6 2020
anzeiger
Das Magazin für die österreichische Buchbranche Gewinnen Sie einen Picknickkorb im Wert von € 80,–
Aus der Krise in die Zukunft
Akkordarbeit
Die Branche hat in den letzten Monaten Kreativität und Innovation bewiesen. Jetzt geht es um die nächsten Schritte
Der Biograf Walter Schübler über seine Arbeit, die Komteß Mizzi und das literarischeWien um 1900
Neuerscheinungen am Punkt. Digitaler Stress Riedl 2020, ca. 270 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0666-6 Erscheint im September 2020 € 24,90
Sicher im Netz Lappe/Unger 2020, ca. 192 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0669-7 Erscheint im September 2020 € 24,90
Starke Namen Leiblein/Dassel 2020, ca. 150 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0667-3 Erscheint im Oktober 2020
Ö ST E R R E I C H I S C H E P O ST AG F I R M E N Z E I T U N G / G Z 02Z030877 M / 152. JA H RGA N G
€ 24,90
Wenn der Kunde laut wird Cerwinka/Schranz 2. Aufl. 2020, 160 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0664-2 € 24,90
Praxisbuch Networking Lutz/Wolff 4. Aufl. 2020, ca. 192 Seiten, kart. ISBN 978-3-7093-0662-8 Erscheint im September 2020 € 24,90
Steuern. Wirtschaft. Recht. Am Punkt.
01_06_20_Cover_L2.indd 1
Das Beratungsgespräch Wimmer/Buchacher/ Kamp/Wimmer 2. Aufl. 2020, 256 Seiten, geb. ISBN 978-3-7093-0665-9 € 27,90
Als E-Book erhältlich
22.06.20 11:33
Herbst 2020
Belletristik & Sachbuch
Spitzentitel mit Presseschwerpunkt
Fanta sy
DIE WELT VOR DEM UNTERGANG • Dystopischer Roman mit erschreckendem Bezug zur Realität • Die Schauspielerin Cornelia de Pablos kennt die Filmwelt, wodurch sie ihrem Debüt-Roman eine Hochspannung wie im Kinosaal verleiht • Wer Tribute von Panem kennt, wird 144000 lieben • Starke Medienberichterstattung und Marketing Cornelia de Pablos · 144000: Die Versiegelten ISBN 978-3-903263-29-1 · WG 1130 · 400 Seiten · € 16,50 [D] · € 16,90 [A] · ET 03.12.2020
WIEN-KRIMI • Ein packender Wien Krimi mit Twists & Turns von der ersten bis zur letzten Seite • Der Journalist Schneeweiß weiß durch seinen Beruf zu recherchieren: Seine Romanfigur erhält dadurch eine originelle Authentizität • Starke Medienberichterstattung und Marketing Hans Schneeweiß · Jesses Erbe ISBN 978-3-903263-25-3 · WG 1121 · 300 Seiten · € 15,50 [D] · € 15,90 [A] · ET 19.11.2020
True C rime
Ein Wiener Polizist packt aus • True Crime aus erster Hand: Ein Kripo-Beamter zeigt Wiens dunkle Seite • Der Hype um wahre Verbrechen steigt weltweit: Mit wienerischem Anstrich bedient Kumhofer dieses Genre auf eindrucksvolle Art und Weise • Starke Medienberichterstattung (besonders in Kriminalzeitschriften), viele Inserate und Leseauftritte. Fritz Kumhofer · Es war nicht wie im Fernsehen: Ein Wiener Kieberer erzählt, wie es wirklich war ISBN 978-3-903263-23-9 · WG 2973 · 180 Seiten · € 11,50 [D] · € 11,90 [A] · ET 05.11.2020
Weitere Neuerscheinungen finden Sie auf
Presseschwerpunkt
Presseschwerpunkt
Auslieferung: Mohr Morawa Buchvertrieb GmbH · Sulzengasse 2 · 1230 Wien · Tel.: +43 (1) 680-14-0 · Fax: +43 (1) 688-71-30 oder 689-68-00 · Mail: bestellung@mohrmorawa.at · Homepage: www.mohrmorawa.at
Krimi
Gutes Kochen leicht gemacht – mit Taliman Sluga
– 155. Jahrgang – Editorial
„Die Mehrwertsteuersenkung ist ein großer Erfolg, der allen Branchenteilnehmern hilft und zugutekommt“
frisch gebraut
Benedikt Föger
A
ls Anfang Juni bekannt wurde, dass die deutsche Bundesregierung die Mehrwertsteuer für Bücher von sieben auf fünf Prozent senkt, hat sich im HVB sofort eine Arbeitsgruppe zusammengefunden, um die Auswirkungen auf den österreichischen Buchmarkt zu analysieren. Schnell war der Gruppe aus Buchhändlern, Auslieferern, Verlegern, HVB-Geschäftsführung und KÖBU-Data klar, dass die Verwerfungen, die diese Maßnahme für Österreich bringt, verheerend sein würden: Änderung der gesamten Warenwirtschaft und der Preisauszeichnungen, höhere Einkaufspreise in Deutschland, höhere Ladenpreise in Österreich, eine noch größere Preisdifferenz zu Deutschland etc.
Das österreichische Bier-Kochbuch Alles Wissenswerte und 60 Rezepte zum Thema Bier! Die Reise beginnt mit einer kurzen Kulturgeschichte des Bierbrauens und führt – unter anderem über Bierstile, Bierkultur und Biersprache – bis hin zur interessanten Frage, wie sehr das Getränk der Gesundheit zuträglich ist. Prost, Mahlzeit! ISBN 978-3-7025-0973-6, € 19,95
F O T O : K A T H A R I N A F. R O S S B O T H
Schnell war weiters klar, dass die einzige wirklich tragbare Lösung für Österreich ebenfalls in einer Mehrwertsteuersenkung liegt. In dieser Minute haben wir dafür zu kämpfen begonnen und die politischen Entscheidungsträger mit Zahlen, Daten und Fakten zum österreichischen Buchmarkt versorgt, damit sie die Dringlichkeit unseres Anliegens erkennen. Es lag in der Luft, dass die Steuergesetze zugunsten der Gastronomie verändert werden sollten, und es ist der österreichischen Bundesregierung und hier vor allem Herrn Vizekanzler Werner Kogler und Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu danken, dass es ihnen gelungen ist, die Kunst und Kultur, aber vor allem die Bücher in dieses Paket hineinzureklamieren. Das ist ein großer Erfolg, der allen Branchenteilnehmern in Österreich hilft und zugutekommt. Auf die Fahnen schreiben dürfen ihn sich aber die zahlenden Mitglieder des HVB, die mit ihren Mitgliedsbeiträgen eine erfolgreiche politische Branchenarbeit erst ermöglichen. Dafür möchte ich mich bei allen ganz herzlich bedanken.
Benedikt Föger HVB-Präsident
n
Das österreichische Käferbohnen-Kochbuch Von der Kulturgeschichte bis zum vielfältigen Einsatz der Bohne in der Küche: Käferbohnensalat mit Rindfleisch oder einem würzigen Käferbohnen-Speckstrudel, pikanter Käferbohnen-Lammeintopf mit Chili, Käferbohnencreme mit Blütenhonig oder schokoglasierten SchnapskäferbohnenPralinés: Bohn‘ Appetit! ISBN 978-3-7025-0992-7, € 19,95 – erhältlich ab September 2020 Mehr vom Autor: Das österreichische Fisch-Kochbuch ISBN 978-3-7025-0958-3, € 19,95 Europäisches Weihnachtskochbuch ISBN 978-3-7025-0906-4, € 29,–
anzeiger / 3
03_06_20_Editor_FOEGER_L.indd 3
jetzt vorbestell e
Lesen Sie uns kennen. www.pustet.at
22.06.20 11:34
– Inhalt –
„Die Buchbranche hat in den vergangenen Monaten zusammengehalten“ Teresa Preis
A
Teresa Preis Chefredakteurin anzeiger
10
KURZ GESAGT
5
Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlagsgesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien T: +43 1/536 60-0, E: magazine@falter.at, www.falter.at Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Teresa Preis, DW 812 Geschäftsführung: Siegmar Schlager Anzeigenleitung: Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH. Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau
Rasche Unterstützung Zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf fünf Prozent
HVB-MITGLIEDER IM PORTRÄT
24
6
10
Hannes Hörndler Leselaus Verlag
SELBSTREDEND
28
Walter Schübler Im Gespräch
Aus der Krise in die Zukunft
31
Das Herbstprogramm, Solidarität und innovative Festivals
KURZ VOR SCHLUSS
SCHWERPUNKT
14
Die Welt retten
19
Aus der Branche
33
Kontinent Kinderbuch Der Traum vom Morgen
Gastkommentar Michaela Wein
Literatur und Sachbuch im Herbst
Zusammenhalt statt jammern
KLASSIKER
22
artconsulting & curating
Ö1 Buch des Monats, Frankfurter
ESSENZIELL
Lukas Birsak Annemarie Türk
Kurzmeldungen Buchmesse, H. C. Artmann Preis, Österreichischer Buchpreis, Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, Marktdaten, Mittendrin, Facultas, Personalia, Mehrwertsteuersatz, mediakolleg
Alexandra Trenker GEA Laden mit Buchhandlung
Ed. Hölzel
WISSENSWERT
IMPRESSUM Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at Geschäftsführung: Gustav Soucek Projektleitung: Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at Aboverwaltung: Irina Odvody, DW 12, odvody@hvb.at
Wie sich die Branche eingerichtet hat, über Auswirkungen auf das Herbstprogramm und innovative Festivals, die Neues wagen
Neu entdeckt Alfred Kolleritsch
STANDARDS TITELSCHUTZ 8 MONATSBESTSELLER 20 GEWINNSPIEL 23 BUCHTERMINE 34
F O T O : N I N I T S C H AV O L L I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L
nnette Knoch hat schon recht, wenn sie in „Aus der Branche“ (S. 19) diesmal sagt: Die Buchindustrie hat in den vergangenen Wochen und Monaten zusammengehalten. Dabei ist einiges in Bewegung geraten. Alltägliche Vorgänge wurden überdacht und Neues wurde gewagt. Wie das genau ausgesehen hat, ist in Essenziell – „Aus der Krise in die Zukunft“ (ab S. 10) – nachzulesen. Walter Schübler gibt Einblicke in die Akkordarbeit eines Biografen (S. 28) und welche Buchhandlungen zu seinen liebsten zählen. Und Erich Klein zeigt in seinem besonderen Nachruf, dass Alfred Kolleritsch längst zu den Klassikern gehört hat (S. 22).
anzeiger / 4
04_06_20_Inhalt_Impressum_Neu_L2.indd 4
22.06.20 11:35
– Kurz gesagt –
Rasche Unterstützung Die Bekundung der Regierung, den Mehrwertsteuersatz bis Ende des Jahres auf fünf Prozent zu senken, könnte der Buchbranche helfen
F O T O S : K A T H A R I N A F. - R O S S B O T H , T H A L I A , W W W. C H R I S - H O F E R . C O M
Motivation zum richtigen Zeitpunkt Nach existenzbedrohenden, schwierigen Wochen im Buchhandel bringt die Senkung der Mehrwertsteuer einen dringend nötigen Motivationsschub für alle Beteiligten der Buchbranche. Wir alle erhalten unseren Lohn auf Basis des Nettoumsatzes unserer Bücher und proFranz Lintner, fitieren somit gleichermaßen vom gröVorsitzender des ßeren Kuchen, ohne dass sich dadurch Verbandes der die Gewichtung zwischen den Akteuren Österreichischen verschiebt. Somit eine sehr kluge MaßBuchgrossisten, nahme, an der Verlage, Autoren, der Medienlogistik Buchhandel und auch der Zwischenhandel gleichermaßen partizipieren. Besonderes Lob gebührt auch dafür, dass die österreichische Mehrwertsteuersenkung von Beginn an klar und eindeutig zur Stärkung der durch Corona gebeutelten Unternehmen gewidmet wurde. So konnte der ohnehin sehr günstige Verkaufspreis von Büchern unangetastet bleiben. Eine Wertschätzung für das Kulturgut Buch. Kurzum, ein starkes Signal zur richtigen Zeit.
Schnelle Unterstützung zählt doppelt Die angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer auf Bücher, E-Books und Audiobooks ist eine wichtige Maßnahme, um die schwerwiegenden Folgen der COVID19-Pandemie für die gesamte Buchbranche etwas abzumildern. Dies ist umso Thomas wichtiger, da dieser Effekt sehr rasch Zehetner, bei den Unternehmen ankommt und so Geschäftsführer mehr vom Brutto netto übrig bleibt. GeThalia Österreich rade in diesen Zeiten zählt schnelle Unterstützung doppelt. Positiv zu ergänzen ist auch noch, dass diese Maßnahme in zeitlicher Koordination mit Deutschland erfolgt, eine noch höhere Mehrwertsteuerdifferenz hätte eine starke Benachteiligung der österreichischen Buchbranche ergeben.
„Die Maßnahme erfolgt in zeitlicher Koordination mit Deutschland. Eine noch höhere Mehrwertsteuerdifferenz hätte eine starke Benachteiligung der österreichischen Buchbranche ergeben“ Thomas Zehetner
Ein kleiner Ausgleich für die Corona-Delle Die Mehrwertsteuersenkung auf Bücher ist eine sehr positive und hilfreiche Unterstützung für das Kulturgut Buch und die Buchbranche. Ich bin sehr dankbar dafür. Für den Handel werden vermutAlice lich knapp unter zwei Prozent mehr Loske-Wirthmiller, Gewinnspanne bleiben, und über Buchhandlung die freue ich mich natürlich. Damit Wirthmiller kann die Corona-Delle ein wenig ausgeglichen werden. Nun hoffe ich noch, dass es einen sauberen Stichtag für die Umstellung geben wird, um die damit einhergehende Organisation gut abwickeln zu können.
„Eine sehr kluge Maßnahme, an der Verlage, Autoren, der Buchhandel und auch der Zwischenhandel gleichermaßen partizipieren“ Franz Lintner
anzeiger / 5
05_6_20_KurzGesagt_L.indd 5
22.06.20 11:35
– Wissenswert –
Real und digital
Ö1 Buch des Monats
Die Frankfurter Buchmesse findet statt
Das Ö1 Buch des Monats im Juni
Ob die größte Buchmesse der Welt stattfinden wird können, war nach Ausbruch der COVID-19 Pandemie unklar. Jetzt steht es fest: Die Frankfurter Buchmesse (FBM) wird vom 14. bis 18. Oktober als Sonderedition durchgeführt. An endgültigen Konzepten wird noch gefeilt. Was bereits feststeht: FBM digital: Zahlreiche Formate der Messeveranstaltungen werden im Zuge des digitalen Rahmenprogramms stattfinden. Dies soll sowohl für Teilnehmende vor Ort als auch zugeschaltete Personen aus der ganzen Welt zugänglich sein. Gesundheit: Ein detailliertes Gesundheits- und Hygienekonzept soll allen Teilnehmenden Sicherheit gewährleisten. Frische Luft: Die Belüftungsanlagen sollen durchgehend für frische Luft sorgen und so das Infektionsrisiko minimieren. Besucherzahlen: Bis zu 20.000 Personen dürfen sich nach dem aktuellen Abstandskonzept gleichzeitig in den Hallen aufhalten. Zweite Corona-Welle: Im Falle eines neuen Ausbruchs im Herbst soll die Präsenzmesse abgesagt werden. Das virtuelle Programm würde dennoch wie geplant stattfinden. Ausstellerzahlen: Aktuell erwartet Buchmesse-Direktor Jürgen Boos etwa 30 Pro-
Die Buchmesse findet als Sonderedition statt zent der Aussteller im Vergleich zum Vorjahr. Internationale Aussteller: Verlage aus Nord- und Lateinamerika werden aufgrund der Reisebeschränkungen 2020 nicht dabei sein. Europäische Verlage seien aber interessiert, teilzunehmen. Messestände: Die kleinsten Stände werden 8 m² groß sein. Aussteller, die 4 m² gebucht haben, erhalten ohne Mehrkosten weitere 4 m² dazu. Alle weiteren Standgrößen werden ebenso nach einem Staffelmodell kostenneutral aufgestockt. Außerdem bekommt jeder Stand 1,5 Meter Gangbreite als Kommunikationsfläche dazu. Messehallen: Die Buchmesse konzentriert sich 2020 auf die Hallen 3, 4 und 6. Platzierung: Die Platzierung soll Mitte Juli feststehen.
Preis für Ruiss
117 eingereicht
Friedenspreis
Der H. C. Artmann Preis der Stadt Wien geht in diesem Jahr an den Autor und Musiker Gerhard Ruiss. Er habe „über mehr als drei Jahrzehnte poetische Gesellschaftsbilder geschaffen, ein originelles lyrisches Werk, das (wie die Kanzlergedichte) auch politisch zu denken zu geben vermag“, heißt es in der Begründung der Jury. Der Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Lyrik ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Verleihung findet in Anwesenheit von Kulturstadträtin Veronica KaupHasler am 6. November im Kabinetttheater statt.
Insgesamt 117 Titel sind in diesem Jahr für den Österreichischen Buchpreis sowie den Debütpreis eingereicht worden. Darunter fallen 19 Erstlingstitel für den Debütpreis und nahezu 100 Titel für den Österreichischen Buchpreis. Während die Verleihung zum Beginn der BUCH WIEN-Festwoche im November stattfinden wird, ist die zehn Titel umfassende Longlist für den 5. September angekündigt. Auch die drei für den Debütpreis nominierten Bücher werden an diesem Tag verkündet. Die Fachjury setzt sich wieder aus fünf Expertinnen und Experten zusammen.
