DAS MAGAZIN FÜR STUDIUM, WEITERBILDUNG UND KARRIERE AUS DEM FALTER VERLAG
Richtig bewerben – aber wie?
Von Dresscodes bis So Skills:
Wie man den ersten Eindruck richtig nutzen kann Seite 14
Quo vadis, Erasmus+?
Das Programm beherbergt Tausende Mobilitätsprojekte. Wie geht es damit weiter? Seite 26
Wunsch nach Weiterbildung
Wie man Arbeit, Familie und Weiterbildung unter einen Hut bringt Seite 28
Berufung
Über 300 freie Stellen: Jetzt bewerben!
Wir für Wien Du für Wien
#zukunftwien
Im Team der Wiener Stadtwerke-Gruppe zu arbeiten, heißt für deine Stadt da zu sein. Denn wir halten Wien am Laufen und machen es klimafit für morgen. Du kannst in den Bereichen IT, Technik, Energie, Fahrbetrieb, Verwaltung oder Management viel zur Zukunft der Stadt beitragen. Denn: Gemeinsam schaffen wir die Klimawende!
Editorial Besser mit Umwegen
In jedem Studium, in jeder Ausbildung lernt man Nützliches. Oft vor allem Dinge, die gar nicht so viel mit der Ausbildung zu tun haben. Oder solche, die man für Prüfungen nicht gebrauchen kann. Dafür aber fürs Leben
Zunächst ein Disclaimer: Ich habe ein Erasmus-Mundus-Masterstudium absolviert, bei dem ich an drei verschiedenen Unis studiert und Menschen aus achtzehn verschiedenen Ländern kennengelernt habe. Es waren chaotische Jahre. Nicht nur wegen der Covid-Pandemie, die in meinem zweiten Semester ausbrach. Sondern auch, weil das Uni-Hopping ein bürokratischer Albtraum und die Organisation zwar liebevoll und ehrgeizig, aber keineswegs immer von Erfolg gekrönt war.
Aber super war es trotzdem. Gar nicht so sehr, weil ich bahnbrechende Erkenntnisse zur Literaturwissenschaft (meinem Studienfach) hatte. Sondern weil ich – neben vielem anderen – gelernt habe, dass das österreichische Unisystem nicht das einzig mögliche ist, wie man in sehr vielen verschiedenen Sprachen Kaffee bestellt und wie Leute aus Lateinamerika die koloniale Vergangenheit ihrer Länder sehen.
Linn Ritsch findet, dass das Gute meistens leider auch schlechte Seiten hat. Dafür hat das Schlechte auch manchmal sein Gutes
Foto: Nini Tschavoll
Impressum
Ähnliche Erfahrungen haben auch fast alle Menschen gemacht, die meine Kolleg:innen und ich für dieses Magazin interviewt haben. Der Bildungsweg war für die meisten kein gerader, bei dem es nur um fachliche Kompetenzen ging. Aber niemand von ihnen bereut es, Verschiedenes ausprobiert, zwischendurch in ganz anderen Bereichen gearbeitet oder länger studiert zu haben.
In diesem Heft erfahren Sie zum Beispiel, wie aus einer Ethnologin eine Reisebüroleiterin und dann eine Künstlerin wurde, warum Architektur auch dann das Richtige sein kann, wenn man keinesfalls in einem Architekturbüro arbeiten will, und wie das mit der Weiterbildung neben der Arbeit ist.
Medieninhaber: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Marc-Aurel- Straße 9, T: 0043 1 536 60-0, F: DW 935; Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Redaktion: Linn Ritsch (CR), Nini Tschavoll; Coversujet: IStock/SolStock; Gestaltung und Produktion: Andreas Rosenthal, Raphael Moser, Reini Hackl; Geschäfts führung: Siegmar Schlager; Leitung Sales: Ramona Metzler (kar.), Sheila Martel, Christian Fabi; Druck: Passauer Neue Presse Druck GmbH. , DVR: 047 69 86. Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar.
Wer sich mit dem eigenen Job identifizieren kann und ihn als sinnvoll empfindet, blickt zuversichtlicher in die
in diesem Heft
Seite 6 Christina Strasser ist Karrierecoachin und erzählt, wie man den richtigen Job findet Seite 8 Vier Menschen berichten, warum ihr Beruf für sie mehr ist als nur ein Job, wie sie ihn gefunden haben und wie ihre Arbeit aussieht Seite 12 Schöner studieren: Nützliches und Cooles für den Alltag Seite 14 Wie bewerbe ich mich richtig? Von der Körpersprache bis hin zum Outfit Seite 16 Wie Architektur Ungleichheiten abbauen kann Seite 18 Sensorik im Dienste der Gesundheit Seite 20 Teenage Life: Style, Kultur und Tiere Seite 22 Umweltzerstörung und was dagegen getan wird Seite 24 Bücher, die bilden. Und die Möbel dazu Seite 26 Die Gegenwart und Zukunft des Mobilitätsprogramms Erasmus+ Seite 28 Arbeiten und weiterlernen: Wie es geht und warum es sich lohnt Seite 30 Welche Bildung wir brauchen und was Nachhaltigkeit damit zu tun hat
IT:U startet erstes Masterprogramm „Interdisciplinary Computing“
Im Oktober 2025 startet an der IT:U Interdisciplinary Transformation University Austria, der neuen Technischen Uni für Digitale Transformation in Linz, das erste Masterstudium „Interdisciplinary Computing“. Das Studienprogramm richtet sich an Bachelorabsolvent:innen aller Fachrichtungen und verbindet Computerwissenschaften mit verschiedenen Disziplinen. Ziel ist es, Fachgrenzen zu überwinden, digitale Tools und Werkzeuge Künstlicher Intelligenz zu nutzen und weiterzuentwickeln, um globale Herausforderungen anzugehen –und somit die Digitale Transformation aktiv mitzugestalten.
An Projekten arbeiten, die die Gesellschaft bewegen. Konkret bedeutet das, fachliche Grenzen überwinden, in Kleingruppen studieren und projektbasiert arbeiten, reale Herausforderungen adressieren, Möglichkeiten digitaler Technologien nutzen, Auswirkungen von Technologie für Gesellschaft und Umwelt hinterfragen und das Wissen dann in Industrie, Wirtschaft oder Wissenschaft zu tragen und die Zukunft mitgestalten. Dabei geht es um Fragen, wie: Welche Rollen können und sollen Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) in der
Pflege haben, um Selbstbestimmung im Alter zu stärken? Wie können wir KI-basierte Modelle für Umweltsysteme entwickeln, um durch Vorhersagen Schäden von Naturkatastrophen zu reduzieren?
In Learn Labs an digitalen Lösungen arbeiten. Learn Labs bilden die Basis für den projektbasierten Lernansatz. Die Studierenden lernen in den ersten beiden Semestern verschiedene Technologien – wie Virtual Reality, Motion Capture oder Robotik – kennen. Sie erhalten einen „Methoden- und Werkzeugkoffer“, mit dem sie selbststeuernd durchs Studium gehen. Fachwissen und 21st Century Skills werden in Lernmodulen ergänzt. Das Novum an der IT:U ist, dass individuelle Fähigkeiten miteinbezogen werden und maßgebend für den Umfang von Zusatzqualifizierungen sind.
Als Digital Transformer die Zukunft gestalten.
Im dritten Semester erwerben die Studierenden Kenntnisse zu wissenschaftlichem Arbeiten und Schreiben sowie empirischer Methodik. Schließlich besteht die Möglichkeit, sich auf eine „real world challenge“ im Kontext
einer von vier Spezialisierungen –Designing Interactions; Digital Earth, Society and Networks; Digital Humanities, Health and Life Sciences oder Future Industries – zu fokussieren. Mehr dazu: www.it-u.at
FACTS
Master „Interdisciplinary Computing“
ABSCHLUSS: MSc
SEMESTER: 4
ECTS: 120
SPEZIALISIERUNGEN: 4
Designing Interactions
Digital Earth, Society and Networks
Digital Humanities, Health and Life Sciences
Future Industries
SPRACHE: Englisch
VORAUSSETZUNG: Bachelor-Abschluss
(oder Äquivalent) aller Studienrichtungen
TYP: Vollzeitstudium
BEWERBUNGSENDE: 31. Mai 2025
SEMESTERSTART: 1. Oktober 2025
AB OKTOBER 2025 bietet die IT:U Bachelorabsolvent:innen aller Studienrichtungen ein interdisziplinäres Masterstudium an der Schnittstelle von Computerwissenschaften und den unterschiedlichsten Fachrichtungen. Studieren an der IT:U bedeutet, direkt an Projekten zu arbeiten, die auf realen, gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit basieren.
Christina Strasser wagte einen mutigen Schritt und verließ nach mehreren Jahren im Angestelltenverhältnis ihre gewohnte Umgebung, um für ein Jahr die Welt zu bereisen. Diese Erfahrung prägte nicht nur ihre Perspektive, sondern führte sie auch zu einem neuen beruflichen Weg. Nach ihrer Rückkehr studierte sie Bildungswissenschaft und vertiefte ihr Wissen durch zahlreiche Aus- und Weiterbildungen in den Bereichen Coaching, Training und Speaking. Heute macht sie erfolgreich Karrierecoachings und ist als Trainerin für Bildungsinstitute und in der Durchführung von Firmenseminaren tätig. Ihre Expertise und Leidenschaft helfen Menschen und Unternehmen, ihre Potenziale zu entfalten und neue Perspektiven zu gewinnen.
karrierecoach-wien.at
Gastauftritt Christina Strasser
„Es ist wichtig, sich von überholten Denkmustern zu befreien, die oft lauten: ‚Daraus kann man doch keinen Beruf machen‘“
Das Thema der beruflichen Neuorientierung ist heute so aktuell wie nie zuvor. Die Erfahrungen während der Pandemie haben die Frage nach dem Sinn des Lebens verstärkt aufgeworfen und viele Menschen dazu angeregt, über ihre berufliche Zukunft nachzudenken. Die Suche nach einer sinnerfüllenden Tätigkeit rückt in den Vordergrund, während der klassische Karrieregedanke zunehmend an Bedeutung verliert.
