Bildung 1/24

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DAS MAGAZIN FÜR STUDIUM, WEITERBILDUNG UND KARRIERE AUS DEM FALTER VERLAG

So stimmt die Chemie FemChem sorgt für mehr Forscherinnen und Professorinnen an den TU Seite 18

Netzwerken und führen Weibliche Führungskrä e erklären, worauf es an der Unternehmensspitze ankommt Seite 20

Frauen braucht die KI KI bestimmt die Zukun in allen Bereichen. Wir sollten sie nicht nur Männern überlassen Seite 28

MINT

Die berufliche Zukunft der Frauen
★ BILDUNG ★
Tiny
KI-Abbildung:

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Editorial KI und Frauen in MINT

Intelligenz wird zur letzten Front der Männer im Abwehrkampf gegen kulturelle Veränderungen, die Frauen, Minderheiten und womöglich auch noch Maschinen zu „Herren der Welt“ machen. Poor chaps, if you can’t beat them, join them.

KI ist auch im Spiel. In der Steinzeit von Deep Learning, 1996, schlug der Computer Deep Blue den Schachweltmeister Garri Kasparow. Fortan lernten Schachspielende vom Computer, nicht mehr umgekehrt. In der Bronzezeit des Deep Learning schlug der Algorithmus AlphaZero den Computer Deep Blue im Schach. Fortan hatte kein Mensch mehr eine Chance gegen diese KI, egal ob bei Schach, Go oder Shōgi. Die Intelligenzspiele sind die Domäne der KI Natürlich ist KI bloß eine Metapher, eine journalistische Sensation und ein Propagandamittel, um Politik und Wirtschaft zu beeinflussen. Wer sich gern damit tröstet, um seine menschliche Intelligenz nicht zu beleidigen, wird jedoch lernen müssen, dass sie auch sensationell effizient wirkt. Die Go ­ und Schachspielenden haben es schon erfahren.

Was steht auf dem Spiel? Das könnten uns die beantworten, die schon einmal auf technische Innovationen gestoßen sind, Bäuerinnen und Bauern. Einst machten sie rund achtzig Prozent unserer Bevölkerung aus, heute sind es noch knapp zwei. Hungern müssen wir trotzdem nicht.

Christian Zillner hält Dummheit für die größte Ressource der Menschheit, die leider niemand zu nutzen weiß

Foto: Karin Wasner

Impressum

Meine Erfahrung mit ChatGPT lässt mich hoffen, endlich mehr Intelligenz in der Welt zu wissen. Wir müssen ja für jedes Äutzerl davon dankbar sein.

Gemeinhin gelten Frauen als intelligenter als Männer. Womöglich hat es damit zu tun, dass dieses Heft ungeplanterweise ausschließlich von Frauen handelt, über die Frauen berichten.

Und was diese Frauen erzählen, lässt ebenfalls hoffen. Ähnlich wie ChatGPT, das völlig uneitel von seinen Schwächen und potenziellen Fehlerquellen berichtet, machen sie hier deutlich, dass es ein Kardinalfehler der Frauen wäre, sich jetzt nicht für MINT zu begeistern und in der KI keine große Rolle zu spielen.

Medieninhaber: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Marc-Aurel- Straße 9, T: 0043 1 536 60-0, F: DW 935; Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Redaktion: Christian Zillner (CR), Nini Tschavoll; Coversujet: KI-Abbildung/Tiny; Gestaltung und Produktion: Andreas Rosenthal, Nadine Weiner, Raphael Moser, Reini Hackl; Geschäfts führung: Siegmar Schlager; Leitung Sales: Ramona Metzler; Druck: Passauer Neue Presse Druck GmbH. , DVR: 047 69 86.

Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar.

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Immer mehr Frauen interessieren sich für Berufe rund um Erneuerbare Energie.

KI-Abbildung: Tiny

in diesem He

Seite 6 Gastau ritt: Verena Aichholzer leitet die MINT- ality Sti ung mit Fokus auf MINT- & Mädchen Seite 8 Francesca Ferlaino von der Universität Innsbruck gehört zu einer Minderheit in Österreich: Frauen in der Physik Seite 12 MINT ist das neue Rosa Seite 14 Placebo & Nocebo: Wie man KI im Medizinstudium nutzen kann Seite 16 Mehr Grün, mehr Freude: Nützliches & Gutes Seite 18 Das Frauennetzwerk FemChem an der TU Wien für mehr Chancengleichheit Seite 20 Immer mehr weibliche Führungskrä e in der Pharmabranche Seite 22 Frauen in der Erneuerbaren Energietechnologie Seite 24 Gadgets und Tipps Seite 26 Alexandra Holzinger und ihr besonderes Gespür für Zahlen Seite 28 Das interdisziplinäre Expertinnennetzwerk „Woman in AI Austria“ Seite 30 Zahlstelle: Die unschönte Wahrheit über Frauen in MINT- Studien und Berufen

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Cover Seite 6 Seite 8 Seite 12 Seite 20 Seite 18 Seite 16 Seite 14 Seite 22 Seite 26 Seite 24 Seite 28
KI-Abbildungen: Tiny, IQOQI Innsbruck/Harald Ritsch Fotos: Lisa Rastl, beigestellt

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Gastauftritt

Verena Aichholzer ist Expertin für Changing Organizations, Leadership & People Development in der Wissenschaft und Wirtschaft. Sie leitet seit 2023 die Geschäftsstelle der MINTality Stiftung, einer gemeinnützigen Bundesstiftung mit Fokus auf MINT & Mädchen

Verena Aichholzer

„Wir wollen mehr Mädchen MINTMut und ihre Vorbilder und Unterstützer:innen in Schulen wie Unternehmen sichtbar machen“

MINT bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. In den Ausbildungen dazu sind Mädchen und folglich Frauen in entsprechenden Berufen unterrepräsentiert. Unternehmen suchen immer verzweifelter nach Fachkräften im MINTBereich. Erkennen Sie den Zusammenhang und das Potenzial?

MINT hat kein Geschlecht, ist jedoch von veralteten Geschlechterrollenstereotypen durchsetzt. Das will die MINTality Stiftung ändern. Sie wurde 2022 auf Initiative von Therese Niss von neun Unternehmen, zwei Interessenvertretungen und der Innovationsstiftung für Bildung gegründet. Wir entwickeln, fördern und vernetzen innovative MINT-Projekte für Mädchen im Alter von drei bis 19 Jahren.

„Je früher und öfter die Förderung, umso größer und nachhaltiger die Wirkung“, lautet eines der wichtigsten Ergebnisse unserer MINTality-&-FH-OÖ-Studie 2023 „Wie MINT gewinnt“. Förderung meint hier nicht die Behebung eines Defizits, sondern

die Stärkung der bei Buben und Mädchen im Kindergartenalter gleichermaßen vorhandenen MINT-Fähigkeiten. Neben der Zielgruppe Mädchen adressieren wir auch deren Bezugspersonen, insbesondere Eltern und Pädagog:innen in ihrer Rolle als Vorbilder und Unterstützer:innen.

Mädchen werden durch unsere Projekte, wie Robitopia oder das sogenannte Unternehmensschuljahr, für sinnstiftende und zugleich einkommensstarke MINT-Ausbildungen und -Berufe begeistert. Das soll sie zu selbstbewussten Mitgestalterinnen unserer Zukunft machen. Vorausschauende Unternehmen mit Fachkräftemangel werden künftig von der Aktivierung dieser bisher vernachlässigten Talente sowie von der dadurch gesteigerten Diversität bei Fach- und Führungskräften profitieren.

Eines unserer großen Ziele ist die Entwicklung eines systematischen Begleitprozesses, eines MINT-Lernwegs für Mädchen. Jedem Mädchen in Österreich soll auf jeder Ausbildungs- bzw. Altersstufe ein schulisches oder außerschulisches MINT-Angebot an seinem Ausbildungsoder Wohnort zur Verfügung stehen. Wirklich spannend, leicht zugänglich, möglichst kostenlos und auf anderen Angeboten aufbauend.

Damit Mädchen kontinuierlich und umfassend ihre MINT-Muskeln trainieren können, vernetzen wir Stakeholder und Projekte in ganz Österreich – künftig auch in Zusammenarbeit mit den neuen MINT-Regionen. Wir bringen Betroffene und Beteiligte zusammen, vernetzen und übersetzen zwischen Bildung und Praxis. Denn Schulen und Unternehmen haben ihre jeweils eigene Kultur, Sprache und Währung. Wir bauen Berührungsängste ab und fördern das Miteinander- und Voneinander-Lernen.