Der indische Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler Amartya Sen erhält in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zu den vielen Auszeichnungen Sens gehört der Nobelpreis für Wirtschaft im Jahr 1998. Sen war stets für soziale Gerechtigkeit eingestanden – wie auch der Stiftungsrat in seiner Stellungnahme herausstrich. Dort hieß es unter anderem: „Amartya Sen hebt Solidarität und Verhandlungsbereitschaft als essenzielle demokratische Tugenden hervor und beweist, dass Kulturen keine Quelle des Streits um Identitäten sein müssen.“
Im Vergleich zum Vorjahresmonat
–5 %
–5,2 % 0,1 %
Umsatz
Absatz
Preis
Weitere Marktdaten zur österreichischen Buchbranche liegen für HVB-Mitglieder exklusiv monatlich im anzeiger bei.
Erhebung: Media Control im Auftrag des HVB.
Marktdaten Mai 2020
F O T O S : B E I G E S T E L L T, O R S I N I & R O S E N B E R G
Der Roman „Götter ohne Menschen“ (Liebeskind) von Hari Kunzru ist das Ö1 Buch des Monats. Jaz ist Mathematiker an der Wall Street. Sein kleiner Sohn Raj ist Autist. Eine Reise in die Mojave-Wüste soll Jaz und seine Frau Lisa wieder enger zusammenbringen. Doch plötzlich verschwindet Raj. „Der diffuse Wunsch der Menschen, an etwas da draußen zu glauben … das ist es, was Hari Kunzru ohne Abschweifung ins Esoterische in seinem Roman beschreibt“, so die Jury. Das Ö1 Buch des Monats ist eine exklusive Aktion für HVB-Buchhandlungen in Kooperation mit dem Radiosender Ö1. Der Siegertitel wird monatlich von der „Ex Libris“-Redaktion ausgewählt und in der Sendung besprochen.
anzeiger / 6
06_07_06_20_Wissenswertes_MIL.indd 6
22.06.20 11:35
– Wissenswert –
Optimistisch in die Zukunftblicken Mittendrin. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzählen Homeoffice, Büro und „Willi Virus“ Wir bewegen uns weiterhin zwischen Homeoffice und Büro. Die neue Routine heißt daher Flexibilität – und viel telefonieren. Zum Glück können wir unser Programm wie geplant umsetzen und blicken optimistisch in die Zukunft. Auch wenn die Langzeitfolgen für die Branche nicht absehbar sind, unser Titel „Willi Virus“ hat auf jeden Fall einen Höhenflug … Tina Reiter, Katrin Feiner, Tyrolia Kinderbuch
E-Commerce und Allgemeinwissen Das Thema E-Commerce ist im Buchhandel immer mehr in den Vordergrund gerückt. Der Onlinehandel und das Marketing über Newsletter oder Social Media sind enorm wichtig geworden – gerade in aktuellen Coronazeiten. Auch das Veranstalten von Lesungen oder Büchertischen ist zentraler denn je. Somit sind kaufmännische Fähigkeiten und ein gutes Allgemeinwissen essenziell wichtig und stehen krass im Gegensatz zur mittlerweile antiquierten Meinung, man brauche doch nur Leseratten zu befriedigen, um erfolgreich zu sein.
Klaus Brunnbauer, Buchhandlung Veritas by Melanie Hofinger
Wanderkarten boomen enorm Ich freue mich, dass wir sehr viele Neukunden in der Buchhandlung begrüßen dürfen. Aber auch die Onlinebestellungen sind stark gestiegen. Bücher und Karten zum Thema Wandern, Biken, Klettern und Reisen in Österreich boomen enorm. Die anhaltende Kurzarbeit macht den Geschäftsalltag stressig. Leider mussten wir daher zum Beispiel viele Vertretertermine absagen. Dieter Grabenbauer, freytag & berndt
F O T O S : B E I G E S T E L L T, D E R K N O P F D R U E C K E R . C O M
Personalia Katja Schwingshandl ist seit Juni die neue Chefin vom Dienst des österreichischen Buchmagazins Buchkultur. Jorghi Poll (Foto) übernimmt ab Juli die Chefredaktion der Buchkultur. Er betreibt seit 2011 gemeinsam mit Sarah Legler den Verlag Edition Atelier. Der bisherige Chefredakteur Hannes Lerchbacher möchte sich nach 20 Jahren neuen Aufgaben außerhalb der Branche stellen.
Facultas übernimmt die Filiale am Campus
Neuübernahme Facultas und Thalia haben ein gemeinsames Konzept für den Standort der ehemaligen Buchhandlung Kuppitsch am Campus (Altes AKH) in Wien erarbeitet. Dieses Konzept sieht unter anderem vor, dass die Buchhandlung in Zukunft ausschließlich von Facultas betrieben wird. Hierbei wird es einen besonderen Fokus auf die Bereiche Studium und Lehre geben. Abseits von deutschsprachigen und internationalen Lehr- und Fachbüchern wird die Buchhandlung auch ein umfassendes Dienstleistungsangebot bieten. Dabei setzt Facultas vor allem auf die eigene Digitaldruckerei. Vorstand Rüdiger Salat sagte zu den Plänen von Facultas: „Wir sind begeistert von den Möglichkeiten digitaler Medien im Bereich der Lehre und des Lernens. Wir sehen aber gerade in der COVID-19-Krise, dass die Nachfrage nach gedruckten Lehr- und Lernmaterialien sowie kompetenter persönlicher Beratung enorm hoch ist.“ So wird es dann in dem Standort nach wie vor auch Möglichkeiten zum Schmökern geben. Veranstaltungen mit Autorinnen und Autoren sind ebenfalls geplant.
ÄNDERUNG VERLAGSBETREUUNG Unser Vertreter Ernst Kurz wird Ende Juni nach über 30 Jahren für die Verlagsgruppe Droemer Knaur in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Wir möchten uns bei Ernst Kurz ganz herzlich für sein Engagement für unsere Autoren und Bücher bedanken. Wir freuen uns, dass Martina Pferscher ab dem 1. Juli 2020 die Vertretung unserer Verlage in ganz Österreich und in Südtirol übernimmt. Bitte schicken Sie Ihre Bestellungen und Anfragen an: Martina Pferscher, Wallmodengasse 11-1, 1190 Wien +43 664 2522411, martina.pferscher@droemer-knaur.de Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co.KG Hilblestr. 54, D-80636 München www.droemer-knaur.de
VDK_AZ_Aenderung_Verlagsbetreuung_94x65mm.indd 1
06_07_06_20_Wissenswertes_MIL.indd 7
03.06.20 14:59
22.06.20 11:35
– Wissenswert –
Folgen der Mehrwertsteuersenkung Die österreichische Regierung plant, für das zweite Halbjahr die Mehrwertsteuer auf fünf Prozent zu senken
Ö
Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst und Kultur
Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels
geraten hätte können, zog die österreichische Regierung schnell nach. Die Staats sekretärin für Kultur, Andrea Mayer, betonte die Wichtigkeit der Entscheidung in einer Stellungnahme gegenüber dem anzeiger: „70 bis 80 Prozent des Buchmarkts in Österreich laufen über den stationären Buchhandel – und nicht über das Onlinegeschäft, wie immer wieder suggeriert wird. Und selbst im Onlinebereich sind österreichische Anbieter stark vertreten – gerade in der Coronakrise sind hier viele neue Konzepte entstanden und realisiert worden.“ Mayer unterstrich
Titelschutzmeldungen
zudem die „großartige Arbeit“ der Branche, die auch in Zukunft möglich sein solle. Praktisch bedeutet das: Das VLB wird ab dem Stichtag 1. Juli die automatische Anpassung der Mehrwertsteuersätze auf die verringerten fünf Prozent vornehmen. Für preisgebundene Bücher werden etwaige Ladenpreissenkungen über das VLB in den Handel kommuniziert. Das VLB dient hier als Referenzdatenbank. Auch bei KNV Zeitfracht soll die Umstellung des Mehrwertsteuersatzes ab 1. Juli in alle Systeme eingebaut werden.
F O T O S : K A T H A R I N A F. - R O S S B O T H , B K A W E N Z E L , N I N I T S C H A V O L L
sterreich hat nachgezogen – und trotzdem ist alles ein bisschen anders als bei den Nachbarn in Deutschland. So lässt sich der Beschluss der österreichischen Regierung vom 12. Juni zusammenfassen, der eine befristete Absenkung der Mehrwertsteuer für die Bereiche Gastronomie, Kultur und Medien vorsieht. Auch Bücher werden ab dem 1. Juli nur noch einem Mehrwertsteuersatz von fünf Prozent unterliegen. Diese Regelung gilt bis zum Jahresende. Quasi zur selben Zeit hatte die deutsche Regierung ebenfalls eine Senkung der Mehrwertsteuer bekannt gegeben. In diesem Fall wurde eine Absenkung für den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent auf fünf Prozent verkündet. Die Absicht in Deutschland besteht primär darin, die Endverbraucher zu entlasten. In Österreich ist der Fall hingegen leicht anders gelagert. Hier sollen vor allem Unternehmen aus bestimmten Bereichen unterstützt werden. Dazu zählt auch der Buchhandel. So begrüßte Benedikt Föger, Präsident des HVB, die Unterstützung dann auch ausdrücklich: „Gerade jetzt ist das eine schnelle und zielgerichtete Maßnahme, um die bestehende Buchhandelsstruktur in Österreich mit ihrer flächendeckenden Versorgung erhalten zu können.“ Da der heimische Buchhandel durch die Preissenkung in Deutschland in Bredouille
Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, dass die Titel bereits geschützt sind oder durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.
Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeigers. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E-Mail an Doris Klinda unter klinda@hvb.at. Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: „Zuversicht Zukunft“ in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Colorama Verlagsgesellschaft m.b.H. Gabelsbergerstraße 25 5020 Salzburg
Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–. Doris Klinda berät Sie gern unter klinda@hvb.at, Tel. 01/512 15 35 DW 14. (*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)
Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: „Der süße Sturm“ in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. CHANGEOVER Markomannenstraße 28/10/24 1220 Wien
anzeiger / 8
08_06_20_Wissenswert_Titelschutz_L.indd 8
22.06.20 11:36
Die Herbstsaison im Blick Die mediakolleg-Seminare gehen weiter: Instagram-Marketing, DSGVO und Kundenbindung ■ Social-Media-Kommunikation
ist für viele Verlage und Buchhandlungen zu einem wichtigen Bestandteil der Marketingaktivitäten geworden. Zu den aktuell wichtigsten und am schnellsten wachsenden Plattformen gehört Instagram. Das Netzwerk mit starkem Fokus auf Fotos und Videos bietet vielfältige gestalterische Möglichkeiten. Bei gelungener Nutzung kann es zu einem wichtigen Bestandteil der Onlinekommunikation für das Unternehmen werden. Im Seminar lernen Sie, wie Instagram optimal genutzt werden kann, wie man eine Strategie für den eigenen Kanal entwickelt und wie man Content-Ideen passend umsetzt. Instagram für die Buch- und Verlagsbranche F O T O : B E C C A TA P E R T / U N S P L A S H
15. September 2020, 9.30–17 Uhr ■
Die Datenschutz-Grundverordnung (kurz:
DSGVO) ist seit Mai 2018 in Kraft. Der Wie-
ner Rechtsanwalt Alexander Koukal erläutert anhand der mittlerweile ergangenen Rechtsprechung der Datenschutzbehörde, wie einzelne Bestimmungen der DSGVO umzusetzen sind. Außerdem lernen Sie die
Auslegung der DSGVOdurch die Behörden und erhalten Einblick in reale Verfahren. Zu jenen Punkten, die auch heute noch nicht geklärt sind, liefert er seine persönliche Einschätzung aus der Beratungspraxis.
Anmeldungen ab sofort online möglich! Die Seminare finden in der Bibliothek des Palais Fürstenberg im ersten Stock statt. Grünangergasse 4, 1010 Wien.
2 Jahre DSGVO – ist mittlerweile alles klar?
Kosten: € 220,– (HVB-Mitglieder)/€ 270,–, jeweils zzgl. 20 % Ust.
16. September 2020, 9.30–17 Uhr ■ Der Buchmarkt hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Independents haben sich zu neuen Lieblingen der Buchhandlungen gemausert, trotzdem ist der Marktzugang für viele kleinere und mittelgroße Verlage schwierig. Insbesondere bei SpecialInterest-Themen wird der direkte Kanal zum Kunden immer wichtiger. Dabei gilt: Einen Kunden zu behalten kostet weniger, als neue Kunden zu gewinnen. Ziel des Seminars ist, die eigenen Kunden zu kennen, sie zu begeistern und eigene Maßnahmen zur Kundenbindung zu entwickeln. Dabei wird so gut wie möglich auf die Praxisfelder der teilnehmenden Verlage eingegangen.
Das komplette Herbstprogramm finden Sie auf: www.buecher.at/category/mediakolleg Anmeldeschluss ist jeweils vier Wochen vor Seminarbeginn Kontakt: Julia Stumvoll, 01/512 15 35 29, mediakolleg@hvb.at
So wertvoll wie noch nie: Kundenbeziehung und Kundenbindung
18. September 2020, 9.30–17 Uhr
Wir bedanken uns herzlich! Mit Ende Juni verlässt uns unser Vertreter Ernst Kurz und tritt nach über vier Jahrzehnten in der Buchbranche seinen wohlverdienten Ruhestand an. Wir sind dankbar für die bereichernde und begeisternde Zusammenarbeit und wünschen einem engagierten Büchermenschen, unserem hochgeschätzten Kollegen und guten Freund alles erdenklich Gute für die Zukunft! Lieber Ernst, vielen Dank! Deine KollegInnen aus dem Haymon Verlag und dem Löwenzahn Verlag ______ Wir freuen uns, dass mit 1. Juli 2020 Martina Pferscher die Vertretung unserer Verlage in ganz Österreich und in Südtirol übernimmt.
Martina Pferscher Wallmodengasse 11/1, 1190 Wien +43 664 2522411 Martina.Pferscher@aon.at
www.haymonverlag.at | www.loewenzahn.at
09_06_20_mediakolleg_L2.indd 9
22.06.20 11:36
– Essenziell – Coronakrise und die Branche
Aus der Krise in die Zukunft WIE SICH DIE BRANCHE EINGERICHTET HAT, ÜBER AUSWIRKUNGEN AUF DAS HERBSTPROGRAMM UND INNOVATIVE FESTIVALS, DIE NEUES WAGEN
10_13_06_20_Essenziell_L2.indd 10
22.06.20 11:54
tig: „Der HVB und seine Repräsentanten haben klug, rasch und umsichtig die richtigen Schritte unternommen und ohne unnötigen Lärm zu unser aller Nutzen agiert. Chapeau! as Geschäftsleben geht weiter – Das sollte nicht unter den Tisch fallen.“ Auch wenn Kinderbuchumsätze im zwischen solidarischen Buchbestellungen, fehlenden Wochen für österreichischen Buchhandel der verganNeuerscheinungen und innovativen Ideen genen beiden Monate noch am stabilsten für Veranstaltungen. Am Ende wird klar: waren, gibt es laut Jungbrunnen-Verlegerin Geschichtenmüssen erlebt werden. HildegardGärtner bei den Verlagen finanzielle Verluste: „Natürlich sind unsere Umsätze zurückgegangen, und es muss sich zeigen, welche finanziellen Einbußen wir DAS FRÜHJAHRSPROGRAMM in den kommenden Monaten, etwa bei LiUND DIE FOLGEN Fragt man Zsolnay-Verlagsleiter Herbert zenzen, noch haben werden.“ Dabei startete Ohrlinger, wie es dem Verlag nach den letz- das Jahr gut: „Im Jänner und Februar lagen ten Monaten geht, sagt er: „Wie es bei Tu- unsere Umsätze in Österreich deutlich über cholsky heißt: Gegen Kopfschmerzen gibt denen des Vorjahres, seit März sind sie im Prozent niedries ein wirkliches Universalmittel, nämlich Vergleichszeitraum um 36 starke Zahnschmerzen.“ Die Auswirkungen ger.“ Die Rückgänge bei Nebenrechten, wie der Krise auf das Frühjahrsprogramm waren Aufführungen und Übersetzungsrechten, hart, und doch: „Wir hatten das Glück, mit würden sich erst nach der Abrechnung der André Hellers Erzählungen und dem Debüt jeweiligen Vertragspartner im Jahr 2021 zeivon Dominik Barta gleich zu Jahresanfang gen. „Die Krise wird uns in diesem Bereich präsent zu sein, ehe das Geschäft Mitte März zeitversetzt treffen“, ist Gärtner überzeugt. fast ganz zum Erliegen kam“, so Ohrlinger. Veröffentlichungen, die für April geplant waren, wurden auf Ende Mai verschoben. „Da- AUSWIRKUNGEN AUF HERBSTTITEL vor war noch nicht abzusehen, ob überhaupt Um den Stillstand im März und April bei und in welchem Ausmaß das Sortiment in Neuerscheinungen aufzuholen, wurde das der Lage sein wird, die Bücher anzubieten“, Herbstprogramm bei Zsolnay um ein Vierbetont der Verlagsleiter. „Jetzt zeigt sich, dass tel reduziert. „Die erste Herbstauslieferung, es ein großes Bedürfnis nach guten Büchern die bei uns normalerweise Ende Juli kommt, gibt. Grosso modo bin ich vorsichtig opti- lassen wir diesmal aus, um die Aufmerksammistisch. Vorausgesetzt, es kommt zu keiner keit der Leserinnen und Leser so lange wie sogenannten zweiten Welle.“ In unruhigen möglich auf die Frühjahrsbücher zu lenken. Zeiten ist die Unterstützung von Branchen- Uns fehlen einfach sechs bis acht Wochen“, vertretungen dabei für ihn besonders wich- so Ohrlinger. Text: Teresa Preis Illustration: Georg Feierfeil
D
Katarzyna Lutecka, Verlagsleiterin von Amalthea, entschloss sich hingegen, jetzt erst recht an den Plänen für den Herbst festzuhalten: „Von Anfang an war es für uns klar, dass wir unser geplantes Herbstprogramm möglichst unverändert realisieren möchten.“ Zwölf Sachbuchtitel mit bewährten Namen wie Georg Markus, Lisbeth Bischoff oder PiotrBeczała werden erscheinen, dazu gibt es – neu für den Verlag – diesmal auch Literatur, mit einem neuem Buch von Radek Knapp. „Darüber hinaus haben wir in den letzten Wochen intensiv an einer Kampagne gearbeitet“, so Lutecka: „Einerseits möchten wir unsere wichtigsten Partner, die Buchhändlerinnen und Buchhändler, im Verkauf unterstützen, andererseits wollen wir damit den Leserinnen und Lesern Danke sagen. Denn ohne sie gibt es keine Bücher, keine Buchhandlungen und auch keine Verlage.“ Auch bei Jungbrunnen wurde der Umfang der geplanten Herbsttitel nicht verändert: „Wir liefern unser Herbstprogramm einen Monat später aus, haben aber keine Titel gestrichen, weil wir ohnehin ein sehr kleines Programm haben“, erklärt die Verlegerin Hildegard Gärtner.