Häufig starten junge Erwachsene ihre berufliche Laufbahn mit der ersten Gelegenheit, die sich ihnen bietet – sei es, weil sie dem Beispiel ihres Umfeldes folgen oder den Ratschlägen ihrer Eltern nachgehen. Oft hängen sie dann in einem Beruf fest, der keine Erfüllung bringt. Um dies zu vermeiden, können Eltern mit ihren Kindern vor der Schul oder Studienwahl reflektieren: Was interessiert sie, welche Tätigkeiten bereiten ihnen Freude? Es ist wichtig, sich von überholten Denkmustern zu befreien, die etwa lauten: „Daraus kann man doch keinen Beruf machen.“
Tatsächlich kann aus jeder Leidenschaft, Begabung oder Freude ein Beruf entstehen. Sei es das Spielen mit Bauklötzen, das Unkrautjäten oder das Üben von Fahrradtricks – der Schlüssel liegt darin, eigene Interessen und Talente als Ausgangspunkt zu nehmen und sich immer weiter auszuprobieren.
Besonders in jungen Jahren denken die meisten Menschen selten über ein sinnerfülltes Tun nach. Die Frage nach dem Sinn taucht für sie erst viel später im Leben auf. Sie denken dann: „Kann das wirklich alles gewesen sein?“ Daraus ergibt sich meist die Frage: „Wohin soll ich mich beruflich orientieren?“ Auch überlegen sich immer mehr Menschen, ob eine Neuorientierung jenseits der vierzig noch sinnvoll ist. Die gute Nachricht: Alter ist keine Einschränkung, im Gegenteil. Wer bereits länger berufstätig ist, bringt wertvolle Erfahrungen mit.
Selbstreflexion ist die entscheidende Grundlage für eine Neuorientierung. Dafür bedarf es jedoch Erfahrung – über irgendetwas muss man schließlich reflektieren. Wichtig ist, sich auszuprobieren, neue Dinge zu testen und verschiedene Tätigkeiten und Berufe kennenzulernen. Wo spürt man Leidenschaft? Welche Tätigkeiten sorgen für Begeisterung und Neugier? Wo gab es Schwierigkeiten? Was motiviert, was zehrt an der Energie?
Einerseits kann man sich bewusst mit den eigenen Werten auseinandersetzen, andererseits auch den roten Faden des eigenen Lebens entdecken. Was zieht sich durch die verschiedenen Phasen des Lebens? Welche Gedanken kehren regelmäßig zurück, was taucht in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf? Ein weiterer wertvoller Hinweis kann darin bestehen, genau zu beobachten, was einen selbst bei anderen fasziniert. Wenn Neid oder Bewunderung ins Spiel kommen, könnte dies ein Hinweis auf unentdeckte Potenziale sein. Wer in die Selbstreflexion geht und sich diesen Fragen ehrlich stellt, kommt dem eigenen beruflichen Traum vielleicht näher als gedacht.
Fotos: Christoph Mühlbauer, Unsplash/Patrick Perkins
Gute Coaches fragen richtig
Karriere-Coach:innen präsentieren keine perfekten Lösungen, sagen niemandem mit Sicherheit, was er oder sie am besten studieren sollte, und kennen deinen Traumjob nicht. Was sie aber sehr gut können: Fragen stellen. Um uns selbst zu verstehen, brauchen wir oft eine Außenperspektive, die uns mit gezielten Denkanstößen zu unseren persönlichen Interessen, Schwächen und Stärken führen.
Coach:innen können ihren Klient:innen zum Beispiel dabei helfen, Zweifel zu überwinden, neue berufliche Möglichkeiten zu sehen oder die Work-Life-Balance zu verbessern. Oft geht es darum, gezielt Pläne und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Egal, wie ein Coaching-Prozess im Einzelfall aussieht: Essenzi-
Coaching-Ausbildungen in Österreich
ARGE Bildungsmanagement GmbH (in Kooperation mit der Sigmund Freud Privatuniversität) Universitätslehrgang: Supervision, Coaching und Personalentwicklung
ASO (Akademie für systemisches Coaching und Organisationsberatung) Diplomlehrgang Systemisches Coaching
Strukturierte Herangehensweise: Bei der Wahl von Ausbildung und Beruf kann man sich nicht nur aufs Bauchgefühl verlassen. Pro- und Kontra Notizen helfen, die Gedanken zu ordnen
ell ist in jedem Fall ein gutes Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, das Vertrauen von Klient:innen zu gewinnen.
Der Begriff Coach:in ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Der Beruf erfordert allerdings meist Kompetenzen in verschiedenen Bereichen, etwa Kommunikation, Psychologie, Beratung und natürlich verschiedene Coaching-Methoden. Um zertifizierte:r Coach:in zu werden, gibt es verschiedene Wege. Etwa spezielle Coaching-Ausbildungen oder auch Hochschulstudiengänge in Coaching.
Essenziell für alle Berufscoaches: Einfühlungsvermögen
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Lena T., Absolventin
Erfüllende Arbeit
Wenn der Beruf Berufung ist
Vier Menschen erzählen, warum ihr Beruf für sie mehr ist als nur ein Job, wie sie ihn gefunden haben und wie ihre Arbeit aussieht
Text: Linn Ritsch
Ausreichendes Einkommen, noch Energie für Freizeitgestaltung, Entwicklungsmöglichkeiten. Diese oder ähnliche Mindestanforderungen haben viele an ihren Job. Müssen Selbstverwirklichung, Spaß oder Sinngefühl auf der Strecke bleiben? Sicher nicht. Eine Studentin der Sozialen Arbeit, eine Tischlerin, ein Experte für grüne Transformation und eine Künstlerin berichten über ihre Arbeit, die für sie gleichzeitig eine Berufung ist.
Beim Studium Soziale Arbeit an der FH erwirbt man die Doppelqualifikation Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Auch Praxisstunden, beispielsweise im SOS-Kinderdorf, sind Teil der Ausbildung
Mich selbst kennen, um andere zu unterstützen
Juliane Repper studiert Soziale Arbeit an der FH Wien
Soziale Arbeit war keineswegs immer Juliane Reppers Traumjob. „Ich hätte mich wahrscheinlich nicht für das Studium Soziale Arbeit an der FH beworben, wenn Familie und Freund:innen es mir nicht nahegelegt hätten. Doch jetzt bin ich sehr froh darüber!“
Erste Arbeitserfahrungen im sozialen Bereich sammelte Repper, weil sie ihren alten Job verlor: Nach Jahren in der Gastronomie kam die Pandemie und sie musste sich neu orientieren. Sie wollte etwas für die Gesellschaft tun und arbeitete beim Fonds Soziales Wien in der
Corona-Beratung. Später wechselte sie intern ins Beratungszentrum Behindertenhilfe. „So habe ich bemerket, wie sehr mir Soziale Arbeit liegt, und konnte in verschiedene Bereiche hineinschnuppern. Dafür bin ich dankbar.“ Im Studium ist sie nicht die Einzige, die vorher schon viel ausprobiert hat. Die meisten ihrer 23 Kommiliton:innen sind Quereinsteiger:innen. „Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Herausforderungen, mit individuellen und strukturellen Problemlagen ist gerade für jüngere Menschen nicht leicht verdaubar.“ Interesse an diesem Bereich würden viele erst entwickeln, wenn sie mehr Lebenserfahrung hätten. Es sei essenziell, sich selbst zu kennen, um andere unterstützen zu können.
Selbstfindung – das funktioniert für Repper besonders im Austausch mit anderen Menschen. Der Fokus auf Teamarbeit, Coaching und Selbstreflexion im Studium ist für sie ideal. Ebenso wie die 600 Praktikumsstunden, die während der dreijährigen Ausbildung absolviert werden müssen. Nach drei Semestern hat Repper erst den geringeren Teil dieser Stunden hinter sich, trotzdem ist die praktische Erfahrung für sie sehr relevant. „Vor allem die Tage, an denen ich Kinder und Jugendliche im SOS Kinderdorf in ihrem Alltag begleitet habe, waren bereichernd – man bekommt so viel zurück. Das könnte mein Traumjob sein.“
Auch im Team dort habe sie sich wohlgefühlt – ein Aspekt, der für Repper auch in ihrem zukünftigen Arbeitsumfeld von großer Bedeutung ist. Welche Anforderungen an sie gestellt werden, wird sich an jedem Arbeitstag aufs Neue zeigen. Eines steht aber fest: „Für Soziale Arbeit sollte man Einfühlungsvermögen und Enthusiasmus mitbringen und gut organisiert sein.“ Jenen, die sich darin wiederfinden, rät Juliane Repper: „Probiert es aus!“
„Für Soziale Arbeit sollte man Einfühlungsvermögen und Enthusiasmus mitbringen“
Foto: Gerhard Berger/SOS-Kinderdorf, Privat
In der Kunst zeigen, was ich nirgends sonst sagen kann
Mit vierzehn Jahren glaubte Daniela Luschin, sie sei als Künstlerin nicht gut genug, und wandte sich von diesem Traum ab. „Ich wollte auf eine berufsbildende Schule für künstlerische Berufe gehen, habe aber die Aufnahmeprüfung nicht bestanden.“ Stattdessen machte sie die HAK in Liezen.
Um den Traum wiederzufinden, brauchte es über zwanzig Jahre, viele Umwege und allerlei Zufälle. Wissend, dass sie mit dem HAKAbschluss in der Tasche immer einen Broterwerb im Office Management finden würde,
entschied sie sich, „einen bunten Strauß an Orchideenfächern“ zu studieren: Ethnologie, Tibetologie und ein bisschen Publizistik und Politikwissenschaft.
Ihre Diplomarbeit in Ethnologie brachte Luschin nach Nordindien, wo sie ihren heutigen Ex-Mann kennenlernte. Dessen Beruf als Bergführer wiederum brachte die beiden dazu, ein Reisebüro in Ladakh (Indien) zu eröffnen. Es lief ebenso gut wie das Reisebüro, das Luschin nach der Geburt ihres ersten Kindes in Österreich eröffnete. Dann kam die Pandemie.
„Gemalt hatte ich seit diesem Zeitpunkt schon seit einer Weile, einfach als Hobby. Weil ich Geld brauchte, beschloss ich, meine Kunst nach außen zu tragen.“ Von da an arbeitete sie hart. Sich das Malen autodidaktisch beizubringen, ging weder schnell noch einfach. „Aber wenn ich etwas will, bleibe ich dran. Ich habe mich selbst getrieben.“
Heute verkauft sie regelmäßig Originale und Drucke ihrer feministischen Kunst: in Mischtechnik hergestellte Bilder von Frauen, die Luschin mit eingesprochenem Text und Musik in Videos und damit in mehrschichtige Gesamtkunstwerke verwandelt. Zum Leben reichen die Einnahmen aus der Kunst nicht. „Für mich allein wäre das anders, aber als alleinerziehende Mutter mit drei Kindern ist Stabilität wichtig.“ Ihr Teilzeitjob in einer Firma für Unternehmensberatung ist daher ideal.