Der Weg zu einem nachhaltigen „System Change“ braucht Ausdauer, Ernsthaftigkeit und eine gesunde Portion Humor. Mit unserer Begeisterung, Hands-on-MINTalität und Mut sowie unserer MINTality Community kommen wir unserer Vision täglich einen Schritt näher. Wir wollen endlich ganz selbstverständlich jede Menge selbstbewusster Mädchen und Frauen in der MINT-Welt sehen. Sie können diese enorm bereichern.

MINT-interessierte Mädchen, Eltern, Pädagog:innen, Schulen und Unternehmen sind bei uns immer herzlich willkommen!

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Foto: Nini Tschavoll

Das ist MINTality

Ausgangspunkt für die Gründung der MINTality Stiftung war der Launch des digitalen Lernspiels Robitopia, bei dem gezeigt wurde, dass Mädchen sich für MINT begeistern lassen und auch Hemmfaktoren wie fehlendes Selbstbewusstsein oder falsche Rollenbilder abgebaut werden können

Die Vision klingt einfacher, als die Umsetzung ist: Mädchen sollen ihre Potenziale endlich dort entfalten können, wo sie sich selbst, Österreich und der Welt besonders weiterhelfen: in MINT-Berufen

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In Krisenzeiten haben Frauen immer schon in technischen Berufen gearbeitet. Also ist es gut möglich

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Quantenphysik Ein Quantum Gleichheit

Frauen in der Physik sind eine Minderheit, auch in Österreich. Die strukturelle Benachteiligung beginnt für Mädchen in der Volksschule und endet auch bei den Universitätsprofessorinnen nicht. Was muss sich ändern?

Text: Linn Ritsch

Francesca Ferlaino ist Quantenphysikerin an der Universität Innsbruck

Foto: Martin Vandory

Francesca Ferlaino hat eine Professur am Institut für Experimentalphysik in Innsbruck inne. Das verdankt sie ihrem Interesse an Quantenphysik und ihrer Begabung. Und einigen Zufällen. Und der Tatsache, dass es Menschen gab, die sie motivierten und an sie glaubten. Der Besuch eines Atomkraftwerkes im Rahmen einer Schulexkursion hinterließ einen bleibenden Eindruck. „Für mich war es unglaublich spannend, dass man etwas so Kleines wie ein Atom teilen und daraus Energie gewinnen kann“, erzählt die Italienerin. Die Faszination für Physik hielt an „wie ein leises Geräusch im Hintergrund“ und erwachte wieder, als sie noch als Schülerin durch Zufall an der Universität Neapel in einer Physikvorlesung landete. „Ich verstand kein Wort. Das fand ich großartig: Ich wollte unbedingt mehr erfahren.“ Es war ein „sehr besonderer“ Universitätsprofessor, der Ferlaino bei einem Orientierungsgespräch in ihrem Interesse bestärkte: „Als ich ihm sagte, dass ich nichts von Physik verstehe, rief er: ‚Perfekt! Dann kannst du an der Universität alles von Beginn an lernen.‘“

Sie studierte Physik in Neapel, Triest und Florenz. Seit 2009 ist Ferlaino an der Universität Innsbruck tätig. Außerdem arbeitet sie für das zur ÖAW gehörende Institut für Quantenoptik und Quanteninformation IQOQI. 2009 erhielt sie den START-Preis, Österreichs höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler:innen. Es

folgten zahlreiche weitere europäische Auszeichnungen und Förderungen.

Heute forscht Ferlaino zu Quantengasen und der magnetischen Kraft, die zwischen bestimmten Atomen entstehen kann, wenn sie so stark heruntergekühlt werden, „dass sie nicht mehr den physikalischen Gesetzen folgen, die wir aus unserem Alltag kennen“. Das Atom folgt dann den Gesetzen der Quantenmechanik, erklärt die Forscherin: Es ist nicht an einem Ort und verhält sich auf eine bestimmte Weise, sondern legt an mehreren Orten gleichzeitig unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag.

Wenn sie von sich überschneidenden Wahrscheinlichkeiten spricht, die dafür sorgen, dass einzelne Atome miteinander „kommunizieren“, spürt man Ferlainos

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Illustration : IQOQ I Innsbruck/Harald
Ritsch

Materie in supersolidem Zustand hat gleichzeitig Eigenschaften flüssiger und kristalliner Natur. Der zweigesichtige griechische Gott Janus steht in dieser künstlerischen Interpretation für die Gleichzeitigkeit

Begeisterung. Sie nimmt ihre Hände zu Hilfe, um magnetische Kräfte zu veranschaulichen, und bringt Anwendungsbeispiele aus dem Alltag: Kühlschrankmagnete und Handyvibration.

Man kann sich leicht vorstellen, dass Ferlaino bei einer Schulklassenführung durch ihr Labor denselben Enthusiasmus an den Tag legt. Aktiv mitmachen sei bei solchen Gelegenheiten aber hauptsächlich Sache der Buben: „Wenn wir einfache Fragen zu den Grundsätzen der Physik stellen, heben fast ausschließlich die Jungs die Hand“, erzählt Ferlaino. „Die Mädchen scheinen sich unwohler zu fühlen, als würden sie nicht hierhergehören. Das ist schon erschreckend.“

Mädchen, die älter als sechs Jahre sind, schätzen Angehörige ihres eigenen Geschlechts weniger oft als „sehr, sehr schlau“ ein als Buben oder Männer

Warum ist das so? Jedenfalls nicht, weil Mädchen sich nicht für Physik interessieren oder kein Verständnis dafür haben. Das erklärt Angélique Sanchez, Genderbeauftragte am IQOQI: „Geschlechterstereotypen in Bezug auf MINTFächer machen sich bereits ab dem sechsten Lebensjahr bemerkbar. Das belegen Untersuchungen aus den USA und Europa.“ Eindrücklich zeigt das etwa eine 2017 im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlichte US -amerikanische Studie: Mädchen, die älter als sechs Jahre sind, schätzen Angehörige ihres eigenen Geschlechts weniger oft als „sehr, sehr schlau“ ein als Buben oder Männer. Ab diesem Alter beginnen Mädchen, Aufgaben zu meiden, für die man ganz „besonders klug“ sein muss. Gesellschaftliche Stereotype aufgreifend, fangen sie an, das Konzept intellektueller Brillanz mit dem männlichen Geschlecht zu assoziieren –und damit auch Fachbereiche, die besonders eng mit diesem Konzept verbunden sind, etwa Physik.

Entsprechend unausgewogen sind die Geschlechterverhältnisse in MINT-Fächern an Universitäten. Das bestätigt Francesca Ferlaino aus ihrer persönlichen Erfahrung: Sie ist seit vierzehn Jahren Professorin der Physik an der Universität Innsbruck, lange war sie die einzige Frau in der etwa zwanzigköpfigen Professorenrunde. Mittlerweile sind sie zu dritt im Kollegium. „Ein deutlicher Fortschritt“, sagt Ferlaino. Im Universitätsalltag, bei Tagungen und Konferenzen nicht die einzige Frau zu sein, sei enorm wichtig. „Zwischen uns Frauen entwickelt sich oft eine Dynamik gegenseitiger Unterstützung, obwohl es keine diesbezüglichen Absprachen gibt“, erzählt die Wissenschaftlerin. „Wenn eine von uns etwas sagt und beim ersten Mal nicht gehört wird, wiederholt eine der anderen Frauen in der Runde ihren Beitrag. Wir stärken uns gegenseitig.“ Je aufgeschlossener die Gruppe, desto entspannter sei meist die Stimmung und desto besser die Resultate. „Wenn sich alle wahrgenommen fühlen und die Gruppe divers und offen ist, entstehen auch bessere Ideen. Es gibt dann die Bereitschaft, ‚out oft he box‘ zu denken.“

Das ungleiche Geschlechterverhältnis an Ferlainos Institut und bei vielen akademischen Konferenzen spiegelt –»

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KI-Lehrgänge in Österreich

JKU Linz: „Artificial Intelligence“ (BSc) und MSc)

Technische Hochschule Ingolstadt: „Künstliche Intelligenz“ (BSc)

Vrije Universiteit Amsterdam: „Artificial Intelligence (BSc)

die statistischen Fakten wider: Hierzulande sind nur ein Drittel der PhD-Absolvent:innen in MINT-Fächern Frauen. Damit liegt Österreich unter dem EU-Durchschnitt von 38 Prozent weiblicher Absolventinnen. In den höheren Positionen ist die Unausgewogenheit noch größer: Unter den „Grade A“-Professor:innen, also denjenigen mit den höchsten akademischen Qualifikationen, sind in Österreich nur noch fünfzehn Prozent Frauen. Im EU-Durchschnitt sind es zwanzig Prozent.