SOLIDARITÄTSEINKÄUFE UND DIE PERSÖNLICHE NOTE Die Wochen des Lockdowns trafen auch den Buchhandel. „So eine erzwungene Schließung steckt man natürlich nicht ohne Schrammen weg. Aber: Es hätte uns schlimmer treffen können“, so Kurt Lhotzky über die Situation in Lhotzkys Literaturbuffet. „Nach dem 15. Mai haben wir bemerkt, wie wichtig wir für unsere Kundinnen und Kunden als literarischer Nahversorger sind.“ Sobald es möglich war, kamen diese auch wieder ins Geschäft, den »
anzeiger / 11
10_13_06_20_Essenziell_L2.indd 11
22.06.20 11:54
– Essenziell – Coronakrise und die Branche
Herbert Ohrlinger, Zsolnay Verlag
Hildegard Gärtner, Jungbrunnen Verlag
Katarzyna Lutecka, Amalthea Verlag
Kurt Lhotzky, Lhotzkys Literaturbuffet
Beatrice Baumann, Buchhandlung büchersegler
Thomas Zehetner, Thalia Österreich
Walter Grond, Europäische Literaturtage
Reina Gehrig, Solothurner Literaturtage
Einschränkungenzum Trotz. „Sie oder den Umgang mit Veranstaltungen wähhaben sich – das muss unterstrichen werden rend eines Lockdowns. Einige Events wurden – wirklich verständnisvoll und diszipliniert auf 2021 verschoben oder fallen aus. Andere an die Sicherheitsmaßnahmen gehalten“, haben bereits stattgefunden oder werden betont Lhotzky. Wie in vielen anderen Buch- noch geplant. „Das Thema ‚Mehr Wildnis!‘ handlungen wurde in kürzester Zeit über- wurde schon vor dem COVID-19-Lockdown gangsmäßig ein Versandhandel aufgezogen. festgelegt“, sagt Walter Grond, künstlerischer Als Dank für die Solidarität wurden Zustel- Leiter der Europäischen Literaturtage. „Das lungen im Bezirk wie auch der Postversand inhaltliche Konzept berücksichtigt die Erfahvorübergehend gratis angeboten. rungen mit dem Lockdown und erweitert es Beatrice Baumann, Inhaberin der Buch- um Fragen der Zukunft, die sich aktuell da handlung büchersegler, wurde von der Men- raus ergeben.“ Das Festival versteht Grond ge an Onlinebestellungen überrascht. Eine als wegweisenden Thinktank für europäische persönliche Note zu setzen war ihr dabei Themen, Austausch, Begegnung vor Ort sowichtig: „Wir haben unseren Päckchen den wie mediengerechte Veranstaltungsformate. FALTER Bücherfrühling beigelegt. Das fand Die noch unklaren Vorgaben für Veranstalgroßen Anklang.“ Seit Kurzem kooperiert tungen im Herbst erfordern eine besondere die Buchhandlung mit der Grazer Straßen- Flexibilität bei der Planung. „Wir arbeiten zeitung megaphon. „Unser Team rezensiert parallel an mehreren Versionen der Umsetdarin jeden Monat ein Buch und gibt Les- zung, um garantieren zu können, dass die etipps. In unseren aktuellen Paketen liegt Europäischen Literaturtage im Kern vollstäneine Ausgabe des megaphon bei, das während dig stattfinden können. Fix ist nur das Datum des Lockdowns nicht auf der Straße verkauft – 19.–22. November 2020 in Krems an der werden durfte.“ Das Onlinegeschäft im März Donau“, so Grond. „Die Ausnahmesituation und April konnte die fehlenden Ladenum- zeigt, wie gut mediale Vermittlungen funktiosätze mehr als kompensieren. Noch immer nieren können, und gleichzeitig, wie sehr Litetreffen viele Bestellungen beim büchersegler ratur reale Orte des Austauschs braucht.“ Die ein, die meisten holen ihre Bücher aber mitt- Onlinewelt erweitere zwar die Möglichkeiten lerweile wieder direkt aus der Buchhandlung von Kommunikation, so Grond, könne aber ab. „Die Krise hat bei vielen Menschen eine reale Begegnungen nicht ersetzen. Anders agierten die Solothurner LiteraturSolidarität und ein Nachdenken über ihr Konsumverhalten bewirkt. Ich wünsche mir, tage in der Schweiz. Ende März wurden sie in dass das anhält“, betont Baumann. ihrer gewohnten Form abgesagt. Stattdessen Die Ausgangslage bei Thalia war natürlich beschlossen Geschäftsführerin Reina Gehrig eine andere: Der Onlineshop samt Logistik und ihr Team, das Literaturfestival nur acht war bereits vor der Krise etabliert. „Die On- Wochen später, mitten im Lockdown, abzulineumsätze sind deutlich nach oben gegan- halten. Dafür entwickelten sie kurzerhand gen, konnten die stationären Rückgänge aber ein spezielles Onlinekonzept. Ausschlag nicht kompensieren“, so ThomasZehetner, gebend war „das große Anliegen, den eingelaGeschäftsführer von Thalia Österreich. Die denen Autorinnen und Autoren sowie ÜberBuchhandelskette war auf die Wiedereröff- setzerinnen und Übersetzern eine Plattform nungen nach dem Lockdown vorbereitet. bieten zu können, auf der ihre Werke trotz Dennoch: „Man merkt, dass der stationä- Lockdown eine Öffentlichkeit erreichen.“ re Einzelhandel stark von der Coronakrise Auch andere Beteiligte, etwa Technikerinerfasst wurde. Das wirkt sich auch auf den nen und Techniker oder Fotografinnen und Buchhandel aus, weil insgesamt weniger Fotografen, sollten ein Honorar bekommen. Menschen zum Einkaufen unterwegs sind“, „Nicht zuletzt war es ein wichtiges Zeichen so Zehetner. Unterschiede gebe es auch bei an unser Publikum und in die Branche: Wir den Umsätzen einzelner Filialen. „Manche sind weiterhin da und geben nicht auf!“, so Buchhandlungen bleiben unter den Ver- Gehrig über ihre Motivation. Das Programm gleichswerten, manche kommen darüber. bestand aus dauerhaft abrufbaren Beiträgen Der Onlineverkauf entwickelt sich auf jeden und eigenen, teils interaktiven LiveformaFall weiterhin gut.“ Gerade E-Books und Hör- ten: „Für uns war es selbstverständlich, dass wir das Schaufenster der Schweizer Literatur buch-Downloads seien aktuell sehr gefragt. bleiben. Gleichzeitig wollten wir den Festivalcharakter beibehalten und konzentriert an zwei Tagen von früh bis spät ein abwechsHERAUSFORDERUNGEN UND INNOVATIVE KONZEPTE lungsreiches Programm in verschiedenen Was sich jetzt schon zeigt: Es gibt kein allge- virtuellen Räumen anbieten.“ Für den Livemeingültiges Erfolgsrezept für den Herbst Teil wurden jene Programmpunkte gewählt,
F O T O S : C . M A V R I C ( 3 ) , P R I VA T, B Ü C H E R S E G L E R , T H A L I A , S T E F A N S A P P E R T, M A R C O F R A U C H I G E R
»
anzeiger / 12
10_13_06_20_Essenziell_L2.indd 12
22.06.20 11:55
die auch visuell spannend sind und Spaß machen sollen.
GELERNTES UND DER BLICK NACH VORNE Und was nimmt die Branche mit in die Zukunft? Für Zsolnay-Verlagsleiter Herbert Ohrlinger zeigte sich in den vergangenen Monaten ein besonderer Zusammenhalt. „Ich bin sehr stolz, mit so tollen Kolleginnen und Autoren zusammenzuarbeiten, die trotz der außergewöhnlichen Situation das Funktionieren des Verlags garantierten.“ Positiv überrascht wurde er auch von seiner Zunft. „Ich habe bemerkt, welche Kraft und Fantasie unsere ganze Branche aufzubringen vermag, wenn es darauf ankommt.“ Bei Jungbrunnen wurde laut Hildegard Gärtner zur Aufarbeitung der letzten Monate ein Klausurtag abgehalten. Dabei wurde erkundet, was in der Krise gut gelaufen sei und wo noch Änderungsbedarf besteht. So wolle man sich etwa die Optimierung der Voraussetzungen für Homeoffice-Lösungen oder neue (digitale) Maßnahmen in den Bereichen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit vornehmen. Wenn Katarzyna Lutecka von Amalthea in den vergangenen Monaten etwas gelernt hat, dann war es das: Nicht aufzugeben. „Man sollte alle Kräfte bündeln, seine Stärken stärken, Ideen entwickeln und die Situation als Chance sehen.“ Auch die Verlagsförderung in Österreich ist für sie ein zentrales Thema in der Krise: „Gerade in Zeiten wie diesen sieht man, wie wichtig die Verlagsförderung ist. Ich würde mir wünschen, dass die Kriterien ausgeweitet oder neu definiert werden. Nach derzeitigem Stand werden bevorzugt Verlage gefördert, die ein belletristisches Programm haben. Es bräuchte eine transparentere Entscheidungsfindung sowie eine gerechtere Verteilung der öffentlichen Gelder“, so die Verlagsleiterin. Auch Kurt Lhotzky nimmt einige Erkenntnisse aus den letzten Monaten mit: „Man darf sich nicht lähmen lassen, sondern muss aktiv auf eine Herausforderung reagieren.“ Die Krise habe immerhin gezeigt, ob man es geschafft habe, über die Jahre einen treuen Stammkundenstock aufzubauen. Dahingehend ist der Buchhändler zufrieden. Die Onlinebestellungen sind bei Thalia immer noch höher als vor dem Lockdown. Laut Thomas Zehetner hat zwar durch die Krise eine Verschiebung von stationär zu online stattgefunden. Doch er ist überzeugt: „Kundennähe ist enorm wichtig und kann durch nichts hundertprozentig ersetzt werden.“
Beatrice Baumann wünscht sich, dass die Solidarität für den regionalen stationären Handel auch nach der Krise anhält. „Dass wir uns fragen, wo kann ich lokal einkaufen – auch online, um damit die Wirtschaft und Arbeitsplätze meines Umfelds zu unterstützen“, so die büchersegler-Inhaberin. Denn das trägt Früchte. Die Unterstützung der vergangenen Monate ermöglicht es Baumann, ab Herbst einen Lehrling einzustellen. Auch in der Schweiz ist man zufrieden. „Ich kann mir gut vorstellen, dass es einzelne Veranstaltungsformate gibt, die auch in Zukunft online stattfinden werden. Kooperationen mit Onlinezeitschriften, die bereits eine Leserschaft in Netz haben, fände ich da zum Beispiel interessant“, so Reina Gehrig von den Solothurner Literaturtagen. „Lesungen und insbesondere Festivals aber leben von den Begegnungen vor Ort und dem Zusammensein von Schreibenden und Publikum. Das analoge Erleben ist nicht ersetzbar. Auch das hat uns die Onlineausgabe der 42. Solothurner Literaturtage gezeigt.“ Zur Zukunft von Literaturveranstaltungen gefragt, sieht der künstlerische Leiter der Europäischen Literaturtage, Walter Grond, gute Chancen: „Was sich längst abzeichnet, ist die Notwendigkeit, kluge Mischformen zu finden. Da tut sich ein großes Feld auf, Innovation ist gefragt.“ Neue Ideen sollte man aus seiner Sicht jedoch nicht den riesigen Konzernen überlassen. „Die großen Medienkonsortien wie Google haben die finanziellen Möglichkeiten, um das intensiv zu beforschen. Es ist daher zu befürchten, dass sie noch mächtiger werden. Die Frage ist also, wie Innovationen im öffentlich geförderten Literaturbetrieb aussehen können.“ Es gibt also viel zu tun für die Zukunft. «
anzeiger / 13
10_13_06_20_Essenziell_L2.indd 13
22.06.20 11:55
– Schwerpunkt – Literatur und Sachbuch
Die Welt retten Nach einem turbulenten Frühling und Sommer hier Vorschläge für die richtige Lektüre im Herbst. Von besonderen Orten, starken Frauen, vielfältigen Kulturen und dem Kampf gegen die Verursacher des andauernden Klimawandels Text: Hannah Lea Jutz
D
„Das Meer, die Liebe, der Mut aufzubrechen“ (Folio) lässt die Argonautensage aus der griechischen Mythologie in einem neuen Licht erscheinen. Auf dem ersten Boot, das die Götter schufen, brechen Jason und seine Gefährten auf, um Helden zu werden. Doch auf der Reise begegnet Jason erst einmal die Liebe in Form von Medea, die ihm mit ihren Zauberkünsten hilft. Andrea Marcolongo erzählt von der Liebe, dem Mut, ins Ungewisse aufzubrechen, und der Entschlossenheit, alle Hindernisse zu überwinden, um das eigene Leben zu leben. Iris und Myles leben gemeinsam mit ihrem elfjährigen Sohn in einer buddhistischen Gemeinde in der kleinen Siedlung New Pond, in den Wäldern von Maine. Maine ist gleichzeitig die Heimat von Autor Oisín Curran, der in „Wenn ich jetzt nicht weine“ (Luftschacht) von einem Jungen erzählt, der nach einem Sturz regelmäßig in tranceartige Zustände verfällt. In dieser Trance ist er ein Mädchen und gleichzeitig die Heldin einer abenteuerlichen Reise. Die Flucht aus der Realität hilft dem Jungen beim Verstehen einer vom Krieg gezeichneten Welt, in der seine Mutter schwer erkrankt und sein Vater einem autoritären Führer folgt.
iesen Sommer werden wohl viele Leser und Leserinnen auf Balkonien verbringen. Mit genug Zeit, die Bücher aus dem Frühling fertig zu lesen, steigt die Vorfreude auf die neuen Bücher im Herbst. Und der nimmt uns mit auf abenteuerliche Reisen, zeigt uns verschiedene Blickwinkel und bringt neuen Lesestoff aus Österreich.
Urlaub im Kopf: Reisen auf dem Papier Der Urlaub im Ausland gestaltet sich in diesem Sommer schwierig. Doch für die schönsten Reisen muss man angeblich eh nur ein Buch in die Hand nehmen. Zum Beispiel den Roman „Turbulenzen“ (Hanser), der die Lesenden auf eine Reise um die Welt führt. Es geht von London nach Dakar, São Paulo, Toronto, Delhi und wieder zurück. Autor David Szalay erzählt die Geschichte von zwölf Menschen, die sich treffen, während ihr Leben in Turbulenzen gerät. Ein indischer Golfer, ein Geschäftsmann aus dem Senegal und eine Frau, die ihren krebskranken Sohn in London besucht hat. In diesem spannenden Roman berührt jedes Leben das nächste. Nicht um die ganze Welt, aber zumindest nach New York und Berlin führt der Roman „Echos Kammern“ (Droschl). Iris Hanika erzählt von Sophonisbe, die in den Big Apple zieht, um ein Buch zu schreiben. Nach zehn Wochen und einer Party mit Beyoncé zieht sie zurück nach Berlin und bemerkt dort, dass New York nicht die einzige Großstadt ist, die nicht den Bewohnern, sondern der Immobilienbranche gehört. Nur muss sie in Berlin auch noch den Liebeswahn ihrer Mitbewohnerin aushalten … Nach dem Tod seiner ersten Frau zieht der Mann von London nach Paris. Nach dem Tod der zweiten von Paris nach Wales. Aber egal wo, er lebt zurückgezogen und macht das, was er scheinbar immer schon gemacht hat. In „Wohin gehst du, mein Leben?“ (jung und jung) erzählt der Autor Gabriel Josipovici vom Leben eines Mannes, der sich in Routinen und die Kunst flüchtet und damit etwas verdrängt, an das er sich nicht erinnern will.