Ihre Anstellung gibt Luschin Sicherheit, die Kunst bedeutet Freiheit. „Ich bin zurückhaltend, introvertiert, brav und höflich – so hat man mir das als Frau beigebracht. In meinen Bildern zeige ich, was ich auf der Straße nie zu jemandem sagen könnte.“ Wie die Bilder aussehen, entscheidet die Künstlerin selbst. „Ich mache keine Auftragswerke, mit ganz wenigen Ausnahmen. Meine Kunst ist mein Reich, hier bestimmt niemand über mich.“
„Meine Kunst ist mein Reich, hier bestimmt niemand über mich“
Daniela Luschins Kunst ist auf ihrer Website dieluschin.at und auf Instagram zu finden
Daniela Luschin ist Künstlerin
Arbeit mit den Händen ist für mich erfüllend
„Holz war immer ein Teil von mir.“ Aufgewachsen in einer Tischler-Familie – Großvater, Vater und Onkel übten den Beruf aus – und umgeben von handgefertigten Möbeln, wurde Theresa Wallinger die Liebe zu diesem Handwerk in die Wiege gelegt. Intensiviert wurde sie in fünf Jahren in der HTL für Innenraumgestaltung und Möbelbau. „Das war eine wunderschöne Zeit für mich.“
Trotzdem war der Weg zur eigenen Tischlerei kein gerader. Nach einem halben Jahr in Australien und Neuseeland begann Wallinger in Graz Architektur zu studieren. Nach zwei Semestern brach sie das Studium ab. „Ich habe bemerkt: Architektur ist zu groß für mich. Ich möchte lieber Räume und Möbelstücke gestalten.“ Sie kehrte zurück ins salzburgerische Kuchl und machte die FH für Design und Produktmanagement, mit Schwerpunkt Möbeldesign. „Die Ausbildung war praxisorentiert, im Nachhinein ist mir klar: Das war eine gute Vorbereitung auf die Selbstständigkeit.“
Selbstständig machte sich Wallinger nach weiteren Zwischenstationen in Norwegen, wo sie im Marketing arbeitete, und einer Wiener Werbeagentur, in der sie Grafikdesign machte. Möbel wurden lange Zeit nebenher designt und gebaut, gemeinsam mit ihrem Partner. „Wir haben beide eine große Leidenschaft für das Handwerk, es wurde praktisch von selbst immer mehr.“
Trotzdem schien eine eigene Tischlerwerkstatt ein ferner Traum – bis den beiden die Gelegenheit zu einer Übernahme auf dem golde-
„Es gibt viel Interesse an unserer Arbeit, oft ergeben sich aus einem spontanen Besuch Möbelprojekte. Außerdem fungieren wir als Dienstleister im Grätzl“
nen Teller serviert wurde. Zu einem Zeitpunkt, als Wallinger in einem Innenarchitekturstudio arbeitete und eigentlich glücklich mit ihrem Job war. Die Kündigung war nicht leicht, aber bereut hat Wallinger sie nie.
Die Tischlerei WALLI.WITSCH im fünften Wiener Bezirk ziehe Vorbeikommende magisch an. „Es gibt viel Interesse an unserer Arbeit, oft ergeben sich aus einem spontanen Besuch Möbelprojekte.“ Außerdem fungieren Wallinger und ihr Partner als Dienstleister im Grätzl. „Viele sind froh, dass wir helfen können, wenn eine Platte auseinandergeschnitten werden muss oder eine Schublade klemmt.“
Lange Arbeitstage, der Spagat zwischen eigenen Visionen und Kund:innen-Wünschen, die Herausforderung, sich selbst eine Struktur schaffen zu müssen: Auch das gehört zum Job. Trotzdem ist es für Wallinger der Traumberuf. „Wir tauschen uns viel mit anderen Tischler:innen aus. Das hilft, um zu erkennen: Niemand ist perfekt. Ich lerne jeden Tag dazu. Keine Arbeit könnte für mich erfüllender sein.“
Theresa Wallinger betreibt mit ihrem Partner eine Tischlerwerkstatt
Die Tischlerei WALLI.WITSCH findet man in der Wehrgasse 23/2, 1050 Wien und unter walliwitsch.at
Fotos: Karin Molzer, Valentin Geiseder
Das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun
„Anfangs war ich nicht sicher, ob ich meine Leidenschaft zum Beruf machen soll.“ Schon in der Schule interessierte sich Lorenz Schober für den menschlichen Einfluss auf Ökosysteme. Aber sollte er mit dem Thema arbeiten?
Dafür entschied er sich nach der Matura, während eines Aufenthalts in London. „Ich hatte dort viel Gelegenheit, über meine Zukunft nachzudenken.“ Viel genauer als mit „Umweltschutz“ konnte Schober sein Interesse noch nicht benennen – zurück in Wien studierte er das am breitesten angelegte Fach, das er in diesem Bereich finden konnte: Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur.
„Heute bin ich froh über die vielseitige Ausrichtung. Mir wurden Grundlagen vermittelt und ich lernte verschiedenen Teilbereiche kennen.“
Sein Umfeld war von seiner Studienwahl nicht immer überzeugt. „Oft wurde ich gefragt: ‚Was willst du damit denn machen?‘“ Was ihm nicht immer leicht fiel, möchte Schober anderen nahelegen: Nicht beirren lassen!“
Es folgte ein weiterer Auslandsaufenthalt.
In Kopenhagen arbeitete er zunächst für World Climate Limited, bevor er dort seinen Doppelmaster „Environmental Management in Europe“ begann.
Zurück zuhause wechselte er nach einer Station im Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverband in die Position als Nachhaltigkeitsmanager bei Hörbiger. Die Firma produziert Bauteile für Industriestandorte auf der ganzen Welt. „Ich bin mit Kolleg:innen aus verschiedenen Departments und Ländern
in Kontakt – etwa wenn ich Daten für unseren Corporate Carbon Footprint Report erhebe –was ich sehr spannend finde.“
Den Nachhaltigkeitsgedanken in der Privatwirtschaft voranzubringen, ist für Schober einerseits reizvoll: „Es ist wichtig, dass Unternehmen sich mit dem Thema auseinandersetzen. Aufgrund immer strengerer Regelungen müssen sie das jetzt auch.“ Andererseits sei das profitgeleitete Denken herausfordernd. „Man kann die positive Wirkung nachhaltiger Entscheidungen nicht immer in Zahlen darstellen. Das zu vermitteln, gelingt manchmal – manchmal aber auch nicht.“
Für seinen Beruf müsse man Enthusiasmus mitbringen. „Dafür ist es umso schöner, wenn man in einzelnen Gesprächen oder Seminaren bemerkt, dass man einen Unterschied machen kann.“ Sinnhaftigkeit im Beruf ist für ihn unverzichtbar.
Nachhaltigkeits manager:innen sind in der Privatwirtschaft zunehmend gefragt
„Ich bin mit Kolleg:innen aus verschiedenen Departments und Ländern in Kontakt, was ich sehr spannend finde“ der Fachbuchhandlung facultas in der Universitätsstraße
Universitätsstraße 12
Lorenz Schober ist Nachhaltigkeitsmanager bei der Firma Hörbiger
Neuer Lehrstoff
Autorin Stefanie Sargnagel hat für ihre neue Theatershow „OPERNBALL“ in den Untiefen der Hochkultur recherchiert: Zwischen Champagner und Rechts-Walzer rutscht sie mit den Reichen und Mächtigen zu Johann Strauss über das harte Society-Parkett. Präsentiert wird die aufschlussreiche Einheit in Staatsbürger-Seelenlehre im Rabenhof Theater. rabenhof.at
The future is female Wie aus kleinen Töchtern große werden: Das Erfolgsmodell „Wiener Töchtertag“ findet heuer zum 24. Mal statt. Schülerinnen ab der 1. Klasse Mittelschule oder Gymnasium sollen an diesem Tag praxisnahe Erlebnisse in den Bereichen Technik, Digitalisierung, Handwerk und Naturwissenschaften erfahren können. Anmeldung online bis zum 7. April. toechtertag.at
Schöner studieren
Primat privat
So ein Affentheater! Ganz schön was los im Dschungel des Lebens. Gut, dass dieses samtige Kissen so gemütlich ist. 39,95 Euro kare.at
Taschentrick Clever durchdacht: Im wasserdichten Rucksack „Aqua AQCR 200“ von ZWEI sind unter der Flappe zwei Haken zum Einklicken in den Gepäckträger versteckt. So kann die Tasche seitlich am Fahrrad transportiert werden. 139,90 Euro zwei-bags.com
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Keine Lust auf schlecht sitzende Jeans?
Ein Besuch bei Magdalena und Markus Budim in ihrem Atelier im Wiener Raimundhof führt dich direkt zur perfekten Denim-Begleitung. Als The Budims beraten sie kompetent und ehrlich in Sachen schicke Hose, Schwerpunkt liegt dabei auf hochwertigen und nachhaltigen Stücken, etwa von Kuyichi, DAWN Denim oder Kings of Indigo. thebudims.com
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Ob sich mit diesem Stoffsackerl Mitleid erregen lässt? Umhängen oder doch lieber nicht hängen lassen und gleich lernen. 9 Euro merchandising.univie.ac.at
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Was machen Klimagärtner:innen? Sie kümmern sich um vertikale Fassadenbegrünung im urbanen Raum oder das Anlegen und Pflegen von Dachgärten. Damit helfen sie unmittelbar dabei, unser Klima zu schützen. Toller neuer Lehrberuf, der eine entscheidende Rolle in der nachhaltigen Stadtentwicklung verspricht! zukun gestalten.wien
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Bewerbung Hoodie hin oder her?
Von Dresscodes bis Soft Skills – Bettina Kohlweiss, Expertin für Stil und Karriere, verrät, warum der erste Eindruck zeitlos wichtig bleibt – und wie man ihn gezielt für sich nutzen kann
Interview: Nicole Spilker
Bettina Kohlweiss ist Beraterin und Trainerin für Stil, Image und Karriere in Wien bettinakohlweiss.at
„Gutes Benehmen ist niemals aus der Mode. Menschen, die höflich mit anderen umgehen, haben definitiv mehr SympathieWerte als unhöfliche“
Mit Köpfchen und Kragen: Was genau zum Erstgespräch getragen wird, ist auch branchenabhängig – wohl ausgewählt sollte es jedenfalls sein
Frau Kohlweiss, die Hoodie-Milliardäre Bezos, Musk und Zuckerberg zeichnen sich nicht unbedingt durch guten Style aus. Sind Äußerlichkeiten im Job überhaupt noch relevant?
