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Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Ö ST E R R E I C H I S C H E P O ST AG F I R M E N Z E I T U N G / G Z 02Z030877 M / 156. JA H RGA N G

Gewinnspiel: 3 x Biokaffee Kilambé von Grandoro gewinnen

Made or Unmade in Germany

„Bücher sind meine Kinder“

Die K o nk urrenz ist gro ß : W as m achen ö s t e r r e i c h i s c h e V e r l a g e , um auf dem de u t s c h e n B u c h m a r k t zu bestehen?

S agt der R o m ancier H a n s P l e s c h i n s k i ü ber seine W erk e. E in G esp rä ch ü ber deutsche G eschichte, L iteratur und die P o stm o derne.

Theresa Prammers neuer Kriminalroman ist da! »In ihrem raffiniert gestrickten Krimi schickt Theresa Prammer uns auf Mörderjagd mit dem unwiderstehlichsten Ermittlerduo, das mir seit Langem begegnet ist!« Ursula Poznanski

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Theresa Prammer Lockvogel Kriminalroman ISBN 978-3-7099-8103-0 376 Seiten, gebunden

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Wir trauern um

HUGO PORTISCH * 19. Februar 1927 – † 01. April 2021

Österreicher Europäer Versöhner Vorbild Welterklärer Aufregend war es mit unserem Autor immer. Wir sind dankbar, ihn gekannt zu haben. Ecowin Verlag Management und Mitarbeiter


Unsere Buchtipps

– 156. Jahrgang –

„Wir versuchen Sie durch die Krise zu bringen“

F O T O : K A T H A R I N A F. R O S S B O T H

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n diesen Tagen und Wochen, wo sich die Corona-Herausforderungen auf die Lebenssituation jedes einzelnen auswirken, versucht der Hauptverband (HVB) mit neuen Maßnahmen seine Mitglieder und die Buchbranche noch mehr und besser zu unterstützen. Ein Beispiel dafür ist „Von der Bühne zum Video“, die neue Streaming-Initiative. Dem HVB ist es gelungen, diese Förderung auch auf Literatur auszuweiten. Das BMKÖS stellt zwei Millionen Euro für Kultur-Produktionen zur Verfügung. Bitte reichen Sie bis 15. Mai Ihren Antrag ein. Die maximale Förderhöhe pro Projekt beträgt 35.000 Euro. Auch bei den Buchpreisen konnten wir Neues schaffen, den Christine-Nöstlinger-Preis. Autor und Illustrator Michael Roher ist der erste Preisträger dieser Auszeichnung für Kinder- und Jugendliteratur. Der von der Stadt Wien Kultur, Christine Nöstlingers Buchstabenfabrik und dem Hauptverband gemeinsam erfundene und vom HVB organisierte Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird künftig jährlich verliehen. Aktuell wird auch die vom HVB im Jahr 2020 initiierte Interviewreihe mit österr. Autor*innen neu aufgezeichnet. Die Moderatorin Katja Gasser hat 24 Verlage/ Autor*innen bei sich zu Gast, in Kooperation mit der APA werden alle österreichischen Medien damit bespielt und die Nutzung der Streams ist rechtzeitig zum Welttag des Buches für alle HVB-Mitglieder kostenlos. Mit buchhandel.at haben wir es im letzten Jahr geschafft, den österreichischen Buchhandlungen und Verlagen eine gemeinsame Online-Plattform zu geben. Es wird in den nächsten Tagen zusätzliche Services wie Leseempfehlungen, Bestenund Bestseller-Listen geben, die Suchfunktionen werden erweitert und die neuen Ausnahmegespräche werden dort ebenso abgebildet. Auch international waren wir erfolgreich, der Hauptverband übernimmt mit 1. April die ISSN-Agentur in Österreich. HVB-Mitglieder profitieren davon und bekommen dauerhaft vergünstigte Preise und die neue nationale Handhabung erleichtert Interessierten die Bestellung und Abwicklung enorm. Nun zu den weniger guten Nachrichten: Wir sind im Lockdown, oder kurz danach oder kurz davor. So exakt ist das nicht mehr feststellbar. Wir versuchen jedenfalls, Sie durch Bewegung durch die Krise zu bringen. Bitte bleiben Sie gesund, negativ getestet und positiv in Ihrer Einstellung.

Gustav Soucek

Kurt Leininger Moore Naturparadiese im Dreiländereck Oberösterreich | Salzburg | Bayern Lernen Sie die Vielfalt und Geheimnisse des mit 2 000 Hektar Ausdehnung größten Moorkomplexes Österreichs, die eisige Vergangenheit sowie die außergewöhnliche Tier- und Pflanzenwelt, schaurige Geschichten und Sagen kennen. Ein Muss für alle Natur-Fans! ISBN 978-3-7025-0984-2, € 25,–

Richard Kaan Ich muss fast nichts und darf fast alles! beschwingt altern Glück im Alter ist kein Zufall, denn Beschäftigung und Wahrgenommenwerden schaffen Wohlbefinden. Humorvoll und äußerst unterhaltsam beschreibt Richard Kaan in sieben Kapiteln seine inspirierende Haltung zu so zentralen Themen wie Leben, Lernen, Laufen, Lieben, Lösen und Lehren. ISBN 978-3-7025-1003-9, € 24,–

HVB-Geschäftsführer

Lesen Sie uns kennen. anzeiger / 3

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– Inhalt –

„Welche Vorteile sich in der Praxis ergeben können, wenn man sich zusammentut“

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Die Konkurrenz auf dem deutschen Buchmarkt ist groß. Wie schaffen es österreichische Verlage, sich dort trotzdem zu behaupten?

KURZ GESAGT

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WISSENSWERT

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IMPRESSUM H e r a u s g e b e r : Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at G e s c h ä f t s f ü h r u n g : Gustav Soucek P r o j e k t l e i t u n g : Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at A b o v e r w a l t u n g : Paula Fabiankowitsch, DW 12, fabiankowitsch@hvb.at M e d ie n in h a b e r, K o n z e p t, R e d a k tio n u n d P r o d u k tio n : Falter Verlagsgesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien T: +43 1/536 60-0, E: magazine@falter.at, www.falter.at C h e f r e d a k t i o n : Christian Zillner, DW 926, Teresa Preis, DW 812 G e s c h ä f t s f ü h r u n g : Siegmar Schlager A n z e i g e n l e i t u n g : Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar D r u c k : Print Alliance HAV Produktions GmbH. Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

KLASSIKER

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Neu entdeckt Erich Fried

HVB-MITGLIEDER

Teresa Preis Chefredakteurin anzeiger

Wie geht’s den Nachbarn? Buchhändler*innen aus Deutschland, Südtirol und der Schweiz

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Kurzmeldungen Ö1 Buch des Monats, Österreichischer Buchhandlungspreis, buchhandel.at, Marktdaten, ISSN-Agentur Österreich, Buch Wien, Christine-Nöstlinger-Preis, Mittendrin, Lesehotel, Platinbuch für „flüchtig“

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Buchhandlung Sterzinger

ESSENZIELL

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Made or Unmade in Germany Österreichische Verlage auf dem deutschen Buchmarkt

SCHWERPUNKT

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Gesund und schmackhaft durch die Krise Gesundheit, Ernährung, Kochen Aus der Branche Stefanie Jaksch

Anita Figo Buchhandlung DAS BUCH Ralph Klever Klever Verlag Anja Linhart Elster & Salis Hans Sterzinger

SELBSTREDEND

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Hans Pleschinski Im Gespräch

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Kontinent Kinderbuch Don’t Do This at Home

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Gastkommentar Matthias Opis

KURZ VOR SCHLUSS

STANDARDS 7 Titelschutz 20 Monatsbestseller 23 Gewinnspiel 34 Buchtermine

F O T O : N I N I T S C H AV O L L , I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L

as Potenzial, wenn die Ideen der vielen zusammenkommen, spricht Stefanie Jaksch in „Aus der Branche“ (S. 18) an. Welche Vorteile sich in der Praxis ergeben können, wenn man sich zusammentut, lesen Sie in „Made or Unmade in Germany“ – wo die Position österreichischer Verlage auf dem deutschen Buchmarkt beleuchtet wird (S. 10). Wie sich das vergangene Jahr auf Trends im Bereich Ernährung, Gesundheit und Kochen ausgewirkt hat, steht im Schwerpunkt „Gesund und schmackhaft durch die Krise“ (S. 14). Matthias Opis erklärt für „Kurz vor Schluss“, welchen Mehrwert Verlagspodcasts haben (S. 33).

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– Kurz gesagt –

Wie geht’s den Nachbarn?

F O T O S : W W W. D AY- N I G H T. C H ( 1 ) , B E I G E S T E L L T ( 2 ) ,

BUCHHANDLUNGEN IN DEUTSCHLAND, SÜDTIROL UND DER SCHWEIZ ÜBER DIE AKTUELLE LAGE

Hungrig nach Inspiration Zu sehen, wie kreativ und engagiert unsere Branche ist, hat in diesem schwierigen Jahr viel Mut gemacht und mich zuversichtlich gestimmt. Wir Buchhändler*innen haben in kürzester Zeit reagiert, neue Konzepte ausprobiert und bewiesen, dass wir enorm flexibel sind. Hilfreich war, dass der SBVV sei­ Denise Zumbrunnen, ne Mitglieder unterstützt und über die Buchhandlung ständig ändernden Regelungen sowie Never Stop Reading, über staatliche Hilfen informiert hat. Zürich Für uns als junge Fachbuchhandlung zeigt sich deutlich, wie wichtig die digi­ talen Kanäle sind, aber auch, dass das Einkaufserlebnis vor Ort nicht ersetzbar ist. Unsere Kundschaft ist hungrig nach Inspirati­ on, echter Begegnung und Unmittelbarkeit.

Buchhandlungen waren privilegiert Ich kann von einem recht erfolg­ reichen Jahr berichten. Ein Grund dafür ist der Standort unseres Ge­ schäftes außerhalb der Fußgän­ gerzone ohne Laufkundschaft. Die Leser*innen haben wieder Lust auf das gedruckte Buch bekommen. Hans Nöckler, Das letzte Weihnachtsgeschäft war Buchladen am wohl eines der besten in meinen Rienztor, Bruneck zwanzig Jahren als Buchhändler. Was die Lockdowns im November und Februar/März des heurigen Jahres betrifft, so waren die Buchhandlungen privilegiert. Wir wurden als system­ relevant eingestuft und durften offen halten. Es war ein sehr arbeitsintensives Jahr, der Einsatz hat sich aber auf alle Fälle gelohnt. So schaue ich doch recht optimistisch in die Zukunft.

„Es zeigt sich deutlich, wie wichtig die digitalen Kanäle sind, aber auch, dass das Einkaufserlebnis vor Ort nicht ersetzbar ist“

„Das letzte Weihnachtsgeschäft war wohl eines der besten in meinen zwanzig Jahren als Buchhändler“

Denise Zumbrunnen

Hans Nöckler

Alles anders und doch wie immer Nach einem Jahr Pandemie ist alles an­ ders und trotzdem auch wie immer. Wir haben uns viele Male neu erfunden. Wir wurden Expert*innen für „Click & Col­ lect“, „Click & Meet“ und „Click & Bring“. Wir haben virtuelle Ladensitzungen und einen Kiosk in der Ladentür. Und wir haben Entscheidungen über digita­ Susanne Petzel, le Lösungen für die Zukunft getroffen, Land in Sicht Buchdie uns auch ohne Pandemie das Leben laden, Frankfurt leichter machen werden. Was ist dann noch wie immer? Wir ha­ ben die besten Kund*innen der Welt. Dank ihrer können wir trotz deutlicher wirtschaftlicher Einbußen im Außengeschäft – Büchertische, Sprachschulen, Museen etc. – halbwegs optimis­ tisch in die Zukunft schauen, wenn uns die Politik nicht im Stich lässt. Und wir glauben und hoffen, dass es den unabhängigen Buchhandlungen insgesamt ähnlich geht. Wir haben gelernt, dass wir ganz eindeutig kein Auslaufmodell sind. Und dass soli­ darisches Wirtschaften eine gute Grundlage ist.

Umbau im Lockdown 1990 gründete ich die Buchhandlung, 2001 wurde das ganze Haus saniert, 2012 gab es neues Mobiliar, 2018 kaufte ich das Haus. 2020, schien mir, wäre ein gutes Jahr für einen Umbau. Das Geld war auf der Seite, im Juni sollte es los­ gehen. Doch bekanntlich kam alles an­ ders. Der erste Lockdown verunsicherte Marianne Sax, mich so, dass ich den Umbau abbrach. Bücherladen Das Geschäft 2020 lief aber trotz Coro­ Marianne Sax, na gut, so beschloss ich im Herbst, die Frauenfeld Übung ab Januar 2021 durchzuziehen. Dass genau zu dem Datum, als die Bauarbeiter einzogen, der zweite Lockdown verordnet wurde, vereinfachte sogar die Kom­ munikation. Seit dem 8. März ist es ein doppeltes Geschenk, dass wir wieder geöffnet haben: Wir sind noch immer gesund und glücklich, dass der Bücherladen im neuen Look erstrahlt.

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– Wissenswert –

Ö1 Buch des Monats „ I n d e r F e r n e “ (Hanser Berlin) von H e r n a n D i a z ist das Ö 1 B u c h d e s M o n a t s April. Der Roman des gebürtigen Argentiniers erschien bereits 2018 im englischen Original und wurde vielfach ausgezeichnet. Laut Jury handelt es sich um einen modernen Western, „der sich vorgenommen hat, all jene Klischees zu zertrümmern, die wir aus der Populärkultur kennen. ‚In der Ferne‘ ist ein existenzielles Sprachkunstwerk, die hochpoetische Geschichte einer inneren und äußeren Irrfahrt.“ Das Ö1 Buch des Monats ist eine exklusive Aktion für HVB-Buchhandlungen in Kooperation mit dem Radiosender Ö1. Der Siegertitel wird monatlich von der „Ex Libris“-Redaktion ausgewählt und in der Sendung besprochen.

Das Ö1 Buch des Monats im April

Die fünf besten Buchhandlungen des Jahres 2021 stehen fest

Die besten Buchhandlungen 2021 Mit dem Ö s t e r r e i c h i s c h e n B u c h h a n d l u n g s pr e i s werden jährlich die fünf besten heimischen Buchhandlungen geehrt, die mit ihrem Konzept im stationären Handel überzeugen konnten.

10.000 Euro. Ausgerichtet wird der Österreichische Buchhandlungspreis vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB). Die Auszeichnung als Die Preisträger 2021 sind: beste Buchhandlung des Jahres zielt darauf ab, Anreize für die Entwicklung innovatiB u c h h a n d l u n g E r l k ö n i g , Wien ver Geschäftsmodelle oder die Fortführung B u c h h a n d l u n g W e i d i n g e r , Seewalchen am von Geschäftsaktivitäten zu geben. „Eine Attersee vielfältige und flächendeckende BuchhanG r ä t z l b u c h h a n d l u n g L a i n z , Wien delslandschaft, auch in Zeiten des wachsenB u c h h a n d l u n g R i e pe n h a u s e n , Hall in Tirol den Onlinehandels, soll gewürdigt werden B u c h h a n d l u n g B r u n n e r , Bregenz und Buchhandlungen sollen als Orte der Kultur und Bildungsarbeit sowie der VerDie von der Jury ausgewählten Buchhand- mittlung und Begegnung gestärkt werden“, lungen erhalten jeweils das Preisgeld von heißt es in der Ausschreibung.