Neues aus Österreich: Provinz- und Großstadtleben Im Roman „Das Palais muss brennen“ (Kiepenheuer & Witsch), dem literarischen Debüt von Mercedes Spannagel, geht es um Luise, die Tochter der rechtskonservativen Bundespräsidentin Österreichs, die Widerstand gegen ihre Mutter und deren Politik leistet. Zum Beispiel, indem sie sich einen Mops namens Marx zulegt. Mit bitterbösem Sprachwitz erzählt Spannagel von einer Rebellin, die eine korrupte, rechte Elite zu Fall bringen will. Im Mittelpunkt des neuen Romans „Arigato“ (Otto Müller Verlag) von Ursula Wiegele steht Vera, deren Familie nach dem großen Erdbeben in Friaul 1976 das Dach über dem Kopf verliert. Sie wird zu ihrer Tante Rosa und Onkel Hans nach Villach geschickt. Doch Onkel Hans ist wenig begeistert von der „halben Italienerin“ und lässt keine Gelegenheit
anzeiger / 14
14_19_06_20_Schwerpunkt_L2 2.indd 14
22.06.20 11:37
– Schwerpunkt – Literatur und Sachbuch
F O T O : VA L E N T I N S A L J A / U N S P L A S H
Nach turbulenten Zeiten mit einem Buch wieder zur Ruhe finden
für abschätzige Kommentare aus. Als Vera einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt, gerät ihre Welt abermals ins Wanken. In ein oberösterreichisches Provinzkaff hat es den Mozarteum-Abgänger Siegi Heehrmann im Roman „Die Forelle“ (Wallstein) verschlagen. Dort arbeitet er als Musikschullehrer für Saiteninstrumente, verbringt aber die meiste Zeit mit der Kunst, den perfekten Köder herzustellen und das Fliegenfischen zu erlernen. Leander Fischer schreibt in einem Stil, der fesselt, und verbindet in seinem Debütroman Themen wie Kunst, Natur und Gesellschaft. Sandra Gugić erzählt in ihrem neuen Roman „Zorn und Stille“ (Hoffmann und Campe) von der Fotografin Billy Bana. Aufgewachsen als Gastarbeiterkind in Wien, hat diese ihre jugoslawische Herkunft quasi hinter sich gelassen. Bis ihr Vater stirbt und Billy sich auf die Suche nach ihrem verschwundenen Bruder und ihrer eigenen Identität macht. Eine Geschichte über eine Familie, geprägt vom Trauma der Jugoslawienkriege. Um Menschen mit Migrationshintergrund geht es auch im Sachbuch „Integration erwünscht?“ (Czernin). Sieglinde Rosenberger und Oliver Gruber beantworten die Frage, was und wie viel die österreichische Politik zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund leistet. Die Integrationspolitik im Lande ist umstritten. Die Autorin
und der Autor ordnen und interpretieren im Buch die Etappen, Akteure und Interessen der Integrationspolitik der letzten Jahre.
Bücher von und über starke Frauen „Die Marschallin“ (C.H. Beck) porträtiert das Leben der einflussreichen Zora, der Großmutter der Autorin Zora del Buono. Um ihre Geschichte und die Folgen des Raubmords, in den sie verwickelt war, geht es in diesem Familienroman. Am Ende des Ersten Weltkriegs lernt die Slowenin Zora ihren späteren Ehemann, den Radiologieprofessor Pietro Del Buono, kennen und folgt ihm nach Süditalien. Dort leistet die überzeugte Kommunistin Widerstand gegen den Faschismus Mussolinis. Ein Buch über das Leben einer ideologischen, temperamentvollen und beeindruckenden Frau. Um eine solche Frau geht es auch in „Rolien & Ralien“ (Wagenbach) von Josepha Mendels. Der Roman erschien bereits 1947 in den Niederlanden und galt damals als „gefährliches Buch“. Auch Rolien, die elfjährige Protagonistin, schreibt Texte, also Schulaufsätze, die als gefährlich gelten. Später möchte Rolien ein Mann werden, der Rudolf heißt und in Paris lebt. Nach Paris zieht sie tatsächlich, ein Mann wird sie nicht, dafür aber Gouvernante , Nacktmodell, »
anzeiger / 15
14_19_06_20_Schwerpunkt_L2 2.indd 15
22.06.20 11:37
– Schwerpunkt – Literatur und Sachbuch
»
Lektüre, die neue Blickwinkel schafft
London lebenden Schriftstellerin Candice CartyWilliams und war in England ein großer Bestseller. Die Autorin Isabella Hammad kommt ebenfalls aus London und erzählt in ihrem Debütroman „Der Fremde aus Paris“ (Luchterhand) eine Geschichte, die an das Leben ihres Urgroßvaters während des Ersten Weltkriegs angelehnt ist. Für den junge Palästinenser Midhat beginnt eine neue Existenz, als er in Montpellier von Bord eines Dampfers aus Alexandria geht. Er studiert Medizin, genießt die französische Kultur und verliebt sich. Doch in den vom Krieg aufgeschreckten bürgerlichen Salons von Paris bleibt er ein Fremder. Johny Pitts macht sich in seinem Buch „Afropäisch“ (Suhrkamp) auf die Suche nach der schwarzen Identität Europas. Denn für viele ist schwarz und Europäer sein noch immer ein Widerspruch. Dafür bereist er die Metropolen des Kontinents und verknüpft dabei Reportage mit literarischem Essay. Das Buch zeigt, wie sehr die europäische Gesellschaft von „afropäischen“ Schriftstellern, Musikern, Aktivisten und einfachen Arbeiterngeprägt ist. „Die Sommer“ (Hanser) ist der erste Roman von Ronya Othmann und handelt von Leyla, der Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Ihre Sommer verbringt sie in einem Dorf in Nordsyrien, in Grenznähe zur Türkei. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, falls die Bewohner wieder fliehen müssen, und kennt die Umrisse Kurdistans. Sie sieht die Fotos ihrer unbekümmerten deutschen Freunde, aber auch die Ermordung von Jesiden und das vernichtete Aleppo. »
Zwischen den Kulturen: Ein Perspektivenwechsel Zwischen Arabischem Frühling und europäischem Lifestyle ist dieser Roman von Manfred Rumpl angesiedelt. In „Schwarzer Jasmin“ (Picus) treffen die unterschiedlichsten Figuren aufeinander. Es geht um den Journalisten Jakob und die Sozialarbeiterin Julia, deren Beziehung am Scheideweg steht. Um den tunesischen Flüchtling Eymen, der zwischen den Verlockungen des westlichen Lebens und seiner religiösen Überzeugung hin- und hergerissen ist. Und um den Polizisten Frank, der sich gegen eine opportunistische Polizistin durchsetzen muss. Queenie ist gut darin, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Sei es mit ihrer chaotischen jamaikanischen Familie, der Zeitungsredaktion, in der sie arbeitet, oder mit ihrem braven weißen Langzeitfreund. Als die beiden sich trennen, stürzt sie sich ins Datingleben und findet statt der wahren Liebe etwas viel Aufregenderes. „Queenie“ (Blumenbar) ist der erste Roman von der in South
F O T O : M AT T H E W H E N R Y / U N S P L A S H
Hilfsfotografin, Buchhandelsassistentin, Hobbyphilosophin und Vielleserin. Jaqueline Scheiber kennt man besser unter dem Namen „Minusgold“, unter dem sie auf Instagram kurze literarische Erzählungen über ihren Alltag und gesellschaftskritische Themen veröffentlicht. Sie schreibt über den Tod ihres Partners, ihre psychische Erkrankung und teilt Fotos von ihren Dehnungsstreifen mit Tausenden Menschen. In ihrem Buch „Offenheit“ (Kremayr & Scheriau), das Teil der neuen Bücherreihe „Übermorgen“ ist, reflektiert die Autorin über den Balanceakt zwischen Öffentlichkeit und Privatem. In ihrem Debütroman erzählt die Kabarettistin Lisa Eckart mit viel Humor von Oma Helga. Diese ist 1945 gerade in der Pubertät und wetteifert mit ihrer Schwester Inge um die Gunst der Besatzer. Zehn Jahre später soll sie einen Dorfwirt heiraten, ist davon aber wenig begeistert. Sie wird zur Organisatorin von Busreisen und schmuggelt Fleisch über die Grenze nach Ungarn, bevor sie mit über achtzig mit ihrer Enkelin in See sticht. „Omama“ (Zsolnay) ist eine wilde und sehr komische Reise durch die Nachkriegsgeschichte. Pilar Quintana ist eine der meistgelesenen Autorinnen ihrer Heimat Kolumbien, aber auch in ganz Lateinamerika bekannt. Ihr Roman „Hündin“ (aufbau) dreht sich um Damaris, eine schwarze Frau in ihren Vierzigern. Seit vielen Jahren lebt sie gemeinsam mit Rogelio in einem kleinen Dorf, in dem Reiche und Arme, Weiße und Schwarze getrennt voneinander leben. Das Paar wünscht sich seit Jahren ein gemeinsames Kind, findet aber stattdessen einen Hundewelpen.
anzeiger / 16
14_19_06_20_Schwerpunkt_L2 2.indd 16
22.06.20 11:37
Stoff zum Nachdenken Die Neuerscheinungen der Edition Körber im Herbst
Wolf Lotter schafft Durchblick in einer komplizierten Welt. ca. 230 Seiten Gebunden mit Schutzumschlag ca. € 20,60 (A) ISBN 978-3-89684-281-7 Erscheint im September 2020
Rebekka Reinhard hilft dem Denken philosophisch auf die Sprünge. ca. 220 Seiten Gebunden mit Schutzumschlag ca. € 20,60 (A) ISBN 978-3-89684-282-4
groothuis.de
iStockphoto.com / Viorika
Erscheint im September 2020
Anne Waak erzählt von inspirierenden Modellen des Zusammenlebens.
Thomas Ammann analysiert die politischen Folgen der sozialen Medien.
ca. 310 Seiten Klappenbroschur ca. € 18,50 (A) ISBN 978-3-89684-283-1
ca. 310 Seiten Klappenbroschur ca. € 18,50 (A) ISBN 978-3-89684-248-8
Erscheint im Oktober 2020
Erscheint im Oktober 2020
Bestellungen über Brockhaus Kommission Telefon +49 · 71 54 · 13 27 - 26 oder bei allen Barsortimenten www.edition-koerber.de
Anz_Anzeiger_NovitaetenHerbst_20200608_FG.indd 1
08.06.20 15:40
– Schwerpunkt – Literatur und Sachbuch
Marktgespräche
Und sie entscheidet sich, sich der Auslö» schung ihrer eigenen Heimat zu widersetzen.
Philipp Achilles, Initiator der Aktion
Aktion 4.000 Mit der Aktion 4.000 wollten wir allen Buchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Sichtbarkeit verschaffen und während der Coronakrise ein außergewöhnliches Dankeschön aussprechen. Zu Beginn des Lockdowns hatten wir eigentlich eine andere Aktion ins Leben gerufen. Unter #findyourbookstore baten wir unsere Follower, Buchhandlungen aufzulisten, die kostenlose und, nebenbei bemerkt, durch Fahrradboten höchst zeiteffiziente und umweltschonende Lieferservices anbieten. Auf Facebook bekamen wir darauf sehr viel Resonanz, wodurch sich die Konsequenz aufdrängte: Wenn die Läden wieder öffnen dürfen, sollten wir alle Buchhandlungen auflisten … und zwar irgendwie spektakulär. Nachdem entschieden war, möglichst viele bekannte Autorinnen und Autoren zu involvieren, sollten auch andere Verlage mitmachen. So wurde aus der Aktion 4.000 ein gemeinschaftliches Projekt der Holtzbrinck-Verlage Rowohlt, Fischer, Droemer, Galiani Berlin und Kiepenheuer & Witsch, das von mir und meiner Kollegin Stefanie Wacker koordiniert und mithilfe einer externen Agentur technisch umgesetzt wurde. Per Video haben 60 bekannte Autorinnen und Autoren die Namen und Standorte von 4.000 Buchhandlungen vorgelesen und sich bei ihnen bedankt. Die Aktion hat gezeigt, was wir schon immer geahnt haben: Die Wertschätzung gegenüber dem stationären Buchhandel ist riesig.
FOTOS:
Sachbücher: Corona, Klima und Ungarn In „Wuhan Diary“ (Hoffmann und Campe) berichtet die chinesische Schriftstellerin Fang Fang von der Abriegelung Wuhans. Zwei Tage nach der kompletten Isolation von der Außenwelt beginnt die Autorin damit, online Tagebuch zu schreiben. Gefangen in ihrer Wohnung, gibt sie ihrer Wut über die Untätigkeit und Vertuschungsmanöver der Behörden Luft, schreibt aber auch vom speziellen Wuhaner Humor und den Helden und Heldinnen der Krise: dem Personal in den Krankenhäusern Wuhans. Während der Coronakrise rückte die Klimakrise in vielen Bereichen in den Hintergrund. Laut Andreas Malm ist es aber höchste Zeit zu handeln. Wenn es sein muss, mit Gewalt. „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“ (Matthes & Seitz) fordert den Stillstand der Förderung fossiler Brennstoffe mit allen Mitteln. Anhand von Beispielen aus der Vergangenheit – der Kampf für das Frauenwahlrecht und der gegen die Apartheid – zeigt der Autor, dass erfolgreiche Bewegungen immer Grenzen überschritten haben, und beschreibt, wie die Klimaproteste in einer Welt aussehen sollten, die längst in Flammen steht. Eine Folge des Klimawandels ist der Verlust an Vielfalt im Tier- und Pflanzenreich. „Der Zustand der Welt“ (Terra Mater) ist eine Bestandsaufnahme vom Status quo der Ökosysteme und ihrer Lebewesen auf unserer Erde. Der Biologe und Wissenschaftsjournalist Kurt De Swaaf hält fest, was wir bereits verloren haben und was kurz davorsteht, verloren zu gehen. Er stellt fest, dass der Erde die Zeit davonläuft, und liefert konkrete Beispiele, wie sie noch zu retten wäre. Auch wenn Biodiversität in aller Munde ist, weiß kaum noch jemand, wie man Pflanzen überhaupt benennt. Marc Jeanson leitet das größte Herbarium der Welt in Paris. In „Das Gedächtnis der Welt“ (Aufbau) nehmen der junge Botaniker und die Journalistin Charlotte Fauve uns mit auf die Expedition jener Gelehrten, deren Darstellungen das Herbarium füllen. Wir begleiten Jeanson bei seiner Suche nach unbekannten Pflanzen, die benannt und vor dem Vergessen bewahrt werden wollen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sorgte in den letzten Monaten mit seiner demokratiefeindlichen Politik weltweit für Schlagzeilen. Autoritäre Strukturen prägen Ungarn aber nicht erst seit gestern. Dem Standardwerk „Die Ungarn“ (ecowin) sind in dieser neuen Ausgabe zwei wichtige Kapitel über die letzten dreißig Jahre hinzugefügt worden. Paul Lendvai porträtiert sein Heimatland mit all seinen Kriegen, Krisen, Helden und erzählt die tausendjährige Geschichte Ungarns. «
anzeiger / 18
14_19_06_20_Schwerpunkt_L2 2.indd 18
22.06.20 11:38
Aus der Branche
Zusammenhalt statt jammern Hier stellen Branchenmitglieder ihre dringendsten Anliegen vor. Diesmal Annette Knoch vom Literaturverlag Droschl
F O T O : C . M AV R I C
D
iese Krise hat mir etwas gezeigt: Unsere Branche hält zusammen. Vorher hätte man manchmal denken können, das Jammern ist unser brancheneigener Sport. Doch als es jetzt hart auf hart kam, war davon plötzlich nichts mehr zu hören. Ganz im Gegenteil. Die Ärmel wurden hochgekrempelt. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler haben Einfallsreichtum und Flexibilität bewiesen und sind zu kleinen Versandhäusern mutiert. In Verlagen wurden Programme von zuhause aus betreut, geplant und realisiert. Wer sich im Besonderen bewiesen hat, waren die Autorinnen und Autoren. Es gab kaum eine Onlineveranstaltung, die ihnen zu wagemutig war. Auch die Ver-
Annette Knoch, Droschl Verlag
anstalter und Literaturhäuser haben Engagement gezeigt und stante pede damit begonnen, Kultur auf kreative Weise ins Netz zu verlagern. In den Auslieferungen und Druckereien lief trotz Kurzarbeit alles klaglos. Der HVB hat mit profunden E-Mails über Unterstützungsmöglichkeiten informiert. Nicht zuletzt sind da die Verlagsvertreterinnen und -vertreter, die stundenlange Videokonferenzen mitgemacht haben. Nur so konnten die neuen Programme weiterhin mit vollem Elan im Buchhandel vorgestellt werden. Und so ist es auch schön, dass die Vertreterreisen stattfinden können! Jede und jeder Einzelne hat mitgeholfen. Gerne mehr davon in Zukunft.
Bücher
BESSER LESEN MIT DEM FALTER Der Podcast mit Petra Hartlieb Alle zwei Wochen führt die Wiener Buchhändlerin Gespräche mit Autorinnen und Autoren über das Lesen, das Schreiben und das Leben an sich. Bisher zu Gast: Dominik Barta, Ilse Helbich, Stefan Slupetzky, Nava Ebrahimi, Isabel Bogdan, Romy Hausmann, Jasmin Schreiber, Hubert Achleitner, Hauke Hückstädt
Auf falter.at/buchpodcast und überall dort, wo Sie Podcasts hören
14_19_06_20_Schwerpunkt_L2 2.indd 19
22.06.20 11:49
– Bestseller Mai 2020 –
Empfehlungen Spannung und Wendungen Der zweite Jula-und-Hegel-Thriller: Akustische Forensik, ein undurchsichtiger Profiler und ein entführtes Baby. Alles beginnt mit einem Anruf. „Die Frequenz des Todes. Auris“ – V. Kliesch, S. Fitzek. Droemer
Bestseller Mai 2020 Belletristik Hardcover
1
1
JOJO MOYES Der Klang des Herzens Rowohlt TB € 16,50
2
HERBERT DUTZLER Letzter Jodler Haymon Verlag € 15,40
HUBERT ACHLEITNER flüchtig NEU Zsolnay, Paul € 23,70
3
3
BEATE MAXIAN Der Tote im Fiaker Goldmann € 10,30
4
4
ALBERT CAMUS Die Pest Rowohlt TB € 12,40
1
2 6
5
Politische Nahaufnahme Die Büroleiterin der Washington Post in Peking rekonstruiert detailliert Diktator Kim Jong-uns Leben und seine politischen Ambitionen in Nordkorea. „Kim. Nordkoreas Diktator aus der Nähe“ – Anna Fifield. Edition Körber
FELIX MITTERER Keiner von euch NEU Haymon Verlag € 25,60
1
4
3
5
VINCENT KLIESCH Die Frequenz des Todes NEU Droemer Taschenbuch € 13,40
6
CHRISTIAN SCHLEIFER Tod in Perchtoldsdorf NEU Emons Verlag € 13,40
THOMAS STIPSITS Kopftuchmafia Ueberreuter Sachbuch € 16,95
7
LUCINDA RILEY Die Mondschwester Goldmann € 11,30
8
PASCAL MERCIER Das Gewicht der Worte Hanser, Carl € 26,80
8
SEBASTIAN FITZEK Der Insasse Knaur Taschenbuch € 12,40
9
LUCA VENTURA Mitten im August Diogenes € 16,50
9
HERA LIND Die Hölle war der Preis Diana € 11,30
7
8
6
5
7
10
CLAIRE DOUGLAS VERGESSEN – 10 Nur du kennst das Geheimnis
Kinderbuch
Belletristik E-Book
ALEX BEER Das schwarze Band NEU Limes € 20,60
1
NEU
1 2
3
NEU
4
NEU
5
„vergissmeinnicht 2021“ – Anja Schäfer. Camino
2
7
NEU
Inspiration und Taschenkalender Ein täglicher Begleiter für mehr als Termine und Notizen. Der vergissmeinnicht Kalender bringt auch Inspiration durch Zitate, Bibelverse, Rezeptvorschläge, Bastelideen und Tipps.