Bettina Kohlweiss: Das äußere Erscheinungsbild ist nach wie vor das Erste, was man von einer Person sieht. Daher hat es nach wie vor eine sehr große Bedeutung. Beruflich gesehen ist es natürlich abhängig von der Branche, in der man tätig ist. Ab einem gewissen Grad von Erfolg wird mitunter auch durch bewusste Nichtberücksichtigung von Dresscodes gezeigt, dass man es sich leisten kann, sich nicht daran zu halten.
Wie steht es mit klassischen Umgangsformen à la Knigge?
Kohlweiss: Im Grunde bedeuten gute Umgangsformen ja nur, sich gegenüber Mitmenschen wertschätzend zu verhalten. Gutes Benehmen ist niemals aus der Mode. Menschen, die höflich mit anderen umgehen, haben definitiv mehr SympathieWerte als unhöfliche.
Welche Rolle spielt die Körpersprache?
Kohlweiss: Bevor jemand im Bewerbungsgespräch etwas über die eigenen Kompetenzen, Qualitäten, Erfahrungen oder Erfolge zu erzählen beginnt, sieht man den Menschen. Und der Körper spricht immer. Die Körpersprache ist entscheidend. Eine starke Körpersprache – aufrechte, offene Haltung, Blickkontakt, ein freundliches Lächeln, ein sicherer Gang – wirkt dabei nicht nur auf andere, sondern beeinflusst auch den eigenen Gefühlsstatus.
Was sind die häufigsten Fehler diesbezüglich?
Kohlweiss: Viele machen sich nonverbal klein. Typische Zeichen dafür sind eingezogener Kopf, hängende Schultern, Arme sehr nah an den Körper gedrückt, die Beine beim Stehen einknicken oder beim Sitzen verkrampft verschränken, nach
unten blicken oder Blicken ausweichen. Eine selbstsichere Körpersprache ist genau das Gegenteil: Man gesteht sich selbst Raum ein. Man geht, steht oder sitzt aufrecht, hält Blickkontakt, lächelt, wendet sich mit dem Körper seinem Gegenüber zu, geht auf Menschen zu. Gerade in herausfordernden Situationen ist es wichtig, sich selbst durch eine bewusst starke Körpersprache in eine gute Stimmung zu versetzen. Der Körper beeinflusst Emotionen, Gefühlszustände und somit auch die eigene Selbstsicherheit.
Inwieweit können Soft Skills beim Bewerbungsgespräch eingebracht werden?
Kohlweiss: Zu den Soft Skills zählt man Eigenschaften wie Eigeninitiative, Motivation, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit oder Durchhaltevermögen. Das kann man einem Unternehmen bereits darin vermitteln, wie man mit ihm in Kontakt tritt und kommuniziert und indem man pünktlich, organisiert und vorbereitet zum Bewerbungsgespräch kommt. Oder das Bewerbungsgespräch nicht als „One-way-Kommunikation“ sieht, bei dem man nur Fragen beantwortet und keine stellt, um sich ein Bild vom Unternehmen und Job zu machen.
Hilft es, sich für ein erstes Gespräch fixe Gesprächsbauteile zurechtzulegen – oder siegt die Spontaneität?
Kohlweiss: Aus meiner sehr langen Erfahrung als HR-Managerin und als Karriere-Coachin kann ich sagen, dass die wenigsten Menschen superspontan eine wirklich gute Selbstpräsentation schaffen und überzeugende Antworten finden. Ich kann eine gute Vorbereitung empfehlen. Sie sorgt auch dafür, dass man deutlich weniger nervös in ein Gespräch geht. Aber bitte nicht auswendig gelernt vortragen! Hier ist dann auch Spontaneität wichtig, damit es authentisch wirkt.
Fotos: Andrea Pobst, Adobe Stock
Wie antworte ich auf unangenehme Fragen?
Kohlweiss: Die Frage nach dem Gehaltswunsch wird ja als solche gesehen. Hier braucht es Recherche, um eine gute Antwort geben zu können. Generell empfehle ich, die Selbstpräsentation vorzubereiten. Wenn es schwerfällt, kann ein:e Karriere-Coach:in hier hilfreich sein, damit man sicher in ein Livegespräch geht.
Die größten No-Gos bei Bewerbungsgesprächen:
• Zuspätkommen ohne Entschuldigung. Ungünstig ist aber auch, zu früh da zu sein: Das kann den Ablauf im Unternehmen stören.
• Unhöfliches Verhalten beim Empfang, etwa Mitarbeiter:innen nicht grüßen
• Zur Begrüßung nicht aufstehen
• Lascher Händedruck, kein Blickkontakt
• Unpassende oder schlampige Kleidung
• Aufschneiden oder prahlen mit Kenntnissen und Erfolgen – zu viel Bescheidenheit ist aber auch nicht ideal
• Schlechtreden ehemaliger Arbeitgeber:innen, Chef:innen oder Kolleg:innen
• Unrealistische Gehaltsvorstellungen
• Sagen, dass man keine Schwächen oder Misserfolge hat
• Unwahrheiten im Lebenslauf
• Desinteresse signalisieren, etwa keine Fragen oder Wissen zum Unternehmen haben
• Aggressiv reagieren, wenn eine Frage nicht gefällt
• Kein Dank für die Einladung oder das Gespräch
Sandungssysteme made in Mödling.
Kleider machen Leute: Ab einem gewissen Grad an Erfolg kann man durch Nichtberücksichtigung des Dresscodes seinen Status zeigen
Gleichberechtigung findet nicht nur auf dem Papier und in unseren Köpfen statt. Auch die Gestaltunt von Gebäuden und dem öfffentlichen Raum beeinflusst Denk- und Verhaltensmuster. Wichtig ist etwa die Teilhabe von Frauen und Mädchen am Gestaltungsprozess
Eigentlich wollte Carla Schwaderer Schauspielerin werden. Geboren 1991 in Heidelberg und aufgewachsen in Bregenz, dachte sie lange Zeit, sie würde in die Fußstapfen ihrer Eltern treten, die beide am Theater tätig waren. In ihrer Jugend spielte Carla sogar die Hauptrolle in einer Kinderserie. „Ich hätte deshalb fast die Matura nicht gemacht, weil man ja auch ohne Abschluss Schauspielerin werden kann.“
Die Matura machte sie doch, es folgten Aufnahmeprüfungen an diversen Schauspielschulen. Schnell merkte Schwaderer aber, dass das nicht das Richtige für sie war. Als sie von „Architektur ohne Grenzen“ hörte, war sie sofort begeistert. Den Stimmen, die sagten: „Du warst doch nie besonders gut in der Schule“, zum Trotz begann sie an der Technischen Universität in Wien zu studieren. In einem Massenstudium wie Architektur eine Nummer im System zu sein und Prüfungen nur zu schreiben, wenn sie optimal vorbereitet war, tat ihr gut.
Im Masterstudium setzte Schwaderer den Fokus auf soziale Fragestellungen. „Ich wollte mehr über die gesellschaftlichen Hintergründe von Architektur lernen und herausfinden, wie Architektur und Soziale Arbeit zusammenwirken können, um Ungleichheiten im Raum abzubauen“, erklärt Schwaderer.
Nach sieben Jahren Studium begann sie mit dem berufsbegleitenden Master der „Sozialraumorientierten Sozialen Arbeit“ am FH Campus Wien. Im Gegensatz zum TU-Studium lernte sie hier mit einer wesentlich kleineren Gruppe von etwa 17
Inklusion Wie Architektur Ungleichheiten abbauen kann
Carla Schwaderer vereint Architektur mit sozialer Gerechtigkeit. Sie erforscht, wie durch inklusiven Schulbau Ungleichheiten abgebaut werden können
Menschen. „Es war ein toller Austausch untereinander“, schwärmt Schwaderer heute. „Wir kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen – Bildungswissenschaften, Soziologie und Architektur. Das war sehr inspirierend.“ Das Studium erweiterte ihr Verständnis des Zusammenhangs zwischen Gesellschaft und Raum.
Text: Ruth Kronbichler „Wir müssen Alternativen anbieten und neue Räume für verschiedene Identitäten schaffen“
Nach dem Abschluss des zweiten Masters kehrte Schwaderer mit dreißig Jahren für eine PhD-Stelle an die TU Wien zurück. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit genderinklusivem Planen im Schulbau. Ihr Wissen über Architektur und Soziale Arbeit bildet den optimalen Hintergrund. „Gendern“ schreibt Schwaderer mittlerweile in Klammer, da es ihr um alle Diskriminierungsformen geht. „Ich möchte einen Raum schaffen, der nicht nur den unterschiedlichen Geschlechtern gerecht wird, sondern auch Menschen mit speziellen Bedürfnissen oder Lernschwierigkeiten berücksichtigt.“
Zum inklusiven Planen erklärt Schwaderer: „Gleichberechtigung wäre das große Ziel, da wir Menschen alle ähnliche Potenziale
Carla Schwaderer will inklusive Räume schaffen
haben. Aber an diesem Punkt sind wir noch lange nicht. Mädchen und Jungs werden unterschiedlich sozialisiert, deshalb haben sie auch unterschiedliche Bedürfnisse. Nicht weil sie per se anders sind, sondern aufgrund gesellschaftlicher Normen“, betont sie. Jungs würden dazu ermutigt, laut zu sein und Raum einzunehmen, während Mädchen oft leiser und zurückhaltender seien. In der Pubertät ist dieser Unterschied noch stärker ausgeprägt. „Mädchen suchen oft Rückzugsräume, um sich auszutauschen. Viele haben mir erzählt, dass sie auf die Toilette gehen, um ungestört miteinander zu reden“, erzählt Schwaderer. In ihrer Forschung geht es darum, diese Ungleichgewichte zu erkennen und Lösungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse anzubieten. Dafür führt die 33 Jährige zahlreiche Interviews und gibt Workshops an Schulen. Immer wieder betont sie dabei, wie wichtig es sei, nicht in binären Denkweisen zu verharren. „Wir müssen Alternativen anbieten und neue Räume für verschiedene Identitäten schaffen.“ Schwaderer ist in engem Austausch mit Lehrpersonal und Schulleitungen, um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie der Raum in Schulen erlebt wird. „Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind“, sagt Schwaderer.
Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist ihre größte Leidenschaft. Denn das Arbeiten in einem klassischen Architekturbüro war für sie nie eine Option. Doch Schwaderer betont auch, wie wichtig es ist, praktische Erfahrung zu sammeln, um herauszufinden, was einem selbst wirklich liegt. „Das Architekturstudium bietet viele Perspektiven und bereitet auf unterschiedlichste Wege vor.“
Carla Schwaderer arbeitet praxisorientiert. Ihre Dissertation einfach in der Schublade verstauben zu lassen, ist unvorstellbar für sie. Deshalb veröffentlicht sie kontinuierlich ihre Forschungsergebnisse und reist regelmäßig zu internationalen Konferenzen, um sich mit anderen Expert:innen auszutauschen.
