „Kultur der Renaissance“ ein, der von einer besten und einer sinkenden Zeit sprach. Spenglers Ausdruck „Untergang“ gefällt mir nicht, das ist viel zu pathetisch, und überdies ist sein Blick viel zu adlerartig, er fährt über alles hinweg, weiß immer alles. „Sinkende Zeit“ gefällt mir viel besser, weil es deutlich macht, dass dieses Weltsystem Abnutzungserscheinungen hat. Ich meine damit nicht, dass der höchst robuste Kapitalismus in seinen letzten Zügen liegt, für einen Historiker wäre eine solche Sichtweise lachhaft! Der Kapitalismus ist nach wie vor sehr lebhaft unterwegs, was vielmehr zutrifft, ist der Umstand, dass das Gefühl der Fortschrittlichkeit weltweit im Verblassen begriffen ist. Im Vergleich zu früheren Zeiten leben wir heute möglicherweise schon in einer Nachwelt. «

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– Gewinnspiel Jazz –

FOTO: JOHN BOLGE

Fein im Ohr …

5 x eine Edition-Ö1Jazz-LP zu gewinnen!

1967 trat der bekannte amerikanische Jazzer Dave Brubeck in Wien als Trio auf – was sehr ungewöhnlich war

… aber erst mitspielen! Anlässlich des 25-Jahr-Ö1-Club-Jubiläums verlosen wir diesmal 5 rare Liveaufnahmen des Dave Brubeck Trios aus dem Wiener Konzerthaus von 1967! Aus den Archiven des ORF, auf Vinyl! Am 12. November 1967 gastierte Dave Brubeck im Rahmen der letzten EuropaTournee des Dave Brubeck Quartet in einer unerwarteten Formation in Wien: Gemeinsam mit Kontrabassist Eugene Wright und Schlagzeuger Joe Morello, jedoch ohne den

kranken Saxophonisten Paul Desmond absolvierte er zwei Konzerte im Konzerthaus, wovon eines in einer Aufnahme seither im ORF-Archiv lagert. Dem Wiener Triokonzert kommt der Status eines raren Dokuments zu. Nicht nur handelt es sich um eine der wenigen veröffentlichten Aufnahmen der europäischen Abschiedstournee des Brubeck-Quartetts, der Mitschnitt bietet eine der wenigen Gelegenheiten, Dave Brubeck in klassischer Klaviertrio-Besetzung zu erleben.

DAVE BRUBECK TRIO Live at the Wiener Konzerthaus, 1967 Ö1 Jazz Treasures Dazu unsere Quizfrage: Wie hieß Dave Brubecks größter Hit? 1) Give Five 2) Take Four 3) Take Five Jetzt mitspielen und gewinnen auf:

www.falter.at/anzeiger

Teilnahmeschluss: 15. November 2021

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Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Schriftverkehr, Rechtsweg und Barablöse sind ausgeschlossen. Der Gewinn ist nicht übertragbar oder auszahlbar. Die Gewinner*innen werden schriftlich verständigt. Teilnahmeschluss: 15. November 2021. Datenschutz: Für die Teilnahme am Gewinnspiel ist eine Angabe von personenbezogenen Daten erforderlich. Die Teilnehmer*innen erklären sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die von ihnen übermittelten Daten von der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, für die Durchführung und Abwicklung des Gewinnspiels erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach vollständiger Durchführung des Gewinnspiels umgehend und unwiederbringlich gelöscht.

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– Buchtermine –

Veranstaltungen November 2021 Revolution für das Leben Volkstheater, ArthurSchnitzler-Platz 1, 1070 Wien, 20:00

MONTAG, 1. 11.

Krimifest: Emos Verlag mit Michaela Kastel, Norbert Ruhrhofer, Astrid Sodomka, Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 16:30

DIENSTAG, 16. 11.

Fabio Geda & Enaiatollah Akbari: Im Winter Schnee, nachts Sterne. Geschichte einer Heimkehr Thalia Buchhandlung 1060, Mariahilfer Straße 99, 1060 Wien, 19:00

DIENSTAG, 2. 11.

Krimifest: Servus Krimis mit Lisa Graf-Riemann, Felix Leibrock, Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 18:30

DONNERSTAG, 18. 11.