Gleichberechtigung herrscht an der Universität Innsbruck im Hinblick auf das Gehalt –zumindest bei den Einstiegsgehältern. Diese sind per Kollektivvertrag geregelt, ungleiche Bezahlung ist also ausgeschlossen. Schwieriger wird es auch hier in höheren Positionen: Professor:innen verhandeln ihr Einkommen selbst „und verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen weniger selbstbewusst für sich eintreten als Männer“, sagt Sanchez. Als einen der Gründe dafür nennt sie das Gefühl, im eigenen Fachbereich nicht ausreichend qualifiziert oder erfolgreich zu sein. Das „Hochstaplersyndrom“ („Impostor-Syndrom“) sei für sehr viele Frauen ein Problem.

Die richtige Einschätzung der eigenen Fähigkeiten ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Geschlechtergleichstellung. Ebenso wie das Wissen um Fakten zu Genderthemen. „Sexismus und strukturelle Benachteiligung für Frauen gibt es fast überall. Das Problem ist, dass sich viele von uns dieser Tatsache nicht bewusst sind.“ Beispielsweise erlebt statistisch gesehen weltweit etwa die Hälfte aller Wissenschaftlerinnen mindestens einmal in ihrer Karriere sexuelle Belästigung. Das zeigte eine von L’Oréal beauftragte Studie, die 2022 durchgeführte wurde. 75 Prozent der Befragten arbeiteten im MINT-Bereich. „Kürzlich habe ich das ganze Institut zu einem Filmabend zu diesem Thema eingeladen“, erzählt Sanchez. „Information ist die wichtigste Voraussetzung für Veränderung.“

Informieren: Das ist auch die erste von vier Säulen eines neuen Projektes, an dem Sanchez gemeinsam mit Francesca Ferlaino arbeitet: ATOM*INNEN, eine Website für Frauen in der Quantenphysik. Vergangenes Jahr wurde Francesca Ferlaino dafür mit dem Grete-Rehor-Staatspreis ausgezeichnet. Die drei anderen Ziele von ATOM*INNEN sind: unterstützen, vernetzen und ermächtigen (Information, Support, Networking, Empowerment).

Informationen zu Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts, über Veränderungs-

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Illustration eines zweidimensionalen supersoliden Zustands stark magnetischer Atome. Der Zustand wird durch Laserlicht eingefangen Illustration : IQOQI Innsbruck/Harald Ritsch

möglichkeiten, Projektfinanzierungen oder Stipendien sollen Quantenphysikerinnen auf der ganzen Welt helfen. Aber das Projekt richtet sich nicht ausschließlich an Frauen. „Es sind alle eingeladen, wir wollen niemanden ausschließen“, sagt Ferlaino. „Wir glauben, dass mehr Diversität und Gleichberechtigung der Quantenphysik insgesamt zugutekommen.“ Deswegen geht die Website auch nicht am 8. März, dem Internationalen Frauentag, sondern am 14. April, dem Internationalen Tag der Quantenphysik, online.

Beim Thema Empowerment geht es vor allem darum, Mädchen und jungen Frauen Vorbilder vorzustellen, die sie inspirieren. „Wer an Frauen in der Physik denkt, wird wahrschein-

„Wir glauben, dass mehr Diversität und Gleichberechtigung der Quantenphysik insgesamt zugutekommen.“

lich schnell auf Marie Curie kommen“, meint Sanchez. „Aber sie ist eine so beeindruckende Person und herausragende Wissenschaftlerin, dass sie unnahbar und unerreichbar scheint.“ Viele erfolgreiche Physikerinnen in der Vergangenheit und Gegenwart blieben unbekannt. „Das wollen wir ändern.“ Der Gedanke dahinter: Je präsenter erfolgreiche Frauen im öffentlichen Diskurs sind, desto weniger leicht werden sich junge Frauen entmutigen lassen, wenn sie an einer Karriere in diesem Bereich interessiert sind.

Das Projekt ATOM*INNEN ist nicht die einzige Initiative für mehr Gendergerechtigkeit in MINT-Fächern. „Die Aufmerksamkeit für dieses Thema wird immer größer“, sagt Ferlaino. Dass es für Projekte dazu finanzielle Förderung gibt, ist ein gutes Zeichen.“

Ein gutes Zeichen sind auch zwei Personalentscheidungen, die letztes Jahr getroffen wurden: Angélique Sanchez füllt als erste Person die neu geschaffene Position des Gender Officer am IQOQI aus. Und mit Veronika Sexl hat die Universität Innsbruck erstmals in ihrer Geschichte eine weibliche Rektorin. Zwei kleine Triumphe auf dem langen Weg zur Gendergerechtigkeit.

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Francesca Ferlaino Angélique Sanchez ist Gender Officer am IQOIQ Innsbruck Foto: Privat

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DIVISION OF FH CAMPUS WIEN
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KI über Placebo & Nocebo

Wie kann man KI im Medizinstudium nutzen? Ein Beispiel vom Institut für komplementäre und integrative Medizin der Universität Zürich

Dorothee Neururer

Der Wahlkurs „Placebo und Nocebo“ des Lehrstuhls für Komplementäre und Integrative Medizin der Universität Zürich ist ein Beispiel dafür, wie sich KI in die Lehre einbinden lässt. Die Medizinstudierenden schätzten die Möglichkeiten dieser neuen Technologie in ihrem Studienfach. Die Hälfte von ihnen hatte zuvor noch keinerlei Erfahrung damit. In drei Szenarien arbeiteten sie erstmals mit Konzepten und Texten von ChatGPT

In Szenario eins sollten die Studierenden Placebo-Kontrollbedingungen für eine klinische Studie entwickeln. Zunächst erarbeiteten sie eigene Vorschläge für eine Psychotherapie und ein Rückentrainingsprogramm und verglichen diese dann mit den Konzepten von ChatGPT. Erstere waren teilweise besser als die KI-generierten. Doch ChatGPT wurde als „geeigneter Diskussionspartner“ im Lernprozess wahrgenommen, der das kritische Denken fördert.

Im zweiten Szenario ging es um die Frage, wie die Kommunikationsform über eine anstehende Behandlung, in dem Fall Akupunktur bei Kopfschmerzen, die Erwartung von Patienten:innen verändert. In einem Selbstversuch wurde getestet, ob die Information, die von ChatGPT erstellt wurde, Erwartungen anders beeinflusste, als wenn die Information von Personen wie Ärzt:innen, Forscher:innen oder Patienten:innen kommt. Schließlich wurden Patient:innen -

Die Medizinstudierenden der Universität Zürich schätzten die Möglichkeiten der KI -Technologie Chat GPT in ihrem Studienfach

KI-Abbildung: Tiny

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informationen zur Wirkungsweise von Medikamenten und Behandlungsmethoden mit ChatGPT erstellt. Die Studierenden prüften diese auf Verständlichkeit, Sicherheit und Korrektheit. Gerade bei standardisierten Formaten dieser Art scheint die KI attraktiv, um Routinearbeiten effektiv zu erledigen. Geht es jedoch um Formate wie Patient:innenbriefe, sind der Benutzung von KI Grenzen durch das Datenschutzgesetz oder den Grundsatz des Gesundheitsgeheimnisses gesetzt.

Eine systematische Kursevaluation am Schluss zu den Punkten Zufriedenheit, Lernfortschritt und Anwendungskompetenz konnte ein erstes positives Fazit ziehen. Die Studierenden haben gelernt, wo die Möglichkeiten und Grenzen von KI im studentischen und späteren beruflichen Alltag liegen, und brachten eigene Visionen zu neuen Lehrformaten ein, zum Beispiel einen KI-generierter Patienten zu Übungszwecken. Das wohl wichtigstes Ergebnis ist, den kritischen Blick auf KI generierte Beiträge zu schulen. Dies zu fördern und zu begleiten ist für das Bildungspersonal gleichermaßen Chance und Verantwortung.

Zu Cover und Bildern

Das Cover und einige Bilder dieser „Falter Thema“-Ausgabe wurden von der Künstlerin Tiny mit KI generiert

Die Wiener Designerin Tiny (dea.ex), mit bürgerlichem Namen Christina Bernhard, unterrichtet an der FH St Pölten am Department „Digital Business and Innovation“. Tiny verwendet das KI-Tool „Midjourney“ (Text to Image Generator). Sie macht es möglich, durch die Eingabe von Text Bilder zu erstellen. Ein zentraler Faktor ist dabei „prompt engineering“, die Kunst, präzise Aufforderungen zu formulieren, um entsprechende Visualisierungen zu generieren.