Ihr Ziel: „Ein Leitfaden für (gender)inklusiven Schulbau.“ Aber: „Es gibt immer noch mehr zu tun. Wenn wir etwas erreicht haben, dürfen wir uns nicht darauf ausruhen.“ Der Status quo müsse immer wieder aufs Neue hinterfragt werden, um Räume für alle zu schaffen.
DAS LEBEN LÄSST SICH NICHT PLANEN. DEIN STUDIUM SCHON.
BACHELOR
‣ Aging Services Management
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„Ich wollte herausfinden, wie Architektur und Soziale Arbeit zusammenwirken können, um Ungleichheiten im Raum abzubauen“
@BESUCHEUNS BESTWIENSTAND U39
Uni und Forschung Sensorik im Dienst der Gesundheit
Über Grundlagenwissen in der Technik und Projekte mit Sinnhaftigkeit –
Elisabeth Häusler gibt Einblick in ihre Forschungsarbeit bei Salzburg Research
„An meinem Beruf fasziniert mich das Forschen an Innovationen und dass ich mitgestalten kann, damit neue Technologien sinnvoll genutzt werden“, sagt Elisabeth Häusler von Salzburg Research. Das Forschungsinstitut schlägt die Brücke von der universitären zur industriellen Forschung und unterstützt Unternehmen, innovative digitale Lösungen zu entwickeln. „In der Forschungsgruppe Human Motion Analytics digitalisieren wir menschliche Bewegung mit Sensoren und Wearables. Wir erfassen auch Vitaldaten wie Atmung oder Herzfrequenz. Damit bekommen Menschen beim Sport oder in der Reha direkt Feedback, und das verbessert den Trainingserfolg.“
Die Projekte sind vielfältig: Ein Skischuh mit eingebauter Sensorik gibt via App Feedback zur Fahrqualität, erkennt auch Ermüdung und
senkt so das Unfallrisiko. Sensoren messen den Gang von Prothesenträger:innen im Alltag, das medizinische Personal sieht die Daten und kann zeitnah Korrekturen machen, ohne dass jedes Mal ein Spitalsbesuch nötig ist. Ein kamerabasiertes Trainingsprogramm gibt Übenden zu Hause Feedback, ob sie die Fitnessübungen richtig ausführen. Dazu sagt Häusler: „Wir wollen Menschen ermächtigen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden selbstständig zu verbessern. Deshalb haben wir auch viele Bewerbungen, weil es in unseren Projekten um Sinnhaftigkeit geht. Das interessiert viele junge Leute.“
Nach der Tourismusschule in Klessheim wollte Elisabeth Häusler zuerst BWL studieren, doch der Besuch am Tag der offenen Tür der FH Salzburg änderte für sie alles: „Als Erstes habe ich den Stand für Telekommunikationstechnik gesehen und intuitiv war mein Entschluss da: Das will ich machen. Mit zwei Brüdern, die Elektrotechnik studierten, war ich schon von zu Hause technisch vorbelastet, das war ein Vorteil.“ Die Masterarbeit über ein digitales Touristeninformationssystem führte sie zu Salzburg Research und in die Forschung. Seit der Gründung 2020 leitet Häusler die Gruppe Human Motion Analytics. Gerade hat die dreifache Mutter zusätzlich ihr Doktorat gemacht, mit einer Dissertation über die Anforderungen an die Messgenauigkeit von Sensoren.
Die Voraussetzungen für ein technisches Studium sieht Häusler so: „Lernen und dranbleiben können, denn man braucht Fachwissen. Sich alles mit ChatGPT oder online zusammenzusuchen genügt nicht, wenn es um Grundlagenwissen geht. Natürlich soll es auch Spaß machen, und da ist die größte Herausforderung, bei dem großen Angebot den richtigen Studiengang zu finden.“ Ein Talente Check, etwa von der Wirtschaftskammer, könne eine Richtung aufzeigen. Bei der Auswahl helfe die Frage, ob das Interesse eher bei Hardware wie ChipsEntwicklung, bei Software oder bei Daten, Messungen und Modellen liegt. Elisabeth Häusler rät, mit einer Fachdisziplin zu beginnen und dann
Sensoren helfen auch Feuerwehrleuten im Einsatz: Sie zeigen im Schutzanzug an, wann die Hitze zu groß für den mensch lichen Körper ist
„Sich alles mit ChatGPT oder online zusammenzusuchen genügt nicht, wenn es um Grundlagenwissen geht“
Elisabeth Häusler arbeitet in der Forschungsgruppe Human Motion Analytics an Sensoren, die Menschen im Alltag unterstützen
Text: Michaela Ortis Fotos: wildbild
interdisziplinär und transdisziplinär das Wissen zu erweitern. So macht sie es auch bei ihrer Arbeit: „Wenn wir ein Reha-Projekt machen, holen wir Orthopäd:innen und Reha-Spezialist:innen dazu. Technik ist kein Selbstzweck, aber man braucht immer das Grundlagenwissen und schafft daraus gemeinsam eine innovative Anwendung.“
Die Welt der Sensoren
Ein Lichtstärkemesser in der Smartphone-Kamera sorgt für schöne Fotos, ein piepsender Abstandmesser im Auto hilft beim Einparken, Heizungen schalten sich je nach gewünschter Raumtemperatur ein und aus bzw. beginnen stärker zu heizen, wenn jemand zuhause ist – unbemerkt kommen bei all diesen Beispielen Sensoren zum Einsatz. Diese kleinen Helfer sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es sind gleichsam Fühler, die je nach Anwendung beispielsweise Licht, Druck, Temperatur oder Neigungswinkel messen. Auch unsere Sinnesorgane sind Sensoren: natürliche Fühler, mit denen wir etwa Temperatur und Druck wahrnehmen. Zum Beispiel über die Haut.
Viele Sensoren werden auch in der Industrie verwendet, um in intelligenten automatisierten Fabriken Maschinen zu überwachen und Produktionsprozesse zu steuern. Damit werden Kosten gesenkt und die Produktivität wird gesteigert. Der Einsatz von Sensorik bei Sport und Gesundheit ist ein wachsender Bereich mit viel Potenzial, denn er könnte das Gesundheitssystem entlasten. Damit die von den Sensoren gemessenen Daten genutzt werden können, werden dazu die geeigneten Algorithmen und Modelle erforscht. Sie können etwa Trainierenden beim Sport oder während der Reha Feedback geben.
Your Global Journey Begins in Vienna
Strauss in neuen Dimensionen
Immersiver Spaß ohne staubige Objekte, der die Geschichte des Strauss-Clans beleuchtet. Die Besucher:innen durchwandern mit GPS-getrackten Kopfhörern die Ausstellung und damit die Biografie von Johann Strauss. Ab 20 Euro johannstraussmuseum.at
Teenage Life Style, Kultur und Tiere
Peinlich war mal Weiße Tennissocken –früher ein No-Go, heute ein Accessoire für Styler. Modell „Hauptgebäude“ im UniMerch erhältlich um 9 Euro merchandising.univie.ac.at
Wunderkind und Mörder
Um steile Karrieren und Eifersucht am Arbeitsplatz geht es in der Komödie „Amadeus“. W. A. Mozart, dieses Wunderkind, kommt an den kaiserlichen Hof Josephs II. Der bisherige Kapellmeister Antonio Salieri war auch erfolgreich – aber eben kein Wunderkind. Und kein Superstar. Fast verständlich: In Salieris Position kann man da schon mal zum Mörder werden. Nach einer Tour durch die Volkstheater Bezirke ist „Amadeus“ im Bronski & Grünberg zu sehen. Für Schüler:innen und Studierende zum reduzierten Preis von 15 Euro. bronski-gruenberg.at
Hinter der Fassade Er sucht immer nach der Wahrheit hinter dem Glamour. Und findet sie meist, denn die Stars liefern sich seiner Kamera in Scharen aus. Der Fotograf und Filmemacher Anton Corbijn gehört zu den einflussreichsten Künstlern der Gegenwart, seine ikonischen Plattencover für U2, Nick Cave, Depeche Mode und andere sind Legende. Seine Ausstellung „Favourite Darkness“ ist bis Ende Juni im Bank Austria Kunstforum zu sehen. kunstforumwien.at
Fotos: Philipp Liparsky, Marcel Urlaub, Anton Corbijn
Pflegen & Fegen
Im Sommer bietet der Tiergarten Schönbrunn mit dem Workshop „Pflegen und Fegen“ die Möglichkeit, in die Rolle eines Tierpflegers zu schlüpfen und im Streichelzoo mitanzupacken. Eine gute Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen! Vielleicht ist der Lehrberuf Tierpfleger:in genau das Richtige für dich? Die dreieinhalbstündigen Workshops finden von Juli–August (Mo–Fr), jeweils ab 9 Uhr, statt. 90 Euro (zuzüglich Eintritt) zoovienna.at
Museumsreif
Mit der Bundesmuseen Card ein Jahr lang unbegrenzten Zutritt zu allen Bundesmuseen und den Museen der Nationalbibliothek an 25 Standorten. Von A wie Albertina bis T wie Technisches Museum. Bis 19 Jahre ist der Eintritt sowieso frei. Wie cool ist das denn! 99 Euro bundesmuseencard.at
Kunst: Zeitgenössisch und zukünftig
Postdigitale Kulturen
Nachhaltige und kritische Gestaltung
Transformative Forschung und Bildung
↪ diearchitektur BArch, MArch
↪ diearchitektur | BASEhabitat MA
↪ Bildende Kunst Diplomstudium
Angewandte Kultur- und Kunstwissenschaften Bildhauerei – transmedialer Raum
Die Post bietet in fünf unterschiedlichen Lehrberufen 100 Lehrstellen. Gesucht werden unter anderem Interessierte für den allgemeinen Einzelhandel oder für die Telekommunikation. Auch den Beruf Briefund Paketlogistiker:in könnt ihr ab September erlernen. Als Arbeitgeberin ermöglicht die Post jungen Menschen einen erfolgreichen Start ins Berufsleben mit zahlreichen Benefits abseits des Berufsalltags. Plan P für die Zukunft, klingt gut. post.at/j/c/karriere
Plastik und Environment (ab 01/10/2025)
↪ Fashion & Technology BA, MA
↪ Grafik-Design und Fotografie BA
↪ Industrial Design BA, MA
↪ Interface Cultures MA
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↪ Lehramtsstudien BEd, MEd
Bildnerische Erziehung
Gestaltung: Technik.Textil
Mediengestaltung
↪ Medienkultur- und Kunsttheorien MA
↪ PhD-Programm PhD
↪ Plastische Konzeptionen / Keramik BA, MA
↪ Postdigital Lutherie MA
↪ raum&designstrategien BA, MA
↪ textil·kunst·design BA, MA
↪ Visuelle Kommunikation MA
↪ Zeitbasierte Medien MA
↪ Zeitbasierte und Interaktive Medienkunst BA
↪facebook.com/kunstunilinz
Gegen Zerstörung Ökozid in der Ukraine
Wie Beweissicherung, Naturschutz und Aufarbeitung im Kriegsgebiet funktionieren und welche Ausbildung dafür nötig ist
Die Arbeit der Ukrainian Conservation Group basiert auf dem Einsatz von Freiwilligen und der Unterstützung durch Spenden. Informationen unter: uncg.org.ua/save-wildlife-in-war
Text: Sophie Jaeger in Zusammenarbeit mit dem Dolmetscher Ihor Moshenets
Die Ukraine kämpft an mehreren Fronten um die Zukunft. Während die Welt den Kriegsverlauf an den Fronten verfolgt, arbeiten ukrainische Forschende an der Bewältigung der massiven Umweltschäden, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine verursacht. Als „grünes Herz Europas“ verfügt die Ukraine über eine große Vielfalt an Lebensräumen und Arten. Das Land weist 35 % der Biodiversität Europas und rund 70.000 unterschiedliche Arten auf. Oleksii Vasyliuk, Biologe und Leiter der Ukrainian Nature Conservation Group, erklärt, warum der Krieg für die Biodiversität der Ukraine so gefährlich ist: „Durch die Konzentration der Naturschutzgebiete und Naturparks im Süden und Osten des Landes sind derzeit circa 44 % der besonders schützenswerten Gebiete unter russischer Besatzung.“
„Obwohl Kriege häufig mit verheerenden Umweltzerstörungen einhergehen, wurde noch nie ein Land oder ein Individuum für Kriegsverbrechen gegen die Umwelt verurteilt“
Darunter auch das Biosphärenreservat Askanija-Nowa in der Oblast Cherson. Es bietet durch seine vergleichsweise ursprüngliche Steppenvegetation einen idealen Lebensraum für über 50 seltene Tierarten, darunter Przewalski-Pferde und Saiga-Antilopen. Wie viele weitere Naturschutzgebiete kam das Reservat bereits im Februar 2022 unter russische Besatzung und wurde von öffentlicher Unterstützung abgeschnitten. Die Ukrainian Nature Conservation Group reagierte blitzschnell und organisierte neue Versorgungswege über lokale Logistikunternehmen. So konnte die Versorgung der Tiere gewährleistet werden.
