FALTER
Nr. 41a/21
Viennale 21 Die besten Filme. Alle Termine
FOTO AUS JULIA FUHR MANNS KURZFILM „RIOT NOT DIET“ / SAMMLUNG ÖSTERREICHISCHES FILMMUSEUM
Monografie Terence Davies Interview Mia Hansen-Love Retrospektive Film as a Subversive Art 2021 Filme von Maria Speth, Paul Schrader, Anita Rocha da Silveira Kino im Hausarrest Das Filmlexikon Kurzkritiken, Tipps und alle Termine von 21. bis 31.10. Falter Zeitschri˜ en GmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, WZ 02Z033405 W Österreichische Post AG, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien, laufende Nummer 2822/2021
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Aquele Querido Mês de Agosto, Por tugiesischer Sommer, OmeU
A nna, Italienische Drogen-Cinéma vérité, OmeU
Capturing The Friedmans, Doku über Unschuldsvermutung und Sippenhaft , OF
Curling, Franko-kanadische Reminiszenz an Psycho, OmeU
El Sicario, Room 164, Ein mexikanischer Auftragskiller pack t aus, OmeU
Foreign Par ts, Gentrifizierungsdoku aus New York , OF
Half Nelson, Auf wühlendes Highschool Drama mit Ryan Gosling, OF
O Som Ao Redor, Kleinbürgerlichkeit und Kleinkriminalität , OmeU
Le Roi De l’Évasion, Schwuler Ver treter entdeck t seine Heterosexualität , OmeU
Hashoter, Polizeidrama um inner-israelischen Terror, OmeU
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De Jueves A Domingo, Familienurlaub mit Hindernissen, OmeU
Cour t , Indisches Gerichtssaaldrama, OmeU
The Color Wheel, Facettenreicher Slacker/Nerd-Roadtrip, OF
Åter träffen, Experimentelles Klassentreffen in Schweden, OmeU
L’Inconnu du Lac, Schwules Cruising im hochsommerlichen Frankreich, OmeU
A Little Closer, Ländliches Drama um eine alleinerziehender Mutter, OF
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Vorwort
Inhalt
Liebe Leserin, lieber Leser!
Geheimnisvolles Kino Sehr besonders, ganz alltäglich: zwei oder drei Hinweise auf Filme bei der Viennale V’21
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Stolz und Widerstand Terence Davies reist mit seinen Filmen in die Vergangenheit, um von der Gegenwart zu erzählen
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Klassenkampf, Kartenspiel, Krankenhaus Filme mit Horror-Anleihen aus Deutschland, den USA und Brasilien
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FOTOS: VIENNALE (7)
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as Plakat der Viennale 2021 zeigt den Blick auf eine Naturlandschaft: ein faszinierendes Bild, das dazu aufruft, unsere geografi chen und gedanklichen Grenzen in dieser Zeit tiefgreifender Veränderungen unserer Gewohnheiten und Bezugspunkte neu zu ziehen. Die Landkarte ist nicht das Territorium, wie wir wissen, aber gerade deshalb ist sie ein wirkungsvolles Werkzeug, weil sie sowohl eine Darstellung als auch eine Projektion ist, die auf Beobachtung, aber auch auf Vorstellungskraft beruht. Hier gibt es also eine Verwandtschaft mit dem kinematografi chen Apparat, der unsere Zeit durch die subjektiven Sichtweisen der Autor*innen liest und sich mit den Wahrnehmungen und Erfahrungen der Zuschauer*innen multipliziert. Es wird ein genussvoller Oktober für alle, die das Privileg haben, in Wien zu leben, einer Stadt, die ihre kulturellen Stätten bewahrt und es ermöglicht, sie als Ort der Gemeinschaft zu erleben. Und diese Stadt hat die Viennale. Um uns an das Kino als eine subversive Kunst zu erinnern.
Herzlich,
Monströses Patriarchat Im feministischen Retro-Horror „Medusa“ spielt Mari Oliveira eine junge Frau, die die Seiten wechselt
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Kino im Hausarrest Die neuen Filme von Gaspar Noé, Claire Simon oder Benoît Jacquot erkunden Innenwelten
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Die Insel in mir Mia Hansen-Løve im Gespräch über die vergnügliche künstlerische Paartherapie „Bergman Island“
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Timetable Alle Filme auf einen Blick: der Falter-Plan zur Viennale 2021
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Richtung Zukunft mit Bedacht Zwei dokumentarische Arbeiten widmen sich der Lebensrealität der jungen Generation
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Eine filmische Kartografie der Gegenwart Was könnte „Film als subversive Kunst“ 2021 heißen? Sechs Kurator*innen versuchen eine Antwort
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Lexikon Empfehlungen der Redaktion und Kurzbeschreibungen aller Filme der Viennale ’21 von A–Z
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Impressum
Eva Sangiorgi, Direktorin Viennale
Falter 41a/21 Herausgeber: Armin Thurnher Medieninhaber: Falter Zeitschriften GmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1010 Wien, T: 01/536 60-0, E: wienzeit@falter.at, www.falter.at Redaktion: Michael Omasta Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Layout: Marion Großschädl, Andreas Rosenthal; Lektorat: Helmut Gutrbrunner, Patrick Sabbagh; Geschäftsführung: Siegmar Schlager; Anzeigen: Sigrid Johler Druck: Passauer Neue Presse Druck GmbH, 94036 Passau DVR: 047 69 86. In Kooperation mit der VIENNALE. Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter ständig abrufbar.
Ticketinformationen TICKETVERKAUF ab 16. Oktober 2021, 10 Uhr
TICKETS ONLINE 16. bis 31. Oktober
(Bezahlung per Online-Banking, PayPal, Kreditkarte) viennale.at
Es gibt die Möglichkeit online gekaufte Tickets als Print-at-home-Tickets ausgedruckt oder am Display Ihres Smartphones beim Kinoeinlass vorzuweisen. Der Print-at-home-Service steht für ermäßigte Tickets nicht zur Verfügung. Ermäßigte Tickets können online gekauft werden, müssen jedoch an derVorverkaufsstelle oder in den Viennale Kinos abgeholt werden.
TICKETS PER TELEFON 16. bis 31. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr
(Bezahlung nur per Kreditkarte)
TICKETVERKAUF IN DEN FESTIVALKINOS
STUDENTS’ DAYTIME TICKET UM € 6,50
21. bis 31. Oktober
Für alle Vorführungen vor 17.30 Uhr erhalten Student*innen, Schüler*innen, Lehrlinge sowie Präsenz- und Zivildiener unter 27 Jahren – gegen Vorweis des entsprechenden Ausweises – ab 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn ermäßigte Tickets um € 6,50 an der Kinokassa. Sollten für eine Vorstellung vor 17.30 Uhr nur noch Resttickets vorhanden sein, sind diese bei Verfügbarkeit ebenfalls zum ermäßigten Preis erhältlich.
Geöffnet ab einer Stunde vor Beginn der ersten bis zum Beginn der letzten Vorstellung (Barzahlung, Bankomat oder Kreditkarte) Gartenbaukino Stadtkino im Künstlerhaus Urania Österreichisches Filmmuseum Metro Kinokulturhaus
Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.
RESTTICKETS BEI AUSVERKAUFTEN FILMEN
TICKETPREISE
NUR ZUGEWIESENE SITZPLÄTZE
Normalpreis
Einzelticket Ab 10 Tickets Ab 20 Tickets
€ 9,50 € 9,— pro Ticket € 8,30 pro Ticket
01/526 594 769
Per Telefon bzw. online gekaufte Tickets sind an der Vorverkaufsstelle oder in den Viennale Kinos abzuholen. Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.
VORVERKAUFSSTELLE GARTENBAUKINO (Bar, Bankomat oder Kreditkarte)
Ticketermäßigungen
Einzelticket Ab 10 Tickets Ab 20 Tickets
€ 9,— € 8,50 pro Ticket € 7,80 pro Ticket Debitcard
Ermäßigungen erhältlich mit entsprechendem Nachweis.
16.–20. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr
(21. Oktober 10 bis 17 Uhr) Bei großem Andrang werden am 16. 10. Wartenummern ausgegeben.
30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für Resttickets ausgegeben. Aufgrund der COVID-19 Sicherheitsmaßnahmen werden für alle Vorstellungen ausschließlich zugewiesene Sitzplätze vergeben.
KEIN NACHEINLASS NACH BEGINN DER VORSTELLUNG Aufgrund der COVID-19 Sicherheitsmaßnahmen verlieren die Tickets mit Vorstellungsbeginn ihre Gültigkeit. Kein Einlass für Zuspätkommende nach Vorstellungsbeginn.
TICKETVERKAUF FÜR DIE RETROSPEKTIVE Ab 16. 10. sind Tickets für die während der Viennale gezeigten Filme (22.–31. 10.) an allen Viennale Kassen, online und telefonisch erhältlich. Es gelten die Preise der Viennale. Für Mitglieder des Filmmuseums gelten die Preise des Filmmuseums (nicht bei Onlinekauf).
VIENNALE LOCATIONS VORVERKAUFSSTELLE Gartenbaukino 1., Parkring 12 (U3 Stubentor • U4 Stadtpark)
VIENNALE KINOS Gartenbaukino 1., Parkring 12 (U3 Stubentor • U4 Stadtpark)
Stadtkino im Künstlerhaus
1., Akademiestraße 13
Die Viennale und COVID-19
(U1, U4 Karlsplatz)
Urania 1., Uraniastraße 1 (U1, U4 Schwedenplatz)
Österreichisches Filmmuseum
1., Augustinerstraße 1 (U1, U4 Karlsplatz)
Ihr Besuch bei der Viennale 2021 soll möglichst sicher und angenehm sein! Deswegen haben wir gemäß der COVID-19 Verordnung der Stadt Wien in Abstimmung mit den Behörden ein Präventionskonzept entwickelt. Da es leider auch kurzfristig zu Anpassungen durch Änderungen der Verordnung kommen kann, bitten wir Sie, sich kurz vor Ihrem Kinobesuch nochmals auf unserer Website (viennale.at) über die geltenden Bestimmungen zu informieren.
Metro Kinokulturhaus
1., Johannesgasse 4
(U1, U3 Stephansplatz • U1, U4 Karlsplatz)
VIENNALE BAR 1., Falkestraße 5 (U1, U4 Schwedenplatz • U3 Stubentor)
ALLGEMEIN 2G- UND 2,5G-KONTROLLE
✜ Im Gartenbaukino (über 500 Sitzplätze) gilt die 2G-Regel (geimpft oder genesen). In allen anderen Kinos (unter 500 Sitzplätze) gilt die 2,5G-Regel (geimpft, genesen oder PCR-Test, der mindestens bis Filmende gültig ist). ✜ Bitte bringen Sie für die Überprüfung der 2G- bzw. 2,5G-Regel den entsprechenden Nachweis – idealerweise den QR-Code – und einen Lichtbildausweis mit! ✜ Für Geimpfte und Genesene, deren Zertifikat bis mindestens 1. November gültig ist, gibt es die Möglichkeit bei der Überprüfung im jeweiligen Kino ein Kontrollband zu holen, das bis zum Ende der Viennale gültig ist. MUND-NASEN-SCHUTZ UND HANDHYGIENE
✜ Bitte tragen Sie einen Mund-NasenSchutz (MNS) oder eine FFP2-Maske in allen Bereichen des Kinos. ✜ Regelmäßige Handhygiene ist gewährleistet durch Desinfektionsstationen an allen Festivallocations.
Bitte bleiben Sie den Festivallocations fern,
✜ wenn Sie COVID-19-Symptome haben oder eine erfolgte Ansteckung befürchten. ✜ wenn Sie Kontakt zu einer an COVID-19 erkrankten Person hatten.
TICKETKAUF
✜ Es werden ausschließlich zugewiesene Sitzplätze vergeben. ✜ Contact Tracing: Wir ersuchen alle Besucher*innen beim Kauf der Tickets ihre EMail-Adresse und Mobilnummer anzugeben. ✜ Online werden Print-at-home-Tickets angeboten, um direkte Kontakte zu minimieren. Aus organisatorischen Gründen ist dieses Service für ermäßigte Tickets nicht verfügbar: Diese können zwar online gekauft werden, müssen dann aber mit dem entsprechenden Ermäßigungsnachweis an einer Viennale Kassa abgeholt werden. ✜ Es wird auch in diesem Jahr eine Abendkassa und die Möglichkeit zum Kauf von Resttickets geben.
AKTUELLE INFORMATIONEN UND UPDATES FINDEN SIE AUF VIENNALE.AT
IN ALLEN FESTIVALLOCATIONS
✜ Bitte tragen Sie einen Mund-NasenSchutz (MNS) oder eine FFP2-Maske in allen Bereichen des Kinos. ✜ Bitte nehmen Sie den am Ticket ausgewiesenen Sitzplatz ein. Der eigene Sitzplatz darf aus Gründen des Contact Tracings nicht gewechselt werden. ✜ Da zugewiesene Sitzplätze keinen unkomplizierten Einlass nach Vorstellungsbeginn erlauben, verlieren die Tickets mit Vorstellungsbeginn ihre Gültigkeit. Dies bedeutet: Kein Einlass für Zuspätkommende nach Vorstellungsbeginn. ✜ Das Team der Viennale wird laufend PCRTests unterzogen. Wichtig: Sollten Sie innerhalb von fünf Tagen nach einem Viennale-Besuch positiv auf COVID-19 getestet oder als Verdachtsfall eingestuft werden, so melden Sie sich bitte nicht nur bei der Gesundheitsberatung 1450, sondern teilen Sie uns das ebenfalls umgehend unter covid@viennale.at mit. Für weitere Fragen zu den COVID-19-Maßnahmen steht Ihnen die Viennale unter covid@viennale.at zur Verfügung.
VIENNALE BARRIEREFREI Barrierefreier Zugang
Alle Viennale Kinos sind barrierefrei zugänglich und verfügen über Rollstuhlplätze. Induktive Höranlagen
Alle Viennale Kinos sind mit induktiven Höranlagen ausgestattet. Audiodeskription für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen
Bei ausgewählten Filmen ist eine Audiodeskription für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen geplant. Die erzählende Bildbeschreibung kann mit eigens dafür zur Verfügung gestellten Geräten empfangen werden (Dolby Fidelio). Detailinformationen finden Sie unter viennale.at/de/barrierefrei
VIENNALE MERCHANDISING Publikationen und Artikel des Festivals sind an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino, in den Kinos sowie online erhältlich: Festivalkatalog Textur #3 – Terence Davies V’21 Plakat (A1) V’21 Puzzle
€ 15,— € 10,— € 3,— € 15,—
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Geheimnisvolles Kino Sehr besonders, ganz alltäglich: Zwei oder drei Hinweise auf Filme bei der Viennale V’21 VORSCHAU: MICHAEL OMASTA
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s ist etwas Geheimnisvolles um das Kino. Nicht nur um all die Filme, die im Verlauf der letzten 125 Jahre verloren gegangen sind und, mit viel Glück, irgendwann zumindest noch als Fragment wieder auftauchen Gerade auch das aktuelle Kino weiß um die Bedeutung dessen, was nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist, sich nicht einfach nacherzählen oder gar „spoilen“ lässt. Natürlich kann man um das Massaker von Babyn Jar, ein Tal bei Kiew, in dem an zwei Septembertagen des Jahres 1941 mehr als 33.000 jüdische Frauen, Männer und Kinder ermordet wurden, wissen. Doch wie könnte diese Kenntnis die enorme Wucht von Sergei Losnitzas „Babi Yar. Context“ (2021) nur um einen Deut schmälern? Oder das Entsetzen mildern, das einen beim Betrachten dieses gänzlich aus Archivmaterial, einigen wenigen Standfotos und Zwischentiteln bestehenden Films packt? Über die Tonspur allerdings lässt sich trefflich streiten: Sie ist zu 100 Prozent designt. Je nach Standpunkt helfen die Wortfetzen, Lieder und Geräuscheffekte, einem das Grauen zu vergegenwärtigen – oder dienen dazu, die Zweistundendoku konsumierbar zu machen.
die Welt kam“ und „Der Student von Prag“. Beide weisen das Unheimliche, schlicht Unerklärliche als seine Domäne aus. Etliche von Galeens Filmen galten lange Zeit als verschollen, etwa seine letzte Regiearbeit, der 1929 in London entstandene „After the Verdict“, ein Krimi um eine Tennisspielerin, nach einem Skript von Alma Reville-Hitchcock. Oder das großteils an Bord eines Frachtkahns gedrehte Melodram „Stadt in Sicht“, in dem die junge Frau eines alten Flussschiffer der Verführung durch einen Kriminellen aus der Großstadt erliegt. Stummfilmrarität des altösterreichischen Regisseurs Henrik Galeen: „Stadt in Sicht“
FOTOS: FILMARCHIV AUSTRIA, VIENNALE (2)
Die Filme von Fabrizio Ferraro sind nicht
weniger dicht gewoben, sie verknüpfen dokumentarische Recherchen mit geheimnisvollen Inszenierungen. 2018 lief „Les Unwanted de Europa“, sein Film über die Fluchthelferin Lisa Fittko und die letzten Tage Walter Benjamins, nun stellt die Viennale das Werk des Filmessayisten aus Rom in größerem Umfang vor. In „Checkpoint Berlin“ (2020) begibt sich ein italienischer Regisseur in Berlin auf die Suche nach seinem verschollenen Onkel, der am ersten Tag des Mauerbaus von seiner Frau verlassen und zum sagenumwobenen Grenzgänger wurde. So weiß die Legende. Dabei scheinen erhebliche Zweifel angebracht, wie sie auch der ungläubige Thomas auf dem in wechselnden Details gezeigten Gemälde des Malers Guercino hegt. Der Abspann nennt die zitierte Literatur, von Maurice Blanchot bis zu Ernst Blochs „Erbschaft dieser Zeit“.
wäre das ein herrliches Double Feature! Jola Wieczorek porträtiert Personen, die auf drei verschiedenen Schiffen – und aus ganz unterschiedlichen Gründen – auf dem Mittelmeer unterwegs sind: Die eine genießt eine Kreuzfahrt, die anderen wollen sich auf einem ausgedehnten Segeltörn mit ein paar Gleichgesinnten selbst finden. Und die junge Jessica Willers, die aus einer Familie von Seefahrern stammt, absolviert eine schier endlose Ausbildung auf einem Frachter – natürlich ist sie die einzige Frau an Bord. Für die stimmige, konzentrierte Schwarz-Weiß-Fotografie dieses heimischen Langfilmdebüts zeichnet der vielbeschäftigte Wiener Kameramann Serafin Spitzer verantwortlich. „Beatrix“ des Regieduos Lilith Kraxner
Außergewöhnlicher Geschichtsunterricht: „Babi Yar. Context“ von Sergei Losnitza
Der Regisseur Henrik Galeen, dem heuer
eine eigene Reihe gewidmet ist, schuf Meisterwerke des deutschen Stummfilms, darunter „Der Golem, wie er in
Mit „Stories from the Sea“ zusammen
Tolles heimisches Regiedebüt: „Beatrix“ von Lilith Kraxner und Milena Czernovsky
und Milena Czernovsky ist gleichfalls ein Debütfilm aus Österreich. Die Titelheldin, benannt nach der Protagonistin einer späten Erzählung von Ingeborg Bachmann, hütet einen Sommer lang das Haus einer gewissen Frieda. Mit den Banalitäten des Alltags – Zähne putzen, Katze füttern, Fernseh schauen – vergeht die Zeit. Eine gute Freundin kommt zu Besuch, der Tisch wird für zwei gedeckt, nur bringt sie überraschend ihren Freund mit. Geht natürlich gar nicht. Schwierig zu sagen, was den Film so witzig, so unterhaltsam, so anders als viele andere macht. Seine außergewöhnliche Bildsprache (Antonia de la Luz Kašik), seine tolle Hauptdarstellerin (Eva Sommer), die vermeintlich völlige Belanglosigkeit seiner Handlung? „Beatrix“ ist nicht nur einer der überraschendsten, er ist vielleicht auch der geheimnisvollste Film der diesjährigen Viennale. F
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Stolz und Widerstand Terence Davies reist mit seinen Filmen in die Vergangenheit, um von der Gegenwart zu erzählen WERKPORTRÄT: MICHAEL PEKLER
Am Ende seines ersten Langfilms „Distant
Voices, Still Lives“ (1988) sieht man eine Familie sich langsam von der Kamera entfernen und im Dunkel verschwinden. Davies erinnert sich dabei an seine eigene Familie, dargestellt von Schauspielern, aber gedreht an Schauplätzen, die den Filmemacher in dessen Kindheit nachhaltig beeinflussten. Der erste Teil erzählt die Geschichte des Leidens der Familie unter dem gewalttätigen Vater; der zweite, zwei Jahre später entstanden und eigens für Davies’ erste Festivalteilnahme in Cannes angefügt, vom Aufatmen der Familie nach dem Tod des Tyrannen. Es ist ein ungewohntes Leben in Freiheit, über dem nach wie vor ein Schatten liegt. Man kann dieses Nachwirken der Vergangenheit in allen Filmen von Terence Davies entdecken: in seinem einzigen Langdokumentarfilm über seine Heimatstadt Liverpool („Of Time and the City“, 2008) genauso wie in den späteren Kostümdramen, die in frühere Zeiten und Epochen eintauchen. Denn ob seine Filme im New York des Fin de Siècle („The House of Mirth“, 2000) spielen oder im amerikanischen Süden der Zwischenkriegszeit („The Neon Bible“, 1995), im London der 1950erJahre („The Deep Blue Sea“, 2011) oder im schottischen Hochland vor dem Ersten Weltkrieg („Sunset Song“, 2015); ob es sich um ein Biopic über Emily Dickinson im Amerika des 19. Jahrhunderts („A Quiet Passion“, 2016) handelt oder, wie im jüngsten Film,„Benediction“ (2021), über den schwulen britischen Dichter und Soldaten Siegfried Sassoon: Terence Davies reist mit seinen Filmen in die Vergangenheit, um von der Gegenwart zu erzählen. Und davon, was die Gesellschaft, die Familie und oft genug die Armut mit den ihnen hilflos ausgelieferten Menschen anrichten. Davies wurde 1945 als das jüngste von zehn Kindern in eine katholische Arbeiterfamilie geboren. Nachdem er zwölf Jahre in einem Versandbüro und als Buchhalter arbeitete, begann er ein Schauspielstudium und drehte 1976 mit „Children“ seinen
Regisseur Terence Davies, 75, der auch den Trailer „But Why?“ zur diesjährigen Viennale gestaltet hat, ist Gast des Festivals. Die einzelnen Filme und Termine der Monografie: Terence Davies finden Sie im Programmteil
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Über ihr Schicksal bestimmen können die Figuren in den Filmen von Terence Davies nie – am wenigsten die Frauen, die fast immer im Mittelpunkt seiner Erzählungen stehen
Michael Pekler ist Filmkritiker in Wien und Co-Autor von Büchern über Ang Lee und Terrence Malick. Er schreibt u.a. für das Filmbulletin, den Berliner Freitag und berichtet im Falter über TV-Serien
ersten mittellangen Film, dem die beiden Kurzfilme „Madonna and Child“ (1980) – seine Abschlussarbeit an der National Film School – sowie „Death and Transfi uration“ (1983) folgten. Bereits diese später als Trilogie kompilierten Filme, gedreht in hartem Schwarzweiß, sind gekennzeichnet von schmerzhafter Offenheit und nahezu lyrischer Wehmut. „I wrote what I felt“, so Davies, „I didn’t even have a technique.“ Er erzählt von Demütigungen und Gewalt in der Schule und der Familie, von der Unterdrückung kindlicher und pubertärer Gefühle sowie seiner Homosexualität. In „Children“ sieht man gleich in den ersten Minuten, wie im Schulhof Davies’ Alter Ego Robert von drei älteren Mitschülern bedrängt und ihm Schläge nach Unterrichtsschluss angedroht werden. Das Warten auf die „Bestrafung“ ist schlimmer als die Strafe selbst, weiß der katholisch erzogene Davies. In „Madonna and Child“ sieht man den erwachsenen Robert auf einer Fähre über den Fluss zur täglichen Arbeit fahren – gedreht in jenem Büro, in dem Davies tatsächlich arbeitete –, als ihm plötzlich Tränen über das versteinerte Gesicht laufen. „This is just an illustration of many, many journeys“, so Davies. Obwohl seine Arbeiten unbedingt als Gesamtwerk zu sehen sind, in dem sich fortwährend Linien weiterschreiben, ist mit „The Long Day Closes“ (1992) das Ende von Davies’ erster Werkphase festzustellen: ein Jahr im Leben eines englischen Arbeiterkindes, ein letzter Rückblick auf die eigene Vergangenheit, auf die Tiefen und umso höheren Höhen seiner Kindheit im Liverpool der Nachkriegszeit. Und es ist der letzte Film, in dem Freude und Traurigkeit, Hoffnung und Ängste, aber auch Wirklichkeit und Fantasie nebeneinander derart unmittelbar zum Ausdruck kommen, mitunter in einem einzigen Bild: Auf dem Weg ins Kino zu einem Film mit Doris Day und im strömenden Regen sucht Davies als zitternder Bub in einer Hauseinfahrt Schutz – und hat in diesem Moment alles auszuhalten, was ein junges Herz erfüllen kann. Schmerz und Verzweiflung bestimmen also
bereits das Frühwerk, aber auch eine beeindruckende handwerkliche Fertigkeit und schier unerschöpfliche Inspirationsquellen aus Malerei, Musik und Literatur. Und man erkennt viele Motive, die sich wie ein roter Faden durch die späteren Arbeiten ziehen werden: die Liebe zur klassischen Musik und zum volkstümlichen Lied; zum populären US-Kino mit seinen weiblichen Stars,
das Davies nach dem Tod seines Vaters für sich entdecken darf; oder zum Ritual, das ebenfalls in Form von Liedern, aber wiederholt auch Festen und Feiern seinen Ausdruck findet, bei denen man zumindest für kurze Zeit seinen Frieden in der Gemeinschaft findet Was die zu Konventionen erstarrten Regeln und sozialen Ordnungen hingegen anrichten können, ist in Davies’ besten Filmen „The House of Mirth“ und „The Deep Blue Sea“ zu sehen, in denen die Protagonistinnen von der Gesellschaft, den Etiketten und der Scheinmoral regelrecht vernichtet werden. In „The House of Mirth“, der Adaptierung des gleichnamigen Klassikers von Edith Wharton, wird Gillian Anderson als zur Heirat genötigte Lily Bart von der New Yorker Upper Class auch deshalb fallengelassen, weil sie deren perfid s Spiel um Macht durchschaut und nicht bereit ist, sich in die ihr zugedachte Rolle zu fügen. Und im großartigen „The Deep Blue Sea“ nach dem Kammerspiel von Terence Rattigan muss die verheiratete Hester (Rachel Weisz) erkennen, dass die leidenschaftlich Liebe zu einem jungen Draufgänger (Tom Hiddleston), für den sie alles aufgibt, sie keineswegs nur aus einer lieblosen Ehe befreit. „How can you throw away so much for so little?“, fragt sie ihr Mann, ein angesehener Richter. Vielleicht weil man den rettenden Strohhalm an der tiefsten Meeresstelle ergreifen muss. Doch über ihr Schicksal bestimmen können die Figuren in den Filmen von Terence Davies nie – am wenigsten die Frauen, die fast immer im Mittelpunkt seiner Erzählungen stehen. So ist es kein Zufall, dass das Motiv des Suizids derart häufig auftaucht weil es gilt, zumindest das unausweichliche Ende selbst in die Hand nehmen zu wollen. Das mag diesen Filmen auf den ersten Blick eine fatalistische Färbung verleihen, bei genauerer Betrachtung erzählen sie jedoch von unfassbarem Stolz und Widerstand bis zur letzten Konsequenz. Wenn am Ende von „Distant Voices, Still Lives“ das britische Volkslied „O Waly, Waly“ aus dem 18. Jahrhundert erklingt – gespielt von Benjamin Britten, der seinen Lebensgefährten, den Tenor Peter Pears, am Klavier begleitet – dann endet dieser Film beispielhaft für alle anderen Arbeiten von Davies mit einem Bild von der Liebe als schwer beladenem Schiff. Mit diesem kann man durchs Leben segeln, aber man weiß, dass es jederzeit untergehen kann. Und mit ihm die Freude und der Schrecken, die einem das Dasein als Mensch auferlegt. F
FOTOS: V IENNALE (4), FIL M ARCHIV AUS T R IA (2)
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er von der eigenen Vergangenheit erzählen will, muss sich der Erinnerung stellen. Deshalb zählen autobiografi che Filme nicht zu den einfachsten, sondern mitunter zu den schwierigsten Herausforderungen im Kino. Denn die Kindheit prägt nicht nur das ganze Leben, sondern manchmal auch ein gesamtes Werk. So wie bei Terence Davies, der sich dieser Aufgabe seit mehr als 40 Jahren stellt und sie auf beeindruckende Weise bewältigt.