Auf buchhandel.at können Buchinteressierte seit März 2020 HVB-Mitgliedsbuchhandlungen- und -Antiquariate finden und neu entdecken. Über die Suchfunktion werden Standorte und Onlineshops leicht sichtbar. Pünktlich zum Welttag des Buches am 23. April bekommt das Onlineportal eine umfangreiche Erweiterung: Österreichische Verlage können auch nach Schwerpunkten gefunden werden, dafür wurden 14 neue Kategorien von „Lyrik“ über „Backen & Kochen“ bis „Krimis & Thriller“ geschaffen. Erweitert wurde außerdem das Videoformat „Ausnahmegespräche“: 24 Autor*innen

Die Website buchhandel.at wird zum Welttag des Buches erweitert

Im Vergleich zum Vorjahresmonat.

+57,4% +54,5% +1,9% Umsatz

Absatz

Preis

Die hohen Zahlen im Kontext: Im Vergleichsmonat März 2020 kamen die ersten Schließungen im Handel als Folge der Pandemie.

Erhebung: Media Control im Auftrag des HVB.

Marktdaten März 2021

geben im Gespräch mit Moderatorin und Literaturkritikerin Katja Gasser (ORF) Einblick in ihre Neuerscheinungen. In der neuen Rubrik „Ausnahmebücher“ empfehlen Publikumslieblinge ihre Lieblingsbücher. Außerdem wurde das Onlineportal um Bestseller- und Bestenlisten erweitert, und alle Preisträger*innen des Österreichischen Buchhandlungspreises bekommen eine zusätzliche Plattform. Nützlich: Durch die Zusammenarbeit mit dem Fake-Shop-Detektor, einem Onlinetool für Konsumentenschutz, werden alle verlinkten Buchhandelsshops als echt und sicher eingestuft.

FOTOS: ORF / URSULA HUMMEL-BERGER,SHUTTERSTOCK

Neue Inhalte für buchhandel.at

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– Wissenswert –

ISSN-Agentur für Österreich Seit Jahrzehnten ist der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) die nationale ISBN-Agentur Österreichs, nun wurde um die ISSN-Agentur Österreichs für fortlaufende Publikationen erweitert. Ein Gespräch mit Gaëlle Béquet, Leiterin des ISSN International Centre.

S U J E T: B E I G E S T E L LT

Warum sind Länder-Agenturen für das ISSN International Centre interessant? Gaëlle Béquet – Die Erweiterung des ISSNNetzwerks in neue Mitgliedsstaaten ist ein wichtiges strategisches Ziel des ISSN International Centre, da es die Sichtbarkeit und damit die Verwendung dieser internationalen Standardkennung für fortlaufende Veröffentlichungen erhöht. Die Kolleg*innen in den nationalen Zentren arbeiten eng mit Verlagen, Bibliotheken, Forscher*innen und Informationsanbietern in ihren Ländern zusammen. Sie tragen zur Identifizierung und Beschreibung fortlaufender Publikationen im ISSN-Portal bei und machen es zu einer wichtigen Informationsquelle. Wie kam es zur Zusammenarbeit zwischen dem ISSN International Center und dem HVB? Béquet – Das ISSN International Center und der HVB haben bereits im September 2016 Verhandlungen über die Eröffnung des österreichischen Nationalzentrums aufgenommen. Der HVB beherbergt bereits die ISBN-Agentur für Österreich, die Verlagen Buchidentifizierungsdienste anbietet. Sie wollten die Identifizierung und Beschrei-

Österreich bekommt eine eigene ISSN-Agentur bung von Serienpublikationen in ihre Aktivitäten einbeziehen, und das ISSN International Center war sehr unterstützend, da Österreich eines der letzten europäischen Länder ohne ISSN-Zentrum war. Welche Vorteile ergeben sich dadurch für österreichische Verlage? Béquet – Österreichische Verlage werden die Vorteile von ISSN für die eindeutige und zertifizierte Identifizierung ihrer Produktion auf internationaler Ebene, die Sichtbarkeit der Indexierung in der ISSN-Datenbank (portal.issn.org) sowie in den zahlreichen Katalogen, Partnerdatenbanken zu schätzen wissen. Dazu kommt die Interoperabilität mit anderen Standardkennungen wie DOI, GS1 und bald ISNI und URN. HVB-Mitglieder profitieren! Einzel-ISSN: 25 € zzgl. MwSt.

(statt 50 €) ISSN-Kombi (Print und Online): 30 € zzgl. MwSt. (statt 60 €)

Titelschutzmeldungen Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeigers. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E-Mail an Isabel Huber unter huber@hvb.at. Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–. Isabel Huber berät Sie gern unter huber@hvb.at, Tel. 01/512 15 35 DW 14. (*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)

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Buch Wien 2021: Frühbucherbonus sichern Bis 30. April gibt es noch die Möglichkeit, sich einen Platz auf der Buch Wien zum Frühbucherbonus zu sichern. Bis dahin erhalten Aussteller einen Rabatt von 5 Prozent auf alle Flächen, Komplettstände und Gemeinschaftsstände. Die Buch Wien – Messe und Festival – findet in diesem Jahr vom 10. bis 14. November statt und ist mit einem umfangreichen Präventionskonzept in Zeiten der Coronapandemie ausgestattet. Sollte die Durchführung entgegen den Erwartungen der Veranstalter behördlich nicht möglich sein, werden bis Veranstaltungsbeginn 100 Prozent der Teilnahmegebühren rückerstattet. Jedes Jahr stellen Hunderte Verlage im Rahmen der Buch Wien aus. Das Veranstaltungsprogramm wird im September 2021 angekündigt. Alle weiteren Informationen sowie die Anmeldeunterlagen finden Sie auf www.buchwien.at.

Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, falls die Titel bereits geschützt sind, oder falls durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Als Eva einen Birnbaum pflanzte in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Edition Tell Webergasse 23/35, 1200 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Die Wüstenglanz Trilogie Timaios und der Palastdieb in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Petra Müller, c/o skriptspektor e.u. Robert-Preußler-Straße 13/Top 1, 5020 Salzburg, Österreich

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– Wissenswert –

Schon früh die Leselust wecken Neue Auszeichnung für Kinder- und Jugendbücher: Michael Roher erhält den ersten Christine-Nöstlinger-Preis

Die 2018 verstorbene österreichische Schriftstellerin C h r i s t i n e N ö s t l i n g e r hätte in diesem Jahr ihren 85. Geburtstag gefeiert. Ihr Name steht mit dem neu geschaffenen C h r i s t i n e N ö s t l i n g e r - P r e i s nun auch für neue Impulse in der Kinder- und Jugendliteratur. Der Preis soll Personen auszeichnen, die Kindern sowie all jenen, die sonst nicht gehört werden, eine Stimme geben – wie es der namensgebenden Autorin zeitlebens ein Anliegen war: „Die Empathie unserer Mutter lag immer bei denen, die in unserer Gesellschaft wenig Rechte und keine Stimme haben. Sie war eine große Realistin und eine große Menschenfreundin gleichzeitig. Das war der Grund, warum sich so viele von ihr unterhalten, verstanden und getröstet fühlten“, so C h r i s t i a n a N ö s t l i n g e r und B a r b a r a W a l ds c h ü t z , Töchter von Christine Nöstlinger. Der von der S t a dt W i e n K u l t u r , C h r i s t i n e N ö s t l i n g e r s B u c h s t a b e n f a b r i k und dem H a u pt v e r b a n d de s Ö s t e r r e i c h i s c h e n B u c h h a n de l s gemeinsam ausgerichtete Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und soll künftig jährlich verliehen werden. „Es ist wunderbar, dass es uns ge-

meinsam gelungen ist, zum 85. Geburtstag der international bedeutendsten österreichischen Kinder- und Jugendbuchautorin diese würdige Auszeichnung, die ihren Namen trägt, einzurichten“, sagt der Vorsitzende des Österreichischen Verlegerverbandes, A l e x a n de r P o t y k a . IMPULSE FÜR FAMILIEN Die Umsatzzahlen der Kinder-/JugendbuchWarengruppe entwickelten sich im Krisenjahr 2020 als einzige positiv und konnten sich um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Der Verkaufstrend in diesem Segment, der bereits einige Jahre anhält, riss weder durch Home-Schooling noch mehrere Lockdowns ab. So unterstreicht die Wiener Kulturstadträtin V e r o n i c a K a u p- H a s l e r gegenüber dem anzeiger: „Nach einem herausfordernden Jahr, in dem gerade den Kindern und Jugendlichen viel abverlangt wurde und in dem sie viele Erfahrungen nicht machen konnten, ist die Bedeutung des Lesens, des Sich-Spiegeln-Könnens und des Fantasierens nur noch mehr gewachsen.“ Ihr ist es gerade

jetzt wichtig, sich mit dem neuen ChristineNöstlinger-Preis für Kinder- und Jugendliteratur einzusetzen. „Die mit digitalen Medien verbrachte Zeit ist in der Pandemie durch das Distance Learning und das Fehlen von vielen analogen Angeboten für Kinder und Jugendliche gestiegen. Gerade jetzt ist jeder Impuls, der den Familien ins Bewusstsein bringt, was für facettenreiche Literatur es für sie gibt, besonders wertvoll. Der ChristineNöstlinger-Preis soll und wird weitere Leselust wecken!“ Was die Stadträtin an Christine Nöstlinger besonders schätzt? „Ihren Mut und ihren Humor bewundere ich ebenso wie ihren differenzierten Umgang mit Sprache – denn der, das glaube ich fest, führt auch zu einem bedachteren Umgang mit der Welt.“ PREISTRÄGER MICHAEL ROHER Der niederösterreichische Autor und Illustrator M i c h a e l R o h e r ist der erste von der Jury gewählte Preisträger. Zu seinen bisherigen Werken gehören etwa „Nicht egal! Die Geschichte von Flora, der Klimapiratin“ (Luftschacht, 2020), „Filomena Grau“ (Picus, 2019), „Frosch und die abenteuerliche Jagd nach Matzke Messer“ (Tyrolia, 2018) und „Der Fluss“ (Jungbrunnen, 2016). Seine Bücher wurden bereits vielfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. „Unerschöpflich scheint Michael Rohers Neugier auf neue Techniken und Materialien, neue Motive und Spielformen, zeichnerisch wie sprachlich“, heißt es in der Jurybegründung, und: „Mit Christine Nöstlinger verbindet ihn unter anderem die Lust am kreativen Umgang mit dem österreichischen Dialekt, die Nähe zu den kindlichen Leser*innen und sein engagierter, menschenfreundlicher Optimismus.“ 2021 bestand die Jury aus K a r i n H a l l e r (Geschäftsführung Institut für Jugendliteratur), P a u l u s H o c h g a t t e r e r (Autor und Psychiater, Universitätsklinikum Tulln) und A n n e - C a t h e r i n e S i m o n (Redaktion Feuilleton Die Presse). Die Verleihung des Christine-Nöstlinger-Preises an Michael Roher findet am 12. Mai 2021 um 18 Uhr im Wappensaal des Wiener Rathauses statt.

I L L U S T R AT I O N M I C H A E L R O H E R A U S A U S D E M B U C H „ J A G UA R , Z E B R A , N E R Z “ ( T Y R O L I A V E R L A G ) F O T O : PA U L S C H I R N H O F E R

Michael Roher ist der erste Preisträger des ChristineNöstlinger-Preises. Illustration aus dem Buch „Jaguar, Zebra, Nerz“ (Tyrolia Verlag, Text: Heinz Janisch, 2020)

Christine Nöstlinger

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– Wissenswert –

Weiter wachsen Mittendrin. Mitarbeiter*innen erzählen Die sechste Filiale kommt Wir sind sehr froh, dass wir unsere Filialen wieder für unsere Kund*innen öffnen dürfen, um Stephanie Kientzl, ihre Bedürfnisse Buchhandlung bestmöglich zu erVeritas Solarcity, Linz füllen. Wir sind positiv gestimmt und hoffen auf gute Verkäufe im Tauf- und Erstkommunionsbereich. Zudem haben wir unsere Filialen auf Vordermann gebracht und erwarten schon sehnlichst die Neuerscheinungen im Buchbereich, die jetzt nach und nach angeliefert werden. Da wir Mitte April unsere sechste Filiale in Eferding eröffnen, erwarten uns hier zahlreiche neue Herausforderungen, denen wir mit großer Vorfreude entgegenblicken …

Im Lesehotel

Aktiv auf Instagram Wir haben vorausgedacht und uns in den letzten Monaten mit Schulungen digital fit gemacht, vor allem viel Zeit und Ina Cassik, Aufmerksamkeit in Stöger Buch, Wien unseren Webshop investiert. Wir kommunizieren vermehrt über digitale Kanäle, sind sehr aktiv auf Instagram und versenden einen wöchentlichen Newsletter. Die Umsatzverluste während der Lockdowns wieder wettzumachen und kaum planen zu können ist herausfordernd. Positiv ist, dass wir viele neue Kund*innen, auch im Webshop, gewinnen konnten, wir bei offenem Geschäft so viele Bücher verkaufen wie nie zuvor und unsere Aktivitäten von den Kund*innen so begeistert angenommen werden.

Mit einem besonderen Konzept startet das Lesehotel im Salzkammergut: Jedes Zimmer ist einem Verlag gewidmet, eine vertikale Bibliothek vom Keller bis zum Dach bietet Abwechslung, und statt der klassischen Minibar gibt es eigens zusammengestellte Buchbars mit Neuerscheinungen für Hotelgäste. Das Projekt von Silke Seemann (Hallstatt Hideaway) ist seit 2018 in Planung, sie stellte es bei der letzten HVB-Jahrestagung 2019 den Teilnehmer*innen vor, und wird heuer noch eröffnen. Alle Informationen dazu auf lesehotel.at und lesehotel-verlage.at.

Platinbuch für mehr als 35.000-mal „flüchtig“

Schwerpunkt: Schwerpunkt: Literatur Literatur aus aus der der Kulturhauptstadt Kulturhauptstadt Rijeka Rijeka

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Kunstteil: Kunstteil: Claudia Claudia Klučarić. Klučarić. versteckte versteckte übergänge übergänge zwischen zwischen leben leben und und tod tod

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Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik #162/2020 41. Jahrgang

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Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik #165/2020 41. Jahrgang

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Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik #162/2020 41. Jahrgang

Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik #160/2019 40. Jahrgang

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Schwerpunkt: Nazis & Goldmund

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Hubert Achleitners Debütroman „flüchtig“ (Zsolnay Verlag) wurde für mehr als 35.000 verkaufte Exemplare in Österreich mit dem Platinbuch des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels (HVB) ausgezeichnet. Das im Mai 2020 erschienene Buch wurde trotz der Verkaufseinbrüche im Buchhandel im vergangenen Jahr zum Bestseller. Zsolnay-Verlagsleiter Herbert Ohrlinger überreichte die Auszeichnung an Hubert Achleitner, einen „tollen Autor, fantastischen Musiker, vielseitigen Künstler und überhaupt sympathischen Menschen“. Seit 1994 vergibt der HVB das Goldene Buch. Damit werden Titel, die öfter als 15.000 Mal im österreichischen Markt verkauft wurden, medien- und öffentlichkeitswirksam ausgezeichnet. Das Platinbuch wird zusätzlich für mehr als 25.000 verkaufte Exemplare vergeben. Entscheidend ist die Anzahl der in Österreich verkauften Bücher.