Weniger optimistisch ist der Ausblick für weite Teile des seit fast zehn Jahren umkämpften Donezbeckens („Donbass“). Hier arbeiten Vasyliuk und seine Kolleg:innen vor allem an der Dokumentation der Umweltvernichtung, denn die weitreichende Zerstörung der Donbasser Schwerindustrie hatte fatale Folgen für das Ökosystem. Das Donezbecken ist vom Kohlenbergbau geprägt, im gesamten Gebiet gab es vor dem Beginn des Kriegs im Jahr 2014 220 Minen. Bereits 2021 befand sich die überwältigende Mehrheit dieser Minen in besetzten Gebieten, davon wurden mindestens 39 geflutet.
Fotos: Oleksii Vasyliuk, Mikhail Rusin
Wenn Bergbauschächte unsachgemäß stillgelegt oder zerstört werden, tritt Grundwasser in die Schächte ein. Diese Überschwemmungen haben drastische Auswirkungen auf die Umgebung: Einerseits wird das eintretende Wasser durch die Schwermetallrückstände in den Minen verunreinigt und verseucht so nahegelegene Böden und Gewässer. Andererseits sagen Wissenschaftler:innen Bodensenkungen, Erdbeben und Überschwemmungen voraus, die die Umgebung für die Landwirtschaft ungeeignet machen werden.
Im gesamten Land werden Kläranlagen und Staudämme häufig zum Ziel russischer Attacken. So sind Böden und Grundwasserversorgung auch außerhalb des Donbass in Gefahr. Internationale Schlagzeilen machte zuletzt die Zerstörung des Kachowka-Staudamms am Fluss Dnipro im Sommer 2023. Nach einer Explosion am 6. Juni 2023 brach der Damm, und der über 18 Milliarden Kubikmeter fassende Kachowka-Stausee flutete die Gegend flussabwärts Richtung Cherson. Gefördert im Rahmen des Documenting-Ukraine-Projekts des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen (IWM), beschäftigten sich Oleksii Vasyliuk und seine Kolleg:innen auch mit den Umweltveränderungen durch die Zerstörung des Staudamms. „Durch die Explosion ist der Stausee ausgetrocknet“, erklärt er. „An Ort und Stelle verendete die gesamte lokale Biosphäre.“ Weiter flussabwärts des Dammes lebten vor der Katastrophe circa 70% der endemischen Sandblindmaus (Spalax arenarius). „Nur die Zeit wird zeigen, ob einzelne Exemplare im Flutgebiet überleben konnten“, so Vasyliuk. Weiters sind möglicherweise zwei endemische Ameisenarten ausgestorben, die nur auf den gefluteten Inseln im Fluss Dnipro vorkamen. Auch auf den Salzgehalt des Schwarzen Meeres hatte die Zerstörung des Staudamms Auswirkungen. Es ist davon auszugehen, dass das Flutwasser toxische Schwermetall-Ablagerungen aus dem Stausee mit sich führte, die es flussabwärts und ins Meer gebracht hat.
Oleksii Vasyliuk dokumentiert das neuentstandene Ökosystem im ausgetrockneten Kachowka-Stausee
Ausbildungen zu Ökologie & Katastrophenmanagement
Die Auswirkungen von Kriegen auf die Umwelt beschäftigen uns und nachkommende Generationen. Dagegen kämpfen kann man etwa mit diesen Ausbildungen.
• Postgraduate Center der Universität Wien: Universitätslehrgang und Masterprogramm in Risikoprävention und Katastrophenmanagement
• Universität für Bodenkultur Wien: Bachelorstudiengang Umwelt- und Bioressourcenmanagement
• Central European University Vienna: (gemeinsam mit Lund University, Manchester University, University of the Aegean): MESPOM Masters in Environmental Sciences, Policy and Management
Drastische Eingriffe ins Ökosystem wie die Zerstörung des Kachowka-Damms haben fatale Folgen für Lebensräume und Arten. Daher arbeiten ukrainische Lobbyist:innen aktiv daran, den Begriff „Ökozid“ – Prozesse der vorsätzlichen und langfristigen Umweltschädigung – als Straftatbestand in das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu integrieren. Die Verfolgung von Umweltverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof ist derzeit lediglich unter dem Straftatbestand des Kriegsverbrechens möglich. Und auch das nur in der Theorie: Obwohl Kriege häufig mit verheerenden Umweltzerstörungen einhergehen, wurde noch nie ein Land oder ein Individuum für Kriegsverbrechen gegen die Umwelt verurteilt. Wäre Ökozid ein Straftatbestand, könnten russische Kriegsverbrecher nach dem Ende des Krieges möglicherweise leichter für ihre Verbrechen gegen die Umwelt zur Rechenschaft gezogen werden.
Lektüre Bücher, die bilden
Fünf Bücher, deren Lektüre mindestens so spannend ist wie das tägliche Social-Media-Scrolling. Und die Möbel, die das Leseerlebnis perfekt machen
Empfehlungen: Linn Ritsch
Kenntnisse vertiefen, querbeet lesen, aktuelle Themen verstehen, schmökern oder ganze Wälzer verschlingen … Was wäre das Leben ohne Sachbücher und Philosophie? Genau: traurig. Wir stellen fünf Titel vor, die zum Weiterdenken anregen. Und wir empfehlen Dinge, die das bieten, was (fast) alle zum Lesen brauchen: Licht, Behaglichkeit und Kaffee.
Christoph Thun-Hohenstein: Klimaresonanz (Spector Books) Ist der Planet noch zu retten – und vielleicht auch die Menschheit? Ja, sagt Christoph Thun-Hohenstein, Leiter der Sektion für Internationale Kulturangelegenheiten und Initiator der Wiener Klimabiennale. Und zwar durch Klimaresonanz, Kreislaufwirtscha und eine Ausrichtung am Gemeinwohl statt an der Konsumsteigerung. Wer kann Ideen für ein solches Gesellscha smodell entwickeln? In diesem Buch lautet die Antwort: Künstler:innen. Was das genau heißt, wird anschaulich mit Text und vielen bunten Grafiken erklärt.
Davi Kopenawa, Bruce Albert: Der Sturz des Himmels (Matthes & Seitz) Den Anthropologen Bruce Albert und Davi Kopenawa, Schamane aus dem Volk der Yanomami, verbindet eine lange Freundscha . Sie führten Gespräche, die Albert in einem Buch zusammenfasste. Kopenawa ist einer der wichtigsten Fürsprecher seines Volkes, das im Amazonasgebiet lebt. Seinem Freund erzählt er von den Traditionen der Yanomami und der Ausbeutung ihres Lebensraumes. Durch Alberts kunstvolle Übertragung ermöglicht es dieser Text, in eine Denkund Sprechweise einzutauchen, die uns völlig fremd ist.
Neuer Spin Bücherwurm tri Drehwurm: Sessel „LAUREEN“ mit angenehmer Nackenstütze sorgt für schwungvolle Lektüre. wk-wohnen.de
Klasse Tasse
Perfekt für Kaffee, Tee und unseretwegen sogar Buchstabensuppe: Steinzeug-Becher „Nódoa“ mit Sonnenaufgang-Farbverlauf. motelamiio.com
Strahlend schön
Beim Lesen gehen Lichter auf – mit der kabellosen „Poldina“ sogar wortwörtlich. Die 38 cm große LED-Lampe kann im Innensowie Außenbereich eingesetzt werden. zaff eranoitalia.com
Bianca Jankovska: Potenziell furchtbare Tage (Haymon)
Die Bloggerin und Journalistin Jankovska fragt sich hier, warum es bei Arbeitgeber:innen immer noch nicht angekommen ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung einmal im Monat menstruiert – und dass diese Tatsache großen Einfluss auf die menstruierenden Personen hat. Immer noch wird von Frauen verlangt, dass sie funktionieren sollen, auch wenn sie physisch und psychisch eingeschränkt sind. Jankovska erzählt von ihren Schwierigkeiten mit dem System und zeigt, was strukturell nicht funktioniert und wie man das ändern kann.