DAVID SAFIER Aufgetaut Kindler € 16,50
6
10
„In Zukunft hitzefrei?“ – Tim Schulze. oekom
MONIKA HELFER Die Bagage Hanser, Carl € 19,60 MARTIN WALKER Connaisseur Diogenes € 24,70
DONNA LEON Geheime Quellen NEU Diogenes € 24,70
3
Klimawandel verstehen und handeln Die Welt wird heißer und das Problem immer größer. Wie ist es dazu gekommen und was können wir tun? Was müssen wir sein lassen? Das Buch erklärt den Ernst der Lage und bringt Vorschläge.
Belletristik Taschenbuch
6
NEU
7
NEU
8 5
9 11
10 3
SUZANNE COLLINS Die Tribute von Panem X Oetinger € 26,80 JEFF KINNEY Gregs Tagebuch 14 – Voll daneben! Baumhaus Verlag € 15,50 ALICE PANTERMÜLLER Mein Lotta-Leben (16). Das letzte Eichhorn Arena € 12,40 LIZ PICHON Tom Gates Schneiderbuch € 12,40 SUZANNE COLLINS The Ballad of Songbirds and Snakes Scholastic Uk € 25,10 KAREN M. MCMANUS ONE OF US IS NEXT cbj € 20,60 AIMÉE CARTER Der Fluch des Phönix Oetinger € 15,50 KAREN M. MCMANUS ONE OF US IS LYING cbt € 11,40 MAGNUS MYST Das kleine Böse Buch Überreuter € 13,40 MARGIT AUER Die Schule der magischen Tiere 2: Voller Löcher! Carlsen € 12,40
NEU Penguin € 13,40
1 1
2 3
3
NEU
4 2
5
NEU
6
NEU
7
NEU
8
NEU
9
NEU
10 NEU
JOJO MOYES Der Klang des Herzens Rowohlt Digitalbuch € 14,99 KATHARINA FUCHS Zwei Handvoll Leben Droemer eBook € 9,99 VINCENT KLIESCH Die Frequenz des Todes Droemer eBook € 9,99 PIERRE MARTIN Madame le Commissaire und die Frau ohne Gedächtnis Knaur eBook € 9,99 RHENNA MORGAN Haven Brotherhood: Stand & Deliver Plaisir d’Amour Verlag € 6,99 HUBERT ACHLEITNER flüchtig Zsolnay € 16,99 SUZANNE COLLINS Die Tribute von Panem X Oetinger € 15,99 SOPHIE BONNET Provenzalischer Stolz Blanvalet € 12,99 TESS GERRITSEN Das Schattenhaus Limes € 11,99 AURORA ROSE REYNOLDS Falling for Colton Romance Edition € 4,99
Im Auftrag des HVB ermittelt das Marktforschungsinstitut media control das gesamte Bestseller-Portfolio. Mit den Bestsellerlisten werden auf dem Absatzweg Sortimentsbuchhandel und E-Commerce,
20_21_06_20_Bestseller_MIL2.indd 20
22.06.20 11:38
Bahnh
mmerce,
Bestseller Mai 2020 NR.
BELLETRISTIK
SACHBUCH
Monika Helfer
1
1
HANSER, CARL
2
Martin Walker Connaisseur
3
Hubert Achleitner
Inside Türkis
NEU
EDITION A
Niki Lauda. Die Biografie EDEL BOOKS
flüchtig
NEU
ZSOLNAY, PAUL
Eine kurze Geschichte der Menschheit
NEU
DIOGENES
3
KINDLER
1
Kopftuchmafia
7
UEBERREUTER SACHBUCH
Das Gewicht der Worte
Bastian Obermayer, Frederik Obermaier
Die Ibiza-Affäre
Klimawandel
Min Weag
5
10
10
Das schwarze Band
NEU
Kraft und Inspiration NEU für diese Zeiten. Life is a story R. Likar, G. Pinter, H. Janig, A. Fehringer, T. Köpf NEU Bereit für das
nächste Mal
LIMES
EDITION A
NEU
Aimée Carter
Jamies 5-ZutatenKüche
1
NEU
5
Magnus Myst
Pamela Reif 4
COMMUNITY EDITIONS
Das kleine Böse Buch
11
ÜBERREUTER
Margit Auer
Reinhard Haller
Das Wunder der Wertschätzung
Karen M. McManus ONE OF US IS LYING CBT
DORLING KINDERSLEY
You Deserve This
Der Fluch des Phönix OETINGER
Jamie Oliver 4
STORY.ONE
Alex Beer
Karen M. McManus ONE OF US IS NEXT CBJ
17
LÖWENZAHN
Matthias Strolz Luca Ventura
Mitten im August DIOGENES
NEU
The Ballad of SongNEU birds and Snakes
EDITION A
Vorarlberg Tourismus WE
BRAUMÜLLER VERLAG
HANSER, CARL
9
Tom Gates SCHNEIDERBUCH
SCHOLASTIC UK
Johannes Huber, Bernd Österle
Die Anti-Aging Revolution
Liz Pichon
Suzanne Collins 9
LÖWENZAHN
NEU
NEU
ARENA
Das Kind in dir 6 muss Heimat finden
Kuchen backen mit Christina
1
BAUMHAUS VERLAG
Alice Pantermüller
Christina Bauer
Marcus Wadsak 8
3
Mein Lotta-Leben (16). Das letzte Eichhorn
KAILASH
KIEPENHEUER & WITSCH
Pascal Mercier
8
Trotzdem
Jeff Kinney
Gregs Tagebuch 14 Voll daneben!
Stefanie Stahl
LUCHTERHAND LITERATURVERLAG
Thomas Stipsits
Brot backen mit Christina
NEU
OETINGER
LÖWENZAHN
9
NEU
MOLDEN VERLAG
NEU
HAYMON VERLAG
7
Michael Horowitz, Otto Schenk
Schenk. Das Buch
Ferdinand Schirach, Alexander Kluge
Felix Mitterer Keiner von euch
6
Daniele Ganser Imperium USA
Die Tribute von Panem X
10
Christina Bauer
ORELL FÜSSLI
David Safier
Aufgetaut
Genau so geht Bio-Garten! CADMOS
PANTHEON
Donna Leon Geheime Quellen
4
KINDERBUCH Suzanne Collins 2
Karl Ploberger NEU
Yuval Noah Harari
5
Backen mit Christina LÖWENZAHN
Maurice Hamilton 6
DIOGENES
DIESE BÜCHER KAUFT MAN IN ÖSTERREICH AM HÄUFIGSTEN
RATGEBER Christina Bauer
Klaus Knittelfelder
Die Bagage
11
GRÄFE UND UNZER
Im Auftrag des HVB ermittelt das Marktforschungsinstitut media control die einzige offizielle Buchverkaufsliste im gesamten stationären Buchhandel und auf allen Online-Plattformen in Österreich. 600 Verkaufsstellen und knapp 90 % aller Barverkäufe sind damit erfasst.
Die Schule der magischen Tiere 2: Voller Löcher!
„
Das Posterformat zum Download gibt es für Buchhandlungen im Mitgliederbereich www.buecher.at
3
CARLSEN
anzeiger
Das Magazin für die österreichische Buchbranche
Sachbuch Hardcover
1
NEU
2
NEU
3 1
4 9
5
NEU
6
NEU
7
WE
8 4
9
NEU
10 NEU
KLAUS KNITTELFELDER Inside Türkis Edition A € 22,00 MAURICE HAMILTON Niki Lauda. Die Biografie Edel Books € 25,70 YUVAL NOAH HARARI Eine kurze Geschichte der Menschheit Pantheon € 15,50 DANIELE GANSER Imperium USA Orell Füssli € 25,70 € MICHAEL HOROWITZ, OTTO SCHENK Schenk. Das Buch Molden Verlag € 35,00 FERDINAND SCHIRACH, ALEXANDER KLUGE Trotzdem Luchterhand Literaturverlag € 8,30 BASTIAN OBERMAYER, FREDERIK OBERMAIER Die Ibiza-Aff äre Kiepenheuer & Witsch € 16,50 MARCUS WADSAK Klimawandel Braumüller Verlag € 18,00 MATTHIAS STROLZ Kraft und Inspiration für diese Zeiten. Life is a story story.one – the library of life € 14,00 € LIKAR, PINTER, JANIG, FEHRINGER, KÖPF Bereit für das nächste Mal Edition A € 22,00
Sachbuch E-Book
1
Sachbuch Taschenbuch
1
JOHN STRELECKY Das Café am Rande der Welt 1 DTV Verlagsgesellschaft € 9,20 CANFIELD, HANSEN, NEWMARK Hühnersuppe für die Seele NEU Goldmann € 11,40
2 3 3
4 6
5 5
6 11
7 13
8 9
9 7
10 2
JOHN STRELECKY The Big Five for Life DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 JOHN STRELECKY Wiedersehen im Café am Rande der Welt DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 JOHN STRELECKY Auszeit im Café am Rande der Welt DTV Verlagsgesellschaft € 10,20 VIKTOR E. FRANKL … trotzdem Ja zum Leben sagen Penguin € 10,30 YUVAL NOAH HARARI 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert C.H.Beck € 15,40 CAROLINE CRIADO-PEREZ Unsichtbare Frauen btb € 15,50
Aus der Angst heraus können wir nicht leben. Wir werden neue Wege des Miteinander finden; wir brauchen außergewöhnliche Weite und außergewöhnlichen Mut. Clemens Sedmak
ICHIRO KISHIMI, FUMITAKE KOGA Du musst nicht von allen gemocht werden Rowohlt TB € 10,30 KATRIN BIBER Larissas Vermächtnis Piper Taschenbuch € 10,30
NEU
Ratgeber Hardcover
KLAUS KNITTELFELDER Inside Türkis NEU Edition A € 16,00
1
CHRISTINA BAUER Backen mit Christina Löwenzahn € 24,90
Clemens Sedmak
2
LAURA SPINNEY 1918 – Die Welt im Fieber Hanser € 8,99
2
KARL PLOBERGER Genau so geht Bio-Garten! Cadmos € 19,95
Gespräche in der Krise
3
HEATHER MORRIS Der Tätowierer von Auschwitz Piper eBooks € 14,99
3
CHRISTINA BAUER Brot backen mit Christina Löwenzahn € 25,60
4
STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden Kailash/Sphinx € 11,99
4
STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden Kailash € 15,50
5
BASTIAN OBERMAYER, FREDERIK OBERMAIER Die Ibiza-Aff äre Kiepenheuer & Witsch € 14,99
5
CHRISTINA BAUER Kuchen backen mit Christina zahn € 24,90
6
6
JOHANNES HUBER, BERND ÖSTERLE Die Anti-Aging Revolution Edition A € 22,00
7
FERDINAND SCHIRACH, ALEXANDER KLUGE Trotzdem NEU Luchterhand Literaturverlag € 6,99
7
VORARLBERG TOURISMUS GMBH Min Weag Löwenzahn € 18,40
8
LIKAR, PINTER, JANIG, FEHRINGER, KÖPF Bereit für das nächste Mal NEU Edition A € 14,00
8
JAMIE OLIVER Jamies 5-Zutaten-Küche Dorling Kindersley Verlag
9
9
PAMELA REIF You Deserve This Community Editions € 20,60
8
18
3
WE
MAURICE HAMILTON Niki Lauda. Die Biografie NEU Edel Books € 17,99
2
DEBORAH FELDMAN Unorthodox btb € 9,99
10
MARTIN WEHRLE «Ich könnte ihn erwürgen!» NEU Mosaik € 12,99
2
10
5
6
9
5
17
1
4
hoffentlich.
Gräfe und Unzer
Bahnhofsbuchhandel sowie Elektro-und Drogeriemarkt 83 Prozent aller Barverkäufe in Österreich abgedeckt.
geb. ISBN 978-3-7022-3885-8 160 Seiten, € 14.95
€ 27,80
REINHARD HALLER 10 Das Wunder der Wertschätzung 11
Löwen-
In diesem Buch führt der Autor fiktive Gespräche: mit einem Journalisten, mit einer Therapeutin, mit einer Theologin, mit einem Historiker, mit einem Dichter, mit einer Mystikerin, mit einem Geschichtenerzähler, mit einer Philosophin ... Die Texte machen deutlich, dass die vom CoronaVirus ausgelöste weltweite Krise eine Zeit kreativer Neuaufbrüche sein kann.
€ 18,50
Bestellen Sie zu Reisekonditionen bei: Mohr Morawa Buchvertrieb | A-1230 Wien Tel. +43 (0) 1 680 14 -5 | Fax: +43 (0) 1 688-71 -30 bestellung@mohrmorawa.at
www.tyrolia-verlag.at 20_21_06_20_Bestseller_MIL2.indd 21
22.06.20 11:38
– Klassiker – neu entdeckt
Lyrik schreiben bedeutet
sterben lernen Text: Erich Klein Illustration: Katharina Klein
FOTO: WIKICOMMONS
ALFRED KOLLERITSCH (1931–2020) „Das Buch wächst durch die Jahre, / der Schriftzug ist die Grenze. Sie / trennt die Todgeweihten auf dem / Weg zum Ende.“ Die Zeilen aus dem Gedichtband „Die Nacht des Sehens“, der kurz vor dem Tod seines Verfassers Alfred Kolleritsch erschienen ist, legen es nahe: Lyrik schreiben bedeutet sterben lernen. Ob dies auch für Leserinnen und Leser gilt, die üblicherweise nur im Zustand der Trauer, des Verlustes oder der Verliebtheit zu Gedichten greifen, sei dahingestellt. Vielleicht wäre die Definition für den 1931 im südsteirischen Brunnsee geborenen Autor und Philosophen, Lehrer und Zeitschriftenmacher Alfred Kolleritsch auch zu pompös gewesen. Immerhin – in zwölf Gedichtbänden inszenierte er den Ausnahmezustand jenseits der Grenze und in unverkennbarer Melodie. Pointen wurden dabei bewusst vermieden, auch wenn es zuletzt hieß: „Was lebt, holt sich den Tod.“ Sein literarisches Debüt, der Roman „Die Pfirsichtöter“ aus dem Jahr 1972, weist noch deutliche Spuren der Auseinandersetzung mit der Philosophie von Martin Heidegger auf, über den Kolleritsch promoviert hat: „Dinge werden zu Dingen gebracht. (…) Das Schöne ist das Ewige. Das Ewige ist die Speise Gottes.“ In einem Schloss wird ein kafkaeskes Mahl aus exzessivem Sprachmaterial vorbereitet, von dem Elfriede Jelinek gesagt hat:
„man weiß bald nicht mehr, ob man denkt oder isst.“ Die quasi autobiografische Fortsetzung „Grüne Seite“ (1974) beschreibt den Generationskonflikt von Vätern und Söhnen, mit „Allemann“ rollt Kolleritsch im Wendejahr 1989 noch einmal die Internatszeit unter den Nazis auf. Schließlich galt Graz einst als Stadt der „Volkserhebung“, in der lautstark nach Goebbels gerufen wurde … Alfred Kolleritsch seinerseits war maßgeblich an der Entstehung einer neuen Welt in anderer Sprache beteiligt: In den 1960er-Jahren als Mitgründer des „Forum Stadtpark“ und der bis heute wichtigsten österreichischen Literaturzeitschrift manuskripte, in den 1970erJahren als treibende Kraft bei der Gründung der „Grazer Autorenvereinigung“. Während die Grazer mit Namen wie Peter Handke, Wolfgang Bauer oder Barbara Frischmuth auszogen, die deutschsprachige Literatur zu erobern, blieb Alfred Kolleritsch weiterhin Gymnasiallehrer und schrieb Gedichte. Über „Der letzte Österreicher“ (1995), die grandiose späte Erzählung des vielfach Geehrten und Ausgezeichneten, bemerkte der lebenslange Gefährte Peter Handke, sie sei „mit bösem Blick für die ihn umgebenden Zustände und der Freundlichkeit für die einzelne Leute“ geschrieben. Am 29. Mai ist Alfred Kolleritsch im neunzigsten Lebensjahr gestorben. „Es kommen die Choräle, aus den / Wiesen gesungen, Blumen und / Blätter vermischen sich, klagen / dem Himmel zu, dass er sein Licht / schickt.“
Das sagt Peter Handke
„Alfred Kolleritsch ist ein freundlicher Mensch mit einem ziemlich bösen Blick.“ Peter Handke
Alfred Kolleritsch: Die Nacht des Sehens Wallstein Verlag
anzeiger / 22
22_06_20_Klassiker_L2.indd 22
22.06.20 11:39
– Gewinnspiel –
Jetzt mitspielen!