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Zsolnay-Verlagsleiter Herbert Ohrlinger (r.) übergibt die Platinspange an Hubert Achleitner

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– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

Made or Unmade in Germany? DER ÖSTERREICHISCHEN BUCHBRANCHE WÜRDE OHNE DEM DEUTSCHEN MARKT EINE IHRER LEBENSADERN FEHLEN. WAS TUN ÖSTERREICHISCHE VERLAGE, UM DORT ZU BESTEHEN?

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anchmal sagen Zahlen mehr als Worte, selbst in der Buchbranche. Das gilt etwa dann, wenn es um die Bedeutung des deutschen Buchmarktes für die österreichische Verlagsbranche geht. Der anzeiger hat dazu sechs Interviews mit heimischen Verlegerinnen und Verlegern geführt, die sich auch in Deutschland erfolgreich behaupten. Das Ergebnis: Zwischen 45 und 70 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaften diese Unternehmen in unserem Nachbarland. Das mag auf den ersten Blick überraschen, immerhin stammt nicht einmal ein Prozent der Bücher in deutschen Buchhandlungen von österreichischen Verlagen. Doch der deutsche Markt ist vor allem wegen seiner Größe deutlich aufnahmefähiger: 2019 wurden in Österreich ungefähr 24 Millionen Bücher via stationärem Handel und Onlineversand verkauft, während es im selben Jahr 303 Millionen Titel auf dem deutschen Publikumsmarkt waren. Gleichzeitig konkurrieren die österreichischen Verlage in Deutschland noch stärker mit den vielen deutschen Verlagen und Großkonzernen. Wie schafft man es als Klein- oder Mittelverlag trotzdem in die Buchhandlungen? Was kann man tun, um neben der umsatz- und werbestarken Konkurrenz nicht zu verblassen? Es zeigt sich, dass am deutschen Markt drei klassische Verleger*innen-Tugenden besonders gefragt sind: Ein langer Atem, eine klare Programmidee und keine Scheu vor persönlichem Kontakt.

Text: Tobias Schmitzberger Illustrationen: Georg Feierfeil

„Als fauler Buchhändler guckt man sich keine Verlage oder Kataloge an, von denen man noch nie zuvor gehört hat“ Kurt von Hammerstein

DEUTSCHSPRACHIGE BUCHHÄNDLER*INNEN NACH ÖSTERREICH EINLADEN Kurt von Hammerstein hat einen positiven Eindruck vom österreichischen Verlagswe-

sen. Der Berliner Buchhändler betreibt seinen Laden „Hundt Hammer Stein“ unweit des Prenzlauer Bergs, hier findet man neben ausgewählter internationaler und deutscher Literatur auch eine große Auswahl an Indiebooks. „Inhaltlich habe ich wenig an den österreichischen Verlagen auszusetzen“, sagt von Hammerstein: „Die Verlagslandschaft in Österreich scheint mir breit und divers.“ Ein Problem in Deutschland sei aber ihre Sichtbarkeit, ergänzt er: „Als fauler Buchhändler guckt man sich keine Verlage oder Kataloge an, von denen man noch nie zuvor gehört hat.“ Das trifft vor allem Klein- und Mittelverlage. Trotzdem wird im Gespräch rasch klar, dass von Hammerstein über österreichische Verlage gut informiert ist: Egal ob Milena, Braumüller, Picus, Residenz oder Haymon, er nennt und kennt sie alle. Woher? „Weil ich einmal für einen Buchhandelsworkshop in Wien war.“ Organisiert wurde diese Tagung von der Arbeitsgemeinschaft Österreichische Privatverlage (ARGE), ihr Sprecher ist Alexander Potyka vom Picus Verlag. „Wir laden zweimal im Jahr rund zwanzig deutsche und schweizerische Buchhändler*innen nach Wien ein“, erzählt er. Während des mehrtägigen Programms besuchen sie Kulturinstitutionen wie das Literaturhaus Wien ebenso wie einen Heurigen oder Lesungen österreichischer Autor*innen. Außerdem erhalten die teilnehmenden ARGE-Verlage einen Slot, um ihr Programm zu präsentieren. Die Idee dahinter: „Wir betreiben emotionales Marketing“, so Potyka. Denn letztlich entscheiden einzelne Buchhändler*innen jeden Tag aufs Neue, welche Bücher sie weiterempfehlen. Das gilt in Deutschland ebenso wie in Österreich, wobei Picus in Deutschland etwa 65 Prozent seiner Bücher verkauft. „Wir sahen uns von Anfang an als deutschsprachiger »

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– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

und nicht als österreichischer VerPersönlicher Kontakt spielt auch für Reto lag“, so Potyka. Gerade für kleine und mitt- Ziegler von der Edition Korrespondenzen lere Verlage sei es wichtig, auf der persönli- eine große Rolle. Das Verlagsprogramm chen Ebene zu punkten – und deshalb lade enthält viel Lyrik, vor allem auch zweispradie ARGE die Buchhändler*innen nach Wien chige Bände. Außerdem verlegt man hier ein: „Wenn diese Sortimenter*innen später Bücher, die sich „zwischen den Genres beeine Vorschau zugeschickt bekommen, den- wegen“. Dass die Zielgruppe für diese Sparte ken sie sich vielleicht: ‚Ach, die ist ja von nicht ausufernd groß ist, überrascht kaum – dem Verleger mit dem langen Zopf!‘ und umso wichtiger wird der deutsche Markt. blättern eher durch. Dadurch wird man die „Im Schnitt verkaufe ich für ein Buch in ÖsUmsätze nicht vervielfachen, aber auf lange terreich sieben Bücher in Deutschland und der Schweiz“, so der Verleger. Sicht zahlt sich das aus.“ Für die österreichischen Verlage, deren Marketingbudget begrenzt ist, spielen in unserem Nachbarland die Vertreter*innen KLARES PROFIL, PERSÖNeine besonders wichtige Rolle. So hat ZiegLICHES MARKETING UND ler etwa drei Vertreter*innen in Deutschland, VERLAGSVERTRETER*INNEN Das bestätigt indirekt auch Klaus Bittner, des- während es in Österreich zwei und in der sen auf hochwertige Literatur spezialisierte Schweiz eine sind: „Gute Vertreter*innen haKölner Buchhandlung bereits viermal mit ben auch andere Verlage im Programm, die dem deutschen Buchhandlungspreis aus- sich mit dem meinigen überschneiden.“ Nur gezeichnet wurde. Auch er war vor einigen so kämen seine Texte auch in die BuchhandJahren bei einem dieser Seminare in Wien, lungen seiner Zielgruppe. erzählt er: „Ich kenne viele Kolleg*innen, die dort Freundschaften geschlossen und neue Verlage kennengelernt haben.“ Auch er lobt KLEINE DEUTSCHE BUCHMESSEN, die österreichische Verlagslandschaft: „Ich NISCHENSPITZE, REGIONALITÄT finde die Einzelpublikationen zum Großteil Eine spezielle Rolle spielen für Ziegler auch sehr interessant. Vielleicht ermutigt das ös- deutsche Buchmessen, wobei er sich dabei terreichische System der Verlagsförderung nicht auf Frankfurt und Leipzig beschränkt. zu den vielen innovativen Titeln.“ „In Deutschland gibt es viele kleinere Messen

WIEDERERKENNUNGSWERT, STALLKONKURRENZ, MEDIENWIRKSAME AUTOR*INNEN Solche Strategien erfordern Weitblick – und diesen nimmt Buchhändler von Hammerstein generell bei vielen österreichischen Verlagen wahr. „Wenn ich zum Beispiel an den Braumüller Verlag denke: Die haben einen ganz eigenen Stil, den ich ad hoc wiedererkenne und schätze. Vielleicht kommen zwischendurch neue Autorinnen und Autoren mit anderen Blickwinkeln hinzu, aber ich weiß, dass der Anspruch des Verlags

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in Literaturhäusern, die Freude an Kleinverlagen wie meinem haben.“ Als Beispiel nennt er die Messe des Hauses für Poesie, die im Rahmen des jährlich stattfindenden poesiefestival berlin stattfindet. Hier lernt Ziegler nicht nur spannende Kolleg*innen kennen, sondern gewinnt regelmäßig neue Leser*innen hinzu – die sich später langfristig für sein Verlagsprogramm interessieren. Langfristigkeit wird auch beim Brandstätter Verlag großgeschrieben, allerdings zielt das Wort dabei auf eine andere Ebene ab. Über Jahre hinweg hat sich Brandstätter in Deutschland eine starke Marktposition im Kochbuchsegment erarbeitet und gehört dort zu den Premium-Verlagen dieser Sparte. „Wir werden hier marktneutral als deutschsprachiger Verlag wahrgenommen“, sagt Verlagsleiter Nikolaus Brandstätter. Spätestens seit den 2010er-Jahren hat man in diesen Bereich verstärkt hineininvestiert und dadurch sukzessive starke deutsche Autor*innenmarken wie den Rezeptentwickler Stevan Paul und die ARD-Köchin Theresa Baumgärtner aufgebaut. „Der stete Tropfen höhlt den Stein“, sagt Brandstätter, der künftig auch im Sachbuchbereich verstärkt am deutschen Markt auftreten möchte. Dabei baut man auf die Erfahrungen im Kochbuchsegment: „Das passierte nicht von heute auf morgen, sondern dauerte Jahre, Jahrzehnte. Es ist alles andere als einfach, deutsche Sachbuchautor*innen davon zu überzeugen, ihre Bücher von einem österreichischen Verlag verlegen zu lassen.“ Gerade Letzteres sei aber nötig, weil im Sachbuchmarkt Regionalität sehr relevant ist. Daher ist es nötig, den einen oder anderen Bestseller zu landen – solche Referenzen erleichtern es, weitere Autor*innen zu akquirieren. „In der ersten Phase bin ich deshalb zufrieden, wenn wir den deutschen Sachbuchmarkt mit ein bis zwei Titeln pro Jahr signifikant durchdringen“, so Brandstätter.

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– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

derselbe bleibt.“ Auch Serien, die konsequent fortgesetzt werden, schätzt von Hammerstein: „Der Residenz Verlag ist ein gutes Beispiel. Die haben tolle Sachbuchreihen mit einem hohen Wiedererkennungswert.“ Gemeint ist dabei etwa die Reihe „Unruhe bewahren“, die Residenz seit 2010 herausgibt. Diese Serie ist nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland erfolgreich, wie die Verlagsleiterin Claudia Romeder bestätigt: „Viele Buchhändler*innen füllen die Schaufenster mit diesen Büchern, weil ihre Ästhetik eine repräsentative Wirkung hat. Damit haben wir das ungeliebte Genre ‚Essay‘ am Markt etabliert.“ Einige Titel dieser Serie funktionieren in Deutschland besonders gut, zuletzt feierte etwa der Text „Unverfügbarkeit“ des deutschen Soziologen Hartmut Rosa großen Erfolg. Einerseits spielen laut Romeder die Inhalte im Sachbuchbereich eine entscheidende Rolle: „Allgemeine Themen wie ‚Feminismus‘ oder ‚Kapitalismus‘ funktionieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz gleichermaßen.“ Andererseits aber war das Buch von Rosa in der Öffentlichkeit stärker präsent, weil der Autor in den deutschen Medien stark rezipiert wurde – Stichwort Regionalität. Für österreichische Verlage ist es oft nicht einfach, in deutschen Medien Widerhall zu finden, vor allem in der Belletristik. „Wenn man hier keine starken Verkaufsargumente hat, Lesereisen organisiert und einen fixen Presse- und Werbeplan erstellt, wird es sehr schwierig“, sagt Herbert Ohrlinger von Zsolnay. Der 1924 gegründete Verlag gehört zwar seit 1996 zu Hanser, ist aber anders als etwa der Newcomer Hanser Berlin kein Imprint. Stattdessen sei man „eine österreichische GmbH, die auch hier bilanziert“, betont der Verlagsleiter. Obwohl man sicher einen gewissen Vorteil habe, müsse man jede Saison aufs Neue hart um die Plätze im Sortiment kämpfen. „Unsere Vertreter haben alle unsere Verlage in der Tasche, vom Kinderbuch bis zur Edition Akzente. Das ist auch ein Verteilungskampf, so wie in der Formel 1: Der erste Konkurrent ist der Stallkonkurrent.“ Hilfreich sind daher medienwirksame Autoren, zuletzt etwa Lisa Eckhart. „Vergangenes Jahr haben wir auf ‚Omama‘ gesetzt, großzügig Leseexemplare verteilt und sowohl Branchen- als auch Publikumswerbung gemacht.“ Die „lächerliche Skandalisierung“ in der Berichterstattung habe dann den „Turbo angeworfen“, so Ohrlinger: „Lisa Eckhart ist eine extrem disziplinierte und reflektierte Autorin, die die vielen Interviews

und Medienauftritte auf eine souveräne Art absolviert hat. Es ist erfreulich, in einer derart schwierigen Zeit mit so jemandem zu arbeiten. Und trotz vieler Abwerbeversuche von sehr potenten deutschen Verlagen konnten wir uns rasch auf einen neuen Vertrag einigen.“

„Wenn Sortimenter*innen später eine Vorschau zugeschickt bekommen, denken sie sich vielleicht: ‚Ach, die ist ja von dem Verleger mit dem langen Zopf!‘ und blättern eher durch“ Alexander Potyka

PERSÖNLICHE PRESSEARBEIT, PREISTRÄGER UND GUTE BÜCHER Auch in der Pressearbeit sind es vor allem persönliche Kontakte, die weiterhelfen können – das gilt für österreichische Verlage in Deutschland vielleicht besonders stark. Das weiß auch Anna Jung vom Jung und Jung Verlag: „Das Wichtigste ist die persönliche Begegnung. Man darf sich nicht scheuen und muss in der Pressearbeit persönlich auftreten.“ Als Presseverantwortliche absolviert sie für Jung und Jung Pressereisen und trifft Journalist*innen persönlich, hinzu kommen Begegnungen und Termine bei den Buchmessen: „Solche Auftritte färben auf den Verlag ab und bleiben in Erinnerung. So wird man langfristig eher wahrgenommen.“ Geholfen hat Jung und Jung zudem, dass zwei seiner Bücher 2010 sowie 2012 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurden. „Wir waren danach eine größere Nummer“, so Anna Jung. Neben stark erhöhten Absatzzahlen bewirkten die Preise, dass Jung und Jung deutlich stärker als deutschsprachiger statt als österreichischer Verlag wahrgenommen wurde. Dies schlug sich etwa in den eingesandten Manuskripten nieder, zusätzlich bekam man auch Anfragen von renommierten Autor*innen, die den Verlag wechseln wollen. Am Ende, so der Kölner Buchhändler Bittner, zählt für ihn aber etwas anderes, Grundsätzlicheres. „Hauptsache, die Verlage machen gute Bücher!“, so Bittner: „Dann ist es mir egal, ob ihr Sitz in München, Salzburg oder Stuttgart ist.“ Zwar müssen die Verleger*innen in Deutschland vielleicht einige verlegerischen Aspekte besonders beherzigen: Der Aufbau persönlicher Kontakte zu Buchhändler*innen und Journalist*innen gehört dazu ebenso wie die konsequente Einhaltung der Programmstringenz sowie gründliche Überlegungen, mit welchen Titeln man wie in den deutschen Markt eintreten kann. Aber wenn es nach Bittner geht, machen die österreichischen Verlage dabei aktuell wenig falsch: „Ich bin zufrieden mit ihren Büchern, es gibt nichts, was ich vermisse. Von mir aus können sie so weitermachen wie bisher!“ «

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– Schwerpunkt – Gesundheit, Ernährung und Kochen

Wer mehr Zeit zuhause verbringt, macht sich auch mehr Gedanken über die eigene Ernährung

Einfache Rezepte, Fermentieren und kulinarische Reisen: Das sind die Trends im Gesundheits-, Ernährungs- und Kochbereich Text: Hannah Lea Jutz

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eit Beginn der Corona-Pandemie vor einem Jahr boomt das Kochen in den eigenen vier Wänden wieder. Verschiedenste Koch- und Ernährungsbücher erfreuen sich daher aktuell

großer Beliebtheit. Aber auch die Gesundheit ist wichtiger denn je zuvor. Drei Buchhändler*innen erzählen von ihren Lieblingsverlagen und geben Einblicke in das neue Programm.