Wichtig sei beim Generieren, „dass man unterschiedliche Stile, Epochen und Ästhetiken sowie den State of the Art bei generierten Fotos kennt und dieses Niveau selbst erreichen und auch halten kann. Vielleicht ist das Schöne daran ja auch, dass man allein arbeiten kann. Durch KI bin ich weniger von anderen abhängig und kann schneller Ideen zusammenstellen, solange ich meine fachliche Grenze kenne – schließlich kann ich nur dann gut kuratieren, wenn ich über Hintergrundwissen und Erfahrung verfüge.“

Foto: privat

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Christina Bernhard alias Tiny hat für diese Ausgabe die Bildebene mittels KI Generator gestaltet.

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Netz für Frauen So stimmt die Chemie!

Wie das Frauennetzwerk FemChem die Chancengleichheit an der TU Wien voranbringt und Frauen bei ihrer Karriere unterstützt

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Tag der offenen Tür

4. 4. 2024 – Tag der offenen Tür am Campus Getreidemarkt mit Infos über Technische Chemie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau

www.tuwien.at/mwbw/tag-der-offenen-tuer-2024 www.femchem.chemie.tuwien.ac.at/ www.tuwien.at/studium/studienangebot/bachelorstudien/technische-chemie www.tuwien.at/tch/studium

www.tuwien.at/studium/studienangebot/bachelorstudien/verfahrenstechnik

„Ich bin Verfahrenstechnikerin“, sagt Bettina Mihalyi-Schneider. „Das ist ein Fachgebiet zwischen Chemie und Maschinenbau.“ Sie ist auch Studiendekanin für Verfahrenstechnik an der TU Wien. Und schätzt die systemorientierte, interdisziplinäre Zusammenarbeit. Etwa wenn es darum geht, wie man aus nachwachsenden Rohstoffen in einer Bioraffinerie umweltfreundliche Produkte und Energie gewinnen kann.

Aus Interesse an Forschung und mit der Aussicht auf einen besser bezahlten Job wählte sie ein technisches Studium. Seither habe sich viel in puncto Chancengleichheit getan, erklärt sie. Als eine der Gründerinnen und Vorsitzende des Frauennetzwerks FemChem hat sie in der Technischen Chemie aktiv dazu beigetragen. „Wir haben in den letzten Jahren einen wichtigen Meilenstein erreicht. Nun müssen wir nicht mehr über die Notwendigkeit von gendersensibler Gestaltung des Arbeitsumfelds diskutieren, sondern sind bereits in die Umsetzung von Maßnahmen zur Gleichstellung eingebunden.“

Auslöser war 2016 eine Initiative der damaligen TU-Rektorin Sabine Seidler: Erstmals wurden TU-intern Frauenstellen ausgeschrieben. Fakultäten mussten bei der Bewerbung einen Frauenförderungsplan vorlegen. „An der Fakultät für Technische Chemie gab es damals keine einzige Professorin. Als einzige Frau in der Verfahrenstechnik, einem Institut an dieser Fakultät, sollte ich mich darum kümmern“, erzählt Mihalyi-Schneider. Mit drei Kindern hatte sie die Hürden des beruflichen Aus- und Wiedereinstiegs kennengelernt.

„Chancengleichheit erreicht man nur gemeinsam“, lautet ihr Credo: „Gendersensibles Vorgehen braucht auch die Männer, alle müssen dahinterstehen. Man darf keine Enklave schaffen, etwa mit Frauenbeauftragten. Denn dann haben andere im Team das Gefühl, nichts weiter tun zu müssen.“ Der gemeinsame Ansatz war der Schlüssel zum Erfolg. Aus einem Workshop entstand ein Punkteplan für Frauenförderung und daraus das Frauennetzwerk FemChem. Unterstützt vom Dekan, wurden rasch Angebote geschaffen wie Seminare, Job-Ausschreibungen oder Reisestipendien. Dazu ein jährlicher Scientific Workshop, open to all gender, um wissenschaftliche Vernetzung zu fördern. Alle Aktivitäten basieren auf Studien, die auch auf der FemChem-Website zu finden sind.

2019 wurde die erste Professorin an die Technische Chemie berufen. Genau hundert Jahre nachdem Frauen zum Studium an technischen Universitäten zugelassen worden waren. Seither steigerte sich der Anteil an Professorinnen an der Fakultät auf fast zwanzig Prozent. Sie sind wichtige Rolemodels. Daher fokussiert FemChem darauf, Frauen auf ihrem

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Die ehemalige TU -Rektorin Sabine Seidler startete eine Initiative: Erstmals wurden TU -intern Frauenstellen ausgeschrieben. Fakultäten mussten bei der Bewerbung einen Frauenförderungsplan vorlegen Text: Michaela Ortis

Fotos: TU Wien, privat

wissenschaftlichen Karrierepfad zu unterstützen. Die Studierenden im ersten Semester sind heute zur Hälfte Frauen.

„In meinem Umfeld habe ich festgestellt, dass Frauen oft ihre Fähigkeiten unterschätzen.

Meist bewerben sie sich nur dann, wenn sie neunzig Prozent der geforderten Punkte erfüllen“, sagt Mihalyi-Schneider. So wurde vorgeschlagen, erstmals eine themenoffene Stellenausschreibung durchzuführen. Es bewarben sich viele exzellente Wissenschaftlerinnen.

„Das war ein Aha-Effekt für das gesamte Kollegium, viele waren froh über diesen Schritt. Ich denke, es könnte auch Unternehmen mehr Diversität in technischen Feldern bringen, wenn sie ihre Jobanzeigen offener gestalten.“

Die Angebote von FemChem kommen vielen Frauen zugute. Eine davon ist Njomza Isufaj. Nach dem Chemie-Bachelor an der Universität Wien kam sie für den Master in Technischer Chemie an die TU Wien: „Um Erfahrung zu sammeln, habe ich ein Ferialpraktikum gesucht und eine Ausschreibung auf der FemChem-Website gefunden. In kürzester Zeit hatte ich mein dreimonatiges Praktikum und wurde fair bezahlt.“

Zwei Jahre später kam sie so auch zum nächsten Praktikum. Viele Kolleginnen nutzen

„Ich habe ein Ferialpraktikum gesucht und eine Ausschreibung auf der FemChem-Website gefunden. In kürzester Zeit hatte ich mein Praktikum und wurde fair bezahlt“

Njomza Isufaj, Master in Technischer Chemie, TU Wien

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das Netzwerk auch, wenn sie die Masterarbeit schreiben. „FemChem ist ein Brückenbildner“, sagt Isufaj. „Unternehmen haben die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, gleichzeitig erleichtert es Frauen den Eintritt ins Arbeitsleben.“

Aussichtsreiche Karrierewege für Absolvent:innen: in der Forschung als Universitätsprofessorin, in der Industrie als Forscherin und Laborleiterin, außerdem in Consulting oder im Patentwesen – alles auf Wunsch auch im Ausland. Isufaj forscht derzeit im Bereich molekulare Materialchemie der TU an 2-D -Materialien. Diese, nur wenige Nanometer (ein Milliardstel eines Meters) dünn, können Wärme oder Elektrizität besonders gut leiten. Mögliche Anwendungen sind energieeffiziente elektronische Bauteile, die nicht überhitzen sollen.