Byung-Chul Han: Krise der Narration (Matthes & Seitz)
Einer der berühmtesten deutschen Philosophen der Gegenwart ist Koreaner. Byung-Chul Han, geboren in Südkorea, studierte Philosophie in Freiburg und München. 2010 wurde er durch seinen Essay „Die Müdigkeitsgesellscha “ bekannt. Auch in seinen folgenden Werken kritisiert Han unsere Konsumgesellscha . So auch in diesem Band über die Art, wie wir Erzählungen nutzen. Storytelling ist nur eine weitere Form des Konsums, argumentiert Han. Er spürt der Frage nach, wann wir Geschichten ihren Sinn genommen haben.
Judith Kohlenberger: Gegen die neue Härte (dtv) Es ist einiges im Argen auf unserem Planeten. Unruheherde und der Klimawandel führen weltweit zu Fluchtbewegungen. Die Kulturwissenscha lerin Judith Kohlenberger beschä igt sich mit Fluchtmigration und Integration, mit Displaced Persons und Krisennarrativen. In ihrem neuesten Buch stellt sie ein Versagen der Gesellscha voran, nicht ohne dann Lösungsvorschläge und Wege aus der Krise zu finden. Ein Plädoyer, den drängenden Fragen von Migration und Flucht die Stirn zu bieten – mit Menschlichkeit.
Äußerst tragbar
Auf dem Beistelltisch „Summertime“ kann ein Buch geparkt werden, am Henkel lässt er sich dorthin transpor tieren, wo er gebraucht wird. bertplantagie.com
Das hat System
Bei Tylko können Bücherregale nach Wunsch gestaltet werden. Die Ordnungshüter lassen sich auch mit Türen und Schubladen ergänzen und kommen in tollen Farben – etwa diesem Himmelblau. tylko.com
International Quo vadis, Erasmus+?
Erasmus gibt es seit 1987. Heute beherbergt das Programm unter dem Namen Erasmus+ tausende Projekte für weltweite Mobilität und Zusammenarbeit. Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Text: Linn Ritsch
Letztes Jahr radelte der Erasmus-Student Fabian aus Graz in dreißig Tagen von seiner Heimatstadt bis Lissabon. Mit nur mehr einem funktionierenden Gang, aber keineswegs entmutigt kam er am Ziel an, wo er einen Studienkollegen traf. Der Freund war ebenfalls mit dem Fahrrad zu seinem Auslandssemester in der portugiesischen Hauptstadt gefahren – aus Köln.
Solche Geschichten seien der inspirierendste Teil seiner Arbeit, sagt Ernst Gesslbauer, Direktor der Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätscorps im OeAD. In Österreich ist der OeAD, die Österreichische Agentur für Bildung und Internationalisierung, für die Abwicklung von Erasmus+ zuständig. Er verwaltet und verteilt europäisches und nationales Erasmus-Budget, kümmert sich um möglichst reibungsfreie Projektabläufe und ist Ansprechpartner bei allen Fragen zu Erasmus+.
An den OeAD kann man sich als Erasmus-Teilnehmer:in aus Österreich auch wenden, wenn es um umweltfreundliche Mobilität von Erasmus+ geht: Diese wird nun besonders gefördert. Fürs Zugfahren und Fahrradfahren gibt es mehr Geld als fürs Fliegen.
Im Fokus: Umwelt, Demokratie, Inklusion, Digitales
Das Thema Green Erasmus ist eine von vier Prioritäten, die für die aktuelle Finanzierungsperiode festgelegt wurden. In mancherlei Hinsicht wohl das komplizierteste, schließlich geht es bei Erasmus+ in erster Linie um physische Mobilität: Seit Erasmus 1987 gegründet wurde, nahmen mehr als 15 Millionen
„Wir haben im vergangenen Jahr Geld an 35.800 Menschen vergeben –das ist eine Einladung an alle“
Menschen daran teil und verbrachten einen Zeitraum außerhalb ihres Heimatlandes.
Was als Programm für Kooperation und Austausch zwischen europäischen Universitäten begann, versammelte immer mehr Ideen unter einem Dach: Seit 2014 gibt es das Folgeprojekt Erasmus+, das Jugendlichen ebenso offensteht wie Studierenden, Lehrlingen, Erwachsenen in Ausbildung, Lehrenden und Sporttrainer:innen. Erasmus+ befindet sich derzeit in seiner zweiten Periode. In den Jahren 2021 bis 2027 wurden und werden neben Klimaschutz auch aktive Teilhabe am demokratischen Leben, Inklusion und Vielfalt sowie digitaler Wandel in den Mittelpunkt gerückt. „Die vier Fokuspunkte sind keine leeren Ankündigungen“, sagt Gesslbauer. „Hier bewegt sich wirklich etwas.“ Etwa im Bereich Inklusion: Um zu gewährleisten, dass niemand aus geografischen, familiären, religiösen, sozialen oder ethnischen Gründen aus dem Programm ausgeschlossen wird, werde viel Geld in die Hand genommen. „Bildungsstätten informieren uns etwa darüber, dass eine Person, die ihr Kind mit ins Ausland nehmen muss, zusätzliche Unterstützung braucht. In diesem Fall zahlen wir die Echtkosten.“ Über fünfzehn Prozent der Erasmus+ Teilnehmer:innen fallen jetzt in Inklusionsgruppen. „Darauf sind wir stolz“, so Gesslbauer.
Ernst Gesslbauer ist Direktor der Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätscorps im OeAD
Seit der Gründung des Mobilitätsprogramms Erasmus nahmen mehr als 15 Millionen Menschen daran teil und gingen für Aus- und Weiterbildung ins Ausland
Schulbildung sind es 6.800, in der Berufsbildung 3.600. Ebenso wichtig, aber bislang deutlich kleiner sind die Bereiche Erwachsenenbildung, Lehrlinge und Sport. Hier erreiche man aber von Jahr zu Jahr mehr Menschen, sagt Gesslbauer.
Erasmus im Pass und andere Zukunftswünsche
Das Wachstum des Riesenprogramms Erasmus+ lässt sich mit Zahlen belegen: Für die aktuelle Finanzierungsperiode stehen mehr als 26 Milliarden Euro zur Verfügung, das Budget hat sich damit im Vergleich zur letzten sechsjährigen Periode fast verdoppelt.
Ein Großteil davon wird für Mobilität und Austausch innerhalb der EU verwendet. In der kommenden Periode ab 2028 wird ein stärkerer Fokus auf Kooperationen liegen, die darüber hinausgehen. Osteuropäische Staaten, die derzeit EU-Beitrittsstatus besitzen, werden schon jetzt vermehrt in Eramus+-Programme eingebunden. Auch die Schweiz soll wieder Teil der Erasmus+-Länder werden. Die Möglichkeiten, weltweit an Erasmus+ teilzunehmen, werden ebenfalls vielfältiger. „Wir sind zum Beispiel in intensivem Austausch mit afrikanischen Ländern“, erklärt Gesslbauer.
Zum Thema Demokratie und bürgerschaftliches Engagement gab es im Superwahljahr 2024 besonders viele Projekte. Auch sind die Modelle zum digitalen Lernen deutlich ausgebaut worden.
Wer an Erasmus+ teilnehmen kann: alle Überhaupt werden die Optionen, an Erasmus+ teilzunehmen, immer vielfältiger. Die Nachfrage nach Schulmobilität wuchs hierzulande am schnellsten, erklärt Gesslbauer. Gemeint sind Einzelmobilitäten von bis zu einem Jahr und Gruppenfahrten ins Ausland – meist in Form eines Klassenaustausches. „Wir hoffen, dass uns hier in Zukunft noch mehr Geld zur Verfügung steht. In die Schule müssen alle gehen, so können besonders viele Menschen erreicht werden.“
Wichtig für den OeAD sind aber auch informelle Jugendgruppen, also etwa Vereine. Hier hat Österreich vergangenes Jahr ein Pilotprojekt gestartet: Mit minimalem bürokratischen Aufwand konnten Projekte für die Finanzierung mit sogenannten Mikrofonds von bis zu 1.000 Euro eingereicht werden. „Die Resonanz war hervorragend“, sagt Gesslbauer. Bei den Jugendgruppen, aber auch in der Europäischen Kommission. „Während wir zunächst Überzeugungsarbeit leisten mussten, wird die Idee unter dem Namen ‚Tiny Projects‘ jetzt auch in anderen Ländern aufgenommen.“
Auch in Österreich wächst das Programm. 2024 gab es mehr als 75 Millionen Euro, fast dreimal so viel Geld wie vor zehn Jahren. „Wir haben im vergangenen Jahr Geld für 35.800 Menschen zur Verfügung gestellt – das ist eine Einladung an alle“, sagt Gesslbauer. Immerhin wurden damit mehr als halb so viele Menschen erreicht, wie im selben Jahr in Österreich geboren wurden (77.600). Zwar ist Luft nach oben, findet Gesslbauer. Wünschenswert sei, dass zukünftig wirklich alle Europäer:innen an Erasmus+-Projekten teilnehmen können. Aber man sei auf einem guten Weg. „Erasmus ist zur Selbstverständlichkeit geworden, viele Organisationen denken gar nicht mehr ohne diese Möglichkeit.“ Um diese Selbstverständlichkeit noch mehr zu verankern, wünscht sich Gesslbauer einen Erasmus-Stempel in europäischen Pässen. „Das hätte symbolische Bedeutung, jede:r könnte damit sagen: ‚Ich darf an diesem Programm teilnehmen, ich gehöre zu Erasmus+.‘“
Den mit Abstand größten Teil von Erasmus+ machen immer noch Hochschulmobilitäten aus: In Österreich gibt es in diesem Bereich durchschnittlich 10.400 Mobilitäten im Jahr. Zum Vergleich: In der
„Erasmus ist zur Selbstverständlichkeit geworden, viele Organisationen denken nicht mehr ohne“
Weiterbildung Der Motor im Hamsterrad
Der Wunsch nach Weiterbildung hat unter Arbeitnehmer:innen zuletzt zugenommen. Durch rasanten Fortschritt in vielen Bereichen ist ständiges Lernen neuer Inhalte unverzichtbar
Carina Berger arbeitet in einer Rechtsabteilung und nimmt an einem Programm zu Medienrecht teil
Thomas Ratka leitet das Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Uni Krems
Carina Berger, Teamleiterin für Vertrags- und Vergaberecht in einer Rechtsabteilung, nimmt seit Oktober 2024 berufsbegleitend am LL.M.Programm in Informations- und Medienrecht am Postgraduate Center der Universität Wien teil. „Ich habe mich dazu entschieden, weil mich die Kombination aus Recht und IT begeistert“, erzählt Berger. „Das Programm vermittelt Know-how zu Themen wie der Informationstechnologie, IT-Forensik und künstlicher Intelligenz. Diese Kenntnisse sind für meinen beruflichen Bereich von zentraler Bedeutung, da in Zukunft ein umfassendes IT-Verständnis erforderlich sein wird.“
Vereinbarkeit von Beruf und Studium
Dank geblockter Vorlesungen am Wochenende und einzelner Intensivwochen kann Berger ihr Studium gut mit ihrer Arbeit vereinbaren. „Die meisten Lehrveranstaltungen werden zudem hybrid angeboten, was besonders praktisch für meine Kolleg:innen aus Deutschland ist, die online teilnehmen können“, erklärt sie. Dennoch schätzt Berger den persönlichen Austausch während der Präsenzwochen an der Uni: „Ich denke, dass bei postgradualen Programmen das Netzwerk ein wichtiger Faktor ist. Meine Kolleg:innen kommen oft aus unterschiedlichen Bereichen wie IT, Rechts- oder Kommunikationswissenschaften, was den Austausch besonders interessant macht.“
Berufsbegleitende Studien bieten vieles online – aber auch Lehrveranstaltungen vor Ort sind oft Teil des Programms. Sie finden meist geblockt statt
„Wir achten darauf, die Lehrveranstaltungen abends und am Wochenende sowie online anzubieten“
Auf die Vereinbarkeit mit dem Beruf legt auch das Postgraduate Center der Universität Wien Wert, das derzeit 70 Programme anbietet. „Wir achten darauf, die Lehrveranstaltungen abends und am Wochenende sowie online anzubieten, damit diese neben dem Beruf absolviert werden können“, ergänzt Tanja Prinz vom Postgraduate Center. Die Programme finden in Kleingruppen von bis zu 30 Personen statt, sodass die Teilnehmer:innen sowohl von der persönlichen Betreuung als auch vom Networking profitieren können. Im Wintersemester 2024/25 nahmen rund 3.100 Personen an den Weiterbildungsprogrammen des Postgraduate Centers teil, viele davon waren Frauen.