Lesepicknick im Grünen Spielen Sie mit und nutzen Sie die Chance, etwas für Ihr Vergnügen oder Ihren Geschäftserfolg zu gewinnen. Diesmal: Ein Picknickkorb mit Ausstattung im Wert von € 84,–.
Der Picknickkorb von Hillinger kommt, bereit für einen Ausflug ins Grüne, mit Tellern, Gläsern, Besteck, Menagen und Flaschenöffner – mit genügend Platz für eigene Köstlichkeiten. Dazu Lesestoff – und der entspannte Trip ins Grüne ist gesichert.
Jetzt mitspielen und gewinnen auf:
www.falter.at/anzeiger Teilnahmeschluss: 20. Juli 2020
anzeiger
Das Magazin für die österreichische Buchbranche
Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Schriftverkehr, Rechtsweg und Barablöse sind ausgeschlossen. Der Gewinn ist nicht übertragbar oder auszahlbar. Die GewinnerInnen werden schriftlich verständigt. Teilnahmeschluss: 20. Juli 2020. Datenschutz: Für die Teilnahme am Gewinnspiel ist eine Angabe von personenbezogenen Daten erforderlich. Die Teilnehmer erklären sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die von ihnen übermittelten Daten von der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, für die Durchführung und Abwicklung des Gewinnspiels erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach vollständiger Durchführung des Gewinnspiels umgehend und unwiederbringlich gelöscht.
anzeiger / 23
23_06_20_Gewinnspiel_MIL2.indd 23
22.06.20 11:39
– HVB-Mitglieder im Porträt – GEA Laden mit Buchhandlung, Oberwart
Alexandra Trenker Text: Elisabeth Stuppnig Foto: Alexandra Eizinger
V
ielleicht“, sinniert Alexandra Trenker, „hatte Corona auch etwas Gutes. Wir wurden alle gezwungen, aus unserem Alltagstrott auszusteigen und die Erde atmen zu lassen. Nur die wenigsten hätten das freiwillig getan.“ Am Höhepunkt des Lockdowns blieb die fünffache Mutter und sechsfache Großmutter zusammen mit ihrer achtzehnköpfigen Familie auf ihrem Bauernhof: mit ihrem Mann Ernst, dem Biobauern, sowie den Kindern und Enkelkindern. Eine idyllische Zeit für die Trenkers, trotz Umsatzverlusten. Spricht man mit Alexandra Trenker, der Inhaberin des GEA Ladens mit Buchhandlung im burgenländischen Oberwart, wird schnell klar, sie ist nicht nur Familien-, sondern auch Büchermensch aus Leidenschaft. Als ihre jüngste Tochter vor 15 Jahren drei Jahre alt wurde, gründete Alexandra Trenker in Oberschützen eine Buchhandlung mit Schul- und Weltladenartikeln, in der sie auch Schuhe der Waldviertler Firma GEA anbot. Vor sieben Jahren ergab sich dann die Möglichkeit, ein Geschäft für das gesamte GEA-Sortiment zu eröffnen. Dazu übersiedelte sie von Oberschützen nach Oberwart, gab das Schulartikelsortiment auf und widmet sich ganz ihren Lieblingsbereichen: nachhaltigen Produkten und der Buchhandlung. In ihrem Shop verkauft sie nun Kleinmöbel, Schuhe und Matratzen sowie mit Bedacht ausgesuchte Literatur. Trotz eines eher breiten Sortiments bedient Trenker vor allem die Bedürfnisse ihrer Stammkundschaft: mit Büchern über Nachhaltigkeit, Philosophie und Werken, die sich mit dem Sinn des Lebens befassen. „Menschen, die bei mir nachhaltige Schuhe kaufen, denken oft ökologisch und ganzheitlich. Ihnen möchte ich auch den passenden Lesestoff bieten.“ Ein weiterer Schwerpunkt bildet pädagogisch wertvol-
„Menschen, die bei mir einkaufen, denken oft ökologisch und ganzheitlich. Ihnen möchte ich passenden Lesestoff bieten“
le Literatur für Kinder. Der gelernten Kindergartenpädagogin ist es ein großes Anliegen, Kindern „mit Büchern Werte zu vermitteln“. Eine ihrer Töchter arbeitet in der Buchhandlung, die Homepage stammt von Sohn Clemens, einem Grafikdesigner, Sohn Dominik möchte den Biohof nicht nur übernehmen, sondern ihn in Zukunft auch autark führen. „Wir haben unsere Kinder stets in unser Geschäftsleben eingebunden und sie in ihren Leidenschaften bestärkt“, erklärt Alexandra Trenker. Vielleicht ist das der Grund, dass alle ihre Kinder zurückgekommen und in der Nähe der Eltern sesshaft geworden sind. „In der Gemeinsamkeit geht schließlich viel mehr weiter als allein.“
anzeiger / 24
24_27_06_20_HVB_Mitglieder_MIL2.indd 24
22.06.20 11:50
– HVB-Mitglieder im Porträt – Verlag Ed. Hölzel, Wien
„Die Welt im Bild war immer mein Hauptinteresse“
Text: Elisabeth Stuppnig Foto: Nini Tschavoll
Lukas Birsak K
unst und Wissenschaft schließen einander nicht aus. Das haben Genies wie der Universalgelehrte Leonardo da Vinci oder Albert Einstein, ein begnadeter Geiger, bewiesen. Auch Lukas Birsak, Verleger beim renommierten Bildungsverlag Ed. Hölzel, besitzt eine wissenschaftliche und eine künstlerische Ader. Der in Salzburg Aufgewachsene stammt aus einer Musikerfamilie. Da lag es nahe, nach Abschluss der Matura am Musischen Gymnasium weiter am Mozarteum Musik zu studieren. Im Konzertfach absolvierte er sein Studium mit den Schwerpunkten Gitarre und Laute. Noch heute greift er in seinem Haus in Wiener Neudorf regelmäßig zur Biedermeiergitarre. „Das Hobby ist geblieben“, schmunzelt er. Beruflich hatte er freilich anderes vor. Sein Hauptinteresse galt schon in seiner Jugend größeren Zusammenhängen: „Die Welt im Bild war immer mein Hauptinteresse.“ Also verließ er Salzburg und zog nach Wien, um Kartografie zu studieren. Sein Interesse machte sich bezahlt: Kurz nach Ende des Studiums 1986 heuerte er beim Ed. Hölzel Verlag als Atlasredakteur an. 2004 wurde er Prokurist, seit 2015 ist er Geschäftsführer des
Verlags, der sich im Bereich der Schulatlanten und Geografiebücher und seit 2019 mit dem ehemaligen Manz Verlag Schulbuch in den kaufmännischen Gegenständen als Marktführer etabliert hat. Rund 360 Schulbuchtitel haben die beiden Verlage im Programm. Sie sind Teil der P&V Holding und beschäftigen etwa 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Glück, sagt Birsak, musste er in der Pandemie niemanden im Team kündigen, dennoch erlitt der Verlag den ein oder anderen Umsatzverlust. „Die Krise hat uns indirekt getroffen. Teilnehmer und Dozenten nun abgesagter Kurse und Fortbildungen haben weniger Fachbücher als geplant gekauft.“ Um Lehrende und Schüler während des Lockdowns zu unterstützen, hat Ed. Hölzel das digitale Angebot an Arbeitsblättern und Zusatzmaterialien, darunter aufwendig aufbereitete digitale Karten oder Videos, bis Schuljahresende freigeschaltet. Ab Herbst bleiben die Angebote dann wieder
ausschließlich jenen vorbehalten, die auch Schulbücher beziehen. „Es kostet uns sehr viel Geld, digitale Inhalte zu produzieren. Und wir erhalten fast keine finanzielle Unterstützung vonseiten des Staats.“ Während des Gesprächs blickt Birsak auf eine handgefertigte Karte im Besprechungszimmer: sein Lieblingsstück, ein Werk aus der Anfangsgeschichte des Verlags im Jahr 1880. Als Atlasredakteur hatte Birsak einst Daten recherchiert, ausgewertet, analysiert und schließlich zusammengefasst. Danach ging es ans Entwurfszeichnen und an die Entscheidungen zu Farb- und Symbolwahl. Dann wurden bis zum Siegeszug des Computers die Entwürfe mit Tuschefeder und Gravurring verbildlicht – ein Handwerk mit Tradition. Birsak zieht eine Parallele: „Fürs Kartografieren braucht man Genauigkeit und ein ästhetisches Empfinden – wie beim Musizieren.“
anzeiger / 25
24_27_06_20_HVB_Mitglieder_MIL2.indd 25
22.06.20 11:50
– HVB-Mitglieder im Porträt – artconsulting & curating, Wien
Porträt: Tobias Schmitzberger Foto: Nini Tschavoll
Annemarie Türk „Ich finde es sehr gut, dass Österreich mit der BUCH WIEN eine eigene, erfolgreiche Buchmesse hat“
A
nnemarie Türk ist ein ungewöhnliches HVB-Mitglied. Die 67-Jährige hat in ihrem Leben beruflich viel erlebt, aber bis heute eher indirekt mit der Buchbranche zu tun. Von 1992 an arbeitete sie bei KulturKontakt Austria und war für die Bereiche Kulturförderung und Sponsoring zuständig. „Ich vermittelte Kooperationen zwischen Kultur und Wirtschaft sowie zwischen den Kunstszenen Österreichs und Ost- und Südosteuropas“, erzählt Türk. Dabei kam dem literarischen Austausch eine besondere Bedeutung zu, neben der Förderung von Übersetzungen wurde ein erfolgreiches Writers-in-Residence-Programm aufgebaut. Aus dieser Arbeit ergab sich über die erste BUCH WIEN 2008 auch der Kontakt zum Hauptverband.
2013 ging sie in Pension, wobei das für sie keinen Ruhestand bedeutet. Die Arbeit bei KulturKontakt Austria hätte sie „sehr erfüllt“, auf die Begegnungen und Kooperationen mit den Kulturschaffenden zu verzichten, wäre ihr sehr schwer gefallen. Mittlerweile arbeitet sie als Lehrbeauftragte, Moderatorin und Kuratorin in den Bereichen bildende Kunst und Literatur. Zum Beispiel organisierte und kuratierte Türk 2019 die Ausstellung „Ich bin wie eine Verdammte, die von den Engeln weiß“ im Literaturhaus Wien, die der Dichterin Christine Lavant gewidmet war. „Lavant ist 1973 gestorben, hat aber seither viele Komponistinnen und Komponisten sowie bildende Künstlerinnen und Künstler inspiriert.“ Türk hat eine besondere Vorliebe für Lyrik: „Ich liebe die poetische Verdichtung, die Gewichtung der Worte, den Rhythmus, wenn in wenigen, kurzen Zeilen neue Bilder und ganze Welten entstehen.“ So greift sie zurzeit oft zu den Gedichtbänden von Elisabeth Reichart („Mein Geliebter, der Wind“) und Fabjan Hafner, dessen „Erste und letzte Gedichte“ gerade erst in der Übersetzung von Peter Handke erschienen sind. Sie stammt aus Kärnten, und so interessiert sie nicht nur die deutschsprachige Literatur, sondern auch die ihrer slowenischen Landsleute, etwa eben die von Fabjan Hafner, dem früh verstorbenen zweisprachigen Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Dichter. Wichtig ist ihr die Mitarbeit im europäischen Netzwerk TRADUKI, dem sie seit der Gründung vor zwölf Jahren eng verbunden ist. Diese Initiative fördert den literarischen Austausch zwischen dem deutschen Sprachraum und Südosteuropa. Seit 2008 organisiert sie für TRADUKI Auftritte auf der BUCH WIEN, heuer wird die Organisation erstmals mit einem Stand und einem reichen Veranstaltungsprogramm vertreten sein. „Ich finde es sehr gut, dass Österreich mit der BUCH WIEN eine eigene, erfolgreiche Buchmesse hat.“
anzeiger / 26
24_27_06_20_HVB_Mitglieder_MIL2.indd 26
22.06.20 13:56
– HVB-Mitglieder im Porträt – Leselaus Verlag, Allhartsberg
Hannes Hörndler Porträt: Tobias Schmitzberger Foto: Sabine Wieser
„Auch Joanne K. Rowling hat ihren ersten Harry-PotterBand selbst verlegt“
U
m seinen Berufsweg zu finden, ging Hannes Hörndler 2004 auf Weltreise. Vier Monate lang war er unterwegs, besuchte unter anderem Kanada, Mexiko, Neuseeland und Thailand. „Ich habe viele Menschen kennengelernt, die sich selbstständig gemacht haben. Sie haben nicht gezaudert, sondern nur überlegt, was sie gut und gern machen“, sagt er. Ihr Denken inspirierte Hörndler: Könnte auch er sich etwas Eigenes aufbauen? Gedacht, getan. Konkret nahm Hörndler zwei Ideen in seine niederösterreichische Heimat Allhartsberg mit. Zunächst machte er eine Ausbildung zum Tennisinstruktor und gründete 2007 die Tennis- und Koordinationsschule Hörndler. „Ich hatte den Bau einer Tennishalle geplant und schon durchgerechnet, wie viel ich für eine Cola verlangen muss“, sagt Hörndler. Doch bald reichte seine Zeit nicht mehr, um selbst Sport zu treiben, der Beruf stahl Hörndler das Lieblingshobby. Zum Glück hatte er noch die zweite Idee im Gepäck: „Direkt nach der Weltreise hatte ich begonnen, ein Kinderbuch zu schreiben.“ Er entschied sich, Autor
zu werden, und widmete sich nun diesem Vorhaben. Als sein Text fertig war, kontaktierte Hörndler Dutzende Verlage: Er verschickte das Manuskript bunt eingepackt und hängte Schokolade an die Pakete. Der deutsche Thienemann Verlag zeigte zwar Gefallen, das Buch passte ihm aber nicht ins damalige Programm. „Immerhin wusste ich von nun an, dass ich nicht am falschen Dampfer bin“, erzählt Hörndler. Er wurde Eigenverleger und gründete den Verlag Leselaus. 2009 erschien dort sein erstes Buch „Im Tal der roten Spinne“, ein Abenteuerroman für Kinder ab elf Jahren. „Der Eigenverlag ist oft verpönt. Dabei hat auch Joanne K. Rowling ihren ersten Harry-Potter-Band selbst verlegt“, so Hörndler. Als Eigenverleger veröffentlichte der 38-Jährige seither 15 Kinderbücher und tourt durch Schulen, in denen er Lesungen hält. Einige Bücher erschienen mittlerweile au-
ßerdem auch beim G&G Kinderbuchverlag. Hörndlers erfolgreichstes Buch veröffentlichte er 2013, der Titel ist Programm: „Verdammt! Ich bin ein Buch!!! (Und noch dazu ein dämliches.)“ „Ich habe eher den Kinderals den Erwachsenenhumor“, sagt er augenzwinkernd. Hörndler, er ist Vater zweier Töchter, arbeitet viel mit Kindern. Bei der Sportunion Wieser Allhartsberg ist er als Nachwuchsleiter für die Fußballjugend zuständig, selbst trainiert er Kinder zwischen sieben und acht Jahren: „Ich will nicht nur organisieren, sondern auch an der Basis arbeiten.“ Das Training mit Kindern bevorzugt er gegenüber der Betreuung von Erwachsenenteams, wie er erzählt: „Aus Kindern kann man noch mehr herausholen, ihre Entwicklungssprünge sind viel größer.“ Man merkt es, Hörndler hat ein Faible für Aufbauarbeit.
anzeiger / 27
24_27_06_20_HVB_Mitglieder_MIL2.indd 27
22.06.20 11:50
– Selbstredend –
Akkordarbeit am Leben anderer WALTER SCHÜBLER GILT ALS BEDEUTENDSTER BIOGRAF ÖSTERREICHS. SEIN CREDO, ÜBER DAS ER HIER SPRICHT: ALLES, WAS ICH ALS BIOGRAF NICHT BELEGEN KANN, HABE ICH ALS BIOGRAF AUCH NICHT ZU SCHREIBEN Text: Erich Klein, Fotos: Stefan Knittel
D
er 1963 in Lindach in Oberösterreich geborene und in Wien lebende Literaturwissenschaftler und Autor Walter Schübler arbeitete erst als Akkordarbeiter in einer Fabrik und nach einem Übersetzerstudium für Französisch als Lektor und Kritiker für Zeitungen wie den Falter und die Presse. 2014 erhielt er den „Preis der Stadt Wien für Publizistik“. 2001 erschien sein Buch über den Dramatiker und Schauspieler Johann Nepomuk Nestroy, danach verfasste er drei weitere Biografien, etwa über das vermeintliche Vorbild der Mephisto-Figur, den Goethe-Freund Johann Heinrich Merck, und zuletzt 2018 über den „Sprechsteller“ Anton Kuh, von dem er 2016 die siebenbändige Werkausgabe im Wallstein-Verlag herausgegeben hatte. Dort erschien auch sein jüngstes Buch, „Komteß Mizzi. Eine Chronik aus dem Wien um 1900“. Herr Schübler, Ihr neues Buch „Komteß Mizzi“, die Chronik eines Prozesses und der Fall einer jungen Prostituierten aus dem Wien um 1900, liest sich wie ein Krimi. Was halten Sie vom heute populärsten aller literarischen Genres? Walter Schübler — Krimis sind eher nicht meines, aber ich hatte im letzten Sommer für zwei Wochen beim Haus- und Mamahüten in meinem Heimatdorf in Oberösterreich unter anderem die Brenner-Krimis von Wolf Haas im Gepäck. Die wollte ich wieder einmal lesen, und zwar chronologisch. Aus der Lektüre in der Abfolge der Erscheinungsjahre wurde dann aber nichts. Nachdem ich mit „Auferstehung der Toten“ fertig war, gab ich es meiner Mutter. Sie verschlang die Wolf-Haas-Bücher dann schneller als ich. So lief die Chronologie ziemlich aus dem Ruder. Werden Romane durch Netflix überflüssig?