Njomza Isufaj erinnert sich daran, dass ihre Chemielehrerin sie zu einem technischen Studium ermutigt hat. Ein Gegensatz zum ziemlich skeptischen Bekanntenkreis, „Wenn ich gesagt habe, ich studiere Chemie, kamen oft entsetzte Blicke. Als junge Studentin soll man sich davon nicht abschrecken lassen, sondern das als Motivation sehen. Natürlich sind es komplexe Themengebiete, doch im Chemiestudium hat man uns dazu geeignete Lernmethoden gezeigt. Und Durchhaltevermögen verlangen im Grunde alle Studien, in der Chemie braucht man es an langen Labortagen.“ Technik sei schwierig, hört auch Mihalyi-Schneider auch auf der Berufsmesse BeST. Sie werde gefragt: Ich komme aus einem humanistischen Gymnasium, kann ich Maschinenbau studieren? „Ja sicher, wir holen alle ab.“ Vom Maturawissen wird vieles wiederholt, für Mathematik gibt es Angleichungskurse. Und sie empfiehlt: „Junge Menschen und vor allem junge Frauen, die sich für Technik interessieren, sollen sich nicht von gesellschaftlichen Vorurteilen beirren lassen. Wenn sie den Ausbildungsweg wählen, den sie gern machen wollen, dann sind sie darin auch gut.“

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Njomza Isufaj, Master in Technischer Chemie, TU Wien
jku.at
Bettina MihalyiSchneider, Studiendekanin für Verfahrenstechnik an der TU Wien
© Johannes Kepler Universität Linz, Februar 2024, Foto: Bruno Klomfar

Erfolgsaussichten Netzwerken und führen

In kaum einer anderen Industrie streben Frauen so zielgerichtet Richtung Führungsjobs wie in der Pharmabranche. In der Forschung stellen sie bereits die Mehrheit. Principal Scientist Antonia Geyer von Boehringer Ingelheim Wien und Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD Österreich, über Karriereperspektiven für Frauen

Text: Barbara Freitag

Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD Österreich

Antonia Geyer, Principal Scientist/ Investigative Pathologist bei Boehringer Ingelheim Wien

Gemäß Statistik Austria waren 2021 im Bereich Forschung und Entwicklung in österreichischen Unternehmen rund 17 Prozent aller Beschäftigten weiblich. In der Pharmaindustrie zählte man 57 Prozent Frauen. Eine dieser Forscherinnen ist die Pathologin Antonia Geyer, Principal Scientist und Lab Head bei Boehringer Ingelheim Wien. Nach einem Studium der Pferdewissenschaft, Veterinärmedizin und einem PhD in Pathologie forscht sie nun: „Ich gehe den Dingen gern auf den Grund. Molekulare Pathologie ermöglicht etwa, Krebsgewebe besser zu charakterisieren und komplexe Veränderungen sichtbar zu machen.“

Der Schritt zu Boehringer Ingelheim erfolgte bald: „Mich hat die Forschung in einem Pharmaunternehmen sehr angesprochen. Im Unterschied zur Universität funktioniert sie hier zielgerichteter und fokussierter auf Patient:innen hin. So habe ich die Chance, etwas zur Entwicklung eines Medikamentes beizutragen, das in absehbarer Zeit Menschen helfen kann.“ Derzeit arbeitet Geyer als Principal Scientist im Bereich der Onkologie an der Schnittstelle zwischen Präklinik und Klinik. „Wir wollen möglichst bald wissen, ob eine Therapieform wie erwartet funktioniert. Translationale Krebsforschung ist spannend, weil man auf Patient:innen zugeschnittene Strategien entwickelt.“

Sie hält Grundlagenforschung an den Universitäten für essenziell, bevorzugt aber die Karriereperspektiven im Unternehmen. Da nehme sie auch eine völlige Ausgeglichenheit der Geschlechter wahr: „In meinem Team sind viele starke, durchsetzungsfähige Frauen.“

Eine gewisse Gender-Problematik habe sie eher während des PhD -Studiums festgestellt, weil Männer sich offenbar noch immer besser repräsentierten. Im Berufsalltag sei dies nicht mehr der Fall.

Auch die Vereinbarkeit von Job und Kindern hält Geyer für deutlich besser: „Familie und Forschung sind generell schwierig zu vereinbaren. Meine Beobachtung ist aber, dass in pharmazeutischen Unternehmen Frauen mit Kindern besser geschützt sind als an den Universitäten. Denn wenn man Geld für ein Forschungsprojekt erhalten hat, muss man das durchziehen, um die für die Karriere notwendigen Forschungsleistungen zu erzielen. Das ist im Unternehmen mit Karenzvertretungen leichter.“

Vom Verlassen der Komfortzone

Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD Österreich und Vizepräsidentin des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs PHARMIG, über ihre Erfahrungen.

Frau Herzer, wie verlief Ihr Karriereweg?

Ina Herzer: Ich habe Wirtschaftswissenschaften, Englisch und Spanisch studiert und mich von Anfang an für Kommunikation, Marketing, aber auch Gesundheit interessiert. In die Pharmabranche kam ich durch eine Bewerbung für einen Digital-Marketing-Job bei MSD Deutschland. Ich denke noch heute gern an mein Bewerbungsgespräch zurück, in dem zwei Aspekte prägend waren, die seither mein berufliches Umfeld prägen: Menschlichkeit und die klare Botschaft, individuelle Entwicklungen im Job zu fördern.

Wie kamen Sie in die Führungsebene?

Herzer: Mein Bereichsleiter hat mir nach zwei Jahren die Teamleitung anvertraut. So konnte ich das Handwerk lernen und mich mit Fragen beschäftigen, wie man eine

Fotos: Michael Bacher, beigestellt

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„Wir haben einen Anteil von zwei Drittel Frauen im Leadership-Team“

Ina Herzer, Geschäftsführerin MSD Österreich

„Frauen sagen oft, ich mache doch einen super Job, das wird sicher gesehen. Das stimmt auch, aber viele andere werden genauso gesehen. Es ersetzt nicht das Netzwerken, denn Netzwerken und Führen gehören zusammen.“

Ina Herzer, MSD Österreich

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moderne Führungskultur etabliert mit Teams und Eigenverantwortlichkeiten. Aber auch, wie man ein flexibles Umfeld schaffen kann, um auf individuelle Notwendigkeiten der Mitarbeitenden zu reagieren.

Welche Skills helfen Frauen am Weg ins Management?

Herzer: Die kontinuierliche Kommunikation ihrer Ambitionen, aber auch die Bereitschaft zur Weiterentwicklung und das Verlassen der Komfortzone. Da ist MSD Österreich sehr gut aufgestellt mit Initiativen wie Mentoring, Frauennetzwerken oder Leadership-Programmen. Wenn man dann so wie ich ins internationale Umfeld wechselt, werden noch einmal andere Leadership-Fähigkeiten trainiert. Da geht es darum, Netzwerke aufzubauen, in einer Matrix zu führen, aber auch darum, als Führungskraft eine Balance von Work und Life zu finden. Das ist meine Botschaft an Frauen: solche Positionen zu nutzen und Netzwerke aufzubauen.

Netzwerken Frauen weniger?

Herzer: Oft sind Frauen stärker in den familiären Kontext eingebunden und haben daher weniger Zeit. Frauen sagen oft, ich mache doch einen super Job, das wird sicher gesehen. Das stimmt auch, aber viele andere werden genauso gesehen. Es ersetzt nicht das Netzwerken, denn Netzwerken und Führen gehören zusammen.

Wie hoch ist der Frauenanteil von Führungspositionen bei MSD Österreich?

Herzer: Wir haben 200 Mitarbeitende und einen Anteil von zwei Drittel Frauen im Leadership-Team. Gleichzeitig bieten wir die Möglichkeit, diese Positionen auszufüllen. Sei es durch eine Homeoffice Policy und andere Maßnahmen. Wir unterstützen darin, Familie und Beruf bestmöglich zu verbinden. Aus meiner Sicht zeichnet Flexibilität die Pharmabranche generell aus, die ich im Vergleich zu vielen anderen Industrien als Vorreiter im Setting eines modernen Berufsumfeldes erlebe.

Wie ist das bei anderen Pharmafirmen?

Herzer: Wir sehen auf der Managing-Director-Ebene mehr Frauen als früher. Ich bin auch Vizepräsidentin der PHARMIG, da haben wir bei den Mitgliedern dreißig Prozent an Geschäftsführerinnen.

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Erneuerbare Energiebranche Sinnvolle Arbeit und nachhaltig

Erneuerbare Energien sind entscheidend für die Eindämmung der negativen Auswirkungen des Klimawandels. Frauen spielen dabei eine wichtige Rolle gungen schaffen, die Frauen unterstützen und stärken. Dazu gehört die Beseitigung von Lohnunterschieden, die Bereitstellung flexibler Arbeitsregelungen und die Förderung eines Umfelds, das Vielfalt wertschätzt.

So sieht ein KI -generiertes Bild einer Frau in einem technischen Beruf in der Energiebranche aus

KI-Abbildung: Tiny

Die Energiebranche war immer eine Männerdomäne. Doch das ändert sich. So leiten Frauen Solar- und Windprojekte und wirken in der Forschung und Entwicklung von erneuerbaren Technologien mit. Ihre Teilnahme fördert bedeutende Veränderungen in der Branche, sie bringen neue Perspektiven und neue Formen der Zusammenarbeit ein.