Lehrgänge, die sich besonders gut mit der Arbeit vereinen lassen:
Uni Wien, Postgraduate Center: Klinische Pharmazie wird in einer Mischung aus Onlineund Präsenzlehre unterrichtet und ist modular (stackable) in Zertifikatskursen absolvierbar.
Human Rights (LL.M.) und Arbeitsrecht (LL.M.) bieten ein hybrides Lehrangebot, d. h. gleichzeitige Online- und Präsenzteilnahme ist möglich.
Universität Krems:
Hier gibt es einige Studien, die asynchrone Inhalte anbieten, also Lehrveranstaltungen, die zwar stattfinden, aber aufgezeichnet werden. Ein Beispiel: das rein online stattfindende Studium International Business Law (LL.M.), dessen Studierende sich über den ganzen Globus verteilen.
Text: Sophie Hanak
Fotos: Post AG, Walter Skokanitsch, derknopfdruecker
Tanja Prinz ist Leiterin des Postgraduate Program Management an der Uni Wien
Für Aus- und Weiterbildung sind die Bereiche Wirtschaft, Rechtswissenschaften, Digitalisierung, Medizin und Pflegewissenschaften beliebt. Büffeln muss man in all diesen Fächern – zuhause vor dem Laptop oder in der Biblothek
Trotz der Vorteile solcher Programme gibt es für Studierende auch Herausforderungen, insbesondere finanzielle. Viele können nicht abschätzen, wann sich die Investition in die Weiterbildung bezahlt macht. „Die Teilnahmegebühren werden entweder privat gezahlt, von den Arbeitgebern übernommen oder durch Förderungen unterstützt“, sagt Prinz. Für Frauen, die häufig den Großteil der Care-Arbeit leisten, ist das besonders herausfordernd. Dennoch haben die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich bei Bedarf beurlauben zu lassen.
Eine weitere Möglichkeit zur Fortbildung in Österreich bietet die Universität für Weiterbildung Krems mit einem breiten Angebot an Weiterbildungsstudien und -programmen in unterschiedlichen Fachrichtungen. „Beliebt sind die Bereiche Wirtschaft, Rechtswissenschaften, Digitalisierung, Medizin und Pflegewissenschaften“, berichtet Thomas Ratka, Leiter des Departments für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen an der Universität für Weiterbildung Krems.
Neuorientierung in der Lebensmitte
Die Gründe für eine Weiterbildung sind vielfältig: von der Notwendigkeit eines beruflichen Umstiegs über den Erwerb neuer Kompetenzen bis hin zum Wunsch nach einer vollständigen Neuorientierung. Ein nicht zu unterschätzender Anteil der Studierenden ist 30 Jahre alt oder älter. „Nicht alle hatten die Gelegenheit, direkt nach der Schule zu studieren. Wirtschaftliche oder familiäre Gründe stehen oft im Weg“, erklärt Ratka. „Die soziale Dimension des Studierens in der Lebensmitte sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden. Nach Jahren der Berufsroutine entsteht häufig der Wunsch nach etwas völlig Neuem.“
Die Pandemie hat Weiterbildung verändert und erweitert. „COVID-19 hat die Lehre um mindestens zehn Jahre in die Zukunft katapultiert, indem es den Einsatz digitaler Medien forcierte“, betont Ratka. Heutzutage finden Lehrveranstaltungen in einer Kombination aus Präsenz-, Online- und Hybridformaten statt, die maximale Flexibilität und Vereinbarkeit mit Beruf und Familie gewährleisten. „Früher war Abendschule angesagt, heute sind Blended Learning-Formate vorherrschend“, sagt Ratka. Präsenz-
veranstaltungen bleiben jedoch für praktische Übungen von großer Bedeutung.
Entscheidet man sich dafür, neben dem Beruf in Weiterbildung zu investieren, dann ist es wichtig, das familiäre und berufliche Umfeld im Vorfeld einzubeziehen. „Weiterbildung ist nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein zeitliches Investment, weshalb eine sorgfältige Studienwahl entscheidend ist,“ sagt Ratka.
„COVID-19 hat die Lehre um mindestens zehn Jahre in die Zukunft katapultiert“
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Kommentar: Weiter denken
School’s Out!
Oder welche Bildung brauchen wir?
Ideen aus der Umweltbildung haben nicht nur zu mehr Wissen über Klima und Umweltschutz in der Bevölkerung beigetragen, sondern auch das Bildungssystem in Österreich verändert. Dieses ist allerdings bei Weitem noch nicht herausragend
seinsbildung im Klimaschutzministerium geleitet, unterrichtet an Hochschulen und ist Kolumnist des „Falter“
„Ich versetzte mich in meine Schulzeit zurück und schaute auf die Uhr. Noch drei Minuten bis zum Beginn der dreimonatigen Sommerferien. Die Sekunden vergingen. Ich erinnerte mich gut daran, wie erwartungsvoll ich gewesen war. Konnten wir einen Song schreiben, der diese letzten, entscheidenden drei Minuten des letzten Schultages einfing?“
Der Rockstar Alice Cooper konnte und schuf mit dem Song „School’s Out“ eine rebellische Hymne gegen das starre, autoritäre Bildungssystem in den Schulen der 1970er-Jahre. Seitdem hat sich viel geändert. 1996 rief die Europäische Union ein „Jahr des lebensbegleitenden Lernens“ aus und 2004 wurde im Regierungsprogramm Österreichs „lebensbegleitendes Lernen“ als Schwerpunkt festgeschrieben, der vor allem auf die Selbst- und Informationskompetenz jedes Menschen abzielt.
abzuprüfen, stehen seitdem zunehmend Lehrprinzipien wie Interdisziplinarität, Multiperspektivität und Selbstreflexion von Werten und Grundhaltungen im Vordergrund. Das ist sehr wichtig, da Bedeutungen und Verständnis von Sachverhalten oder Ereignissen in sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kontexten besprochen werden müssen, damit Lernende Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt herstellen können.
Umweltbildung hat sich von ihrem anfänglichen ökologischen Fokus zu einer Idee mit gesamtgesellschaftlich transformativem Anspruch weiterentwickelt.
„Umweltbildung hat sich von ihrem anfänglichen ökologischen Fokus zu einer Idee mit gesamtgesellschaftlich transformativem Anspruch weiterentwickelt“
Ein wesentlicher Einfluss auf die Gestaltung der Lehrpläne kam dabei aus der Umweltbildung. In den Wirtschaftswunderjahren der Nachkriegsgesellschaft wurde der Bildungsbegriff kritisch reflektiert: Er pendelte zwischen dem Bedarf an neuen fachlich-technischen Kompetenzen, die seitens der Wirtschaft gefordert wurden, und einer stark werteorientierten Neuorientierung, um die autoritär-faschistische Gesellschaft der NS-Diktatur zu überwinden. Zeitgleich erwachte eine zivilgesellschaftliche Umweltbewegung, die die toxischen Auswirkungen der Industriegesellschaft erstmals wahrnahm und thematisierte. Auch die Schulen reagierten darauf, indem fächerübergreifender, projektorientierter und kooperativer Unterricht nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch im Freiland ermöglicht wurde. Statt primär Fakten vorzutragen und
Doch trotzdem – oder sogar deswegen – endet das offizielle Verständnis von Bildung im formalen Schulwesen. Da nach Schätzungen der UNESCO etwa 70 bis 90 Prozent der Lernprozesse Erwachsener außerhalb von formalen Bildungsinstitutionen stattfinden, wird Bildung für die Umwelt des 21. Jahrhunderts zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, zu der alle öffentlichen Einrichtungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen beizutragen haben. Dieser Auftrag kann nicht nur auf einem Bildungsministerium lasten, noch sollten die Agenden bürokratisch zwischen Bund und Ländern zerrieben werden.
Gerade in unseren zunehmend disruptiven Zeiten ist Bildung für eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung wichtiger dann je. Daher in Anlehnung an den berühmten Satz in Schillers Theaterstück „Don Carlos“: „Geben Sie Bildungsfreiheit, Sire!“ Bildungseinrichtungen brauchen Autonomie, außerschulische Bildungsinitiativen eine gesicherte Finanzierung und Lernende wie Lehrende profitieren von vereinfachter Bürokratie.
Peter Iwaniewicz hat die Abteilung Nachhaltige Entwicklung und Bewusst-
Text: Peter Iwaniewicz
Foto: Nini Tschavoll
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