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Terence Davies und die Protagonistinnen seiner Filme arbeiten sich an einer oft lieblosen Welt mit ihren erstarrten Regeln und sozialen Ordnungen ab: Gillian Anderson in „The House of Mirth“, darunter: Cynthia Nixon im Emily-Dickinson-Biopic „A Quiet Passion“, Agyness Deyn in „Sunset Song“, Gena Rowlands in „The Neon Bible“ und Angela Walsh in „Distant Voices, Still Lives“
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Klassenkampf, Kartenspiel, Krankenhaus Filme mit Horror-Anleihen aus Deutschland, den USA und Brasilien bespielen Nachtseiten rechter Tagespolitik MILIEUSTUDIE: DREHLI ROBNIK
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in Vampir, der als Blutsauger umgeht, ein weiterer bleicher Nachtschattenbewohner und die Medusa, deren Anblick dich versteinert: Um diese Monster – oder doch „nur“ Outsider? – kreisen drei bei der Viennale laufende Spielfilme. Sie verbinden schräge Horrormotivik mit Darlegungen politischer Gewaltverhältnisse. „Blutsauger“, inszeniert vom Berliner Julian Radlmaier, laut Plakat „eine marxisti-
Drehli Robnik schreibt über Politik, Film und Geschichte. Er ist Autor und Herausgeber von Büchern zu Kontrollhorror und Kracauer, Pandemiekino und Klassenwahrnehmung
sche Vampirkomödie“, beginnt mit Lesekreis-Debatten: Wie wörtlich oder bildhaft meint es Marx, wenn er vom Kapital als Vampir schreibt, der Arbeitskräft als Profitquellen aussaugt? Am Filmende putzt sich eine Fabrikantentochter die Zähne. Dazwischen Momente von Saugen und Beißen im Klassenkampfpanorama an der deutschen Ostsee 1928: Ausbeutung und ihre Ausdeutung, Auszutzeln einer blutvergiftete Zehe, Halskuss, Flohbiss, Zahnriss; geris-
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Ein Gambler, kein Joker: Oscar Isaac als traumatisierter Irakkriegsveteran in „The Card Counter“ von Paul Schrader
sen wird ein Zahn von Sergej Eisenstein, als dieser sein Revolutions-Essay-Epos „Oktober“ dreht. Der Blutsauger ist Metapher, also Übertragung – auf Körper, Milieus, Redeweisen. Wer ist hier Vampir? Auf wem lässt sich diese Kennzeichnung nieder? Mit handgreifl chen Folgen: Dorfleute, die in der Fabrik arbeiten, ziehen nachts erregt mit Fackeln los, als wär’s ein alter Gruselfilm; kurz dämmert die Einsicht, dass all das Aussaugen,
FOTO: FOCUS FEATURES LLC., VIENNALE (2)
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das unter ihnen wie ein Gespenst umgeht, von der Fabrikantenvilla herrührt. Dann aber wird doch der alte Traum der Herrschenden einmal mehr wahr: Faktenverwirrende Message-Control beim Gruppengespräch lenkt den Aktionismus der Wütenden vom Kapitalverhältnis und dessen Machtknotenpunkt ab und auf dankbare Feindfi uren um. Etwa auf „den Chinesen“, den die zu Jux und Kunst aufgelegte hippe Villenclique zuvor, beim Dreh ihres Vampirfilms-im- ilm, in der orientalistisch gefärbten Dracula/Nosferatu-Rolle besetzt hat. Ihn spielt Kyung-Taek Lie, neben dem Filmemacher Alexandre Koberi dze einer der Schauspiel-Halblaien, die aus Radlmaiers 2017er-Farce „Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes“ in den ebenso bunten „Blutsauger“ mitgekommen sind. Der Regisseur Daniel Hoesl („Winwin“, „Davos“) spielt auch mit; da lässt Graf Bobby grüßen. Neben ihnen vermitteln Kaliber wie Lilith Stangenberg und Corinna Harfouch Habitus und Charaktermasken der wirtschaft standortbesorgten Bourgeoisie: Im Werk drohe Betriebsratsgründung und anderer Aufruhr, sagt man im Salon; aber vielleicht seien die Aufrührer ja nicht Kommunisten, sondern Faschisten, „mit denen kann man reden“. Das Reden ist mit Klassenjargon gesättigt, die Objektwelt mit Anachronismen: Containerhafen, Kawasaki, Kitesurfen 1928. Vollzieht sich so eine Erhebung von Dargestelltem zum Begriff ? Dessen Aufhebun im Slapstick? „Blutsauger“ laviert dazwischen, imaginiert in langen, starren Aufnahmen eine linksalternative Filmgeschichte, die deutsche Horrortradition mit russischen Revolutions(kino)momenten verund zersetzt. Godard geht hier mit um, wie so oft. Oder,
spezifi cher: der herrschaftskriti che Klamauk eines Richard Lester. So entsteht denn auch ein linksalternativer Geschichtsfilm: Prä-Nazi-Deutschland-Hystorie ohne Designpomp und verschwitzte Gewagtheiten berlinbabylonischer Art. Als eine andere, eine unromantisch-meditative Art von Buddy- bzw. Halbwelt-Road-
Oben links: Eine maskierte Bürgerinnenwehr säubert in „Medusa“ von Anita Rocha da Silveiro die Stadt nachts brutal von Sünderinnen Oben rechts: Julian Radlmaiers Vampirkomödie „Blutsauger“ imaginiert eine Art linksalternaive Filmgeschichte
movie lässt sich Paul Schraders „The Card Counter“ sehen. Ein Trio kommt lose zusammen, zieht durch zweitklassige Casinos, Hotels und Convention-Centers: Tiff ny Haddish als toughe Pokerturniermanagerin, Tye Sheridan als labiler junger Rumtreiber, Oscar Isaac als Gambler, der von kleinen, im wahrscheinlichkeitskalkulierten Spiel erzielten Gewinnen lebt. Quasi lebt. Fast nur nachts: ein Eremit, bleich mit Sonnenbrille, unauffällig im Umgang. Jedoch: Möbel im Motel umwickelt er mit Leintuch, ruht darin wie aufgebahrt, albträumt von seiner Militärdienstzeit. Für Folterungen im US-Gefängnis Abu Ghuraib im Irak saß er lange in Haft; Verantwortliche im Kabinett Bush jr. blieben straflos, ebenso Vorgesetzte wie „the Major“ (Willem Dafoe), der nun auf Businessmessen Securitytechnik feilbietet. „Nothing can justify what we did“, sagt der
The Card Counter Gartenbaukino: Fr, 22.10., 14.30 + Sa, 30.10., 20.30 Uhr (OF) Blutsauger Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 23.10., 15.30 Urania: So, 24.10., 20.30 Uhr (OmenglU) Medusa Urania: Sa, 23.10., 21.30 + Mo, 25.10., 13.30 Uhr (OmenglU) Ein Interview zum Film lesen Sie ab Seite 10
Kartenzähler. Ungerecht, fast ungezeigt, die Taten im Irak: Nahezu abstrakt und doch zum Glück nur kurz springen uns Fischaugenoptik-Infernos systematischer Erniedrigung an. Schrader zielt nicht auf torture porn; eher auf Gnaden-Porno: spinnt unter den dreien ein Gefl cht aus rührenden, fast überwältigenden Gesten der Erleuchtung, Errettung aus dem Festhängen im Trauma, im einsamen Immergleich, im Rachedrang. Zärtliche Gaben durchbrechen Routineprogramme der Bosheit. Ironie daran: Damit läuft ein Schrader’sches Programm ab, das von Bresson inspirierte Gnadenthema seiner Filme und Skripts von „Taxi Driver“ bis „First Reformed“ (Viennale 2018) – spirituell gewendete Illumination, Zusteuern eines Mönchsdaseins auf eine Gewalteruption (oder deren Abwendung?). „Tiefe“ Motive. Zu denen setzen allerdings Isaacs ruhige Anmutung, Momente einer Liebe, die aus Sympathie entsteht, und SynthiepopBalladen, am Bildflu s und -schnitt vorbei phrasiert, schön profane Gegenakzente. Nicht Depressionspathos regiert hier: Der Card Counter ist ein Gambler, kein Joker. Retropop, ebenfalls teils als John-Carpenter-Synthie sowie als Siouxsie-and-theBanshees-Song im Vorspann, weht auch durch „Medusa“. Eine brasilianische Dys-
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topie; oder Parallelspur zum Bolsonaro-Regime. Buben turnen paramilitärisch im Camouflage-Chor; Mädchen feiern Selbstunterwerfung als künftige adrette Hausfrauen in neonbunten Sakropop-Choreografien – und ermächtigen sich als maskierte Bürgerinnenwehr, die nachts in Gang-Choreografie die Stadt brutal von „Sünderinnen“ säubert. Die Regisseurin Anita Rocha da Silveira zeigt in Vignetten eine heteronormative Zustimmungsdiktatur als Frauenwelt verkrampfter Exerzitien: Selbstreinigung und Schminktipps für „christliche Selfi s“. In diesem Alltag durchläuft die Heldin (Mari Oliveira), als sie ihren Schönheitsklinik-Job verliert, einen zwiespältigen Prozess: Zum einen zieht es sie tiefer hinein, im Erforschen einer Heiligenlegende der Austreibung selbstbestimmter weiblicher Sexualität, auf obsessiver Suche nach einer Art Medusa, verstümmelt im Gesicht, in einem Krankenhaus für Komatöse. Zum anderen fällt sie in Trancen – und aus der Rolle im Selbstaufopferungsregime heraus. Die Affäre mit einem Spitalspfleger entfremdet sie ihrer christlich-fanatischen besten Freundin – und setzt zugleich Anflüg von Begehren zwischen ihnen frei. Motive wiederholen sich, verschieben sich zueinander: Spülbeckenabflu s, Schrei in die Kamera, bunter Tanz und Aufmarsch in Zeitlupe. Handlungen lösen sich aus herrschaftlicher Vorbestimmtheit. Sie werden rätselhaft. Das ist der Preis ihrer Rückgewinnung aus dem Erstarren in einem Sozialalbtraum, dessen Zwangsläufigkeit unseren real existierenden neokonservativen Idyllen ähnelt. in „Blutsauger“, Schuld und Rache in „The Card Counter“, Dystopie und Legende in „Medusa“: Die drei Filme lassen sich Zeit. Vielmehr: Zeit lässt sich in ihnen aus, „jene Zeit, die viel Zeit hat“ (Siegfried Kracauer, 1931). Und lässt du dich darauf ein (was eh leicht geht), merkst du, wie viel passiert, weil es mit der Zeit in Unordnungen gerät. Das ist nicht gleich das ganz Andere; gegenüber Programmabläufen der Ausbeutung, Verrohung und Unterwerfung hat es aber etwas – etwas – Erhellendes, Erlösendes, Befreiendes. F Geschichte und Biografi
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Auf sie mit Gebrüll: „Der Film versteckt seine Message nicht, sondern formuliert sie laut und deutlich“, sagt Mari Oliveira und fordert Teilhabe auch für Randgruppen der brasilianischen Gesellschaft
Monströses Patriarchat Im feministischen Retro-Horror „Medusa“ spielt Mari Oliveira eine junge Frau, die die Seiten wechselt INTERVIEW: JULIA PÜHRINGER
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nita Rocha da Silveira hat einen wundersamen Film abgeliefert, mit viel Neon in finsterer Nacht, mit schönstem Giallo-Soundtrack und einer schrulligen Musicalnummer. Eine verschwundene Frau gibt es da und ein düsteres Krankenhaus mit obligatorisch flackerndem Licht. Es ist die Geschichte eines Ausbruchs, aber anders als erwartet – und das mit Witz, Verve und Verbeugung vor den fi mischen Ahnen. Und mit einer klaren politischen Haltung im Brasilien von heute. Falter: Die zentrale Erfahrung der Prota-
gonistin im Film ist universell: Man beginnt ahnungslos als Frau und wird radikalisiert, das ist doch der ganz natürliche feministische Entwicklungsprozess. Mari Oliveira: Ja, genau! (Lacht laut.) Ich bin 24 und kenne das ganz genau. Ich habe im Alter von 15 Jahren begonnen, mich einzulesen. Und dann gibt es, glaube ich, für uns alle diesen Moment, wo man’s verstanden
Julia Pühringer ist Redakteurin des Fernsehmagazins Tele. Für den Falter interviewt sie Filmstars und Regisseurinnen auf den Festivals von Berlin bis Cannes
hat und argumentieren kann und weiß, dass es nicht nur ein Gefühl ist. Dann will man mit allen drüber reden und das Wissen teilen, aber irgendwann beginnt man auch zu handeln. Wie im Film versucht man alle zu bekehren. Es ist im Kino eher selten, dass man fiese junge Frauen sieht, die strategisch sind und gemein zueinander. Oliveira: Ganz ehrlich, die Gesellschaft erwartet ja auch irgendwie von uns, dass wir einander hassen. Gemein ausgerechnet zu jener Person sind, die genauso ist wie wir selber. Die Leute glauben immer, bei Privilegien ist es halt so, dass man einfach ein paar abgibt. Aber so funktioniert das nicht. Es geht um die Teilhabe. Es braucht einen weiteren Platz am Tisch, nicht nur einen für eine Frau. Andere Personen haben es noch viel schwerer. Das fehlt derzeit in Brasilien völlig. Auf der ganzen Welt im Grunde.
Wie fühlt es sich an, in der aktuellen Situation so einen Film in Brasilien zu machen? Oliveira: Der Film versteckt seine Message nicht, sondern formuliert sie laut und deutlich, und ich finde, das ist derzeit besonders wichtig. Es gibt Dinge, die muss man erklären, man muss den Samen in die Herzen setzen. Das kann dieser Film in Brasilien leisten. Wir haben einen super Cast, eine wunderbare Regisseurin, das sind alles lauter sehr politische Menschen. Wenn man uns sucht, sind wir zu finden. Man kann uns auch fragen. Ich bin auf Instagram, ich hatte auch mal einen Youtube-Channel, ich gehe selbst auf die Film-Uni. Und ich will Drehbuchautorin und Regisseurin werden. Wie haben Sie die Regisseurin kennengelernt? Oliveira: Anita hat einen Open Call gemacht für ihren ersten Film „Kill Me Please“. Ich hatte damals noch nie als Schauspielerin gearbeitete und schrieb ihr ein Mail: Ich bin
V I E N N A L E 2 1 F A L T E R Schauspielerin, ich habe Potenzial, ich lerne gern und arbeite viel – und sie hat mich tatsächlich eingeladen. Es haben damals viele Mädchen vorgesprochen, letzten Endes aber war ich eine von vier, also habe ich wohl irgendetwas richtig gemacht.
Miri, eigentlich Mariana Oliveira, 24, war für Anita Rocha da Silveira schon beim Schreiben des Drehbuchs zu „Medusa“ die Idealbesetzung für die Hauptrolle. Oliveira lernte die Regisseurin bereits als Teenagerin kennen und debütierte 2015 in deren Film „Mate-me por favor“ („Kill Me Please“). Seither wirkte die brasilianische Schauspielerin in einer Fernsehserie und mehreren Kinofilmen mit
Welche Art von Film wollen Sie selbst machen? Oliveira: Es gibt viele Arten der Darstellung, die ich vermisse als Schauspielerin und auch als schwarze Frau. Bei uns spielen beispielsweise nur Dramen in Favelas, den Armenvierteln. Ich vermisse da auch eine andere Darstellung, da gibt es ja nicht nur Tränen und Traurigkeit und Tod. Ich komme aus so einer Gegend, und natürlich ist es nicht der beste Ort der Welt, aber es gibt viele Geschichten von hier, die nie erzählt werden. Die fehlen mir. Und letztlich gibt es auch unendlich viele Talente, die nie eine Chance bekommen. Ich möchte solche Geschichten erzählen in meinen Filmen, die Geschichten meiner Straße. Ich möchte meine Nachbarn sehen auf der Leinwand. Und ich fi de, Spike Lee macht das auch so.
Es ist ja auch finanziell absurd, Filme nicht für dieses Publikum zu machen. Sogar in Österreich machen weiße Männer zwischen 40 und 60 nur knapp 20 Prozent der Bevölkerung aus. Oliveira: Es gibt eine Zahl in Brasilien: Nichtweiße Menschen machen 54 Prozent der Bevölkerung aus, im Kino und im Fernsehen aber noch nicht einmal zehn Prozent. Deshalb ist der Film auch so wichtig: Ich bin keine „schwarze Rolle“, ich spiele einfach eine Rolle. Es geht nicht um Rasse in diesem Film, aber es gibt viele kleine Symbole, die man lesen kann, wenn man sie versteht.
Medusa Urania: Sa, 23.10., 21.30 + Mo, 25.10., 13.30 Uhr (OmenglU) Lesen Sie dazu auch die Kritik auf den Seiten 8–9
Gab es Schreckmomente beim Dreh oder gibt es die nur im Film? Oliveira: Ich habe mich nie gefürchtet, einfach deshalb, weil ich unheimliche Sache generell liebe. Ich bin da eher neugierig, also wenn ich in einen fin teren Raum gehe, dann freu ich mich, juhu, yeah. Mein Lieblingsteil war der Dreh, das Make-up und das Kostüm, also wenn man sieht, dass man als Figur langsam real wird. Das hilft mir, mich glaubwürdiger zu finden Der irre Drehplan, die endlosen Arbeitstage – ehrlich, ich liebe das alles. Wir haben einen Monat lang gedreht und tatsächlich drei Monate lang geprobt, das ist Anitas Ding. Als wir dann gemeinsam gedreht haben, waren wir schon wie eine Familie und echte Freundinnen. Was sind Ihre Lieblingshorrorfilme? Oliveira: Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es richtig unter Horror fällt, aber ich liebe alles von Jordan Peele, er macht ganz besondere Filme. Ich liebe „Us“. „Get Out“ auch, aber „Us“ ist wirklich fantastisch. Gerade im Horror fehlt noch einiges in Sachen Rollenbilder und rassistische Stereotype, auch wenn sich da gerade viel tut. Oliveira: Das stimmt. Gerade als schwarze Schauspielerin kenne ich diese Stereotypen, die „beste Freundin“ oder „die ohne Geld“. Ich habe schon manchmal ein bisschen Angst, nach Brasilien zurückzukommen und dann immer dasselbe spielen zu müssen. Ich bin froh, dass wir einen ganz anderen Film gemacht haben, und ich hoffe, er wird um die Welt gehen. F
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FOTOS: VIENNALE (2)
Wenn man am Strand von Cannes sitzt und beim Festival seinen neuen Film vorstellt, kann man das mit Fug und Recht behaupten. Oliveira: Das ist völlig verrückt, um ehrlich zu sein. Ich habe es noch immer nicht so ganz kapiert. Ich war zehn Tage in Nizza in Quarantäne. Ich liebe Spike Lee (der Filmemacher war heuer Präsident der Jury, Anm.) so sehr und überall ist sein Gesicht, ich habe echt geheult, als ich ankam.
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Kino im Hausarrest Mehrere französische Filme erkunden neuerdings Innenwelten, so auch die jüngsten Arbeiten von Gaspar Noé, Claire Simon oder BenoÎt Jacquot ÜBERBLICK: GERHARD MIDDING
Nicht nur der neue Film von Gaspar Noé, „Vortex - Au bord du monde“ mit Françoise Lebrun und Dario Argento, spielt in präzise abgezirkelten Räumen
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FOTOS: VIENNALE (2), CHRISTOPHE BEAUCARNE/LES FILMS DU LENDEMAIN
s ist ein kurzer und kostbarer Moment des Friedens, den die zwei zu Beginn auf ihrer kleinen Balkonterrasse verbringen. Vielleicht nehmen sie ihren Apéritif oder trinken gemeinsam ein Glas nach dem frühen Abendessen; ganz genau lässt sich der Zeitpunkt nicht bestimmen. Aber bald werden wir erfahren, dass dieser Augenblick unwiederbringlich ist. Die pensionierte Psychiaterin (Françoise Lebrun) und ihr Mann (Dario Argento) bedenken die Abenddämmerung ihres Lebens. Es gehe ihnen gut zusammen, finde sie, es sei ein Traum. Er ist Filmhistoriker und sieht das etwas anders: Er besteht darauf, dass es ein Traum in einem Traum sei. Welche Aussicht sie von ihrem Balkon auf Paris genießen, ist für den Film unerheblich; sein Blick bleibt ganz auf das Paar konzentriert. Nach diesem Prolog weiht „Vortex“ das Publikum in ihren Alltag ein, in die banalen Verrichtungen, die inzwischen ihre Selbstverständlichkeit verloren haben. Nach dem morgendlichen Erwachen trennt die Kamera das Paar, der Bildkader teilt sich in einen Splitscreen und begleitet sie fortan aus unterschiedlichen Blickwinkeln, die nebeneinander stehen oder widerstrebende Akzente setzen. Ihre Demenz ist rasch vorangeschritten, nun birgt jeder unbeaufsichtigte Moment verheerende Gefahren. Die Radiosendung, die dazu läuft, bereitet die Zuschauer/-innen vor, dass Trauer und Verlust eine Rolle spielen werden in Gaspar Noés neuem Film. Ihre Krankheit ist ein Agent der Zeit, die ihr Zerstörungswerk nun noch rascher vollführt. Kaum je verlässt „Vortex“ ihre Wohnung und wenn, dann findet er auch die Außenwelt vornehmlich in labyrinthischen Interieurs wieder. Diesen kammerspielhaften Charakter hat Noés Film mit einer ganzen Reihe von französischen Produktionen gemeinsam, die heuer auf der Viennale laufen. Ihr Erzählterrain ist das huis clos, sie spielen in präzis abgezirkelten Räumen, in denen sich das Vergehen der Zeit umso deutlicher ermessen lässt. Zum Gutteil sind sie vor der Pandemie entstanden oder konzipiert worden, ihr Zusammentreffen ist eher Fügung als Vorsatz, und ihre Zeitgenossenschaft mittelbar: als ein weigerliches Stimmungsbild des confinement, wie der Lockdown im Französischen heißt. Noé adressiert die Aktualität sacht motivisch: als Verantwortung, die wir in unerwarteten Krisen füreinander tragen. Der normannische Landwirt Pierre Créton, inzwischen ein Stammgast des Festivals, ist bei solch szenischer Genügsamkeit ganz in seinem Element. Sein Kurzfilm „House of Love“ beruht auf einem einfachen Prinzip, das sich schon der Film pionier Thomas Alva Edison hätte einfallen lassen können: Seine Kamera rotiert auf einem Plattenspieler, der ihm Panorama schwenks von 360 Grad ermöglicht. So porträtiert er menschenleere Innenräume in drei Immobilien, in denen das Tageslicht und die Jahreszeiten wechseln. Die Tonspur ist ungemein suggestiv – das Spektrum reicht von einer sehr konkreten Musique concrète über einen Schwulenporno bis zur Matthäus-Passion –, ohne den fi mischen Raum zu öffnen
Gerhard Midding ist Filmkritiker und Übersetzer, schreibt u.a. für Berliner Zeitung, epd-Film und Falter
Ein Stillleben in Bewegung ist auch „Suzanna Andler“, wenngleich mit Figuren. Benoît Jacquot verheimlicht die Bühnenherkunft des Stoffes nicht, hat das wenig bekannte Stück von Marguerite Duras originalgetreu adaptiert. Es entstand 1968, ist jedoch denkbar weit entrückt vom Tumult des Pariser Mai. Die von ihrem Ehemann chronisch betrogene Titelheldin (Charlotte Gainsbourg) besichtigt
Kriegsreporterin vor dem Nervenzusammenbruch: Léa Seydoux in „France“
Charlotte Gainsbourg im Drama „Suzanna Andler“ nach Marguerite Duras
France Gartenbaukino: Mo, 25.10., 20.30 + Di, 26.10., 14 Uhr (OmU) Vortex (Au bord du monde) Urania: Mo, 25.10., 21.15 Gartenbau: Fr, 29.10., 11.30 Uhr (OmenglU) I Want to Talk About Duras (Vous ne désirez que moi) Gartenbaukino: Do, 28.10., 11.30 Metro: So, 31.10., 18.30 Uhr (OmenglU) House of Love (im Kurzfilmprogramm 7: A Certain Intimacy) Filmmuseum: Do, 28.10., 16 Uhr (kein Dialog) Suzanna Andler Urania: Fr, 29.10., 18.30 Gartenbaukino: Sa, 30.10., 11.30 Uhr (OmenglU)
eine Villa an der Cote d’Azur, wo die Familie ihre Sommerferien verbringen soll. In einer ruhigen Kaskade der Zwiegespräche reflektiert Jacquot die unerschöpfliche Möglichkeiten der Entfremdung, die Rituale der Aufmerksamkeit, des Vergessens, der erloschenen Neugier. Die Liebe ist hier ein maßloses Ungefähr, eine Passion, die um Aufschub bittet – die Trennung von ihrem jungen Liebhaber (Niels Schneider) kann sie, können beide noch nicht vollziehen. Mit verzagter Eleganz schwenkt die Kamera zwischen den Akteuren, die sich nie nahe kommen. Nur einmal wagt sich Jacquots meisterliche Etüde der Abwesenheit aus der Villa hinaus, für einen kurzen Ausflug ins milde Spätwinterlicht. Aber die Zeit flie t ohnehin anders bei Duras. Am Ende des Tages kommt es Suzanna vor, als habe sie Wochen hier verbracht. Claire Simon nähert sich Duras aus einer
anderen Perspektive: der ihres Liebhabers Yann Andréa (Swann Arlaud), der im Interview mit einer befreundeten Journalistin (Emmanuelle Devos) Rechenschaft über ihre Beziehung ablegen will. Der gebieterische Titel „Vous ne désirez que moi“ (Sie
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begehren nur mich) kündigt an, dass es in dieser Liebe kein Vielleicht gibt, sondern nur Gehorsam. Sie zerstört, was sich ihr in den Weg stellt, und auch, was sie erobert. Andréa ist eigentlich schwul, was Duras aber nicht akzeptiert und mit Schuldgefühlen auflädt. Das Gespräch wird zur Autopsie einer kultischen Verehrung und zugleich einer Selbstauslieferung als Identitätssuche. Duras, die nie auf den Plan treten muss, um den Film zu dominieren, tickt so zuverlässig wie eine Uhr in Andréa. Wo nur bleibt seine Wut? Wie Jacquot „lüftet“ Simon ihren Film nur einmal, in der kurzen Parenthese des Heimwegs der Journalistin nach ihrer ersten Sitzung. Auch sie zeigt sich als eine Regisseurin des Wortlauts – ihr Drehbuch basiert auf dem nie veröffentlichten Interview –, der zwar nicht von Duras stammt, den sie aber vorgibt: Andréa lässt es zu, auf ihr Geheiß eine literarische und biografische Fiktion zu werden. Die ambivalente Erotik ihrer Beziehung gewinnt in Aquarellzeichnungen (sie stammen vom Scriptgirl des Films, Judith Fraggi) sinnliche Triftigkeit. Klaustrophobie will sich in diesem Meisterstück erzählerischer Geschlossenheit nie einstellen; es handelt von einem Gefängnis, das zugleich ein Freiraum der Entdeckung ist. „France“ von Bruno Dumont scheint auf den ersten Blick nicht diesem Korpus intimer Innenschauen anzugehören. Seine von Léa Seydoux verkörperte Titelheldin (auch ihr Nachname de Meurs ist vieldeutig, weckt lautmalerische Assoziationen zu Sitten, zum Wohnen und Bestehenbleiben) ist eine unzüchtig populäre Fernsehjournalistin, die an Krisenherde in aller Welt reist und als Moderatorin über kontroverse Studiodiskussionen gebietet. „Un regard sur le monde“ (Ein Blick auf die Welt) heißt die Sendung, die sie zum gefeierten Star gemacht hat. Aber dieser Welt kommt sie nie nahe: Bei ihren Reportagen wird die Wirklichkeit zum Zweck der Quotenoptimierung zynisch nachgebessert, ihre Anteilnahme an menschlichen Schicksalen ist eine obszöne Lüge. Nach einem verschuldeten Verkehrsunfall erleidet sie einen Nervenzusammenbruch. Der strenge Moralist Dumont, der sich neuer-
dings auch gern als Satiriker gibt, schickt sie fortan auf einen Kreuzweg. Den falschen Gewissheiten ihres früheren Lebens kann sie jedoch nicht entrinnen. Die Öffentlic keit, in der sie steht, bleibt abstrakt. Sie ist vollends narzisstisch definiert, besteht aus Selfie- ägern und speichelleckenden Bewunderern. Die sozialen Medien explodieren (nach Auskunft ihrer ebenso regressiven Assistentin – der Film hat durchaus misogyne Züge) jedes Mal, wenn ihr ein neuer Scoop gelungen ist. Aber die Welt dreht sich weiter. „France“ wirft erschreckende Schlaglichter auf eine Medienmacht, deren einziges Korrektiv das eigene Scheitern ist. Aber der Skandal, den ein Aussetzer während einer Livesendung auslöst, hat nur Nachhall in der People-Presse: Die Blase, in der France existierte, bleibt bestehen. Die Folgenlosigkeit kann ein entsetzliches Gefängnis sein. F
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ie ist das mit dem Leben, der Kunst und der Liebe? Geht das überhaupt, eine Familie haben und künstlerisch arbeiten, ohne Verluste? Ein amerikanisches Filmemacher-Paar lässt sich während des Sommers auf der schwedischen Insel Fårö nieder, wohin sich schon Ingmar Bergman auf der Suche nach Inspiration zurückzuziehen pflegte. Auch Chris (Vicky Krieps) und Tony (Tim Roth) wollen hier inmitten der wilden Landschaft an Drehbüchern für ihre kommenden Filme arbeiten, doch langsam beginnen die Linien zwischen Realität und Fiktion zu verschwimmen. Die französische Filmemacherin Mia Hansen-Løve („Der Vater meiner Kinder“, „Alles was kommt“) zeigte ihren bereits 2020 fertiggestellten Film „Bergman Island“ beim diesjährigen Festival von Cannes. Falter: „Künstlerinnen wol-
len auch neun Kinder mit fünf Geliebten“, behauptet Vicky Krieps im Film – eine coole Ansage! Mia Hansen-Løve: Es war interessant, wie viele Rückmeldungen ich auf diesen Satz bekommen habe. Ich meine noch nicht einmal von Journalist*innen, sondern von den Männern am Set, das war absurd. Sorry, Leute. Da waren echt Typen, die das abgestritten haben: Aber neun Kinder und 60 Filme, das ist für eine Frau schlicht physisch unmöglich. Ich rede nicht von der Psychologie. Da habe ich den Finger wohl auf einen wunden Punkt gelegt.
Aus dem Drehbuch auf die Leinwand: Mia Wasikowska als Amy
Die Insel in mir In Mia Hansen-Løves vergnüglicher künstlerischer Paartherapie „Bergman Island“ landen Vicky Krieps und Tim Roth irgendwo zwischen Leben und Fiktion INTERVIEW: JULIA PÜHRINGER
Bergman Island Gartenbaukino: So, 24.10., 20.30 Uhr Mo, 25.10., 14 Uhr (OmU)
Sie drehen jetzt meistens außerhalb Frankeichs. Sehen Sie das Kino als eine Form davon, die Welt zu verstehen? Hansen-Løve: Filme bringen mich zurück zur Realität, so seltsam das auch ist. Seit ich Filme mache, habe ich das Gefühl, sie sind die einzige Art, leben zu lernen. Und die Welt akzeptieren zu lernen, in der ich lebe. In meinen Zwanzigern war ich eine sehr melancholische junge Frau und hatte, um es kurz zu sagen, Angst vorm Leben. Filme im Ausland zu machen ist Teil dieses Bestrebens, das Leben zu akzeptieren, Risiken einzugehen, Erfahrungen zu machen, keine Angst vor dem Leben zu haben. Haben Sie etwas Überraschendes gelernt? Hansen-Løve: Ja, über die Freude. Mir wurde bewusst, dass man nicht schlechten Gewissens kreativ sein muss. Leid ist Teil des kreativen Prozesses, zumindest für mich. Wenn ich meine Filme schreibe, muss ich tief in schmerzhafte Momente eintauchen. Aber man kann über schmerzhafte Erlebnisse und die grausamen Momente im Leben im Film reden und dabei doch eine Leichtigkeit im Ton haben, eine Freude beim Schreiben, beim Drehen. Da ist mir auch etwas über Ingmar Bergman klar geworden: Er wurde ja oft gefilmt am Set. Wir haben diese Vorstellung von Bergman als strenge, ernste Figur. Aber da wirkt er glücklich, voller Licht und Freude, seine Präsenz am Set hat fast etwas Kindliches. Das
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FOTOS: VIENNALE, FILMLADEN/JUDICAËL PERRIN
passt gut zur Sinnlichkeit seiner Filme, nur ist auch das etwas, das die Leute gerne vergessen. Es gibt einen Film im Film, wie kam es zu der Idee? Hansen-Løve: Das war keine Entscheidung auf einer theoretischen Ebene. Ich war auf Fårö, als ich den Film geschrieben habe, und es hat sich echt angefühlt, als ob sich dort Türen für mich öffnen würden. Ich habe mich freier gefühlt und enthemmter und ich wollte diese Konfusion auch einfangen, die es für mich gibt zwischen Leben und Fiktion, der Vergangenheit und der Gegenwart – und die Magie davon, die Freude daran. Es gibt eine Zirkulation von Gefühlen von der Realität zur Fiktion, von den Schauspielern zu den echten Personen, die sie inspiriert haben. Ich wollte die Form finden, die das widerspiegelt, und das war eben der Film im Film. Wie war ihre Beziehung zu Bergman vor „Bergman Island“? Hansen-Løve: Ich habe mit seinen Filmen in meinen Zwanzigern begonnen, und auch „Laterna Magica“, seine Biografie, habe ich schon früh gelesen. Ich bin wirklich gewachsen als Regisseurin, weil ich mir seine Filme immer wieder angesehen habe, ohne dass ich notwendigerweise ausdrücken könnte, warum sie so wichtig für mich waren. Ein
Grund, warum ich diesen Film machen wollte, war auch, weil ich ihm damit näherkam und herausfinden konnte, warum seine Filme so universell und so stark sind. Ich war zwischen 2015 und 2019 fünf Mal auf der Insel und noch immer wurde es mir nicht langweilig. Es hätte ja auch sein können, dass es einen erstickt, aber tatsächlich vermisse ich diesen Ort. Als der Dreh vorbei war und ich aus familiären Gründen den Lockdown in Paris verbringen musste, trug ich ihn in mir, es war ein sicherer Ort, ein Ort der Meditation, zu dem ich immer zurückkehren konnte. Das hat mir echt geholfen, mit der Pandemie zurechtzukommen. Bergman ist immer noch ein Teil meines Lebens, ich habe erst vor zwei Wochen wieder einen Film von ihm gesehen. Es gibt Regisseure deren Werk so tief und komplex ist, dass man Zeit seines Lebens darauf zurückgreifen kann und nie „fertig“ ist damit, herauszufi den, worum es geht.
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dann muss man verloren gehen, um sich wiederfinden zu können.
Mia Hansen-Løve, geboren 1981, entstammt einer Familie mit österreichisch-dänischen Wurzeln. Sie wirkte als Schauspielerin in „Fin août, début septembre“ (1998) und „Les destinées sentimentales“ (2000) mit, zwei Filmen ihres späteren Lebensgefährten Olivier Assayas, bevor sie 2007 mit „Tout est pardonné“ selbst als Regisseurin debütierte
Sie sagten, Sie haben Tim Roth wegen seiner „femininen Seite“ ausgesucht. Was genau meinen Sie damit? Hansen-Løve: Er hat diese Männlichkeit, seine Rollen bei Tarantino, er spielt oft Bösewichte, kann furchteinfl ßend sein. Aber in seinen Bewegungen ist er auch weiblich, es gibt eine gewisse Unbeholfenheit, eine Zerbrechlichkeit. Er schaut sehr selbstbewusst, aber ich sehe da noch etwas anderes. Das habe ich für die Figur benützt, sehr diskret. Ich wollte nicht, dass sie zur Karikatur wird, der selbstbewusste Regisseur, der alles über Bergman weiß. Er ist auch noch jemand anderer. Tim hat das auch, deshalb fand ich ihn anziehend für diese Rolle. Sie hatten Vicky Krieps zuerst und dann haben Sie ihren Ehemann gecastet? Hansen-Løve: Ja genau. Es war anfangs nicht Vicky, sondern Greta Gerwig, die musste aber dann gleichzeitig bei ihrem eigenen Film Regie führen, es ging nicht anders. Also kam Vicky relativ spät dazu, aber ich könnte mir inzwischen niemand anderen mehr in der Rolle vorstellen. Sie begann 2018 alleine zu drehen, und dann kam Tim ein Jahr später dazu, das war eine seltsame Erfahrung, aber auch interessant. F
Es gibt doch von jedem unterschiedliche Versionen in unterschiedlichen Zeitaltern und Kontexten ... Hansen-Løve: In „Persona“ fragt jemand: „Kann man zwei unterschiedliche Personen zur selben Zeit sein?“ Darum geht es in meinen Filmen oft. Wenn man schreibt, versucht man herauszufinden, wer man ist. Und manchmal weiß man das und manchmal gar nicht,
»Ein fesselnder Musikfi lm« Rolling Stone
„Ein absoluter Höhepunkt auf der Berlinale.“
„Zum Staunen.“
Abendzeitung
AB 5.11. IM KINO
AB 12.11. IM KINO
3sat Kulturzeit
DER FALTER-VIENNALE-PLANER 21 FR, 22.10.
STADTKINO
IM KÜNSTLERHAUS
METRO KINOKULTURHAUS
GARTENBAUKINO
Viennale-Trailer 2021: But Why?