Geschlechtervorurteile, Stereotype und ungleiche Chancen bestehen weiterhin. Daher ist es wichtig, dass Unternehmen Arbeitsbedin-

„Nach wie vor glauben viele, im Bereich der erneuerbaren Energien gebe es vorwiegend technische Berufe“, sagt Christine Lins, Geschäftsführerin vom Global Women’s Network for the Energy Transition GWNET. „Aber so ist es nicht. Ich habe Handelswissenschaften in Linz studiert und war dann fünf Jahre in der regionalen Energieagentur in Oberösterreich tätig.“

Anfangs empfand sie es als recht ungewöhnlich, in diesem Bereich zu arbeiten. „Ein Schlüsselerlebnis hatte ich am Beginn meiner Karriere in den 1990er-Jahren: Bei einer Konferenz zum Thema Energieeffizienz in Vorarlberg war ich von den rund hundert Teilnehmenden tatsächlich die einzige Frau. Im Endeffekt eine Chance, denn alle Teilnehmer haben sich an mich erinnert“, lacht Lins.

Mittlerweile bilden die erneuerbaren Energien einen boomenden Sektor, der Mitarbeiter:innen aus vielen verschiedenen Sparten braucht.

GWNET stärkt Frauen in der Energiebranche: durch interdisziplinäre Vernetzung, Interessenvertretung, Workshops und Mentoring.

GWNET fördert geschlechtersensibles Handeln im Zusammenhang mit der Energiewende weltweit und adressiert die aktuellen Ungleichgewichte zwischen den Geschlechtern im Energiesektor.

„Unsere Aufgabe ist, Frauen, die im Energiesektor tätig sind, zu stärken und zu vernetzen sowie Daten über Frauen im Energiesektor

„Im Bereich der Erneuerbaren ist die Förderung von Inklusion und Geschlechtervielfalt nicht nur eine Frage der Gleichstellung. Es ist auch eine Voraussetzung für eine nachhaltige Zukunft“

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Text: Sophie Hanak Christine Lins, Geschäftsführerin von GWNET globalwomennet.org

zu erheben und zu verbreiten. Wir haben bemerkt, dass Rolemodels besonders wichtig sind. Wir bieten eine Reihe an Mentoring-Programmen an, bei denen Mentees eine/n Mentor:in an die Seite gestellt bekommen. Frauenförderung ist nämlich nicht nur Frauensache, es braucht auch die Unterstützung durch Männer, um bei diesem Thema weiterzukommen.“ Das Netzwerk besteht mittlerweile aus über 4.000 Personen in 150 Ländern und arbeitet mit internationalen Organisationen wie IRENA , IEA , Weltbank, SEforALL sowie nationalen und regionalen Frauenenergienetzwerken zusammen.

Bei den Workshops werden Themen wie Selbstpräsentation, Female Leadership sowie Themen rund um die Energiewende und die Bildung von Netzwerken behandelt. „Wie in jeder anderen Branche ist Netzwerken sehr wichtig. Frauen haben oft weniger Zeit dafür, weil sie in Teilzeitjobs arbeiten und sich nach der Arbeit um die Kinder kümmern müssen. Häufig ist es dann schwierig, am Abend mit Arbeitskollegen auszugehen, wie das Männer machen, um ihr Netzwerk zu erweitern“, sagt Lins.

Studien zeigen, dass Firmen mit diversen Leadership-Teams bessere ökonomische Gewinne erzielen, mehr in Forschung und Entwicklung investieren, mehr Aktivitäten im Umweltbereich setzen und oft eine strengere Dekarbonisierungspolitik verfolgen. Außerdem machen diverse Teams mehr Spaß. „Reine Männer- oder reine Frauenteams sind lange nicht so innovativ oder lösungsorientiert wie diverse Teams. Das sehen wir auch in unseren Arbeitsgruppen. Frauen kümmern sich häufig mehr als Männer darum, dass es dem Team gut geht. Sie sind empathischer und interessieren sich mehr für das Wohlbefinden ihrer Kolleg:innen“, erzählt Lins. Diversität ist auch notwendig, um entsprechende Talente anzuziehen.

Im Bereich der erneuerbaren Energien ist die Förderung von Inklusion und Geschlechtervielfalt nicht nur eine Frage der Gleichstellung. Es ist auch eine Voraussetzung für eine nachhaltige Zukunft. Vielfältige Teams führen zu einer besseren Geschäftsleistung, zu Innovation und besserer Entscheidungsfindung. Die Förderung und Unterstützung von Frauen in der Branche ist für die Gesellschaft wie für die Branche von Vorteil.

Das Thema Diversität findet mittlerweile mehr Beachtung, denn die Industrie wird den nötigen Aufbau der erneuerbaren Energien nur schaffen, wenn Männer und Frauen zusammenarbeiten. „Die Energiebranche ist ein fantastischer Arbeitsbereich“, sagt Lins. „Man stiftet Nutzen und arbeitet für die Nachhaltigkeit. Dies ist gerade im Zeitalter, da die junge Generation Sinn sucht, besonders spannend.“

Studiengänge zu erneuerbaren Energien

Mehrere Universitäten und technische Einrichtungen in Österreich bieten spezielle Studiengänge zum Thema erneuerbare Energien an. Hier eine Auswahl:

• Bachelorstudium Umweltingenieurwesen Technische Universität Wien, 6 Semester

• MSc (CE) Renewable Energy Systems Technische Universität Wien, 4 Semester

• Bachelorstudium Umwelt- und Bioressourcenmanagement Universität für Bodenkultur, 6 Semester

• Erneuerbare Energien Bachelor-Studiengang an der FH Technikum Wien, 6 Semester

• Bachelorstudium Umweltsystemwissenschaften Technische Universität Graz, 6 Semester

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Altes Zeug zu schönen Dingen

Die Leute von Gabarage

Upcycling Design übernehmen Verantwortung für Umwelt und Menschen: Sie geben Menschen, die es am Arbeitsmarkt schwerer haben, einen Job und verwandeln altes Zeug in neue, schöne Dinge. Etwa alte Verkehrsschilder, aus denen der Traffic-Tisch wird. 135 Euro, gabarage.at

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Kunstwerke sind für Studierende meist unerschwinglicher Luxus. Die Artothek des musa Wien hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kunst in jedes Zuhause zu bringen. Sie verleiht Werke aus einem wechselnden Bestand von rund 1.900 Grafiken.

Ab 3 Euro/Monat, wienmuseum.at/artothek

Gedenkort gegen Femizide

Im März jährt sich der Femizid an einer 35-jährigen Trafikantin am Alsergrund zum dritten Mal. Die Frau war in ihrem Geschäft von ihrem Ex-Partner angezündet worden und starb später an den Verbrennungen. Der Tatort wird nun als Erinnerungsort und Kunstraum gegen Gewalt an Frauen* neu besetzt, und mit Ausstellungen zu den Themen Femizid, Gewalt an Frauen*, Frauen*rechte, und Empowerment bespielt. Aktuell mit dem Werk „du hebst dich du stampfst es bricht“ von Daniela Trinkl und Rachel J. Müller. frau-schafft-raum.at

Ausgefuchst

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Mathemeisterin Mit Frau Holzinger ist zu rechnen!

Ihr besonderes Gespür für Zahlen fiel Alexandra Holzinger erst als Erwachsene auf. Jetzt wurde der TU-Wien-Absolventin für ihre Arbeit an Partiellen Differenzialgleichungen der renommierte Hannspeter-Winter-Preis verliehen

Text: Nicole Spilker

Alexandra Holzinger hat Technische Mathematik an der TU Wien studiert und ist derzeit Postdoc an der Universität Oxford

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Alexandra Holzinger an der Universität Oxford Mathematik lehrt? Als Achtjährige hätte sie sie wohl mit null beziffert, damals gab die gebürtige Wienerin in jedem Freundschaftsbuch als Berufswunsch „Tierärztin“ an. Mit elf Jahren wollte sie wie ihre beste Freundin Anwältin werden. Weil die meisten Mädchen in ihrem Freundeskreis nach der Volksschule ein Gymnasium mit sprachlichem Schwerpunkt besuchten, besuchte sie dieses eben auch. „Ich habe mich erst sehr spät für Mathematik zu interessieren begonnen, weil ich mich vorher stark an meinem Umfeld orientiert habe. Es war für Mädchen nicht üblich, sich für Technik zu begeistern.“

Trotzdem lehrt Holzinger seit dem vergangenen Herbst als Postdoc am Mathematischen Institut der Universität Oxford. Als Kind hätte sie sich falsch eingeschätzt: „Ich dachte immer, dass ich einfach nur gut gelernt hätte, wenn ich einen Mathe-Einser bekommen habe.“ Zwischen Begabung und Fleiß zu unterscheiden, fiel ihr lange schwer. Selbst während ihres Studiums der Technischen Mathematik an der TU Wien verfolgte die heute 29-Jährige noch die Vorstellung, dass sie eben eifrig sei, aber sicher nicht zu den Überfliegern gehöre.