Sabine Grohs: Dönz. So weit man weiß Villa Lorünser, Zürs 112, 6763 Lech, 19:00

MITTWOCH, 3. 11.

Karl Markovics & OÖ Concert Schrammeln: Der verlogene Heurige und andere Kalamitäten Museum Angerlehner, Ascheter Straße 54, 4600 Thalheim bei Wels, 19:30

FREITAG, 19. 11.

Erika Pluhar: Die Stimme erheben – Über Kultur, Politik und Leben Bettfedernfabrik Oberwaltersdorf, Kulturstraße 1, 2522 Oberwaltersdorf, 18:30 Melibea Obono liest „Wem gehören die ­Bindedee? Ein afrikanisches Idyll“ Haupt­ bücherei/Büchereien Wien, Urban-Loritz-Platz 2a, 1070 Wien, 19:00 Katharina Springer: In Ihren Stiefeln Container 25, Hattendorf 25, 9411 Wolfsberg, 19:30

Erwin Riess: Herr Groll und die Wölfe von Salzburg / Thomas Raab: Helga räumt auf / Heinrich Steinfest: Die Möbel des Teufels / Martin Walker: Französisches Roulette, Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:00 Franz Paul Horn: Über die Grenzen. Wien, Damaskus, Teheran – Drei wahre Geschichten von Reise und Flucht, Kulturhaus EmailWerk, Anton-Windhager-Straße 7, 5201 Seekirchen am Wallersee, 20:00 FREITAG, 5. 11.

Gernot Schönfeldinger: Johannes Erasmus oder Der Wahnsinn hat Familie und die wohnt bei mir G’schamster Diener, Stumpergasse 19, 1060 Wien, 19:00 Bernhard Aichner: Gegenlicht / Manfred Baumann: Salzburgsünde / Romy Hausmann: Marta schläft / Carlo Lucarelli: Der schwärzeste Winter / Jan-Costin Wagner: Sommer bei Nacht, Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:00 SAMSTAG, 6 .11.

Molden / Resetarits / Votava: Es Brojeggd – Der neue Asterix Stadtsaal, Mariahilfer Straße 81, 1060 Wien, 11:00 Finale Literaturbewerb: Schreib.Art Congress Casino Baden, KaiserFranz-Ring 1, 2500 Baden, 17:00 Willibald Feinig: Der Vorübergang, Kirche St. Elisabeth, Plainstraße 42, 5020 Salzburg, 18:30 Marco Pogo: Gschicht’n Tabakfabrik Linz, Ludlgasse 19, 4020 Linz, 20:00 MONTAG, 8.11.

Verleihung des Österreichischen Buchpreises Kasino am Schwarzenbergplatz, Wien, 19:30 DIENSTAG, 9. 11.

(K)ein Austrofaschismus? Studien zum ­Herrschaftssystem 1933–1938, Museum Nieder­ österreich, Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, 18:30

Thomas Raab liest am 4. 11. beim Krimifest in Salzburg und am 15. 11. in Baden Christine Walch: Wo der lachende Mond weint Villa Lorünser, Zürs 112, 6763 Lech, 19:00 Josef Winkler: Wer war Chaim Soutine? Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien, 19:00 Stefanie Sargnagel: Texte aus dem Social-MediaAlltag Congress Casino Baden, Kaiser-Franz-Ring 1, 2500 Baden, 19:30 MITTWOCH, 10. 11.

Buch Wien Eröffnung. Das Programm dazu siehe Spalte auf Seite 37 Es geschah am helllichten Tag Vorarlberger Landestheater, Seestraße 2, 6900 Bregenz, 17:00 Melisa Erkurt: Generation Haram. Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben, Spielboden Dornbirn, Färbergasse 15, 6850 Dornbirn, 20:00 DONNERSTAG, 11. 11.

Menerva Hammad: Vom Muttertier zum Wunderweib Buchhandlung Morawa, Wollzeile 11, 1010 Wien, 19:00 FREITAG, 12. 11. SAMSTAG, 13. 11.

Sven Regener: Glitterschnitter Rabenhof, Rabengasse 3, 1030 Wien, 20:00 MONTAG, 15. 11.