Seperti Dendam Rindu Harus Dibayar Tuntas
MO, 25.10. Spencer
DI, 26.10. 11.00 Überraschungsfi m
(Terence Davies, GB/Ö 2021, 2 min)
14.30
The Card Counter
French Exit
Serre moi fort
14.00 Bergman Island
14.00 France
(Paul Schrader, USA/GB/CHN 2021, OF, 112 min)
(Azazel Jacobs, CAN/IRL/GB 2020, OmU, 113 min)
(Mathieu Amalric, F 2021, OmU, 97 min)
(Mia Hansen-Løve, F/D/B/SWE 2021, OmU, 113 min)
(Bruno Dumont, F/D/IT/BHS 2021, OmU, 133 min)
17.30
French Exit
Annette
Cow
17.00 Ha’berech
17.15 Red Rocket
(Azazel Jacobs, CAN/IRL/GB 2020, OmU, 113 min)
(Leos Carax, F/D/B/J/MEX 2020, OmU, 140 min)
(Andrea Arnold, GB 2019, OF, 94 min)
(Nadav Lapid, F/D/IL 2021, OmenglU, 109 min)
(Sean Baker, USA 2021, OmU, 128 min)
20.30
Moneyboys
Serre moi fort
Bergman Island
20.00 France
Memoria
(C.B. Yi, Ö/F/B/TWN 2021, OmU, 120 min)
(Mathieu Amalric, F 2021, OmU, 97 min)
(Mia Hansen-Løve, F/D/B/SWE 2021, OmU, 113 min)
(Bruno Dumont, F/D/IT/BHS 2021, OmU, 133 min)
(Apichatpong Weerasethakul, COL/THA/GB/MEX/F/ CH/TWN 2021, OmenglU, 136 min)
23.00
23.30 Benedetta
23.15 Les Olympiades
23.15 The Power of the Dog
23.15 Marx può aspettare
23.15 Tout s’est bien passé
(Paul Verhoeven, F 2021, OmU, 127 min)
(Jacques Audiard, F 2021, OmenglU, 106 min)
(Jane Campion, NZL/AUS 2021, OmU, 126 min)
(Marco Bellocchio, IT 2021, OmenglU, 95 min)
(François Ozon, F/B 2021, OmU, 113 min)
11.00
The Terence Davies Trilogy
Herr Bachmann und seine Klasse
The Deep Blue Sea
(Maria Speth, D 2021, OmenglU, 217 min)
(Terence Davies, GB/USA 2011, OF, 98 min)
Piano sul pianeta (malgrado tutto, coraggio Francesco!)
Quién lo impide
(Terence Davies, GB 1976−1983, OF, 102 min)
13.30
SebastianO
15.30 Checkpoint Berlin
Pejzazi otpora
No táxi do Jack
(Fabrizio Ferraro, IT 2016, englOF, 89 min)
(Fabrizio Ferraro, IT 2020, OmenglU, 64 min)
(Marta Popivoda, SRB/F/D 2021, OmU, 95 min)
(Susana Nobre, P 2021, OmenglU, 70 min)
16.00
The Storms of Jeremy Thomas
17.30 De cierta manera
Outside Noise
15.15 Krai
(Mark Cousins, GB 2021, OF, 94 min)
(Sara Gómez, Kuba 1974–1977, OmU, 73 min)
(Ted Fendt, D/KOR/Ö 2021, OmenglU, 61 min)
(Aleksey Lapin, Ö 2021, OmenglU, 123 min)
(Ekaterina Selenkina, RUS/NL 2021, OmenglU, 73 min)
Eles transportan a morte
19.15 Kurzfilme von Sara Gómez
Alraune
Das Wachsfigurenkabinett
(Henrik Galeen, D 1927, OmU, 130 min)
(Paul Leni, D 1924, OmU, 81 min)
21.15 Les Sorcières de l’Orient
Dal pianeta degli umani
(Julien Faraut, F 2021, OmenglU, 100 min)
(Giovanni Cioni, IT/B/F 2021, OmenglU, 82 min)
18.30
L’ Événement
(Audrey Diwan, F 2021, OmU, 100 min)
(Helena Girón, Samuel M. Delgado, E/COL 2021, OmenglU, 75 min)
21.00
Wet Sand
13.00 15.30 18.00
(Terence Davies, GB 2021, OF, 137 min)
(Sara Gómez, Kuba 1964–1968, OmenglU, 50 min)
(Edwin, IDN/SGP/D 2021, OmenglU, 114 min)
Der Golem (Henrik Galeen, Paul Wegener, D 1915, OF, 25 min)
Der Golem, wie er in die Welt kam
(Pablo Larraín, D/GB 2021, OmU, 111 min)
(Fabrizio Ferraro, IT 2010, OmenglU, 80 min)
(Jonás Trueba, E 2021, OmenglU, 220 min)
Obkhodniye puti
(Paul Wegener, Carl Boese, D 1920, OmU, 91 min)
20.30 Ras vkhedavt, rodesac cas vukurebt?
Beatrix
(Alexandre Koberidze, D/GEO 2021, OmU, 150 min)
(Milena Czernovsky, Lilith Kraxner, Ö 2021, OmU, 95 min)
A Night of Knowing Nothing
The Storms of Jeremy Thomas
12.15 Wet Sand
1970
11.30 Jia ting lu xiang
(Payal Kapadia, F/IND 2021, OmenglU, 96 min)
(Mark Cousins, GB 2021, OF, 94 min)
(Elene Naveriani, CH/GEO 2021, OmenglU, 115 min)
(Tomasz Wolski, PL 2021, OmenglU, 70 min)
(Wang Qiong, USA 2021, OmenglU, 174 min)
Distant Voices, Still Lives
Blutsauger
15.15 Das Mädchen und die Spinne
(Julian Radlmaier, D 2021, OmenglU, 125 min)
(Ramon Zürcher, Silvan Zürcher, CHE 2021, OmenglU, 98 min)
Pejzazi otpora
(Terence Davies, GB 1988, OF, 84 min)
15.00 The First 54 Years: An Abbreviated Manual for Military Occupation
Krai
18.30 Obkhodniye puti
Eles transportan a morte
(Elene Naveriani, CH/GEO 2021, OmU, 115 min)
(Helena Girón, Samuel M. Delgado, E/COL 2021, OmenglU, 75 min)
(Marta Popivoda, SRB/F/D 2021, OmenglU, 95 min)
Vida comienza, vida termina
(Rafael Palacio Illingworth, CH/ARG/USA 2021, OmenglU, 84 min)
(Avi Mograbi, F/IL/D/FL 2021, OmenglU, 110 min)
Stories from the Sea
(Aleksey Lapin, Ö 2021, OmenglU, 123 min)
(Ekaterina Selenkina, RUS/NL 2021, OmenglU, 73 min)
20.30
21.00 La veduta luminosa
A Chiara
20.15 The Inheritance
(Fabrizio Ferraro, IT/E 2021, OmenglU, 88 min)
(Jonas Carpignano, IT/F 2021, OmenglU, 120 min)
(Ephraim Asili, USA 2021, OF, 100 min)
23.00
23.15 Hygiène sociale
23.30 El perro que no calla
Qué será del verano
23.15 Colossale sentimento
23.15 In-teu-ro-deok-syeon
(Denis Côté, CAN 2021, OmenglU, 76 min)
(Ana Katz, ARG 2020, OmenglU, 73 min)
(Ignacio Ceroi, ARG 2021, OmenglU, 86 min)
(Fabrizio Ferraro, IT 2016, OmenglU, 85 min)
(Hong Sangsoo, KOR 2021, OmenglU, 66 min)
Quando dal cielo
A Chiara
Una película de policías
(Jonas Carpignano, IT/F 2021, OmenglU, 120 min)
(Alonso Ruizpalacios, MEX 2021, OmenglU, 107 min)
Il buco
(Fabrizio Ferraro, IT 2015, OmenglU, 93 min)
Una película de policías
Gli indesiderati d’Europa
Medusa
Nous
(Alonso Ruizpalacios, MEX 2021, OmU, 107 min)
(Fabrizio Ferraro, IT/E 2017, OmenglU, 112 min)
13.30
URANIA
11.00 Benediction
SO, 24.10.
11.30
11.00
16.00 18.30 21.00
Faya Dayi
(Jessica Beshir, ETH/USA/QAT 2021, OmenglU, 118 min)
Noche de fuego
(Tatiana Huezo, MEX/D/BRA/CH/USA/QAT 2020, OmenglU, 110 min)
Ali & Ava
16.00
(Yuri Ancarani, IT/F/USA/QAT 2021, OmenglU, 100 min)
16.15 Sunset Song
18.00 Women Do Cry
Das Mädchen und die Spinne
Anschließend Werkstattgespräch mit Terence Davies
(Vesela Kazakova, Mina Mileva, BGR/F 2021, OmU, 107 min)
20.45 Herr Bachmann und seine Klasse (Maria Speth, D 2021, OmenglU, 217 min)
(Theo Anthony, USA 2021, OmenglU, 109 min)
(Ramon Zürcher, Silvan Zürcher, CHE 2021, OmenglU, 98 min)
21.30 Medusa
(Anita Rocha da Silveira, BRA 2021, OmenglU, 127 min)
Qué será del verano
(Terence Davies, GB/LUX 2015, OF, 135 min)
The First 54 Years: An Abbreviated Manual for Military Occupation (Avi Mograbi, F/IL/D/FL 2021, OmenglU, 110 min)
(Anita Rocha da Silveira, BRA 2021, OmenglU, 127 min)
(Jola Wieczorek, Ö 2021, OmU, 86 min)
Ha’berech (Nadav Lapid, F/D/IL 2021, OmenglU, 109 min)
(Michelangelo Frammartino, IT/F/D 2021, OmenglU, 93 min)
(Alice Diop, F 2020, OmenglU, 115 min)
16.30 Petite Solange
El gran movimiento
(Axelle Ropert, F 2021, OmenglU, 86 min)
(Kiro Russo, BOL/F/QAT/CH 2021, OmenglU, 85 min)
Seperti Dendam Rindu Harus Dibayar Tuntas
Piligrimai
(Edwin, IDN/SGP/D 2021, OmenglU, 114 min)
(Laurynas Bareiša, LTU 2021, OmenglU, 92 min)
20.30 Blutsauger
21.15 Au bord du monde
Ras vkhedavt, rodesac cas vukurebt?
(Julian Radlmaier, D 2021, OmenglU, 125 min)
(Gaspar Noé, F/B/MCO 2021, OmenglU, 142 min)
(Alexandre Koberidze, D/GEO 2021, OmU, 150 min)
Futura
The Long Day Closes
Ste. Anne
(Terence Davies, GB 1992, OF, 83 min)
(Rhayne Vermette, CAN 2021, OmenglU, 80 min)
(Ignacio Ceroi, ARG 2021, OmenglU, 86 min)
(Pietro Marcello, Francesco Munzi, Alice Rohrwacher, IT 2020, OmenglU, 110 min)
Kurzfilmprogramm 1: Inheritances
Kurzfilmprogramm 2: Reconfiguring the Earth
Kurzfilmprogramm 3: Human Material
Kurzfilmprogramm 4: The Scope of Dreams
Kurzfilmprogramm 5: Social Skins
(D/Ö/E/MEX/GB 2020/21, OmenglU, 70 min)
(BRA/NL/GB/IDN 2021, OmenglU, 75 min)
(Ö/GB/E/VEN/CHL 2021, OmenglU, 67 min)
(F/E/P/Ö/CAN 2021, OmenglU, 69 min)
(Ö/D/B/P 2021, OmenglU, 74 min)
13.30 A River Runs, Turns, Erases, Replaces (Zhu Shengze, USA 2020, 87 min)
18.30 21.00
Atlantide
(Clio Barnard, GB 2021, OmU, 95 min)
11.00 All Light, Everywhere
13.30
FILMMUSEUM
SA, 23.10.
Atlantide
(Yuri Ancarani, IT/F/USA/QAT 2021, OmenglU, 100 min)
The House of Mirth
The Inheritance
(Terence Davies, GB/F/D/USA 2000, OmU, 135 min)
(Ephraim Asili, USA 2021, OF, 100 min)
20.30 Benediction (Terence Davies, GB 2021, OF, 137 min)
Nous disons révolution
(Elisabeth Perceval, Nicolas Klotz, F 2021, OmenglU, 127 min)
(François Ozon, F/B 2021, OmU, 113 min)
(Claire Simon, F 2021, OmenglU, 95 min)
11.30 Au bord du monde
Land of Dreams
Cow
(Gaspar Noé, F/B/MCO 2021, OmenglU, 142 min)
SA, 30.10.
SO, 31.10.
Suzanna Andler
10.30 The Power of the Dog
(Benoît Jacquot, F 2020, OmenglU, 88 min)
(Jane Campion, NZL/AUS 2021, OmU, 126 min)
11.30
Re Granchio
(Alessio Rigo de Righi, Matteo Zoppis, IT/ARG/F 2021, OmenglU, 106 min)
13.30 Hytti nro 6
(Andrea Arnold, GB 2019, OF, 94 min)
(Juho Kuosmanen, FL/D/EST/RUS 2021, OmU, 107 min)
14.30
The Power of the Dog
Jaddeh khaki
Zeros and Ones
18.30 Verdens verste menneske
(Jane Campion, NZL/AUS 2021, OmU, 126 min)
(Panah Panahi, IRN 2021, OmU, 93 min)
(Abel Ferrara, D/GB/IT/USA 2021, OF, 85 min)
(Joachim Trier, NOR/F/SWE/DK 2021, OmU, 127 min)
17.30
Red Rocket
20.15 Benedetta (Paul Verhoeven, F 2021, OmU, 127 min)
20.15 Große Freiheit
The Card Counter
(Sean Baker, USA 2021, OmU, 128 min)
23.30 Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song (Daniel Geller, Dayna
The Souvenir: Part II (Joanna Hogg, IRL/GB 2021, OF, 106 min)
(Shirin Neshat, Shoja Azari, USA/D/QAT 2021, OmenglU, 113 min)
Land of Dreams
(Shirin Neshat, Shoja Azari, USA/D/QAT 2021, OmenglU, 113 min)
20.30
(Sebastian Meise, Ö/D 2021, OmenglU, 116 min)
(Paul Schrader, USA/GB/CHN 2021, OF, 112 min)
Songs for Drella
Annette
Spencer
22.30 Verdens verste menneske
(Ed Lachman, USA/GB 1990/2021, OF, 55 min)
(Leos Carax, F/D/B/J/MEX 2020, OmU, 140 min)
(Pablo Larraín, D/GB 2021, OmU, 111 min)
(Joachim Trier, NOR/F/SWE/DK 2021, OmU, 127 min)
Of Time and the City
Dal pianeta degli umani
A Quiet Passion
Historya ni Ha
Marx può aspettare
(Terence Davies, GB 2008, OF, 79 min)
(Giovanni Cioni, IT/B/F 2021, OmenglU, 82 min)
(Terence Davies, GB/B 2016, OF, 124 min)
(Lav Diaz, PHL 2021, OmenglU, 250 min)
(Marco Bellocchio, IT 2021, OmenglU, 95 min)
13.00 Nous disons révolution
All Light, Everywhere
Dirty Feathers
Goldfine, USA 2021, OF, 116 min)
(Elisabeth Perceval, Nicolas Klotz, F 2021, OmenglU, 127 min)
Pa vend
(Samir Karahoda, Kosovo 2021, OmenglU, 15 min)
Rampart
(Marko Grba Singh, SRB 2021, OmenglU, 62 min)
After the Veridct
(Henrik Galeen, GB 1929, OF, 70 min)
Stadt in Sicht
(Henrik Galeen, D 1923, OmU, 63 min)
21.30 Vida comienza, vida termina
(Rafael Palacio Illingworth, CH/ARG/USA 2021, OmenglU, 84 min)
Ste. Anne
14.00 Fantastic Chomón, 1904–1909
From Pathé Frères to Ibérico, 1907–1912 Beatrix
(Milena Czernovsky, Lilith Kraxner, Ö 2021, OmU, 95 min)
A River Runs, Turns, Erases, Replaces
(Segundo de Chomón, E/F 1907–1912, OF, 64 min)
(Zhu Shengze, USA 2020, 87 min)
16.00
Der Student von Prag
Auf gefährlichen Spuren
Cenzorka
(Henrik Galeen, D 1926, OmU, 133 min)
(Harry Piel, D 1924, OmU, 89 min)
(Péter Kerekes, SVK/CZ/UKR 2021, OmenglU, 93 min)
21.15 Haruharasan no uta
Gûzen to sôzô
El perro que no calla
(Sugita Kyoshi, J 2021, OmenglU, 120 min)
(Hamaguchi Ryûsuke, J 2021, OmU, 121 min)
(Ana Katz, ARG 2020, OmenglU, 73 min)
(Pietro Marcello, Francesco Munzi, Alice Rohrwacher, IT 2020, OmenglU, 110 min)
12.30 Faya Dayi
12.00 The Souvenir
The Souvenir: Part II
Ali & Ava
(Joanna Hogg, GB 2019, OF, 115 min)
(Joanna Hogg, IRL/GB 2021, OF, 106 min)
(Clio Barnard, GB 2021, OmU, 95 min)
Friends and Strangers
Mbah jhiwo (Alvaro Gurrea, E 2021, OmenglU, 93 min)
Vous ne désirez que moi (Claire Simon, F 2021, OmenglU, 95 min)
Futura
(Jessica Beshir, ETH/USA/QAT 2021, OmenglU, 118 min)
El Planeta
15.00 Kelti
14.30 Moneyboys
15.15 Große Freiheit
(Amalia Ulman, E/USA 2020, OmenglU, 82 min)
(Milica Tomović, SRB 2021, OmenglU, 106 min)
(C.B. Yi, Ö/F/B/TWN 2021, OmenglU, 120 min)
(Sebastian Meise, Ö/D 2021, OmenglU, 116 min)
(James Vaughan, AUS 2021, OF, 84 min)
Retour à Reims (fragments)
17.45 Memoria
17.30 Cenzorka
Haruharasan no uta
18.15 Re Granchio
(Jean-Gabriel Périot, F 2021, OmenglU, 80 min)
(Apichatpong Weerasethakul, COL/THA/GB/MEX/F/ CH/TWN 2021, OmenglU, 136 min)
20.15 Diários de Otsoga
21.30 Piligrimai
(Péter Kerekes, SVK/CZ/UKR 2021, OmenglU, 93 min)
(Sugita Kyoshi, J 2021, OmenglU, 120 min)
(Alessio Rigo de Righi, Matteo Zoppis, IT/ARG/F 2021, OmenglU, 106 min)
20.00 Songs for Drella
21.00 Esquirlas
21.00 Drive My Car
(Laurynas Bareiša, LTU 2021, OmenglU, 92 min)
(Ed Lachman, USA/GB 1990/2021, OF, 55 min)
(Natalia Garayalde, ARG 2020, OmenglU, 70 min)
(Hamaguchi Ryûsuke, J 2021, OmenglU, 179 min)
Dangsin-eolgul-apeseo
A Night of Knowing Nothing
22.00 Drive My Car
The Sparks Brothers
(Hong Sangsoo, KOR 2021, OmenglU, 85 min)
(Payal Kapadia, F/IND 2021, OmenglU, 96 min)
(Hamaguchi Ryûsuke, J 2021, OmenglU, 179 min)
(Edgar Wright, USA 2020, OmU, 140 min)
Letter from Your Far-Off ountry
Noche de fuego
Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song
Gûzen to sôzô
The Sparks Brothers
(Hamaguchi Ryûsuke, J 2021, OmenglU, 121 min)
(Edgar Wright, USA 2020, OmU, 140 min)
Crai nou
Les Olympiades
14.00 Zeros and Ones
(Alina Grigore, RO 2021, OmenglU, 85 min)
(Jacques Audiard, F 2021, OmU, 106 min)
(Abel Ferrara, D/GB/IT/USA 2021, OF, 85 min)
15.45 Intregalde
(Suneil Sanzgiri, USA/IND 2020, OmenglU, 18 min) Bicentenario (Pablo Alvarez Mesa, COL/CAN 2021, OmenglU, 43 min)
La veduta luminosa
(Tatiana Huezo, MEX/D/BRA/CH/USA/QAT 2020, OmenglU, 110 min)
Delo
(Fabrizio Ferraro, IT/E 2021, OmenglU, 88 min)
(Aleksey German Jr., RUS/D/CAN 2021, OmenglU, 106 min)
Les Sorcières de l’Orient
Diários de Otsoga
(Daniel Geller, Dayna Goldfine, USA 2021, OF, 116 min)
Tout s’est bien passé
16.30 Dangsin-eolgul-apeseo
(François Ozon, F/B 2021, OmU, 113 min)
(Hong Sangsoo, KOR 2021, OmenglU, 85 min)
18.45 Intregalde
Suzanna Andler
Kelti
Petite maman – Als wir Kinder waren
(Radu Muntean, RO 2021, OmenglU, 104 min)
(Benoît Jacquot, F 2020, OmenglU, 88 min)
(Milica Tomović, SRB 2021, OmenglU, 106 min)
(Céline Sciamma, F 2021, OmenglU, 73 min)
21.15 Crai nou
21.30 Jaddeh khaki
Babi Yar. Context
21.15 Marinheiro das montanhas
El gran movimiento
(Alina Grigore, RO 2021, OmU, 85 min)
(Panah Panahi, IRN 2021, OmU, 93 min)
(Sergei Loznitsa, NL/UKR 2021, OmenglU, 120 min)
(Karim Ainouz, BRA/F/D 2021, OmenglU, 98 min)
(Kiro Russo, BOL/F/QAT/CH 2021, OmenglU, 85 min)
In-teu-ro-deok-syeon
Mbah jhiwo
Hygiène sociale
(Hong Sangsoo, KOR 2021, OmU, 66 min)
(Alvaro Gurrea, E 2021, OmenglU, 93 min)
(Denis Côté, CAN 2021, OmU, 76 min)
Kurzfilmprogramm 8: A Radiant Earth
Babi Yar. Context
Stories from the Sea
(Sergei Loznitsa, NL/UKR 2021, OmenglU, 120 min)
(Jola Wieczorek, Ö 2021, OmenglU, 86 min)
(Miguel Gomes, Maureen Fazendeiro, P 2021, OmenglU, 102 min)
18.45 Hytti nro 6
The Neon Bible
Pa vend
(Samir Karahoda, Kosovo 2021, OmenglU, 15 min)
(Terence Davies, GB 1995, OF, 91 min)
Rampart
Kurzfilmprogramm 6: Mysterious Objects
Kurzfilmprogramm 7: A Certain Intimacy
(GB/NL/Ö/KOR/THAI 2020/21, OmenglU, 72 min)
(Marko Grba Singh, SRB 2021, OmenglU, 62 min)
(GB/F/IT/Ö 2020/21, OmenglU, 66 min)
No táxi do Jack
(HK/CH/E/CAN 2021, OmenglU, 76 min)
Marinheiro das montanhas
(Susana Nobre, P 2021, OmenglU, 70 min)
(Karim Ainouz, BRA/F/D 2021, OmenglU, 98 min)
21.30 Retour à Reims (fragments) (Jean-Gabriel Périot, F 2021, OmenglU, 80 min)
19.00 Train Again
(Peter Tscherkassky, Ö 2021, 20 min)
Outside Noise
(Ted Fendt, D/KOR/Ö 2021, OmenglU, 61 min)
18.30 21.00 13.00 15.30 18.00 20.30 23.00
(Radu Muntean, RO 2021, OmenglU, 104 min)
(Julien Faraut, F 2021, OmenglU, 100 min)
(Juho Kuosmanen, FL/D/EST/RUS 2021, OmU, 107 min)
11.00 13.30
(Carlos Alfonso Corral, USA/MEX 2021, OmenglU, 75 min)
(Rhayne Vermette, CAN 2021, OmenglU, 80 min)
(Miguel Gomes, Maureen Fazendeiro, P 2021, OmenglU, 102 min)
23.00
(Segundo de Chomón, E/F/IT 1904–1909, OF, 58 min)
(Theo Anthony, USA 2021, OmenglU, 109 min)
GARTENBAUKINO
Vous ne désirez que moi
FR, 29.10. 6.30 Tout s’est bien passé
METRO KINOKULTURHAUS
11.30 Petite maman – Als wir Kinder waren (Céline Sciamma, F 2021, OmU, 73 min)
DO, 28.10.
L’ Événement (Audrey Diwan, F 2021, OmU, 100 min)
STADTKINO
(Pablo Larraín, D/GB 2021, OmU, 111 min)
Viennale-Trailer 2021: But Why? (Terence Davies, GB/Ö 2021, 2 min)
IM KÜNSTLERHAUS
MI, 27.10. 6.30 Spencer
GARTENBAUKINO: 19.00; STADTKINO: 20.30; METRO, FILMMUSEUM, URANIA: 21.00
Features Shorts Kinematografie Fabrizio Ferraro Monografien Terence Davies und Henrik Galeen Historiografien Segundo de Chomón und Sara Gómez
Esquirlas (Natalia Garayalde, ARG 2020, OmenglU, 70 min)
Il buco
(Michelangelo Frammartino, IT/F/D 2021, OmenglU, 93 min)
11.00 13.30 16.00
URANIA
falter.at/viennale
ERÖFFNUNG 21.10.,
18.30 21.00 13.30 16.00 18.30
FILMMUSEUM
Alle Termine, alle Kinos auf einen Blick
21.00
OF Originalfassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln englOF englische Originalfassung
FILM AS A SUBVERSIVE ART 2021
KURZFILMPROGRAMM 1 Patrick (Luke Fowler, GB 2020, 21 min, OF) Glimpses from a Visit to Orkney in Summer 1995 (Ute Aurand, D/GB 2020, 5 min, stumm) Querida Chantal/Dear Chantal (Nicolás Pereda, MEX/E 2021, 5 min, OmeU)
Sekundenarbeiten
(Christiana Perschon, Ö 2021, 14 min, OmeU) Das Rad (Friedl vom Gröller, Ö 2021, 3 min, stumm) Renate (Ute Aurand, D 2021, 6 min, OF)
A TRIBUTE TO AMOS VOGEL
arrojalatierra, throwtheground
(Valentina Alvarado Matos, E 2021, 16 min, OmeU)
KURZFILMPROGRAMM 2 Sol de campinas
RETROSPEKTIVE 22. OKTOBER BIS 25. NOVEMBER
(Jessica Sarah Rinland, BRA 2021, 27 min, OmeU) Scylos (Maaike Anne Stevens, NL/GB 2021, 22 min, eOF) Tellurian Drama (Riar Rizaldi, IDN 2021, 26 min, OmeU)
KURZFILMPROGRAMM 3 La sangre es blanca (Óscar Vincentelli, E/VEN 2021, 13 min, kein Dialog) Los huesos/The Bones (Cristóbal León, Joaquín Cociña, Chile 2021, 14 min, OmeU) Train Again (Peter Tscherkassky, Ö 2021, 20 min, kein Dialog)
Fr 22.10.
18.30 Ein Pool ohne Wasser / Mizu no nai puru
11.00 Ent-Anthropozentrieren, neuorienteren
(Wakamatsu Kōji, J 1982, OmenglU, 103 min)
(Fergus Daly / Wolfgang Lehmann / Silvi Simon / Alexandre Larose / Cecilia Bengolea / Jayne Parker / Karel Doing / Zélie Parraud, F/GB/IRL/CAN/NL 2008–2021, OF, 64 min)
So 31.10.
11.00 Die Radikalen des Südens (a) – Käfigregen / Lluvia de jaulas (César González, ARG 2019, OmenglU, 82 min)
18.30 Diagnose, rückwärts Giverny’s Cusp + Cinetracts
(Julia Fuhr Mann / Marie Losier / Mara Mattuschka, Chris Haring / Sarah Pucill, D/Ö/GB/USA 2009–2018, englOF, 83 min)
(Marie Hugonnier, F/GB 2017 / 2019, 10 + 57 min)
Ö 2021, 15 min, kein Dialog)
11.00 Quality Control
(Maxime Jean-Baptiste FG/B/SN 2018 / 2021, englOF, 124 min)
(Lois Patiño, Matías Piñeiro, E/P 2021, 19 min, OmeU) Elle (Luise Donschen, D 2021, 14 min, OmeU)
18.30 Nicht-menschliche Körper
A Human Certainty
21.30 Subversion als Performance
(Morgan Quaintance, GB 2021, 20 min, OF)
KURZFILMPROGRAMM 4 Silabario (Marine de Contes, F 2021, 14 min, OmeU) As time goes by (Wilbirg Brainin-Donnenberg,
Sa 23.10.
Sycorax
(Kevin Jerome Everson, USA 2011, OF, 71 min)
under the microscope
(Charlotte Pryce / Carolina Charry Quintero / David Gatten / Guillaume Cailleau / Amy Cutler, USA/COL/D/GB 2004–2018, OmenglU, 77 min)
(Michaela Grill, Ö/CAN 2021, 7 min, kein Dialog)
KURZFILMPROGRAMM 5
So 24.10.
Nullo (Jan Soldat, Ö/D 2021, 16 min, OmeU) The Capacity for Adequate Anger
11.00 Measures of Distance
(Vika Kirchenbauer, D 2021, 15 min, eOF)
Demain et encore demain / Journal 1995 / Morgen und wieder morgen / Tagebuch 1995
Mo 1.11.
(Henry Hills, Ö/B 2021, 12 min, kein Dialog) 2020 (Friedl vom Gröller, Ö 2021, 2 min, stumm) Hotel Royal (Salomé Lamas, P 2021, 29 min, OmeU)
Di 2.11.
(Fergus Daly / Wolfgang Lehmann / Silvi Simon / Alexandre Larose / Cecilia Bengolea / Jayne Parker / Karel Doing / Zélie Parraud, F/GB/IRL/CAN/NL 2008–2021, OF, 64 min)
(Florent Marcie / Radu Jude / Pablo Martín Weber, F/RO/ARG 2018–2021, OmenglU, 129 min)
21.15 Phantasiesätze
Mi 3.11.
(Dane Komljen, D/DK 2017, OmenglU, 17 min)
Mo 25.10.
(Vincent Meessen, FG/B/SN 2018 / 2021, englOF, 124 min)
18.30 Fleisch und Bissen
(Dominique Cabrera, F 1997, OmenglU, 79 min)
KURZFILMPROGRAMM 6
Just A Movement
21.00 Ent-Anthropozentrieren, neuorienteren
(Mona Hatoum, GB 1988, OF, 16 min)
Social Skills
Strange Object (Miranda Pennell, GB 2020, 15 min, OF) Een weefsel van licht/A Weave of Light
21.00 Ent-Hierarchisieren, vertiefen Nou voix
Das Block
21.00 Yuheisha – Gefangener / Terrorist (Adachi Masao, J 2006, OmenglU, 113 min)
(Chris Wright, Stefan Kolbe, D 2006, OmenglU, 75 min)
18.30 Kurzfilmprogramm
Le-deu-pil-teo-ga cheol-hoe-doeb-ni-da/ The red filter is withdrawn (Kim Minjung, KOR 2021) Nesting Endless
11.00 As Far As Yearning + Baalbek
(Terayama Shuji / Matsumoto Toshio / Okabe Michio / Iimura Takahiko, J 1974–1978, OmU, 51 min)
(Karl-Heinz Klopf, Ö 2021, 25 min, OmeU) Night Colonies (Apichatpong Weerasethakul, USA/THAI 2021, 14 min, OmeU)
18.30 Sieben Mal am Tag beklagen wir unser Los …
(Bram Ruiter, NL 2021, 11 min, OmeU)
KURZFILMPROGRAMM 7 Surviving You, Always
(Ghassan Salhab, Mohamed Soueid, Akram Zaatari, LBN 2001 / 2017, OmenglU, 27 + 53 min)
Do 4.11.
(Susann Maria Hempel, D 2014, OF, 18 min)
Di 26.10.
(Morgan Quaintance, GB 2020, 18 min, OF)
21.00 Ein Pool ohne Wasser / Mizu no nai puru (Wakamatsu Kōji, J 1982, OmenglU, 103 min)
21.00 Subversion als Performance
Terra de ninguém / Niemandsland
Mi 10.11.
(Salomé Lamas, P 2013, OmenglU, 72 min)
(Julia Fuhr Mann / Marie Losier / Mara Mattuschka, Chris Haring / Sarah Pucill, D/Ö/GB/USA 2009–2018, englOF, 83 min)
House of Love
11.00 Die Radikalen des Südens (b) – Der Triumph von Sodom / El triunfo de Sodoma
18.30 Quality Control
(Pierre Creton, F 2021, 21 min, kein Dialog)
The Parents’ Room
(Goyo Anchou, ARG 2020, OmenglU, 82 min)
(Diego Marcon, IT /GB 2021, 11 min, eOF)
21.00 The Insomnia of a Serial Dreamer
21.00 Nicht-menschliche Körper
Some Kind of Intimacy
(Toby Bull, GB/F 2021, 6 min, OF)
Mi 27.10.
KURZFILMPROGRAMM 8
(Mohamed Soueid, LB 2020, OmenglU, 170 min)
Happy Valley
11.00 Die Radikalen des Südens (c) – Viehdiebe / Cuatreros
Inner Outer Space
18.30 Fleisch und Bissen
(Simon Liu, HK 2021, 13 min, kein Dialog)
(Daïchi Saïto, CAN 2021, 30 min, kein Dialog)
Do 28.10.
Parenthèse
Un bananero no es casualidad/ A Banana Tree Is no Coincidence
Vorverkauf ab 16. Oktober, tägl. ab 10 Uhr GARTENBAUKINO: 16. bis 20. Oktober täglich 10 bis 20 Uhr, 21. Oktober von 10 bis 17 Uhr
Tickets Online 16. bis 31. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr viennale.at
Kartenverkauf Retrospektive An allen Viennale Kassen, online und telefonisch
(Florent Marcie / Radu Jude / Pablo Martín Weber, F/RO/ARG 2018–2021, OmenglU, 129 min)
Do 18.11.
(Maxime Jean-Baptiste FG/B/SN 2018 / 2021, englOF, 124 min)
Fr 29.10.
Just A Movement
(Vincent Meessen, FG/B/SN 2018 / 2021, englOF, 124 min)
11.00 Kurzfilmprogramm
Sa 30.10.
(Marie Hugonnier, F/GB 2017 / 2019, 10 + 57 min)
(Mohamed Soueid, LB 2020, OmenglU, 170 min)
(Dane Komljen, D/DK 2017, OmenglU, 17 min)
Das Block
(Chris Wright, Stefan Kolbe, D 2006, OmenglU, 75 min)
21.00 Sieben Mal am Tag beklagen wir unser Los …
(Susann Maria Hempel, D 2014, OF, 18 min)
Mi 24.11.