„Meine Empfehlung bei der Studienwahl ist, zu erkennen, dass das, was man in der Schule in gewissen Unterrichtsgegenständen lernt, gar nichts mit der entsprechenden Studienrichtung zu tun hat.“

Alexandra Holzinger

„An der Uni hatte ich nur die besten Noten, trotzdem dachte ich, ich profitiere einfach vom hohen Niveau meiner Lerngruppe“, sagt die Wissenschaftlerin. Erst als sie ihr Auslandssemester an der ETH Zürich antrat und ihre Noten weiterhin exzellent blieben, wurde ihr bewusst: „Okay, so ganz schlecht kann ich nicht sein.“ Ob sie diesen Hang zum Understatement jemals ganz ablegen wird? Sie glaubt es nicht. „Aber es wird weniger.“ Dazu trägt vielleicht auch bei, dass ihr soeben der renommierte, mit 10.000 Euro dotierte Hannspeter-Winter-Preis verliehen wurde, der von der TU Wien jährlich für hervorragende wissenschaftliche Leistungen im Doktoratsstudium vergeben wird.

Das eingeschränkte Mathe-Programm in ihrem SprachGymnasium trug dazu bei, dass Holzingers Umfeld erst einmal sehr überrascht war, dass ihre Wahl nach der Matura auf die Technische Universität fiel. „Ich habe mich immer für Medizin interessiert, konnte mir aber nicht vorstellen, mit Patient:innen zu arbeiten. Als ich begann, über Forschungsbereiche auf diesem Gebiet zu recherchieren, bin ich zum Biomedical Engineering gekommen und darüber schlussendlich bei der Mathematik hängen geblieben“, erinnert sich Holzinger. Dass die universitäre Mathematik mit der Schulmathematik nur noch in Ansätzen

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Foto: privat

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„Das Geschlechterverhältnis der Lehrenden sollte die Zusammensetzung der Studierenden repräsentieren. Bei zwanzig Prozent weiblichen Studierenden sollten es zumindest zehn Prozent Professorinnen sein“

„Ich hatte während meines Auslandssemesters eine sehr, sehr engagierte Professorin. Zu sehen, wie leidenschaftlich sie über ihre Forschung spricht, hat mich wahnsinnig motiviert, mein Doktorat zu machen“

zu tun hat, ist eine Erkenntnis, von der sich die Forscherin besonders positiv überrascht zeigt. Weniger erstaunt hat sie, dass damals viele meinten, sie würde halt „auf Lehramt“ studieren.

Statt mit der Anwendung von Rechenregeln beschäftigt sie sich heute vielmehr mit Logik und Algorithmen – Bereichen, die universell umsetzbar sind, von der Navigation eines Autos über die Modellierung einer Batterie bis hin zur Krebszellen-Forschung. Was lernen wir daraus? „Meine Empfehlung bei der Studienwahl ist, sich die einzelnen Fächer anzuschauen, ein bisschen über den Tellerrand zu blicken und zu erkennen, dass das, was man in der Schule in gewissen Unterrichtsgegenständen lernt, eigentlich gar nichts mit der entsprechenden Studienrichtung zu tun hat.“

Die ersten Tage an der Technischen Universität hinterließen bei der Naturwissenschaftlerin einen durchwegs positiven Eindruck, nicht nur in fachlicher Hinsicht. „Alle waren so entspannt, und niemand redete darüber, wer seinen Pullover zwei Tage hintereinander anhatte“, erinnert sie sich, die in ihrer Gymnasialzeit fast ausschließlich mit Mädchen zu tun hatte. Sie fühlte sich an der TU sofort angekommen. Trotzdem suchte sie auch weiterhin die Nähe zu anderen Studentinnen: „Mir

war das wohl unbewusst immer sehr wichtig, dass ich in Lerngruppen Männer und Frauen an meiner Seite habe.“

Es waren Frauen, die Holzinger im Laufe ihrer Ausbildung wichtige Impulse gaben und Wege wiesen. „Ich hatte während meines Auslandssemesters eine sehr, sehr engagierte Professorin. Zu sehen, wie leidenschaftlich sie über ihre Forschung spricht, hat mich wahnsinnig motiviert, mein Doktorat zu machen.“ Dass es bei den weiblichen Rolemodels gerade im MINT-Bereich noch viel Luft nach oben gibt, bedauert die Mathematikerin.

Sie hält es für „eine Gratwanderung“, Maßnahmen zu setzen, die Frauen pushen und ihre Sichtbarkeit erhöhen, ohne sie dabei zu sehr zu protegieren. Doch leider gebe es eben immer noch eine gesellschaftliche Notwendigkeit dafür. „Ich finde es sinnvoll, wenn das Geschlechterverhältnis der Lehrenden auch die Zusammensetzung der Studierendenschaft repräsentiert. Bei zwanzig Prozent weiblichen Studierenden sollten es schon zumindest zehn Prozent Professorinnen sein.“ Tatsächlich überlege auch sie sich manchmal, ob sie eine Stelle nur wegen der Frauenquote bekommen hat. Da ist sie dann wieder, die alte Unsicherheit. Umso wichtiger sei ihr deshalb, Netzwerke mitzugestalten, bei denen sich Frauen austauschen können, etwa das Netzwerk „Fem*MA“ der TU Wien, bei dessen Gründung Holzinger involviert war.

Der letzte Ratschlag an zukünftige Studierende klingt dann doch ziemlich untypisch für jemanden, der sich Tag für Tag über partielle Differenzialgleichungen, nichtlineare Aggregations-Diffusion und komplizierte Wahrscheinlichkeitsrechnungen den Kopf zerbricht:

„Am Ende sollte die Entscheidung für eine Studienrichtung aus dem Bauch heraus kommen. Was mir geholfen hat: Nicht zu viel drüber nachdenken.“

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„Viele Softwarefirmen würden gern Frauen beschäftigen. Sie klagen darüber, dass sie keine finden. Frauen gehen ungern in Unternehmen, in denen fast ausschließlich Männer arbeiten“

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Berufswahl

Gut verdienen und remote arbeiten

KI und Informatik eröffnen gute Berufschancen. Außerdem verändert KI die Welt so radikal, dass Frauen ihre Gestaltung nicht Männern überlassen sollten, sagt die Expertin Carina Zehetmaier

Interview: Christina Rademacher

Carina Zehetmaier ist Präsidentin von „Women in AI Austria“. Das interdisziplinäre Expertinnen-Netzwerk von rund hundert Personen will KI fair gestalten. 2019 als lokale Gruppe des Netzwerks „Women in AI“ gegründet, setzt sich der Verein dafür ein, dass die Interessen von Frauen berücksichtigt werden. Er kommentiert als PolicyNetzwerk auch politische Entscheidungen zur KI auf EU-Ebene.

Frau Zehetmaier, auf der Suche nach einer Expertin für das Thema KI und Frauen habe ich einen KI-basierten Chatbot befragt: „Nenn mir eine KI-Expertin in Österreich.“ Seine Antwort: „Eine bekannte KI-Expertin in Österreich ist Prof. Dr. Sepp Hochreiter. Er ist ein renommierter Wissenschaftler und Professor für Informatik an der Johannes Kepler Universität Linz.“

Carina Zehetmaier: Kann ich davon bitte einen Screenshot bekommen? Ich finde, diese Antwort zeigt sehr gut, wie die Technologien funktionieren, wo ihre Grenzen liegen und wo wir als Verein ansetzen. Mit KI ist meistens maschinelles Lernen gemeint. Das ist ein System, das man mit vielen Daten füttert, etwa Fotos von Hunden und Katzen. Wenn man dem System danach ein Foto von einem Hund oder einer Katze zeigt, das es noch nie gesehen hat, kann es sagen: Das ist ein Hund. Oder: Das ist eine Katze. Außerdem wird das System mit schon vorhandenen Daten aus Vergangenheit und Gegenwart gefüttert, womit jede Zuordnung von den sozialen und politischen Sichtweisen der jeweiligen Zeit geprägt wird. Zum Beispiel kann es von Zeit und Ort abhängig sein, ob das Tragen eines Schleiers wie derzeit im Iran verpflichtend oder verboten ist. Eine KI kann daher nicht neutral und objektiv sein – und darum wundert es mich auch

„ KI ist mehr als eine Technologie. Sie betrifft uns in jeder Hinsicht und in jedem Bereich unseres Lebens.“

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„Die Systeme funktionieren am besten bei weißen Männern, weil sie es in erster Linie sind, die die Technologien entwickeln, und es von ihnen auch viele Fotos im Internet und in Datensätzen gibt“

Carina Zehetmaier

nicht, dass das System auf die Frage nach einer KIExpertin „Sepp Hochreiter“ ausspuckt.