Schübler — Wenn ich zu müde zum Lesen bin, schalte auch ich die Glotze an. Aber das ist für mich nach wie vor nicht vergleichbar, ich finde Bücher um Längen spannender. Was waren Ihre ersten Leseerfahrungen und Schreibversuche? Schübler — Im Zug einer Wohnungsräumung nach einem Wasserschaden fielen mir einige Protestgedichte aus Jugendtagen, die ich mit sechzehn, siebzehn geschrieben hatte, in die Hand. Ich war gerührt, musste schmunzeln und schob sie in die Ablage. Meine ersten Leseerfahrungen machte ich mit den Buchgemeinschaftsausgaben von Karl May. Sie lagen mit ihrem dunkelgrünen Plastikeinband zu Weihnachten unterm Christbaum. Damit zog ich mich in mein Bubenzimmer zurück. Lesen war ein Rückzugsund Fluchtort. Welche Rolle spielte die Schule? Schübler — Ich hatte zum Glück einen guten Deutschlehrer in der Mittelschule in Saalfelden, wo ich im Internat war, der uns mit aktueller Literatur bekannt machte. In der Buchhandlung dort habe ich mein ganzes Taschengeld gelassen. Von der Neugier, die damals geweckt wurde, zehre ich bis heute. Natürlich wurde auch der literarische Kanon durchgemacht. Wie wurden Sie zum Literaturkritiker bei Falter und Presse? Schübler — Ich war Lektor im Falter Verlag, als mich der damalige Sachbuchredakteur der Zeitschrift fragte, ob ich nicht über einen Auswahlband von Johann Heinrich Merck schreibe wolle. Der Goethe-Freund hatte den Ruf eines durchschnittlichen Intellektuellen des 18. Jahrhunderts mit »
anzeiger / 28
28_32_06_20_selbstredend_MIL2.indd 28
22.06.20 11:51
»
Verdiensten um den „Sturm und Drang“. Über Merck habe ich dann eine große Biografie geschrieben. Sie sind berufsbedingt ein Vielleser. Wer gehört zu Ihren Lieblingsautoren? Schübler — Ich bin nach dem schon erwähnten Wasserschaden gerade dabei, meine Bücherreihen systematisch zu lichten, sechseinhalbtausend Bücher mussten aus der Wohnung. Ein paar Hundert waren zerstört, darunter ausgerechnet die großformatigen Typoskript-Romane von Arno Schmidt. Es war zum Weinen! Beim Wiedereinräumen habe ich sehr viel ausgeschieden, an Freunde oder auch an die Caritas verschenkt, einiges aber auch wiedergelesen. Von Schmidts frühen Kurzromanen wie „Seelandschaft mit Po-
„Mit dem Großteil meiner Lieblingsautoren würde ich keinen Abend verbringen wollen! Das sind keine Guten!“ Walter Schübler
cahontas“, „Das steinerne Herz“, „KAFF“ und seinen Literaturessays bin ich noch immer so begeistert wie vor fünfundzwanzig Jahren. Welche Autoren wurden ausgeschieden? Schübler — Von Hans Magnus Enzensberger kam einiges weg. Auch Alexander Kluge, zu dessen Privatmythologie der letzten Jahre ich keinen Zugang finde, wurde aussortiert, wobei ich den frühen Kluge noch immer schätze! Vom Dichter Ernst Jandl kam einiges weg, nicht jedoch von seinem Kollegen Andreas Okopenko, der mir bei einer Lesung an meiner Schule in Zell am See seine „Akazienfresser“ signiert hatte. Ich erlebe immer wieder derartige Anfälle und lese dann von einem Autor alles, Okopenko gehört dazu. Welche Autoren halten Sie für schwierig? Schübler — Bei Herta Müller hab ich drei Anläufe gebraucht, sie steht bei mir aber inzwischen ganz oben, Friederike Mayröcker habe ich nie gelesen. Über allem steht Claude Simon. Er schreibt theoretisch reflektierte Prosa wie kaum ein anderer, ist aber auch unglaublich sinnlich. Ich habe Simon auf Deutsch und Französisch gelesen, »
anzeiger / 29
28_32_06_20_selbstredend_MIL2.indd 29
22.06.20 11:51
– Selbstredend –
»
ihn laut zu lesen, ist unfassbar! Seinen Texten sind Figuren eingeschrieben, etwa ein artesischer Brunnen, wobei ich den frühen Simon, der noch „faulknert“, ganz besonders schätze. William Faulkner wird gerade neu übersetzt. Lohnt sich das? Schübler — Ja, diese Übersetzung ist sensationell. Ich habe Faulkner lange Zeit nicht mehr und kürzlich einige Monate lang hindurch sehr intensiv gelesen. Der Mann hatte keinerlei akademische Ausbildung, aber er schuf ein ganzes Dutzend von Meisterwerken. In diese Reihe gehören auch Vladimir Nabokovs „Erinnerung, sprich“ und „Lolita“.
Weder Arno Schmidt noch Benn, auch Anton Kuh war eine „Krätzn“! Von Karl Kraus brauchen wir gar nicht zu reden. Kuh war aber offenbar sehr unterhaltsam und als Stegreifsprecher eine einsame Größe. Daher rührt auch das von Friedrich Torberg in die Welt gesetzte Klischee, er habe nur viel gesprochen, aber nie viel geschrieben. Das haben Sie mit der siebenbändigen Ausgabe von Kuhs Werken widerlegt. Schübler — Alle, die Kuh persönlich gut kannten, schwören hoch und heilig, dass er privat am Kaffeehaustisch noch zwei Klassen besser war als bei öffentlichen Auftritten im
Schübler — Es wundert mich, mit welcher Naivität Biografien heute noch geschrieben und rezipiert werden! Von einer Biografie wird noch immer das Romanhafte erwartet. Sie muss wie der Roman des 19. Jahrhunderts mit einem auktorialen Erzähler funktionieren, der in alle Figuren genau hineinblickt, jedes Geschehen motivieren kann und der Handlung eine Logik unterstellt. Genauso werden diese Bücher dann auch besprochen, indem man einen Lebenslauf nacherzählt. Kein Gedanke wird darauf verschwendet, wie es der Biograf angelegt hat und wie er mit dem Objekt seiner Forschung und dem Material umgeht.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Klassikern? Schübler — Büchner liegt grade auf dem Tischerl bei der Leseliege, da bleibt mir auch beim x-ten Mal noch der Mund offen stehen! E. T. A. Hoffmann, Lichtenberg, Lessing, Kleist. Goethe wird immer dünner, aber wer in den „Werther“ nicht reinfällt, hat kein Herz. Seinen „Faust“ kann man immer wieder lesen, auch wenn er sehr trocken ist. Einer, den ich hier unbedingt noch erwähnen muss, ist Siegfried Kracauer, dessen Roman „Die Angestellten“ ich jedes Jahr einmal lese. Derzeit bereiten mir auch die Briefe der Liselotte von der Pfalz großes Vergnügen, mit ihren französischen Briefen poliere ich mein schon ziemlich verrostetes Französisch auf. Was muss ein Buch können, um Sie zu fesseln? Schübler — Ich tendiere bei der Lektüre zum „Derben“. Das trifft nebenbei auch auf die Musik zu: Sie muss fett sein. Die erste Musik, die mich interessiert hat, war Blues. Sie muss mit einer gewissen Wucht daherkommen, das Filigrane ist nicht meines. Keinerlei Dichtung unter den Lieblingsautoren? Schübler — Ich hatte mir eine Lyrikabteilung für die Pension angelegt, doch mittlerweile wurde sie außer Haus geschafft. Ich kann nur ein berühmtes Zitat bringen: „Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl – dann kann es sehr wohl auch am Kopf liegen.“ (lacht) Ich habe heute nur noch „Lieblinge“, wozu auch der Briefwechsel zwischen Gottfried Benn und Friedrich Wilhelm Oelze gehört. Da Sie schon Benn erwähnen: Macht Lesen die Menschen besser oder umgekehrt, müssen Autoren besonders moralisch sein? Schübler — Mit dem Großteil meiner Lieblingsautoren würde ich keinen Abend verbringen wollen! Das sind keine Guten! (lacht)
„Klar hätte man die Geschichte um die Komteß Mizzi auch in die MeToo-Debatte hineinziehen können“ Walter Schübler
Konzerthaus oder im Theater in der Josefstadt. Der Journalist Paul Elbogen beschreibt, wie er spätnachts aus einem Café betrunken hinauswankte und ihm vor stundenlangem Lachen über Kuhs Scherze alles wehtat. Kommen wir zu Ihren Biografien, die alle sehr speziell sind … Schübler — Es gibt Prinzipien, die ich in meiner Biografik verfolge: Ich arrangiere das Material möglichst so, dass sich jede Leserin ein eigenes Bild machen kann und nichts durch bevormundende Lektüre nahegelegt wird. Ein ziemlich hoher Anspruch!
Die Menschen wollen unterhalten werden und ein ganzes Leben wie eine Folge von „Tatort“ konsumieren … Schübler — Sie haben die Frage gestellt, ob Lesen aus uns bessere Menschen macht. Meine klare Antwort lautet – nein! All mein Tun richtet sich gegen diese Erwartung an das Erzählerische. Man bekommt einmal pro Woche zu hören, Erzählen sei ein menschliches Grundbedürfnis, eine anthropologische Konstante. Ich sage: nein! Ein menschliches Bedürfnis ist Regression, wogegen ja auch nichts zu sagen ist. Erzählende Literatur, Literatur, mit der man es sich bequem machen kann, bedient dieses Bedürfnis nach
anzeiger / 30
28_32_06_20_selbstredend_MIL2.indd 30
22.06.20 11:51
Kontinent Kinderbuch Regression. Ich sage damit nichts gegen die Literatur, die dieses Bedürfnis bedient, allerdings frage ich mich, warum gerade diese Literatur so hochgejubelt wird. Ich setze auf rationale, nicht auf emotionale Ansprache. Was Ihre Biografien von vielen anderen unterscheidet – zusätzlich zu Materialreichtum und einer gewissen Sprödigkeit … Schübler — Eines meiner wichtigsten Grundprinzipien lautet: Du sollst dir kein Bild machen. Ich halte das auch für eine Maxime im alltäglichen Umgang miteinander. Ich versuche kein fertiges Bild zu vermitteln, man muss sich lesend selbst ein Bild machen. Das Buch über Merck ist vielleicht trocken, aber wie sagte Alexander Kluge einmal: Der O-Ton gibt den Kammerton „A“ vor. Wenn Texte aus dem 18. Jahrhundert auf den ersten Blick schwer verständlich sind und man eine Zeitlang braucht, um sich einzulesen, dann weiß man, in welcher Zeit man sich bewegt. Was machen Biografen normalerweise? Sie modernisieren, bringen das Material in unsere Zeit und heben damit jegliche Distanz auf, die unbedingt notwendig ist, um Reflexion überhaupt einsetzen zu lassen. Indem das Material ganz nahe an den Leser herangebracht wird, verschwindet auch das Moment, dessentwegen man überhaupt liest. Nämlich? Schübler — Um etwas dazuzulernen … Gleichzeitig mit der Merck-Biografie entstand das ganz anders konstruierte Nestroy-Buch. Schübler — Diese Biografie besteht aus dreißig Kapiteln, die man über Stichwörter und Verweise untereinander kombinieren kann, wodurch verschiedene Lektürepfade durch das Buch entstehen. Jedes Kapitel ist aber auch für sich lesbar. Ich halte es für sehr zugänglich – von wegen spröde. Wenn es die Materiallage zulässt, kann auch dichte Prosa entstehen wie im Fall meines Buches, ich nenne es eine „Zoom-Biografie“, über Gottfried August Bürger. Dessen berühmte und großartige Ballade „Leonore“, die in engstem Austausch mit Freunden entstanden ist, lässt sich bis ins kleinste Detail nachempfinden. Man kann hier Bürger regelrecht über die Schulter schauen. Dennoch darf man das schöne Wort des Historikers Reinhart Koselleck vom „Vetorecht der Quellen“ nie vergessen. Alles, was ich als Biograf nicht belegen kann, habe ich als Biograf auch nicht zu schreiben! Das steht mir nicht zu. Ihr neues Buch, „Komteß Mizzi“, behandelt den Selbstmord einer jungen Frau und den Prozess gegen ihren Vater, dem Kuppelei vor-
geworfen wurde. Wie sind Sie auf diese Geschichte gekommen? Schübler — Ich bin während meiner jahrelangen Beschäftigung mit Anton Kuh zufällig darüber gestolpert. Kuh ließ in einem Text über das Café de l’Europe am Graben dessen Gäste Revue passieren, Graben und Kärntner Straße waren damals ein Strich. „Die junge Komteß Veith, die von ihrem Vater verkuppelt wurde“, steht bei Kuh. Ich fand heraus, dass es sich bei diesem Prozess um einen berühmten Fall, eine „cause célèbre“ der Zeit gehandelt hatte. Gerichtsakten solch glamouröser Fälle wurden normalerweise aufgehoben. Den haben Sie gefunden? Schübler — Ich habe im Stadt- und Landesarchiv angefragt und recht bald erfahren, dass man den Prozessakt für mich ausgehoben hat: Zwei mit Spagat verschnürte Aktenbündel, in roter Tinte mit „Strafsache gegen Marcell“ und „Strafsache gegen Maria Veith“ beschrieben. Womöglich hat nie jemand diese Akten aufgeschnürt. Allerdings sind die Tagebücher der Marie Veith und die Rechnungsbücher ihres Vaters, der die Einnahmen seiner Tochter pedantisch vermerkt hat, nicht mehr dabei. Die angeblich „authentischen“ Tagebücher sind noch im Jahr des Prozesses in einem Budapester Pornografie-Verlag veröffentlicht worden, da hat sich jemand damals offenbar am Gerichtsakt bedient. Wer jedoch glaubt, es würden darin pikante Details aufgetischt, wird enttäuscht. Warum auch sollte eine Sexarbeiterin im Detail aufschreiben, was sie mit ihren Kunden macht? Also keine „Josefine Mutzenbacher“. Doch in den Rechnungsbüchern des Vaters tauchen über zweihundert „Cavalliere“ der besten Wiener Kreise namentlich auf. Manche erscheinen über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg in dreißig, vierzig Einträgen. Besagter Marcell „Graf“ Veith war nicht nur ein Hochstapler, es ist ihm mit dieser Kundenliste seiner Tochter ein regelrechter Skandal gelungen. Doch wäre es mir nie eingefallen, den Stoff kolportageartig zu bearbeiten, obwohl das naheliegt. Damit hätte ich mich den zeitgenössischen Boulevardzeitungen angeschlossen, die diese Causa zum Gegenstand öffentlicher Empörung gemacht haben: „Dieser ruchlose Vater, der sein eigen Fleisch und Blut auf den Weg der Schande führt“, hieß es damals. So einfach wollte ich es mir nicht machen. Daher komme ich in meinem Buch nicht mit der Moralkeule daher. Um noch einmal Alexander Kluge zu zitieren: „Mehr als die Chance, sich selbstständig zu verhalten, bietet kein Buch.“ Natürlich ist Veith, dieser Rabenvater, zu faul, um zu arbei» ten und seinen Lebensunterhalt
Karin Haller Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at
Der Traum vom Morgen Wie wird die Welt von morgen aussehen? Diese Frage beschäftigt die Literatur und natürlich auch die Kinder- und Jugendliteratur nicht erst seit Covid-19. Nun ist das Genre der technisch orientierten ScienceFiction, die Perry Rhodan noch wilde Abenteuer im Weltall erleben ließ, praktisch ausgestorben. Dafür begann in den 1990ern der Siegeszug der Fantasy. Auch die Warnungen vor Kernreaktorunfällen wie die einer Gudrun Pausewang („Die Wolke“, 1988) schienen irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Und dann schrieb Suzanne Collins „Die Tribute von Panem“, deren internationale Erfolgsgeschichte vor mehr als zehn Jahren begann. In ihrer Heckwelle schwimmen eine Reihe von mehr oder weniger gesellschaftskritischen Jugendbuch-Dystopien unterschiedlicher Qualität. Was sie alle eint: Sie werfen einen ausgesprochen pessimistischen Blick auf unsere Zukunft. Tatsächlich gibt es mit wenigen Ausnahmen in der Literatur nur negative Zukunftsentwürfe. Ist es so viel schwieriger, eine bessere Welt zu imaginieren? Weil wir alle keine Rezepte für das Gelingen haben? Gedankliche Rettungsansätze finden sich ja wenn, dann im Sachbuch, kaum in der Belletristik. Ist eine Geschichte, in der die Welt schön und heil ist, nicht spannend genug? Wie auch immer: Um eine der Großen der gegenwärtigen österreichischen Literatur, nämlich Renate Welsh, zu zitieren: „Ich kann dir keine Antworten geben, aber steh zu deinen Fragen.“
anzeiger / 31
28_32_06_20_selbstredend_MIL2.indd 31
22.06.20 11:51
– Selbstredend –
»