FOTOS: SHUTTERSTOCK, ACHIM DROLL

Gesund und schmackhaft durch die Krise

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Marktgespräche

Einfache Rezepte für zuhause In unseren Ratgeber-Verlagen Südwest und Bassermann sind momentan Kochbücher sehr gefragt. Besonders einfache, nachkochbare Rezepte für zuhause. Etwa der Spiegel-Bestseller und aktuelle Südwest-Spitzentitel „Kochen zu zweit“ von Dani und Roland Trettl, der zum Valentinstag und im Lockdown erschienen ist. Im Bassermann-Verlag reüssiert derzeit das „Kochbuch für Notfall und Krise“, im vergangenen Jahr veröffentlicht und mittlerweile mit dem internationalen Gourmand Cookbook Award ausgezeichnet. Da Buchpräsentationen kaum stattfinden können, haben wir unsere Presse-, Marketingund vor allem die Social-Media-Aktivitäten entsprechend geändert: Sie konzentrieren sich auf die verlagseigenen Social-Media-Auftritte

Maren Richter, Verlagsleitung Südwest, Bassermann, Irisiana und Anaconda

Großformat, 300 Seiten, durchgehend vierfärbig, gebunden, Lesebändchen, EUR 30,00 • ISBN: 978-3-99029-235-8

und die Kanäle der Autor*innen: So haben die Trettls, Autor*innen von „Kochen zu zweit“, auf Instagram eine große Fangemeinde, die sie durch ihr unterhaltsames Kochen im Lockdown gewonnen haben. Roland Trettl und seine Frau Dani kochen regelmäßig live im IGTV/ FB-Watch-Format Rezepte aus ihrem neuen Buch – gutes Marketing fürs Buch. Auf den verlagseigenen Kanälen haben sie es mit Grußbotschaften, einem Gewinnspiel, einem InterviewVideo, einem #BlickinsBuch-Instagram-Reel und einem #Buchtipp beworben. Auf unseren Social-Media-Kanälen zeigen wir Videomaterial zum jeweiligen Kochbuch für Lust auf mehr. Daneben gibt es bei uns immer ein exklusives #RezeptdesMonats aus einem neu erschienenen Kochbuch.

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… wer nun denkt, es handle sich bei DER GESCHMACK EUROPAS einfach um ein europäisches Rezeptbuch, der irrt gewaltig. Natürlich werden dem Leser auch interessante Rezepte zu traditionellen Gerichten des jeweiligen Landes präsentiert, allerdings nicht so, wie man es aus Kochbüchern gewohnt ist. „Kultur • Punkt, Onlinejournal“

3 Bände im Schuber, durchgehend vierfärbig, gebunden, Lesebändchen EUR 90,00 • ISBN: 978-3-99029-446-8

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Band 1: Der slowenische Karst, Die Innerschweiz, Siebenbürgen, Die toskanische Maremma, Lausitz, Galicien und Gailtal Band 2: Istrien, Epirus – der griechische Norden, Flandern, Böhmen, Der dänische Süden und Fünen, Sizilien und Südoststeiermark Band 3: Mähren, Montenegro, Elsass, Westliches Friaul, Alentejo, Wales, Bregenzerwald, Westirland, Korsika und Oberschlesien anzeiger / 15 13.04.21 15:42 17:33 14.04.21


– Schwerpunkt – Gesundheit, Ernährung und Kochen

Nachhaltigkeit, Profiköche und Gewürze: Andreas Höllering von Babette’s Spice & Books for Cooks

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Bei Andreas Höllering von Babette’s bekommt man neben Büchern auch Gewürze aus der eigenen Manufaktur

„Wir haben viele Bücher von Fernsehköch*innen und Profis. Aber auch die unterschiedlichsten Länderküchen“

minada oder „Fäviken: 4015 Days, Beginning to End“ (Phaidon) von Magnus Nilsson dürfen im Babette’s ebenfalls nicht fehlen. Letzteres erzählt die Geschichte von Nilssons Restaurant Fäviken, das er trotz großem Erfolg und weltweiter Anerkennung geschlossen hat. Interessant findet Höllering auch die Programme des Mandelbaum Verlags oder Neuheiten aus dem Brandstätter Verlag. „Aus dem Mandelbaum Verlag gibt es ein neues Buch über Erbsen, das sehr schön gestaltet ist.“ „Erbse“ (Mandelbaum) von Eva Derndorfer beinhaltet alles über die Kulturpflanze, was man wissen muss. Auch bei Babette’s werden seit Beginn der Corona-Pandemie mehr Kochbücher als sonst verkauft. „Die Menschen sind öfter zuhause und haben mehr Zeit zum Kochen.“ In letzter Zeit beobachtet Höllering einen Brotbacktrend, und außerdem wird das Fermentieren immer beliebter. „Aber auch die Klassiker mit Rezepten der österreichischen Küche werden immer gern gekauft.“ Vegetarische Kochbücher sind bei Babette’s bereits zur Normalität geworden. „Ein Dauerseller ist bei uns das Buch „Täglich Vegetarisch“ (AT Verlag) von Hugh Fearnley-Whittingstall. Das ist wirklich ein sehr gutes Kochbuch.“ Auch die vegane Küche mit Titeln wie „Immer schon vegan“ (Brandstätter) von Katharina Seiser kommt immer besser bei den Kund*innen an. Das Buch vereint 70 schmackhafte und rein pflanzliche Rezepte aus über 20 Ländern.

FOTO: JENNIFER FETZ

eit der Gründung vor 19 Jahren ist Buchhändler Andreas Höllering der Kochbuch-Spezialist in der Genuss-Buchhandlung Babette’s Spice & Books for Cooks. Bei Babette’s gibt es neben ausgewählten Kochbüchern auch Gewürze aus der eigenen Gewürzmanufaktur. „Wir sind keine reine Buchhandlung.“ Höllering berät im Babette’s nicht nur Profiköche, sondern auch AnfängerInnen und kennt sich bei den über 2.000 Kochbüchern in der Filiale bestens aus. Auf eine bestimmte Richtung ist Babette’s nicht spezialisiert. „Wir haben viele Bücher von Fernsehköch*innen und Profis. Aber auch die unterschiedlichsten Länderküchen und die wichtigsten Diätbücher sind in unseren Regalen vertreten.“ So finden sich viele Titel vom DK Verlag, aus dem AT Verlag, dem Christian Verlag oder dem Echtzeit Verlag in der Buchhandlung. Bei den Neuerscheinungen freut sich Höllering besonders über „Der ganze Fisch“ (Prestel) von Josh Niland. „Es geht darum, wie man den gesamten Fisch verarbeiten kann. Das ist sehr ungewöhnlich und das erste Buch zu dem Thema.“ Auch den Titel „One: Pot, Pan, Planet“ (Fourth Estate) gibt es in englischer Fassung bei Babette’s. Beide Titel befassen sich mit nachhaltigem, ganzheitlichem Kochen, das ressourcenschonend ist. Die neuesten Bücher von Sterneköchen und Chefköchen, wie „Flavour“ (DK) von Yotam Ottolenghi und Ixta Belfrage, „Today’s Special“ (Phaidon), „Pure Freude“ (AT Verlag) von Andreas Ca-

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Omas Kräuter, glückliches Kochen und erfolgreiche Geheimtipps:

Die Ideen der vielen

Lucia Kirchner-Krämer von der Buchhandlung Kirchner-Krämer

Hier stellen Branchenmitglieder ihre dringendsten Anliegen vor

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s herrscht ja oft ein Wehklagen – die Leser*innen werden weniger, heißt es, und „die Jungen“ lesen nicht mehr. Ich sehe das anders. Die Wege zum Buch und in die Buchhandlungen sind lediglich andere geworden. Ich erlebe eine junge, stark politisierte Generation, die über Social Media extrem gut vernetzt und aktivistisch tätig ist. Die ist nicht weniger an Büchern interessiert, im Gegenteil, es gibt eine große Begeisterung für das gedruckte Buch. Man muss die Leser*innen der Zukunft allerdings dort abholen, wo sie sich austauschen. An Ideen mangelt es nicht, aber wir müssten diese noch mehr bündeln, uns zusammenfinden, uns als Branche berührbarer machen. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam noch viel mehr in Verbindungen denken und uns zusammen den aktuellen Herausforderungen stellen. Auch wenn sich an vielen Ecken etwas tut, so ist die Buchbranche doch noch immer patriarchal geprägt. Da würde ich wirklich gerne mehr Frauen*, vor allem jüngere Frauen*, in zentralen Positionen sehen. Wenn es darum geht, alte Muster aufzubrechen, müssen wir auch die Frage nach Diversität stellen. Das wird nicht ohne Irritationen gehen. Die österreichische Gesellschaft ist nun mal nicht nur weiß, männlich, cis – sondern viel diverser. Da sollten wir uns, glaube ich, alle an der eigenen Nase fassen – ich selbst nehme mich da auch in die Pflicht –, um ein realistisches Bild widerzuspiegeln. Das reicht von den Institutionen, Gremien, Verlagen bis hin zur Wahl der Autor*innen. Denn was zählt, sind die Ideen der vielen.

F O T O S : B I A N C A M A N G ATA , A N D R E A S H A F E N S C H E R

Stefanie Jaksch von Kremayr & Scheriau

ren so sehr entwickelt, jedes 004 übernahm Lucia Programm ist eine Freude, und Kirchner-Krämer die seit die Autoren als auch der Verlag 1993 bestehende Buchhandsind sehr engagiert.“ Kochlung Kirchner-Krämer in Stobuch-Bestseller in der Kirchckerau in Niederösterreich. Die ner-Krämer-Buchhandlung ist Buchhändlerin kennt fast alle derzeit „Restlos glücklich“ Kund*innen persönlich und (Brandstätter) von Paul Ivic. kann daher individuell beraLucia KirchnerIm Gesundheits- und Erten und das Sortiment auf die Krämers Buchhandnährungsbereich beobachtet Stammkundschaft abstimmen. lung ist gut in die Kirchner-Krämer besonders „Wir sind eine kleine BuchhandStadt eingebettet starke Veränderungen im Kauflung mit allgemeinem Sortiverhalten der Kund*innen. ment, die sehr gut in der Stadt eingebettet ist.“ Schwerpunkte sind neben „Trends und mediale Präsenz schlagen viel aktuellen Romanen, Taschen- und Kinder- stärker durch als früher. Vegan kochen und büchern auch Koch- und Reisebücher sowie essen ist derzeit das führende Thema. Aber Bücher zu den Themen Lebenshilfe und Ge- auch Bücher über Low Carb, Naturheilkunsundheit. „Wir führen keine Billigware. Im de oder Kräutersammeln und -ziehen sind Bereich Kochen haben wir viele hochwer- beliebt.“ Über große Nachfrage erfreuen tige, schön ausgestattete Bände, bei Ernäh- sich Bücher zu verschiedenen Länderkürung und Gesundheit kommt es für mich chen, und auch die weniger aktuellen Kochbücher von Ottolenghi haben sich vom Geauch stark auf den Verlag an.“ Auch in diesem Frühling gibt es einige heimtipp zum Verkaufsschlager entwickelt. Bücher, die in der Buchhandlung in Stocke- „Generell wird die Backlist weniger wichtig, rau nicht fehlen dürfen. „Am meisten freue und es beschränkt sich auf weniger aktuelle ich mich auf das neue Buch „Omas Kräu- Titel.“ Titel zu allgemeinen Gesundheitstheterrezepte“ (Freya) von Gerda Zipfelmay- men wie Tinnitus oder Bluthochdruck hat er. Die Autorin ist eine Stockerauerin, sehr die Buchhandlung nicht mehr auf Lager. engagiert und ‚eine Freundin des Hauses‘.“ „Bei solchen Problemen schaut man heutNeben dem Freya Verlag schätzt Kirchner- zutage im Internet nach.“ Wenn es aber ein Krämer auch den Löwenzahn Verlag mit Titel geschafft hat, gut besprochen zu werTiteln wie „Deine fabelhaften Kräuter“ den, und der Autor oder die Autorin das (Löwenzahn) von Andrea Breithuber. Diese Thema gut rüberbringt, dann werden die schließt gut an das erfolgreiche Buch „Das Bücher auch gekauft, so Kirchner-Krämer. unglaubliche Hochbeet“ (Löwenzahn) von „Das funktioniert beispielsweise bei Sasha Doris Kampas an. „Der Löwenzahn und der Walleczek, Christine Reiler oder Manuela Freya Verlag haben sich in den letzten Jah- Macedonia.“

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– Schwerpunkt – Gesundheit, Ernährung und Kochen

Schlaue Ernährung, komplexe Themen und Fachliteratur: Thomas Seidl von der facultas Universitätsbuchhandlung am Campus

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eit letztem Herbst gibt es die facultas Universitätsbuchhandlung am Campus in Wien. Robert Hall und Thomas Seidl leiten die Buchhandlung, in der es neben verschiedenen Fachbüchern, Studienliteratur und Skripten auch Romane, Ratgeber, Kinder- und Jugendbücher gibt. „Wir bieten vom Kinderbuch über Belletristik bis zum Sach- und Fachbuch (und Bürobedarf ) für das Studium oder aus privatem Interesse alles: Die Buchhandlung für ein ganzes Leben!“ Gelegen im Alten AKH, gibt es in der Universitätsbuchhandlung auch allerlei Bücher zu den unterschiedlichsten medizinischen Themen. „Wir haben die neuesten Ratgeber, Kochbücher und Fachliteratur zu den verschiedensten Spezialgebieten.“ Bei der Auswahl orientiert sich die facultas Buchhandlung an der Kundschaft. „Wir überlegen uns, welche Themen für unsere Kund*innen interessant sein könnten.“ Außerdem setzt die Buchhandlung auf renommierte Autor*innen und Verlage. Auch aus dem facultas Verlag selbst gibt es in diesem Frühjahr spannende Titel wie „Verrückte Welt“ (facultas) von Lisa Kainzbauer und Brigitte Maresch. „Im Buch wird das Thema Schizophrenie aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet.“ Bei den Neuerscheinungen im Koch- und Gesundheitsbereich findet Seidl Titel wie „Iss dich klug“ (ecowin) von Manuela Macedonia für interessant. Die Autorin und Neurowis-