KI kann Ungleichheiten transportieren und sogar verstärken?

Zehetmaier: Ja. Ein Beispiel dafür ist der AMS-Berufsinfomat, seit Anfang 2024 im Einsatz. Dieser Chatbot hat jungen Frauen andere Ausbildungsberufe vorgeschlagen als jungen Männern, also zum Beispiel Verkäuferin und Sekretärin, weil er diese Schwerpunktsetzung so in den Datenmassen vorgefunden hat. Das ist nicht akzeptabel, da muss man gegensteuern.

Wie kann das gelingen?

Zehetmaier: Wichtig sind diverse Teams, dadurch fällt schon vieles auf. Es gab zum Beispiel einen Seifenspender mit Sensorik, der bei dunkler Haut nicht funktioniert hat. Wenn die Möglichkeit groß ist, dass das System Vorurteile wiedergibt, muss man bei der Entwicklung und im Nachgang aktiv dagegen messen und testen. Beispiel Gesichtserkennung: Da gibt es bei weiblicher dunkler Haut eine Fehlerquote von mehr als dreißig Prozent. Im Kontext Strafverfolgung würde das bedeuten, dass jede dritte dunkelhäutige Frau falsch von einem Algorithmus gematcht und verfolgt wird, was in den USA auch schon mehrfach passiert ist. Die Systeme funktionieren am besten bei weißen Männern, weil sie es in erster Linie sind, die die Technologien entwickeln, und es von ihnen auch viele Fotos im Internet und in Datensätzen gibt.

Sind auch in Österreich die meisten KIJobs in der Hand von Männern?

Zehetmaier: Ein Ungleichgewicht gibt es nach wie vor. Aber es hat schon gefruchtet, dass sich Women in AI seit 2019 und auch andere Frauennetzwerke im IT-Bereich dafür einsetzen, dass Frauen gesehen und einbezogen werden. Es ist aber nach wie vor Realität, dass verschwindend wenige Frauen KI-Start-ups gründen. Man sieht das Ungleichgewicht auch am Anteil der Informatikabschlüsse an der TU Wien. Selbst ich bin nie auf die Idee gekommen, Informatik zu studieren, weil ich dachte, dass ich dann den ganzen Tag vorm Computer sitzen würde, und mir das extrem langweilig erschien. Stattdessen bin ich Juristin und Menschenrechtlerin geworden und erst über meinen Bruder, der KI studiert hat, in diesen Bereich gekommen.

Wie lassen sich Mädchen motivieren?

Berufsbilder zu formulieren und in Schulen zu kommunizieren. Dabei ist es wichtig, darzustellen, welche Chancen und welches Einkommen man in den verschiedenen Berufen hat. Dann wird Mädchen vor Augen geführt, dass man im IT-Bereich sehr gut verdient und remote arbeiten kann. Wichtig ist auch, das Lehrpersonal im Bereich KI weiterzubilden. KI ist die neue Realität, und für den Umgang damit müssen neue Kompetenzen erworben werden. Man sollte verstehen, was mit seinen Daten und den Spuren, die man im Internet hinterlässt, passiert. Wir leben in einer Welt, in der die Wirklichkeit mehr und mehr durch Technologie verzerrt wird, weil Stimmen, Bilder und Videos gefakt werden können. Das bedroht auch unsere Demokratie.

Wie kann man Frauen aus einem nichttechnischen Beruf eine Teilhabe an KI ermöglichen?

Zehetmaier: Wir im Netzwerk sind die richtigen Ansprechpartnerinnen, weil wir uns genau das zum Ziel gesetzt haben. Außerdem gibt es Förderprogramme: Manchmal muss man nur einen Schritt weitergehen, man muss nicht bei null anfangen und 1.500 Programmiersprachen lernen. Am besten gezielt Kurse belegen, die es ermöglichen, mit Daten zu arbeiten. Oder die AI-Projektmanagement-Rolle in der Mitte übernehmen oder als DomainExpertin dazu beitragen, die Systeme zu validieren und zu trainieren. Wir haben einen Karriereleitfaden für Quereinsteigerinnen in Data Science entwickelt.

Was könnte eine Perspektive für Frauen sein, die in einem sozialen Beruf arbeiten?

Zehetmaier: Es braucht Menschen, die als Angestellte, als Berater:innen für Softwarefirmen oder sogar als Betroffene Tools daraufhin testen, ob sie für besondere Zielgruppen wie zum Beispiel Menschen mit Depressionen oder Angststörungen geeignet sind. Wichtig wird auch sein, wie Menschen mit Systemen kommunizieren. Oder wie solche Systeme in einem Pflegeberuf aussehen könnten. KI ist mehr als eine Technologie. Sie betrifft uns in jeder Hinsicht und in jedem Bereich unseres Lebens. Unsere gesamte Lebenswelt wird sich verändern, und zwar immer schneller und schneller.

Ist KI für Frauen eher eine Chance oder ein Risiko?

Zehetmaier: Beides. KI ist ein Risiko, weil durch sie gerade bislang typische Frauenberufe wie Bürotätigkeiten wegfallen. Oder sich stark verändern. Auch, weil die Belange von Frauen im männlich dominierten Berufsfeld KI bislang nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gerade deshalb bietet sie aber auch eine Chance: Viele Sofwarefirmen würden gern Frauen beschäftigen. Sie klagen darüber, dass sie keine finden. Frauen gehen ungern in Unternehmen, in denen fast ausschließlich Männer arbeiten. Für den unternehmerischen Erfolg ist es aber wichtig, Produkte zu entwickeln, die alle ansprechen, nicht nur Männer. Deshalb ist es unklug, bei der Entwicklung die weibliche Sichtweise außer Acht zu lassen. Sonst geschieht etwas wie bei der Health App von Apple, mit der alle möglichen Gesundheitsdaten erfasst werden konnten, aber die Entwickler vergessen hatten, die weibliche Periode zu berücksichtigen.

Zehetmaier: In unserer Gesellschaft sind immer noch starke Stereotype verankert. Mädchen hören in der Schule immer noch oft: Ach, Mathe ist doch nichts für dich! Das Ziel sollte sein, neue

„KI ist die neue Realität, und für den Umgang damit müssen neue Kompetenzen erworben werden“

Carina Zehetmaier

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Foto: Sandra Schartel

Eine gläsere Decke und ein Betonklotz am Bein

25% aller Mädchen, also jede Vierte, glaubt, in MINT-Fächern niemals so gut zu sein wie ein Bub.

80%

aller Lehrabschlüsse von Frauen fanden 2023 in der Sparte Bürokauffrau statt. Metalltechnikerin: 11%, Kraftfahrzeugtechnikerin: 4%, Installations- und Gebäudetechnikerin: 1%

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Universitätsprofessorinnen gab es 2020 an der TU Wien. Und 144 Professoren. Unter den Studierenden betrug der Frauenanteil rund 32%, der Männeranteil rund 68%.

44% befragter junger Frauen interessieren sich für ein MINTStudium, wenn sie ein Vorbild haben. Ohne sind es nur 22%.

30%

Frauenanteil in einer Gruppe verändert die Gruppendynamik. Bei diesem Schwellenwert beginnen ihre Meinungen eine entscheidende Rolle zu spielen. Entscheidungsprozesse entwickeln sich weiter, um eine größere Vielfalt an Perspektiven und Interessen zu berücksichtigen.

18% betrug 2022 der Frauenanteil bei Bachelor-Abschlüssen in der Fachrichtung Informatik und Kommunikationstechnologie. 14% waren es bei Studienabschlüssen in der Fachrichtung Energietechnik.

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Alexander ist stolz auf seinen Job und seinen Beitrag zum Wohnen in Wien. Er sorgt für ein motiviertes Team, das den sozialen Wohnbau gewährleistet. Diese wichtige Arbeit motiviert ihn täglich aufs Neue.

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10-18 Uhr: Bachelor-Studium

14-18 Uhr: Master-Studium

OPEN DAY 15.03.24
#umwelt u.v.m.

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