(Terayama Shuji / Matsumoto Toshio / Okabe Michio / Iimura Takahiko, J 1974–1978, OmU, 51 min)
21.30 Diagnose, rückwärts Giverny’s Cusp + Cinetracts
20.30 The Insomnia of a Serial Dreamer 18.30 Phantasiesätze
21.15 Ent-Hierarchisieren, vertiefen Nou voix
Tickets per Telefon 16. bis 31. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr 01/526 594 769 Ausverkaufte Vorstellungen: Ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für verfügbare Resttickets ausgegeben
(Ghassan Salhab, Mohamed Soueid, Akram Zaatari, LBN 2001 / 2017, OmenglU, 27 + 53 min)
(Adachi Masao, J 2006, OmenglU, 113 min)
(Luiza Gonçalves, ESP 2021, 10 min, OmeU)
(Charlotte Pryce / Carolina Charry Quintero / David Gatten / Guillaume Cailleau / Amy Cutler, USA/COL/D/GB 2004–2018, OmenglU, 77 min)
18.30 As Far As Yearning + Baalbek
11.00 Yuheisha – Gefangener / Terrorist
(Fabrice Aragno, CH 2021, 7 min, kein Dialog)
Kartenvorverkauf
Mo 17.11.
(Albertina Carri, ARG 2016, OmenglU, 83 min)
(Laida Lertxundi, ESP 2021, 16 min, OmeU)
earthearthearth
(Kevin Jerome Everson, USA 2011, OF, 71 min)
Terra de ninguém / Niemandsland (Salomé Lamas, P 2013, OmenglU, 72 min)
18.30 Measures of Distance (Mona Hatoum, GB 1988, OF, 16 min)
Do 25.11.
Demain et encore demain / Journal 1995 Morgen und wieder morgen /Tagebuch 1995 (Dominique Cabrera, F 1997, OmenglU, 79 min)
OF Originalfassung englOF englische Originalfassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln
TICKETS: TEL. 01/526 594 769 ODER WWW.VIENNALE.AT
V I E N N A L E 2 1 F A L T E R
Mit empathischer Zurückhaltung beobachtet: „Herr Bachmann und seine Klasse“
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Die Frage nach der Zukunft ist in „Futura“ oft Ausgangspunkt und Sehnsuchtsort zugleich
Richtung Zukunft mit Bedacht Zwei dokumentarische Arbeiten widmen sich der Lebensrealität der jungen Generation EINSCHULUNG: MARTIN NGUYEN
I
ch bin Alleinerzieherin und habe das nicht geplant, es war nicht einmal mein Plan, Kinder zu haben. Als ich schwanger wurde, war ich 23, aber es hat trotzdem total gepasst. Meine Familie war sehr positiv eingestellt. Leider hat die Beziehung nicht funktioniert, und als meine Tochter 18 Monate alt war, habe ich mich getrennt. Ich hatte allerdings keine Vorstellung, wie das sein würde oder dass ich Alleinerzieherin bleiben würde.
Martin Nguyen macht Filme und arbeitet in der Programmredaktion der Falter:Woche
FOTO: © MADONNEN FILM, VIENNALE
„Du lachst so schön, danke dir dafür!“ Kein
Lob, das man sich in einer Schulklasse von einem Lehrer erwarten würde. Stadtallendorf, eine Industriestadt im Westen Deutschlands: Dort, wo einem der süßliche Duft der Ferrero-Werke mit dem Metallgeruch der Eisengießerei in die Nase steigt, steht die Georg-Büchner-Gesamtschule. Hier unterrichtet Dieter Bachmann, Mitte 60, eine Klasse von Zwölf- bis 14-Jährigen. 19 Kinder aus zwölf Nationen. Bachmann ist kein gewöhnlicher Lehrer. Mit Strickhaube, Kapuzenpulli und AC/ DC-Shirt fällt er schon kleidungstechnisch auf. Der ehemalige Bildhauer und Musiker findet erst mit Anfang 40 auf dem zweiten Bildungsweg zum Lehrerberuf. Doch reiner Wissensvermittler will er nie sein. Zu sehr liegt ihm die eigene Schullaufbahn noch im Magen. Er setzt auf Reden und Zuhören, Klasse als Vertrauensraum. Maria Speth spiegelt in ihrem wunderbaren Dokumentarfilm „Herr Bachmann und seine Klasse“ den Ansatz und schafft einen fi mischen Vertrauensraum. Mit empathischer Zurückhaltung beobachtet sie in langen Einstellungen die Höhen und Tiefen eines Schuljahres, lässt Gespräche und Beziehungen in 217 Minuten heranreifen. Am Ende des Semesters werden sich die Wege der Kinder trennen, die Noten über die weitere Schullaufbahn entscheiden. Eine Entscheidung, die im Laufe des Films stets mitschwingt. Bachmann hat einen Blick auf die sozialen Lebensrealitäten der Kinder, die deren
Herr Bachmann und seine Klasse Urania: Fr, 22.10., 20.45 Uhr Metro: Sa, 23.10., 11 Uhr (OmenglU) Futura Filmmuseum: So, 24.10., 13.30 Uhr Metro: So, 31.10., 21 Uhr (OmenglU)
Aktionsradius bestimmen. Nicht jeder startet gleich. Jaime ist in Deutschland geboren, Steffi aus Bulgarien hingegen lernt erst seit ein paar Monaten Deutsch. Eltern sind hier keine Ressource, aber die Musik. Im Klassenraum gehören Instrumente fix zur Ausstattung, Musizieren und Singen stiftet Gemeinschaft. Unkonventionell bleibt Bachmann doch stets Autorität, die Entfaltungsmöglichkeiten aufzeigt. Auch in den Konflikten und Widersprüchen der Klassengemeinschaft in Fragen über Geschlechterrollen, Homosexualität, Heimat und Religion. Stille Mädchen werden dabei gestärkt, einfühlsame Burschen gelobt. Obwohl der Dreh bereits 2017 stattfand, wird mit Blick auf die pandemiebedingten Schulschließungen deutlich, wie wichtig der Klassenraum als soziale Wirkstätte ist. Der Film blickt immer wieder auf die Straßen von Stadtallendorf selbst: rauchende Schlote, die Tristesse einer von grünen Feldern umgebenen Industriestadt, in der türkische Bäcker ihr Auskommen suchen. Speth streift mit einem Klassenausflug zur NS-Gedenkstätte die Vergangenheit der Stadt. Für das ehemalige Arbeitslager wurden aus ganz Europa Zwangsarbeiter*innen für die Sprengstoffp oduktion hertransportiert. Der Film legt die Sedimentschichten der Kinderbiografien und der Stadtgeschichte frei, deren Oberfläche in Bachmanns Brennpunktklasse zusammenkommen. „Noten sind nur Momentaufnahmen“, erinnert Bachmann mit Nachdruck zu Schulschluss seine Schüler*innen. Der Film ist wiederum eine zu Herzen gehende Momentaufnahme im Leben der Kinder, die in ihrer Biografie und beim Publikum eindrücklich nachhallen wird. Man wünschte sich dann, jede Klasse hätte ihren Bachmann. Wie es Italiens Jugend geht, will der Doku-
mentarfilm „Futura“ in einer Kollaboration der festivalerprobten Filmemacher*innen Pietro Marcello, Francesco Munzi und Alice
Rohrwacher herausfinden. Anstatt auf unterschiedliche Episoden mit jeweiliger Handschrift zu setzen, entscheiden sich die Regisseur*innen für ein kollektives Werk in Reportageform. Ein Roadmovie quer durch Italien. Vom Norden in den Süden, gedreht auf 16-mm-Material. Raus auf die Straße, hin zu den jungen Protagonist*innen im Alter von 15 bis 20 Jahren. Die Frage nach der Zukunft ist Ausgangspunkt und Sehnsuchtsort zugleich. Wird sie besser? Wird sie schlechter? Was wünschen sie sich? Manch einer sieht die Gefahr in der Individualität und beklagt fehlende Solidarität. Die neue Religion ist der Glaube an sich selbst. Ein anderer sieht seine Zukunft nur außerhalb Italiens. Latente Unsicherheit ist quer durch alle Schichten spürbar. „Dream Big“ war gestern. Anfang 2020 in Angriff genommen, wird das
Porträt einer Jugend unbeabsichtigt auch zur Chronik der Pandemie. Die Sehnsucht nach einer Zukunft, wie sie früher war, ist noch stärker als zuvor. Die Alten waren ja rücksichtslos, beklagt ein junges Mädchen, das sich mit seinen Freundinnen am Seeufer im Schatten von Bäumen trifft. Sie ließen sich nicht einschränken, entdeckten die Welt auf ihre Art und Weise. Es entspinnen sich faszinierende Diskussionen unter den Jugendlichen, über deren Hintergrund man – außer durch die Unmittelbarkeit der Bildsprache – nicht viel erfährt. Die konservierten An- und Einsichten der Teenager, die sich in Sorgen über Arbeitslosigkeit und Klimawandel ähneln, werden als Zeitkapsel zukünftigen Jahrgängen als Referenz dienen. Der Film konzentriert sich auf Orte und Gesichter, auf Totalen und Close-ups und sammelt Stimmen einer Generation, die konformistischer als frühere erscheint. Aber vielleicht wünschen sie alle sich nur eine Zukunft herbei, die inklusiver und verzeihender ist als jene Gegenwart, die sie gerade erfahren. F
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F A L T E R V I E N N A L E 2 1
Subversives im Uhrzeigersinn, groß: „Das Block“ (Kolbe/Wright, D 2006), „Riot Not Diet“ (Julia Fuhr Mann, D 2018), „Laborat“ (Guillaume Cailleau, 2014), „El triunfo de Sodoma“ (Goyo Anchou, ARG 2020), „Cinetracts“ (Marine Hugonnier, F/GB 2017), „Kaisōroku“ (Okabe Michio, J 1977)
Eine filmische Kartografie der Gegenwart A
mos Vogel wurde am 18. April 1921 als Sohn der Wiener jüdischen Familie Vogelbaum geboren. Im Herbst 1938, sechs Monate nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland, floh er mit seinen Eltern und emigrierte nach Amerika. In New York angekommen, erlebte Vogel die amerikanische Kinokultur als sehr eindimensional. Sie war geprägt von Spielfilmen der Major-Studios, Disney-Roman-
Anlässlich des 100. Geburtstags des Kurators Amos Vogel (1921–2012) lotet eine Hommage das Verhältnis von Film, Subversion und Kunst neu aus ANALYSE: RAMÓN REICHERT
tik und Social-Guidance-Filmen. Obwohl zahlreiche 16-mm-Filme im Umlauf waren, wurden sie nur selten von Universitäten und Museen gezeigt. Entschlossen, den Film als „Kunst und als soziale Kraft“ und „die öffentliche Ausstellung von dokumentarischen, soziologischen, pädagogischen, wissenschaftlichen und experimentellen Filmen zu fördern“ (Programmheft, 1948), gründete Amos Vo-
V I E N N A L E 2 1 F A L T E R
gel im Jahr 1947 mit Unterstützung seiner Frau Marcia einen der einflu sreichsten Filmclubs der Nachkriegszeit, das Cinema 16.
Ramón Reichert ist Kulturwissenschaftler und Medientheoretiker und lebt in Wien
FOTO: ÖSTERREICHISCHES FILMMUSEUM (6)
Der Aufbruch: Cinema 16 Die Nachfrage des Publikums des neuen New Yorker Filmclubs nach den „inhärenten Möglichkeiten des Mediums“ (Siegfried Kracauer) und einer „alternativen Filmkultur“ (Martin Scorsese) war gigantisch. Bald wurde das Cinema 16 mit 6000 Mitgliedern zum größten Filmclub Amerikas, den Vogel bis 1963 leitete. Vorläufer des Cinema 16 lassen sich in Europa bis in die 1920er-Jahre zurückverfolgen. In Frankreich wurde 1921 der Club des Amis du Septième Art gegründet, um private Filmvorführungen und Filmbesprechungen zu veranstalten; ein Jahr später wurde der Club Français du Cinéma ins Leben gerufen, um Filmemacher als Künstler zu präsentieren. In England konstituierte sich 1925 die London Film Society, um die Bandbreite des filmkün tlerischen Ausdrucks zu zeigen. Die in den 1940erJahren in Europa aufblühende Ciné-ClubBewegung inspirierte Vogel, Cinema 16 zu einer mitgliederbasierten Organisation zu machen. Damit umging er auch die strengen Zensurvorschriften des Staates New York und konnte Filme zeigen, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich wären, darunter Kenneth Angers homoerotisches SMDrama „Fireworks“ (1947). Cinema 16 beeinflu ste auch junge Filmemacher wie etwa Jonas Mekas, der den Filmclub als seine Ausbildungsstätte betrachtete. Als Filmvermittler eröffnete er Filme von Roman Polanski, John Cassavetes, Nagisa Oshima, Jacques Rivette und Alain Resnais einem breiteren Publikum, überdies war er an frühen und einflussreichen Vorführungen amerikanischer Avantgardisten der Nachkriegszeit wie Kenneth Anger, Stan Brakhage, James Broughton, Bruce Conner, Carmen D’Avino, Sidney Peterson, Maya Deren und Alexander Hammid beteiligt. In seinem bahnbrechenden Werk „Film as a Subversive Art“ von 1974 untersuchte Vogel drei unterschiedliche Ansätze von Film als Subversion: 1. Subversion der Form (das ist die Thematisierung der materiellen Produktionsbedingungen von Film, siehe die direkte Arbeit mit filmi chem Material bei Stan Brakhage); 2. Subversion des Inhalts (z.B. die symbolischen Filmexperimente in der Nachfolge Maya Derens); 3. Subversion der Themen (das sind verbotene Themen im Kino, die der Zensur zum Opfer fallen, wie z.B. erotische oder pornografi che Darstellungen, siehe „Fuses“ von Carolee Schneemann).
»
Filmentwürfe, die Unruhe stiften, Unbehagen auslösen, irritieren und verstören, kurz gesagt: zum Denken herausfordern BIRGIT KOHLER, KURATORIN
Reframing „Subversion“
Film as a Subversive Art 2021 Die gemeinsame Filmschau von Viennale und Österreichischem Filmmuseum ist keine retrospektiv ausgerichtete Hommage an Amos Vogel, sie lässt nicht die „Nachkriegsavantgarde wiederauferstehen. Film as a Subversive Art 2021“ versteht sich als sozial inklusive, gesellschafts- und kapitalismuskritische Gesellschaft diagnose mit filmi chen Mitteln und weist einen klar
erkennbaren Gegenwartsbezug auf. Eine zentrale Auflage bei der Erstellung des Programms war, dass nur Werke ausgewählt werden sollten, die nach dem Erscheinen von „Film as a Subversive Art“ produziert worden sind. Die kuratierten Werke bieten einen Anschluss an die zeitlose Haltung von Amos Vogels Wertschätzung des Subversiven und beinhalten, wie es im Katalog zur Viennale heißt: „Vielstimmigkeit, politisches Bewusstsein, ästhetische und gesellschaftliche Sprengkraft . Ein weiteres Kriterium, bei dieser Schau auch über das Kuratieren von Filmen nachzudenken, galt der Frage, wer eigentlich das Privileg besitzt, Programme zusammenzustellen und Filme für ein Publikum auszuwählen. In diesem Sinne haben sich Viennale und Filmmuseum entschlossen, soziale, kulturelle, geschlechtliche und politische Diversität zum Kriterium von kuratorischer Verantwortung zu machen und sechs Akteur*innen filmi cher, fil wissenschaftlicher und fil vermittelnder Praktiken gebeten, Programme zu erstellen, die sich mit der Frage beschäftigen, in welchem Verhältnis zueinander Film, Subversion und Kunst heute stehen könnten. Ausgewählt wurde ein erlesener Kreis von akademischen und journalistischen Vertretern der Filmwissenschaft und -kritik: Nicole Brenez ist als Professorin für Filmwissenschaft an der Universität Paris III tätig; Go Hirasawa arbeitet als Filmwissenschaftler und beschäftigt sich mit Underground- und Experimentalfilmen sowie mit Avantgardekunstbewegungen im Japan der 1960er/70er-Jahre; Kim Knowles aus Wales ist Filmwissenschaftlerin und kuratiert seit 2008 die „Black Box“-Reihe des Edinburgh International Film Festival; Birgit Kohler ist Co-Direktorin des Kino Arsenal in Berlin; der Argentinier Roger Koza leitet seit 2018 das renommierte Doc Buenos Aires; Nour Ouayda ist Filmemacherin, Kritikerin und Kuratorin und fungiert als stellvertretende Direktorin der Metropolis Cinema Association in Beirut.
Die einzelnen Titel und Termine der Retrospektive „Film as a Subversive Art 2021: A Tribute to Amos Vogel“ finden Sie im Programmteil
Die Hälfte der Kurator*innen stammt aus Europa, Japan ist Mitglied der G8, Argentinien ist die zweitmächtigste Volkswirtschaft in Lateinamerika. Nour Ouayda nimmt in vielerlei Hinsicht eine andere Perspektive ein, sie lebt in Beirut und ist die einzige Filmemacherin des sechsköpfigen Teams. Sie übersetzt die Figur der Subversion in ein affirmativ gedachtes Konzept von Lebensführung. Sie hat drei Filme von befreundeten Filmemachern ausgewählt, für die Freundschaft zur „Widerstandsgeste gegen kommodifiziert s Kino“ (Ouayda) werden kann. Die Dringlichkeit, über die Auswahl von Kurator*innen nachzudenken, zeigt, dass diese auch ihre eigenen Rahmungen von Subversion vornehmen: Subversion ist nicht etwas, das einfach vorgefunden und abgebildet werden kann, sondern sie wird konstruiert, erzählt, also gerahmt. Erstaunlich ist, dass einige Kurator*innen den Aufruf zur subversiven Standortbestimmung wörtlich verstanden haben und einen Einblick in nationale Kinematografien anbieten. In diesem Sinne ist es auffällig, dass die Ex-
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pertise von Go Hirasawa genealogisch ausfällt, filmi che Subversion ist für ihn etwas, das im japanischen Kontext in den 1970erJahren angebahnt wird. Auch die Auswahl von Roger Koza beschränkt sich hauptsächlich auf den argentinischen Film, aber er hat auch zwei macht- und medienkritische Filmwerke in sein Portfolio aufgenommen: „Cele doua executii ale Maresalului“ von Radu Jude (RO 2018) und „A.I. at War“ von Florent Marcie (F 2021). Eine weitere Rahmung des Subversionsdiskurses im gegenkulturellen Kino nimmt Kim Knowles vor, wenn sie nach subversiven Körpererfahrungen im nichtkonventionellen Kino fragt: „Subversion: sich nicht an die Regeln halten, Konventionen ablehnen, Perspektiven verschieben, Erfahrung verändern“ (Knowles). Ihre Ausschau nach queeren und nonkonformistischen Körperbildern bietet historische Anschlüsse an die Subversionsdebatten im Kino, weil die gegenkulturelle Suche nach neuen visuellen Körpersprachen ein wesentliches Element in Amos Vogels Interesse für die filmi che Experimentalkultur darstellt.
Ein problematisches Label Nicole Brenez und Birgit Kohler betonen den gesellschaftspoliti chen Aspekt ihrer Filmselektionen. Vor dem Hintergrund des Befunds, dass sich die Gegenwartsgesellschaft in einer katastrophischen Entwicklungsphase befinden würde, bieten sie „entindustrialisierte“ und „anti-anthropozentrische“ (Brenez) Filmentwürfe auf, die sich „nicht an die üblichen Regeln halten, Konventionen hinterfragen, die eigenen Überzeugungen erschüttern, Unruhe stiften, Unbehagen auslösen, irritieren und verstören, dass sie, kurz gesagt, zum Denken herausfordern“ (Kohler). Die zentrale Frage ist jedoch, ob der historisch etablierte Begriff „Subversion“ überhaupt noch glaubwürdig ist. Ist „Subversion“ nicht schon in die Jahre gekommen? Im Kampf gegen das Establishment abgenutzt, verbraucht? Roger Koza schlägt eine erfrischend kritische Revision des Subversionsbegriff vor, indem er moniert, dass „Subversion“ auch ein problematisches Label sein kann. Subversion ist kein Selbstläufer, der einfach behauptet werden kann: „Ein Film mit politischem Inhalt, der zur Revolution aufruft, oder ein experimenteller Essay sind nicht notwendigerweise unstrittige Beispiele für das Kino als subversive Kunst“ (Koza). Dementsprechend liefern die von ihm ausgewählten Filme nur vorläufige Antworten für das Zusammenspiel von Form, Politik und subversivem Begehren. Subversion erscheint hier als etwas, dass sich der Verhandlung erst stellen muss, selbst fragil und temporär ist. Subversion ist keine Tatsache, keine Feststellung, sondern in seiner Sichtweise etwas, das experimentell erprobt werden muss, nicht nur in der Auswahl von Kurator*innen, sondern im Zusammenspiel mit der Gesamtheit aller am Kinoerlebnis Beteiligten. Subversion, Film und Gesellschaft – das ist ein Prozess, der in der Gegenwart immer wieder aufs Neue von allen Beteiligten ausverhandelt wird, nicht nur von Kurator*innen. F
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FALTER
VIENNALE 2021
VIENNALE 21 OF Originalfassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln englOF englische Originalfassung
Features 1970 (PL 2021) R: Tomasz Wolski. 70 min. Im Dezember 1970 kam es in mehreren polnischen Städten zum Aufstand verzweifelter Arbeiter, der in Gewalt endete. Regisseur Wolski verbindet überlieferte Tonbandaufnahmen, in denen Vertreter der kommunistischen Parteidiktatur das Vorgehen beraten, mit animierten Politiker-Puppen und Bildern von der Straße. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 25.10., 13.00 (OmenglU) Ali & Ava (GB 2021) R: Clio Barnard D: Claire Rushbrook, Adeel Akhtar, Ellora Torchia, Shaun Thomas. 95 min. Auch mit 50 Jahren kann man noch in eine „Romeo und Julia“-artige Situation geraten: Als Ali und Ava sich ineinander verlieben, sieht ihr Umfeld dies aufgrund ihrer Herkunft us unterschiedlichen Ethnien und sozialen Schichten nicht gern. Doch während die beiden noch mit Altlasten aus früheren Beziehungen bzw. einer Scheidung zu kämpfen haben, erblühen Optimismus und Romantik zwischen zwei Menschen, die sich nach neuen Chancen im Leben sehnen. Ein Werk zwischen dem Arbeiterklasse-Realismus von Ken Loach und der Stimmung eines modernen Märchens. Urania: Fr 22.10., 16.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 31.10., 13.00 (OmU) All Light, Everywhere (USA 2021) R: Theo Anthony. 109 min. Der Terminus von der wesensmäßigen Verbindung der Waffe und der Kamera ist ein alter und wird in diesem verspielten Essayfilm zum Thema Sehen, Aufzeichnen, Vermessen, Interpretieren und Regulieren neu aufgegriffen. Im Mittelpunkt stehen dabei u.a. Body-Cams der Polizei sowie Taser und Überwachungssoftware. Regisseur Anthony prescht forsch durch die Wissenschaftsgeschichte, greift ach allen Seiten aus, setzt, auch mittels einer Erzählerinnenstimme, neu zusammen – und lehrt das Fürchten. Filmmuseum: Fr 22.10., 11.00 + Metro: Do 28.10., 13.30 (OmenglU) Annette (F/D/B/J/MEX 2020) R: Leos Carax D: Adam Driver, Marion Cotillard, Simon Helberg. 140 min. Muss man sich schon allein wegen a) der Besetzung (Marion und Adam, oh là, là!) und b) der Genremischung (Musical, Liebesfilm und Drama, oh je? – oh ja?) ansehen. Die bildstarke, oft rtifiziell angehauchte Pop-Oper handelt von einer Operndiva und einem verkrachten Stand-up-Comedian, von der Liebe und ihren Abgründen, vom Showbiz, Leidenschaft und Mord. Und dem titelgebenden Kind, das wunderliche Kräfte besitzt. Komposition: Russell und Ron Mael aka Sparks. Gartenbau: Sa 23.10., 17.30 + Fr 29.10., 23.00 (OmU) Atlantide (IT/F/USA/QAT 2021) R: Yuri Ancarani D: Daniele Barison, Bianka Berényi, Maila Dabalà, Alberto Tedesco, Jacopo Torcellan. 100 min. Venedig einmal anders: Was auf dem Festland frisierte Autos sind, sind in der Lagune die Barchinos – Motorboote, mit denen junge Männer über die Wellen hüpfen. Regisseur Ancarani schöpft eine kleine Fiktion über Daniele, der dazugehören möchte, quasidokumentarisch aus der Jugendszene vor Ort. Zielloser Hedonismus im Schatten der Tourismushauptstadt mündet in einen psychedelischen Rausch. Filmmuseum: Fr 22.10., 21.00 + Urania: Sa 23.10., 16.00 (OmenglU) Au bord du monde / Vortex (F/B/MCO 2021) R: Gaspar Noé D: Dario Argento, Françoise Lebrun, Alex Lutz. 142 min. Die letzten Tage eines älteren Ehepaares: Sie, eine ehemalige Psychiaterin, ist an Demenz erkrankt. Die Wohnung verwandelt sich in ein Minenfeld, die Bücherregale werden zu einem Labyrinth, in dem sie verloren geht. Er, ein Filmhistoriker, sucht Ausflucht in einer anderen, aufgebrauchten Liebe. Der gemeinsame Sohn steht ratlos daneben. Noé filmt im Split-Screen-Verfahren und damit jeden Moment aus unterschiedlichen
Blickwinkeln. Urania: Mo 25.10., 21.15 + Gartenbau: Fr 29.10., 11.30 (OmenglU) Babi Yar. Context (NL/UKR 2021) R: Sergei Loznitsa. 120 min. Im September 1941 töteten nationalsozialistische Einsatzgruppen und ukrainische Beamte mehr als 33.000 Jüdinnen und Juden im ukrainischen Tal Babyn Jar. Das Massaker gehört zu den schlimmsten Verbrechen des 20. Jahrhunderts. Was unfilmbar scheint, wurde dokumentiert. Regisseur Loznitsa hat sich mit dem Material aus deutschen, russischen und ukrainischen Archiven beschäftigt, um die komplexen titelgebenden Kontexte der Ereignisse zu beleuchten. Urania: Fr 29.10., 21.00 + Filmmuseum: Sa 30.10., 16.00 (OmenglU) Beatrix (Ö 2021) R: Milena Czernovsky, Lilith Kraxner D: Eva Sommer, Katharina Farnleitner, Marthe de Crouy-Chanel. 95 min. Ein Film, der Intimität so weit führt, dass man sich fragen muss, was Intimität eigentlich ist: Eine junge Frau verbringt einige Zeit allein in einem Haus. Sie isst, trinkt, badet, putzt, langweilt sich, telefoniert und bekommt Besuch. Mehr erfährt man nicht. Die Kamera fragmentiert Beatrix in ihre Einzelteile, in banalen Handgriffen wird ein weiblicher Körper greifbar. Es geht um nicht weniger als das unsichere Gefühl, lebendig zu sein. Metro: So 24.10., 21.00 + Sa 30.10., 16.00 (OmU) Benedetta (F 2021) R: Paul Verhoeven D: Virginie Efira, Charlotte Rampling, Daphné Patakia, Lambert Wilson. 127 min. Schon vor Jahren angekündigt, kommt das neue Werk des wilden Verhoeven nun ins Kino. Es handelt von der italienischen Nonne Benedetta, die in der Toskana des 17. Jahrhunderts in einem Kloster landet und hier in Liebe zur Novizin Bartolomea entflammt. Der Film beruht auf wahren Ereignissen, hat aber als Werk der Visionen und Wunder, Intrigen und Geheimnisse viel Lust an tra shiger Übertreibung und Provokation. Gartenbau: Fr 22.10., 20.30 + Do 28.10., 20.15 (OmU) Bergman Island (F/D/B/SWE 2021) R: Mia HansenLøve D: Mia Wasikowska, Tim Roth, Vicky Krieps, Anders Danielsen Lie. 113 min. Um Inspiration zu finden, reist ein Filmemacher-Ehepaar nach Fårö, wo Ingmar Bergman einst sein messerscharfanalytisches, schmerzhaftes Werk „Szenen einer Ehe“ gedreht hat. Hansen-Løves Film ist von leichtherzigerer Natur: Während Wirklichkeit und Fiktion langsam ineinanderfließen, verbindet er eine Geschichte über Liebe, Beziehungen und Familie mit Reflexionen über das Filmemachen selbst und einer Hommage an den schwedischen Meisterregisseur. Gartenbau: So 24.10., 20.30 + Mo 25.10., 14.00 (OmU) Bicentenario (COL/CAN 2021) R: Pablo Alvarez Mesa. 43 min. Ein Dokumentarfilm als eine Art Séance, der mit Handkamera, abrupten Zoom-Bewegungen und Rotfilter den Geist der Historie Kolumbiens wachruft: Beginnend mit Videoaufnahmen vom Brand des Justizpalastes in Bogotá im Zuge der Besetzung durch die Guerillagruppe M-19 im Jahr 1985, blickt Pablo Alvarez Mesa auf die Feiern zum 200-Jahr-Jubiläum des Unabhängigkeitskrieges von Simón Bolívar und die Geschichte eines Landes, das bis heute von Terror und Blutvergießen erschüttert wird. Urania: Mi 27.10., 11.00 (OmenglU) Blutsauger / Bloodsuckers (D 2021) R: Julian Radlmaier D: Alexandre Koberidze, Lilith Stangenberg, Alexander Herbst, Corinna Harfouch, Andreas Döhler. 125 min. In den pittoresken Ostseedünen des Jahres 1928 findet ein Marx-Lesekreis statt. Es treten auf: die verwöhnte Fabrikantentochter Octavia Flambow-Jansen, ihr persönlicher Assistent sowie ein falscher russischer Baron – in Wahrheit ein Schauspieler, der auf Stalins Geheiß aus Eisensteins Revolutionsfilm „Oktober“ herausgeschnitten wurde. Als Bissspuren auftauchen, stellt sich die bange Frage: Saugen Kapitalisten tatsächlich Blut? Ein (leicht verfremdetes) Period Piece als ironischdistanzierte Vampirkomödie, die Theoriediskurs, wörtlich genommene Marx’sche Metaphern und Humor verbindet. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 23.10., 15.30 + Urania: So 24.10., 20.30 (OmenglU)