Thomas Raab: Buchstabensuppe At the Park Hotel Baden, Kaiser Franz-Ring 5, 2500 Baden, 19:30 Lesung und Gespräch mit Eva von Redecker

SONNTAG, 21. 11.

Verleihung des Toleranzpreises an Navid Kermani Krems an der Donau, Minoritenkirche, 11:00 DIENSTAG, 23. 11.

Dietmar Grieser: Eine Liebe in Wien Haus Hofmannsthal, Reisnerstraße 37, 1030 Wien, 19:30 Poetry Slam Kultur am Land, Sankt Margarethen 101, 6220 Buch in Tirol, 20:30 MITTWOCH 24. 11.

Julia Buchebner & Stefan Stockinger: Innen wachsen – außen wirken Thalia Buchhandlung Linz, Landstraße 41, 4020 Linz, 19:00 DONNERSTAG, 25. 11.

Austrofred: Die fitten Jahre sind vorbei Spielboden Dornbirn, Färbergasse 15, 6850 Dornbirn, 20:30 FREITAG, 26. 11.

Hape Kerkeling: Pfoten vom Tisch! Meine Katzen, andere Katzen und ich Thalia Buchhandlung 1060, Mariahilfer Straße 99, 1060 Wien, 18:30 Tannenbaum-Tänze Vorarlberger Landestheater, Seestraße 2, 6900 Bregenz, 11:00 Therese Hämer: Es ist mein ganzes Leben  – Charlotte Salomon Theater Nestroyhof Hamakom, Nestroyplatz 1, 1020 Wien, 11:00, Lesung mit Mercedes Echerer, Klemens Renoldner DIENSTAG, 30. 11.

Helmut Wlasak. In allen Punkten Buchhandlung Moser, Am Eisernen Tor 1, 8010 Graz, 19:30

F OTO: S I M O N E H E H E R-R A A B

DONNERSTAG, 4. 11.

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– Wir waren dabei –

Theaterleidenschaft Susanne Falk stellte ihren neuen Roman in der Freien Bühne Wieden vor Text: Thomas Askan Vierich BUCH WIEN VERANSTALTUNGEN MITTWOCH, 10. 11.

Eröffnung mit Rede von Isolde Charim Messe Wien, Halle D, Trabrennstraße 7, 1020 Wien, 18:00 Lange Nacht der Bücher Messe Wien, Halle D, Trabrennstraße 7, 1020 Wien, 19:00 Buch Wien Poetry Slam Nacht Messe Wien, Halle D, 20:00, Moderation: Florian Scheuba Eva Menasse: Dunkelblum Messe Wien, Halle D, 20:15 Michael Köhlmeier: Matou Messe Wien, Halle D, 21:15 Konrad Paul Liessmann, Ciani-Sophia Hoeder, Eva Menasse, Barbara Blaha: Das wird man wohl noch sagen dürfen – Warum Political Correctness polarisiert. Messe Wien, Halle D, Radio Wien Bühne, 21:15 DONNERSTAG, 11. 11.

Adrian Geiges, Stefan Aust: Xi Jinping – Der mächtigste Mann der Welt. Akademisches Gymnasium, Festsaal, 1010, Beethovenplatz 1, 19:00 Fjodor Dostojewski – Seismograph der Moderne. Österreichische Nationalbibliothek – Oratorium im Augustinertrakt 1015, Josefsplatz 1, 19:00 Edmund de Waal: Camondo. Messe Wien, Halle D, ORF-Bühne, 14:30 FREITAG, 12. 11.

Aladin El-Mafaalani: Wozu Rassismus Messe Wien, Halle D, ORF-Bühne, 12:50 Franzobel: Die Eroberung Amerikas Messe Wien, Halle D, ORF-Bühne, 15:00 Austrofred: Die fitten Jahre sind vorbei Messe Wien, Halle D, Der Standard-Bühne, 16:30

F O T O S : PAU L F E U E R SÄ N G E R , P I C U S V E R L AG (2), T H O M A S A . V I E R I C H (1)

SAMSTAG, 13. 11.

Andrej Gelassimow: „Durst“ und „RussenRap“ Messe Wien, Halle D, Gastland-Bühne, 12:00 Karl Immervoll, Barbara Prainsack, Markus Koza: Grundeinkommen für alle. Weltfremde Utopie oder sozialpolitische Notwendigkeit? Messe Wien, Halle D, Radio Wien Bühne, 16:30 SONNTAG, 14. 11.