Thomas Seidl von facultas am Campus verknüpft Fachliteratur mit populären Büchern

„Wir haben die neuesten Ratgeber, Kochbücher und Fachliteratur zu den verschiedensten Spezialgebieten“

senschaftlerin zeigt, wie relevant gute Ernährung für das menschliche Gehirn ist. Aber auch Kochbücher wie „Unsere neue Familienküche“ (Kneipp) von Olivia Trombitas-Meissel gibt es bei facultas. Sie hebt die Relevanz von Familienessen als gemeinsamen Erlebnissen hervor und fasst im Buch unkomplizierte Tipps für den Familienalltag zusammen. Standardwerke wie „Die Laufbibel“ (Spomedis) von Matthias Marquardt sind auch heuer wieder gefragt, um gute Vorsätze in die Tat umzusetzen. „Grundsätzlich ist alles für uns interessant, in jedem Verlagsprogramm kann sich eine Perle verbergen!“ Im Ernährungsbereich beobachtet Seidl einen „Zurück zur Natur“-Trend. Naturbasierte Kochbücher und Bücher über Bioprodukte werden immer beliebter. Ratgeber wie „Dein fabelhafter Kräuterzirkus“ (Löwenzahn) von Andrea Breithuber, die zeigen, wie man selbst Kräuter anbauen und ernten kann, finden auch in der Stadt immer mehr interessierte Leser*innen. Das Buch setzt innen und außen auf Nachhaltigkeit und ist klimapositiv hergestellt und bleibt plastikfrei-unverpackt. Außerdem würden viele komplexe Themen einfach aufgearbeitet und für Leser*innen zugänglich gemacht, die nicht vom Fach sind. „So lässt sich Wissen erweitern und Fachliteratur mit populären Büchern verknüpfen, wie wir es in unserer Buchhandlung täglich erleben und erleben lassen.“

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ISABEL ALLENDE Was wir Frauen wollen NEU Suhrkamp € 18,50

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MONIKA GRUBER, ANDREAS HOCK Und erlöse uns von den Blöden Piper eBooks € 16,99

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MANUELA MACEDONIA Iss dich klug! Ecowin Verlag € 18,99

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STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden Kailash € 15,50

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Startpunkt Haltestelle Wandern mit Bus und Bahn in Salzburg & Umgebung Bitte einsteigen! Christian Heugl führt bequem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu 50 Tagesrundtouren. Besonderer Vorteil: Sie sind umweltfreundlich unterwegs und der Ausgangspunkt einer Tour muss nicht immer der Endpunkt sein. ISBN 978-3-7025-1009-1, € 22,–

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Eine Reise auf den Glockner Das Abenteuer der Besteigung im Jahr 1802 Joseph August Schultes, Mediziner und Pionier der Botanik, schildert im Rückblick auf die erste private Besteigung des Großglockners geografisch vertraute Regionen – die Obersteiermark, Kärnten, Salzburg und das Berchtesgadener Land. Heute aber, gut 200 Jahre später, wirken die Landschaften, Orte und ihre Bewohner in vielerlei Hinsicht wie aus einer fernen Welt. Gerade darin liegen die Spannungsmomente dieses Reiseberichts, der nun neu bearbeitet und kommentiert vorliegt. ISBN 978-3-7025-1010-7, € 25,–

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– Klassiker – neu entdeckt

Vom Lachen

in der Kehle

Text: Erich Klein Illustration: Katharina Klein

FOTO: MAX AMANN

ERICH FRIED (1921–1988) MITUNTER SOGAR LACHEN Alle Geschichten mit der Großmutter fangen komisch an, heißt es in Erich Frieds Erinnerung an das Wien der 1920-/30er-Jahre. Wer einen Kirschkern verschluckt, dem wächst ein Baum im Bauch, warnt die ganz in der k. u. k. Monarchie lebende Dame, die als Betreiberin eines Zuckerlgeschäfts davon träumte, Hoflieferantin zu werden. Noch glaubt der Enkel an den Klapperstorch und legt gelegentlich ein Stück Zucker aufs Fensterbrett, die frühe Kindheit voller Unschuld vertreibt er sich mit seinem Hund Schufti. Als der Sohn eines Spediteurs aus dem Alsergrund am Obstmarkt am Donaukanal beim Diebstahl einer exotischen Kokosnuss ertappt wird, protestiert er: „Ich bin ein anständiges Kind!“ Seinen ersten politisch effektvollen Auftritt absolviert der spätere Antifaschist, Großmeister engagierter Lyrik und Übersetzer von Shakespeares Theaterstücken im Jahre 1927. Der sechsjährige Erich hat die Erschießung protestierender Arbeiter durch die Polizei miterlebt, als er ein Gedicht vor versammelten Honoratioren vortragen soll, weigert er sich. Fried erzählt von den Kriegskrüppeln, Armen und Bettlern zur Zeit der Wirtschaftskrise, vom Widerstand aufmüpfiger Gymnasiasten der Wasagasse in der Zeit des Austrofaschismus und der aus heutiger Sicht merkwürdigen Allianzen: „Jetzt, da sowohl die Nazis wie die Linken verboten waren,

kämpften wir unsere Meinungsverschiedenheiten unter uns aus, hatten aber keine Lust, einander zu verraten.“ Im Radio verfolgt er den Furor der Kommentatoren über Hitlers „großen Tag von Linz“, die Österreichs „Anschluss“ besoffen verkünden, in der Schule erweist sich der geliebte Griechischlehrer als Antisemit, Frieds Protest dagegen nötigt selbst seinen Nazi-Mitschülern Respekt ab. Kein Kuriosum dieser Zeit der anbrechenden Barbarei wird ausgelassen, etwa die Geschichte von Frieds Nazifreund Papanek, der sich aufgrund der Nürnberger Gesetze als „Volljude“ herausstellt, worauf seine HJ-Gefährten Geld für seine Emigration sammeln. Frieds Vater wird nach einer Hausdurchsuchung verhaftet und stirbt wenige Tage später an den Folgen der Misshandlung durch die Gestapo. „Mein eigenes Heldenzeitalter, wenn man es so nennen will, fing 1938 an, am 24. April, und endete am 5. August, als ich die deutsche Reichsgrenze hinter mir ließ.“ In England hielt sich Erich Fried mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser, schloss sich „Young Austria“ und den Kommunisten an, von deren Stalinismus er sich bald wieder abwendete. Es gab nur eine einzige Gewissheit: Erich Fried, der heuer seinen einhundertsten Geburtstag gefeiert hätte, wurde Dichter. Nach Österreich kehrte er als Autor zurück. Seine Großmutter war 1943 in Auschwitz ermordet worden.

Über Erich Fried

„Erich Frieds Erinnerungstexte an seine Kindheit und Jugend sind nicht einfach nur Memoiren. Frappierend ist die Genauigkeit, mit der er sich an Sprechakte der Kindheit erinnert“ Josef Haslinger

Erich Fried: Freiheit herrscht nicht Gespräche und Interviews, hg. von Volker Kaukoreit und Tanja Gausterer, Wagenbach 2021

Erich Fried: Mitunter sogar Lachen Erinnerungen, ergänzt um Fotos und eine Lebenschronik, mit einem Nachwort von Josef Haslinger, Wagenbach 2021

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Zwischen Urwald und Neusiedler See Ulrich Salamun (maschek) röstet nicht nur seit gut fünfzehn Jahren Spezialitäten-Kaffee unter der Marke Grandoro, sondern baut ihn in Nicaragua seit fast zwanzig Jahren selbst an. Geröstet wird Grandoro Kilambé in seiner Rösterei in Breitenbrunn am

Neusiedler See im Weingut der innovativen Biowinzer*innen Gernot und Heike Heinrich. Der Biokaffee Kilambé bringt neue Geschmacksnuancen in die Tasse, die so vielfältig sind wie die üppige Natur im tropischen Nebelwald Nicaraguas.

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Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Schriftverkehr, Rechtsweg und Barablöse sind ausgeschlossen. Der Gewinn ist nicht übertragbar oder auszahlbar. Die Gewinner*innen werden schriftlich verständigt. Teilnahmeschluss: 17. Mai 2021. Datenschutz: Für die Teilnahme am Gewinnspiel ist eine Angabe von personenbezogenen Daten erforderlich. Die Teilnehmer*innen erklären sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die von ihnen übermittelten Daten von der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, für die Durchführung und Abwicklung des Gewinnspiels erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach vollständiger Durchführung des Gewinnspiels umgehend und unwiederbringlich gelöscht.

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Buchhandlung DAS BUCH, Dornbirn

Anita Figo Wir haben in der Krise ein weit jüngeres Publikum dazubekommen“ Text: Elisabeth Krenn-Stuppnig Foto: Roland Paulitsch

A

nita Figo ist eine „absolute Sprachenliebhaberin“. Als junge Frau zog die Vorarlbergerin nach Florenz, um eine Sprachschule zu besuchen („Ich liebe Italien“), danach begann sie ein Sprachstudium in Wien. Der Liebe wegen kam sie schließlich, noch vor Abschluss des Studiums zurück ins Ländle. „Hätte ich damals nicht den Mann meines Lebens kennengelernt, wäre ich wohl eine Zeit lang in Wien geblieben und dann ganz woanders hingegangen. Mich hat es immer in die Weite gezogen.“ So aber blieb sie in Vorarlberg, absolvierte eine Lehre zur Buchhändlerin und blieb in dem Beruf. 25 Jahre arbeitet sie nun schon in DAS BUCH im Dornbirner Einkaufszentrum „Messepark“, seit Dezember des Vorjahres leitet sie interimistisch die Buchhandlung. Betritt man das Geschäft, sticht sofort die elegant in Szene gesetzte große BelletristikAbteilung ins Auge. Auf 225 Quadratmetern Geschäftsfläche bietet die Buchhandlung zwar ein sehr breites Sortiment, um möglichst viele Wünsche abzudecken, dennoch

finden sich neben „Allerweltstiteln“ auch „besonders schöne Ausgaben“, wie Figo sagt – zum Beispiel die reich und liebevoll illustrierten Ausgaben des Jacoby & Stuart Verlags wie „Alice im Wunderland“, „der Zauberer von Oz“ oder auch das Bilderbuch „Babel“. Wo es die Bücher selbst nicht tun, helfen Figo und ihr Team nach: „Schmuckstücke“ liest sich in großen Lettern an den Regalen, „Wunderschön“, „Anitas Tipp“ oder „GrandioS“. Welche Bücher findet Anita Figo denn „grandios“? „Gute Literatur! Ich mag es, wenn mich ein Buch fordert.“ Eines ih-

Buchhandlung DAS BUCH Messestraße 2 6850 Dornbirn

rer Highlights der vergangenen Monate sei Franzobels „Die Eroberung Amerikas” (Zsolnay) gewesen. Figo hat die lockdownbedingten Schließungen genützt und einiges in der Buchhandlung verändert: Themenwände aufgestellt, Abteilungen, die weniger Zuspruch fanden, verkleinert und eine Sektion für Allgemeinwissen aufgebaut. Während ein großer Teil der Stammklientel, die Schweizer*innen, aufgrund der Coronakrise ausbleiben, würden viele ihrer Stammkund*innen seit Corona vermehrt lesen und die Buchhandlung öfter aufsuchen. Erfreulich sei, dass weit häufiger auch junge Menschen die Buchhandlung aufsuchen. „Wir haben in der Krise ein weit jüngeres Publikum dazubekommen. Wahrscheinlich sehnt sich diese Generation wieder mehr nach analoger statt virtueller Beschäftigung.“ Die sympathische Buchhändlerin zeigt sich optimistisch: „Die Menschen brauchen mehr denn je Sicherheit und Bleibendes. Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Branche gestärkt aus der Pandemie hervorgehen wird.“

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Klever Verlag, Wien

„Ich schätze es an meinen Autor*innen, wenn sie eigenwillig schreiben – einen Beamten finden Sie bei mir nicht“

Text: Lisa Schöttel Foto: Jana Enzelberger

Ralph Klever E

in Plattenspieler, Regale voller Schallplatten und Bücher, ein paar Flaschen guter Whisky und eine Trompete – das Büro von Ralph Klever ist ein Sammelsurium unterschiedlichster Dinge, die ihm wichtig sind. Seit der Verlagsgründung 2008 ist der Klever Verlag im 2. Wiener Gemeindebezirk beheimatet, zunächst im Souterrain, nunmehr – einen Halbstock höher – zu ebener Erd’. Eine Treppe führt in den kleinen Hinterhof, wo Verleger Ralph Klever normalerweise neben den von Efeu bewachsenen Mauern zusammen mit seinen Autor*innen bei Kaffee in der Sonne sitzt und an neuen Büchern arbeitet. Im Moment ist natürlich alles anders. Als Ein-Mann-Unternehmen ist Klever „ständig auf Achse“, jettet zwischen Familie und Verlagshaus hin und her und versucht „alles unter einen Hut zu bringen“. Viele Dinge gleichzeitig zu jonglieren ist ein großes Talent Ralph Klevers, der schon seit den 90er-Jahren fest in der österreichischen Verlagsbranche verankert ist. Über 14 Jahre hat er das Literaturprogramm für den Ritter Verlag gestaltet und mit Franzobel 1995 sogar einen Gewinner des Ingeborg-Bachmann-Preises ediert und betreut.