Il buco (IT/F/D 2021) R: Michelangelo Frammartino D: Paolo Cossi, Jacopo Elia, Denise Trombin, Nicola Lanza, Antonio Lanza. 93 min. Der Wirtschaftsboom der 1960er: Während in Norditalien Europas höchstes Gebäude gebaut wird, macht sich eine Gruppe junger Höhlenforscher nach Kalabrien auf, um den Abisso del Bifurto, mit rund 700 Metern eine der tiefsten Höhlen der Welt, zu erforschen. Und weil es dem Regisseur in seinem semidokumentarischen Drama um die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen geht, sehen wir auch die Schönheit der umliegenden Landschaft nd den alten Hirten, der die jungen Forscher beobachtet. Urania: Di 26.10., 11.00 + Filmmuseum: So 31.10., 21.00 (OmenglU) The Card Counter (USA/GB/CHN 2021) R: Paul Schrader D: Oscar Isaac, Tiffany Haddish, Tye Sheridan, Willem Dafoe. 112 min. Der ehemalige MilitärVernehmer William Tell, der sich zum Pokerspieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten entwickelt hat, wird vom jungen Cirk um Hilfe gebeten. Dieser möchte Rache an einem mittlerweile pensionierten Major nehmen. Tell, dessen dunkle Vergangenheit mit jenem Mann verbunden ist, sieht eine Möglichkeit der Widergutmachung seiner Schuld und nimmt Cirk unter seine Fittiche. Gemeinsam mit der mysteriösen La Linda reisen sie von Casino zu Casino, mit dem Plan, die World Series of Poker in Las Vegas zu gewinnen. Gartenbau: Fr 22.10., 14.30 + Sa 30.10., 20.30 (OF) Cenzorka / 107 Mothers (SVK/CZ/UKR 2021) R: Péter Kerekes D: Maryna Klimova, Iryna Kiryazeva, Lyubov Vasylyna. 93 min. Leysa hat ihren Ehemann aus Eifersucht ermordet. Als Schwangere inhaftiert, bringt sie ihren Sohn in einem ukrainischen Gefängnis zur Welt, in dem Mütter und Kinder bis zu deren dritten Lebensjahr zusammen sein können. Danach werden die Kinder in ein Waisenhaus gebracht. Leysas Liebe und Fürsorge stemmt sich gegen das triste Gemäuer, die brutalen Routinen im Gefängnis und die tiefen Narben der Vergangenheit. Dazu mischt Kerekes die Geschichte der Aufseherin Iryna, die sich ganz ihrer Arbeit verschrieben hat, und lässt verschiedene Insassinnen in intimen Gesprächen über ihre Verbrechen und die Mutterschaft innieren. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 29.10., 17.30 + Metro: Sa 30.10., 18.30 (OmenglU) A Chiara (IT/F 2021) R: Jonas Carpignano D: Jonas Carpignano, Affonso Goncalves, Tim Curtin, Giuseppe Tripodi, Nicoletta Taranta, Swamy Rotolo. 120 min. Chiara ist 15 Jahre alt und das Sandwichkind im Kreise von drei Schwestern. Der 18. Geburtstag der ältesten wird mit einem Fest der in Kalabrien ansässigen Großfamilie gefeiert. Wenig später geht das Familienauto in Flammen auf – und Chiaras Welt bricht zusammen. Sie muss erkennen, dass ihr Vater ein hohes Tier in der kalabrischen Mafia darstellt, und in einer höchst verwirrenden Situation versuchen, nicht unterzugehen. Carpignano erzählt ruhig, schnörkellos, sucht nicht nach Schuld und schlägt sich auf keine Seite. Ein Werk über Familienbeziehungen, Freundschaften, Macht und Geld. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 23.10., 20.30 + Urania: So 24.10., 11.00 (OmenglU) Cow (GB 2019) R: Andrea Arnold. 94 min. Auf der letztjährigen Viennale berührte ein Schweineleben in Victor Kossakovskys „Gunda“, heuer ist eine Kuh an der Reihe. Luma allerdings hat es noch schlechter getroffen als die am Ende ihrer groß gewordenen Ferkel beraubte Gunda: Sie ist ein lebendiges Objekt in der kapitalistischen Landwirtschaft, das der Milchproduktion und dem Gebären von Kälbern dient, die dem Muttertier sofort weggenommen werden. Ein trauriges Leben, das an Luma nicht spurlos vorübergeht, denn Zuwendung durfte sie nie erfahren. Arnolds Film ist unsentimental gehalten, den eigenen Milchprodukte-Konsum wird man danach trotzdem überdenken. Gartenbau: So 24.10., 17.30 + Fr 29.10., 14.30 (OF) Crai nou / Blue Moon (RO 2021) R: Alina Grigore D: Ioana Chitu, Mircea Postelnicu, Mircea Silaghi, Vlad Ivanov, Emil Mandanac. 85 min. Das Filmplakat zeigt einen Vogel, dem die Flügel gestutzt werden:
TEXTE: MICHAEL OMASTA SABINA ZEITHAMMER
Eine junge Frau, Irina, kämpft m Möglichkeiten für ihre Bildung und versucht, ihrer dysfunktionalen, ländlichen Unternehmerfamilie zu entkommen. Die Affäre mit einem Künstler spornt sie weiter dazu an. Regisseurin Grigore zeigt sich mit ihrem Debüt rund um die Reibungen zwischen den Generationen und Geschlechtern als eine neue starke Stimme des rumänischen Kinos. Urania: Mi 27.10., 21.15 (OmU) + Fr 29.10., 13.30 (OmenglU) Dal pianeta degli umani / From the Planet of the Humans (IT/B/F 2021) R: Giovanni Cioni. 82 min. Dokumentarist Cioni führt mit seinem neuen (Essay-)Film in die italienische Stadt Ventimiglia an der Grenze zu Frankreich. Von hier machen sich viele Migranten auf in Richtung eines reicheren Europas, und hier lebte in den 1920ern ein gewisser Dr. Serve Voronoff, der in seiner Villa Experimente mit Affen und Menschen durchführte, um der Unsterblichkeit auf die Spur zu kommen. Es dauerte nicht lang, bis er mit faschistischen Kreisen in Berührung kam. Diese Themen und viele mehr verdichtet der Regisseur in assoziativen Bild-Ton-Montagen zu einem halluzinogenen Szenario zwischen Idylle und Albtraum. Metro: Di 26.10., 21.00 + Do 28.10., 11.00 (OmenglU) Dangsin-eolgul-apeseo / In Front of Your Face (KOR 2021) R: Hong Sangsoo D: Lee Hyeyoung, Kwon Haehyo, Cho Yunhee. 85 min. Neben „Introduction“ der zweite Film des südkoreanischen Regisseurs bei der diesjährigen Viennale. Eine Koreanerin, die lang in den USA gelebt hat, kehrt nach Seoul zurück und wohnt bei ihrer Schwester. Früher war sie Schauspielerin, und ein junger Regisseur bittet sie, ein Projekt mit ihm zu realisieren. Das Treffen, das schnapsbedingt ein wenig entgleist, bildet das Gravitationszentrum des Films. Sonst erzählt Hong Sangsoo leicht von schweren Dingen: Nur er, das Publikum und die Protagonistin wissen, dass sie ihre letzten, wertvollen Runden dreht. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 27.10., 23.00 + Urania: So 31.10., 16.30 (OmenglU) Delo / House Arrest (RUS/D/CAN 2021) R: Aleksey German Jr. D: Merab Ninidze, Roza Khairullina, Anna Mikhalkova, Anastasia Melnikova, Svetlana Khodchenkova. 106 min. Seine Stimme zu erheben kann gefährlich sein: Der Literaturprofessor David wird angeklagt, staatliche Fördergelder veruntreut zu haben, und bis zur Urteilsverkündung unter Hausarrest gesetzt. Er beteuert seine Unschuld und glaubt, den wahren Grund für die Ereignisse zu kennen: Er hatte es gewagt, den Bürgermeister der russischen Provinzstadt offen der Korruption zu bezichtigen. Seine Lage verdüstert sich zunehmend, während er Besuch von seiner Mutter, seiner Exfrau, seiner Anwältin, Studierenden, Ermittlungsbeamten und immer wieder auch bedrohlichen Gestalten bekommt. Urania: Do 28.10., 13.30 (OmenglU) Diários de Otsoga / The Tsugua Diaries (P 2021) R: Miguel Gomes, Maureen Fazendeiro D: Carloto Cotta, Crista Alfaiate, João Nunes Monteiro. 102 min. Schon der Titel dieses Experiments lässt auf seinen Inhalt schließen: „Tsugua“ ist „August“ rückwärts geschrieben, und rückwärts erzählt auch der Film: Er beginnt mit Crista, Carloto und João, die eine Party feiern und ein Schmetterlingshaus bauen. Bald entpuppen sie sich als Schauspieler in einem Film, der im Sommer 2020 im Corona-Lockdown innerhalb von 22 Tagen gedreht wurde. Ein verspieltes, fröhliches und melancholisches Werk jenseits der berühmten vierten Wand, das seine eigene Entstehungsgeschichte zum Inhalt hat. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 27.10., 20.15 + Urania: Do 28.10., 16.00 (OmenglU) Dirty Feathers (USA/MEX 2021) R: Carlos Alfonso Corral. 75 min. Dokumentarisches Porträt der Menschen in und um das Opportunity Center, ein Obdachlosenheim in El Paso, Texas, an der Grenze zu Mexiko. Zu den Protagonist*innen gehören ein junges Ehepaar, ein ehemaliger Fotograf mit Posttraumatischer Belastungsstörung, ein bipolarer Mann, der wieder aufs College gehen möchte, und eine geheimnisvolle junge Frau, deren lyrische,
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Alle Termine, Film für Film, vom 21. bis zum 31. Oktober metaphysische Erzählerstimme die individuellen Schicksale verbindet. Debütfi m von Kameramann Corral in Schwarzweiß. Metro: Fr 29.10., 13.30 (OmenglU) Drive My Car (J 2021) R: Hamaguchi Ryûsuke D: Nishijima Hidetoshi, Miura Tôko, Kirishima Reika, Park Yoo-rim, Jin Dae-Young, Sonia Yuan. 179 min. Nope, mit den Beatles hat das alles nichts zu tun. Hamaguchi Ryûsukes zweiter Film, der auf der diesjährigen Viennale zu sehen ist (neben „Wheel of Fortune and Fantasy“), entstand nach einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami. Sie handelt vom Theaterschauspieler und Regisseur Yusuke, der mit der Drehbuchautorin Oto verheiratet ist. Doch das Schicksal trennt die beiden. Emotional erkaltet, trifft Yusuke zwei Jahre später in Hiroshima ein, um Tschechows „Onkel Wanja“ zu inszenieren. Eine junge, reservierte Frau namens Misaki ist seine Chauffeurin. Nach vielen gemeinsamen Fahrten und Erlebnissen beginnen die beiden zu reden und sich einander langsam zu öffnen. Gartenbau: Fr 29.10., 22.00 + So 31.10., 21.00 (OmenglU) Eles transportan a morte / They Carry Death (E/COL 2021) R: Helena Girón, Samuel M. Delgado D: Xoán Reices, Valentín Estévez, David Pantaleón, Sara Ferro, Nuria Lestegás. 75 min. Drei Seeleute, die ihrer Todesstrafe entgangen sind, indem sie auf Christoph Kolumbus’ Schiffen Dienst getan haben, entkommen 1492 vor den Kanarischen Inseln dem Zwangsdienst. Als Beute nehmen sie ein Segel mit. In der „alten Welt“ auf dem galicischen Festland versucht eine junge Frau derweil, ihre vom Tod bedrohte Schwester zu einem Heiler zu bringen. In dieser entschlackten Fabel rund um den Beginn der kolonialen Expansion treffen Fragmente des Abenteuerfilms auf Bilder gefüllt von Wind,
Landschaft, Körpern und Schweiß. Metro: Fr 22.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 24.10., 18.00 (OmenglU) El perro que no calla / The Dog Who Wouldn’t Be Quiet (ARG 2020) R: Ana Katz D: Daniel Katz, Julieta Zylberberg, Carlos Portaluppi. 73 min. Sebastián, ein sanftäugiger Mann Mitte 30, nimmt eine Reihe von Gelegenheitsjobs an. Sie kommen und gehen und lassen ihn, jedenfalls, nachdem er einige Kilos verloren hat, anders über die neoliberale Arbeitswelt nachdenken. Katz Werk ist eine in gewagten Ellipsen verzahnte Filmerzählung, eine Sammlung von Patchwork-Vignetten, die zwischen schwarzer Gesellschaftssatire und liebevoller Zugewandtheit changieren. Der Zubereitung eines Auflaufs kommt darin dieselbe lakonische Aufmerksamkeit zu wie dem Ausbruch einer Pandemie. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 23.10., 23.30 + Metro: Sa 30.10., 21.00 (OmenglU) Esquirlas / Splinters (ARG 2020) R: Natalia Garayalde. 70 min. Am 3. November 1995 explodierte die Militärmunitionsfabrik im argentinischen Río Tercero. Regisseurin Garayalde war zwölf Jahre alt, als sie mit ihrer Familie vor der Katastrophe floh und dabei Aufnahmen mit einer Videokamera machte. 20 Jahre später fand sie das Material wieder und begann sich als Filmemacherin mit dem für eine ganze Kleinstadt traumatischen Ereignis auseinanderzusetzen. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 30.10., 21.00 + Filmmuseum: So 31.10., 18.30 (OmenglU) Faya Dayi (ETH/USA/QAT 2021) R: Jessica Beshir D: Mohammed Arif, Bekala Ismail, Ibrahim Mohammed, Hashim Abdi. 118 min. Atmosphärisches schwarzweißes Dokudrama, das, angesiedelt im Osten von Äthiopien und im Schatten eines Bürgerkriegs, um den Khat-Strauch kreist: Jahrhundertelang
wurden dessen Blätter mit psychotroper Wirkung für religiöse Mediationen verwendet, heute ist es zum bedeutendsten Anbauprodukt des Landes geworden. Urania: Fr 22.10., 11.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 28.10., 12.30 (OmenglU) The First 54 Years: An Abbreviated Manual for Military Occupation (F/IL/D/FL 2021) R: Avi Mograbi D: Avi Mograbi, Zvi Barel, Shlomo Gazit. 110 min. Mehr als ein halbes Jahrhundert dauert der Konflikt zwischen Israel und Palästina rund um die israelische Besatzung nun schon an. Regisseur Mograbi schlüpft n die Rolle eines sogenannten Professors, der einen schneidend zynischen Vortrag über die Methoden der Israelis, über das militärische und politische Denken dahinter hält. Dazwischengeschnitten sind Archivaufnahmen und die Erzählungen israelischer Militärveteranen, schmerzvolle Erinnerungen an die Grausamkeit gegenüber der Bevölkerung, zu der sie angewiesen wurden. Ein Film so gnadenlos wie die Geschichte dieser Okkupation. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 25.10., 20.30 + Di 26.10., 15.00 (OmenglU) France (F/D/IT/BHS 2021) R: Bruno Dumont D: Léa Seydoux, Blanche Gardin, Benjamin Biolay, Emanuele Arioli, Juliane Köhler, Marco Bettini. 133 min. Angetrieben von Ehrgeiz und Narzissmus ist die Fernsehjournalistin France de Meurs mit ihrer Sendung „Ein Blick auf die Welt“ zum Star geworden. Als Moderatorin stachelt sie unerbittlich lächelnd die Streitlust ihrer Studiogäste an, als Reporterin ist sie hautnah dran an einer zynisch nachinszenierten Wirklichkeit. Doch nach einem Verkehrsunfall gerät sie selbst in den Fokus der gierigen Medienmeute – und in eine Existenzkrise. In Dumonts Satire auf die Obszönität von Medienwelt und Berühmtheitskult glänzt die umtriebige Léa Seydoux, zuletzt in „Keine
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Zeit zu sterben“ zu sehen. Gartenbau: Mo 25.10., 20.00 + Di 26.10., 14.00 (OmU) French Exit (CAN/IRL/GB 2020) R: Azazel Jacobs D: Michelle Pfeiffer, Lucas Hedges, Tracy Letts, Valerie Mahaffey, Imogen Poots. 113 min. Humoriges Mutter-Sohn-Drama von einem Meister des Eigenwilligen und Verschrobenen: Nachdem die New Yorkerin Frances (großartig: Michelle Pfeiffer) das von ihrem verstorbenen Mann geerbte Vermögen beinahe vollständig durchgebracht hat, zieht sie mit ihrem Sohn Malcolm (Everybody’s Darling Lucas Hedges) in ein von Freunden zur Verfügung gestelltes Apartment in Paris. Dass der junge Mann Mitte 20 sich gerade verlobt hat, erzählt er seiner Mutter nicht. Stattdessen stoßen die beiden Sonderlinge, begleitet von Katze Small Frank, auf allerlei andere originelle Gestalten. Gartenbau: Fr 22.10., 17.30 + Sa 23.10., 14.30 (OmU) Friends and Strangers (AUS 2021) R: James Vaughan D: Emma Diaz, Fergus Wilson, Victoria Maxwell, Greg Zimbulis, David Gannon, Jayden Muir. 84 min. Die Verwirrungen, Widersprüche und Absurditäten in den reichen Vororten von Sydney, erzählt anhand von zwei orientierungslosen Millennials. Alice und Ray mäandern durch ein Leben im Ungefähren, mit halber Kraft uf halber Strecke. Wohin es beruflich gehen soll, ist offen, ein Campingausflug befruchtet auch keine Zukunftspläne. Existenzkrise und permanente Selbstbezogenheit in einer Komödie, in der Inhalt und Form sich einander angleichen. Stadtkino im Künstlerhaus: So 31.10., 15.30 (OF) Futura (IT 2020) R: Pietro Marcello, Francesco Munzi, Alice Rohrwacher. 110 min. Drei italienische Regisseur*innen machten sich früh im Jahr 2020 auf den Weg, um unabhängig voneinander in ganz Italien junge Menschen über die Zukunft u
DISKUSSION FESTIVALS ON FESTIVALS
TREFFPUNKT · DISKUSSIONEN · DJs
So 24. 10., 15 h, Viennale Bar
TÄGLICH AB 16 UHR
Für die Förderung der Filmkunst sind Festivals von grundlegender Bedeutung, da sie die engen Räume des regulären filmwirtschaftlichen Betriebs bei der Verbreitung und Vorführung von Filmen deutlich erweitern und sowohl Künstler*innen als auch das Publikum in größerem Umfang einbeziehen können. Die Pandemie hat auch das Ökosystem der Filmfestivals massiv durcheinandergebracht, daher bietet es sich an, über die Zukunft des Formates Filmfestival nachzudenken. Aus diesem Anlass laden wir Vertreterinnen und Vertreter einiger der wichtigsten Festivals zu einem Gespräch nach Wien, um über die Veränderungen zu reflektieren, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben und mögliche aktuelle Koexistenzen zu diskutieren. Und nicht zuletzt, um über die Zukunft des Filmmarktes und der Filmverwertung und die Auswirkungen der aktuellen Praktiken und Initiativen auf die Filmkultur und das Publikum nachzudenken. Mit Carlo Chatrian (Berlinale), Maialen Beloki (San Sebastián Film Festival), Paolo Moretti (Quinzaine des Réalisateurs, Cannes) und Giona Nazzaro (Locarno Film Festival).
Falkestraße 5, 1010 Wien
FREIER EINTRITT BEI ALLEN VERANSTALTUNGEN! Zutritt ausschließlich mit gültigem 2G-Zertifikat (geimpft oder genesen) und Lichtbildausweis Nach coronabedingter Pause kann die Viennale in diesem Jahr wieder einen Ort als Treffpunkt anbieten, um sich vor dem Kino zu verabreden oder nach der Vorstellung auszutauschen. In der Viennale Bar wird es täglich ab 16 Uhr möglich sein, in gemütlicher Atmosphäre über das Festival und Filmprogramm zu plaudern. Nach Diskussionen und Gesprächen mit Festivalgästen am Nachmittag wird am Abend ein Musikprogramm mit DJs und Filmemacher*innen an den Plattenspielern geboten. An ausgewählten Terminen kann im darunter liegenden Club bis in die späten Stunden gefeiert und getanzt werden (unter Einhaltung der 2G-Regel). Laufende Programmupdates unter viennale.at
Moderation: Eva Sangiorgi
In Kooperation mit
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befragen: Wo sehen sie sich in zehn Jahren, was sind ihre Erwartungen, Sorgen, Träume? Doch dann geschah etwas, womit weder das Regietrio noch sonst jemand in Italien und anderswo gerechnet hatte: eine Pandemie inklusive Lockdown und vieler neuer Ängste. Als die Filmemacher die jungen Leute einige Monate nach Beginn der Pandemie wiedertreffen, haben sie sich verändert – und mit ihnen der Film. Filmmuseum: So 24.10., 13.30 + Metro: So 31.10., 21.00 (OmenglU) El gran movimiento (BOL/F/QAT/CH 2021) R: Kiro Russo D: Julio César Ticona, Max Eduardo Bautista Uchasara, Francisca Arce de Aro, Israel Hurtado, Gustavo Milán Ticona. 85 min. Ein Film als halluzinogener Trip, spirituelle Tour und metaphysische Reise. Vor dem Hintergrund eines ausführlichen Rundblicks auf die quirlige und zuweilen magisch wirkende bolivianische Hauptstadt La Paz wird die Geschichte von Elder und Max erzählt: Ersterer ein kranker Mann, der nach Arbeit sucht, Zweiterer ein Heiler und Betrüger, der Elder helfen könnte – oder auch nicht. Urania: Di 26.10., 16.00 + So 31.10., 21.00 (OmenglU) Große Freiheit / Great Freedom (Ö/D 2021) R: Sebastian Meise D: Franz Rogowski, Georg Friedrich, Anton von Lucke, Thomas Prenn. 116 min. Hans ist homosexuell. Allein aufgrund dieser Tatsache landet er nach dem Konzentrationslager 1945 direkt im Gefängnis, das er über Jahrzehnte immer wieder nur kurz verlassen wird. Denn Paragraf 175, der bis in die 1970er-Jahre in der BRD sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern unter Strafe stellte, erlaubt ein solches Vorgehen. Fast ausschließlich in der Strafanstalt spielendes Gefängnisdrama sowie intensive Charakterstudie, herausragend gespielt von Franz Rogowski und Georg Friedrich als Hans’ Freund und Zellengenossen. Gartenbau: Fr 29.10., 20.15 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 30.10., 15.15 (OmenglU) Gûzen to sôzô / Wheel of Fortune and Fantasy (J 2021) R: Hamaguchi Ryûsuke D: Furukawa Kotone, Shibukawa Kiyohiko, Mori Katsuki, Urabe Fusako, Kawai Aoba, Nakajima Ayumu. 121 min. Drei Geschichten rund um drei weibliche Charaktere, erzählt in drei Kapiteln. Sie alle handeln von Liebe, die die Figuren erhofft, verloren, geträumt, für Momente erfahren haben und von der sie einander erzählen. Darunter eine Studentin, die eine Dreiecksbeziehung mit einem Gleichaltrigen und ihrem Professor eingeht, sowie eine Frau, die zu einem Klassentreffen fahren will und stattdessen der einzigen Person wiederbegegnet, die sie je wirklich geliebt hat. Hamaguchi Ryûsuke ist ein Meister darin, einen ganz besonderen Rhythmus zwischen den Figuren zu erzeugen, emotionalen Suspense hervorzurufen und Gefühle aufzuzeigen, die die Charaktere selbst überraschen. Metro: Fr 29.10., 21.00 (OmU) + Urania: Sa 30.10., 11.00 (OmenglU) Ha’berech / Ahed’s Knee (F/D/IL 2021) R: Nadav Lapid D: Avshalom Pollak, Nur Fibak, Yonatan Kugler, Lidor Edri, Yehonatan Vilozny. 109 min. Zweifacher Untergang verfolgt die Hauptfigur, einen lapidar Y genannten israelischen Filmemacher, in diesem autofiktionalen Werk: der Tod der Freiheit und die Krankheit der Mutter. Y reist in die Wüste Negev, um einen älteren Film zu präsentieren, und wird schnell mit zensorischen Maßnahmen des Kulturministeriums konfrontiert. Ein eruptiver Weltekel macht sich in wutentbrannt-tragischer Weise in Lapids Abrechnung mit der Doppelmoral der israelischen Kulturindustrie breit. Gartenbau: Mo 25.10., 17.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 26.10., 20.30 (OmenglU) Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song (USA 2021) R: Daniel Geller, Dayna Goldfine. 116 min. Als der kanadische Singer-Songwriter Leonard Cohen nach einer fünfjährigen Pause 1984 sein Album „Various Positions“ vorlegte, wollte Columbia Records es zunächst nicht einmal veröffentlichen. Und das, obwohl es den Meilenstein „Hallelujah“ enthält. In dieser Doku fungiert das von seinem Schöpfer mehrfach umgeschriebene Lied als Anker, um Cohens Biografie und lebenslange Suche nach Transzendenz zu beleuchten. Im zweiten Teil des Films geht es auch um die Geschichte des Songs selbst, der sich mehr und mehr veränderte, je öfter er von anderen Musiker*innen gecovert wurde. Gartenbau: Mi 27.10., 23.30 + Urania: Fr 29.10., 11.00 (OF) Haruharasan no uta / Haruhara-San’s Recorder (J 2021) R: Sugita Kyoshi D: Araki Chika, Niibe Minako, Kaneko Takenori, Ito Saho. 120 min. Rund um
Sachi, die Hauptfigur im Zentrum, entwickelt sich in diesem experimentell angehauchten Film, eine Erzählung ohne zielgerichteten Plot, die doch von einer seelischen Bewegung handelt. Nach dem Tod einer geliebten Person ist Sachi umgezogen und hat in einem Café zu arbeiten begonnen. Sie begegnet Freunden und Fremden; es wird viel gegessen, fotografiert, nach dem Weg gefragt – und ein Geist begleitet Sachi fast überallhin. Metro: Do 28.10., 21.15 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 30.10., 18.00 (OmenglU) Herr Bachmann und seine Klasse (D 2021) R: Maria Speth. 217 min. Dieter Bachmann, Mitte 60, ist Lehrer einer Brennpunktklasse in Stadtallendorf, im Westen Deutschlands. 19 Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren aus zwölf Nationen. Die einen in Deutschland geboren, die anderen pauken erst seit ein paar Monaten Deutsch. Mit Strickhaube, Kapuzenpulli und AC/DC-Shirt fällt er schon kleidungstechnisch auf. Bachmann schafft mit seiner unkonventionellen Art aus einer Klasse einen Vertrauensraum, die Fächer Reden, Zuhören und Musik stehen im Vordergrund. Maria Speth begleitet mit empathischer Zurückhaltung die Höhen und Tiefen eines Schuljahres und lässt in 217 Minuten berührende Gespräche und Beziehungen reifen, die zu Herzen gehen und ganz beiläufig von den Strukturen einer kleinen Industriestadt erzählen. Am Ende wünschte man sich, jede Klasse hätte ihren eigenen Bachmann. Urania: Fr 22.10., 20.45 + Metro: Sa 23.10., 11.00 (OmenglU) Historya ni Ha / History of Ha (PHL 2021) R: Lav Diaz D: John Lloyd Cruz, Teroy Guzman, Mae Paner, Dolly De Leon, Jonathan O. Francisco, Hazel Orencio. 250 min. Hernando, ein desillusionierter sozialistischer Poet und Bauchredner, der nach einer traumatischen Erfahrung nur noch durch seine Puppe, Ha, spricht, will 1957 zusammen mit einer Nonne, einem jungen Goldsucher und einer Geschäftsfrau zu einer Insel des angeblichen Glücks reisen. Auf dem Weg durch die vom Tod des Präsidenten Ramon Magsaysay und den politischen Eingriffen der USA erschütterten Philippinen finden sie allerdings nur Armut, soziale Ungerechtigkeit und Unwetter. Hernandos gebrochenes Herz und die kollektive Orientierungslosigkeit verbinden sich zu einem absurden Abstieg in Wahnsinn und Verzweiflung. Metro: Sa 30.10., 11.00 (OmenglU) Hygiène sociale / Sozialhygiene (CAN 2021) R: Denis Côté D: Maxim Gaudette, Larissa Corriveau, Eleonore Loiselle, Eve Duranceau, Kathleen Fortin. 76 min. So viele Corona-Filme, wie zu erwarten gewesen wäre, kamen bis jetzt nicht in die Kinos – vielleicht, weil wir sowieso alle selbst dabei waren. Côté legt eine schnell erdachte, experimentelle Reaktion auf die Pandemie vor: Der obdachlose Dandy und Trickdieb Antonin steht mit verschiedenen anderen Figuren in teilweise historischen Kostümen unter freiem Himmel in der Natur – mit drei Metern Abstand. Lautstark deklamieren sie ihre Dialoge in minutenlangen Einstellungen, und dies mit einer theatralischen Nachdrücklichkeit, als wollten sie das notwendige Social Distancing vergessen machen. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 22.10., 23.15 (OmenglU) + Filmmuseum: So 31.10., 13.30 (OmU) Hytti nro 6 / Compartment No. 6 (FL/D/EST/RUS 2021) R: Juho Kuosmanen D: Yuriy Borisov, Seidi Haarla, Yuliya Aug, Dinara Drukarova, Polina Aug, Tomi Alatalo. 107 min. Auf dem Weg in Richtung Murmansk kommen zwei höchst unterschiedliche Charaktere im selben Zugabteil zu sitzen: die finnische Studentin Laura und Ljoha, ein trinkfreudiger, übergriffiger Russe und Inbegriff toxischer Männlichkeit. Mehrere Tage währt die Fahrt, auf der in diesem melancholisch-komischen Roadmovie durch das vom Verfall gezeichnete winterliche Nachwende-Russland ganz glaubhaft das Kunststück gelingt: eine zwischenmenschliche Annäherung. Urania: Mi 27.10., 18.45 + Gartenbau: So 31.10., 13.30 (OmU) The Inheritance (USA 2021) R: Ephraim Asili D: Eric Lockley, Nozipho Mclean, Chris Jarrell, Julian Rozzell Jr.. 100 min. Der junge Julian erbt das Haus seiner Großmutter und zieht, ermutigt durch seine Partnerin, mit Gleichgesinnten ein, um ein schwarzes sozialistisches Kollektiv zu bilden. In Godard’scher Manier werden in der Folge relevante Texte vor primärfarbenen Wänden rezitiert, politische Schulung findet am Küchentisch statt. Filmdokumente zeigen die erste afroamerikanische Abgeordnete, erinnern an das marxistische Kollektiv MOVE, das von der