selbst zu verdienen, wie sich im Verhör vor dem Untersuchungsrichter herausstellt. Aber dann kommt er selbst vor Gericht zu Wort – und ich verkneife mir jeglichen Kommentar! Ich will Leserinnen und Leser nicht bevormunden. Das Buch soll als Erzählung funktionieren und bei aller Trockenheit der Chronik auch spannend sein. Es gibt keine didaktischen Vorkehrungen, keine Erzählinstanz, sondern nur verbindende Texte. Man muss also den Fall Veith in aller Komplexität samt Prostitution, Skandal und Selbstmord selbst lösen? Schübler — Mir geht es ausschließlich um das Wie. Welche Geschichte dabei erzählt wird, ist fast egal. Schon auf der ersten Seite findet sich etwas wie meine, um es hochgestochen zu sagen, poetologische Maxime. Über die aufgefundene Leiche der Marie Veith heißt es: „Das Weiß der bis zu den Ellbogen reichenden Glacéhandschuhe ebensowenig vom grauen Schlamm versehrt wie das Schwarz der Lackhalbschuhe.“ Genau das ist mein Thema: schwarz-weiß, die Farbe he rausnehmen. Bis zum Ende des Buches bleibt unklar, ob der Vater seine Tochter tatsächlich zur Prostitution gezwungen hat. Es ist nie nachgewiesen worden. Womit wir auf recht gefährliches Terrain geraten … Schübler — Der Verlag wollte zusätzlich zu meinem Nachwort unbedingt auch ein Vorwort, in dem meine Haltung und meine Position klargestellt werden sollten: Dass ich Prostitution, noch dazu Zwangsprostitution, und überdies bei einer Minderjährigen, ablehne. Ich habe schon damals gesagt, wenn der Literaturbetrieb durch Political Correctness so vertrottelt ist, dass Menschen kein eigenes Urteil mehr zugestanden wird, dann lasse ich es bleiben. Klar hätte man die Geschichte auch in die MeToo-Debatte hineinziehen können. Die Sache ist heikel, aber die Frage nach der Schuld des Vaters, der ein Bastard war, ist nicht zu beantworten. Marcell Veith hat das Theresianum besucht und seine Tochter einer Reihe von Theresianern zugeführt … Schübler — Alles, was in Wien Rang und Namen hatte, war in diese Geschichte involviert. Wien um 1900 ist in Ihrer Chronik keine gute alte Zeit, sondern ein Kontinent der Verkommenheit, auf dem es vor allem darum geht, die „Unschuld“ zu beweisen … Schübler — Das wird gleich auf der ersten Seite angesprochen, wo die Beschreibung
der Auffindung der Leiche gegen die strikte Chronologie verstößt. Bei der Obduktion geht es dem Staatsanwalt vor allem um die Intaktheit der Virginität. Darum kreist diese Gesellschaft. Eine bürgerliche Frau hatte „intakt“ und „unbefleckt“ in die Ehe zu gehen, weshalb es in Wien auch dieses unglaubliche Ausmaß an Prostitution gab. Bürgerliche junge Herren haben sich wie die Adeligen am Dienstpersonal vergriffen, was den Eltern sehr recht war, weil sie sich andernfalls möglicherweise angesteckt hätten – oder sind gleich zu Prostituierten gegangen. Um die Sexualökonomie der besseren Gesellschaft am Laufen zu halten, musste es diese Unmenge an Prostituierten geben, die allerdings als das Letzte galten. Karl Kraus hat aus dem „Fall Veith“ den gegenteiligen Schluss gezogen. Sie haben seinen Artikel bewusst nicht in Ihr Buch aufgenommen? Schübler — Auch wenn es Kraus darin in erster Linie um die Moralheuchelei des Bürgertums ging, habe ich ihn nicht aufgenommen, weil er die Prostitution verherrlicht. Das war Otto Weininger pur. Man kann bei Kraus lesen, dass das sinnliche Wesen Weib erst in der Prostitution zu seiner Bestimmung kommt. Das geht nicht! Dieses Argument funktionierte schon vor hundert Jahren nicht mehr? Schübler — Nein – es ging schon damals nicht mehr. Man kann das Gegenteil beim Kraus-Gegner Anton Kuh sehr deutlich sehen, der die emanzipierte Frau forderte. Kuh ging auch deshalb nach Berlin, weil er dort junge, selbstbewusste Frauen fand. Natürlich gab es die auch in Wien – etwa das SchieleModell Bibiana Amon. Sie saß mit am Kaffeehaustisch der Literaten und wurde respektiert. Ich finde es an Kraus widerlich, wie er mit dem Mann-Frau-Thema umgeht. Bleibt nur noch die Frage nach Ihren Lieblingsbuchhandlugen … Da stehen jetzt Freundschaften auf dem Spiel. Fast alle Bücher bestelle und kaufe ich bei Reinhold Posch auf der Lerchenfelder Straße. Das ist eine der letzten Buchhandlungen mit markantem Profil und ebenso kundigen wie sympathischen Menschen hinter der Budel. Ähnlich, eine Generation jünger, bei Bernhard Riedl auf der Alser Straße. Vor Kurzem erst hat es mich zufällig in die Buchhandlung Franz Leo & Comp. am Lichtensteg verschlagen: 200 Jahre Tradition und ganz zeitgenössisch geführt! Das Antiquariat Schaden in der Sonnenfelsgasse ist immer einen Besuch wert, ebenso das Antiquariat Kantner in der Windmühlgasse. «
Bücher von Walter Schübler Erschienen im Wallstein Verlag: Anton Kuh. Biographie (2018) „Nur nicht gleich sachlich werden! Es geht ja auch persönlich.“ So lautet der bekannteste Sager von Anton Kuh (1890–1941). Der Spross einer Prager jüdischen Familie und Wiener Publizist, der sich als „Linksler“ bezeichnete, schuf mit seinem vielfältigen Œuvre von Theaterkritiken über Glossen bis zu Buchbesprechungen ein Porträt Kakaniens in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. „Lieber in Berlin unter Wienern statt in Wien unter Kremsern leben“ lautet sein Motto vor 1933. Eine dichte Arbeitsbeschreibung des Bohemiens – ausführlich dokumentiert ist auch die erbitterte Auseinandersetzung mit dem Erzfeind Karl Kraus. Anton Kuh starb 1941 als Emigrant in New York, hier erfolgt seine publizistische Auferstehung. Anton Kuh: Werke in 7 Bänden (2016) Rund 1.500 chronologisch angeordnete Feuilletons, Kritiken, Parodien, Anekdoten und Glossen zeigen den „Sprechersteller“ in voller Breite und als den vielleicht besten Aphoristiker des 20. Jahrhunderts in deutscher Zunge. Kuh publizierte in Kakaniens renommiertesten Zeitungen wie dem Prager Tagblatt, dem Neuen Wiener Journal oder dem Pester Lloyd, war als Feuilletonist aber ebenso im Berliner Tageblatt oder dem Simplicissimus gefragt. Komteß Mizzi. Eine Chronik aus dem Wien um 1900 (2019) Am 28. April 1908 werden Marcell „Graf“ Veith und seine 18-jährige Tochter Marie festgenommen. Er wird der Kuppelei, sie der Geheimprostitution beschuldigt. Sie ertränkt sich noch am selben Tag im Donaukanal, er wird vor Gericht gestellt. Der Prozess gerät zum Skandal: Hohe Polizeibeamte, die Chefs des Sittenamtes und des Sicherheitsbüros werden in Maries „Kassenbüchern“ als Kunden genannt. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe veröffentlicht Veith die gesamte Kundenliste: 205 „Cavalliere“, allesamt aus besten Wiener Kreisen.
anzeiger / 32
28_32_06_20_selbstredend_MIL2.indd 32
22.06.20 11:52
– Kurz vor Schluss – Gastkommentar
,
„Digitale Ansprache schließt persönliches Service nicht aus“
Sprung ins Digitale Warum gerade der Buchhandel in der Krise in digitale Gewässer gestoßen wurde, erzählt MOKS-Geschäftsführerin Michaela Wein Michaela Wein
I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L , F O T O : C H R I S T I A N L E N D L
W
enige Wochen der COVID-19-Krise haben Digitalisierungsprozesse stark beschleunigt und unser aller Arbeits- und Freizeitverhalten nachhaltig verändert. Gerade zu Beginn des Shutdowns war das Internet der wichtigste Verbindungskanal zur Außenwelt: Liveticker und -Übertragungen von Pressekonferenzen konnten enorme Reichweiten erzielen, die Social-Media-Nutzung gewann in Zeiten von Social Distancing stark an Bedeutung. Digitale Lösungen sind schon lange Teil unseres Arbeits- und Lebensalltags, durch die Krise sind sie aber zur primären Schnittstelle zu Freundinnen und Freunden, zu Kolleginnen und Kollegen geworden. Die neue Realität von Homeoffice, Videokonferenzen und Onlineshops forderte uns viel Flexibilität ab, aber machte auch deutlich, wie anpassungs- und wandlungsfähig wir sind. Zugleich zeigte sich, dass viele Unterneh-
men darauf unzureichend vorbereitet waren und die rasche Umstellung auf das Onlinegeschäft nur sehr langsam schafften. Fehlender persönlicher Austausch und die verlagerte Arbeit in den digitalen Raum haben auch eine Sehnsucht nach mehr Offline-Erlebnissen geweckt: Brot backen, Balkone bepflanzen und Bücher lesen. Während Nudeln und Germ in den Supermarktregalen fehlten, füllten sich die Instagram-Kanäle mit Bildern von selbst gebackenem Sauerteigbrot. Während tagsüber die Neuigkeiten im Liveticker mitverfolgt wurden, griff man abends zu einem Buch. Der Andrang im Onlinehandel war enorm, die Post sah sich mit einem Paketaufkommen konfrontiert, das an die Vorweihnachtszeit erinnerte. Das sind wertvolle Beobachtungen für alle, die sich mit dem Thema Marketing befassen: Menschen sitzen vor dem Computer oder schauen auf ihr Smartphone. Daher müssen
wir sie genau dort erreichen und abholen! Doch dieser Umstand erweist sich nach wie vor als Hürde für viele – auch große – Unternehmen: Überlastete Onlineshops, fehlende Social-Media-Kommunikation und ein Kundenservice, das diese Bezeichnung nicht verdient, haben nicht nur der Buchbranche zu schaffen gemacht und aufgezeigt, dass hier großer Aufholbedarf besteht. Durch die COVID-19-Krise sind viele Unternehmen ins digitale kalte Wasser gestoßen worden und mussten schwimmen lernen. Dabei hat sich gezeigt, dass die scheinbare Dichotomie von Digitalem und Analogem keine ist. Die beiden gehen vielmehr Hand in Hand miteinander. Das kann und muss als Chance verstanden werden. Wer sich mit dem Thema Digitalisierung schwertut, hat jetzt die Gelegenheit, sich damit zu beschäftigen, denn nie gab es mehr Möglichkeiten und die Bereitschaft der Kundinnen und Kunden, diese auch zu nutzen. Der Sinn von Social Media besteht darin, Kontakte zu pflegen, sich auszutauschen und Interaktion zu fördern. Dinge, von denen speziell der Buchhandel profitiert. Digitale Ansprache schließt persönliches Service nicht aus. Im Gegenteil, diese Betonung des Persönlichen ist etwas, das wir uns als Userinnen und User in Zeiten von fehlenden sozialen Kontakten wünschen. Machen wir also was daraus!
Michaela Wein ist Geschäftsführerin der Onlinemarketingberatung MOKS. Mehr zu ihrem mediakolleg-Seminar „Instagram für die Buch- und Verlagsbranche“ auf Seite 9
anzeiger / 33
33_06_20_Gastkommentar_L.indd 33
22.06.20 11:52
– Buchtermine –
Veranstaltungen Juli 2020 Michaela Kastel: C’est la fucking vie. Dachgartenlesung (Seeseiten Buchhandlung, Janis-Joplin-Promenade 6/5/Eg/1, 1220 Wien, 19:00) Andreas Pittler: Schatten aus Stein – Ein Fall für Inspector Zedlnitzkyi (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 19:00) Die Nacht: Andrea Grill und Christian Futscher (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00)
Das Kulturleben im realen Raum beginnt wieder. Hier die ersten Termine für Lesungen, Buchpräsentationen und andere Literaturformate
MITTWOCH, 22. 7.
SAMSTAG, 4. 7.
Erika Pluhar: Die Stimme erheben. Dachgartenlesung (Buchhandlung Seeseiten, Janis-Joplin-Promenade 6/5/EG/1, 1220 Wien, 19:00) Tarek Leitner: Linz–Berlin. Wie mein Vater sein Glück verbrauchte (Thalia Linz, Landstraße 41, 4020 Linz, 19:00) Markus Thiele: Echo des Schweigens (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 19:00) Die Nacht: Margret Kreidl und Günther Kaip (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00) FREITAG, 10. 7.
Birgit Birnbacher: Ich an meiner Seite. (LiterarischeNahversorger Schlierbach, 4553 Schlierbach, 19:00)
Michael Köhlmeier & Hans Theessink: Westernhelden (Südbahnhotel Semmering, Semmering, 2673 Semmering, 19:30)
Die Nacht: Wolf Käfer und Thomas Northoff (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00)
Valerie Fritsch: Herzklappen von Johnson & Johnson (Salon am See, Seecorso 66, 9220 Velden am Wörthersee, 17:00)
MITTWOCH, 8. 7.
FREITAG, 17. 7.
MONTAG, 20. 7.
FREITAG, 3. 7.
Corinna Antelmann: anschl. Konzert: Irene Kepl, Rojin Sharafi (Rodlgelände Ottensheim, Rodlstraße, 4100 Ottensheim, 19:00)
Barbara Frischmuth liest aus „Verschüttete Milch“ (Servitenkloster Mariahilferberg, Längapiesting , 2770 Gutenstein, 20:00)
Andrea Grill (Foto) und Christian Futscher bespielen am 1. Juli das Format „Die Nacht“ im Wiener Café Prückel
Christiane Florin: Trotzdem! Wie ich versuchte, katholisch zu bleiben (Haus der Begegnung Rennweg 12, 6020 Innsbruck, 19:30) Die Nacht: Nathalie Rouanet und Gerald Jatzek (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00) SAMSTAG, 25. 7.
Adele Neuhauser & Edi Nulz: Stephen Fry – Mythos. Was uns die Götter heute sagen. (Winzer Krems, Sandgrube 13, 3500 Krems an der Donau, 19:30) MONTAG, 27. 7.
Die Nacht: Monika Vasik und Stefan Schmitzer (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00) MITTWOCH, 29. 7.
Erika Pluhar kommt am 8. Juli zur Dachgartenlesungin die Seeseiten Buchhandlungnach Aspern
Friederike Mayröcker: Psycheè (Servitenkloster Mariahilferberg, Längapiesting , 2770 Gutenstein, 19:00) DONNERSTAG, 30. 7.
MONTAG, 13. 7.
Raphaela Edelbauer: Das flüssige Land (SeepromenadeBregenz, Seepromenade, 6900 Bregenz, 19:00)
Die Nacht: Klaus Haberl und Linda Kreiss (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00)
FREITAG, 31. 7.
Ali Alhassan, Nabel Jaded & Talal Mortda Arabisch-österreichischer Literaturabend mit Lesungen (Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien, 18:00)
DIENSTAG, 14. 7.
Alex Beer: Das schwarze Band (Buchhandlung Tyrolia Bludenz, Josef-Wolf-Platz 4, 6700 Bludenz, 19:00) MITTWOCH, 15. 7.
Die Nacht: Annett Krendlesberger und Constantin Göttfert (Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien, 20:00)
Birgit Birnbacher liest am 10. Juli aus ihrem Roman „Ich an meiner Seite“ in Schlierbach
Wir sind bemüht, die Aktualität der Terminezu gewährleisten. Im Zweifelsfall kontaktieren Sie bitte die Veranstalter. Wir ersuchen um Verständnis.
F O T O S : Z S O L N AY V E R L A G , C H R I S T I N A H Ä U S L E R , B O G E N B E R G E R
MITTWOCH, 1. 7.
anzeiger / 34
34_06_20_Termine_M_tIL2.indd 34
22.06.20 11:52
GRENZENLOS RADELN 2 Julia Köstenberger
Natur erleb en, Geschichte er fahren . D ie schöns ten Touren z wischen Ö s terreich und der Slowakei. 256 Seiten, € 24,90 ISBN 978-3-85439-665-9
GR2_ANZEIGER_220x310.indd 1
A usliefer u ng Mohr Morawa
FREI HEIT AUF DEM RAD
19.06.20 13:58
GEHT DIE EPOCHE DES MENSCHEN ZU ENDE? Zum Menschen gehört die Sehnsucht. Die Erde ist seine Heimat und sein Exil. Nie ist der Mensch hier vollends zu Hause, deshalb ist er umtriebig; immer noch höher, noch schneller, noch mehr von dem, was er schon hat! Nicht nur im Internet kursieren apokalyptische Fantasien. Geheimdienste, Geheimlabors und geheime politische Mächte rücken zusammen, Dämonisches flackert. Und nun, mit einem Schlag, ist aus der »Epoche des Menschen« eine Epoche des Virus geworden. Angesichts dieser Lage fragt der Philosoph Peter Strasser, ob des Teufels Party nicht bereits in vollem Gange ist. Nun, da wir nicht mehr an den Teufel glauben, ist uns zumute, als ob wir in einen Spiegel blickten und uns die Frage stellen müssten: Sind die Teufel – wir? Und ist die Party ein Totentanz? In zehn Abschnitten geht Strasser der Frage nach, ob es sich bei unserer komplexen Gegenwart nicht doch um die katastrophische Schwelle zu einem neuen Humanismus handeln könnte, gespeist aus der alten Sehnsucht nach dem, »was allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war« (Ernst Bloch).
Peter Strasser Des Teufels Party
Geht die Epoche des Menschen zu Ende? 136 S., Klappenbroschur, 13,5 × 21 cm € 16,– ISBN 978 3 85449 553 6 Erscheinungstermin: 13. Juli 2020 Auslieferung: Mohr Morawa bestellung@mohrmorawa.at
sonderzahl Unbenannt-1 1
22.06.20 09:23