2003 übernahm er zusätzlich die Stelle als Verlagsassistent von Fritz Molden im Molden Verlag. Laut Klever ein „spannendes Kontrastprogramm“, betreute er doch vormittags bei Molden etwa Bücher von Kardinal Schönborn und nachmittags beispielsweise die Aphorismen von Günter Brus für den Ritter Verlag. „Irgendwann hat man so viele Jobs gleichzeitig, dass man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht.“ Der Wunsch, „die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“, wurde immer größer, und so gründete er, ausgestattet mit einem breit gefächerten Netzwerk und über Jahre gewachsenen Kontakten zu Autor*innen, den Klever Verlag. Als „lustvolles Laboratorium für avancierte Gegenwartsliteratur“, so beschreibt Klever seinen Verlag. Gleich nach der Gründung holte er mit Andreas Okopenko und Ann Cotten zwei wichtige Stimmen der Avantgarde ans Haus. Neben Lyrik und Prosa ist auch der Essay eine der Schienen des Verlags. Überhaupt ist Klever stets auf der Suche nach neuen Formensprachen. Schräge,

„sprachlich an der Kippe stehende Texte“ erregen seine Aufmerksamkeit. „Ich schätze es an meinen Autor*innen, wenn sie eigenwillig schreiben – einen Beamten finden Sie bei mir nicht“, lacht er. Schon so manche neue Stimme habe er entdeckt, bevor sie dann auch der breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. So betreibt er Aufbauarbeit, „ähnlich wie zum Beispiel ein österreichischer Bundesligaverein fußballerische Aufbauarbeit betreibt“. Raphaela Edelbauer, Robert Prosser und Daniel Wisser haben ihre ersten Bücher im Klever Verlag herausgebracht, bevor es für sie in die große, weite Verlagswelt hinausging. Denn, so Klever, die großen Geschäfte müssen die Autor*innen bei den großen Verlagen mit der entsprechenden Logistik im Hintergrund machen. „Mir geht es vorwiegend um die Programmgestaltung – eine stete Herausforderung, in ästhetischer wie formaler Hinsicht – nicht um die Fabrikation von Bestsellern.“

Klever – Verlag für Literatur, Essayistik und Kritik Hochstettergasse 4/1 1020 Wien

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Elster & Salis, Zürich und Wien

Anja Linhart „Ich mag es gar nicht, wenn man mich in Schubladen steckt“

Text: Lisa Schöttel Foto: privat

N

eubeginn und der Wunsch nach ständiger Veränderung spicken die berufliche Laufbahn von Anja Linhart. Der letzte Umbruch fiel genau mit einem großen gesellschaftlichen Umbruch zusammen: 2020 übernahm sie die Verlags­ leitung des Schweizer Verlages Elster & Salis in Wien, gleich danach kam die Coronakrise. Schwierige Bedingungen, um etwas Neues aufzubauen. Trotzdem blickt Anja Linhart zuversichtlich in den Herbst. „Nach dieser Pandemie werden sich die Menschen wieder dem sinnlichen Moment des Lesens hinge­ ben“, hofft Linhart auf einen „Hunger nach Geschichten“, die in der Pandemie zu kurz gekommen sind. Der Hunger, in besondere Geschichten einzutauchen, treibt auch Linhart an. Wäh­ rend sie sich als Kind noch vorwiegend Bü­ cher vorlesen ließ, nahm sie sich mit 13 Jah­ ren die Werke von Simone de Beauvoir vor. Mit Leib und Seele verschrieb sie sich dann beruflich der Politik und dem Journalismus. Nach ihrem Umzug nach Wien vor 13 Jahren merkte sie schnell, „dass es große kulturel­ le Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland gibt“ und man sich als Journa­

listin gewissen Schubladen zuordnen müs­ se. So wandte sie sich dem Bildungssektor zu und gründete gemeinsam mit Monika Jeschko den Verein „Kultur für Kinder“, der Kulturprojekte für Kinder aus „herausfor­ dernden Verhältnissen“ organisierte. Durch ihre Affinität zur Sprache steuert sie dabei vor allem Projekte mit spielerischem Zugang zum Lesen, Erzählen und Theaterspielen bei: „Ich möchte, dass Kinder verstehen, dass sie durch die Sprache ein Tool zur Mitbestim­ mung in der Gesellschaft erhalten.“ Neben ihrer Tätigkeit als Kulturvermitt­ lerin begann sie 2019 beim Schweizer Verlag Elster & Salis als Lektorin zu arbeiten. 2019 fiel ihr das Manuskript „Mobbing Dick“ von Tom Zürcher in die Hände. Das Buch schaff­ te es auf die Longlist des Deutschen Buch­ preises 2019 und wurde ein Erfolg. „Ich sah dies als ein Zeichen, nach langen Umwegen Elster & Salis Verlag Kärntner Ring 12/2 b

auf dem richtigen Platz angekommen zu sein.“ Seit 2020 führt sie nun den Verlag Els­ ter & Salis in Wien. Sein Fokus liegt auf in Österreich lebenden Autor*innen, trotzdem möchte sie auch hier „in keine Schublade ge­ steckt werden“. Als Tochter einer Buchhänd­ lerin und eines Industriedesigners bringe sie einen „wertvollen Blick von außen“ und möchte in Bezug auf das Design der Bücher eigene Wege gehen. „Erscheinung und Inhalt eines Buches müssen einfach zusammen­ passen.“ Das erste Buch ist für den Herbst geplant. Der Autor ist zweisprachig aufgewachsen, befindet sich also zwischen zwei Kulturen und passt hervorragend zu Wien, dem „Mel­ ting Pot unterschiedlicher Kulturen“, wie es Linhart nennt. Es geht um Verschwörungs­ theorien, um Glaube und Fanatismus und die Frage, was denn überhaupt Wahrheit sei. „Dabei zeigt der Autor aber nie mit dem Zei­ gefinger auf irgendjemanden.“ Verbunden wird das alles mit einer Liebesgeschichte. „Ich denke, dass sich die Menschen nach dieser Pandemie auch nach Unterhaltung sehnen.“

1010 Wien

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Buchhandlung Sterzinger, Wolkersdorf

Text: Lena Wechselberger Foto: Privat

Hans Sterzinger D

er Name Sterzinger hat im niederösterreichischen Wolkersdorf Tradition: Seit 1956 findet man beim Spazieren entlang der Hauptstraße an der Nummer 29 ein Geschäftslokal der Familie. Knapp sechzig Jahre und einen Umbau später eröffnete Hans Sterzinger dort ein Fachgeschäft für Bücher, Schreibwaren und Trafikartikel. „Wir sind vor Ort und haben das Ohr bei unseren Kundinnen und Kunden“, erklärt Sterzinger das Angebot. Die Quintessenz des Konzepts sei es, das zu verkaufen, was gewünscht wird. „So ist ein Sortiment entstanden, das man nicht gleich auf Anhieb versteht – aber es funktioniert“, schmunzelt er. Lesefreudigen bietet der stationäre Buchhandel eine breite thematische Auswahl. Von Geist und Körper, Hobby und Kreativ über Freizeit und Reise bis hin zu Gesellschaft und Politik sowie Belletristik ist alles vertreten. Zudem liegt aufgrund der Zusammenarbeit mit dem benachbarten Verlag Winkler-Hermaden ein Schwerpunkt auf regionalen Büchern über das Weinviertel. Die Fachabteilungen werden laufend bestückt, um in kleinen Mengen immer etwas Neues auszuprobieren – wie viel und was man brauche, sei eine Lernkurve. „Ich bin ja quasi ein Quereinsteiger“, erklärt Sterzinger. Denn das breite Literatursortiment gibt es erst seit dem Umbau. Wer im Geschäft nicht fündig

„Ein Sortiment, das man nicht gleich auf Anhieb versteht – aber es funktioniert“ wird, hat die Möglichkeit, über den Webshop zu bestellen. Dieser greift auf ein Barsortiment von 500.000 Artikeln zurück. Neben Selbstabholung und Postversand bietet Sterzinger auch eine eigens entwickelte Zustellung für die Region um Wolkersdorf an, bei der er selbst ausliefert. Letztere sei besonders während der Lockdowns, als der Postweg überlastet war, vermehrt in Anspruch genommen worden. Mit 300 Quadratmetern bietet das Fachgeschäft auch Platz für Veranstaltungen. Dafür wurden unter anderem Buchständer auf Rollen angeschafft, um den Raum dynamisch vergrößern und verkleinern zu können. Besonders an die Geselligkeit denkt Sterzinger gern zurück: „Wir hatten Lesungen, da habe ich meine Sessel aus dem Büro gebracht, weil wir keine Sitzgelegenheit mehr hatten.“

Buchpräsentationen, Themenlesungen und sogar eine Wein-Herbstveranstaltung mit Literaturclub und Bildausstellung fanden in der Vergangenheit statt. Das Gefühl, gute Arbeit zu leisten, die von den Kund*innen gewürdigt werde, sei ein großer Antrieb für Sterzinger. Speziell das Feedback von Stammkund*innen gebe ihm „unheimlich viel Kraft“. Auf die Frage nach seinem Lieblingsbuch kommt Sterzingers Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Das Geheimnis eines guten Lebens“ (edition a) von Schauspieler und Trauerredner Carl Achleitner. Gelesen hat er das Buch während seiner Kur, inzwischen ist Sterzinger mit Tatendrang und einem offenen Ohr für seine Kund*innen wieder in der Hauptstraße Nummer 29 anzutreffen – wie seine Familie schon Generationen zuvor.

Buchhandlung Sterzinger Hauptstraße 29 2120 Wolkersdorf im Weinviertel

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– Selbstredend –

Bücher sind meine Kinder SAGT DER DEUTSCHE ROMANCIER HANS PLESCHINSKI, „UND WENN EINES DIESER KINDER STAPELWEISE IN DEN BUCHHANDLUNGEN THRONT, FREUT MICH DAS. IN DER PANDEMIE HAT DAS BUCH VON ALLEN KÜNSTEN AM BESTEN DURCHGEHALTEN“ Interview: Erich Klein Fotos: Isolde Ohlbaum

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ans Pleschinski, 1956 im niedersächsischen Celle geboren, studierte in München Germanistik, Romanistik und Theaterwissenschaft. Seit seinem literarischen Debüt 1984 veröffentlichte er zwei Dutzend Romane, Erzählungen und Essays, übersetzte Briefwechsel und Memoiren von Friedrich dem Großen, Voltaire und Madame de Pompadour. Seine bei C. H. Beck erschienenen Nobelpreisträgerromane „Königsallee“ (2013) über Thomas Mann, „Wiesenstein“ (2018) über Gerhart Hauptmann und zuletzt „Am Götterbaum“ (2021) über Paul Heyse wurden zu Bestsellern. Herr Pleschinski, Sie leben seit vier Jahrzehnten in München. War es eine große Befreiung, aus dem kleinen Ort an der Grenze zur DDR, in dem Sie aufwuchsen, wegzukommen? Hans Pleschinski – Diese Welt war gar nicht klein – sie war sehr frei! Flache Horizonte, weiter Himmel, der Ort eine Kleinstadt, stolz, seit 500 Jahren das Stadtrecht zu besitzen. In meinem Elternhaus und bei anderen Menschen dort herrschte ein lässiger Protestantismus, der viel ermöglichte. Man konnte sich wunderbar entfalten. Auf den Bauernhöfen gab es herrliche Spielmöglichkeiten, etwa mit Pferden. Mein Vater war Schmied und beschlug deren Hufe, so hat es nichts gekostet, vier bis sechs Mal die Woche über die Wiesen zu reiten. Das war Luxus, wobei ich nicht wusste, um welchen Luxus es sich handelte. Ich wollte sogar Turnierreiter werden! (lacht) Das Fortgehen aus der Lüneburger Heide nach München war eine Erweiterung, eine Entwicklungsstufe war beendet. Das war auch meinem Vater klar, der anfangs wollte, dass ich Schmied werde, aber bald sah: Daraus wird nichts. Ich las zu viel, war zu versponnen, so hat er mich melancholisch, aber guten Herzens in die Freiheit entlassen.

In Beschreibungen Ihrer Kindheit erwähnen Sie den Fantasiesturm, den der Anblick von barocken Gebäuden in Dresden auslöste. Was ist damals geschehen? Pleschinski – In Wittingen, wo ich aufwuchs, war alles recht nüchtern: Backsteinhäuser, unbarock. Als mich meine Großmutter mit sieben oder acht nach Celle nahm, hatte ich mein erstes Schlüsselerlebnis. Im Renaissance-Barockschloss sah ich das erste Mal Schönheit – die Stuckaturen, die Kristalllüster, die wunderbaren Vorhangstoffe, das Theater, all das war überwältigend, eine Initialzündung für mich, dass es neben dem Zweckmäßigen fantasiereiche Dinge gibt, in denen sich Gedanken und Mythologien entfalten können. In Celle bin ich bis heute verliebt! Dann gab es eine Reise zu Verwandten nach Dresden, diese Trümmerwüste im Elbtal erzählte mir eine grandiose und tragische Geschichte, die ausgebrannte Oper und das ausgebrannte Schloss blieben ein unauflöslicher Eindruck. Ich habe als Kind fünfzig DDR-Pfennige in einen Blechkasten gestopft, damit es wieder aufgebaut wird. Das haben Sie schon als Kind verstanden? Pleschinski – Für mich stellte sich sehr früh, wenn auch unklar, die Frage: Was ist hier passiert? Warum gab es etwas so Schönes, und warum ist es zertrümmert? Das führte mich später zu historischen Fragen der deutschen und der europäischen Identität. Ich bekam damals von Verwandten ein sehr wichtiges Buch geschenkt, die „Sachsentrilogie“ des polnischen Autors Józef Kraszewski, eines polnischen Balzac. Er schildert das Leben am Hof von August dem Starken und des Grafen Brühl. Vor dem Hintergrund der ausgebrannten Gebäude las ich das wie die Märchen aus „Tausendundeine Nacht“ und schrieb es dann auch mit

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„Verdrießlichkeit und Nabelschau einer wohlhabenden Generation in Deutschland ekeln mich bis heute an. Ich bekannte mich ganz bewusst zur Postmoderne“ Hans Pleschinski

anderen Namen und anderen Orten um. So habe ich zu schreiben begonnen. (lacht) Natur und Geschichte im Osten Deutschlands spielen in Ihrem Werk eine wichtige Rolle – hat die Kindheitslandschaft einen Sonderstatus? Pleschinski – Nein, sie ist eine von vielen Landschaften. Mir ist ein Satz von Fernando Pessoa viel näher: „Ich möchte jeder Mensch an jedem Ort zu jeder Zeit sein.“ Bei Lesereisen überkommt mich immer wieder die Sehnsucht nach schönen Orten, ich möchte immer länger bleiben, sei es in Rostock oder in Graz. Die Kindheitslandschaft war schön, aber es gab keine guten Zahnärzte, auch war sie durch die Zonengrenze mit dem Todesstreifen drei Kilometer hinter unserem Haus besonders brisant. Wenn man nachts Lärm hörte, konnte man auch schon als Kind ahnen, dass da Flüchtlinge auf eine Mine getreten waren und zerrissen wurden. Man stand mitten in der neuesten Geschichte und konnte sich sagen, ich habe Glück, im Westen aufzuwachsen. Die Menschen drüben zahlten einen viel größeren Preis für den von Deutschland begonnenen Krieg. Sie waren 1968 zwölf – wie viel haben Sie davon am Rand der BRD mitgekriegt? Pleschinski – Es war ekelerregend, im Kalten Krieg zu leben mit der zigfachen Möglichkeit, die Welt zu vernichten. Für uns war zunächst die Kubakrise sehr wichtig. Meine Eltern und Großeltern wachten nachts und sagten, jetzt beginnt der Dritte Weltkrieg. Wir schauten aus dem Fenster, um zu sehen, ob die Rote Armee schon an unserem Haus vorbeimarschiert. Dem Westen trauten wir keinerlei militärische Kompetenz zu und sahen uns schon im Ostblock oder durch den Krieg getötet. Der Prager Aufstand schlug auch bis zu uns Wellen – ich saß »

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auf der Haustreppe und dachte, jetzt gibt es Krieg. Allerdings hat sich auch die 68er-Revolte der Studierenden ein wenig niedergeschlagen, denn Niedersachsen war kulturpolitisch sehr links. Wir wählten ein Schülerparlament, im Geschichtsunterricht ging es ständig um Aufstände, angefangen bei Spartacus. Das wurde in Gruppenarbeiten durchbesprochen und nervte ein wenig, man lernte diskutieren, aber wenig Fakten. Auch gab es viele andere Erweiterungen, so ging im erotisch-sexuellen Bereich in unserem Dorf die Post ab. Die Stimmung in Hamburg, wo schon die Beatles aufgetreten waren, schwappte bis zu uns, einschließlich der Möglichkeit, in unserem kleinen Kaff ganz locker Drogen kaufen zu können. Wann begann die Literatur in Ihnen zu leben? Pleschinski – Bücher stellten neben dem Alltag einen ganzen Lebensbereich dar. Ich hatte einen Patenonkel, der mir Abenteuerbücher schenkte, einige Bücher gab es bei uns zu Hause, auch las ich gern im Lexikon und konnte viertausend Geschichtszahlen auswendig! (lacht) Mein besonderes Leseerlebnis war Robert Louis Stevensons „Schatzinsel“, hatte ich doch schon mit Robinson Crusoe auf eine Insel gewollt, aber mit Jim Hawkins schloss ich mich auf dem Dachboden mit einer Taschenlampe in einen Schrank und las dort. Ich glaubte, auf dem Schiff Hispaniola zu sein. Meine Großmutter brachte mir als Schiffsproviant Milch und Brot. Ich habe in diesem Schrank sogar geschlafen! Die Literatur hatte ungeheure Macht über mich, das wurde auch gar nicht in Frage gestellt, es hieß nur, lies nie mit einer Kerze, sonst brennt noch das Haus ab. Es gab in diesem Ort mit seinen fünftausend Einwohnern fünf kleine Buchhandlungen, Bücher gehörten in jedem Haushalt dazu. Im Konfirmationsunterricht wurden mit dem Diakon Psalmen gelesen, für mich waren die biblischen Geschichten Märchenwelten, außerdem lernte man damals noch Gedichte auswendig. Und natürlich sang man beim Fahrradfahren: etwa „Narcissus und die Tulipan, / Die ziehen sich viel schöner an / Als Salomonis seyde.“

Ein Kirchenlied – die Beatles haben Sie auch gesungen … Pleschinski – Das ging alles nebeneinander. Die Sonntage waren unendlich langweilig, immer kam ein Blasmusikkonzert im Deutschlandfunk. (lacht) Aber am Samstagabend ging man zum „Dorfschwof“, wo ich mit einer Freundin Polka und Walzer tanzte. Fortschrittliche Schüler brachten dann bald Lou Reed und David Bowie mit.