Peter Henisch: Der Jahrhundertroman Messe Wien, Halle D, ORF-Bühne, 10:30 Beate Maxian: Das Collier der Königin Messe Wien, Halle D, Radio Wien-Bühne, 11:00 Viktor Remizov: Asche und Staub Messe Wien, Halle D, Gastland-Bühne, 12:00 Elias Hirschl: Salonfähig Messe Wien, Halle D, Der Standard-Bühne, 12:00 Christopher Wurmdobler: Ausrasten Messe Wien, Halle D, Der Standard-Bühne, 12:30

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„Beethoven in Love“ heißt ein Theaterstück, das im letzten Herbst in der Freien Bühne Wieden Premiere hatte. Regie: Gerald Szysz­ kowitz, Text: Susanne Falk. Darum hatte sich der Picus Verlag auch diesen Ort für die Buchpremiere von Susanne Falks neuem Ro­ man „Johanna spielt das Leben“ ausgesucht. Theaterchefin Michaela Ehrenstein begrüß­ te Verlag und Autorin herzlich und nannte Falks neues Buch einen „Theaterroman“. In ihm geht es um eine junge, erfolgreiche Schauspielerin an der Burg, die reich heira­ tet. Als sie dann schwanger wird, verlangt der Galan von ihr, dass sie ihre Karriere der Familie wegen aufgibt. Das tut sie auch, bis ihr die Decke auf den Kopf fällt und sie zu­ rück an die Burg geht. Worüber ihr Mann nicht amüsiert ist. Man muss bedenken, dass 1960 noch der Ehemann seine Einwilligung erteilen musste, wenn seine Frau berufstätig werden wollte. Was dem Burgtheaterdirek­ tor aber herzlich wurscht ist. Die Autorin erklärte, dass ihr Buch kein Schlüsselroman sei, wohl aber echte Men­ schen auftreten wie Josef Meinrad und der junge Oskar Werner. Dafür hat Falk Briefe Werners studiert und Interviews mit Thea­ terdiven geführt. Übrigens erzählt der Roman die Vorge­ schichte zu Falks letztem Buch „Anatol stu­ diert das Leben“, wo Johanna als Großmut­ ter auftritt. Susanne Falk deutet an, dass ihr nächster Roman die Geschichte des Kindes von Johanna erzählen könnte – wenn dieses Kind in ihrem Kopf noch ein Eigenleben ent­ wickeln sollte. Die Autorin erzählt dem Publikum auch von ihrer eigenen Liebe zum Theater, die in Flensburg begann, als sie als Kind hinter die Bühne gehen durfte und völlig fasziniert war. Mit dem Picus Verlag verbindet sie eben­ falls eine lange Geschichte, wie Verlagschef Ale­xander Potyka erzählte: Sie war einmal Praktikantin im Verlag, und „Johanna spielt das Leben“ ist bereits ihr drittes Buch für das Haus. Vorher hat sie bei Rowohlt veröf­ fentlicht. Als Zugabe las Susanne Falk dann noch eine Geschichte über den tauben Beet­ hoven, wie er betrunken die Kirchenglocken in Grinzing läutet und der Küster ihn hinaus­ werfen will – bis der Pfarrer kommt und ihn anherrscht: „Ein Beethoven macht keinen Lärm, der macht Musik!“ Charmant.

Susanne Falks Romane erschienen bei Rowohlt und beim Wiener Picus Verlag

Die Autorin liest auf der Bühne – hinter ihr eine etwas bedrohliche Gestalt

Am Ende gab es Applaus und Blumen

Nach der Lesung war Gelegenheit für ein Getränk im Theatercafé

19.10.21 11:14


– Kurz vor Schluss – Gastkommentar

„Russische Literatur ist immer mehr, als die jeweiligen Machthaber meinen. Das gilt auch in der Gegenwart“

Russland muss man lesen Russland ist Gastland der Buch Wien 2021. Eine gute Gelegenheit, die Erben von Tolstoi und Dostojewski kennenzulernen Text: Erich Klein

I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L , F O T O : K A R I N WA S N E R