Polizei brutal ausgebombt wurde. Im Rückgriff uf die Ästhetik und Historie der 1960er- und 1970erJahre erinnert der Film an die Wurzeln, ohne die die heutige „Black Lives Matter“-Bewegung nicht zu verstehen ist. Stadtkino im Künstlerhaus: So 24.10., 20.15 + Filmmuseum: Mo 25.10., 18.30 (OF) In-teu-ro-deok-syeon / Introduction (KOR 2021) R: Hong Sangsoo D: Shin Seokho, Park Miso. 66 min. Regisseur Hong Sangsoo hebt erneut an, mit bloß hingetupfter Handlung von der emotionalen Kommunikation (oder deren Fehlen) zwischen Frauen und Männern zu erzählen. Drei Abschnitte, die in Südkorea sowie Deutschland angesiedelt sind, handeln von einem jungen Schauspieler, der seinen Beruf anzweifelt und seine Freundin in Berlin überraschen möchte. Stadtkino im Künstlerhaus: Di 26.10., 23.15 (OmenglU) + Filmmuseum: Fr 29.10., 13.30 (OmU) Intregalde (RO 2021) R: Radu Muntean D: Maria Popistasu, Ilona Brezoianu, Alex Bogdan, Luca Sabin. 104 min. Maria, Ilinca und Dan haben sich der humanitären Hilfe verschrieben und bringen Konserven, Toilettenpapier und andere Güter in eine entlegene Region in Transsilvanien. Als sie einen alten Mann am Rand der schlammigen Straßen entdecken, der zu einem Sägewerk will, nehmen sie eine Abzweigung, die Unheil bereithält. Muntean spielt mit Motiven des Horrorkinos, bleibt aber dem protokollartigen Erzählen treu – und hat dabei einiges über die Verhältnisse im heutigen Rumänien, die Mittelklasse und die begrenzte Fähigkeit zur Empathie zu sagen. Urania: Do 28.10., 18.45 + Fr 29.10., 15.45 (OmenglU) Jaddeh khaki / Hit the Road (IRN 2021) R: Panah Panahi D: Hassan Madjooni, Pantea Panahiha, Rayan Sarlak, Amin Simiar. 93 min. Eine vierköpfige Familie unternimmt einen Roadtrip mit zunächst unbekanntem Grund: zwei sarkastische, aber liebevolle Eltern und ihre beiden Söhne, einer verspielt, einer in merkwürdig ängstlicher Stimmung. Wie sich herausstellt, führt die Reise durch eine zerklüftete Landschaft is an die iranische Grenze, und die Nervosität des älteren Bruders hat ihren Grund. Urania: Do 28.10., 21.30 + Gartenbau: Fr 29.10., 17.30 (OmU) Jia ting lu xiang / All About My Sisters (USA 2021) R: Wang Qiong. 174 min. In ihrer Doku arbeitet die Filmemacherin ihre Familiengeschichte auf, die von Dramen und Traumata geprägt ist. Der Fokus liegt auf ihrer jüngeren Schwester Jin, die während der strikten Einkindpolitik im China der 1990er-Jahre hätte abgetrieben werden sollen. Mutter und Vater riskierten ihr Leben, gaben das Kind dann aber weg: Jin wurde von ihrem Onkel adoptiert und lebte zeitweise sogar mit ihren leiblichen Eltern zusammen, ohne die Wahrheit zu ahnen. Nicht nur die Eltern sind bis heute, da Jin selbst ein Kind hat, von Schuldgefühlen zerfressen: auch der andere Onkel, der in der chinesischen Stadt für die Durchsetzung der Familienplanung zuständig war. Stadtkino im Künstlerhaus: Di 26.10., 11.30 (OmenglU) Kelti / Celts (SRB 2021) R: Milica Tomovic D: Dubravka Kovjanic, Stefan Trifunovic, Katarina Dimic, Anja Dordevic, Olga Odanovic. 106 min. Belgrad im Winter 1993: Marijana und ihr Mann Otac bereiten ein Geburtstagsfest für ihre Tochter Minja vor. „Teenage Mutant Ninja Turtles“ ist das Thema. Während sich ein leicht chaotischer Tag mit zahlreichen kleinen und großen Gästen entfaltet, werden Fragmente vieler Geschichten erkennbar: das Porträt einer Familie als vielschichtiges Gesellschaftsbild im Schatten eines Krieges. Urania: Sa 30.10., 18.30 (OmenglU) Krai (Ö 2021) R: Aleksey Lapin. 123 min. Der aus Russland gebürtige und in Wien lebende Regisseur Lapin möchte in seiner Heimatstadt Jutanovka in der russischen Provinz einen „historischen Film“, basierend auf den Erinnerungen seiner Verwandten, drehen. Er beginnt mit dem Casting, über das sein schelmischer Film nicht hinauskommen wird: Der Castingprozess selbst ist mehr oder weniger die Handlung – und wird bald von den Verwandten selbst übernommen. In einem schläfrigen Sommer erfindet sich ein ganzes Dorf neu und erstrahlt in Bildern von schönstem Schwarzweiß und mit ausgefeilter Tiefenschärfe. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 22.10., 18.00 + Metro: Mo 25.10., 15.15 (OmenglU) Land of Dreams (USA/D/QAT 2021) R: Shirin Neshat, Shoja Azari D: Sheila Vand, Matt Dillon, William Moseley, Isabella Rossellini, Robin Bartlett, Anna Gunn. 113 min. In einer nahen Zukunft haben
die USA ihre Grenzen geschlossen. Das wichtigste Organ der Regierung, das Census Bureau, möchte die Träume der Bürger*innen aufzeichnen. Simin, eine iranisch-amerikanische Frau, die unter den letzten Immigranten war, die ins Land kommen durften, arbeitet mit großer Hingabe als Traumfängerin. Was sie nicht weiß: Die Aufnahmen sollen der Kontrollierbarkeit der Bevölkerung dienen. Eine politische Satire, in deren Zentrum das rassistische Unterbewusstsein der USA und die Pervertierung des American Dream stehen. Gartenbau: Mi 27.10., 17.30 + Do 28.10., 14.30 (OmenglU) Les Olympiades / Wo in Paris die Sonne aufgeht / Paris, 13th District (F 2021) R: Jacques Audiard D: Lucie Zhang, Makita Samba, Noémie Merlant, Jehnny Beth, Camille Léon-Fucien. 106 min. Émilie lernt Camille kennen, die sich zu Nora hingezogen fühlt, die wiederum Amber Sweet kennenlernt. Die vier jungen Menschen, drei Frauen und ein Mann, die lose an Comicfiguren von Adrian Tomine angelehnt sind, treffen nicht selten in den titelgebenden Wohntürmen des 13. Pariser Arrondissements aufeinander. Und dann meist im Bett. Ein Film mit der Aura einer klassischen französischen Romanze, in erfrischend neuer und aufregender Weise in Szene gesetzt. Gartenbau: Sa 23.10., 23.15 (OmenglU) + Urania: Sa 30.10., 13.30 (OmU) Les Sorcières de l’Orient / The Witches of the Orient (F 2021) R: Julien Faraut. 100 min. Immer, immer am Ball: Die von westlichen Medien „Hexen“ getauften Volleyballerinnen des japanischen Nationalteams ließen 258 Mal in Folge den Gegnerinnen keine Chance. Ihr Training war hart und brutal, das Endspiel der Olympischen Sommerspiele in Tokio 1964 wurde in Japan zur Legende. Archivaufnahmen treffen in dieser Sportdoku auf ein Wiedersehen mit den Sportlerinnen in der Gegenwart: Sie sind immer noch energisch, robust, zu Späßen aufgelegt. Metro: Mo 25.10., 21.15 + Urania: Mi 27.10., 16.00 (OmenglU) L’ Événement / Das Ereignis (F 2021) R: Audrey Diwan D: Anamaria Vartolomei, Kacey MottetKlein, Luàna Bajrami, Louise Orry Diquero, Louise Chevillotte, Pio Marmaï, Sandrine Bonnaire. 100 min. Seitdem Eliza Hittmans zurückgenommenintensives Abtreibungsdrama „Never Sometimes Rarely Always“ auf der Viennale 2020 zu sehen war, hat sich einiges in der Welt zum Schlechteren gewandelt: So wurde etwa in Texas ein höchst umstrittenes Abtreibungsgesetzt implementiert. Mit der Verfilmung der gleichnamigen autobiografischen Erzählung von Annie Ernaux führt Diwan nun ins Frankreich der 1960er-Jahre, als Abtreibungen dort noch illegal waren. In Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnetes, eindringliches Drama – Eröffnungsfilm der Viennale 2021. Gartenbau: Do 21.10., 19.00 + Fr 22.10., 11.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 21.10., 20.30 + Urania: Do 21.10., 21.00 + Metro: Do 21.10., 21.00 + Filmmuseum: Do 21.10., 21.00 (OmU) Das Mädchen und die Spinne / The Girl and the Spider (CHE 2021) R: Ramon Zürcher, Silvan Zürcher D: Henriette Confurius, Liliane Amuat, Ursina Lardi, Flurin Giger, André M. Hennicke. 98 min. Lisa und Mara haben zusammen in einer WG gewohnt, nun zieht Lisa aus. An zwei Umzugstagen und in einer Partynacht dazwischen erzählen die Brüder Zürcher in filigraner und präzise choreografierter Weise von einem ganz eigenen Zustand zwischen Aggression und Zuneigung: Die Energie, die freigesetzt wird, wenn ein Kapitel im Leben endet und ein neues beginnt, versetzt Figuren und Filmbilder in besondere Spannung. Urania: Sa 23.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 24.10., 15.15 (OmenglU) Marinheiro das montanhas / Mariner of the Mountains (BRA/F/D 2021) R: Karim Ainouz. 98 min. Im Jänner 2019 machte sich Regisseur Ainouz zum ersten Mal nach Algerien auf, der Heimat seines ihm kaum bekannten Vaters. Während auf der Mittelmeer-Überfahrt noch Beklommenheit herrscht, erweitert sich der ödipal aufgeladene und mit der Kamera begleitete Trip zusehends zum erinnerungspoetischen Requiem für die brasilianische Mutter wie auch zur postkolonialen Spurensuche im Atlasgebirge, von wo aus die väterlichen Vorfahren in den Kampf gegen die französischen Besatzer zogen. Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft eginnen, ineinander überzugehen. Filmmuseum: Fr 29.10., 18.30 + Urania: Sa 30.10., 21.15 (OmenglU) Marx può aspettare / Marx Can Wait (IT 2021) R: Marco Bellocchio. 95 min. In dieser sehr persönlichen Dokumentation setzen sich der 81-jährige
FOTOS: VIENNALE
V I E N N A L E 2 0 2 1 F A L T E R Regisseur, seine Familie, Freunde und Spezialisten mit einem traumatischen Ereignis auseinander: 1968 nahm sich Marco Bellocchios an Depressionen erkrankter Zwillingsbruder das Leben. Marcos revolutionärer Eifer zu der Zeit ließ ihn die Probleme seines Bruders übersehen. In einer Art Kollektiv-Beichte wird Privates öffentlich, ohne die Zuschauer/innen dabei zu Voyeur/innen zu machen. Gartenbau: Mo 25.10., 23.15 + Metro: So 31.10., 11.00 (OmenglU) Mbah jhiwo / Ancient Soul (E 2021) R: Alvaro Gurrea D: Yono Aris Munandar, Sayu Kholif, Musaena’h, Ach. Efendi, Nurussalam, Roni Hidayat. 93 min. Mit Einheimischen entwickelte Ethnofi tion: Minenarbeiter Yono quält sich, eingehüllt in giftige Schwefeldämpfe, über die Hänge des Ijen-Vulkans auf Java. Als ihn seine Frau plötzlich verlässt und seine Mutter schwer erkrankt, greift er Film sein sisyphosgleiches Leben formal auf und schickt ihn auf der Suche nach Erlösung durch drei verschiedene Episoden: vom indigenen Hindu-Animismus über den Islam zum Bitcoin-Kapitalismus. Metro: Do 28.10., 16.00 + Filmmuseum: Sa 30.10., 13.30 (OmenglU) Medusa (BRA 2021) R: Anita Rocha da Silveira D: Mariana Oliveira, Thiago Fragoso, Lara Tremouroux, Joana Medeiros, Felipe Frazão. 127 min. Maskierte junge Frauen ziehen nachts durch die Straßen, um feierwütige Geschlechtsgenossinnen abzustrafen; tagsüber wird die Buben-Miliz bei der Leibesertüchtigung bewundert; gemeinsam himmelt man sodann den charismatischen Prediger an. Am Gruseligsten aber ist, dass „Medusa“ keine hanebüchene Science-Fiction-Story fabuliert, sondern nur ein wenig an der Satire-Schraube dreht. Aufs Korn genommen werden die Evangelikalen und Anti-Feministen, die „Schönheits“terroristinnen und Ultra-Konservativen. Ein Rundumschlag, pendelnd zwischen Groteske und Horror, voll auf die Zwölf des internalisierten Machismo. (Alexandra Seitz) Urania: Sa 23.10., 21.30 + Mo 25.10., 13.30 (OmenglU) Memoria (COL/THA/GB/MEX/F/CH/TWN 2021) R: Apichatpong Weerasethakul D: Tilda Swinton, Elkin Díaz, Jeanne Balibar, Juan Pablo Urrego, Daniel Giménez Cacho. 136 min. Jessica, eine an Schlafstörungen leidende Orchideenexpertin aus Schottland, beginnt auf einer Reise in Kolumbien seltsame Geräusche wahrzunehmen: Ein Urton aus den Tiefen des Seins sucht sie gleich eines Tinnitus heim. Eigentlich wollte sie nur ihre mysteriös erkrankte Schwester in Medellín besuchen, doch schon bald findet sie sich in einem unterbewussten Sinnesrausch wieder, der Erinnerungen, Träume und Geschichte zu einer großen Kinoerfahrung vermischt. Gartenbau: Di 26.10., 20.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 28.10., 17.45 (OmenglU) Moneyboys (Ö/F/B/TWN 2021) R: C.B. Yi D: Kai Ko, Chai Ming-Hsiu, JC Lin, Chloe Maayan. 120 min. Fei ist ein „Moneyboy“, ein junger Mann, der in Peking illegal seinen Körper verkauft, um seine Familie am Land mit Geld zu unterstützen. Als er in seine Heimat zurückkehrt, wird er von den Freunden seines Vaters, ja sogar von seinem eigenen Onkel, übel verspottet und verachtet. Sie wollen sein Geld, aber nichts mit ihm zu tun haben. Fei kehrt nach Peking zurück, wo er von einer alten Schuld eingeholt wird. In geduldigen Einstellungen beobachtet C.B. Yi, wie sein Protagonist langsam zu Klarheit über sich, die Liebe und das Leben findet. Gartenbau: Fr 22.10., 20.30 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 29.10., 14.30 (OmenglU) A Night of Knowing Nothing (F/IND 2021) R: Payal Kapadia. 96 min. Die Liebesbriefe der Filmstudentin L. an ihren Kommilitonen K. bilden den Rahmen dieses Langfilmdebüts über Ungerechtigkeiten und Aktivismus im gegenwärtigen Indien: Weil sie aus unterschiedlichen Kasten kommen, zerbricht die Beziehung zwischen L. und K., die Briefe, zuerst in Hindi vorgelesen, wechseln zu Bengali. Nicht festgelegt zwischen Doku und Spielfilm arbeitet Kapadia collageartig u.a. mit Zeitungsausschnitten und 16-mm-Archivmaterial in Schwarzweiß. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 22.10., 13.00 + Do 28.10., 23.00 (OmenglU) Noche de fuego / Prayers for the Stolen (MEX/D/ BRA/CH/USA/QAT 2020) R: Tatiana Huezo D: Ana Cristina Ordóñez, González, Marya Membreño, Mayra Batalla, Norma Pablo, Eileen Yáñez. 110 min. Als Ana ein neunjähriges Mädchen ist, versteht sie nicht, was es bedeutet, dass ihre Mutter ihre Haare kurz schneiden lässt und sie sich verstecken muss. In
der ländlichen Gegend von Mexiko tobt die Gewalt unter Drogenhändlern, und das Militär dringt in die Community ein. Junge Mädchen verschwinden. Die Idee des Todes schleicht sich in die Spiele und Gespräche von Ana und ihren Freundinnen. Als sie Teenager geworden sind, wird die ständige Bedrohung fast unerträglich. Ein intensives Werk über den Terror, der das Leben von Frauen früh ergreift und nicht mehr loslässt. Urania: Fr 22.10., 13.30 + Do 28.10., 11.00 (OmenglU) No táxi do Jack / Jack’s Ride (P 2021) R: Susana Nobre D: Armindo Martins Rato, Maria Carvalho, Joaquim Veríssimo. 70 min. Mit schwarz gefärbter Haartolle, elegantem Outfit und seinem Mercedes macht sich Joaquim Calçada in diesem doppelten Roadmovie auf, um vor seiner Frühpensionierung bei potenziellen Arbeitgebern vorstellig zu werden, die ihn nicht anstellen werden – das System will es so. In Büroräumen der Gewerbegebiete erinnert er sich an sein Arbeitsleben, u.a. an seine Erfahrungen als Taxifahrer im New York der 1970er-Jahre: dort, wo die Kluft wischen Haben und Nichthaben größer ist als in Portugal oder irgendwo sonst. Metro: Mo 25.10., 13.30 + Filmmuseum: Mi 27.10., 18.30 (OmenglU) Nous / We (F 2020) R: Alice Diop. 115 min. In ihrem dokumentarischen Essayfilm dient Diop die Schnellbahnstrecke RER B als Leitlinie, um von einer multikulturellen Migrations- und Klassengesellschaft u erzählen. Denn sie verläuft uer durch Paris und seine Außenbezirke, von Nord nach Süd zu Hochhaussiedlungen, dörflichen Vororten, Industriezonen und Waldgebieten. Zu den Porträtierten gehören u.a. eine Reinigungskraft, ein Schriftsteller, ein Schrotthändler und eine Krankenschwester. Urania: Di 26.10., 13.30 (OmenglU) Nous disons révolution / Let’s Say Revolution (F 2021) R: Elisabeth Perceval, Nicolas Klotz. 127 min. Von Barcelona über Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo, bis nach São Paulo führt dieser experimentell geprägte Dokumentarfilm, der um die Themen Revolution, Sklaverei, Macht und reale sowie metaphorische Fluchtbewegungen kreist. Zur komplexen audio-visuellen Textur mit philosophisch-theoretischer Metaebene gesellt sich der Tanz als Revolution des Körpers, der Bilder und Töne in schwindelerregender Rotation mitreißt. Filmmuseum: Di 26.10., 21.00 + Metro: Mi 27.10., 13.00 (OmenglU) Obkhodniye puti / Detours (RUS/NL 2021) R: Ekaterina Selenkina D: Denis Urvantsev. 73 min. Denis, der „Treasureman“ einer Darknet-Drogenorganisation, ist in den urbanen Landschaften von Moskau unterwegs, um Drogendepots anzulegen. Zwischen Hochhäusern und Garagen, verschlafenen Nachbarschaften, verlassenen Gleiskörpern und Brachen agiert er unter dem Radar der Ordnungsmacht und bleibt dabei doch in aller Öffentlichkeit. Die Perspektive des meditativen Films übernimmt zuerst den Blick der omnipräsenten Überwachungswerkzeuge, bevor dieser Blick abschweift uf das, was sonst noch passiert: Aus der Choreografie der Körper, der Poesie und Politik des Raumes setzt sich das Stimmungsbild einer Stadt zusammen. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 23.10., 18.30 + Metro: Di 26.10., 16.00 (OmenglU) Outside Noise (D/KOR/Ö 2021) R: Ted Fendt D: Daniela Zahlner, Mia Sellmann, Natascha Manthe, Genevieve Havemeyer-King. 61 min. Daniela kann nicht schlafen, egal, ob sie in New York, Berlin oder Wien ist. Ihrer Freundin Mia, die gerade ihr Studium abschließt, ergeht es ähnlich, und auch Natascha, die überlegt, nach Wien zu ziehen, quält der schwere Klang leerer, unschlüssiger Tage. Herumwandern und Plaudern – über Bücher, Städte, Theorien, Lieblingsmuseen oder den Mond – werden der Schlaflosigkeit entgegengesetzt. Metro: So 24.10., 16.00 + Filmmuseum: Sa 30.10., 19.00 (OmenglU) Pejzazi otpora / Landschaft es Widerstands / Landscapes of Resistance (SRB/F/D 2021) R: Marta Popivoda. 95 min. Sonja Vujanović kämpfte in Serbien als Partisanin gegen die Nazibesetzung, bevor sie gefangen genommen, gefoltert und nach Aufenthalten in verschiedenen anderen Gefängnissen und Konzentrationslagern nach AuschwitzBirkenau gebracht wurde. Mit 97 Jahren erinnert sie sich zurück, trägt all die erlittenen Grausamkeiten mit erschütternder Ruhe vor, nie zweifelnd, dass es Momente gibt, in denen der Mensch, will er Mensch bleiben, Partisan sein muss. Metro: So 24.10., 13.30 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 25.10., 15.30 (OmenglU)
FEATURES
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Doku auf Wahrheitssuche
Natalia Garayalde hat das Videoarchiv ihrer Familie aufgearbeitet und nebenbei eine Verschwörung der Regierung unter Carlos Menem aufgedeckt
Splitter im Fleisch einer Familie und einer Stadt: „Esquirlas“ auch steht in den Straßen, der R Himmel ist verdunkelt. Es donnert und knallt, Hunde laufen in Pa-
nik umher. Ein Auto bahnt sich seinen Weg aus der Stadt, kommt an einer Frau mit Baby im Arm vorbei. „Steigen Sie ein!“, ruft der Fahrer. Auf der Rückbank filmt die zwölfjährige Natalia Garayalde alles mit. Es sind Szenen wie aus einem klischeehaften Katastrophenfilm doch die Ereignisse sind real: Am 3. November 1995 ging die Munitionsfabrik in Garayaldes argentinischer Heimatstadt Río Tercero in Flammen auf. 20.000 Geschoße explodierten über dem Ort. Für ihr Filmdebüt „Esquirlas“ (internationaler Verleihtitel: „Splinters“) hat Garayalde das Videoarchiv ihrer Familie aufgearbeitet und erzählt deren Geschichte im Schatten der Katastrophe. Unbeschwerten Homemovies folgen Bilder der zerstörten Stadt und des Wiederaufbaus. Zusammengeschnitten mit weiteren Amateurfilmaufna -
men und Fernseharchivmaterial, im Voiceover von der Regisseurin kommentiert, schält sich langsam die Wahrheit heraus: Das Unglück war kein solches, sondern absichtlich herbeigeführt, um illegale Waffengeschäfte der Regierung von Carlos Menem zu vertuschen. Zäh liefen die Ermittlungen, während viele Menschen aufgrund der chemischen Belastung an Krebs starben, darunter auch zwei Familienmitglieder der Regisseurin. Menem kam ungestraft davon. „Esquirlas“ ist eine Doku voll kindlicher Energie, Verstörung und Melancholie. „Bilder überdauern Körper“, heißt es einmal in diesem politischen Werk. Hier sind sie ein Denkmal für eine Stadt, die von einem Verbrechen heimgesucht wurde und dessen Folgen schutzlos ausgeliefert war. SABINA ZEITHAMMER
Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 30.10., 21 Uhr Filmmuseum: So, 31.10., 18.30 Uhr (OmenglU)
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VIENNALE 2021
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Petite maman – Als wir Kinder waren (F 2021) R: Céline Sciamma D: Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse, Stéphane Varupenne. 73 min. Die achtjährige Nelly hilft i ren Eltern nach dem Tod ihrer Großmutter beim Ausräumen des Hauses, in dem ihre Mutter, Marion, ihre Kindheit verbracht hat. Sie erkundet die Erinnerungsstücke und den Wald, in dem Marion einst ein Baumhaus gebaut hat. Nach der plötzlichen Abreise der Mutter lernt Nelly ein gleichaltriges Mädchen kennen, das ihr selbst verblüffend ähnlich sieht und im Wald gerade ein Baumhaus baut. Sein Name ist Marion. Ein neues, ergreifendes Werk von Céline Sciamma („Porträt einer jungen Frau in Flammen“). Gartenbau: Mi 27.10., 11.30 (OmU) + Urania: So 31.10., 18.30 (OmenglU) Petite Solange (F 2021) R: Axelle Ropert D: Jade Springer, Léa Drucker, Philippe Katerine, Grégoire Montana. 86 min. Solange ist mit 13 Jahren an der Kippe zur Adoleszenz angekommen, doch ihre bisher heile Welt ist schwer erschüttert: Ihre Eltern sind dabei, sich zu trennen. Solange versteht nicht und sieht sich bedroht, bis ein Erkenntnisprozess in Gang kommt und sie lernt, wie kompliziert das Leben sein kann. Und was sie gelernt hat, gibt sie in diesem herzzerreißenden Drama an ihr Umfeld weiter. Urania: Mo 25.10., 16.30 (OmenglU) Piligrimai / Pilgrims (LTU 2021) R: Laurynas Bareiša D: Gabija Bargailaite, Giedrius Kiela, Paulius Markevicius, Indre Patkauskaite. 92 min. Das Bild des Pilgers, der einen heiligen Ort aufsucht, wird in diesem Film rund um einen grässlichen Mord ins Negative gewendet. Vier Jahre nach dem gewaltsamen Tod von Matas in einer litauischen Kleinstadt vollziehen Paulius und Indre penibel nach, was passiert ist. Sie geben sich als Immobilienkunden aus, kaufen das Auto, in dessen Kofferraum Matas stundenlang gefangen war, und suchen Menschen auf, die mehr wissen, als sie vor Gericht ausgesagt haben. Urania: Di 26.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 28.10., 21.30 (OmenglU) El Planeta (E/USA 2020) R: Amalia Ulman D: Amalia Ulman, Ale Ulman, Zhou Chen, Saoirse Bertram, Nacho Vigalondo. 82 min. Leonor Jimenez (gespielt
von der argentinischen Künstlerin und Filmemacherin Ulman selbst) hat ihren Job als Modestylistin in London verloren und zieht zurück zu ihrer verwitweten Mutter in die spanische Provinzstadt Gijón. Die finanzielle Lage im Zwei-Generationen-Haushalt ist nicht rosig. Leonors Selbstbild bröckelt, während ihre Mutter längst im Pelzmantel als Ladendiebin unterwegs ist. Schwarzweißfilm mit einem Hauch Nouvelle Vague inmitten der Welt von Selfies und Twitter. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 27.10., 15.30 (OmenglU) The Power of the Dog (NZL/AUS 2021) R: Jane Campion D: Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst, Jesse Plemons, Kodi Smit-McPhee. 126 min. Starbesetzter Neo-Western, der sich ganz auf seine unter Spannung stehende Figurenkonstellation konzentriert. Montana in den 1920er-Jahren: Die Brüder George und Phil Burbank führen gemeinsam eine große Ranch. Phil (Benedict Cumberbatch) löst in seiner Umgebung Furcht und Ehrfurcht aus. Als George die Witwe Rose heiratet und diese mit ihrem jugendlichen Sohn Peter anreist, gerät das Kräfteverhältnis aus dem Gleichgewicht. Phil positioniert sich immer stärker gegen die anderen und quält sie, bis seine Rolle als knallharter Cowboy langsam Risse bekommt. Gartenbau: So 24.10., 23.15, Do 28.10., 17.30, So 31.10., 10.30 (OmU) Qué será del verano / What Will Summer Bring (ARG 2021) R: Ignacio Ceroi D: Ignacio Ceroi, Mariana Martinelli, Charles Louvet. 86 min. Filmemacher Ceroi hat bei einem Besuch in Südfrankreich bei einer Online-Auktion eine Videokamera gekauft. Darauf findet er Aufnahmen des früheren Besitzers, eines Pensionisten namens Charles. Er nimmt Kontakt mit diesem auf, taucht in das gefundene Material ein, erzählt, assoziiert und imaginiert ein fremdes Leben. Ob die Geschichten in dieser Mischung aus Doku und fiktionalem Film wahr sind, ist nebensächlich, es zählt der Resonanzraum der zwischenmenschlichen Beziehungen. Filmmuseum: Sa 23.10., 13.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 24.10., 23.00 (OmenglU) Quién lo impide / Who’s Stopping Us (E 2021) R: Jonás Trueba D: Candela Recio, Pablo Hoyos, Silvio
LIEBE ZUM FILM VOM WIDERSCHEIN DES KINOS H a ns H urc h: E ss ays, Inter vi e w s u n d Ku r z tex te zum Thema F ilm, F ilmsc h affe n d e u n d K in o des ehema ligen Vienna le-D ire k tors
248 Seiten, € 22,90
Aguilar, Claudia Navarro, Pablo Gavira, Marta Casado. 220 min. Über den Zeitraum von fünf Jahren realisierte Regisseur Trueba diesen Film mit einer Gruppe von Teenagern. Ein Werk ohne Drehbuch, eng anliegend an den Leben der Protagonisten, die doch fiktive Charaktere sind, wie ein Zwischentitel nach dem ersten Filmdrittel in Erinnerung ruft. Das energiegeladene Porträt einer Generation zwischen Spiel- und Dokumentarfilm ruft rundlegende Fragen auf: Wer sind wir und wer wollen wir sein, als Individuen und als Gesellschaft? Metro: Di 26.10., 11.00 (OmenglU) Rampart (SRB 2021) R: Marko Grba Singh. 62 min. Filmemacher Marko Grba Singh besucht die verlassene Wohnung seiner Kindheit in Belgrad. Untermauert und vorangetrieben von der Sammlung alter Videoaufnahmen seines Großvaters aus den Jahren 1998 und 1999 werden Erinnerungen wach, sowohl idyllische als auch traumatische: mit Familienzusammenkünften, Gartenhäuschen, Hamstern und Hund, Videospielen sowie Artillerie am Horizont. Metro: Mi 27.10., 16.00 + Filmmuseum: Do 28.10., 13.30 (OmenglU) Ras vkhedavt, rodesac cas vukurebt? / Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen? (D/ GEO 2021) R: Alexandre Koberidze D: Ani Karseladze, Giorgi Bochorishvili, Oliko Barbakadze, Giorgi Ambroladze, Vakhtang Panchulidze. 150 min. Lisa und Giorgi, zwei junge Georgier, werden nach ihrer ersten romantischen Begegnung über Nacht verwandelt. In falschen Körpern gefangen, sind sie nun füreinander unerkennbar. Sie sehen sich täglich, doch bedeuten einander in dieser Gestalt nichts. Ein so märchenhaft-altmodischer wie modernistisch-verspielter Film mit dem Regisseur als Erzähler. Metro: Sa 23.10., 20.30 + Urania: Di 26.10., 21.00 (OmU) Red Rocket (USA 2021) R: Sean Baker D: Simon Rex, Suzanna Son, Bree Elizabeth Elrod, Ethan Darbone, Judy Hill. 128 min. Hauptdarsteller Simon Rex kam vor 20 Jahren mit Masturbationsvideos zu einer gewissen Berühmtheit, bevor seine kaum begonnene Schauspielkarriere im Sand verlief. Nun ist er in einer ganz auf ihn zugeschnittenen, tragikomischen Rolle zurück auf der Leinwand: Ex-Pornostar Mikey Saber hat bessere Zeiten gesehen. Aus Los Angeles kehrt er zurück in seine heruntergekommene Heimatstadt in Texas, wo er bei seiner Exfrau unterkommt. Doch als er die minderjährige DonutVerkäuferin Strawberry kennenlernt, fällt er sofort in alte Verhaltensmuster zurück. Unterhaltsame Mischung aus Milieu- und Charakterstudie. Gartenbau: Di 26.10., 17.15 + Mi 27.10., 20.30 (OmU) Re Granchio / The Tale of King Crab (IT/ARG/F 2021) R: Alessio Rigo de Righi, Matteo Zoppis D: Gabriele Silli, Maria Alexandra Lungu, Severino Sperandio, Bruno Di Giovanni. 106 min. Ein paar alte Jäger sitzen zusammen, essen, trinken, singen und versuchen sich an die Geschichte von Luciano zu erinnern. Da sind wir auch schon mittendrin: Im Feuerland des frühen 20. Jahrhunderts ist unser tragisch-romantischer Held hinter einem Schatz her. Als „Wegweiser“ dient ihm eine Königskrabbe, die er in einem Eimer mit sich herumträgt. Sie ist so zuverlässig wie die Erinnerung der alten Männer, während aus Jägerlatein ein migrantischer Herkunftsmythos gesponnen wird. Gartenbau: Sa 30.10., 14.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 31.10., 18.15 (OmenglU) Retour à Reims (fragments) / Returning to Reims (Fragments) (F 2021) R: Jean-Gabriel Périot. 80 min. In „Retour à Reims“ (2009), einer autobiografisch-soziologischen Untersuchung, zeigt der der Arbeiterschicht entstammende Autor Didier Eribon, wie unverändert wichtig es für die (schulische) Karriere ist, in welche soziale Klasse man hineingeboren wird. Er stellt zudem dar, wie es kam, dass ehemals kommunistische Arbeiter mit einem Mal die rechtsextreme Partei Rassemblement National von Marine Le Pen wählten. Aus Film- und historischen Archiven versammelt Périot Bilder von den 1950er-Jahren bis heute, die Eribons Analysen bestärken. Im Original mit Adèle Haenel als Erzählerin. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 27.10., 18.00 + Filmmuseum: Do 28.10., 21.30 (OmenglU) A River Runs, Turns, Erases, Replaces (USA 2020) R: Zhu Shengze. 87 min. Wuhan am Jangtse, Ground Zero der Corona-Pandemie. In ihrer Mischung aus Doku und Drama geht Zhu Shengze von der Zeit des Lockdowns mit dem Stillstand der Stadt zurück in die Vergangenheit: Bilder einer quirligen Metropole, verloren in ihrem Streben nach