Haben Sie begonnen, Gedichte zu schreiben? Pleschinski – Gedichte selten, ich habe nur viele Jahre lang am 14. Februar, am Tag des Untergangs von Dresden, ein Gedicht auf Dresden geschrieben – nicht veröffentlich. (lacht) Als ich das erste Mal verliebt war, schrieb ich Gedichte auf Französisch. Es war von Anfang an eher Prosa, was mich reizte. Gemeinsam mit Mitschülern schrieb ich Sketche, die vor der Klasse vorgelesen wurden, oder wir verlängerten Fernsehserien wie „Bezaubernde Jeannie“ um hundertfünfzig Episoden. Mit der Zeit wurde das immer verrückter. Wann begann das ernsthafte Schreiben? Pleschinski – Ich habe in einem Altenheim des Johanniterordens, in dem die Hälfte der Bewohner Adelige aus den ehemaligen deut-

lern besetzt waren. Ich war eine Elfe, die da herumflatterte, in der Literatur blieb ich ein Fremdkörper. Ich schrieb aber immer weiter, bis „Gabi Lenz“ entstand, die erfundene Biografie einer deutschen Innerlichkeitsautorin. Ich dachte, das schreibe ich noch und dann höre ich auf. Das Gegenteil ist passiert … Pleschinski – Dieses Buch wurde angenommen. Es ging gegen die deutsche Innerlichkeitsliteratur, gegen die Verdrießlichkeit und Nabelschau einer wohlhabenden Generation in Deutschland, die ich damals nicht vertrug und die mich bis heute anekeln. Ich fühlte mich erstmals bestätigt und bekannte mich ganz bewusst zur Postmoderne. Ich wollte erzählen, was mir die Postmoderne erlaubte,

„Ich stieß durch Zufall in Düsseldorf auf den Briefwechsel mit Thomas Manns Liebhaber Klaus Häuser und wurde von der Geschichte in die Pflicht genommen“ Hans Pleschinski

schen Ostgebieten waren, Zivildienst geleistet. Das war eine Fundgrube an Geschichten und Menschenstudien über die Bismarcks, von Trottas und wie sie alle hießen. Über diese Zeit im Altersheim habe ich meinen ersten Roman geschrieben. Mit dem Manuskript zog ich nach München und dachte: Jetzt geht’s los. Einen Verlag zu finden, gelang mir nicht, aber München als die heimliche Hauptstadt Deutschlands besaß damals eine unglaubliche Dynamik, sehr viel mehr als heute. Ich geriet in den Kreis von Rainer Werner Fassbinder, in die Theater, die damals mit vielen österreichischen Schauspie-

die Flügel möglichst weit ausspannen und durch Erzählreiche fliegen, soweit ich kann. Damit hatte ich Fans, Freunde und Leser, aber auch Gegnerschaft. Offenbar habe ich durchgehalten. Mein kleiner Roman „Der Holzvulkan“ ist bis heute en vouge, weil darin hoffentlich auch tiefere Botschaften als bloßes Erzählen stecken. Welche Botschaft meinen Sie? Pleschinski – Den Blick in die deutsche Geschichte, den Versuch, das Dritte Reich besser in den Griff zu bekommen und uns nicht damit identifizieren zu lassen, die deutsche

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Kontinent Kinderbuch und österreichische Geschichte ist sehr viel reicher. Es wäre ein später Triumph dieses zwölfjährigen Schandreiches, wenn es noch immer Macht über unser Gemüt hätte. Wollten Sie irgendwann lieber kein Deutscher sein? Pleschinski – Vielleicht kurz einmal Franzose. (lacht) Aber das hatte mit der Liebe zu tun. Wenn ich auf die Vergangenheit hinweise, etwa auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, dann hat das nichts mit Größenwahn zu tun, vielleicht war das sogar ein zukunftsweisendes Konstrukt. Dieses Reich, in dem wir einmal lebten, war mit Polen, Dänen, Elsässern, Italienern und Deutschen multinational und funktionierte über Jahrhunderte bis zum Aufkommen des Nationalismus recht gut. Die k. k. Monarchie war auch stellenweise eine Vorform der EU, und das Heilige Römische Reich hatte einige Grundsätze, die mir gefallen: Zu schwach zum Angriff, stark in der Verteidigung. Wenn ich von einem bezaubernden Größenwahnsinnigen wie August dem Starken und seinen Mätressen erzähle, und die Menschen sagen: „Aha, das gab es also auch, nicht nur Göring und Kaiser Willhelm“, dann bin ich schon zufrieden. Es gibt eine Menge von Traditionen, an die erinnert werden sollte, um dann als entspannter Deutscher zum richtigen Europäer zu werden in einer Europäischen Union, die vielleicht auch einmal funktionieren sollte. Ihre letzten drei Romane über Thomas Mann, Gerhart Hauptmann und Paul Heyse um­ kreisen dennoch das katastrophale 20. Jahr­ hundert der Deutschen. Pleschinski – Der Zweite Weltkrieg war für mich immer sehr nahe, mein Vater floh aus der Schlacht um Berlin, überlebte, verlor seine Heimat im Osten und ist im Westen gestrandet. Ich bin als Kind zu Vertriebenentreffen mitgefahren, der Osten, den ich in „Wiesenstein“ am Beispiel von Hauptmann beschrieb, war immer als verwunschenes Land präsent. Aber in die „Nobelpreisträgerromane“, wie sie mittlerweile genannt werden, bin ich einfach hineingerasselt, das waren keine gesuchten Themen, Themen kommen stets auf mich zu. Ich stieß durch Zufall in Düsseldorf auf den Briefwechsel mit Thomas Manns Liebhaber Klaus Häuser und wurde von der Geschichte in die Pflicht genommen. Warum sind die Manns für die Deutschen eine so wichtige Familie? Pleschinski – Es ist eine spektakuläre Familie, die durch Thomas Manns Ruhm bekannt wurde, andernfalls wäre es eine Münchner Boheme-Familie geblieben. Sie waren geist-

reich, freizügig, crazy, unter dem Schutzschirm des seriösen Ruhms des Vaters konnten alle treiben, was sie wollten. Sie fielen auf, aber sie fielen durch anregende Dinge auf und nie durch etwas Bedrückendes, Düsteres. Das ist schon bemerkenswert. Thomas Mann wurde durch seinen Kampf gegen das Dritte Reich und Hitler zu einer Lichtgestalt, womit er vermutlich selbst nie gerechnet hatte. Auch wenn es eine finanzielle Absicherung gab, mit sechzig ins Exil zu gehen, war schon hart. Elias Canetti schrieb einmal: Wer länger lebt, der siegt. Thomas Mann hat länger gelebt als Hitler, und damit hat er ihn besiegt. Das finde ich grandios! Ein hypochondrischer, feingeistiger Schriftsteller, der an seiner Kunst zweifelt, macht sich zum Schlachtross für ein besseres Deutschland. Es war ein Glücksfall für die Deutschen und die Welt, dass es so jemanden gab, der sich ermannte, in den Ring zu steigen, und auch noch köstliche Geschichten schrieb. Sein zwecklosester Roman, der „Josephsroman“, ist wahrscheinlich auch sein gelungenster. Josephs Verführung durch Potiphars Weib ist ein Glanzstück der Weltliteratur, wobei man gar nicht genau weiß, worum es eigentlich geht. Um Eros ja, aber das ist mit einer Leichtigkeit dargestellt, die die Lektüre zum reinen Vergnügen macht! Danach kam der alte Gerhart Hauptmann im Schlesien des Jahres 1945 … Pleschinski – Das tragische Ende von Gerhart Hauptmann ist mit dem Untergang der wunderschönen Provinz Schlesien verbunden, die heute polnisch, wieder schön und wieder offen ist. Auch das war eine Tragödie, die durch deutsche Schuld verdrängt, verschwiegen und weggeschoben wurde, überdies eine der größten Tragödien der neueren Geschichte mit unglaublich vielen Flüchtlingen, Tod und Mord. In der Heimat meines Vaters in der schlesischen Neumark wurden während des Einmarsches der Roten Armee 350.000 Menschen ermordet. Das wurde hierzulande nicht erwähnt. Ich meine aber, das geht so nicht weiter, wenn wir mit Polen in ein gutes Verhältnis kommen wollen, müssen wir über alle Leiden reden, auch die Polen müssen das. Hauptmanns Werk war eine Entdeckung für mich, dazu kam der internationale Lebensstil, den ein Dichter wie er einmal haben konnte. Es war faszinierend, und ich war froh, einmal etwas wirklich Tragisches schreiben zu können. Man wird ständig in eine Schublade gesteckt, ich konnte es schon nicht mehr hören: „Hans Pleschinski gewinnt auch tragischen Geschichten noch immer Heiterkeit ab.“ Als ich das Ende von »

Karin Haller Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Don’t Do This at Home Kinderbücher stehen auf dem Prüfstand. Nicht nur im Hinblick auf ihre Lesbarkeit, Altersadäquatheit oder ihre literarische und illustrative Qualität, sondern vor allem auch in Bezug auf ihre pädagogische Botschaft. Seit der Aufklärung wird sie als Sozialisationsliteratur begriffen, und das ist auch heute noch so. Die Fragen werden eher mehr als weniger. Sollen Kinderbücher mit veralteten Rollenklischees aus dem Verkehr gezogen werden – was kaum einen Klassiker verschonen würde? Müssen ältere Texte überarbeitet und etwa rassistische Bezeichnungen entfernt werden? Kann, soll, muss man es als Missbrauchsgeschichte lesen, wenn in einem Janosch-Bilderbuch der Frosch der Tigerente ungefragt einen Kuss aufdrückt, wie die Journalistin Teresa Bücker in einem Tweet anprangerte? („Das kann nicht im Ernst eine Kindergeschichte sein, dass eine Figur an einer schweigenden Figur sexuelle Handlungen vornimmt.“) Was entfernt an einen Presseartikel erinnert, in dem seinerzeit Pippi Langstrumpf für die vielen Verkehrstoten mitverantwortlich gemacht wurde, weil sie bei Rot über die Straße geht. Klar ist: Kinder- und Jugendliteratur vermittelt auch Werthaltungen, so wie Literatur schlechthin. Doch so wichtig es ist, sie immer wieder neu und kritisch zu hinterfragen, dass sie nie unmittelbare Handlungsanleitung ist, wissen schon Kinder. Erwachsene sollten das nicht vergessen.

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Hauptmann beschrieb, saß ich unter Tränen am Schreibtisch! Um so mehr überrascht Ihr letztes Buch „Am Götterbaum“, in dem es um den erste deutschen Literaturnobelpreisträger Paul Heyse geht und die Münchner Kulturschickeria. Pleschinski – Im jüngsten Buch, nicht im letzten! (lacht) Ich lebe in München und fragte mich, wie es passieren konnte, dass ein einst so berühmter Mann vergessen wurde und heute so unbekannt ist. Ein anderer Punkt war der schöne Name. Gottfried Benn sagte einmal: „Worte haben Wallungswert.“ Beim Ypsilon im Namen Heyse wallte es in mir. Außerdem wollte ich nicht als historisierender Autor abgefertigt werden und schreibend in die Gegenwart zurückkommen, deshalb ist der Roman in der Gegenwart angesiedelt. „Am Götterbaum“ versucht zwei Welten zu vereinigen: Die Gegenwart Münchens, in der das Buch spielt, und diesbezüglich ist es ein sehr düsteres, geradezu hoffnungsloses Buch, in dem drei Damen wie auf Abruf durch eine späte Menschheitszeit wandeln, die Wohlstandsverwahrlosung hat überhandgenommen, Hast und Rücksichtslosigkeit regieren, und zu all den Bedrängnissen, die auf uns einstürzen, kamen auch noch die Viren dazu. All dies wird mit der idealistischen Welt Paul Heyses verknüpft. Mich hat der Name gereizt, auch die einstige Heyse-Villa, die unentdeckt am prominentesten Platz von München steht. Außerdem interessierte mich die Zeit nach Goethe und Heinrich Heine bis zu Fontane und Thomas Mann. Diese dreißig Jahre sind ein absolutes Loch, niemand weiß etwas über die Gründerzeit, in der es berühmte Romanciers wie Spielhagen oder Gustav Freytag gab. Paul Heyse war der absolute Star dieser Gesellschaft und Zeit. Es hat mich gereizt, herauszufinden, welche Ingredienzien seine Dichtung hatte, was hat er vermittelt. Mittlerweile gibt es wieder einige

„Es lohnt, daran zu erinnern, dass es Kämpfer für das Helle, Schöne und Lichte gab wie Paul Heyse, in dessen Geschichten sehr viel Eros einfließt“ Hans Pleschinski

Leser, die bei Heyse einen gewissen Charme entdecken. Als Mensch ist er ohnehin fabelhaft: liberal, kollegial, fortschrittlich, setzt sich für die Frauenemanzipation ein. Die Schrecknisse der Moderne, Industrialisierung, Arbeiterelend, der Erste Weltkrieg, der alles umstülpte, das war nicht mehr seine Welt. Dennoch lohnt es, daran zu erinnern, dass es Kämpfer für das Helle, Schöne und Lichte gab wie Paul Heyse. In seine Geschichten fließt sehr viel Eros ein, die Frauenfiguren sind selbstständig und haben erotische Bedürfnisse, die sie auch äußern; das war damals sehr wichtig, um die Gemüter ein wenig zu durchlüften. Demnächst wird seine Novelle „Andrea Delfin“ neu herausgegeben, ich schreibe gerade ein Vorwort dazu.