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in Dichter ist in Russland immer mehr als nur ein Dichter, lautet ein alter Spruch. Er ist Welterklärer, Seelenführer, gelegentlich Propagandist, mitunter Dissident. Das galt zu allen Zeiten für diese Großmacht der Weltliteratur. Lew Tolstoi blieb ein Leben lang zerrissen zwischen eigenem sozialem Status, Predigt der Armut und der raffinierten Meisterschaft seiner Romane. An seinem Lebensende geriet der Graf gar mit der orthodoxen Kirche in Konflikt. Fjodor M. Dostojewskis Scheinhinrichtung und die anschließende Haft setzten in der Folge einen nicht mehr zu überbietenden literarischen Furor in Gang. Bestehen etwa Zweifel daran, dass „Die Brüder Karamasow“ der größte Roman aller Zeiten ist? Seine „Legende vom Großinquisitor“ analysiert auf visionäre Weise die Schrecken des 20. Jahrhunderts, und über Dostojewskis späte Maxime darf man noch immer nachdenken:

„Ein wahrer Russe sein heißt, allmenschlich zu sein!“ Anton Tschechow ist und bleibt einer der bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur und wird aus guten Gründen häufig gespielt. Die russischen Literaturnobelpreisträger von Iwan Bunin bis Jossif Brodsky spiegeln nicht nur die Verwerfung des Landes politisch und ästhetisch sehr genau, vor allem legen sie einen Schluss nahe: Russische Literatur ist immer mehr, als die jeweiligen Machthaber meinen. Das gilt auch in der Gegenwart, da sich Russland nicht mehr als Land mit der größten Anzahl an Leserinnen und Lesern bezeichnen kann. Doch welches Land kann das noch? Umso erfreulicher ist Russland als Gastland der Buch Wien! Hat man ein Land vor oder nach einer Reise je besser kennengelernt als durch Bücher? Zumindest für Russland gilt die Abwandlung der klassischen

Formel „Russland ist mit dem Verstand nicht zu fassen, an Russland muss man glauben“, nämlich: Russland muss man lesen! Neuerdings sind es, einem internationalen Trend entsprechend, vor allem Schriftstellerinnen, die einen unbestechlichen Blick in die Abgründe der russischen Seele werfen. Die aus Dagestan stammende Alissa Ganijewa lässt im Zerrspiegel ihres jüngsten Romans „Verletzte Gefühle“ die hässliche Fratze (nicht nur) der Korruption im Putin-Russland deutlich zutage treten. Gusel Jachina erinnert in zwei monumentalen Epen an das Schicksal von Tataren und Wolgadeutschen unter Stalin. Mit Jewgenij Wodolaskin und dem schreibenden Arzt Maxim Osipow haben sich in den letzten Jahren würdige Erben der russischen Literatur etabliert. Letzterer meinte einmal: „Seit dem Ende der Sowjetunion vor dreißig Jahren hat sich alles geändert, in Russland ist in zweihundert Jahren alles gleich geblieben.“ Vermutlich hätte das auch Dostojewski gefallen, der vor genau zweihundert Jahren geboren wurde!

Erich Klein ist Staatspreisträger für Literaturkritik, Autor und Übersetzer aus dem Russischen

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Debatte Inspiration Treffpunkt Literatur Bücher. 10.–14. November 2021 buchwien.at


Neuerscheinungen am Punkt.

Verfassung kompakt Holzinger/Kommenda/Holzinger 3. Aufl. 2021 ca. 420 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0674-1 Erscheint im November 2021 € 28,– Vorsorge für den Todesfall Kilian/Gall/Tschugguel 3. Aufl. 2021 ca. 160 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0672-7 Erscheint im November 2021 € 19,90 Testament – wohl überlegt und unantastbar Leitner-Bommer/Chladek/ Felzmann 2021, ca. 160 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0679-6 Erscheint im Dezember 2021 € 19,90 SteuerSparBuch 2021/2022 Müller-Dobler Alle Titel auch als E-Book erhältlich

27. Aufl. 2021, ca. 480 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0680-2 Erscheint im Dezember 2021 € 29,90

Steuern. Wirtschaft. Recht. Am Punkt.

www.lindeverlag.at


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