Modernisierung, ständig im Wandel. Dazu teilen Einwohner von Wuhan Briefe an ihre geliebten Menschen, die die Pandemie nicht überlebt haben. Sie beklagen die verpassten Chancen, miteinander zu sprechen, einander wahrhaft kennenzulernen, füreinander da zu sein. (Kein Dialog) Filmmuseum: Fr 22.10., 13.30 + Metro: So 31.10., 16.00 Seperti Dendam Rindu Harus Dibayar Tuntas / Vengeance Is Mine, All Others Pay Cash (IDN/ SGP/D 2021) R: Edwin D: Marthino Lio, Ladya Cheryl, Reza Rahadian, Ratu Felisha, Sal Priadi, Kevin Ardil lova. 114 min. Dass der Protagonist eines Actionfilms impotent ist, kommt eher selten vor. Doch es ist der Fall bei Auftragskiller Ajo, der sich auf den ersten Blick in Leibwächterin Iteung verliebt – und umgekehrt. Zunächst hat Iteung kein Problem mit Ajos Einschränkung, doch dann beginnt sie eine Affäre mit ihrem Ex. Auch mehrere Gefängnisaufenthalte und das Erscheinen eines Geists von der Müllhalde machen das Leben des Paares nicht einfacher. Nach einem Roman von Eka Kurniawan denkt der indonesische Regisseur Edwin ironisch-hintergründig über tradierte Rollenmuster nach und schafft zugleich eine Hommage an die Hongkong-Filme und die Popkultur der 1970er und 1980er. Gartenbau: So 24.10., 11.30 + Urania: Mo 25.10., 18.30 (OmenglU) Serre moi fort / Hold Me Tight (F 2021) R: Mathieu Amalric D: Vicky Krieps, Anne-Sophie Bowen-Chatet, Sacha Ardilly, Juliette Benveniste, Aurèle Grzesik. 97 min. Eine Frau fotografiert einen leeren Esstisch, und als sie das Foto aus der Sofortbildkamera zieht, ist die ganze Familie darauf versammelt. Was genau geschehen ist, lässt Regisseur Amalric zunächst offen: Clarisse, Mutter zweier Kinder, entfernt sich plötzlich von ihrer Familie und driftet durch Raum und Zeit. Eine aus den Fugen geratene Chronologie des Lebens in schnappschussartigen Bildern, getragen von der großartigen Vicky Krieps, die hier (neben „Bergman Island“) zum zweiten Mal auf der diesjährigen Viennale zu sehen ist. Gartenbau: Sa 23.10., 20.30 + So 24.10., 14.30 (OmU) Songs for Drella (USA/GB 1990/2021) R: Ed Lachman. 55 min. Lou Reed und John Cale, die beiden längst zerstrittenen Velvet-Underground-Masterminds, rauften sich 1990 zusammen, um in einem Theater ihren Liederzyklus „Songs for Drella“, geschrieben für ihren kurz zuvor verstorbenen Mentor Andy Warhol, zu interpretieren. Die Aufnahmen dieses Aufeinandertreffens wurden nun restauriert und glänzen im Kino mit geschärften Klängen und Gesichtern. Gartenbau: Do 28.10., 23.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 29.10., 20.00 (OF) The Souvenir (GB 2019) R: Joanna Hogg D: Honor Swinton Byrne, Tom Burke, Tilda Swinton, Richard Ayoade. 115 min. Autobiografisch getönter Kunstthriller von Joanna Hogg, der ins London der 1980er-Jahre zurückführt: Dort begegnen wir Julie, einer leicht verhuschten Filmstudentin aus privilegierter Familie, die mithilfe ihrer Kamera endlich das wahre Leben kennenlernen will. Dann lernt sie Anthony kennen, einen Mann mit vielen Geheimnissen, nicht wenige davon düster. Julie verschließt die Augen davor – bis die Realität sie einholt. Gartenbau: Fr 29.10., 12.00 (OF) The Souvenir: Part II (IRL/GB 2021) R: Joanna Hogg D: Honor Swinton Byrne, Tilda Swinton, Richard Ayoade, Charlie Heaton. 106 min. Hoggs Sequel zu „The Souvenir“ (2019) geht unmittelbar dort weiter, wo der Vorgänger endete: Nach dem Tod ihres von düsteren Geheimnissen umflorten Freundes Anthony kämpft ilmstudentin Julie mit Trauer und Schock. Ihre Eltern unterstützen sie fast zu fürsorglich, während sich ihre Kommilitonen schwertun, ihrem Diplomfilm zu folgen. Atmosphärisches Porträt einer jungen Künstlerin, angesiedelt in den frühen 1980er-Jahren. Gartenbau: Mi 27.10., 14.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 30.10., 13.00 (OF) The Sparks Brothers (USA 2020) R: Edgar Wright. 140 min. Er schuf Kultfilme wie „Shaun of the Dead“, „Hot Fuzz“ und „Baby Driver“, nun beschreitet Edgar Wright dokumentarisches Terrain. Allerdings geht es auch hier recht eigenwillig zu, finden sich Exzentrik und schräger Witz: Stehen doch die Sparks, eines der seltsamsten Klanggewächse der 70er-Jahre, im Mittelpunkt. Mit dem Album „Kimono my House“ hatten Russell und Ron Mael 1974 endlich den lang ersehnten Erfolg, bald danach ging es allerdings wieder bergab. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 30.10., 23.00 + Urania: So 31.10., 11.00 (OmU) Spencer (D/GB 2021) R: Pablo Larraín D: Kristen Stewart, Timothy Spall, Jack Farthing, Sean Harris,
FOTOS: VIENNALE
V I E N N A L E 2 0 2 1 F A L T E R Sally Hawkins. 111 min. Er glänzte bereits mit Filmen über Jackie Kennedy und Pablo Neruda, nun hat sich Regisseur Lorraín der 1997 unter tragischen Umständen verstorbenen Prinzessin Diana angenommen. Zwischen Legende und Wahrheit imaginiert er drei Tage Weihnachten bei den britischen Royals. Kurz vor der Ankunft uf dem Anwesen Sandringham in Norfolk hat Diana von Prinz Charles’ Affäre mit Camilla erfahren und wandelt entsprechend am Rande des Nervenzusammenbruchs. Rockt überdimensionale Perlenohr- und Augenringe als blonde Schmerzensfrau: Kristen Stewart. Gartenbau: Mi 27.10., 6.30 + Sa 30.10., 23.00 + Mo 25.10., 11.30 (OmU) Ste. Anne (CAN 2021) R: Rhayne Vermette D: Rhéan ne Vermette, Isabelle d’Eschambault, Jack Theis, Va lerie Marion. 80 min. Nach vier Jahren Absenz – man weiß nicht, wo sie war und wieso sie weg war – kehrt Renée zu ihrer Familie zurück. Ihre Bruder Modeste und dessen Frau haben ihre Tochter, Athene, in der Zwischenzeit großgezogen. Die unangenehme Situation verschärft ich, als Renée ihren Plan verkündet, mit Athene wegziehen zu wollen. Mit wenig Interesse an Stringenz webt das kleine Drama ein Netz aus lyrisch-assoziativen Naturbildern. Filmmu seum: Di 26.10., 13.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 27.10., 13.00 (OmenglU) Stories from the Sea (Ö 2021) R: Jola Wieczorek. 86 min. Seit eh und je ist das Mittelmeer einer der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte der Welt. Es wird Tag und Nacht überquert, genutzt und genossen, gefürchtet und geliebt. Die Doku porträtiert Menschen auf drei Schiffen, die diesen Meeresraum als Sehnsuchtsort, Arbeitsplatz und Ort menschlicher Begegnungen erleben. Das allumfassende blaue Wasser, die stete Wellenbewegung und der ferne Horizont sind Elemente, die alle Figuren verbinden, so unterschiedlich die Motivation, sich auf See zu begeben, auch ist. (Produktionsmitteilung) Stadtkino im Künstlerhaus: Di 26.10., 18.00 (OmU) + Filmmuseum: So 31.10., 16.00 (OmenglU) The Storms of Jeremy Thomas (GB 2021) R: Mark Cousins. 94 min. Der Brite Jeremy Thomas zählt zu den bedeutendsten Produzenten des internationalen Kunstkinos. Jedes Jahr macht er sich in seinem alten Sportwagen zum Filmfestival in Cannes auf, oft it ein, zwei Freunden als Begleitung. Für seine Doku ist Regisseur Marc Cousins 2019 mitgefahren und hat Thomas im Auto und während des Festivals gefilmt, ihn mit seinen Filminterpretationen gelöchert und zu Themen wie Autos, Sex und Tod befragt. Metro: Fr 22.10., 16.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 23.10., 13.00 (OF) Suzanna Andler (F 2020) R: Benoît Jacquot D: Charlotte Gainsbourg, Niels Schneider, Julia Roy, Nathan Willcocks. 88 min. Ende der 1960er-Jahre in Südfrankreich: Suzanna Andler besichtigt eine Villa, die vielleicht für den nächsten Familienurlaub infrage kommt. Sie ist melancholisch, gefangen in einer Ehe mit ihrem reichen Mann, der ihr seit Jahrzehnten untreu ist. Doch sie ist in Begleitung eines jungen Liebhabers, zum ersten Mal in ihrem Leben. Im Lauf eines Tages reflektiert sie über ihre Ehe, ihre Affäre, ihr Dasein. Eine wichtige Rolle spielen dabei Gespräche – mit ihrem Liebhaber, einer Freundin, einem Kindermädchen und ihrem Ehemann am Telefon. Jacquot, einst Regieassistent der Schriftstellerin, Dramatikerin und Regisseurin Marguerite Duras, machte aus dem gleichnamigen Theaterstück seiner Mentorin ein elegantes Kammerspiel. Urania: Fr 29.10., 18.30 + Gartenbau: Sa 30.10., 11.30 (OmenglU) Tout s’est bien passé / Everything Went Fine (F/B 2021) R: François Ozon D: Sophie Marceau, André Dussollier, Géraldine Pailhas, Charlotte Rampling, Éric Caravaca. 113 min. Nach einem Schlaganfall bittet der 85-jährige Kunstsammler André seine Töchter, ihm beim Sterben zu helfen. Zunächst entrüstet und schockiert, sehen sie sich auf seinen Wunsch bald nach Möglichkeiten in der Schweiz um. François Ozon findet einen von unerwarteter Leichtigkeit und Humor geprägten Zugang zum komplexen Thema „Aktive Sterbehilfe“, ohne den Ernst der Situation zu vernachlässigen. Nach den Erinnerungen der Schriftstellerin Emmanuèle Bernheim. Gartenbau: Di 26.10., 23.15 + Fr 29.10., 6.30 + Urania: Sa 30.10., 16.00 (OmU) Überraschungsfi m Gartenbau: Di 26.10., 11.00 Una película de policías / A Cop Movie (MEX 2021) R: Alonso Ruizpalacios D: Mónica Del Carmen, Raúl Briones. 107 min. Ein Polizeifilm der ganz
eigenen Sorte, angesiedelt zwischen Dokumentation und Fiktion: Zwei Polizisten, die in Mexico City Dienst tun und privat ein Paar sind, führen uns zu Beginn durch ihre Arbeit. Plötzlich eine unerwartete Wendung: Die beiden Schauspieler, die Teresa und Montoya gerade noch dargestellt haben, reden in einer Art Making-of über ihre Arbeit. Anschließend nehmen sie selbst an Kursen der sechsmonatigen Polizeiakademie teil, die ihre Schüler in ein höchst korruptes System entlässt. Schlussendlich kommt auch noch das echte Paar, unter Kollegen als „Love Patrol“ bekannt, zu Wort. Rund um sein ernstes Thema baut Ruizpalacios ein lustvolles Spiel mit den Grenzen der Genres Polizeifilm, das mitreißt, empört und berührt. Urania: Mo 25.10., 11.00 (OmenglU) + Sa 23.10., 13.30 (OmU) Verdens verste menneske / The Worst Person in the World (NOR/F/SWE/DK 2021) R: Joachim Trier D: Anders Danielsen Lie, Renate Reinsve, Herbert Nordrum. 127 min. Die Liebe ist kein Zuckerschlecken: Julie schlingert in zwölf Kapiteln zwischen Prolog und Epilog durch die schwierige Lebensphase um die 30. Beziehungen beginnen und enden, Möglichkeiten eröffnen sich und Chancen gehen vorüber. Die Familie kann so kompliziert sein wie die richtige Wahl des Studiums. Romantische Komödie mit viel Feingespür für diese Generation. Gartenbau: So 31.10., 18.30, 22.30 (OmU) Vida comienza, vida termina / Life Begins, Life Ends (CH/ARG/USA 2021) R: Rafael Palacio Illing worth D: Eleonore Meier, Cristian Salguero, Mariana Anghileri. 84 min. Eine lose Komposition zwischen Doku und Fiktion, gebaut um zwei Familien, die sich ineinander spiegeln: Ein Filmemacher war dabei, ein neues Werk zu schreiben, als seine Ehe von einer Tragödie überschattet wird. Ein anderer Mann versucht jeden wertvollen Moment mit seiner Familie festzuhalten, während seine Frau langsam ihrem Krebsleiden erliegt. Ein Film wie ein Exorzismus zu den Themen Erschaffen und Loslassen. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 25.10., 18.00 + Metro: Mi 27.10., 21.30 (OmenglU) Vous ne désirez que moi / I Want to Talk About Duras (F 2021) R: Claire Simon D: Swann Arlaud, Emmanuelle Devos. 95 min. Ginge wohl auch heute noch als Skandal durch: Die Beziehung der französischen Schriftstellerin, Dramatikerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin Marguerite Duras mit dem knapp 40 Jahre jüngeren Schriftsteller Yann Andréa. Duras selbst ist im Film abwesend. In einem intensiven Zwiegespräch vermessen Andréa, der seinem Leben mit Duras mehrere autobiografische Werke gewidmet hat, und die Journalistin Michèle Manceaux die Liebe. Regisseurin Simon hält sich an den Wortlaut des realen, lang verschollenen Interviews, das zugleich Beichte, Therapie und Literaturkritik war, und übersetzt ihn in ein atmosphärisches Kammerspiel. Gartenbau: Do 28.10., 11.30 + Metro: So 31.10., 18.30 (OmenglU) Wet Sand (CH/GEO 2021) R: Elene Naveriani D: Bebe Sesitashvili, Gia Agumava, Megi Kobaladze, Giorgi Tsereteli, Kakha Kobaladze. 115 min. Ein georgisches Dorf am Schwarzen Meer: Die Bewohner scheinen sich gut zu kennen und freundlich zueinander zu sein. Eines Tages wird Eliko erhängt aufgefunden. Seine Enkelin Moe und deren Freundin Fleshka reisen an, um das Begräbnis zu organisieren. In einer von christlichem Fundamentalismus, Intoleranz und ländlichem Patriarchat bestimmten Welt stoßen sie auf Lügen, Verrat und innere wie äußere Dramen: Eliko war aufgrund seiner Sexualität zu einem Leben im Verborgenen gezwungen. Metro: Fr 22.10., 21.00 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: So 24.10., 12.15 (OmenglU) Women Do Cry (BGR/F 2021) R: Vesela Kazakova, Mina Mileva D: Maria Bakalova, Ralitsa Stojanova, Ka tia Kazakova, Bilyana Kazakova, Vesela Kazakova. 107 min. Drei Schwestern in Bulgarien: Eine hat gerade ein Kind bekommen und muss nun daheimbleiben, weil ihr Mann es so will. Die zweite hat gerade erfahren, dass sie von ihrem verheirateten Liebhaber mit HIV infiziert wurde, und sieht ihr Leben ruiniert. Die dritte hat mit dem anderen Geschlecht nichts am Hut, bekommt es dafür aber mit einer Staatsgewalt zu tun, die keine queeren Lebensweisen toleriert. Kazakovas und Milevas Film führt mit viel zorniger Energie auf emanzipatorische Konfliktfelder im heutigen Bulgarien. Ein Land, das sich weigert, die Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) zu ratifizieren. Urania: Fr 22.10., 18.00 (OmU)
VIENNALE IM BILD
„L‘Evénement“ von Audrey Diwan, der Gewinner von Venedig, eröffnet die Viennale „De cierta manera“, einziger Langfilm der Kuba nerin Sara Gómez, wurde restauriert
„The Storms of Jeremy Thomas“ von Mark Cousins würdigt den großen Produzenten
„Les Unwanted de Europa“ von Fabrizio Ferraro begibt sich auf Lisa Fittkos Spuren
„Große Freiheit“ von Sebastian Meise erzählt von einer großen Liebe hinter Gittern
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VIENNALE 2021
Zeros and Ones (D/GB/IT/USA 2021) R: Abel Ferrara D: Ethan Hawke, Cristina Chiriac, Phil Neilson, Valerio Mastandrea, Dounia Sichov, Babak Karimi. 85 min. In einer postapokalyptischen, menschenleeren Kriegszone – dem von Milizen beherrschten Rom, in dem der Vatikan nicht mehr existiert – sucht der amerikanische Soldat J.J. (Ethan Hawke) nach seinem Zwillingsbruder, einem Revolutionär. Mit seinem neuesten Werk verarbeitet Ferrara Pandemie-Erfahrungen, die mit der Paranoia von Mindgame-Filmen kurzgeschlossen werden. Aus nachtschwarzen, flackernden Bildern, CyberwarÄsthetik, sakraler Mystik und dröhnenden Sounds entsteht eine ganz eigene Atmosphäre. Gartenbau: Sa 30.10., 17.30 + Urania: So 31.10., 14.00 (OF)
Kurzfilme Kurzfilmprogramm 1: Inheritances (D/Ö/E/MEX/ GB 2020/21) R: Luke Fowler / Christiana Perschon / Nicolás Pereda / Ute Aurand / Friedl vom Gröller / Valentina Alvardo Matos. 70 min. Porträts über die Künstlerin Lieselott eschorner und die Filmemacher Renate Sami, Hommagen an den Soundtüftler Patrick Joseph Cowley und die filmende Poetin Margaret Tait: „Patrick“ von Luke Fowler (GB 2020), „Glimpses from a Visit to Orkney in Summer 1995“ von Ute Aurand (D/GB 2020), „Querida Chantal, Dear Chantal“ von Nicolás Pereda (MEX/E 2021), „Sekundenarbeiten“ von Christiana Perschon (Ö 2021), „Das Rad“ von Friedl vom Gröller (Ö 2021), „Renate“ von Ute Aurand (D 2021), „arrojalatierra, throwtheground“ von Valentina Alvarado Matos (E 2021). Filmmuseum: Fr 22.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 2: Reconfiguring the Earth (BRA/NL/GB/IDN 2021) R: Jesica Sarah Rinland / Maaike Anne Stevens / Rizar Rizaldi. 75 min. Dokumentation von Ausgrabungen im Südwesten des Amazonasbeckens: „Sol de campinas“ von Jessica Sarah Rinland (BRA 2021). Die marokkanische Sahara und ein Nomade in einer nomadisierenden Erzählung: „Scylos“ von Maaike Anne Stevens (NL/ GB 2021). Doku-Fiction, gedreht in den Ruinen einer von Niederländern auf West-Java errichteten Funkstation: „Tellurian Drama“ von Riar Rizaldi (IDN 2021). Filmmuseum: Sa 23.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 3: Human Material (Ö/ GB/E/VEN/CHL 2021) R: Óscar Vincentelli / Cristóbal León, Joaquín Cociña / Peter Tscherkassky / Morgan Quaintance. 67 min. Experimentelles, darunter ein Stierkampf, gefilmt mit Thermokamera, oder ein assoziativer Filmessay über den Tod. „La sangre es blanca“ von Óscar Vincentelli (E/VEN 2021), „Los huesos / The Bones“ von Cristóbal León und Joaquín Cociña (Chile 2021), „Train Again“ von Peter Tscherkassky (Ö 2021) und „A Human Certainty“ von Morgan Quaintance (GB 2021). Filmmuseum: So 24.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 4: The Scope of Dreams (F/E/P/Ö/CAN 2021) R: Marine de Contes / Wilbirg Brainin-Donnenberg / Lois Patiño, Matías Piñeiro / Luise Donschen / Michaela Grill. 69 min. Frühlingserwachen auf Super-8, ein Vater und seine kleine Tochter im Botanischen Garten von Kyoto, eine Sinfonie mikroskopischer Welten: „Silabario“ von Marine de Contes (F 2021), „As time goes by“ von Wilbirg Brainin-Donnenberg (Ö 2021), „Sycorax“ von Lois Patiño und Matías Piñeiro (E/P 2021), „Elle“ von Luise Donschen (D 2021), „under the microscope“ von Michaela Grill (Ö/CAN 2021). Filmmuseum: Mo 25.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 5: Social Skins (Ö/D/B/P 2021) R: Vika Kirchenbauer / henry Hills / Salomé Lamas / Jan Soldat / Friedl vom Gröller. 74 min. Körperbilder und Klassenverhältnisse, rasante Choreografien und tickende Metronome: „Nullo“ von Jan Soldat (Ö/D 2021), „The Capacity for Adequate Anger“ von Vika Kirchenbauer (D 2021), „Social Skills“ von Henry Hills (Ö/B 2021), „2020“ von Friedl vom Gröller (Ö 2021), „Hotel Royal“ von Salomé Lamas (P 2021). Filmmuseum: Di 26.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 6: Mysterious Objects (GB/ NL/Ö/KOR/THAI 2020/21) R: Miranda Pennell / Bram Ruiter / Kim Minjung / Karl-Heinz Klopf / Apichatpong Weerasethakul. 72 min. Assoziationsspiele, rätselhafte Luftaufnahmen, Schaben auf einem weißen Laken, unterlegt mit Stimmen politischer Kundgebungen in Bangkok: „Strange Object“ von Miranda Pennell (GB 2020), „Een weefsel van licht / A Weave of Light“ von Bram Ruiter (NL 2021), „Le-deu-pil-teo-ga cheol-hoe-doeb-ni-da. / The red
filter is withdrawn.“ von Kim Minjung (KOR 2021), „Nesting Endless“ von Karl-Heinz Klopf (Ö 2021), „Night Colonies“ von Apichatpong Weerasethakul (USA/THAI 2021). Filmmuseum: Mi 27.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 7: A Certain Intimacy (GB/F/ IT/Ö 2020/21) R: Morgan Quaintance / Pierre Creton / Diego Marcon / Toby Bull / Vicki Kühn. 66 min. So verstiegen wie vertraulich: eine harte Jugend im Süden von London, eine Art dekonstruiertes Miniatur-Musical, eine Schafherde, friedlich in englischer Landschaft grasend – „Surviving You, Always“ von Morgan Quaintance (GB 2020), „House of Love“ von Pierre Creton (F 2021), „The Parents’ Room“ von Diego Marcon (IT/GB 2021), „Some Kind of Intimacy“ von Toby Bull (GB/F 2021) und „Sie möchte, dass er geht, sie möchte, dass er bleibt.“ von Vicki Kühn (Ö/D 2021). Filmmuseum: Do 28.10., 16.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm 8: A Radiant Earth (HK/ CH/E/CAN 2021) R: Simon Liu / Laida Lertxundi / Daïchi Saïto / Fabrice Aragno / Luiza Goncalves. 76 min. Ausnahme- und andere Zustände – Hongkong, wie man es noch nie gesehen hat, ein Ausstieg aus dem Alltag und ein halbstündiger Film über die Apokalypse: „Happy Valley“ von Simon Liu (HK 2021), „Inner Outer Space“ von Laida Lertxundi (E 2021), „earthearthearth“ von Daïchi Saïto (CAN 2021), „Parenthèse“ von Fabrice Aragno (CH 2021), „Un bananero no es casualidad / A Banana Tree Is no Coincidence“ von Luiza Gonçalves (E 2021). Filmmuseum: Fr 29.10., 16.00 (OmenglU) Letter From Your Far-Off ountry (USA/IND 2020) R: Suneil Sanzgiri. 18 min. 18 hochverdichtete Minuten verwirbeln Bruchstücke aus mehreren Jahrzehnten des Widerstands gegen die Hegemonialansprüche der Hindu-Herrschaft in Indien. Überlagertes 16mm-Filmmaterial mit Fehlbelichtungen, 3D-Modelle der Bergketten in Kaschmir, Videoschnipsel von Spontanaufständen muslimischer Frauen oder auch Whatsapp-Diskussionen zwischen dem Regisseur und seinem Vater: Found Footage als politisch aufgeladene Paria-Kunst aus der Diaspora und zugleich taktile Verbeugung vor den anhaltenden Kämpfen der vermeintlich Unberührbaren. (Stephan Settele) Urania: Mi 27.10., 16.00 (OmenglU) Pa vend / Displaced (Kosovo 2021) R: Samir Karahoda. 15 min. Heuer als Bester Kurzfilm in Toronto ausgezeichnet: Die Mitglieder eines Tischtennisvereins versuchen mit allen Mitteln, ihren Sport im Kosovo voranzubringen. Die widrigen Umstände verlangen ihnen Einfallsreichtum ab und zwingen mitunter zu Notlösungen, um wenigstens einen Platz für die Tische zu schaffen. Metro: Mi 27.10., 16.00 + Filmmuseum: Do 28.10., 13.30 (OmenglU) Train Again (Ö 2021) R: Peter Tscherkassky. 20 min. Das Kino liegt ja angeblich in den letzten Zügen. Und so rattert Tscherkassky durch die Filmgeschichte, als gäbe es kein Morgen. (Roman Scheiber) Filmmuseum: Sa 30.10., 19.00 Viennale-Trailer 2021: But Why? (GB/Ö 2021) R: Terence Davies D: Richard Goulding, Peter Capaldi. 2 min. Treppe hinauf, Treppe hinunter. Ein junger Mann, ein älterer Mann. Ein sonnendurchflutetes Fenster. Aus dem Off ine Erzählstimme, bedächtig: Terence Davies selbst. Eine Elegie auf Zeit und Leben. Gartenbau: Do 21.10., 19.00 + Fr 22.10., 11.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 21.10., 20.30 + Filmmuseum: Do 21.10., 21.00 + Metro-Parkplatz: Do 21.10., 21.00 + Urania: Do 21.10., 21.00
Kinematografie: Fabrizio Ferraro Checkpoint Berlin (IT 2020) R: Fabrizio Ferraro D: Alessandro Carlini, Marcello Fagiani, Fabio Fusco, Marta Reggio, Caterina Gueli. 64 min. Mysteriös, ein Grenzgänger zwischen Dokumentar- und Spielfilm: die Geschichte eines italienischen Regisseurs, der nach Berlin kommt, um Spuren seines Onkels zu suchen, der am Tag des Mauerbaus von seiner Frau verlassen und in der Folge zu einem Grenzgänger zwischen Ost und West geworden sein soll. Aus diesem Stoff ebt Fabrizio Ferraro eine dichte Textur aus Radioberichten von Mauertoten, zeitgenössischen Fotografien, diversen Stimmen aus dem Off und kehrt immer wieder zurück zu Guercinos Gemälde „Die Ungläubigkeit des Heiligen Thomas“. Und tatsächlich, Zweifel scheinen hier angebracht! Metro: Sa 23.10., 15.30 (OmenglU)
Colossale sentimento (IT 2016) R: Fabrizio Ferraro. 85 min. Buchstäblich ein Film in schwebendem Schwarzweiß: Wie sehr mögen die Leute gestaunt haben, die in einer Februarnacht des Jahres 2016 über drei Meter hohe Marmorstatuen von Francesco Mochi (1580–1654) per Kran und Schwertransporter langsam durch die Straßen von Rom gleiten gesehen haben? Jesus und Johannes der Täufer, überlebensgroß, in Holzgestellen gesichert; Schwerstarbeit für alle Beteiligten. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 25.10., 23.15 (OmenglU) Gli indesiderati d’Europa / Les Unwanted de Europa (IT/E 2017) R: Fabrizio Ferraro D: Euplemio Macri, Catarina Wallenstein, Paul Riba, Marco Teti. 112 min. Die österreichische Kommunistin Lisa Fittko führt den Philosophen Walter Benjamin über die Pyrenäen nach Spanien: Gehen, atmen, warten, dazwischen Rückblenden in die Zeit seines Pariser Exils. Das schwarzweiße Pendant zu Christian Petzolds „Transit“, ein Film über die Vertreibung der europäischen Intelligenzija, mit wachem Blick auf das Heute. Urania: So 24.10., 13.30 (OmenglU) La veduta luminosa / The Luminous View (IT/E 2021) R: Fabrizio Ferraro D: Alessandro Carlini, Catarina Wallenstein, Freddy Paul Grunert. 88 min. Herr Emmer ist ein genialische Künstler, der seine besten Tage lange hinter sich hat und sich den Konventionen des menschlichen Miteinanders zunehmend entzieht. Seine Assistentin wird um ihren Job nicht beneidet, im Auto sind die beiden unterwegs nach Tübingen. Dort wartet ein Filmprojekt zum Dichter Hölderlin, der dem Wahnsinn anheimfi l und trotzdem weiterschrieb. Dabei im Weg stehen die Alpen, der deutsche Wald und Herrn Emmers Allgemeinzustand, die Fahrt wird zur Irrfahrt. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 22.10., 21.00 + Urania: Mi 27.10., 13.30 (OmenglU) Piano sul pianeta (malgrado tutto, coraggio Francesco!) (IT 2010) R: Fabrizio Ferraro D: Andrea Ferraro, Antonio Sinisi, Roberto Ferraro, Diana Pucci, Marco Teti, Leonardo Viola, Maria Galatro. 80 min. Félix Guattari lässt grüßen! Santa Maria della Pietà in Rom, die größte psychiatrische Anstalt Europas, bot bis zur ihrer Schließung 1999 Platz für über tausend Insassen. Filmessayist Ferraro hat in der Anstalt, die seither anderweitig genutzt wird, gedreht – und zwar mit jenen Personen, die heute an diesem Ort verweilen und dabei scheinbar in Schweigen gefangen sind. Metro: Mo 25.10., 11.00 (OmenglU) Quando dal cielo / Wenn aus dem Himmel (IT 2015) R: Fabrizio Ferraro D: Paolo Fresu, Daniele Di Bonaventura, Manfred Eicher, Claudia Landi, Fabrizio Ferraro, Bruno Ganz. 93 min. Visual Music: „Quando dal cielo“ begleitet die Jazzmusiker Paolo Fresu und Daniele Di Bonaventura, die mit dem Produzenten Manfred Eicher und einem Toningenieur ein Album aufnehmen. Eine Suche nach Einklang auf Hölderlins Spuren: „Wenn aus dem Himmel hellere Wonne sich / Herabgießt, eine Freude den Menschen kommt, / Daß sie sich wundern über manches / Sichtbares, Höheres, Angenehmes: / Wie tönet lieblich heilger Gesang dazu!“ Urania: Sa 23.10., 11.00 (OmenglU) SebastianO (IT 2016) R: Fabrizio Ferraro D: Marco Teti, Marta Reggio, Alessandro Carlini, Adriano Fabbi, John Harding. 89 min. Die drei Schauspieler, die den zum Tode verurteilten Sebastiano – hier noch Soldat, später Heiliger und einer der drei Schutzpatrone von Rom – und die zwei ihn eskortierenden Soldaten darstellen, verziehen keine Miene; auch dann nicht, wenn die Kamera sie minutenlang fixiert. Doch als sie in einer Grotte ein Feuer anzünden, treibt der Rauch einem die Tränen in die Augen. So sorgfältig Filmer Ferraro plant, so gerne lässt er Unerwartetes zu seinem Recht kommen – seien es Rauchschwaden, das Rauschen von Blätter oder das Gebaren der Touristen auf dem Palatin, wo Sebastiano den Märtyrertod fand. Metro: Fr 22.10., 13.30 (englOF)
Monografie: Terence Davies Benediction (GB 2021) R: Terence Davies D: Jack Lowden, Peter Cpaldi, Jeremy Irvine, Simon Russell Beale, Gemma Jones. 137 min. Streitbares, beim Festival von San Sebastián mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnetes Filmporträt über Siegfried Sassoon, einen homosexuellen britischen Dichter und hochdekorierten Veteranen des Ersten Weltkriegs.