Bücher von Hans Pleschinski

E r s c h ie n e n b e i C .H . B e c k : W i e s e n s t e i n ( 2 018 ) Mit „Die Weber“ schrieb 1892 Gerhart Hauptmann das erste deutsche Proletarierdrama, 1912 erhielt er den Literaturnobelpreis; nach dem Ersten Weltkrieg wurde ihm das Amt des Reichskanzlers angeboten, sein Antrag auf NSDAP-Mitgliedschaft abgelehnt. Der Roman setzt nach der Zerstörung Dresdens ein, Hauptmann und Gemahlin fahren mit dem Zug zurück in ihre Villa Wiesenstein

Ein Motto über Ihrem Werk lautet: „Leben als befristeter Festakt.“ Mittlerweile nähert sich das Alterswerk. Welche Zeit war aufregender, die Anfänge oder das Leben als Bestsellerautor? Pleschinski – Ich würde ergänzen: Die Verzweiflung gehört so lange vertagt, wie es geht! (lacht) Schwer zu sagen, was die aufregendste Zeit war – die unbewusste Lebendigkeit als junger Mann war fantastisch! Das aufregendste Jahrzehnt im negativen Sinn waren die 1980er-Jahre mit der Aidsepidemie um mich herum. Wer infiziert war, starb. Ich habe viele persönliche Tragödien erlebt und wundere mich noch immer, warum ich trotz dieser Katastrophen munter weitergekommen bin. Das Jahrzehnt der Bestseller mit vielen Lesereisen und Erfolg hat Spaß gemacht, aber ich nehme nichts für garantiert. Man ist als Künstler auch Freiwild und wird gern von hinten angeschossen. Aber die Buchhändlerinnen, die einen einladen, die glauben an etwas. Ich sehe es auch als meine Aufgabe, ein wenig wie ein Volksbildner durch die Lande zu ziehen und Menschen für kulturelle Dinge zu begeistern. Das geht leichter, wenn die Bücher in vieler Munde sind. Bücher sind meine Kinder, und wenn eines dieser Kinder stapelweise in den Buchhandlungen thront, freut mich das. Gerade während dieser Pandemie hat das oft totgesagte Buch von den Künsten am besten durchgehalten. Die Theater, Galerien, Konzert- und Opernhäuser mussten zumachen, das Buch aber konnte die Tage bereichern und hat die Menschen wie ein junger Gefährte begleitet. Das lässt hoffen – ohnehin gebe ich den Kampf nicht auf.

im Riesengebirge, wo sich einst internationale Hautevolee tummelte. War es richtig, im Nazireich zu bleiben, fragt sich der Alte, während polnische Milizen und bald auch die Rote Armee die abgeschiedene Gegend in ein Schlachtfeld verwandeln. Schlesiens Apokalypse, ausgewogen und mit großem Atem erzählt.

K ö n i g s a l l e e ( 2 013) Dass sich Thomas Mann gelegentlich in Männer vergaffte, ist bekannt. In Klaus Heuser verliebte sich der Verfasser der „Buddenbrooks“ 1927 fast unsterblich, im Roman „Joseph und seine Brüder“ wurde er verewigt. Mann, zwischenzeitlich berühmtester deutscher Nazigegner und Emigrant, kommt im Sommer 1954 mit Gemahlin Katia nach Düsseldorf, um aus „Felix Krull“ zu lesen. Eine durchaus mögliche Begegnung mit Klaus sorgt bei der familiären Entourage und den Honoratioren der Stadt für mehr als Aufruhr. Ein Meisterwerk amouröser Verstellung und der Intrige.

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G ö tte r b a u m

( 2 02 1)

April 2019: Eine Kulturpolitikerin, eine Autorin und eine Bibliothekarin wandeln gemeinsam mit einem schwulen Paar durch München: Das Haus des in Vergessenheit geratenen ersten deutschen Literaturnobelpreisträgers und Novellendichters Paul Heyse soll gerettet werden. Dann kommt alles anders! Pleschinskis dritter „Nobelpreisträgerroman“ ist eine

Was ist das Erste, was Sie nach dem Ende der Lockdowns tun? Pleschinski – Wenn der ganze Horror vorbei ist, werde ich mich im Münchner Glockenbachviertel in eine Bar setzen und mich volllaufen lassen. (lacht) «

opulent böse Satire nicht nur auf bayrischen Kulturund Literaturbetrieb voller Eleganz und Tiefgang.

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– Kurz vor Schluss – Gastkommentar

Rhythm ’n’ Books Matthias Opis, Geschäftsführer und Verlagsleiter der Styria Buchverlage, zur Frage: Wozu betreiben Verlage Podcasts? Text: Matthias Opis

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s war noch vor der CoronaAusnahmesituation, als wir – von coolen Beispielen angefixt – auf den Podcast-Stream aufspringen wollten. Es schien uns, dass Inhalte einzelner unserer Bücher durch diesen anderen Erzählrhythmus in Bewegung geraten und wir dadurch womöglich Menschen erreichen könnten, die wir sonst nicht erreichen würden. Unsere Ausgangshypothese lautete dementsprechend: Wer gehört wird, wird auch gelesen. Aber wie beginnen? Wir zählen nicht zu den großen deutschen Publikumsverlagen, die über eigene Audio-Manager*innen und Tonstudios verfügen, weil sie auch Hörbücher produzieren. Sinnvolle Kooperationen mussten her.

Am Beginn der Überlegungen für den Premieren-Podcast der Styria Buchverlage stand mit Lisz Hirn eine junge Autorin, die die Reflexion philosophischer Fragen auf den Prüfstand der alltäglichen Lebenspraxis stellt und damit vor allem Frauen zwischen 25 und 45 Jahren anspricht – ein Publikum, das besonders Podcast-affin ist. Ein Jahr nach dem Launch im März 2020 hat „Philosophieren mit Hirn“ bis jetzt 75.000 Streams und Downloads zu verzeichnen. Ist das ein Erfolg? Schwer zu sagen. Ja und nein. Ja, weil es ein Beleg dafür ist, dass es mit Herzblut (Lisz Hirn), Expertise (Jeanne Drach, Chief Voice und Founder von OH WOW Podcasts) und Kommunikation

(Elisabeth Katzensteiner, PR-Chefin Styria Buchverlage) gelungen ist, ein Produkt zu entwickeln, das Resonanz findet. Der Podcast ermöglicht uns einen direkten Austausch mit Hörer*innen und Leser*innen, die sich überraschend intensiv mit von ihnen eingesandten Fragen beteiligen und damit den Podcast und seine Inhalte auch mitgestalten. Darüber hinaus ist der Podcast ein interessantes Marketingtool: Er unterstützt uns in der Pressearbeit, bietet regelmäßig relevanten Content für Social Media und letztlich die Möglichkeit, mit spannenden Kooperationspartner*innen und Sponsoren langfristig zusammenzuarbeiten. Zu guter Letzt zahlt der Podcast „Philosophieren mit Hirn“ auf die Autorinnenmarke Lisz Hirn und auch auf die Verlagsmarke Molden ein. Die weniger angenehme Seite: Der finanzielle Saldo von Aufwand und Nutzen ist bisher negativ. Trotz Sponsoring und Förderungen lässt die Umwegrentabilität für den Verlag noch auf sich warten. Dennoch setzen wir unser Engagement auf diesem Feld fort, weil es vielversprechende Ansätze gibt, die wir weiterverfolgen und -entwickeln möchten. Für ein Fazit ist es noch zu früh. Anfang März 2021 haben wir unseren zweiten Autoren-Podcast gestartet: „Dr. Prein & der Tod“. Die Zielgruppe ist diesmal nicht ganz so spitz wie bei „Philosophieren mit Hirn“: Unser Autor Martin Prein („Letzte-Hilfe-Kurs. Weil der Tod ein Thema ist“) wendet sich „an alle, die einmal sterben werden“. Wenn das keine Steilvorlage ist!

Matthias Opis, geboren 1964 in Offenbach/ Main. Seit 2016 Geschäftsführer und Verlagsleiter der Styria Buchverlage (Molden – Kneipp – Pichler – Styria)

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– Buchtermine –

Veranstaltungen Mai 2021 SONNTAG, 2. 5.

Monika Helfer: Vati (Theater am Saumarkt, Mühletorplatz 1, 6800 Feldkirch, 10:30 – Eintritt nur mit FFP2-Maske und Zutrittstest) William Shakespeare – mit Renate Bauer, David Kopp, Martin Sommerlechner (Seekapelle, Anton-Schneider-Straße , 6900 Bregenz, 11:00) Wild but Heart – Kupferblum frühstückt mit Michael Freund (Online: Live-Stream aus dem Porgy & Bess:, 11:00)

Zu Redaktionsschluss ist noch unklar, in welcher Form Kulturveranstaltungen im Mai stattfinden dürfen. Wir haben uns bemüht, jene abzubilden, die voraussichtlich auch online zu genießen sind.

MONTAG, 3. 5.

Jaroslav Rudiš: Zwischenwelten (Online: Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung Online, Uni Salzburg, 17:00) Franzobel: Die Eroberung Amerikas feat. Thomas Gansch & Paul Schuberth (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

Sharon Dodua Otoo: Adas Raum (Theater Kosmos Bregenz, Mariahilfstraße 29, 6900 Bregenz, 20:00) DONNERSTAG, 13. 5.

Stermann & Grissemann: Das Ei ist hart! – Loriots dramatische Werke (Theater im Park, PrinzEugen-Straße Parkeingang gegenüber Plößlgasse, 1030 Wien, 11:00) Thomas Arzt: Die Gegenstimme (Facultas Dombuchhandlung, Stephansplatz 5, 1010 Wien, 19:30) MONTAG, 17. 5.

Eva Munz: Oder sind es Sterne. Lesung & Gespräch (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) Bodo Hell/Hirsch Fisch (Online, Livestream aus dem Porgy & Bess, 20:30)

DIENSTAG, 4. 5.

Jaroslav Rudiš & Nicolas Mahler: Nachtgestalten. Online-Buchpräsentation vom Literaturhaus Salzburg (Online, 19:30) MITTWOCH, 5. 5.

Ludwig Laher: Schauplatzwunden. Über zwölf ungewollt verknüpfte Leben (Bibliothek Lamprechtshausen, Dir. Lindner-Weg 3, 5112 Lamprechtshausen, 19:30)

MITTWOCH, 19. 5.

Das Literaturfest Salzburg findet – online und wenn möglich Open Air – vom 25. bis 30. Mai statt, u. a. mit Sharon Dodua Otoo

Poets at Work: Lesungen von Raoul Eisele, Katharina J. Ferner, Axel Görlach & Franziska Krug (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) DONNERSTAG, 20. 5.

Peter Rosei: Das Märchen vom Glück (Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00) Eva Schmidt: Die Welt gegenüber Buchpräsentation (Vorarlberger Landestheater, Seestraße 2, 6900 Bregenz, 20:00)

DONNERSTAG, 6. 5.

Andrea Nießner: Tod und Wiedergeburt im homerischen Demeterhymnos. Literaturfrühstück: (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 10:30) Ilija Trojanow: Doppelte Spur (Stadtbücherei Dornbirn, Schulgasse 44, 6850 Dornbirn, 19:00)

FREITAG, 21. 5.

Christoph Ransmayr: Der Fallmeister Lesung & Gespräch (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

FREITAG, 7. 5. MITTWOCH, 26. 5.

Jaroslav Rudiš (Foto l.) und Nicolaus Mahler (r.) präsentieren ihr gemeinsames Buch „Nachtgestalten“ am 4. Mai

Literaturfest Salzburg (25.–30. 5.) mit Sharon Dodua Otoo, Birgit Birnbacher, David Schalko, Juan Gabriel Vasquez und Marlene Streeruwitz. (Online im Live-Stream und wenn möglich Open-Air-Veranstaltungen) Peter Stephan Jungk: Marktgeflüster Lesung & Gespräch (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

Matthias Politycki & Peter Simon Altmann: Vom Kilimandscharo bis zur Verbotenen Stadt. Buchpräsentationen: (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

FREITAG, 28. 5.

SAMSTAG, 8. 5.

Raphaela Edelbauer, Valerie Fritsch und Michael Weingarten: Dystopie in der Literatur – gestern, heute, morgen. Podiumsdiskussion (Theater am Saumarkt, Mühletorplatz 1, 6800 Feldkirch, 20:30) SONNTAG. 9. 5.

Auftakt 100 Jahre Erich Fried: Erich Fried Preis 2020 (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 11:00) MONTAG, 10. 5.

100 Jahre Erich Fried (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 15:00) Miteinander Nach-Denken – Philosophische Spurensuche (Bildungshaus Batschuns, 6835 Zwischenwasser, 19:30)

Robert Kleindienst, Manfred Koch & Gudrun Seidenauer: Stimmungsbarometer. Lesungen & Gespräch (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

DIENSTAG, 11. 5.

Rumena Bužarovska & Lejla Kalamujić: Südosteuropäische Perspektiven (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) MITTWOCH, 12. 5.

Helena Adler & Gerlinde Weinmüller: Kinderspiele (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

SAMSTAG, 29. 5.

Franz Dodel: Nicht bei Trost. Lesung & Gespräch (KHG Clubraum, Wiener-Philharmoniker-G. 2, 5020 Salzburg, 16:00) Und wieder geht ein Mai … Gesellschaft der Lyrikfreunde, Lesungen mit Musik (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:00)

FOTO S: R A L F ST E I N B E RG E R, L EO N HA R D H I L Z E N SAU E R

Norbert Gstrein: Als ich jung war (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30) Raphaela Edelbauer und Valerie Fritsch: Dystopische Romane der Gegenwart (Theater am Saumarkt, Mühletorplatz 1, 6800 Feldkirch, 20:15)

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Für uns. Und für die Zukunft

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Ob es um das Klima geht, um Politik, die Arbeit oder die Beziehung: Überall sollen wir verantwortungsvoll handeln. Wie aus dieser Pflicht eine liebende Sorge für unsere Nächsten und eine Kraftquelle für die Zukunft wird, zeigt die Philosophin Ina Schmidt intensiv und lebensnah.

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„ PA N T H E R Z E I T “ V O N M A R I C A B O D R O Ž I Ć

Eine Reflexion über die Anfänge der Corona-Pandemie „mit klugen, aufrichtig und poetisch formulierten Beobachtungen und Gedanken, die bei der Lektüre die Tiefatmung in Gang setzen.“ NDR Kultur

Marica Bodrožić Pantherzeit 2. Auflage 262 Seiten, gebunden mit SU € 22,– (E-Book: € 18,–) ISBN 978-3-7013-1287-0 Einen Trailer und weitere Informationen zum Buch finden Sie auf unserer Homepage unter www.omvs.at/buch/ pantherzeit.

Dieses Buch ist ein Panthersprung in eine neue Zeit! Michael Braun

Dieser Text überragt vieles, was bisher über die Pandemieerfahrung zu lesen war – eine berührende Hilfe beim Sortieren der eigenen Empfindungen und Gedanken. NDR Kultur

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© Peter von Felbert

www.omvs.at

Eine beeindruckende und vielschichtige Reflexion über das Essentielle. Regina Dyck


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