Doch was Regisseur Davies am meisten an der Biografie dieses Weltbürgers interessierte, der sein Leben lang vergebens nach „Erlösung“ strebte, war Sassoons Wechsel vom Judentum zum Katholizismus: „Warum in aller Welt möchte sich das jemand antun?“ Gartenbau: Sa 23.10., 11.00 + Filmmuseum: So 24.10., 20.30 (OF) The Deep Blue Sea (GB/USA 2011) R: Terence Davies D: Rachel Weisz, Tom Hiddleston, Simon Russell Beale, Ann Mitchell, Harry Hadden. 98 min. Terence Davies, der böse Nostalgiker des britischen Kinos, verfilmt ein Stück des einst vielgespielten Terence Rattigan: Im London der 1950er verlässt Hester ihren gütigen älteren Ehemann für einen unsteten jüngeren Liebhaber. Die Menschen sind gemein, die Dinge rätselhaft chön und die Gefühle schmerzhaft groß: Vivat Melo! Metro: So 24.10., 11.00 (OF) Distant Voices, Still Lives (GB 1988) R: Terence Davies D: Freda Dowie, Peter Postlethwaite, Angela Walsh, Dean Williams, Lorraine Ashbourne. 84 min. Erneut lässt Terence Davies in diesem Film seine eigene Kindheit in einem Arbeiterbezirk von Liverpool wiederaufleben. In diesem Meisterwerk übernimmt die Musik die „Erzählung“, die populären Schlager der 1930er- und 1940er-Jahre, Choräle, Gospels, Swing, die Pastoralsymphonie ebenso wie Frank Sinatra und die von Generationen weitergetragenen traditionellen Lieder: Fluchtversuche vor der harten Realität. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 22.10., 15.30 (OF) The House of Mirth (GB/F/D/USA 2000) R: Terence Davies D: Gillian Anderson, Eric Stoltz, Dan Aykroyd, Elizabeth McGovern, Anthony LaPaglia, Laura Linney. 135 min. Die meisterhafte Verfilmung des Belle-Époque-Romans von Edith Wharton. Eine alleinstehende Frau, Lilly Bart (umwerfend: Gillian Anderson), umschwärmte Angehörige der New Yorker High Society des anbrechenden 20. Jahrhunderts, erkennt, wie gefährdet in Wahrheit ihre gesellschaftliche Stellung mit der Zeit geworden ist: Lillys Bemühungen, sie zu verteidigen, scheitern an ihren Ansprüchen und der Heuchelei ihrer Umgebung. Kapitalismuskritik im Kostüm, ein Pflichttermin. Filmmuseum: Sa 23.10., 18.30 (OmU) The Long Day Closes (GB 1992) R: Terence Davies D: Marjorie Yates, Leigh McCormack, Anthony Watson, Nicholas Lamont. 83 min. Gesprochen wird nur wenig in Terence Davies’ Erinnernungen an seine Kindheit, an die Familie, ans Kino und an Debbie Reynolds’ wunderschönes Lied „Tammy“: Fantastische Bilder und ein kunstvoll – aus Schlagern, Tonspuren alter Filme, klassischen Musikstücken und Gesang der Protagonisten – montierter Soundtrack erzählen die Geschichte. Ein kleines Meisterwerk. Filmmuseum: Mo 25.10., 13.30 (OF) The Neon Bible (GB 1995) R: Terence Davies D: Jacob Tierney, Gena Rowlands, Diana Scarwid, Denis Leary. 91 min. David wächst in den 1940er-Jahren in einer Kleinstadt im amerikanischen Süden auf. Seine Tante Mae, eine ehemalige NachtclubSängerin, kommt, um im Haus seiner Eltern zu wohnen, und schon bald überstrahlt der Glamour dieser energiegeladenen Frau Davids kleine Welt – in der originellerweise alles nach Gemälden von Edward Hopper ausschaut. Filmmuseum: Mi 27.10., 13.30 (OF) Of Time and the City (GB 2008) R: Terence Davies. 79 min. Nach acht Jahren der Untätigkeit bekam Terence Davies endlich wieder einen Film zu machen, nämlich ein essayistisches Porträt seiner Heimatstadt Liverpool, das anlässlich der Ernennung zur europäischen Kulturhauptstadt 2008 in Auftrag gegeben wurde. Das Ergebnis ist eine Art dokumentarischer Zwilling zu Davies’ frühen Erinnerungsfilmen: wehmütig, schwelgerisch, bitter – und gelegentlich richtig witzig. Metro: Mi 27.10., 11.00 (OF) A Quiet Passion (GB/B 2016) R: Terence Davies D: Cynthia Nixon, Jennifer Ehle, Keith Carradine, Jodhi May, Emma Bell. 124 min. Allzu getragenes Biopic über die US-amerikanische Lyrikerin Emily Dickinson (1830–1886), von Terence Davies als Aufbegehrende in einer patriarchalischen Gesellschaft gezeichnet. Dickinsons Gedichte werden von Hauptdarstellerin Cynthia Nixon im Voice-over gelesen, zum Schluss entwickelt sich der von komischsarkastischen Elementen durchzogene Film in Richtung Tragödie. Metro: Fr 29.10., 11.00 (OF) Sunset Song (GB/LUX 2015) R: Terence Davies D: Agyness Deyn, Peter Mullan, Kevin Guthrie, Jack Greenlees, Daniela Nardini. 135 min. Verfilmung von Lewis G. Gibbons gleichnamigem Buch, deutsch:
V I E N N A L E 2 0 2 1 F A L T E R „Lied vom Abendrot“, das als einer der größten schottischen Romane überhaupt gilt. Erzählt wird die Geschichte von Chris Guthrie, die unter ihrem strengen Vater leidet. Sie darf das College besuchen, bis die Mutter stirbt und sie zurück auf den Hof muss. Nach dem plötzlichen Tod auch ihres Vaters führt Chris jedoch nicht ihr Studium weiter fort, sondern verschreibt sich ganz dem kleinen elterlichen Anwesen am Fuße der rauen Mearns. Ihr Leben bleibt geprägt vom Konflikt zwischen der „englischen Chris“ der Bildung und der „Kinraddier Chris“ mit ihrer Liebe zur regionalen Sprache und vor allem zur Landschaft. Das bleibt auch nicht ohne Folgen für ihre Ehe mit dem Landarbeiter Ewan – bis der Ausbruch des Ersten Weltkriegs das Leben der ganzen Gemeinschaft unwiderruflich verändert. Urania: So 24.10., 16.15 (OF) The Terence Davies Trilogy (GB 1976–1983) R: Terence Davies D: Nick Stringer, Philip Maudsley, Sheila Raynor. 102 min. Das dreiteilige – „Children“ (1976), „Madonna and Child“ (1980), „Death and Transfiguration“ (1983) −, autobiografisch geprägte Regiedebüt des Briten Terence Davies: Eine Kindheit in Liverpool, dominiert von Armut, Einsamkeit, Katholizismus, Homosexualität. Eine Passionsgeschichte in Schwarzweiß. Metro: Fr 22.10., 11.00 (OF)
FOTOS: VIENNALE
Monografie: Henrik Galeen After the Veridct / Die Siegerin (GB 1929) R: Henrik Galeen D: Olga Tschechowa, Warwick Ward, Malcolm Tod, Betty Carter, Ivo Dawson, Daisy Campbell. 70 min. Das von Alma Reville, verheiratete Hitchcock, geschriebene Melo erzählt von einem geheimnisvollen Mordfall, der die Londoner Oberschicht erschüttert und das Leben einer berühmten Tennisspielerin ins Wanken bringt: Ihr Verlobter steht unter Verdacht, sie versucht alles, seine Unschuld zu beweisen. – Gezeigt wird die mutmaßlich letzte erhaltene 35mm-Kopie der englischen Fassung, deren Tonspur aus Musik und Geräuschen besteht. Metro: Mi 27.10., 18.30 (OF) Alraune (D 1927) R: Henrik Galeen D: Brigitte Helm, Paul Wegener, Ivan Petrovich, Georg John, Valeska Gert, Wolfgang Zilzer, John Loder. 130 min. Alraune, das Produkt eines wahnsinnigen Professors, zusammengesetzt aus den Erbteilen eines gehenkten Mörders und einer Dirne: Eine alle betörende, bis zum aufgesetzten Happy End gefühlskalte, alles zerstörende Frau. In der Hauptrolle, mehr Vamp als Sagengestalt, verführt Brigitte Helm. – Neurestaurierung Filmmuseum München, Einführung: Stefan Drößler. Metro: Mo 25.10., 18.30 (OmU) Auf gefährlichen Spuren (D 1924) R: Harry Piel D: Harry Piel, Jenny Marba, Gustav Oberg, Henrik Galeen, Dary Holm, Fred Immler. 89 min. Die erste Zusammenarbeit von Drehbuchautor Henrik Gaalen und Actionstar Harry Piel, die sich bis 1931 auf insgesamt fünf Filme erstreckte: Dorothy (Dory Holm), die Tochter eines superreichen Amerikaners (Galeen selbst), verdreht dem Tischlergesellen Harry den Kopf und muss von ihm aus der Gewalt finstrer Ganoven befreit werden. Ein flottes Stück Kintopp, das mit spektakulären Naturaufnahmen (gedreht wurde am Jungfrauenjoch in den Schweizer Alpen) punktet. – Neurestaurierung Filmmuseum Düsseldorf. Metro: Fr 29.10., 18.30 (OmU) Der Golem (D 1915) R: Henrik Galeen, Paul Wegener D: Paul Wegener, Lyda Salmonova, Henrik Galeen, Rudolf Blümner, Carl Ebert. 25 min. Fragmentarisch überlieferte Erstverfilmung der Sage vom Rabbi Löw, der im 16. Jahrhundert einer Lehmstatue eigenes Leben eingehaucht hat. Henrik Galeen, der zusammen mit Titeldarsteller Wegener das Skript verfasste, arbeitete hier erstmals beim Film, er zeichnete auch für die Regie mitverantwortlich und stellte den jüdischen Trödler dar. (Neurestaurierung Filmmuseum München) Metro: So 24.10., 18.30 (OF) Der Golem, wie er in die Welt kam (D 1920) R: Paul Wegener, Carl Boese D: Paul Wegener, Albert Steinrück, Lyda Salmonova, Ernst Deutsch, Otto Gebühr. 91 min. Rabbi Loew, geistlicher Führer der jüdischen Gemeinde von Prag, ein Magier und Meister der schwarzen Kunst, haucht einer Lehmstatue Leben ein. Der Koloss rettet dem Kaiser das Leben, worauf dieser ein Dekret widerruft, das die Vertreibung der Juden verordnete. Als der Golem sich infolge einer unheilvollen Konstellation
der Gestirne gegen seinen Schöpfer auflehnt, bricht ein kleines Mädel seine Lebenskraft. Der Film war einer der künstlerisch wie geschäftlich größten Erfolge der deutschen Stummfilmproduktion, dessen außergewöhnliche Bild- und Dekorgestaltung bis heute nichts von ihrer Wirkung eingebüßt hat. – Neurekonstruktion Filmmuseum München, Einführung: Stefan Drößler. Metro: So 24.10., 18.30 (OmU) Stadt in Sicht (D 1923) R: Henrik Galeen D: Friedrich Traeger, Edith Posca, Otto Treptow, Harry Nestor. 63 min. Der alte Flussschiffer Ullrich, seine junge Frau Anna und sein Helfer Fritz plagen sich Tag für Tag auf einem Frachtkahn, bis eines Tages ein geheimnisvoller Fremder auftaucht. Der wegen Mordes gesuchte Stepptänzer umgarnt die Frau und verwandelt das Schiff n eine Lasterhöhle. „Stadt in Sicht“, so die Zeitschrift ilm-Kurier 1923 kritisch, „heißt: Gefahr im Verzuge, die Sünde lauert, das Verbrechen droht, Unheil brütet“. In der weiblichen Hauptrolle spielt Edith Posca, ihr Mann, der Regiemeister Lupu Pick, zeichnet als Produzent. – Einführung: Florian Widegger. Metro: Mi 27.10., 18.30 (OmU) Der Student von Prag (D 1926) R: Henrik Galeen D: Conrad Veidt, Elizza La Porta, Fritz Alberti, Agnes Esterhazy, Werner Krauß. 133 min. Student Balduin (tragisch: Conrad Veidt) vermacht sein Spiegelbild aus Liebe zu einer Frau dem teuflischen Wucherer Scapinelli (Werner Krauß). Die berühmteste Version des oft erfilmten Stoffs; Günther Krampf machte die Kamera, die abgesehen von ein paar gekonnten Trickaufnahmen jedoch enttäuscht. – Neurestaurierung Filmmuseum München. Metro: Do 28.10., 18.30 (OmU) Das Wachsfi urenkabinett (D 1924) R: Paul Leni D: Emil Jannings, Olga Belajeff, Conrad Veidt, Werner Krauss, Wilhelm Dieterle. 81 min. Ein Dichter besucht ein Wachsfigurenkabinett nd denkt sich Geschichten aus: über Harun-al-Raschid (Jannings), Iwan den Schrecklichen (Veidt) sowie Jack the Ripper (Krauss), der den Erzähler sodann über den Rummelplatz verfolgt. Ein Klassiker des Expressionismus, Drehbuch von Henrik Galeen. – Neurestaurierung Filmmuseum München. Metro: Di 26.10., 18.30 (OmU)
Historiografie: Segundo de Chomón – Sara Gómez De cierta manera / In gewisser Hinsicht / One Way or Another (Kuba 1974–1977) R: Sara Gómez D: Yolanda Cuellar, Mario Balmaseda, Isaura Mendoza, Mario Limonta. 73 min. Dokumentarische sind mit spielfilmhaften Momenten durchmischt, reale Personen mit frei erfundenen. Im Mittelpunkt der Handlung, die Sara Gómez unter anderem zusammen mit Tomás Gutiérrez Alea erdachte: eine Grundschullehrerin und ihre Beziehung zu einem Arbeiter. Die Probleme, die Yolanda mit Mario, aber auch mit den Schülern plagen, wurzeln allesamt im ausgeprägten „Machismo“ der kubanischen Gesellschaft – or der Revolution, wohlgemerkt! Goméz’ einziger Langfilm, restaurierte Fassung. Metro: Sa 23.10., 17.30 (OmU) Fantastic Chomón, 1904–1909 (E/F/IT 1904–1909) R: Segundo de Chomón. 58 min. Der spanische Trickfilmer, der sich vor allem durch fantastische Miniaturen für die französische Firma Pathé und ein ausgeklügeltes Färbungssystem einen Namen machte, wurde von Méliès und der allzu simpel kanonisierenden Filmgeschichtsschreibung ins Abseits gedrängt. Nun gibt es die rare Gelegenheit, die frühen Kinostücke, herrlichen Feerien und Bizarrerien von Segundo de Chomón (1871–1929) erneut zu entdecken: „L’hereu de Can Pruna“ (E 1904), „Le Roi des dollars“ (F 1905), „Le Courant électrique“ (F 1906), „Les Œufs de Pâques“ (F 1907), „Les Tulipes“ (E 1907), „En avant la musique“ (F 1907), „Les Kiriki, acrobates japonais“ (F 1907), „Hôtel électrique“ (F 1908), „Le Voyage sur Jupiter“ (F 1909), „Une excursion incohérente“ (F 1909), „Symphonie bizarre“ (F 1909), „Piu forte di Sherlock Holmes“ (IT 1913). Metro: So 31.10., 14.00 (OF) From Pathé Frères to Ibérico, 1907–1912 (E/F 1907–1912) R: Segundo de Chomón. 64 min. Während Georges Méliès oder Gaston Velle von der Zauberei zum Film kamen, arbeitete Segundo de Chomón zunächst in Barcelona eher dokumentarisch, bevor er nach Paris ging und bei den Brüdern
FEATURES
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Referring to Psalm 22
Zerstörerischer als jede Stampede: Phil (Benedict Cumberbatch) macht der Witwe Rose (Kirsten Dunst) und ihrem Teenagersohn das Leben schwer
Ein Kammerspiel im Wilden Westen: Jane Campions „The Power of the Dog“ s fällt fast zu leicht, Jane CamE pions Literaturverfilmung als Western zu bezeichnen. Die Hand-
lung spielt in den 1920er-Jahren in den Bergen von Montana, wo es genug weite Landschaft gibt, die reitenden Cowboys etwas Heroisches verleiht. Aber die äußere Anmutung täuscht, in seinem Kern nämlich ist „The Power of the Dog“ ein Kammerspiel, ein Vier-Personen-Stück, das von intimen, verborgenen Regungen handelt, deren Wirkung über die Zeit zerstörerischer sein kann als jede Stampede. George (Jesse Plemons) und Phil (Benedict Cumberbatch) führen als Brüderpaar eine Ranch. Schon ihre Rollenverteilung ist faszinierend widersprüchlich: Phil ist der Mann fürs Grobe, zuständig für das Vieh und das Draußen, obwohl seine ätzende Intelligenz darauf hinweist, dass er studiert hat. George dagegen ist ein Schreibtischmann, aber seine Attitüde der Kultiviertheit wirkt prätentiös. Als
er sich um die verletzliche Witwe Rose (Kirsten Dunst) bemüht, gerät das Verhältnis zwischen den Brüdern aus dem Gleichgewicht: Phil macht der einziehenden Schwägerin mit sadistischen Mindgames das Leben schwer; ihren unangepassten Teenagersohn Peter (Kodi Smit-McPhee) versucht er mit homophoben Beleidigungen zu treffen Peter wiederum ist davon erstaunlich wenig beeindruckt. Campion lässt ihren Figuren den Raum, ihre Beziehungen mit Höhen und Tiefen zu entwickeln. Ihr Film kommt (fast) ohne äußere Action aus. Es scheint ihr nicht nur darum zu gehen, einmal mehr die „toxische Männlichkeit“ zu entlarven. Statt dessen erzählt „The Power of the Dog“ von einer verstörenden Charakterdynamik, die gerade da fesselt, wo sie nicht mehr gefällt. BARBAR A SCHWEIZERHOF
Gartenbaukino: So, 24.10., 23.15 Uhr + Do, 28.10., 17.30 + So, 31.10, 10.30 Uhr (OmU)
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Pathé als Spezialist für Trick und Verwandlungsszenen anfing. 1913, als die Zeit der Féerien sich dem Ende zuneigte, zog er weiter nach Italien und setzte seine Karriere beispielsweise mit Spezialeffekten großer Stummfilme wie „Cabiria“ fort. Programm mit „Les Lunatiques“ (1908), „Le Spectre rouge“ (1907), „La Grenouille“ (1908), „Le Pied de mouton“ (1908), „Barcelone, principale ville de la Catalogne“ (1912), „Metamorfosis“ (1912), „El iris fantástico“ (1912), „El biombo de Cagliostro“ (1912), „Boda en Premià de Mar servida por autos marca Ford“ (ca. 1912), „Superstición andaluza“ (1912). Metro: Fr 29.10., 16.00 (OF) Kurzfilme von Sara Gómez (Kuba 1964–1968) R: Sara Gómez. 50 min. Einige wenige Kurzfilme und ein unvollendeter Langfilm – das Werk von Sara Gómez (1942–1974) ist schmal geblieben. Hier wie dort geht die kubanische Filmemacherin der Frage nach, wie das Erbe einer rassistischen, sexistischen und „unterentwickelten“ (so Gutiérrez Alea) Kolonialgesellschaft zu demontieren wäre, ist diese doch notwendige Voraussetzung, damit „der neue Mensch“ endlich Wirklichkeit werden kann. Ein Programm mit „Iré a Santiago“ („I’m Going to Santiago“, 1964), „Guanabacoa: Crónica de mi familia“ („Guanabacoa: Chronicles of My Family“, 1966), „Una isla para Miguel“ („An Island for Miguel“, 1968). Metro: Sa 23.10., 19.15 (OmenglU)
Film as a Subversive Art 2021 Baalbek + As Far As Yearning (LBN 2001 / 2017) R: Ghassan Salhab, Mohamed Soueid, Akram Zaatari. 80 min. „Ein Reporter und ein Fotograf sind in ‚Baalbek‘ (2001) unterwegs, um über ein Musikfestival zu berichten, doch kommen sie zwischen Beirut und Baalbek vom Weg ab. Der Film ist als Triptychon angelegt, bei dem die drei Freunde Ghassan Salhab, Akram Zaatari und Mohamed Soueid gemeinsam Regie führten. Dieselbe Reise wird dreimal wiederholt und jeder Filmemacher zeigt sie anders. Die Wüsteneien und das Strecken derselben Geschichte spiegeln den verwirrten Zustand, in dem sich der Libanon momentan befindet. / Zwei Cineasten, die in zwei verschiedenen Städten leben, beschreiben in ‚As Far as Yearning‘ (2017) die geteilte Sehnsucht nacheinander durch verstreute Bilder, Klänge und Monologe des jeweils anderen. Zusammengesetzt werden sie ein Film, ein Dialog.“ (Nour Ouayda) Filmmuseum: Do 18.11., 18.30 + Di 26.10., 11.00 (OmenglU) Das Block (D 2006) R: Chris Wright, Stefan Kolbe. 75 min. Hans-Joachim, Olga, Silvio, Natalya: vier traurige Gestalten aus einem desolaten ostdeutschen Plattenbau. „Die Kamera nimmt sie in ihren engen Einzimmerwohnungen aus extremer Nähe auf, zeigt Hautporen und Schuppen. Auch in heiklen Momenten geht sie nicht auf Abstand. Nahe bringt uns ‚Das Block‘ die prekäre Lage im gesellschaftlichen Abseits, ihre Verlorenheit, Verzweiflung und existenzielle Einsamkeit. In der postapokalyptischen Szenerie des Vorfilms ‚Phantasiesätze‘ (Dane Komljen, D/DK 2017) stehen die Wohnblocks mit ihren sozialistischen Insignien verlassen da. Von einstiger menschlicher Existenz zeugen Super8-Home-Movies mit familiärem Sommerglück im Freien. Nach der Nuklearkatastrophe hat sich die Natur der Architektur bemächtigt.“ (Brigit Kohler) Filmmuseum: Mi 24.11., 18.30 + Mo 25.10., 21.15 (OmenglU) Cuatreros / Die Radikalen des Südens (c) – Viehdiebe (ARG 2016) R: Albertina Carri. 83 min. „Albertina Carris Vater – ein Soziologe, der vom argentinischen Militär in den 1970ern entführt wurde – widmete dem zum Volkshelden gewordenen Viehdieb Isidro Velázquez 1968 das Buch ‚Vorrevolutionäre Formen der Gewalt‘. Carri reist damit in die Provinz Chaco, um dessen Thesen zu überprüfen und schlägt eine Brücke vom Erscheinungsjahr zur Gegenwart und von der politischen Position des Vaters zu ihrer eigenen, die völlig davon abweicht. Um es im damaligen Jargon zu sagen: eine dialektische (und affektive) Synthese.“ (Roger Koza) Filmmuseum: Do 28.10., 11.00 (OmenglU) Demain et encore demain / Journal 1995 / Morgen und wieder morgen / Tagebuch 1995 / Tomorrow and Tomorrow / Diary 1995 (F 1997) R: Dominique Cabrera. 79 min. „Filmen, um klarer zu sehen, um der Depression zum Trotz wieder Kontakt herzustellen zur Außenwelt ist das Projekt
des Videotagebuchs von Dominique Cabrera. Der darauf basierende autobiografische Filmessay ‚Demain et encore demain / Journal 1995‘ zeigt ihren Blick auf die Dinge des Alltags – eine Hyazinthe, den Abwasch, Hagelkörner – genauso wie ihr Kind, Diskussionen mit dem Liebhaber über die richtige Haltung als Linke bei der Präsidentschaftswahl. Radikal subjektiv und sachlich zugleich weitet sich das Selbstporträt zum Zeitdokument am Ende der Ära Mitterrand. Von einer intimen Situation geht auch Mona Hatoums kurze Videoarbeit ‚Measures of Distance‘ (GB/LBN 1988) aus. Über Nahaufnahmen ihrer Mutter beim Duschen zuhause in Beirut liegt arabische Schrift, während Gespräche der beiden und die mütterlichen Briefe in englischer Sprache zu hören sind. Deren Sehnsucht nach der in London lebenden Tochter ruft ie Themen Krieg, Exil und Identität auf.“ (Birgit Kohler) Filmmuseum: Mo 25.10., 11.00 + Do 25.11., 18.30 (OmenglU) Diagnose, rückwärts (F/GB 2017 / 2019) R: Marie Hugonnier. 67 min. Mit „Cinetracts“ (2017) greift Marine Hugonnier jene kollektive Form wieder auf, die im Mai ’68 von einem ganzen Berufsstand als Auflehnung praktiziert wurde. Mit einer Ironie, die Félix Fénéons würdig wäre, präsentiert sie reine und bearbeitete Readymades. – Der zehnminütige Vorfilm „Giverny’s Cusp“ (2019) arrangiert eine Konfrontation von Analogfilm mit den Gemälden von Claude Monet. (Kein Dialog) Filmmuseum: Sa 30.10., 21.30 + Mo 1.11., 18.30 El triunfo de Sodoma / Die Radikalen des Südens (b) – Der Triumph von Sodom (ARG 2020) R: Goyo Anchou D: Alejandro Berón Díaz, Milo Brown, Roberto Estrella, Lola Giancarelli. 82 min. „Auf das Patriarchat können Ideologien wie Kapitalismus und Speziesismus zurückgeführt werden. Das ist das Thema dieses Films, aber was der Film selbst ist, ist eine andere Frage. Ein Dokumentarfilm über die Mutation der Matrix, die seit Jahrhunderten die Geschichte ordnet? Ein Porträt eines imaginären Mutanten? In Kapiteln, deren Titel so respektlos wie einfallsreich sind, wird geschildert, wie sich zwei Menschen treffen, um Sex zu haben (oder auch nicht), was wiederum Rückblenden auslöst: Szenen in New Delhi, Hongkong oder Mar del Plata. Die dünne Fiktion ist nur ein Hilfsmittel, um über die libidinöse (Un-)Ordnung der Gegenwart nachzudenken, die als Symptom einer revolutionären Atmosphäre verstanden wird.“ (Roger Koza) Filmmuseum: Mi 27.10., 11.00 (OmenglU) Ent-Anthropozentrieren, neuorienteren (F/GB/ IRL/CAN/NL 2008–2021) R: Fergus Daly / Wolfgang Lehmann / Silvi Simon / Alexandre Larose / Cecilia Bengolea / Jayne Parker / Karel Doing / Zélie Parraud. 64 min. Wie kann sich Kino von seinen anthropozentrischen und industriellen Bestimmtheiten befreien? Jeder der hier präsentierten Filme schlägt eine Lösung vor, sei sie ikonografisch oder technisch. „The Mirror of Possible Worlds“ (Fergus Daly, IRL 2020), „Birds by the Sea“ (Wolfgang Lehmann, D 2008), „Filmatruc à verres n°2 (compte-rendu d’installation)“ (Silvi Simon, F 2010), „Filmatruc à verres n°4, Orage (compte-rendu d’installation)“ (Silvi Simon, F 2012), „Brouillard – passage #14“ (Alexandre Larose, CAN 2013), „Lighting Dance“ (Cecilia Bengolea, ARG 2018), „Herbs (élément d’installation, extrait)“ (Silvi Simon, F 2019), „A Floral Tribute for Essex Road“ (Jayne Parker, GB 2019), „Phytography“ (Karel Doing, NL 2020), „Promenade 1“ (Zélie Parraud, F 2021), „Promenade 2“ (Zélie Parraud, F 2021). Filmmuseum: So 31.10., 11.00 + Di 2.11., 21.00 (OF) Ent-Hierarchisieren, vertiefen (FG/B/SN 2018 / 2021) R: Maxime Jean-Baptiste / Vincent Meessen. 124 min. Vorfilm: „Nou voix“ von Maxime JeanBaptiste (Französisch Guyana 2018), danach: „Just A Movement“ von Vincent Meessen (B/SN 2021). – „Wir müssen ‚die Genauigkeit lieben‘, so die Empfehlung des ermordeten marxistischen Aktivisten Omar Blondin Diop, von dem Meessens Film handelt. Es mag sein, dass die wichtigste Waffe unsere Zeit der Geist der Vertiefung ist, der durch ‚die digitale Diktatur‘ (J.-L. Godard in ‚Les trois désastres‘, 2012) untergraben wird. Dieser Geist ist Triebfeder der Filme von Maxime Jean-Baptiste und Vincent Meessen. Beide entwickeln eine Nebenfigur in einem Film zu einer emblematischen Gestalt innerhalb der Geschichte des antikolonialen und antikapitalistischen Kampfes.“ (Nicole Brenez) Filmmuseum: Fr 29.10., 21.15 + Mo 1.11., 21.00 (englOF)
FOTOS: PETER TSCHERK ASSK Y / SIXPACKFILM
V I E N N A L E 2 0 2 1 F A L T E R Fleisch und Bissen (F/RO/ARG 2018–2021) R: Florent Marcie / Radu Jude / Pablo Martín Weber. 139 min. „Florent Marcies Begleiter in seinem Film ‚A.I. At War‘ (F 2021) heißt Zota: ein kleiner, komplizierter, lernfähiger Roboter. Zotas Augen sind Kameras. Die Gegenschüsse auf Marcie zeigen buchstäblich die subjektive Wahrnehmung eines Roboters. Der Film gibt damit den Ausblick auf ein mögliches Kino, welches rein von intelligenten Maschinen gestaltet wird. Zum Auftakt zwei andere dialektische Übungen. Radu Jude kontrastiert in ‚Cele doua executii ale Maresalului‘ (RO 2018) das Dokument der Exekution von Marschall Ion Antonescu, Rumäniens Diktator von 1940–44, mit ihrer manipulativen Reinszenierung in dem Spielfilm ‚Oglinda‘ (1994). Und Pablo Martín Weber liefert eine ‚Hommage ans Werk von Philip Henry Gosse‘ (ARG 2020), einen Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts, und parallel dazu eine Analyse des Übergangs von Archiven in die Digitalität.“ (Roger Koza) Filmmuseum: Do 28.10., 18.30 + Mi 3.11., 18.30 (OmenglU) The Insomnia of a Serial Dreamer (LB 2020) R: Mohamed Soueid. 170 min. „‚Insomnia of a Serial Dreamer‘ entstand aus Aufnahmen, die über 15 Jahre hinweg gemacht wurden: Weil er an Schlaflosigkeit litt, ließ sich Mohamed Soueid von Freunden und Angehörigen Geschichten erzählen, die ihm beim Einschlafen helfen sollten. Freundschaft verwandelt sich in Sprache und Rede, während wir dabei zusehen, wie seine Freunde Soueid in den Schlaf reden.“ (Nou Ouayda) Filmmuseum: Do 18.11., 20.30 + Mi 27.10., 21.00 (OmenglU) Kelti / Celts (SRB 2021) R: Milica Tomovic D: Dubravka Kovjanic, Stefan Trifunovic, Katarina Dimic, Anja Dordevic, Olga Odanovic. 106 min. Belgrad im Winter 1993: Marijana und ihr Mann Otac bereiten ein Geburtstagsfest für ihre Tochter Minja vor. „Teenage Mutant Ninja Turtles“ ist das Thema. Während sich ein leicht chaotischer Tag mit zahlreichen kleinen und großen Gästen entfaltet, werden Fragmente vieler Geschichten erkennbar: das Porträt einer Familie als vielschichtiges Gesellschaftsbild im Schatten eines Krieges. Stadtkino im Künstlerhaus: Do 28.10., 15.00 (OmenglU) Kurzfilmprogramm (J 1974–1978) R: Terayama Shuji / Matsumoto Toshio / Okabe Michio / Iimura Takahiko. 51 min. „Terayama Shuji spielte eine führende Rolle in der Underground-Theaterbewegung, experimentierte aber auch mit unterschiedlichen Möglichkeiten des Kinos, wie etwa der Dreifachprojektion bei ‚Kinoführer für junge Leute‘ (‚Seishonen no tame no eiga nyumon‘, 1974). Matsumoto Toshio zeigt in ‚Mordkatalog‘ (‚Satsujin katarogu‘, 1975) Aufnahmen von Ermordeten und schafft mit einem immer gleichen, von ihm selbst zu den Bildern eingesprochenen Kommentar ein labyrinthisches Werk, in dem sich Fiktion und Realität vermengen. Okabe Michio, Ikone der japanischen Subkultur der 1960er, verfolgte das Prinzip eines subjektiven Kinos: Bilder, die ihn filmisch interessierten, mischte er mit Rollen, die er selbst spielen wollte; in ‚Memoiren‘ (‚Kaisoroku‘, 1977) mündet die Fantasie des Künstlers in eine chaotische Bilderkette. Iimura Takahiko hatte als einer der Ersten die internationale Screening-Bewegung mitinitiiert und medienübergreifend Experimente durchgeführt, um die Form des Films an sich zu hinterfragen; in ‚24 Frames per Second‘ (1975–78) vermittels der Verwendung von Einzelbildern.“ (Go Hirasawa) Filmmuseum: Do 4.11., 18.30 + Sa 30.10., 11.00 (OmU) Lluvia de jaulas / Die Radikalen des Südens (a) – Käfigregen (ARG 2019) R: César González. 82 min. „‚Ich denke. Ich bin ein Tourist in meiner Stadt.‘ Die Aussage erklärt die Perspektive, mit der César González das Leben in den Slums (‚Carlos Gardel‘) und sein dialektisches (materialistisches) Gegenstück entlang der Straßen Florida und Lavalle und in der Gegend um den Obelisken beobachtet. Durch direktes und persönliches Wissen über die Wirklichkeit, die er filmt, erzeugt González systematische Entfremdung. Das, was zwar gespürt, aber nicht gesehen und schon gar nicht gefühlt werden kann, regt dazu an, über eine geheime Beziehung nachzudenken: zwischen denen, die Wohlstand genießen, und denen, die in prekärer Armut leben.“ (Roger Koza) Filmmuseum: Sa 23.10., 11.00 (OmenglU) Mizu no nai puru / Ein Pool ohne Wasser / A Pool Without Water (J 1982) R: Wakamatsu Kōji D: Uchida Yūya, Mie, Nakamura Reiko, Fujita
Yumiko, Shima Akemi. 103 min. „Inspiriert von einem Verbrechen mithilfe von Chloroform, zeigt Wakamatsu den Alltagswahnsinn eines Eisenbahn-Angestellten. Das Werk unterscheidet sich insofern von seinen vorangegangenen Filmen – beispielsweise ‚Prey‘ (1969) – als es nicht auf einer politischen Ebene angesiedelt ist, sondern eine neue, revolutionäre Sichtweise ins Spiel bringt.“ (Go Hirasawa) Filmmuseum: Do 4.11., 21.00 + Fr 22.10., 18.30 (OmenglU) Nicht-menschliche Körper (USA/COL/D/GB 2004–2018) R: Charlotte Pryce / Carolina Charry Quintero / David Gatten / Guillaume Cailleau / Amy Cutler. 77 min. Veganes Kino: ein Programm mit fünf Filmen, die einen singulären Zugang zu unserem Verhältnis zur Natur präsentieren – und zur Rolle, die dem Kino zukommt, wenn Normen der Wahrnehmung hinterfragt werden. „Concerning Flight: Five Illuminations in Miniature“ (Charlotte Pryce, USA 2004), „Blua Carolina“ (Carolina Charry Quintero, USA/COL 2017), „Journal and Remarks“ (David Gatten, USA 2010), „Laborat“ (Guillaume Cailleau, D 2014), „All Her Beautiful Green Remains in Tears“ (Amy Cutler, GB 2018). Filmmuseum: Mi 17.11., 21.00 + So 24.10., 18.30 (OmenglU) Quality Control (USA 2011) R: Kevin Jerome Everson D: Shay Wright, Annette Speight, Eric Brown, Tyhesha Dawkins, Omar Diamond, Sandra Gully, Patricia Issack. 71 min. Welche Rolle spielt der menschliche Körper in der mechanisierten Arbeitswelt? Wie kann das Kino die Feinheiten der täglichen Arbeit außerhalb von Erzählstrukturen abbilden? „In einem Akt radikaler Entdramatisierung konzentriert sich Eversons ‚Quality Control‘ auf das Alltägliche, Profane. Mit langen statischen Einstellungen, auf schwarzweißem 16mm-Film gedreht, verwandelt er eine chemische Reinigung in Alabama in eine audiovisuelle Choreografie von Körpern und Maschinen.“ (Kim Knowles) Filmmuseum: Mi 17.11., 18.30 + So 24.10., 11.00 (OF) Subversion als Performance (D/Ö/GBUSA 2009–2018) R: Julia Fuhr Mann / Marie Losier / Mara Mattuschka, Chris Haring / Sarah Pucill. 83 min. Die vier Filme dieses Programms bieten Theatralik und transgressiven Humor als Mittel zur Gestaltung von Alternativen, um Körper zu sehen und zu spüren. „Der verspielte Camp von Marie Losiers ‚Slap! The Gondola‘ (USA 2010, mit Tony Conrad und Genesis P-Orridge) trifft auf den surrealen und sinnlichen Exzess von Mara Mattuschkas und Chris Harings ‚Burning Palace‘ (Ö 2009), während Julia Fuhr Manns herrlich queerer Protest gegen den perfekten Körper mit ‚Riot Not Diet‘ (D 2018) einen Kontrapunkt zu Sarah Pucills zarter Darstellung der Identitätskonstruktion durch die Spannung zwischen Wirklichkeit und Künstlichkeit in ‚Phantom Rhapsody‘ (GB 2010) bildet." (Kim Knowles) Filmmuseum: Sa 23.10., 21.30 + Mi 10.11., 21.00 (englOF) Terra de ninguém / Niemandsland / No Man’s Land (P 2013) R: Salomé Lamas. 72 min. Bekenntnisse eines Auftragsmörders: Paulo Figueiredo berichtet von seinem Leben als Söldner im portugiesischen, spanischen und amerikanischen Staatsdienst. Die Wahrheit seiner Angaben interessiert Filmemacherin Lamas weniger als die ungerührte Performance dieses Mannes, der eine 15-jährige Haftstrafe abgesessen hat und vom Duft frischen Bluts zu schwärmen weiß. – Davor: „Sieben Mal am Tag beklagen wir unser Los und nachts stehen wir auf, um nicht zu träumen“ (Susann Maria Hempel, D 2014), ein Animationsfilm, der gleichfalls verstörend von einem Leben am Rand der Gesellschaft erzählt. Filmmuseum: Di 26.10., 18.30 + Mi 24.11., 21.00 (OmenglU) Yuheisha / Gefangener/Terrorist / Prisoner/ Terrorist (J 2006) R: Adachi Masao D: Taguchi Tomorô, Panta, Ōkubo Taka, Kajiwara Jōji, Oginome Keiko. 113 min. „Regisseur Adachi Masao verließ 1974 Japan und schloss sich der palästinensischen revolutionären Bewegung an. Nachdem er 1997 in Beirut verhaftet worden war, realisierte er 2006 ‚Yuheisha‘, der von einem Terroristen der japanischen Roten Armeefraktion, Kōzō Okamoto, handelt. Mit der Geschichte eines Revolutionärs, der noch im Kerker die Vision der Revolution wachhält, ist der Film ein Rückblick auf den bewaffneten Widerstand seit 1968 und eine philosophische Analyse dessen, was Revolution heute bedeutet.“ (Go Hirasawa) Filmmuseum: Fr 29.10., 11.00 + Mi 3.11., 21.00 (OmenglU)
KURZFILM
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Found-Footage-Faszinosum
Das „Again“ von Film und Zug, repetitives Rattern von Gleis und Projektor, erhebt sich zum Clinch von Schienen- und Perforationslochmuster
Tscherkasskys „Train Again“: Der Zug der Zeit führt alle zusammen er Titel von Peter Tscherkasskys 20-Minüter ist Worträtsel, D Soundbite und Programm: „Train Again“. Etwas wiederholt sich. Auf
mehreren Bahnen; etwa als Reim: Der Reim von Eisenbahn aufs Kino, den manch Historie der Moderne sich macht, klingt in „Train Again“ mit. Parallelen der Technikfaszinosa Zug und Film: Strecke und Streifen, Vorbeiziehen und Ablaufen, Bewegung als Seinsweise. Auch Entgleisungen haben ihr Kino-Pendant: im Film-Faible für Zerstörungsgewalt. „Train Again“ bekräftigt aber auch ein Wieder, das hinzukommt: Ein Wieder-Holen, Recycling, betreibt Tscherkasskys Found-Footage-Kino hochvirtuos, zelebriert den Zug als Motiv, das wiederkehrt; Material aus Western, Actionkrachern, ÖBB-Werbungen rauscht wuchtig und phantomhaft heran. Auch Lumière-Bilder. Und, mysteriös, ein berühmtes Auto des Kinos: das Tretauto aus „Shining“.
Jedoch: Der „Wieder-Zug“ dient weder zur Filmgeschichtsreise noch zum Transport schöner Zitatgüter. Eher durchrast er (zu Dirk Schaefers dichtem Soundtrack) Tscherkasskys eigenes Formen-Repertoire: Das „Again“ von Film und Zug, repetitives Rattern von Gleis und Projektor, erhebt sich zum Clinch von Schienen- und Perforationslochmuster; Film-Infrastruktur kommt ins Bild, ins Bild jener öffentlichen Massen-Infrastruktur namens Bahn. Kader zittern, knittern, splittern; Flicker kippt den wiederholten Schnitt ins Zugleich; das Schwarzweiß moduliert Hartkontrast, Silbergrau und Negativ. Bis ins Korn. Bis zur Widmung an den großen Kurt Kren, dessen BaumZeitbild „37/78 Tree Again“ „Train Again“ paradox wiederholt. DREHLI ROBNIK
Filmmuseum: So, 24.10., 16 Uhr (Kurzfilmprogramm 3) + Sa, 30.10., 19 Uhr
FALTER .morgen
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P E C H T L
Guten Morgen, zuletzt ist es ein bisschen ruhig geworden um die geplante Markthalle am Naschmarkt-Parkplatz. In den kommenden Wochen wird das Thema aber wieder aufkochen: Am Wochenende veranstaltet die Initiative Freiraum Naschmarkt eine Podiumsdiskussion, bei der sie dringende Fragen debattieren möchte – etwa über die Rolle von Immobilienentwicklern und der weltweit tätigen Gastro-Kette Eataly im Umfeld des Projekts. Die verantwortlichen Politiker und zuständigen Magistratsbeamten sind dazu eingeladen, ob sie kommen werden, ist aber fraglich.